Zum wirksamen Rücktritt vom Kauf eines auf einer Topfparty gekauften Kochtopfsets wegen Mängel

Amtsgericht Bocholt, Urteil vom 14.03.2006 – 4 C 109/05

Zum wirksamen Rücktritt vom Kauf eines auf einer Topfparty gekauften Kochtopfssets wegen Mängeln

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin vertreibt Kochtopfsets im Direktmarketing auf sog. Kochtopfpartys. Die Produkte der Klägerin liegen vom Preisniveau her deutlich über dem Preisniveau des Fachhandels. Die Klägerin bewirbt ihre Produkte unter anderem damit, dass diese speziell für das Garen ohne Zusatz von Wasser und das Braten ohne Zusatz von Fett konstruiert seien. Von daher müsse z.B. beim Garen kein zusätzliches Wasser den Speisen zugegeben werden. Das gleiche gilt für die Zugabe von Fett beim Braten. Entsprechend wurden die Produkte der Klägerin auch auf der Topfparty vom 07.06.2004 beworben, an der unter anderem auch die Beklagte teilnahm. Auf dieser Veranstaltung unterzeichnete die Beklagte einen Kaufvertrag über die Lieferung diverser Produkte der Klägerin, u.a. eines Kochtopfsets zu einem Gesamtpreis von 3.227,00 Euro. Vereinbart war eine Anzahlung von 127,00 Euro, der per Bankeinzug durch die Klägerin ca. 4 Wochen vor Lieferung erhoben werden sollte. Der Restkaufpreis von 3.100,00 Euro sollte über einen Ratenkredit finanziert werden. In dem Kaufvertragsformular wurde ausdrücklich auf die Widerrufsmöglichkeit binnen 2 Wochen sowie die Schriftform hingewiesen.

Mit Schreiben vom 03.11.2004 teilte die Beklagte mit, dass sie den Kaufvertrag nicht erfüllen könne, und dass sie diesen zwei Tage nach Abschluß telefonisch storniert habe. Die Stornierung sei auch von einem Mitarbeiter der Klägerin bestätigt worden. Im anschließenden Schriftwechsel wies dann die Klägerin darauf hin, dass der mündliche Widerruf aus Formgründen nicht akzeptiert würde und der Mitarbeiter der Klägerin auch keine entsprechende Vollmacht habe.

Die Klägerin behauptet, dass die Beklagte von ihrer Repräsentantin über das Schriftformerfordernis bei Abschluss des Vertrages aufgeklärt worden sei. Da ein fristgemäßer Widerruf nicht erfolgt sei, stünden ihr Schadensersatzansprüche in der beantragten Höhe zu.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.046,81 Euro nebst 11,25 %
Zinsen hieraus seit dem 24.12.2004 sowie 65,45 Euro vorgerichtliche Kosten und 8,00 Euro Mahnkosten zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie legt dar, dass ihr von dem Repräsentanten der Klägerin, dem Zeugen I ausdrücklich zugesagt worden sei, dass dieser das unterschriebene Formular zurückhalte und er dieses zerreißen werde, wenn sie sich nicht innerhalb von zwei Wochen bei ihm melden würde. Dies habe der Zeuge getan, um sie zu drängeln, den Kaufvertrag abzuschließen. Innerhalb der Frist habe sie den Kaufvertrag auch widerrufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen L2, L, K, A, S, I und J. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 21.02.2006 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz nach §§ 280, 281 BGB. Denn die Beklagte ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten, da die Parteien zum einen einen Rücktrittsvorbehalt vereinbart hatten und zum anderen das Produkt der Klägerin mangelhaft ist.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Parteien wirksam ein Rücktrittsrecht dergestalt vereinbart haben, dass es der Beklagten möglich war, binnen einer Frist von 2 Wochen durch Anruf bei dem Zeuge I vom Vertrag zurückzutreten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beklagte seinerzeit unsicher war, ob und ggfs. welches Kochtopfset der Klägerin sie kaufen wolle oder nicht. Hierbei spielten auch die finanziell engen Verhältnisse der Beklagten eine Rolle. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Darstellungen der Zeuginnen L2, L, K und A. Um in dieser Situation die Beklagte zu motivieren, doch noch ein Kochtopfset zu kaufen, bot der Zeuge I der Beklagten an, dass sie durch telefonischen Anruf bei ihm den Kaufvertrag rückgängig machen könne, wenn sie sofort unterschreibe. Dieses Angebot hat die Beklagte angenommen. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Darstellungen der vorgenannten Zeuginnen. dem gegenüber sind die Aussagen der Zeugen J und I nicht glaubhaft. Beide Aussagen sind widersprüchlich, da sie zum einen ausgesagt haben, dass über ein schriftliches Widerrufsrecht informiert worden sei und zum anderen nach mehrfachem Nachfragen dann zugegeben wurde, dass auch nach Vertragsschluß noch ein telefonischer Kontakt zwischen der Beklagten und den Zeugen stattfinden solle. Der Zeuge I hat dies noch präzisiert, indem er ausgesagt hat, dass die Beklagte binnen zwei Tagen ihm mitteilen solle, ob sie vom Vertrag zurücktreten wolle oder nicht. Ein solcher telefonischer Kontakt zwischen der Beklagten und den Zeugen I, mache jedoch nur T, wenn tatsächlich ein telefonisches Rücktrittsrecht vereinbart worden ist. Denn wie die Klägerin zutreffend ausgeführt hat, sind beide nur I für die Klägerin und damit mit der weiteren Abwicklung des Vertrages gar nicht betraut. Die Aussagen stehen zudem im Widerspruch zu den Aussagen der anderen Zeugen, die sich dezidiert daran erinnern konnten, dass ein telefonisches Rücktrittsrecht vereinbart worden war.

