OLG Stuttgart, Urteil vom 28. April 2009 – 6 U 56/08
Der Handwerker, der das von einem anderen Unternehmer errichtete Gerüst eigenmächtig ab- und an einer anderen Seite des Gebäudes in anderer Form wieder aufbaut, um es zur Fortführung seiner Arbeiten zu benutzen, ist dessen Eigenbesitzer im Sinne der §§ 836, 837 BGB. Dem steht nicht entgegen, dass er das Gerüst von vorneherein nur für eine begrenzte Zeit benutzen wollte, denn Eigenbesitz kann auch an einem nur zu einem vorübergehenden Zweck errichteten Werk bestehen.
Ein Spengler ist nicht mit einem Zimmerer auf einer gemeinsamen Betriebsstätte im Sinne von § 106 Abs. 3 SGB VII tätig, wenn er seine Arbeit beginnt, nachdem der Zimmerer seine Tätigkeit beendet hat.
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Teil-Grund- und Teil-End-Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 26.02.2008 – 2 O 383/07 -teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage auf Schmerzensgeld gegen den Beklagten Ziff. 1 wird dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt, wobei ein Mitverschulden des Klägers von 1/3 zu berücksichtigen ist.
2. Die Klage auf Schadensersatz gegen den Beklagten Ziff. 1 wird dem Grunde nach zu 2/3 für gerechtfertigt erklärt.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte Ziff. 1 verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche künftigen materiellen Schäden aus dem Unfall vom 13.05.2004 zu 2/3 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.
4. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.II. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen .III. Die Berufung des Beklagten Ziff. 1 wird ebenfalls zurückgewiesen .IV.1. Kosten der ersten Instanz:Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 2 trägt der Kläger.Im übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.2. Kosten des Berufungsverfahrens:Von den Gerichtskosten tragen der Kläger 2/3 und der Beklagte Ziff. 1 1/3.Der Beklagte Ziff. 1 trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers.Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 2 sowie 1/3 der außergerichtlichen Kosten des Beklagten Ziff. 1.Im übrigen tragen der Kläger und der Beklagte Ziff. 1 ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.Der Kläger kann eine Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.Der Beklagte Ziff. 1 kann eine Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.V. Die Revision des Klägers wird zugelassen.Streitwert des Berufungsverfahrens: bis 110.000,00 EUR.
Gründe
A.I.
Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten als Gesamtschuldnern Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Sturz von einem Baugerüst.
Der Erstbeklagte, ein Zimmermeister, wurde Anfang Mai 2004 von dem Zeugen G. W. mit Dachsanierungsarbeiten in Form von Zimmerarbeiten und der Gerüsterstellung beauftragt. Den Kläger, einen Spenglermeister, beauftragte der Zeuge W. mit der Lieferung und Montage neuer Dachrinnen.
Im Auftrag des Beklagten Ziff. 1 errichtete der Zweitbeklagte, ein Gerüstbauunternehmer, an der Südseite des ehemaligen Ökonomiegebäudes auf dem Anwesen W. ein Layher-Blitzgerüst 70S.
Nach Fertigstellung der Arbeiten an der Dachsüdseite wies der Beklagte Ziff. 1 seine Mitarbeiter an, das Gerüst an die Nordseite des Gebäudes zu verlegen. Nach dem Umsetzen des Gerüsts entfernten die Mitarbeiter des Beklagten Ziff. 1 an der Nordseite die schadhafte Dachrinne samt Dachrinnenträgern und führten die erforderlichen Zimmerarbeiten aus. Der Beklagte Ziff. 1 bemerkte, dass an dem Gerüst noch einige Sicherungen fehlten. Gleichwohl informierte er den Kläger am 13.05.2004 per Handy über die Fertigstellung der Zimmerarbeiten und bat ihn um unverzügliche Montage der neuen Dachrinne mit dem Hinweis, die Demontage des Gerüsts sei eilbedürftig, weil es den Verkehr behindere.
