Zur Frage der selbständigen Tätigkeit oder abhängigen Beschäftigung mit Bezug auf Unfallversicherungsschutz

Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 21.06.2011 – L 3 U 33/08

Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Der Gesetzgeber hat durch diese Vorschrift den Versicherungsschutz aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen ebenso wie zuvor bereits durch die inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung auch auf Tätigkeiten erstrecken wollen, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, die in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, welche ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden kann, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen und konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen wird. Die Tätigkeit muss dem unterstützten Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt sein, sie muss ihm aber nicht überwiegend dienen. Entscheidend ist die Handlungstendenz des Tätigen. Sie muss fremdwirtschaftlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein. Maßgeblich ist insoweit der durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigte und vom Handlungsmotiv getrennte Zweck des Handelns des Versicherten (Rn.22).

Ist die Tendenz der Tätigkeit hingegen wesentlich darauf gerichtet, dem eigenen Unternehmen des Tätigen zu dienen, handelt es sich hierbei um keine der gesetzlichen Krankenversicherung unterfallenden Tätigkeit (Rn. 24).

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

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Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten hat.

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Der am XXX 1939 geborene Kläger, der zum Zeitpunkt des streitigen Ereignisses einer der Gesellschafter und gleichzeitig einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der S. Spedition GmbH war, erlitt am 25. September 2002 gegen 16.00 Uhr eine Augenverletzung (stumpfes Bulbustrauma mit Bulbusperforation links), als er im H. Hafen am S.1 mit dem linken Auge in eine Metallspitze an dem Lastkraftwagen (Lkw) des Beigeladenen geriet. An diesem Tage sollten 3631,7 kg in 324 Kartons verpackte Ware (Ziergegenstände aus Bronze), die zuvor mit einem Seeschiff in H. angelandet worden waren und im Freihafen lagerten, durch die Firma S. als verantwortlichem Spediteur auf dem Landweg weiter transportiert und an den Empfänger ausgeliefert werden. Mit Transport und Auslieferung hatte diese wiederum den Beigeladenen beauftragt, welcher den Auftrag mit einem Lkw und einem bei ihm angestellten Fahrer an diesem Tage ausführen wollte. Der Kläger wurde nach dem Ereignis mit einem Rettungstransportwagen der Feuerwehr H. in das Krankenhaus A. gebracht und dort versorgt. Am darauffolgenden Tage meldete sich seine Ehefrau telefonisch bei dem zuständigen Revier der Wasserschutzpolizei. Daraufhin nahm die Polizei Ermittlungen gegen Unbekannt auf, nahm noch am selben Tag den Unfallort in Augenschein, fertigte Lichtbilder und befragte sowohl den Lagermeister W. des S.1 als auch den dort tätigen Staplerfahrer L … In dem hierüber unter dem 27. September 2002 von dem Kriminalkommissariat 40 gefertigten Vermerk heißt es:

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“ Beide Herren teilten mit, dass der Lkw längs zur Rampe zwecks Beladung abgestellt war. Der Anhänger stand in Höhe der Betriebscontainer. Beladen wurde die Zugmaschine. Diese hatte keine Bordwände, sondern eine sogenannte Schiebeplane. Die Standzeit des Lkw an der Rampe betrug ca. eine Stunde, ob schon Ladung vorhanden war, war nicht bekannt. Weder auf der Rampe noch auf der Ladefläche soll ein sogenannter Hubwagen abgestellt gewesen sein. Die Hakenstange zwecks Betätigung der Lkw-Plane soll am hinteren Bereich aufgehängt gewesen sein.

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Bei einer normalen Beladung wird die Ware auf Einwegpaletten mit einem Stapler auf der Ladefläche abgestellt. Mittels eines Hubwagens platziert der Fahrer selbst die Paletten auf der Ladefläche. Dieser Normalfall soll am Unfalltag, 25.9., nicht gewesen sein. Auf Anweisung des Verletzten wurde die Ladung selbst gepackt. Dies bedeutete mittels des Staplers durch Herrn L. wurden die Paletten auf der Ladefläche abgestellt und hier wurden die Kartons einzeln vom Fahrer und dem Verletzten gestapelt. Weder Herrn L. noch Herrn W. waren der Lkw-Fahrer noch der Verletzte von vorhergehenden Ladegeschäften bekannt.

