Zur Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem Zusteller

LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29.06.2018 – L 1 KR 490/15

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. September 2015 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, die diese selbst zu tragen haben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
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Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status des Beigeladenen zu 1) während seiner Tätigkeit für die Klägerin in der Zeit vom 24. Mai 2011 bis Juni 2013.

2
Der 1988 geborene Beigeladene zu 1) ist rumänischer Staatsangehöriger. Am 24. Mai 2011 schloss er mit der Klägerin eine Vereinbarung, nach der er mit der Entgegennahme von Sendungen sowie deren Transport und Zustellung in dem nach Anlage 1 zu vereinbarenden Zustellungsgebiet beauftragt wurde. Für die Abwicklung sollte der Inhalt der jeweils aktuellen Ausgabe des Heftes „Abläufe und Sendungsdokumentation“ gelten. Im Vertrag war vereinbart, dass der Auftragnehmer seine Tätigkeit selbstständig ausüben werde, er bestätigte, alle zur Erfüllung des Vertrags erforderlichen Genehmigungen zu besitzen. Vereinbart wurde weiter, dass ausschließlich Arbeitsbekleidung mit der Aufschrift Hermes-Logistikgruppe zu tragen sei, um ein ordnungsgemäßes Erscheinungsbild zu gewährleisten. Ladeschale, Schilder, Quittungen und Aufkleber seien sofort nach Beendigung der Tätigkeit abzugeben, andernfalls würden sie in Rechnung gestellt. Das Zustellungsgebiet sollte nach Anlage 1 Einzelvertrag nach Absprache festgelegt werden, für die Durchführung der Zustellungen wurden in Anl. 2 zum Vertrag bestimmte Entgelte pro Sendung vereinbart.

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Aufgrund dieses Vertrages führte der Beigeladene zu 1), der ein Gewerbe als Reinigungskraft, für Catering, Webdesigner und Gebäudereinigung angemeldet hatte, in der Zeit bis 30. Juni 2013 für die Klägerin Zustellungen durch. Sein Honorar stellte er der Klägerin monatlich unter Ausweisung von Umsatzsteuer in Rechnung. Für die Fahrten verwendete er seinen eigenen PKW und einen Tourscanner, den er von der Klägerin erhalten hatte. Eigene Arbeitnehmer beschäftigte er bei den Fahrten nicht.

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Am 5. Februar 2013 beantragte der Beigeladene zu 1) bei der Beklagten eine Entscheidung zu seinem sozialversicherungsrechtlichen Status mit dem Ziel, eine Beschäftigung festzustellen. Die Beklagte hörte den Kläger zu der Absicht an, eine versicherungspflichtige Beschäftigung festzustellen.

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Die Klägerin entgegnete, es spreche nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden. Ein Frachtführer im Sinne des HGB übe ein selbstständiges Gewerbe aus. Das gelte auch, wenn er als Einzelperson ohne weitere Mitarbeiter für einen Spediteur tätig sei. Auch habe der Beigeladene zu 1) über längere Zeiträume keine Transporte für sie – die Klägerin – durchgeführt. Es habe ihm auch freigestanden, dritte Personen zur Auftragsausführung einzusetzen. Das Abwicklungshandbuch sei eine Voraussetzung dafür, dass eine technisierte Zustellung nach einheitlichen Maßstäben funktionieren könne. Die Zustellung von Paketen sei eine typische Tätigkeit von Frachtführern, die der Gesetzgeber als Gewerbetreibenden und damit als Selbständige eingeordnet habe, obwohl der Frachtführer schon von Gesetzes wegen weitreichenden Weisungsrechten sowohl des Spediteurs als auch des Absenders und des Empfängers des Frachtguts ausgesetzt sei. Zeitlich gebundene Aufträge würden von ihr – der Klägerin – nicht vergeben, in wenigen Fällen müssten lediglich grobe Zeitfenster eingehalten werden. Es erschließe sich nicht, wie ein Transportauftrag ohne örtliche Vorgaben erfüllt werden solle. Sie – die Klägerin – gebe auch keine festen Fahrtouren vor. Jedenfalls könne von einer Toureneinteilung nicht auf eine Arbeitnehmereigenschaft geschlossen werden. Die Verpflichtung zum Tragen einer einheitlichen Oberbekleidung begründe keine Arbeitnehmereigenschaft. Es komme für die Einstufung als Frachtführer nicht dadurch an, ob jemand von den Kunden als selbständiger Unternehmer wahrgenommen werden. Auch umgekehrt werde ein Arbeitnehmer nicht dadurch zu einem Selbstständigen, dass Kunden ihn für selbständig halten. In Bezug auf die Fahrzeuggestaltung gebe es überhaupt keine Vorgaben. Die ordnungsgemäße Erfüllung der übernommenen Aufträge würde nicht durch sie – die Klägerin – sondern durch den Hermesversand überprüft. Den Nachweis einer ordnungsgemäßen Zustellung müsse erbracht werden, damit die Leistungserbringung nachgewiesen und abgerechnet werden könne. Das Scanner System stelle nichts anderes als einen elektronischen Ladeschein dar. Es könne auch nicht drauf ankommen, dass der Beigeladene zu 1) nur über ein einziges Fahrzeug verfügt habe, weil das für selbständige Frachtführer nicht untypisch sei. Es gebe keine Grundlage, den Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer einzustufen. Andernfalls müssten sämtliche Subunternehmer von Zustellunternehmen als abhängig beschäftigt angesehen werden.

