Wohungseigentümerversammlung kann keine Handlungspflicht eines Wohnungseigentümers beschließen

LG Karlsruhe, Urteil vom 27.09.2011 – 11 S 219/09

Mangels Beschlusskompetenz kann  keinem Wohnungseigentümer eine Verpflichtung zur Beseitigung einer baulichen Veränderung auferlegt werden. Mit Urteil vom 15.1.2010 (V ZR 72/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Leistungspflicht gegen den Willen des Schuldners durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht konstitutiv begründet werden kann. Ist eine Angelegenheit weder durch das Gesetz noch durch eine Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen, fehlt den Wohnungseigentümern von vornherein die Beschlusskompetenz; ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss ist nichtig. Die gesetzlichen Vorgaben können nach § 10 Abs. 2 WEG nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, nicht aber im Beschlusswege abbedungen werden. Für Beseitigungsansprüche, mit denen die Beseitigung einer baulichen Veränderung gefordert wird, gilt nach dem Urteil des BGH vom 18.6.2010 (Az. V ZR 193/09) nichts anderes. Aus der Kompetenz, den Gebrauch (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) und die Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 WEG) durch Mehrheitsbeschluss zu regeln, folgt nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen (Rn. 31).

Es ist ein mittlerweile anerkannter Grundsatz, dass ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten trotz des ihnen zuzugestehenden Beurteilungsspielraumes regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt, wenn nicht zuvor mehrere (mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind (Rn.34)

Tenor

1. Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 11.11.2009 – Az. 6 C 75/08 – im Kostenpunkt aufgehoben und unter Aufrechterhaltung im Übrigen wie folgt abgeändert:

Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 14.10.2008 zu Tagesordnungspunkt 16 (Beseitigung des Werbeschilds) und Tagesordnungspunkt 18 (Einholung von 1, 2 oder 3 Angeboten) werden für ungültig erklärt.

2. Im Übrigen bleibt die Klage abgewiesen; die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger zu 73 % und die Beklagten zu 27 %.

Die Kosten der Berufungsinstanz werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Kläger verfolgen mit ihrer Berufung die Anfechtung bestimmter Beschlüsse der Eigentümerversammlung vom 14.10.2008 weiter, wobei sie die Berufung auf die Tagesordnungspunkte zu 10, 16, 18 und 19 beschränkt haben.
2

Hinsichtlich des Tatbestands wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil – soweit sie nicht von den Feststellungen dieses Urteils abweichen – Bezug genommen.
3

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft … in …. Am 14.10.2008 fand eine Eigentümerversammlung statt; auf das Protokoll Anlage K 1 (AS 18 der erstinstanzlichen Akten) und die Einladung vom 14.8.2008 (Anlage K 2, AS 22 der erstinstanzlichen Akten) wird Bezug genommen.
4

Unter TOP 10 wurde der folgende Beschluss gefasst:
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“TOP 10 Fenster DG
6

Die Eigentümer beschließen, als ausführende Firma für die noch einzubauenden Fenster im DG die Firma … zu beauftragen, da die das preiswerteste Angebot abgegeben haben. Selbstverständlich können (die Kläger) gegen Zuzahlung der Mehrkosten eine andere Firma auf ihre Kosten beauftragen, nach Einbau würde (den Klägern) nach Vorlage der quittierten kompletten Rechnung der von … angebotene Preis ausbezahlt werden. Kosten gehen über Rücklage
7

Beschluss 2 x ja 1 x nein”

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TOP 16 lautete wie folgt:

9

“TOP 16 Beseitigung des Werbeschildes an der Garage WE 3
10

Die Eigentümer beschließen, dass das Werbeschild an der Garage der WE 3 (der Kläger) mit einer Frist bis zum 15. Dezember 2008 zu entfernen ist.
11

Beschluss 2 x ja 1 x nein
12

Nach fruchtlosem Ablauf der Frist ist die Verwaltung aufgefordert, das Schild durch den Hausmeister entfernen zu lassen
13

Beschluss 2 x ja 1 x nein”

14

Zu TOP 18 wurde folgendes beschlossen:
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“TOP 18 Mindestens drei Angebote sollen pro Auftrag vorliegen
16

Bei größeren Reparaturen und Sanierungen beschließt die Eigentümerversammlung, ob 1, 2 oder 3 Angebote einzuholen sind
17

Beschluss 2 x ja 1 x nein”

18

Unter TOP 19 wurde der von den Klägern zur Abstimmung vorgelegte Antrag auf Versetzen des Außenfühlers der Heizungsanlage mehrheitlich abgelehnt.
19