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Beide Herren wollen den Unfall selbst nicht gesehen haben. “ Durch seine Ehefrau erstattete der Kläger am 3. Oktober 2002 gegenüber der G.- und L.-Berufsgenossenschaft Unfallanzeige. Er gab an, Gesellschafter/Geschäftsführer der S. Spedition GmbH und bei seiner Tätigkeit „als Warenkontrolleur“ verunfallt zu sein. Nachgehend zu dieser Anzeige reichte er einen „Augenarztbericht für den UV-Träger“ der D.O./ H. vom 14. Oktober 2002 ein, wo es zu dem Hergang des Unfalls am 25. September 2002 heißt, der Kläger sei „bei der Warenkontrolle im Hamburger Freihafen schwerst verletzt“ worden. Mit Bescheid vom 6. November 2002 lehnte die G.- und L.-Berufsgenossenschaft es ab, das Ereignis vom 25. September 2002 als Arbeitsunfall zu entschädigen, weil der Kläger als regelmäßig wie ein Unternehmer Tätiger nicht als Arbeitnehmer bei ihr pflichtversichert sei und sich als Unternehmer nicht freiwillig bei ihr versichert habe. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, zu dessen Begründung er ausführte, es sei von einem nicht zutreffenden Sachverhalt ausgegangen worden. Dieser stelle sich vielmehr so dar, dass er sich nach einem Karton gebückt und dabei an einem Haken verletzt habe, der sich an einer Schiebestange befinde, die der Öffnung der Seitenwand des Lkw diene. Er sei mit dem Lkw-Fahrer wegen der Verladung und Verzollung von Teppichen und Kartons verabredet gewesen. Man habe am B. mit der Verladung der Teppiche begonnen. Da der Fahrer an dieser Ladestelle keine Ladehilfe erhalten habe, habe er – der Kläger – ihm bei der Verladung geholfen. Anschließend sei man zum S.1 gefahren. Da auch hier der Fahrer keine Ladenhilfe bekommen habe, habe er geholfen. Bei dieser Tätigkeit habe sich der Unfall ereignet.

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Mit Verfügung vom 23. Januar 2003 stellte die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht H. (81 U Js 15.180/02) das Ermittlungsverfahren in der Sache ein, nachdem die am 29. Oktober 2002 beendeten Ermittlungen der Polizei ergeben hatten, dass eine Straftat nicht vorliegt.

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Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2004 wies die G.- und L.-Berufsgenossenschaft den Widerspruch zurück. Der Verletzte sei wie ein Unternehmer tätig geworden und gehöre somit nicht zu dem pflichtversicherten Personenkreis der Berufsgenossenschaft. Als unternehmerähnlich Tätiger hätte er sich freiwillig gegen die Folgen eines Arbeitsunfalls versichern können, von dieser Möglichkeit habe er jedoch keinen Gebrauch gemacht, weshalb Leistungen nicht erbracht werden könnten. Der Vorgang werde deshalb an die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen abgegeben, damit geprüft werde, ob Versicherungsschutz als beschäftigtenähnliche Person im Sinne des § 2 Abs. 2 SGB Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) besteht.

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Mit dem vorliegend angegriffenen Bescheid vom 23. Juli 2004 lehnte auch die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Zwar gehörten zum versicherten Personenkreis der gesetzlichen Unfallversicherung nach § 2 Abs. 2 SGB VII auch Personen, die wie Beschäftigte tätig werden. Voraussetzung hierfür sei, dass es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit um eine ernstliche, einem fremden Unternehmen zu dienen bestimmte Tätigkeit handele, die dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspreche, ihrer Art nach sonst von Personen in einem Beschäftigungsverhältnis verrichtet werden könne und nach den Umständen des Einzelfalles arbeitnehmerähnlich sei. Hieran fehle es, weil der Verletzte zum Unfallzeitpunkt als Inhaber der S. Spedition GmbH tätig gewesen sei, indem er die Waren auf etwaige Beschädigungen sowie Vollständigkeit habe überprüfen wollen. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und wies darauf hin, dass er dem Fahrer beim Beladen des Lkw geholfen habe, weil dieser sich geweigert habe, ohne eine solche Hilfe die Ladung aufzunehmen. Bei dieser Ladehilfe sei er verletzt worden. Auch habe der Schiffsfrachtbrief aus I. 334 Kartons und nicht acht Paletten ausgewiesen, so dass die Ladung auch stückweise zur Kontrolle auf Vollständigkeit und Beschädigung habe überprüft werden müssen. Bei Beladung quittiere der Fahrer mit seiner Unterschrift den vollständigen und ordnungsgemäßen Empfang, so dass eine Kontrolle der Stückzahl nur durch Kontrolle der Stücke, nicht aber der Paletten möglich gewesen sei. Insofern hätte es nicht ausgereicht, acht Einwegpaletten zu quittieren, vielmehr sei die genaue Anzahl der Kollis anzugeben gewesen. Die entsprechende Kontrolle sei bei der Beladung durchzuführen gewesen und habe auch dem Fahrer oblegen. Damit sei die Kontrolle der einzelnen Kollis und die Hilfe bei der Ladung sehr wohl im Interesse des Beigeladenen erfolgt, da dieser den Auftrag zum Transport der Waren ohne eine Ladehilfe nicht hätte durchführen können. Im Normalfall werde die Verladung mit technischen Hilfsmitteln oder menschlicher Ladehilfe durchgeführt. Solche Ladehilfen hätten aber nicht zur Verfügung gestanden. Allein deswegen habe der Kläger den Fahrer bei der Verladung unterstützt. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 9. Dezember 2004 zurück. Nach den Gesamtumständen des Falles sei die unfallbringende Tätigkeit von der Handlungstendenz her ausschließlich im eigenen Interesse des Klägers erbracht worden. Dies ergebe sich aus den vorliegenden Unterlagen, insbesondere den Zeugenaussagen der Herren N., W. und L … Danach habe die Ware auf Anweisung des Verletzten hin per Hand gepackt werden sollen, da dieser im Rahmen seiner Tätigkeit als Inhaber der S. Spedition GmbH die Ladung auf Schäden habe kontrollieren wollen. Während der Kontrolle sei er dann in einen Spalt zwischen Lkw und Verladerampe gerutscht und gestürzt. Hieraus ergebe sich, dass eine fremdwirtschaftliche Handlungstendenz nicht vorgelegen habe. Vielmehr sei die unfallbringende Tätigkeit wesentlich dazu bestimmt gewesen, den klägereigenen Belangen als selbständiger Spediteur zu dienen. Damit sei der Verletzte im Unfallzeitpunkt nicht versichert gewesen. Die im Widerspruchsverfahren gemachten Angaben zum Fehlen einer Ladehilfe fänden in den vorliegenden Zeugenaussagen keine Stütze. Werde die Richtigkeit der Behauptung aber unterstellt, so würde hierdurch in gleicher Weise die auf eigene Belange gerichtete Handlungstendenz bestätigt. Denn in diesem Falle hätte das Verbleiben der Waren dazu Veranlassung gegeben, bei der Kontrolle und dem Einladen aus eigenwirtschaftlichen Gründen zu helfen. Darüber hinaus habe der Lagermeister ausgesagt, dass Schäden an den Kartons hätten untersucht werden sollen. Hierzu sei es erforderlich gewesen, die Kartons einzeln per Hand zu verladen. Aus allem sei zu schließen, dass der Kläger sich durch die eigenständig vorgenommene Kontrolle der Kartons insbesondere vor etwaigen späteren Schadensersatzansprüchen habe schützen wollen und damit im Rahmen seiner ureigensten Interessen tätig geworden sei.