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Die Beklagte stellte gleichwohl durch Bescheid vom 18. Juni 2013 fest, dass der Beigeladene zu 1) seine Tätigkeit für die Klägerin seit dem 24. Mai 2011 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken –, Pflege – und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, die mit der Aufnahme der Beschäftigung am 24. Mai 2011 beginne. Bei der zu beurteilenden Tätigkeit im Bereich Entgegennahme, Transport und Zustellung von Sendungen liege ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Für abhängige Beschäftigung spreche insbesondere, dass der Vertrag auf unbestimmte Zeit abgeschlossen worden sei, die Tätigkeit durch den Beigeladenen zu 1) selbst ausgeführt werde, die Serviceanforderung des Auftraggebers sicherzustellen und detaillierte Vorgaben aus dem Abwicklungshandbuch zu beachten sein, feste örtliche und zeitliche Vorgaben zur Abholung der Sendungen aufgestellt worden sein, feste Fahrtouren vorgegeben worden seien, eine Verpflichtung zum Tragen einer einheitlichen vollständigen Oberbekleidung als Hermes-Partner bestehen würde, die ordnungsgemäße Erfüllung der übernommenen Aufträge durch den Auftraggeber über die Scanner-Erfassung kontrolliert werde und dass eigenes Kapital zu im geringen Umfang eingesetzt werde. Dagegen spreche für eine selbständige Tätigkeit, dass die vollständige Oberbekleidung als Hermes-Partner käuflich erworben werden müsse und vergebliche Kundenanfahrten nicht vergütet würden.

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Die Klägerin erhob Widerspruch, mit dem sie rügte, dass keine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden habe. Der Beigeladene zu 1) sei nicht in ihren Betrieb eingegliedert gewesen. Er habe lediglich Frachtführertätigkeitgen für sie übernommen. Während der Ausführung der Transporte habe sich der Beigeladene zu 1) nicht bei ihr – der Klägerin – melden müssen. Er sei weisungsfrei gewesen und habe auch für andere Unternehmen Transporte ausgeführt. Im Übrigen nahm die Klägerin auf ihr Anhörungsvorbringen Bezug.

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Der Beigeladene zu 1) erklärte während des Widerspruchsverfahrens, dass er tatsächlich keine Aufträge für andere Unternehmen ausgeführt habe, aber von der Personalchefin der Klägerin zur Unterzeichnung einer anderslautenden Erklärung bestimmt worden sei. Seine Tätigkeit für die Klägerin sei nur kurz zur Urlaubszwecken unterbrochen gewesen. Er sei verpflichtet gewesen, jeden Werktag ab 7:00 Uhr auf dem Gelände der Klägerin zu sein und dort bis 9:00 Uhr die Pakete zu sortieren. Danach habe er wie alle anderen Fahrer auch eine Orientierungsliste mit Namen und Adressen erhalten. Termingebundene Zustellungen seien besonders herausgehoben gewesen. Im Wesentlichen habe er den Zustellbezirk 36 übernommen. Die Erledigung der Aufträge sei durch Ausdrucke aus dem Scanner-System kontrolliert worden. Unerledigt gebliebene Aufträge habe er am nächsten Tag wiederholen müssen.