Als der Kläger noch am gleichen Tag kurz nach 18.00 Uhr an der Baustelle eintraf, hatten die Arbeiter des Beklagten Ziff. 1 die Baustelle bereits verlassen. Der Kläger lehnte das 6 Meter lange Dachrinnenstück ortgangseitig an das Gerüst, bestieg mit der vor Ort befindlichen systemfreien Anlegeleiter das Gerüst bis zur oberen, etwa auf 4 m Höhe gelegenen Belagfläche und montierte die Dachrinnenhalter. Danach hievte der Kläger die Dachrinne hoch, um sie in die Dachrinnenhalter einzulegen. Während dieses Arbeitsvorgangs geriet er an den Geländerholm. Dieser gab nach und löste sich. Der Kläger verlor das Gleichgewicht und stürzte kopfüber von der oberen Belagfläche ab, wobei er mit dem Kopf auf den Teerbelag der Gemeindestraße aufschlug und sich schwer verletzte.
Der Kläger verlangt von den Beklagten als Gesamtschuldnern Schmerzensgeld sowie eine Schmerzensgeld- und Erwerbsausfallrente. Ferner begehrt er die Feststellung ihrer Einstandspflicht für sämtliche künftigen materiellen Schäden.
Er hat vorgetragen,
das Gerüst sei unter Verstoß gegen die Berufsgenossenschaftlichen Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGR) 166 Gerüstbau- Systemgerüste – vom April 2000 (im folgenden: BGR) errichtet worden. Der Geländerholm oberhalb der Belagfläche der Ortgangseite sei nicht ordnungsgemäß befestigt gewesen. Er sei mit dem dem Gebäude zugewandten Ende in die Aussparung des Knotenblechs eines Vertikalrahmens eingeschoben worden. Die Nase an dem dem Gebäude abgewandten Ende des Holms sei in das Geländerkästchen des Geländerpfostens eingehängt gewesen. Der zu seiner Fixierung an dem Geländerkästchen angebrachte Klemmkeil sei zwar eingeschlagen gewesen, habe jedoch keine Klemmwirkung entfaltet.
Der Beklagte Ziff. 1 habe es pflichtwidrig unterlassen, das Gerüst auf seine einwandfreie Beschaffenheit zu prüfen, bevor er es zur Benutzung freigegeben habe. Daneben hafte der Beklagte Ziff. 1 für das Verschulden seiner Mitarbeiter, die in seinem Auftrag das Gerüst umgesetzt und fehlerhaft errichtet hätten.
Der Beklagte Ziff. 2 hafte nach § 837 BGB, hilfsweise nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Die schadhafte Klemmkupplung hätte bei den erforderlichen regelmäßigen Kontrollen ausgesondert werden müssen.
Die Beklagten haben die Ansicht vertreten, dass sie keine Sorgfaltspflichtverletzung begangen hätten. Sie haben sich auf ein Mitverschulden des Klägers berufen. Der Beklagte Ziff. 2 hat vorgetragen, er habe nicht gewusst, dass das Gerüst an die Nordseite umgesetzt worden sei.II.
Mit Teilgrund- und Teilendurteil vom 26.02.2008 hat das Landgericht nach Einholung eines mündlichen Gutachtens des Sachverständigen G. und nach Vernehmung der Zeugen W., R. und P. die Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 abgewiesen und festgestellt, dass der Beklagte Ziff. 1 dem Grunde nach verpflichtet sei, dem Kläger 50 % seines gegenwärtigen und künftigen materiellen Schadens zu ersetzen. Der Beklagte Ziff. 1 schulde ihm außerdem ein Schmerzensgeld, bei dessen Bemessung ein hälftiges Mitverschulden des Klägers zu berücksichtigen sei.
Der Beklagte Ziff. 1 hafte gem. § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft dem Kläger dem Grunde nach auf Schadensersatz, weil er es unterlassen habe, das Gerüst auf seinen vorschriftsmäßigen Aufbau und die einwandfreie Beschaffenheit seiner Bauteile zu überprüfen. Obwohl er erkannt habe, dass der Zwischenholm an der Ortgangseite fehle, habe er das Gerüst vor einer Behebung des Mangels nicht gesperrt. Daneben habe der Beklagte Ziff. 1 für ein Verschulden seiner Arbeiter nach § 831 BGB einzustehen.