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Mit der daraufhin fristgerecht erhobenen Klage hat der Verletzte sein Begehren weiterverfolgt und zur Begründung unter Wiederholung und Vertiefung seines Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vorgetragen, die Verladung habe ausschließlich im Interesse des Beigeladenen gelegen, der als Frachtführer zur Beförderung und Ablieferung verpflichtet gewesen sei. Demgegenüber habe er als Spediteur lediglich die Beförderung zu organisieren gehabt. Natürlich sei die Nachzählung auch in seinem eigenen Interesse erfolgt, da ihm aus dem Speditionsvertrag die Versendung des vollständigen Warenbestandes oblegen habe und er als verantwortlicher Spediteur für während seiner Obhut entstandene Verluste und Beschädigungen nach § 461 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) haftete. Mit der vorbehaltlosen Unterzeichnung des Frachtbriefs hätte er sich jedoch auf dessen Richtigkeit berufen können. Hieraus folge, dass es das vorrangige Interesse des Beigeladenen gewesen sei, eine Kontrolle vorzunehmen und einen Vorbehalt in den Frachtbrief aufzunehmen. Hinzu komme, dass ausweislich des Konnossements nicht acht Paletten, sondern 324 Kartons zu verladen gewesen seien. Auch hätten sechs Kartons Nässeschäden und zwei weitere Kartons Verpackungsschäden aufgewiesen. Diese Umstände hätten eine Handverladung erforderlich gemacht. Der Fahrer habe sich geweigert, die gesamte Verladung alleine ohne Hilfe auszuführen. Deshalb habe er ihm dabei geholfen, indem er die Anzahl der Kartons kontrolliert habe. Er habe mit dem Fahrer die von einem Gabelstapler auf der Ladefläche des zu beladenen Lkw abgestellten Paletten entladen, weil der Fahrer die Stückzahl habe quittieren müssen und er – der Kläger – ebenfalls. Aus diesen Gründen habe die von ihm ausgeübte Tätigkeit auch dem mutmaßlichen Willen des Beigeladenen entsprochen. Ladetätigkeit sowie Überprüfung seien von wirtschaftlichem Wert für den Beigeladenen gewesen. Es habe sich um eine typische Arbeitnehmertätigkeit gehandelt, die etwa von Ladehelfern oder auch Lkw-Fahrern durchgeführt werde. Hierbei sei der Unfall geschehen, welcher zu einem Verlust des Augenlichts des linken Auges bis zu einer Restsehkraft von 20 % geführt habe. Das Ereignis sei als Arbeitsunfall einzuordnen, denn die Gesamtbetrachtung lege nach allem keinesfalls eine überwiegend eigenwirtschaftliche Verrichtungen nahe. Der Beigeladene hat sich dahingehend geäußert, dass grundsätzlich derartige Verladevorgänge in der Art abgewickelt würden, dass die Kontrolle der Ware sowohl durch Mitarbeiter des Schuppens als auch durch den Fahrer vorgenommen werde. Letztlich trügen beide daher die entsprechende Verantwortung.