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Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 24. Oktober 2013 zurück. Der Beigeladene zu 1) habe sich während der vereinbarten Dauer zur Arbeitsleistung und für weitere Absprachen uneingeschränkt zur Verfügung stellen müssen. Die Arbeiten seien so zu beginnen und durchzuführen gewesen, dass er den vorgegebenen zeitlichen Rahmen einhalten konnte. Sein Tagesablauf habe sich nach den Vorgaben der Klägerin und den übertragenen Aufgaben gerichtet. Er habe um 7:00 Uhr anwesend sein müssen und die Arbeitszeit habe je nach Anzahl der abzuliefernden Pakete zwischen 15:00 Uhr und 18:00 Uhr geendet. Das Zustellgebiet sei von der Klägerin vorgegeben worden. Die Einzelheiten der Arbeit würden sich nach den durch Dritte vorgegebenen Terminen und Orten richten. Eine freie Gestaltung seiner Tätigkeit sei dem Beigeladenen zu 1) somit nicht möglich. Seine Freiheiten seien nicht größer als bei den abhängig beschäftigten Mitarbeitern in der Transportbranche. Eigenverantwortung werde von den Arbeitgebern bei jedem Beschäftigten erwartet oder vorausgesetzt. Über das „wie“ der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) würden die Vorgaben der Klägerin bestimmen. So sei der Beigeladene zu 1) verpflichtet, Hermesbekleidung zu tragen. Nach außen werde er als Mitarbeiter der Firma Hermes wahrgenommen. Über seine Vergütung entscheide die einseitig vorgegebene Preisliste. Ein Kapitaleinsatz, bei dem durch die Erzielung geringer Umsätze die Gefahr des Verlusts bestehe oder der der Tätigkeit das Gepräge gebe, liege nicht vor. Es fehle auch ein typisches unternehmerisches Risiko. Die Möglichkeit, länger und mehr zu arbeiten und so ein höheres Entgelt zu erzielen, sei keine spezielle unternehmerische Chance, sie habe jeder Beschäftigte. Soweit der Beigeladene zu 1) sein eigenes Fahrzeug einsetze, belege das keine selbständige Tätigkeit, weil der wirtschaftliche Aufwand für den Erwerb eines solchen Fahrzeugs nicht zu hoch und des sich um ein auch privat genutztes Fahrzeug handele. Während der Ausführung der einzelnen Aufträge sei der Beigeladene zu 1) im Wesentlichen an die ihm gemachten Vorgaben zu Einsatzorten und Zeiten gebunden gewesen. Danach liege eine Einbindung in die Arbeitsorganisation eines fremden Unternehmens vor.

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Dagegen richtet sich die am 15. November 2013 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangene Klage, die das Sozialgericht durch Urteil vom 17. September 2015 abgewiesen hat. Der Beigeladene zu 1) sei im streitigen Zeitraum bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Er sei nicht als Subunternehmer oder selbständiger Frachtführer tätig gewesen. Seine Tätigkeit sei nicht weisungsfrei erfolgt, auch ein Unternehmerrisiko habe nicht vorgelegen. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) sei nach dem Hermes-Qualitäts-Handbuch vom April 2010 gestaltet gewesen. Dieses habe dem Beigeladenen zu 1) einen eng und konkret beschriebenen Rahmen für die Ausübung seiner Tätigkeit gesetzt. Ein freier Gestaltungsspielraum sei nicht vorhanden gewesen. In dem Hermes-Qualitäts-Handbuch seien sämtliche Handhabungen für die Zustellung von Sendungen, für nicht zustellbare Sendungen, für die Abwicklung von Retouren und für weitere Serviceleistungen sowie zum Tourenende ausführlich beschrieben und vorgegeben. Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) habe gerade durch diese strenge Reglementierung ihr Gepräge erhalten. Vor dem Hintergrund der von der Hermesgruppe vorgegebenen Richtlinien sei der Beigeladene zu 1) weitaus stärker in die betrieblichen Abläufe der Klägerin eingebunden gewesen als ein Frachtführer im Sinne des HGB. Über die Regelungen des Hermes-Qualitätshandbuchs hinaus sei der Beigeladene zu 1) auch auf ein Rauchverbot im eigenen Fahrzeug verpflichtet und an besondere Regelungen für die kundenorientierte Zustellung Abholung gebunden gewesen. Diese Regelungen seien nicht nur vertraglich vereinbart gewesen, sondern auch tatsächlich gelebt worden. Auch das Erscheinungsbild des Beigeladenen zu 1) habe sich an den Vorgaben der Klägerin entsprechend der Vereinbarung vom 24. Mai 2011 orientiert. Für den Beigeladenen zu 1) habe kein unternehmerisches Risiko oder eine unternehmerische Chance bestanden. Er habe nur die Freiheit gehabt zu entscheiden, ob er für die Klägerin tätig werde. Er habe zwar sein eigenes Fahrzeug eingesetzt, dieses sei jedoch sein ebenso privat benutzter PKW gewesen, so dass darin kein besonderer Einsatz von Kapital erkannt werden könne. Der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses stehe auch nicht zwingend entgegen, dass der Beigeladene zu 1) die Möglichkeit gehabt hätte, seine Arbeit auch doch andere ausführen zu lassen. Unerheblich sei, dass die Beteiligten keine Vergütung im Urlaubs- und Krankheitsfall vereinbart hätten. Eine selbständige Tätigkeit könne nicht durch einen Verzicht auf Leistungen begründet werden. Die Gewerbeanmeldung habe ebenso keine sozialversicherungsrechtliche Bedeutung, da die dafür zuständige Behörde nicht zur Prüfung des Status berufen sei und die Gewerbeanmeldung allein nach dem Willen des Antragstellers vollziehe.