Den Kläger treffe ebenfalls der Vorwurf einer unterlassenen Prüfung der Sicherheit des Gerüsts. Aus diesem Grund sei eine hälftige Schadensteilung angemessen.
Eine Mitverantwortung des Beklagten Ziff. 2 für den Unfall sei nicht bewiesen. Es stehe schon nicht fest, dass der schadhafte Geländerpfosten aus seinem Bestand stamme. Im übrigen sei nicht bewiesen, dass der Beklagte Ziff. 2 von der Versetzung des Gerüsts an die Nordseite gewusst habe, geschweige denn damit in irgendeiner Weise befasst gewesen sei.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe, der in erster Instanz gestellten Anträge und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen.III.
Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch der Beklagte Ziff. 1 Berufung eingelegt.
1. Der Beklagte Ziff. 1 begehrt mit seiner Berufung vollständige Klagabweisung.
Der Feststellung des Landgerichts, er hafte, weil er das Gerüst nicht gesperrt habe und für das Verschulden seiner Arbeiter einstehen müsse, könne nicht gefolgt werden. Der Kläger hätte sich von einer Sperrung des Gerüsts nicht abhalten lassen, seine Arbeiten auszuführen. Dies ergebe sich aus folgenden Umständen: Die Leiter sei nicht angelehnt und das Gerüst damit zunächst nicht zugänglich gewesen. Dennoch habe er sich hierzu Zugang verschafft. Dem Kläger sei als Fachmann erkennbar gewesen, dass der Zwischenholm gefehlt und der Wandabstand zu groß gewesen sei. Er habe sich somit sehenden Auges in Gefahr begeben, ohne das Gerüst vor dessen Benutzung auf seine Sicherheit zu überprüfen.
Das Landgericht hätte nicht davon ausgehen dürfen, dass die fehlende Klemmwirkung des Keils im Geländerkasten des Geländerpfostens ursächlich für den Absturz des Klägers gewesen sei. Denn er habe eine fehlende Klemmwirkung bestritten. Er habe im übrigen darauf hingewiesen, dass der Kläger selbst beim Hochziehen der Dachrinne den Klemmkeil gelöst bzw. beschädigt haben könne.
Des weiteren könne er sich entgegen der Auffassung des Landgerichts exkulpieren.
Die vom Landgericht angenommene hälftige Schadensteilung sei nicht angemessen. In Anbetracht der vorgenannten Umstände sei von einer alleinigen Haftung, in jedem Fall aber einem weit überwiegenden Verschulden des Klägers auszugehen.
Der Beklagte Ziff. 1 beantragt,
unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage gegen ihn abzuweisen.
Der Kläger beantragt insoweit,
die Berufung des Beklagten Ziff. 1 zurückzuweisen.
Von einem Herbeiholen einer Leiter zur Benutzung eines Gerüstes könne nicht auf eine nachlässige Einstellung gegenüber den Vorschriften der Arbeitssicherheit geschlossen werden. Er habe noch nie ein gesperrtes Gerüst betreten und hätte dies auch im Streitfall nicht getan.
Da er nicht als Unternehmer, sondern als Arbeitnehmer tätig geworden sei, sei er nach arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften nicht zur Überprüfung des Gerüstes verpflichtet gewesen.
2. Der Kläger wendet sich mit seiner Berufung gegen die Berücksichtigung eines hälftigen eigenen Mitverschuldens und gegen die Klagabweisung gegenüber dem Beklagten Ziff. 2.
Das Landgericht habe zwar zutreffend eine Ursächlichkeit seines Verhaltens für den Unfall festgestellt, da er durch Rütteln hätte bemerken können, dass der Geländerholm nur lose eingehängt gewesen sei. Es habe daraus aber zu Unrecht auf ein Mitverschulden geschlossen, nachdem der genaue Unfallablauf ungeklärt geblieben sei. Insbesondere fehle jeder Anhaltspunkt dafür, dass er sich absichtlich gegen den Geländerholm gelehnt oder hierauf Kraft entfaltet habe. Ein hälftiges Mitverschulden sei jedenfalls überhöht.