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Das Sozialgericht hat den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008 persönlich angehört. Er hat im Wesentlichen erklärt, stets anwesend gewesen zu sein, wenn eine Frachtpartie verladen wurde. An diesem Tage hätten sie zunächst Teppiche geladen und seien dann zum S.1 gefahren. Dort seien die Paletten mit einem Stapler von einem Beschäftigten des Schuppens auf der Ladefläche abgestellt worden. Die Paletten seien von Mitarbeitern des Schuppens gepackt und mit einer Wickelfolie transportgesichert worden. Er habe die Kartons sowohl auf Vollständigkeit als auch auf Beschädigung kontrollieren wollen. Dafür habe er die Sicherungsfolie aufgeschnitten. Anschließend seien dann die Kartons von ihm und dem Fahrer einzeln auf der Ladefläche verladen worden. Ihm gegenüber habe der Fahrer geäußert, dass er den Ladevorgang nicht alleine ausführen wolle. Dies habe er ihm nach seiner Erinnerung gesagt, bevor die Teppiche verladen worden seien. Ebenfalls im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. Januar 2008 hat das Sozialgericht den Fahrer des Lkw, F.N., als Zeugen vernommen. Dieser hat im Wesentlichen ausgesagt, der Kläger habe ihn am S.1 darüber informiert, dass die Ware umgepackt werden müsse. Hierzu seien die Hafenpaletten mit den Kartons von den Mitarbeitern des Schuppens unter Zuhilfenahme eines Hubladers auf der Ladefläche des Lkw abgestellt worden. Anschließend seien sie von ihm und dem Kläger auf die auf der Ladefläche befindlichen Europaletten umgepackt worden. Der Kläger habe die Ladung auf den Hafenpaletten kontrolliert, und zwar sowohl auf der Ladefläche, als auch auf den auf der Rampe des Schuppens abgestellten Paletten. Zuvor habe er – der Zeuge – seinen Chef angerufen und ihn gefragt, wie er das mit dem Umpacken machen solle. Dieser habe ihm gesagt, dass er das machen solle und er habe es dann getan. Die Rücksprache sei deshalb erforderlich gewesen, weil der Ladevorgang hierdurch von 20 Minuten auf etwa zwei bis drei Stunden und hierdurch gleichzeitig seine Arbeitszeit verlängert worden wäre. Beim Empfänger habe die Ladung erst am nächsten Morgen eintreffen müssen. Es sei richtig, dass er bei Übernahme einer Ladung dieselbe hinsichtlich Vollständigkeit und Beschädigung zu kontrollieren habe. Eigentlich sei die Anwesenheit des Klägers am Schuppen deshalb nicht erforderlich gewesen. Er habe überdies dem Kläger deutlich gemacht, dass er sich auf der Ladefläche aus Versicherungsgründen nicht aufhalten dürfe.