Das Amtsgericht hat die rechtzeitig erhobene Anfechtungsklage im Hinblick auf diese mit der Berufung noch angegriffenen Tagesordnungspunkte mit Urteil vom 11.11.2009 abgewiesen. Zu TOP 10 führte es aus, die stichwortartige Umschreibung des Tagesordnungspunktes in der Einladung mit “Fenster DG” schade angesichts der vorhergehenden zwei Beschlüsse aus den Jahren 2004 und 2005 zu demselben Thema nicht. Der Beschluss zu TOP 10 entspreche auch inhaltlich ordnungsmäßiger Verwaltung; die Eigentümergemeinschaft habe durch die vorhergehenden Beschlüsse weder über den Unternehmer noch über die Kosten eine Entscheidung herbeigeführt. Den Beschluss zu TOP 16 hielt es für wirksam, da die Befestigung des Werbeschildes am Garagentor eine bauliche Veränderung darstelle und es an der erforderlichen Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gefehlt habe. Der Beschluss zu TOP 18 sei weder zu unbestimmt, noch widerspreche er ordnungsmäßiger Verwaltung. Auch der Beschluss zu TOP 19 sei nicht zu beanstanden, da nach der Beweisaufnahme feststünde, dass die eingebaute Heizungsanlage störungsfrei arbeite, auch wenn der Außentemperaturfühler nicht, wie nach Herstellerangabe vorgeschlagen, an der Nordseite des Anwesens angebracht sei; der Einfluss auf die Temperaturmessung durch die Nähe des offenen Kellerfensters könne durch eine entsprechende Einstellung der Heizungsanlage reguliert werden.

20

Die Kläger haben gegen das ihnen am 18.11.2009 zugestellte Urteil am 18.12.2009 Berufung eingelegt, beschränkt auf die Klageabweisung hinsichtlich der am 14.10.2008 unter TOP 10, TOP 16, TOP 18 sowie TOP 19 – Versetzen des Außenfühlers der Heizungsanlage – gefassten Beschlüsse.
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Die Kläger führen dazu unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags aus, die Einladung zu TOP 10 sei zu ungenau gewesen und habe nicht erkennen lassen, worüber verhandelt und Beschluss gefasst werden sollte. Aufgrund des Zeitablaufs sei dies auch anhand der Vorgeschichte nicht deutlich genug gewesen. Inhaltlich zeige insbesondere der Beschluss der Eigentümerversammlung vom 9.9.2005 zu TOP 7, dass selbstverständlich die gleiche Firma, die bereits die anderen Fenster in ihrer Wohnung ausgetauscht habe (Firma …), unter Kostenübernahme wieder zu beauftragen sei, da es dort heiße, der Architekt solle die vorliegenden Angebote vergleichen, gemessen an den bis jetzt eingebauten Fenstern im DG; sie sollten das Recht haben, mit dem Einbau ihrer noch zu tauschenden Fenster zu warten und nicht unbedingt, wie schon beschlossen, in 2005 einzubauen. Die Hausverwaltung sei mit der Beauftragung der Firma einverstanden gewesen; der Widerruf dieses Einverständnisses aufgrund der Intervention der Beklagten sei nicht zulässig gewesen. Der Beschluss zu TOP 16 sei unwirksam, da das Werbeschild nicht mit einer unzumutbaren Beeinträchtigung einhergehe und Werbeschilder dieser Art ortsüblich seien. Der Beschluss zu TOP 18 widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, da gerade auch bei größeren Reparaturen mindestens drei Angebote eingeholt werden müssten. Der Beschluss zu TOP 19 entspreche ebenfalls nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, da der Außenfühler nicht ordnungsgemäß nach Herstellerangaben angebracht sei. Ob die Heizungsanlage dennoch störungsfrei arbeite, sei demgegenüber nicht entscheidend. Es würden durch das falsche Anbringen des Sensors höhere Heizkosten produziert.
22

Die Kläger haben die Anträge verlesen:
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Auf die Berufung der Kläger/Berufungskläger wird das Urteil des Amtsgerichtes Schwetzingen vom 11.11.2009, Aktenzeichen: 6 C 75/08, zugestellt am 18.11.2009, in Ziffer 1 dahingehend geändert, das die in der Eigentümerversammlung vom 14.10.2008 unter TOP 10, TOP 16, TOP 18 sowie TOP 19 – Versetzen des Außenfühlers der Heizungsanlage – gefassten Beschlüsse für ungültig erklärt werden.