Das Landgericht habe ferner die Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 nicht abweisen dürfen. Der Beklagte Ziff. 2 habe nicht substantiiert bestritten, dass der schadhafte Geländerpfosten zu seinen Beständen gehört habe.
Im übrigen treffe den Beklagten Ziff. 2 als Besitzer des Gerüsts unabhängig von seiner Mitwirkung an dessen Umsetzung eine Haftung nach § 837 BGB.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Grunde nach verpflichtet sind, dem Kläger den gegenwärtigen und künftigen materiellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 13.05.04 in Argenbühl, Ba., zu ersetzen, soweit kein Anspruchsübergang eingetreten ist, und dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Grunde nach dem Kläger ein Schmerzensgeld (Kapital und/oder Rente) aus diesem Unfall schulden.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie beziehen sich im wesentlichen auf ihr erstinstanzliches Vorbringen, das sie vertiefen.
Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
3. Die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Ravensburg – 16 Js 13436/04 – waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 15.12.2008. Nach der mündlichen Verhandlung und dem Scheitern von Vergleichsbemühungen ist der Senat mit Zustimmung der Parteien mit Beschluss vom 19.03.2009 (Bl. 308/309 d.A.) in das schriftliche Verfahren übergegangen.B.
Die zulässige Berufung des Beklagten Ziff. 1 ist unbegründet (Punkt II). Die zulässige Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg. Sein Mitverschulden an dem streitgegenständlichen Unfall hat das Landgericht zu hoch bemessen (Punkt II.3). Seine Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 hat das Landgericht hingegen zu Recht abgewiesen (Punkt III).I.
Eine Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache nach § 538 Abs. 2 ZPO ist nicht deswegen geboten, weil das Landgericht mit dem Grundurteil zugleich auch über den Feststellungsantrag des Klägers auf Ersatz künftigen materiellen Schadens entschieden hat, anstatt diesbezüglich ein Teilendurteil zu erlassen.
Allerdings ist dies ein wesentlicher Verfahrensmangel gem. § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das angefochtene Grundurteil erstreckt sich auch auf den Feststellungsantrag. Dies ergibt sich sowohl aus seinem Tenor als auch aus seinen Entscheidungsgründen (S. 11), wonach ein Teilendurteil nur hinsichtlich der Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 ergangen ist und im übrigen durch Grundurteil entschieden worden ist.
Der Erlass eines Grundurteils über nach Grund und Betrag streitige Ansprüche setzt nach § 304 Abs. 1 ZPO einen Anspruch voraus, der auf Zahlung von Geld oder die Leistung vertretbarer, der Höhe nach summenmäßig bestimmter Sachen gerichtet ist (BGH, NJW 2000, 1572, Juris, Rnr. 15). Deswegen scheidet ein Grundurteil über einen unbezifferten Feststellungsantrag wesensgemäß aus (BGH aaO, Rnr. 16; NJW 00, 664, Juris, Rnr. 21; NJW 1990, 1106, Juris, Rnr. 8).
Der Grundsatz der Prozessökonomie gebietet vorliegend eine eigene Sachentscheidung des Senates im Wege des Heraufziehens der beim Landgericht infolge des Verfahrensmangels noch anhängigen Feststellungsklage (OLG Celle, OLGR 2008, 136, Juris, Rnr. 33; OLG Frankfurt, OLGR 2002, 324, Juris, Rnr. 2; vgl. BGH, NJW-RR 1994, 379, Juris, Rnr. 25 für den Fall eines unzulässigen Teilurteils; vgl. OLG Rostock, OLGR 2007, 887, Juris, Rnr. 23; Zöller/Vollkommer, aaO, Rnr. 23). Eine abschließende Entscheidung über den Feststellungsantrag ist vorliegend möglich. Widersprechende Entscheidungen in zweiter Instanz und in erster Instanz (Betragsverfahren) erscheinen ausgeschlossen.II.
Die Berufung des Beklagten Ziff. 1 hat keinen Erfolg. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Beklagte Ziff. 1 dem Kläger auf Schadensersatz und Zahlung eines Schmerzensgeldes aus dem streitgegenständlichen Unfall haftet.