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Gegen das ihr am 15. Oktober 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 16. November 2015 (Montag) bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Der Beigeladene zu 1) sei nicht persönlich abhängig gewesen. Er habe seine Arbeit selbst organisiert und Vertreter gestellt. Weitreichende Kontrollen und Mitspracherechte des Auftraggebers hätten nicht bestanden. Umfangreiche Berichtspflichten habe es nicht gegeben, sie – die Klägerin – habe sowohl Arbeitnehmer als auch Auftragnehmer beschäftigt. Der Beigeladene zu 1) habe auch eigene Produktionsmittel benutzt, da er sein eigenes Fahrzeug fuhr. Er habe die Möglichkeit gehabt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Unbeachtlich sei das Verbot, gegenüber Kunden mit eigenem Logo aufzutreten. Der Beigeladene zu 1) habe die gleiche Tätigkeit nicht vorher als Arbeitnehmer beim Auftraggeber ausgeübt, auch habe er nicht anstelle einer Umsatzbeteiligung ein festes Gehalt erhalten. Tarifliche Urlaubs- und Entgeltfortzahlungsansprüche hätten nicht bestanden, ein Unternehmerrisiko sei vorhanden gewesen. Dagegen fehle ein direkter Vorgesetzter, der den Arbeitsablauf geregelt habe. Der Beigeladene zu 1) habe eine eigene Betriebsstätte gehabt, der Auftraggeber habe keine jederzeitigen Zugriffs- und Einwirkungsmöglichkeiten gehabt. Auch habe der Beigeladene zu 1) ein Gewerbe angemeldet und Rechnungen unter Ausweisung von Umsatzsteuer gestellt. Dem Beigeladenen zu 1) seien keine Aufgaben übertragen worden, sondern er habe die Aufträge erfüllt, die er angenommen habe. Seine Arbeitszeit habe nicht um 7:00 Uhr begonnen, vielmehr hätten die Pakete ab 7:00 Uhr zur Abholung bereit gelegen, ohne dass für die Auftragsausführung ein Beginn vorgeschrieben gewesen sei. Technische Geräte und Materialien seinen aus einem Mietverhältnis heraus bereitgestellt worden. Daraus sei kein Anstellungsverhältnis zu begründen. Der an sie – die Klägerin – erteilte Auftrag habe es notwendig gemacht, bestimmtes technisches Equipment zu verwenden, weswegen auch die für sie selbständig tätigen Unternehmer über dieses verfügen mussten. Entgegen seiner Darstellung habe der Beigeladene zu 1) über ein Entgelt verhandeln können. Es sei zudem von ihr – der Klägerin – kein Entgelt gezahlt worden, vielmehr habe der Beigeladene zu 1) eine vertragliche Vereinbarung getroffen. Das Tragen der Hermesbekleidung während der Tätigkeit sei erforderlich gewesen, damit der Endkunde den Lieferanten als Hermeszusteller erkennen könne. Dem Beigeladenen zu 1) sei aber jederzeit gestattet gewesen, an seinem Fahrzeug Werbung anzubringen und bei der Ausführung anderer Aufträge seine Bekleidung zu ändern. Eine ausführliche Dokumentationspflicht habe es nicht gegeben, auch nicht im Zusammenhang mit den so genannten Auslesen des Scanners. Dieser Vorgang sei notwendig, um die Zustellung der Pakete nachweisen zu können. Das Arbeitsergebnis sei dabei nicht geprüft worden. Die Verpflichtung, gegebenenfalls einen erneuten Zustellversuch zu unternehmen, sei bereits mit Übernahme des Auftrags vereinbart gewesen und könne deswegen kein Anstellungsverhältnis begründen. Dem Beigeladenen zu 1) seien Arbeitsmittel nicht zur Verfügung gestellt