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Durch Urteil vom selben Tage hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach Abwägung aller vorliegenden Umstände keine versicherte Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ausgeübt. Indem er angegeben habe, dass er die Stückzahl der Kartons auf Vollständigkeit und Beschädigung habe kontrollieren wollen, habe er sein eigenes Interesse als selbstständiger Spediteur zum Ausdruck gebracht. Die Ausübung der Kontrolle habe nicht mit fremdwirtschaftlicher Zweckbestimmung für das Unternehmen des Beigeladenen, sondern als eigene Angelegenheit stattgefunden. Soweit bei der Verladung/Umladung Hilfe geleistet worden sei, habe dies jedenfalls nicht dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Beigeladenen entsprochen. Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 30. April 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Mai 2008 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, das Sozialgericht habe den Unfall am 25. September 2002 zu Unrecht nicht als Arbeitsunfall eingestuft. Er habe vielmehr nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter Versicherungsschutz gestanden. Das Überprüfen sowie das Um- und Aufladen der Ware am 25. September 2002 seien ernstliche Tätigkeiten von wirtschaftlichem Wert gewesen. Sie seien unter Umständen ausgeübt worden, die einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses geähnelt und die nicht auf einer Sonderbeziehung beruht hätten. Dies habe auch das Sozialgericht so gesehen. Es habe jedoch zu Unrecht darauf abgestellt, dass er mit Blick auf seine Handlungstendenz im eigenen Interesse als selbstständiger Spediteur, mithin wie ein Unternehmer, eigenwirtschaftlich tätig gewesen sei. Es habe auch zu Unrecht darauf abgestellt, dass die Tätigkeit nicht dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Beigeladenen entsprochen habe. Mit Blick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wonach maßgeblich sei, ob eine Person mit ihrem Verhalten wesentlich allein eigene Angelegenheiten verfolge oder nicht, sei das von ihm am 25. September 2002 gezeigte Verhalten als wesentlich fremde Interessen verfolgend zu qualifizieren. Nach der Beweisaufnahme stehe fest, dass der Zeuge zu übernehmende Ware habe zählen müssen, um deren Empfang anschließend quittieren zu können. Damit stehe aber auch fest, dass der Zeuge die Ladung bei der Übernahme hinsichtlich etwaiger Beschädigungen zu kontrollieren gehabt habe, um auszuschließen, dass vorhandene Schäden zu einem späteren Zeitpunkt auf seinen Verlade- und Transportvorgang zurückgeführt werden könnten. Zweifelhaft sei deshalb auch, wenn das Sozialgericht an dieser Stelle die Auffassung vertrete, er – der Kläger – habe mit seiner Aussage, er habe die Stückzahl der Kartons auf Vollständigkeit wie auf Beschädigung kontrollieren wollen, sein eigenes Interesse für die ausgeübte Tätigkeit zum Ausdruck gebracht. Selbst wenn dies – was bestritten werde – der Fall gewesen sein sollte, so würde ein solches eigenes Interesse nicht ausreichen, um die Zuordnung der Tätigkeit zum Betrieb des Beigeladenen zu verneinen. Mit der Aussage des Zeugen sei auch davon auszugehen, dass es nicht seine – des Klägers – Aufgabe war, die Paletten umzupacken und zu verladen. Zwar sei, wie der Zeuge ausgeführt habe, „der Schuppen“ für die Rampe zuständig gewesen und er selbst für die Verladung auf der Ladefläche. Jedoch habe aufgrund der örtlichen Gegebenheiten das Umpacken der Ware von den Hafen- auf die Europaletten teilweise auf der Rampe stattfinden müssen und das Personal des Schuppens habe sich geweigert, beim Umpacken zu helfen, so dass der Zeuge von dem Beigeladenen die Anweisung erhalten habe, die Paletten selbst umzupacken. Danach sei aber die Anwesenheit des Klägers im fraglichen Zeitraum nicht erforderlich gewesen und sämtliche Tätigkeiten, die er im fraglichen Zeitraum ausgeübt habe, seien allein dem Aufgabenbereich des Beigeladenen zuzuordnen gewesen. Auch die Kontrolle der Ware auf Vollständigkeit und Beschädigung habe entgegen den Ausführungen des Sozialgerichts nicht zu seinem Aufgabenbereich gehört, ebenso wenig wie das Umladen und Verladen der Ware. Dies seien vielmehr Aufgaben des Beigeladenen gewesen, der hierzu den Zeugen N. eingesetzt habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Zeuge zu ihm gesagt habe, er dürfe sich nicht auf der Ladefläche aufhalten. Hieraus versuche das Sozialgericht zu Unrecht zu konstruieren, dass seine Tätigkeit nicht dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Beigeladenen entsprochen habe. Dies sei abwegig. Bei der Interpretation des Verhaltens der beteiligten Personen sei auf die Gesamtumstände abzustellen. Hier sei zu beachten, dass ihm gegenüber kein ausdrückliches Verbot ausgesprochen worden sei, beim Umpacken und bei der Verladung zu helfen. Darüber hinaus sei seine Mithilfe geduldet worden. Es sei davon auszugehen, dass der Zeuge daran interessiert gewesen sei, dass ihm beim Kontrollieren, Umpacken und Verladen der Ware geholfen werde. Letztlich sei er tätig geworden, um den Beigeladenen vor der Entstehung von Verzugsschäden zu bewahren. Er habe – gerade weil der Zeuge die Ware nach dem Telefonat mit dem Beigeladenen allein hätte umpacken und verladen müssen – annehmen können, dass seine Mithilfe und die damit einhergehende Verkürzung der Ladezeit im Interesse des Beigeladenen gelegen habe. Die Aussage des erstinstanzlich vernommenen Zeugen sei zudem in wesentlichen Teilen unvollständig, ungenau, widersprüchlich oder sogar unzutreffend. So habe sich dieser nicht mehr daran erinnern können, zunächst gemeinsam mit ihm Teppichballen verladen zu haben. Zum Beweis dieses Umstandes werde der entsprechende Frachtbrief vorgelegt. Bereits auf dem Weg zur ersten Ladestelle habe der Zeuge dann verlauten lassen, dass er die Ware nicht allein verladen werde. Deshalb habe er – Kläger – bei der Ankunft am Panalpina-Schuppen sogleich nachgefragt, ob Unterstützung durch einen Gabelstapler gegeben werde. Dies habe das Schuppenpersonal jedoch verneint. Danach sei dem Zeugen gar nichts anderes übrig geblieben, als die Ware selbst zu verladen, wobei er sich schon hier im Rahmen der ihm obliegenden Verladetätigkeit nur allzu gerne seiner Mithilfe bedient habe. Es sei auch nicht die Rede davon gewesen, dass er sich nicht auf der Ladefläche aufhalten dürfe und daher nicht versichert sei. Er – Kläger – und Beigeladener hätten über einen Zeitraum von insgesamt 25 Jahren zusammengearbeitet. Dabei sei es regelmäßig vorgekommen, dass er mit einem Lkw des Beigeladenen zur jeweiligen Verladestation mitgefahren sei und dann auch bei der Verladetätigkeit des jeweiligen Fahrers mitgeholfen habe. Nicht ein einziges Mal sei er von der Ladefläche eines Lkw verwiesen worden. Am fraglichen Tage habe sich der Zeuge bereits im Zeitverzug befunden, weil sie am S.1 hätten eineinhalb Stunden warten müssen, bis sie die 324 Kartons hätten aufnehmen können. Während dieser Wartezeit habe der Zeuge ihm erzählt, dass er vor seiner Tätigkeit für den Beigeladenen für Aldi gefahren sei und es dort strikt abgelehnt habe, Ware selbst zu verladen. Als dann die Paletten mit den darauf befindlichen Kartons vom Schuppenpersonal zum Verladen bereitgestellt worden seien, hätten der Zeuge und er feststellen müssen, dass sich die Kartons auf so genannten Hafenpaletten befunden hätten, die das Hafengebiet nicht hätten verlassen dürfen. Daher sei der Zeuge gezwungen gewesen, die Kartons auf Europaletten umzustapeln, was einen erheblichen zusätzlichen Zeitaufwand bedeutet und die telefonische Nachfrage beim Chef erforderlich gemacht habe. Auch hierfür habe sich der Zeuge nur allzu gern seiner Mithilfe bedient. Hieraus werde deutlich, dass die Ausführungen des Zeugen in weiten Teilen nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten in Einklang zu bringen seien.