1. Eine Haftung trifft den Beklagten Ziff. 1 nach §§ 836, 837 BGB.
a) Das Baugerüst ist ein mit einem Grundstück verbundenes Werk im Sinne des § 836 BGB (BGH NJW 1999, 2593, Juris, Rnr. 6; NJW 1997, 1853, Juris, Rnr. 8; OLG Koblenz, OLGR 2002, 468 , Juris, Rnr. 31).
b) Der Beklagte Ziff. 1 war Eigenbesitzer des auf seine Anordnung hin von seinen Mitarbeitern umgesetzten Gerüsts im Sinne der genannten Vorschriften (§ 836 Abs. 3 BGB).
Eigenbesitzer ist derjenige, der eine Sache als ihm gehörend besitzt (§ 872 BGB). Dabei muss ein Besitzrecht nicht wirklich bestehen. Ausreichend ist, wenn der Besitzer es wie ein bestehendes Recht ausübt (Staudinger/Belling, BGB 2008, § 837, Rnr. 5;Palandt/Bassenge; BGB, 68. Aufl., § 872, Rnr. 1). Vorliegend kommt es auf den Eigenbesitz des an der Nordseite des Gebäudes errichteten Gerüstes an. Dabei ist die Frage, ob der Beklagte Ziff. 1, der das von dem Beklagten Ziff. 2 an der Südseite des Gebäudes errichtete und ihm überlassene Gerüst als Mieter oder in einem ähnlichen Vertragsverhältnis zunächst als Fremdbesitzer besaß, durch dessen Umsetzung daran Eigenbesitz begründete, zu bejahen. Indem der Beklagte Ziff. 1 seine Arbeiter anwies, das Gerüst abzubauen und an der Nordseite des Gebäudes wieder aufzubauen, errichtete er ein neues Werk und nahm dieses in Eigenbesitz. Dass das Gerüst an der Nordseite in anderer Form errichtet wurde und damit ein anderes Werk als bei seinem Aufbau durch den Beklagten Ziff. 2 an der Südseite des Gebäudes darstellte, ergibt sich daraus, dass unstreitig nur ein Bruchteil der ursprünglich verwendeten Bauteile zum Einsatz kam.
Der Beklagte Ziff. 1 gerierte sich auch als Eigenbesitzer oder jedenfalls als Berechtigter des neu errichteten Gerüsts, indem er es – nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des landgerichtlichen Urteils – eigenmächtig, nämlich ohne Wissen des Beklagten Ziff. 2, von seinen Arbeitern ab- und in anderer Form wieder aufbauen ließ, um es zur Fortführung seiner Arbeiten zu benutzen. In diesem Verhalten kommt sein Eigenbesitzwille zum Ausdruck. Der Annahme eines Eigenbesitzes seitens des Beklagten Ziff. 1 steht nicht entgegen, dass ihm das Gerüst nur für einen bestimmten Zeitraum zur Benutzung überlassen war und er es von vorneherein nur für eine bestimmte Zeit in Anspruch nehmen wollte. Denn Eigenbesitz kann auch an nur zu einem vorübergehenden Zweck errichteten Werken bestehen (Münchener Kommentar/Wagner, BGB 5. Aufl., § 836, Rnr. 8; Palandt/Sprau, aaO, § 836, Rnr. 2). Der Eigenbesitzwille des Beklagten Ziff. 1 betraf das Gerüst in der von ihm errichteten und in dieser Form von vorneherein nur für einen vorübergehenden Zeitraum vorgesehenen Gestalt. Der zeitlich begrenzten Bestimmung des Werks entsprechend besaß der Beklagte es bis zur Erfüllung seines Zwecks als Arbeitsgerüst an der Nordseite als ihm gehörend.
c) Die weitere Voraussetzung des § 836 BGB, dass sich ein Teil des Werks abgelöst hat und hierdurch die Verletzung des Geschädigten eingetreten ist, ist erfüllt. Unstreitig hat sich der Geländerholm gelöst. Für den Ursachenzusammenhang zwischen dem Lösen der Stange einerseits und dem Sturz des Klägers sowie den hierdurch eingetretenen Verletzungen andererseits streitet ein Anscheinsbeweis. Denn die Stange löste sich in engem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Sturz des Klägers. Nach der Aussage des Zeugen W. in der Verhandlung vom 29.01.08 (Bl. 81 d.A.) spickte der Geländerholm weg, als sich der Kläger an ihn lehnte, woraufhin der Kläger zu Boden stürzte(vgl. BGH NJW 1999, 2593, Juris, Rnr. 7; NJW 1997, 1853, Juris, Rnr. 14).