worden, vielmehr habe er sie angemietet. Ihre – der Klägerin – Räumlichkeiten habe der Beigeladene zu 1) nicht genutzt. Die Möglichkeit, die Pakete auf dem Firmengelände einladen zu können, reiche dafür nicht aus. Der Beigeladene zu 1) sei ohnehin nicht für sie – die Klägerin – tätig gewesen, sondern habe übernommene Aufträge ausgeführt. Was der Beigeladene zu 1) in den anderen Zeiten getan habe, entzieht sich ihrer Kenntnis. Sie – die Klägerin – habe keine Veranlassung gehabt, die Zeiten zu kontrollieren. Der Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit gehabt, sich andere Auftraggeber zu suchen, auch wenn er Aufträge der Klägerin übernommen gehabt habe und damit die Verpflichtung eingegangen sei, diese vertragsgemäß zu erfüllen. Er habe auch das Risiko bei Nichterfüllung eines Auftrages allein getragen. Ihr – der Klägerin – sei nicht bekannt gewesen, dass der Beigeladene zu 1) über keine eigenen Räumlichkeiten verfügt habe, weil er bei Vertragsschluss eine Gewerbeanmeldung mit Nennung einer Betriebsstätte vorgelegt habe. Da der Beigeladene zu 1) monatlich eine Rechnung gestellt habe, auf der er Mehrwertsteuer ausgewiesen und seine Steuernummer angegeben habe, sei nicht nachvollziehbar, dass er in Unkenntnis darüber gewesen sein könnte, selbständig zu sein. Zudem habe er als bulgarischer Staatsangehöriger bis zum 1. Januar 2014 nach dem EU-Recht nicht als abhängig Beschäftigter arbeiten dürfen. sondern nur als Selbständiger. Das Urteil des Sozialgerichts sei auch nicht wirksam unterzeichnet. Das Vertragsverhältnis zwischen ihr – der Klägerin – und dem Beigeladenen zu 1) sei eine Geschäftsbesorgung gewesen, nicht ein Dienstvertrages. Der Beigeladene zu 1) sei selbständiger Frachtführer gewesen. Die Bindung an die Serviceanforderung aus dem Hermes-Qualitätshandbuch führe nicht zu einer abhängigen Tätigkeit. Vielmehr lasse die vertragliche Gestaltung und die Durchführung des Frachtführerverhältnisses unter Berücksichtigung der Gewerbeanmeldung des Beigeladenen zu 1) nach dem Gesamtbild der Tätigkeit nur den Schluss zu, dass der Beigeladene zu 1) selbständig gewesen sei. Das Sozialrecht könne sich von den Normen des Gewerberechts, des Umsatzsteuer- und Einkommensteuerrechts nicht vollständig lösen. Auch die Arbeitsgerichte würden bei Frachtführern in der Regel nicht von ihrer nicht Zuständigkeit ausgehen. Der zwischen den Beteiligten geschlossene Vertrag spreche eindeutig für eine selbständige Tätigkeit. Der Vertrag habe kein Weisungsrecht begründet und auch ausdrücklich das Recht des Auftragnehmers vorgesehen, für die vereinbarten Dienste einen Vertreter zu entsenden. Diese Ersetzungsbefugnis spreche gegen ein Arbeitsverhältnis. Sie – die Klägerin – behandle die selbständigen Frachtführer anders als ihre abhängig beschäftigten Mitarbeiter. Die Arbeitsverträge seien anders gestaltet. Entsprechend der vertraglichen Regelung sie der Vertrag mit dem Beigeladenen zu 1) im Rahmen einer für einen Frachtführer typischen Weisungsgebundenheit durchgeführt worden, aber eben nicht in der Form der Weisungsgebundenheit eines Arbeitnehmers. Es habe keine stärkere Einbindung in die Organisation und Arbeitsabläufe ihres – der Klägerin – Betrieb gegeben, als dies nach den gesetzlichen