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Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 30. Januar 2008 aufzuheben sowie die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 23. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Dezember 2004 zu verurteilen, das Ereignis vom 25. September 2002 als Arbeitsunfall anzuerkennen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie tritt dem Vorbringen des Klägers entgegen und weist darauf hin, dass sich die im Wesentlichen auf die eigenen Belange als selbstständiger Unternehmer gerichtete Handlungstendenz des Klägers zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens aus seiner Aussage in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht ergebe. Dort habe der Kläger selbst angegeben, dass er die Stückzahl der Kartons auf Vollständigkeit wie auch auf Beschädigung habe kontrollieren wollen. Hieraus habe das Sozialgericht den zutreffenden Schluss gezogen, dass er mit dieser Formulierung sein eigenes Interesse für die ausgeübte Tätigkeit als selbstständiger Spediteur zum Ausdruck gebracht habe.

17

Der Beigeladene hat sich zur Sache nicht geäußert. Er stellt keinen Antrag. Das Berufungsgericht hat den Kläger erneut angehört. Dieser hat erklärt, als gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann Spediteur im Sinne des HGB gewesen zu sein, während die Firma des Beigeladenen als Frachtführer tätig gewesen sei. Die Schuppen seien aus seiner Sicht keine Lagerhalter im Sinne des HGB. Dies gelte jedenfalls für die Sendungen, um die es vorliegend gehe. Hier seien nur ankommende Schiffspartien entgegengenommen und dann an ihn – den Kläger – ausgeliefert worden. Seine Aufgabe sei es gewesen, dem Fahrer die Papiere zu bringen. Mit diesen hätte jener die Ware dann auch allein in Empfang nehmen können. An dem fraglichen Tage sei er bei dem Vorgang selbst zugegen gewesen, weil er dem Frachtführer die Papiere nicht habe vorher zustellen können. Deshalb habe er sich mit dem Fahrer an diesem Tage im Hafen getroffen. Allerdings könne er heute nicht mehr sagen, warum er an diesem Tage nicht dem Fahrer einfach die Papiere in die Hand gedrückt habe. Seiner Erinnerung nach sei es wohl so gewesen, dass der Fahrer gesagt habe, nicht alleine laden zu wollen. In den Kartons seien Ziergegenstände, etwa Aschenbecher aus Bronze oder Ähnlichem, gewesen. Jeder der Kartons habe so etwa 5-10 kg gewogen. Die Paletten hätten nicht gleich auf den Lkw gestellt werden können, weil dort nicht genug Platz gewesen sei und weil die Kartons hätten gezählt werden müssen. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen, die Ware am Schuppen in Empfang zu nehmen und dem Fahrer zu übergeben.

18

Das Berufungsgericht hat auch den Beigeladenen angehört. Dieser hat bestätigt, dass es Aufgabe seiner Firma gewesen sei, die Ware zu transportieren. Im Normalfall würden sie die Papiere erhalten, die dann jeweils beim Schuppen vorgelegt würden. Aufgrund der Vorlage werde dann die Ware in der entsprechenden Stückzahl ausgehändigt. Dabei müsse natürlich auf Vollständigkeit und äußerliche Beschädigung kontrolliert werden. Wenn etwas zu beanstanden sei, dann werde dies auf dem Abholschein vermerkt und die Beanstandungen vom Schuppen gegen eine Gebühr auf einem besonderen Formular bestätigt. Diese Gebühr wäre dann dem Kläger in Rechnung gestellt worden. Aufgrund dieser Umstände hätte der Fahrer auch allein zum Schuppen fahren und die Ware abholen können.

