Zur Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist infolge eines Defekts des Telefaxgerätes beim Berufungsgericht

BGH, Beschluss vom 10.11.1994 – IX ZB 67/94

Zur Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist infolge eines Defekts des Telefaxgerätes beim Berufungsgericht

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluß des 7. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 3. Mai 1994 aufgehoben.

Der Klägerin wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gewährt.

Gründe
I.

1
Die Klägerin hat gegen ein ihr nachteiliges Urteil des Landgerichts rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Frist zur Berufungsbegründung wurde bis zum 7. März 1994 verlängert. Am Abend dieses Tages wollte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin die Berufungsbegründung per Telefax an das Oberlandesgericht übermitteln. Als es ihm nicht gelang, eine Verbindung zu dem Telefaxgerät des Oberlandesgerichts herzustellen, übermittelte er den Schriftsatz an das Telefaxgerät der in demselben Gebäude untergebrachten Generalstaatsanwaltschaft. Von dort wurde die Berufungsbegründung erst am nächsten Tag an das Oberlandesgericht weitergeleitet.

2
Das Berufungsgericht hat die Berufung wegen Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig verworfen und der Klägerin eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist verweigert. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

II.

3
Das Rechtsmittel ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.

4
1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, daß die Berufung nicht rechtzeitig begründet worden ist. Die Berufungsbegründung hätte bis zum Ablauf des 7. März 1994 bei dem Oberlandesgericht eingehen müssen. Das ist nicht geschehen. Mit der Übermittlung auf das Telefaxgerät der Generalstaatsanwaltschaft ist die Telekopie noch nicht beim Oberlandesgericht eingegangen. Da das Oberlandesgericht ein eigenes Telefaxgerät besitzt und auf seinen Briefbögen auch nur die Nummer dieses Gerätes angegeben ist, war nur dieses Gerät zur Entgegennahme von Schriftstücken für das Oberlandesgericht bestimmt (vgl. BGHZ 101, 276, 280). Somit hat die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt.

5
2. Das Berufungsgericht hat ihr jedoch zu Unrecht keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist weder von der Klägerin noch von ihrem Prozeßbevollmächtigten verschuldet worden. Der Prozeßbevollmächtigte hat sich zunächst bemüht, die Berufungsbegründung auf das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts zu übermitteln. Daß ihm das nicht gelungen ist, hat er nicht zu vertreten. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das Gerät defekt war. Denn es hat zunächst „besetzt“ angezeigt, obwohl zu dieser Zeit keine Telekopie aufgezeichnet worden ist. Bei dem zweiten Versuch hat es sodann „Abbruch“ signalisiert. Daß der Prozeßvertreter der Klägerin, der die Übermittlung von seinem 110 km vom Oberlandesgericht entfernten Wohnort aus unternahm, sich dann dazu entschlossen hat, die Berufungsbegründung auf das Telefaxgerät der in demselben Gebäude befindlichen Generalstaatsanwaltschaft zu übermitteln, ist ihm nicht vorzuwerfen (vgl. BGH, Urt. v. 2. Oktober 1991 – IV ZR 68/91, NJW 1992, 244). Dies gilt um so mehr, als Oberlandesgericht und Generalstaatsanwaltschaft von 1988 bis 1991 einen gemeinsamen Telefaxanschluß hatten und die Rechtsanwälte des Oberlandesgerichts nicht von dessen Aufhebung unterrichtet worden waren. Schließlich hatte der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in mindestens einem Fall ebenfalls am letzten Tag der Frist eine Berufungsbegründung an das Telefaxgerät der Generalstaatsanwaltschaft übermittelt, ohne daß dies vom Oberlandesgericht, bei dem die Berufungsbegründung erst am darauffolgenden Tag einging, beanstandet worden war. Auch dies ist geeignet, sein Verhalten zu entschuldigen.

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