Vorschriften für ein Frachtführer üblich sei. Der Beigeladene zu 1) habe die Möglichkeit behalten, seine Arbeit selbstständig und bei freier eigener Zeiteinteilung auszuführen. Die Vereinbarungen zur Übernahme und Ablieferung der zuzustellenden Güter und die Zeitfenster für die Abholung der Waren hätten im Rahmen der für Frachtführer üblichen Vereinbarungen gelegen. Durch vertragliche Vereinbarung sei lediglich der Zustellbezirk festgelegt worden, nicht aber Ort, Zeit sowie Art und Weise der Tätigkeit. Eine Meldepflicht bei Abwesenheit stehe der Annahme von Selbständigkeit nicht entgegen. Der Beigeladene zu 1) habe die Übernahme der Frachtbeförderung in einem bestimmten Gebiet übernommen, weswegen er zwingend mitteilen musste, wann er Aufträge übernehmen konnte und wann nicht. Der maßgebliche Grad der persönlichen Abhängigkeit hänge immer auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Abstrakte für alle Arbeitsmöglichkeiten geltende Merkmale gäbe es nicht. Alle Aspekte sprächen hier für eine selbständige Frachtführertätigkeit. Abzustellen sei auf die gesetzliche Wertung, wonach Frachtführer selbständige Gewerbetreibende seien. Ein selbstständiger Frachtführer sei im Vergleich zu anderen Unternehmern nach seinem Berufsbild im hohen Maße weisungsabhängig. Er sei eine allenfalls frei darin, einen angebotenen Beförderungsauftrag anzunehmen oder abzulehnen. Der Beigeladene zu 1) sei im Kernbereich der von ihm übernommenen Frachtführertätigkeit weisungsfrei gewesen. Er habe keine Vorgaben befolgen müssen, die über die Frachtführertätigkeit hinausgehen würden. Für die Annahme von Weisungsbefugnis gebe es keine gesonderte rechtliche Grundlage. Soweit bereits Urteile ergangen seien, in denen für Hermes-Fahrer eine abhängige Beschäftigung festgestellt worden sein, habe sich um andere Sachverhalte gehandelt, insbesondere nicht um Kurierfahrer mit Migrationshintergrund. Im Übrigen habe das LSG Nordrhein-Westfalen am 19. März .2007 zum Az L 5 R 50/06 anders entschieden. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass durch die Rechtsfortbildung der Sozialgerichte das Rechtsinstitut des selbständigen Frachtführers vollständig abgeschafft werde. Sie – die Klägerin – habe mit einem jährlichen Umsatz von mehr als zwei Millionen Euro kein Interesse daran gehabt, einzelne Personen zur Selbstähnlichkeit zu überreden oder zu verleiten. Der Beigeladene zu 1) habe sie offensichtlich bewusst belogen und falsche Auskünfte erteilt. Sie – die Klägerin – dürfe nicht für falsche Angaben Ihrer Kurierfahrer bestraft werden. Es sei nicht richtig, sie – die Klägerin – durch nachträgliche Beitragspflichten zu bestrafen, obwohl sie alles unternommen habe, um bei Aufnahme der Selbstständigen Tätigkeit eine Statusprüfung vorzunehmen. Der Beigeladene habe über Monate Rechnungen geschrieben und Umsatzsteuer abgeführt. Er habe sein Fahrzeug nicht beschriften müssen und keine weiteren Auflagen gehabt. Sie – die Klägerin- habe im betroffenen Zeitraum durchschnittlich 42 Mitarbeiter beschäftigt. Sie habe kein Interesse daran gehabt, ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zu vermeiden. Hinzuweisen sei auch auf die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf v. 5. März 2015 – S 45 R 1190/14.