24

Die Beklagten haben beantragt,

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die Berufung zurückzuweisen.
26

Sie treten der Berufung entgegen und verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
27

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Verfahrensakten insgesamt Bezug genommen.
28

Die in erster Instanz unterbliebene Beiladung der Verwalterin wurde in zweiter Instanz nachgeholt.

II.

29

Die zulässige Berufung der Kläger ist teilweise erfolgreich: die Beschlüsse zu TOP 16 und TOP 18 sind für ungültig zu erklären (1., 2.). Hinsichtlich der Beschlüsse zu TOP 10 und TOP 19 hat das Amtsgericht die Anfechtungsklage indes zu Recht abgewiesen (3., 4.).
30

1. Zu TOP 16 hat das Amtsgericht zwar zu Recht erkannt, dass es sich bei der Anbringung eines Werbeschildes um eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 Abs. 1 WEG handelt (Merle in Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 22 Rn. 113). Dabei besteht ein Recht zur Anbringung eines Werbeschildes grundsätzlich nur dann, wenn das Wohn- oder Teileigentum selbst in zulässiger Weise für die Ausübung eines Gewerbes benutzt wird (vgl. Klein in Bärmann a. a. O. § 13 Rn. 17 m. w. N.), wie es hier unstreitig nicht der Fall ist.
31

Doch kommt es darauf für die Entscheidung über die Wirksamkeit des streitgegenständlichen Beschlusses nicht an. Denn dieser Beschluss ist so gefasst, dass er eine Handlungspflicht der Kläger begründen will, indem “die Eigentümer beschließen, dass das Werbeschild … mit einer Frist bis zum 15. Dezember 2008 zu entfernen ist”. Anders ist der Beschluss sinnvoll kaum auszulegen. Mangels Beschlusskompetenz kann jedoch keinem Wohnungseigentümer eine Verpflichtung zur Beseitigung einer baulichen Veränderung auferlegt werden. Das ergibt sich aus den Urteilen des Bundesgerichtshofes vom 15.1.2010 und vom 18.6.2010 (beide veröffentlicht in der juris-Datenbank). Mit Urteil vom 15.1.2010 (V ZR 72/09) hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Leistungspflicht gegen den Willen des Schuldners durch einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nicht konstitutiv begründet werden kann. Ist eine Angelegenheit weder durch das Gesetz noch durch eine Vereinbarung dem Mehrheitsprinzip unterworfen, fehlt den Wohnungseigentümern von vornherein die Beschlusskompetenz; ein gleichwohl gefasster Mehrheitsbeschluss ist nichtig. Die gesetzlichen Vorgaben können nach § 10 Abs. 2 WEG nur durch Vereinbarung aller Wohnungseigentümer, nicht aber im Beschlusswege abbedungen werden. Für Beseitigungsansprüche, mit denen die Beseitigung einer baulichen Veränderung gefordert wird, gilt nach dem Urteil des BGH vom 18.6.2010 (Az. V ZR 193/09) nichts anderes. Aus der Kompetenz, den Gebrauch (§ 15 WEG), die Verwaltung (§ 21 WEG) und die Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 22 WEG) durch Mehrheitsbeschluss zu regeln, folgt nicht die Befugnis, den Wohnungseigentümern außerhalb der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten Leistungspflichten aufzuerlegen. Insoweit können die Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss lediglich festlegen, ob und in welchem Umfang ein ihrer Meinung nach bestehender Anspruch gerichtlich geltend gemacht und ggf. durchgesetzt werden soll (BGH, Urt. v. 18.6.2010 a. a. O.). Damit ist der erste Teil des Beschlusses zu TOP 16 nichtig.
32

Auch der zweite Teil dieses Beschlusses, nach welchem die Verwaltung nach fruchtlosem Ablauf der Frist aufgefordert sei, das Schild durch den Hausmeister entfernen zu lassen, ist unwirksam. Zum einen ist der Beschluss nicht teilbar, da die Aufrechterhaltung des zweiten Teils isoliert nicht denkbar ist. Zum anderen wäre aber auch bei Wirksamkeit des ersten Teils der zweite Teil unwirksam, weil dieser auf eine Selbsthilfe hinausliefe, ohne dass die Voraussetzungen eines Selbsthilferechts nach § 229 BGB erfüllt wären; denn es ist nicht ersichtlich, dass gerichtliche Hilfe, bei entsprechender Dringlichkeit ggf. im Wege einer einstweiligen Verfügung, nicht rechtzeitig zu erlangen wäre. Auch aus § 27 Abs. 1 WEG ergibt sich kein rechtfertigendes Selbsthilferecht der Verwaltung; der Verwalter ist lediglich berechtigt (und verpflichtet), Beschlüsse im Rahmen der geltenden Rechtsordnung durchzuführen, mithin in Fällen wie dem vorliegenden gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.
33