Zur Überzeugung des Gerichts steht weiterhin fest, dass die Zeugen I die Beklagte bewusst mit der Äußerung, dass sie vom Vertrag durch einen Anruf zurücktreten könne, für einen Vertragsschluß ködern wollten, da sie hiervon sich Provision erwarteten.

Damit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass zusätzlich zu der schriftlichen Vereinbarung die Parteien mündlich vereinbart haben, dass die Beklagte durch einen Telefonanruf bei den Zeugen I vom Vertrag zurücktreten könne. Diese Vereinbarung ist auch entgegen der Auffassung der Klägerin wirksam. Die Klägerin trägt selbst vor, dass die Zeugen I im Sinne des § 84 HGB waren. Nach ständiger Rechtsprechung muß sich der Unternehmer jedoch das X oder Nichtwissen des Vermittlers wie auch des Abschlussvertreters und auch dessen mit dem Kunden getroffenen mündlichen Nebenabreden oder ihm gegebene Zusicherungen zurechnen lassen (Ebenroth-Boujong-Joost Handelsgesetzbuch § 84 Randnummer 58; 1. Auflage 2001; Baumbach-Hopt Handelsgesetzbuch § 84 Randnummer 53, 31. Aufl. 2003, jeweils mit weiteren Nachweisen). Damit haben die Parteien ein wirksames telefonisches Rücktrittsrecht vereinbart. Dieses telefonische Rücktrittsrecht wurde von der Beklagten ausgeübt. Dass die Beklagte die Repräsentanten der Klägerin angerufen hat, ist unstreitig. Es wird im übrigen auch bestätigt durch die Ausführungen des Zeugen I, der erklärt hat, dass die Beklagte nach zwei oder drei Tagen bei ihm angerufen habe, sowie durch die Zeugin J, die dies ebenfalls bestätigt hat. Die von den Zeugen gemachte Aussage, dass sie der Beklagten gesagt hätten, dass sie schriftlich vom Vertrag zurücktreten müsse, lässt nur den Schluß zu, dass bei diesem Gespräch die Beklagte erklärt hat, dass sie vom Vertrag zurücktreten wolle. Ob die Zeugen daraufhin gesagt haben, dass die Beklagte schriftlich vom Vertrag zurücktreten müsse, wie sie sagen, oder ob, wie die Zeugin vom Hörensagen, K gesagt hat, der Zeuge gesagt habe, dass damit alles erledigt sei, ist ohne jeden Belang. Allein die Tatsache, dass die Beklagte bei dem Zeugen I angerufen hat und erklärte, dass sie die Produkte nicht haben wolle, stellt eine wirksame Ausübung des Rücktrittsrechts dar. Die von den Zeugen I behauptete Aussage, dass sie der Beklagten gesagt hätten, sie müsse schriftlich zurücktreten, wäre, wenn sie denn wahr wäre, nur als Versuch zu werten, der Beklagten ihr mündlich vereinbartes Rücktrittsrecht zu nehmen.