12
Die Klägerin beantragt,

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das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. September 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Oktober 2013 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.

16
Das Urteil des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Neue entscheidungserhebliche Tatsachen seien nicht vorgetragen worden. Der Beigeladene zu 1) sei mit denselben Aufgaben betraut gewesen, die üblicherweise von abhängig beschäftigten Kurierfahrern der Klägerin wahrgenommen würden. Er sei im gleichen oder im ähnlichen Maßen in die üblichen organisatorischen Abläufe und Strukturen der Klägerin integriert und involviert gewesen.

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Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe
18
Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Oktober 2013 ist nicht rechtswidrig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene zu 1) stand ab dem 24. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2013 in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin, aus dem sich Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ergab.

19
Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin ist das Urteil des Sozialgerichts nicht deswegen unwirksam, weil es keine lesbare Unterschrift der Vorsitzenden trägt. Ausreichend ist, dass ein individueller, nicht nur als Handzeichen oder Paraphe anzusehenden, sondern den Anforderungen an eine Unterschrift genügender handschriftlichen Schriftzug verwendet wird. Unschädlich ist, dass die einzelnen Buchstaben des Namens ineinander verschlungen sind. Denn auch ein nicht lesbarer Namenszug ist als Unterschrift anzuerkennen, wenn der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt (BGH, Urt. v. 17. April 2018 – XI ZB 4/17 juris Rn 11). Letzteres ist aber der Fall, wie sich den in der Gerichtsakte des Sozialgerichts zu findenden Unterschriften der Richterin unter die Klageeingangsverfügung oder das Sitzungsprotokoll entnehmen lässt.

20
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Mit Recht ist die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden von Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung, der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung ausgegangen. Rechtsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 20 Abs. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI), § 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht.

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Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

22
Der Beigeladene zu 1) ist, wie sich aus seinen Angaben und den von ihm vorgelegten Dienstverträgen und Rechnungen ergibt, vom 24. Mai 2011 bis zum 30. Juni 2013 für die Klägerin tätig gewesen. Für die Einordnung dieser Tätigkeit als selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden auszugehen. Diese deuten darauf hin, dass eine selbständige Tätigkeit gewollt war. Dafür sprechen die Bezeichnungen in der Vereinbarung vom 24. Mai 2011 als Auftraggeber und Auftragnehmer und die ausdrückliche Abrede, dass die Tätigkeit als Selbständiger ausgeübt werde.

23
Die vertraglich vorgegebene Einordnung als selbständige Tätigkeit muss aber auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Nach diesen ist hier von einer abhängigen Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) auszugehen. Die tatsächlichen Verhältnisse der Arbeitsleistung habe auch mehr Bedeutung als die Anmeldung eines Gewerbes oder das Ausstellung von Rechnungen mit Umsatzsteuer. Insoweit liegen zwar gewisse Indizien für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit vor, die aber alleine nicht ausschlaggebend sind (vgl. Seegebrecht in jurisPK SGB IV, 3. Aufl. § 7 Rn 94).

24
Der Beigeladene zu 1) ist in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) eingeordnet und auf deren Material und Personal angewiesen gewesen. Ohne die Lagerung und Sortierung der Post und Pakete in den Betriebsräumen der Klägerin, der Zuteilung der Post und Pakete und des Zustellgebietes sowie die zur Verfügung gestellten Sachmittel wie Tourscanner konnte der Beigeladene zu 1) seine Arbeit nicht verrichten. Er ist gegenüber den Endkunden der Klägerin auch nicht wie ein selbstständiger Unternehmer aufgetreten, sondern war aufgrund Nr. 6.1. der Vereinbarung verpflichtet, sich während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand seiner vollständigen Oberkörperbekleidung als Angehöriger der Hermes-Logistik-Gruppe zu erkennen zu geben. Das macht seine Eingliederung in eine übergeordnete Organisation deutlich. Er war auch den Weisungen der Klägerin unterworfen. Es bestand eine Bindung an den Ort der Arbeitsleistung. Der Zustellbezirk war nicht zwischen den Beteiligten vertraglich vereinbart worden, sondern wurde dem Beigeladenen zu 1) jeweils „nach Absprache“ zugewiesen. Selbst hinsichtlich der Arbeitszeit war der Beigeladene zu 1) nicht frei. Da alle übernommenen Pakete nach den Angaben des Geschäftsführers der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht grundsätzlich am selben Tag zugestellt werden sollten, blieb für die ordnungsgemäße Zustellung nur ein enger zeitlicher Korridor. Auch in Bezug auf die Art und Weise der Arbeitsausführung war der Beigeladene zu 1) an die bis ins Einzelne gehenden Vorgaben der Klägerin gebunden. Nach 1.2 der Vereinbarung zwischen den Beteiligten galt für die Abwicklung des Auftrags der Inhalt der jeweils aktuellen Ausgabe des Heftes „Abläufe und Sendungsdokumentation“. Die maßgeblichen Vorgaben lassen sich dem von der Klägerin vorgelegten „Hermes-Qualitäts-Handbuch“ entnehmen, u.a. „die zehn Grundregeln für die kundenorientierte Zustellung und Abholung“, Rauchverbot im eigenen Fahrzeug sowie detaillierte Vorgaben zum Umgang mit den Sendungen und den Kunden. Es ist unerheblich, dass die Klägerin damit in der Sache nur Vorgaben erfüllen wollte, die ihr selbst vom Hermes-Versand gemacht worden waren. Denn der Beigeladene zu 1) ist von ihr auf die Einhaltung dieser Vorgaben verpflichtet worden. Weitere Einzelanweisungen waren überflüssig, weil sich die notwendigen Verrichtungen bei dem Zustellen der Post und Pakete aus der Natur der Sache ergaben. Weil die inhaltlichen Vorgaben über die Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit damit weit über das hinausgingen, was nach den §§ 407ff HGB für die Tätigkeit der Frachtführer gilt, kann aus der gesetzlichen Wertung, dass Frachtführer im Sinne der §§ 407ff HGB als Selbständige anzusehen sind, vorliegend nichts gegen eine Beschäftigung abgeleitet werden (Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2015 – L 6 R 23/14 – juris Rn 107). Es kommt auch nicht darauf an, ob dem Kläger europarechtlich eine Tätigkeit als abhängig Beschäftigter erlaubt gewesen wäre. Die Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit ohne die erforderliche Arbeitserlaubnis mag gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, ohne aber etwas am Tatbestand des Vorliegens einer Beschäftigung ändern zu können (vgl. zuletzt LSG Baden-Württemberg v. 13. März 2018 – L 11 R 609/17 – juris Rn 36).