Der Beschluss zu TOP 16 war mithin insgesamt für ungültig zu erklären, was der – an sich gebotenen – Nichtigkeitsfeststellung gleichkommt (vgl. Klein a. a. O., § 43 Rn. 100); die Berufung ist insoweit erfolgreich.
34

2. Auch die Berufung zu TOP 18 ist erfolgreich. Der Beschluss zu TOP 18 soll nach dem eindeutigen Wortlaut bei “größeren Reparaturen und Sanierungen” gelten, so dass die Beklagten nicht mit dem Vortrag gehört werden können, dass es bei kleineren Reparaturen wirtschaftlich nicht sinnvoll sei, mehrere Angebote einzuholen. Es ist ein mittlerweile anerkannter Grundsatz, dass ein Beschluss der Wohnungseigentümer über die Vergabe von größeren Aufträgen zur Durchführung von Instandsetzungs- oder Instandhaltungsarbeiten trotz des ihnen zuzugestehenden Beurteilungsspielraumes regelmäßig gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung verstößt, wenn nicht zuvor mehrere (mindestens drei) Vergleichsangebote eingeholt worden sind (Merle a. a. O. § 21 Rn. 28 a. E. m. w. N.). Da der Beschluss zu TOP 18 diesem Grundsatz widerspricht, ist er auf Anfechtung für ungültig zu erklären.
35

3. Dagegen hat die Berufung hinsichtlich des Beschlusses zu TOP 10 – Fenster DG – keinen Erfolg.
36

a. Dem Amtsgericht ist zunächst darin beizupflichten, dass die Einladung das Beschlussthema angesichts der Vorgeschichte nicht zu knapp umschrieben hat. Durch die Regelung des § 23 Abs. 2 WEG, wonach zur Gültigkeit eines Beschlusses erforderlich ist, dass der Gegenstand bei der Einberufung bezeichnet ist, soll der Wohnungseigentümer vor überraschenden Beschlüssen geschützt werden und sich auf die Versammlung vorbereiten bzw. über seine Teilnahme entscheiden können (Merle a. a. O. § 23 Rn. 76). An die Bezeichnung dürfen dabei keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden; in der Regel genügt eine schlagwortartige Bezeichnung. Das gilt insbesondere, wenn die Wohnungseigentümer aufgrund einer früheren Beratung oder Beschlussfassung bereits mit der betreffenden Angelegenheit vertraut sind (Merle a. a. O. Rn. 77). So liegt es hier. Angesichts der Vorgeschichte und den vorhergehenden Beschlussfassungen aus den Jahren 2004 und 2005, bei denen es thematisch bereits um den Austausch der Fenster in der Wohnung der Kläger im Dachgeschoss ging, war es für die Kläger erkennbar, dass es wieder um den angestrebten Austausch ihrer Dachgeschossfenster gehen sollte. Soweit die Kläger nunmehr abstrakt behaupten, dies sei deshalb nicht erkennbar gewesen, weil es sich auch um die Fragen der Renovierung, des Streichens oder Sonstiges gehandelt haben könnte, tragen sie nicht vor, dass solche Alternativen überhaupt konkret angedacht gewesen wären, so dass tatsächlich eine Verwechslungsgefahr bestanden hätte.
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b. Der Beschluss verstößt auch inhaltlich nicht gegen die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Beschlüsse aus den Jahren 2004 und 2005 begründeten keinen Anspruch der Kläger auf Austausch ihrer Fenster gerade durch die Firma … unter vollständiger Kostenübernahme durch die Gemeinschaft. Am 3.8.2004 wurde unter TOP 4 lediglich beschlossen, dass alle noch nicht seit Baubeginn 1978 ausgetauschten Fenster im Jahre 2005 durch die Gemeinschaft ersetzt würden, wobei drei Angebote einzuholen seien (vgl. Anlage B 7, AS 85 der erstinstanzlichen Akten). Am 9.9.2005 wurde unter TOP 7 beschlossen, dass der Architekt die vorliegenden Angebote vergleichen sollte, “gemessen an den bis jetzt eingebauten Fenstern im DG”, und dass die Kläger das Recht haben sollten, mit dem Einbau ihrer noch zu tauschenden Fenster zu warten. Daraus ergibt sich mithin lediglich, dass die von der Firma bereits im Dachgeschoss der Kläger eingebauten Fenster die Vergleichsgrundlage für weitere Angebote – auch von anderen Firmen – bilden sollten. Dem Amtsgericht ist darin beizupflichten, dass hier weder über den Unternehmer noch über die Kosten eine Entscheidung herbeigeführt worden ist. Angesichts des folgenden Zeitablaufs bis zum Jahre 2008 widersprach es dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, aktuelle Angebote einzuholen. Diesem legitimen Interesse der Gemeinschaft ist die Verwaltung ordnungsgemäß durch Rücknahme ihrer ohne entsprechenden Beschluss erfolgten Genehmigung der Ankündigung gegenüber den Klägern, die Fenster durch die Firma austauschen lassen zu wollen, nachgekommen. Die Kläger haben auch nicht vorgetragen, dass ihre Fenster Spezialanfertigungen der Firma … und keine Standardfenster seien, die auch andere Fachfirmen liefern könnten. Die Beschlussfassungen über die Einholung weiterer Angebote sprechen im Übrigen gegen eine solche Spezialanfertigung. Dass die Eigentümer sich unter TOP 10 mehrheitlich für die Firma entschlossen haben, die das preiswerteste Angebot abgegeben hat, widerspricht jedenfalls dann nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn wie hier nicht ersichtlich ist, dass die gewählte Firma die Leistung schlechter erfüllen würde; ansonsten stellt die Kostenersparnis einen sachlichen Grund für die Auswahl dar und ist das Auswahlermessen der Gemeinschaft vorliegend nicht ersichtlich verletzt worden.
38