19

Das Berufungsgericht hat schließlich den Fahrer des Lkw, F.N., erneut als Zeugen vernommen. Dieser hat bekundet, dass der Kläger in den Spalt von etwa 15 cm zwischen der Oberkante der Rampe und der Ladefläche des Lkw getreten sei, sich an der Stange festgehalten habe und dabei mit dem Kopf auf die Stange geschlagen sei. Dabei sei er mit dem Auge in den Haken gelangt. Er habe gesehen, wie der Kläger gestürzt sei, weil er seitlich zu ihm gestanden habe. Der Kläger sei an der Stange heruntergerutscht und mit dem Auge in den Haken gekommen. Dann habe er zwischen Lkw und Rampe gehangen und sei von ihm hochgenommen und in den Schuppen gebracht worden. Zum Unfallzeitpunkt habe der Verletzte seine Ware kontrolliert, denn es seien einige Pakete offen gewesen. Zu diesem Zeitpunkt seien schon etwa zwei Paletten auf dem Lkw gewesen. Richtig sei, dass er auch allein zum Schuppen hätte fahren können, um die Ware in Empfang zu nehmen. Hierzu werde nur der Kaiauslieferungsschein gebraucht. Eigentlich habe der Kläger nur die Kartons kontrolliert, ob kaputte dabei waren. Er – der Zeuge –habe auf dem Lkw gepackt. Aber auch der Kläger habe einige Kartons mit auf den Lkw gepackt. Zum Unfallzeitpunkt sei der Kläger aus dem Schuppen gekommen, um auf den Lkw zu steigen. Er könne aber nicht mehr sagen, was der Kläger in diesem Moment am Schuppen gewollt habe. Wäre er – der Zeuge – allein gewesen, würde er nur die Stückzahl kontrolliert, Beschädigungen vermerkt haben und hätte sich dann das Ganze quittieren lassen. Dabei hätten die beschädigten Teile dem Staplerfahrer und dem Schuppenpersonal vorgewiesen werden müssen. Das Aussortieren der beschädigten Kartons an diesem Tage habe der Kläger aber selber gemacht. Er könne nicht mehr sagen, warum es an diesem Tage so war.

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Wegen des weiteren Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift, wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

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Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und im Übrigen zulässig, namentlich fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist aber nicht begründet. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) hat der Kläger an dem fraglichen Tag einen Arbeitsunfall nicht erlitten, weil er nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stand. Der angefochtene Bescheid der Beklagten lässt deshalb Rechtsfehler zu Lasten des Klägers nicht erkennen. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

22

Nach § 8 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit. Versicherung aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses und freiwilliger Versicherung bei der Beklagten kommt hier nicht in Betracht. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind aber auch Personen versichert, die wie nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte tätig werden. Der Gesetzgeber hat durch diese Vorschrift den Versicherungsschutz aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen ebenso wie zuvor bereits durch die inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung auch auf Tätigkeiten erstrecken wollen, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, die in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, indem eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, welche ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden kann, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen und konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen wird (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, vgl. etwa Urteil vom 5. Juli 2005 – B 2 U 22/04 R sowie vom 31. Mai 2005 – B 2 U 35/04 R m.w.N.). Die Tätigkeit muss dem unterstützten Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt sein, sie muss ihm aber nicht überwiegend dienen. Entscheidend ist die Handlungstendenz des Tätigen. Sie muss fremdwirtschaftlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein. Maßgeblich ist insoweit der durch objektive Umstände des Einzelfalls bestätigte und vom Handlungsmotiv getrennte Zweck des Handelns des Versicherten.

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Wie schon das Sozialgericht hat sich auch der erkennende Senat nicht davon überzeugen können, dass der Kläger mit einer wesentlich auf fremde Belange gerichteten Handlungstendenz tätig gewesen ist, als er verunfallte. Dabei geht der Senat im Tatsächlichen dem Kern des klägerischen Vorbringens folgend, soweit dieses nicht im Widerspruch zum Ergebnis der Ermittlungen der Polizei steht, und ohne die zahlreichen inneren Widersprüche und Ungereimtheiten in seinem Vorbringen aufgrund wechselnden Vortrages näher zu betrachten und zu werten, davon aus, dass Kläger und Zeuge zum Unfallzeitpunkt gemeinsam damit beschäftigt waren, die Kartons einzeln in Augenschein zu nehmen und auf dem Lkw zu verstauen, nachdem der Kläger entschieden hatte, dass die Partie einzeln kontrolliert und erst dann verladen wurde. Dass der Kläger diese Vorgehensweise durchgesetzt hatte, ergibt sich aus den Erklärungen des von der Polizei vernommenen Schuppenpersonals, an deren Richtigkeit der Senat schon deshalb keinen Zweifel hat, weil Lagermeister und Staplerfahrer noch am Tage nach dem Unfall befragt wurden und als Unbeteiligte kein Interesse am Ausgang dieses Rechtsstreits haben konnten. Der Senat geht ferner davon aus, dass sich der Fahrer des Lkw, der Zeuge N., bei seinem Arbeitgeber zuvor telefonisch rückversichert hatte, dass diese zeitraubende Art der Verladung durchgeführt werden durfte. Diesen Umstand schildert nicht nur der Zeuge, sondern auch der Kläger selber. Bei dem eigentlichen Ladegeschäft hat sich der Verletzte dann mehr auf der Rampe bzw. im Schuppen und der Zeuge sich auf der Ladefläche des Lkw aufgehalten. Während ersterer an den vom Schuppenpersonal bereitgestellten Paletten die Folie aufschnitt, die einzelnen Packstücke entnahm und anschaute, packte letzterer diese auf der Ladefläche wieder auf. Dies folgt aus den insoweit mit der Aussage des Zeugen übereinstimmenden Erklärungen des Klägers. Der Senat geht ferner davon aus, dass die rechtlichen Verhältnisse der beteiligten Personen ganz maßgeblich auf dem Boden der Regelungen des HGB gründen. Danach sind regelmäßig drei Rechtskreise zu unterscheiden. Derjenige des Lagerhalters (Betreiber des Schuppens, §§ 467 ff. HGB, Lagergeschäft), des Spediteurs (§§ 453 ff. HGB, Speditionsvertrag) und des Frachtführers (§ 407 ff. HGB). Da der Lagerhalter dem Spediteur gegenüber für Beschädigung und Verlust der eingelagerten Ware ebenso haftet, wie der Frachtführer dem Versender (hier dem Spediteur) bzw. dem Empfänger, müssen beide, Spediteur und Frachtführer, Vollständigkeit und Zustand der bei einem Dritten eingelagerten Ware kontrollieren, wollten sie sich nicht eigener Rechte begeben. Diese Kontrolle wird regelmäßig bei der Abholung aus dem Lager vorgenommen, und zwar von beiden. Letzteres hat der Kläger während des gesamten Verfahrens auch selbst vorgetragen und überdies auf seine Berufsbezeichnung als Warenkontrolleur sowohl in der Unfallanzeige als auch gegenüber dem Durchgangsarzt verwiesen. Unerheblich ist insoweit, ob die rechtliche Einordnung des Schuppenbetreibers dem HGB folgt oder – wie der Kläger behauptet – dies vorliegend nicht der Fall ist. Denn jedenfalls wurde – wie der Kläger gegenüber dem Berufungsgericht eingeräumt hat – rechtlich gesehen an ihn ausgeliefert. Zwar war es möglich und – wie die Beweisaufnahme ergeben hat – auch durchaus üblich, dass der Fahrer sich Verluste oder Beschädigungen vom Schuppenpersonal auf Kosten des Spediteurs bestätigen ließ, so dass die Anwesenheit des Spediteurs nicht erforderlich war. Auch insoweit erfolgte aber die Auslieferung zu Lasten des Klägers, der letztlich die Kosten dieses Vorganges zu tragen hatte. Der Kläger hat überdies bereits gegenüber dem Sozialgericht eingeräumt, beim Verladen seiner Ware stets anwesend gewesen zu sein und hat insoweit namentlich auf die von ihm häufig verladenen Teppichpartien verwiesen.