Aber selbst wenn die Beklagte nicht fristgerecht vom Vertrag zurückgetreten wäre, läge ein wirksamer Rücktritt gem. §§ 437, 326 BGB vor, da das Produkt der Klägerin mangelhaft ist. Dem steht nicht entgegen, dass die von der Klägerin vertriebenen Kochtöpfe zum „normalen“ Kochen bzw. Garen gut geeignet sind. Denn die Klägerin behauptet darüber hinaus seit mehr als 30 Jahren, dass in dem von ihr vertriebenen Produkt auch das Garen ohne Zugabe von Wasser möglich sei. Diese Werbeaussage hat die Klägerin auch schriftsätzlich im vorliegenden Verfahren wiederholt. Die Werbeaussage war zudem Gegenstand der Kochtopfparty, auf welcher die Beklagte die Kochtöpfe erworben hat. Zur Überzeugung des Gerichts steht fest, dass die Produkte der Klägerin genau diese Möglichkeit entgegen der eigenen Aussage nicht eröffnen, sondern ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. I Ziff. 3 gegeben ist. Dies ergibt sich zum einen aus diversen Untersuchungen der Produkte der Klägerin der Stiftung Warentest, welches 1962 als neutrales Warentestinstitut vom Bundeswirtschaftsministerium gegründet wurde und noch heute teilweise aus dem Etat des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz finanziert wird. Ergebnis dieser diversen Untersuchungen war immer, dass es zwischen den Produkten der Klägerin und den Produkten anderer namhafter Hersteller von Kochtöpfen signifikante Unterschiede nicht gibt. In ihrer letzten Untersuchung in Heft 1/2003 Seite 66 führte die Stiftung Warentest aus, dass die teureren Kochtöpfe der Klägerin auch nur mit Wasser kochen würden. Garen ohne Wasser sei sowohl in den Produkten der Klägerin als auch in dem Produkt des Konkurrenzunternehmens S2, welches zum Preis von 159,00 Euro pro Set angeboten werde, zwar grundsätzlich möglich, allerdings würden dann die Kartoffeln anbrennen. Als Fazit führt die Stiftung Warentest aus, dass man sich von der Werbeaussage der Klägerin „verkohlt“ fühle. Belegt wurde dies durch ein Foto auf Seite 67 des Heftes 1/2003, in welchem zu sehen war, dass das Gargut am C angebrannt war. Auf ihrer aktuellen Homepage, auf welcher die Stiftung Warentest auf die vorgenannte Untersuchung verweist, führt die Stiftung Warentest weiter aus, dass weder die Töpfe der Klägerin noch die Töpfe der Konkurrenzprodukte ganz ohne Wasser auskämen.

Die Untersuchung der Stiftung Warentest war zeitnah zum vorliegenden Vertragsschluß. Es ist daher davon auszugehen, dass die Produkte, die seinerzeit getestet worden sind, mit den hier gekauften Produkten identisch sind.

Die Ergebnisse der Stiftung Warentest werden bestätigt durch die Ausführungen der Zeugin L2, die erklärte, dass das Kochen ohne Wasser nicht funktioniere. Sie habe selbst erlebt, dass selbst beim Vorkochen die Kartoffeln angebrannt seien und am Topf unten entsprechende Flecken zu sehen gewesen wären. Als ihr das Bild auf Blatt 67 der Ausgabe 1/2003 der Zeitschrift Test gezeigt wurde, führte sie aus, dass die Brandflecken ähnlich gewesen seien wie auf dem Bild, nur nicht so krass. Die Zeugin L führte aus, dass sie Kochtöpfe der Klägerin gekauft hätte und beim Versuch ohne Wasser zu garen die Kartoffeln so angebrannt seien, dass sie die Kochtöpfe habe zum Hersteller zurückschicken müssen. Dieser habe dann die Kochtöpfe entweder gereinigt oder ausgetauscht. Zukünftig habe sie auf das Kochen ohne Wasser verzichtet und auf herkömmliche Weise die Kartoffeln gegart. Und selbst die Repräsentanten der Klägerin mussten zugeben, dass es beim Garen ohne Wasser zu erheblichen Problemen käme. So mussten selbst die Repräsentanten der Klägerin, die Zeugen Ö und J zugeben, dass es selbst beim Vorkochen dazu käme, dass die Kartoffeln anbrennen würden.

Dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehen die überreichten Gutachten nicht entgegen, da diese die hier angesprochene Problematik nicht zum Gegenstand haben.

Zusammenfassend ist somit festzustellen, dass die Werbeaussage der Klägerin, man könne in ihren Kochtöpfen ohne Zugabe von Wasser garen, unzutreffend ist, da das Gargut anbrennt. Damit liegt ein Sachmangel im Sinne des § 434 Abs. I Satz 3 vor, so dass das Produkt der Klägerin mangelhaft ist. Dies gilt insbesondere, da die Klägerin den hohen Preis ihrer Produkte, genau hiermit rechtfertigt. Denn die Produkte der Klägerin sind etwa doppelt so teuer wie die an sich schon teuren Produkte der Premium-Marken W und F.

Da die Kochtöpfe Hauptbestandteil der Bestellung waren, konnte die Beklagte die Gesamtleistung durch die Klägerin verweigern. Die Beklagte war daher berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Da die Kochtöpfe über einen unbehebbaren Mangel verfügen, war eine Fristsetzung nach § 26 Abs. V BGB entbehrlich. Die Beklagte hat ihr Rücktrittsrecht fristgerecht, spätestens durch Schreiben vom 09.12.2004, ausgeübt. Sie hat darüber hinaus spätestens im Termin vom 21.02.2006 ausdrücklich auf die Mangelhaftigkeit des Produkts der Klägerin hingewiesen, so dass die Klage aus diesem Grunde abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708, 711 ZPO.

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