4. Hinsichtlich der Anfechtung des Beschlusses zu TOP 19, durch welchen der Antrag der Kläger, den Außentemperaturfühler der Heizungsanlage zu versetzen, abgelehnt wurde, wird auf die insoweit zutreffende Begründung des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Es besteht kein entsprechender Anspruch der Kläger, da das Ermessen der Gemeinschaft nicht auf die von den Klägern angestrebte Lösung reduziert ist. Die Montageanleitung bildet regelmäßig nur eine Empfehlung. Der sachverständige Zeuge … hat erstinstanzlich ein störungsfreies Arbeiten der Heizungsanlage bei entsprechender Regulierung bestätigt. Die Kläger haben demgegenüber keine konkrete Beeinträchtigung ihrerseits insbesondere durch bezifferbare Mehrkosten dargelegt. Auch die Berufung auf die Nähe des Fühlers zu dem häufig offenstehenden Kellerfenster vermag eine Beeinträchtigung nicht zu begründen. Mag die Außentemperaturmessung davon auch beeinträchtigt werden, so wird sie in der Heizperiode doch allenfalls so beeinflusst, dass der Fühler zu hohe Temperaturen misst und die Heizung dadurch zu wenig Leistung bringt, was nach dem sachverständigen Zeugen jedoch regulierbar ist.
39

5. Abschließend sieht sich die Kammer veranlasst darauf hinzuweisen, dass es für die Beiladung des Verwalters in Fällen, in denen er nicht selbst Partei des Rechtsstreits ist, nicht ausreichend ist, dass ihm die Klageschrift als Ersatzzustellungsvertreter (§ 45 Abs. 1 WEG) der beklagten übrigen Wohnungseigentümer oder – neben der Zustellung an die übrigen Wohnungseigentümer – kommentarlos zugestellt wird. Vielmehr muss der Verwalter in der Begleitverfügung ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass er mit Zustellung der Klage (auch) gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 WEG beigeladen wird (vgl. zur Beiladung BGH NJW 2010, 2132, 2133). Soweit es das Amtsgericht vorliegend entgegen § 48 Abs. 1 Satz 2 WEG unterlassen hat, die Verwalterin in erster Instanz beizuladen, hat die Kammer die Beiladung im Berufungsverfahren nachgeholt.
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6. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 ZPO. Erstinstanzlich sind die Kläger gemessen an dem Streitwert von insgesamt 5.000,00 EUR zu 73 % unterlegen, wobei für die Beschlüsse zu TOP 10 und TOP 16 ein Einzelstreitwert von jeweils 1.000,00 EUR angenommen wurde, für die Beschlüsse zu TOP 18 und TOP 19 von jeweils 250,00 EUR und für TOP 13, bei dem die Kläger zur Hälfte Erfolg hatten, insgesamt 200,00 EUR. Zweitinstanzlich (Streitwert noch 2.500,00 EUR) haben die Kläger zu 50 % mit ihrer Berufung Erfolg, weshalb die Kosten insoweit gegeneinander aufgehoben wurden.
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7. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich.

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