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Hieraus folgt für den Senat, dass der als Spediteur handelnde Kläger insbesondere bei – wie hier – wertvollen Gegenständen ein hohes Interesse daran hatte, dass nicht an ihm gleichsam „vorbei“ zu seinen Lasten Verluste im Zusammenwirken von Schuppen und Frachtführer festgestellt wurden, nur weil er seiner Kontrollpflicht als Spediteur nicht nachkam. Zutreffend verweist der Kläger denn auch bereits mit seiner Klage darauf, dass ihn nach § 461 Abs. 1 HGB die Haftung für die in seiner Obhut befindlichen Waren traf. Die ausweislich der Akte der Staatsanwaltschaft vom Schuppenpersonal berichtete Anweisung des Klägers, dass in diesem Falle von Hand zu Packen sei, sowie die Angabe des Zeugen N. gegenüber der Polizei, dass der Verletzte an diesem Tage selbst habe kontrollieren wollen, die er gegenüber dem Senat wiederholt hat, belegen anschaulich, dass er eben mit Blick auf diese Obhutspflicht handelte, als er daran ging, die vom Schuppen zur Verladung bereitgestellte Ware zu kontrollieren. Auch ergibt der Frachtbrief, dass in diesem Falle Gesamtzahl und Zustand der Packstücke zu kontrollieren waren. Er weist ferner sowohl die Unterschrift des Klägers als auch diejenige des Fahrers aus und belegt das Tätigwerden beider. Damit erfolgte das Nachzählen und Kontrollieren am Unfalltag nach der Überzeugung des Senats in des Klägers eigenem Interesse als selbständiger Spediteur. Hinter diese Tendenz des klägerischen Handelns trat die Hilfeleistung für den Fahrer des Beigeladenen hinsichtlich Kontrolle und Umpacken bei lebensnaher Betrachtung zurück. Zwar hat sich dieser offenbar hiergegen nicht verwahrt und – wie die Beweisaufnahme ergeben hat – es auch zugelassen, dass der Kläger einige Kartons mit auf den Lkw gepackt hat. Hieraus ist indessen nicht abzuleiten, dass diese Hilfeleistung die Handlungstendenz des Verletzten wesentlich bestimmte. Vielmehr lassen sich – wie regelmäßig bei gemischten Handlungen – die Handlungsstränge nicht voneinander trennen. Aufschneiden der Folie, Aufnehmen der einzelnen Kartons, Inaugenscheinnahme und Weiterreichen an den Zeugen stellen sich vielmehr als Einheit dar. Ohne sein eigenes unternehmerisches Interesse als Spediteur aber hätte der Kläger keine Veranlassung gehabt, anwesend zu sein oder gar Hand anzulegen. Danach war seine Handlungstendenz wesentlich darauf gerichtet, seinem eigenen Unternehmen zu dienen und die unfallbringende Verrichtung keine versicherte Tätigkeit.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

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Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.

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