25
Dass der Beigeladene zu 1) sein eigenes Auto für die Tätigkeit benutzte, stellte kein echtes Unternehmerrisiko dar, da er nur das von ihm angeschaffte Privat – KFZ einsetzte. Eine ausschließlich geschäftlichen Zwecken dienende Investition, wie sie etwa bei der Anschaffung eines Transporters nahe liegen würde, wurde nicht getätigt. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Beigeladene zu 1) weiteren Tätigkeiten nachging und in diesen selbständig war. Entscheidungserheblich ist vorliegend allein die für die Klägerin ausgeübte Tätigkeit. In dieser verfügte er nicht über einen nennenswerten Spielraum für eigene unternehmerische Initiativen und konnte den Ertrag seiner Tätigkeit nicht steigern durch verstärkten eigenen Arbeitseinsatz bzw. den Einsatz eigener Arbeitnehmer oder sachlicher Mittel. Im Übrigen handelt es sich bei einer Zustellertätigkeit um eine durch fremde Vorgaben geprägte Tätigkeit ohne nennenswerte eigene Entscheidungsbefugnisse, die vom Typus her grundsätzlich dem Bereich einer abhängigen Beschäftigung zuzuordnen ist. Auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 17. Januar 2014 – L 1 KR 358/12 und das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2015 – L 6 R 23/14 wird erwiesen.

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Auch der Umstand, dass der Beigeladene zu 1) seine Arbeit hätte delegieren können, belegt nicht die Selbstständigkeit. Die Befugnis, die Arbeit durch andere erledigen zu lassen, steht der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses nicht zwingend entgegen (so bereits Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – L 1 KR 315/08 – juris Rdnr. 51 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 38/02 RSozR 4-2700 § 2 Nr. 1). Es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es auf die persönliche Arbeitsleistung nicht unbedingt ankommt, sondern eine Vertretung etwa durch Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (so zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2008 -L 4 R 3542/05-), beispielsweise beim Zeitungsaustragen. So lag es auch hier, weil für die Klägerin die Einhaltung der Anforderungen des Hermesversands im Vordergrund stand, nicht die Person des Kurierfahrers.

27
Die Beschäftigung des Beigeladenen zu 1) war nicht wegen Geringfügigkeit nach §§ 27 Abs. 2 SGB III, 7 SGB V, 5 Abs. 2 SGB VI versicherungsfrei. Der Beigeladene zu 1) ging einer regelmäßigen Dauerbeschäftigung für die Klägerin nach. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 5 SGB V wegen Ausübens einer hauptberuflich selbständigen Erwerbstätigkeit versicherungsfrei sein könnte. Nach seinen Angaben ging er in dem streitigen Zeitraum keiner anderen Erwerbstätigkeit nach. Anhaltspunkte für das Gegenteil gibt es nicht. Sie sind auch von der Klägerin nicht benannt worden. Es besteht daher keine Grundlage für die Annahme, dass die Tätigkeit für die Klägerin nicht die hauptsächliche Quelle der Einnahmen des Beigeladenen zu 1) war, solange er sie noch ausübte.

28
Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

29
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 VwGO und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

30
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.

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