d) Der Beweis des ersten Anscheins spricht auch dafür, dass die Ablösung des Geländerholms auf der mangelhaften Errichtung des Gerüsts beruht. Denn eine Geländerstange muss so befestigt sein, dass sie dem Benutzer des Gerüsts ausreichend Halt bietet, wenn er mit ihr in Berührung kommt, etwa indem er sich hieran anlehnt (vgl. BGH NJW 1999, 2593, Juris, Rnr. 7; NJW 1997, 1853, Juris, Rnr. 16).
e) Das Verschulden des Beklagten Ziff. 1 wird vermutet.
Der Beklagte Ziff. 1 hat weder vorgetragen noch gemäß § 836 Abs. 1 S. 2 BGB bewiesen, dass er zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat, insbesondere das Gerüst unter Einhaltung aller einschlägigen bautechnischen Regeln und Erfahrungssätze (vor allem der Unfallverhütungsvorschriften) aufgebaut und/oder es erst zur Benutzung freigegeben hat, nachdem dies der Fall war. Dagegen spricht, dass der Beklagte Ziff. 1 das Gerüst nicht sperrte, obwohl er erkannte, dass es Mängel aufwies.
2. Der Beklagte Ziff. 1 haftet dem Kläger daneben nach § 823 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.
Das von den Mitarbeitern des Beklagten Ziff. 1 errichtete Gerüst entsprach nicht den einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften. Dafür spricht schon der Anscheinsbeweis. Denn nach der Aussage des Zeugen W. löste sich der Geländerholm, als der Kläger sich dagegen lehnte (Bl. 81 d.A.). Aus einem solchen Unfallhergang lässt sich auf eine mangelhafte Befestigung des Geländerholms schließen (s.o.).
Vorliegend hat der Kläger auch im Wege des Vollbeweises bewiesen, dass das Gerüst nicht über den nach Nr. 7.3 BGR vorgeschriebenen Seitenschutz aus Geländerholm und Zwischenholm verfügte. Die Unfallverhütungsvorschriften geben insoweit den Inhalt der den Unternehmer treffenden Verkehrssicherungspflicht vor und konkretisieren die im Verkehr erforderliche Sorgfalt (OLG Stuttgart, OLGR 1999, 245, Juris, Rnr. 47, 48; OLG Bremen, BauR 2005, 391, Juris, Rnr. 26).
Unstreitig fehlte der Zwischenholm. Der Geländerholm war zwar vorhanden, aber nicht fachgerecht befestigt. An der dem Gebäude zugewandten Seite war er nicht entsprechend Nr. 7.1.2 BGR mit einer Kupplung versehen, sondern in einer Aussparung eines Vertikalrahmens eingehängt. Am anderen Ende war er zwar mit einer Keilkupplung befestigt. Diese war jedoch schadhaft und entfaltete nicht die erforderliche Klemmwirkung. Dies ergibt sich ausweislich der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Ravensburg – 16 Js 13436/04 – aus den polizeilichen Ermittlungen und den Feststellungen des von der Polizei hinzugezogenen Sachverständigen Wi..
Der Kläger hat sich auf diese Akte berufen. Die Beklagten sind der Verwertung der Strafakten nicht entgegengetreten und haben insbesondere keinen Gegenbeweis angetreten. Soweit der Erstbeklagte unter Berufung auf Sachverständigenbeweis behauptet, es sei denkbar, dass der Kläger selbst durch Anlehnen der Leiter oder der Dachrinne den Keil beschädigt habe, ist dem – unabhängig davon, dass ein solcher Unfallhergang nach der Aussage des Zeugen W. nicht stattgefunden hat – nicht weiter nachzugehen. Die Leiter reichte in dem vorgefundenen Zustand nicht bis zu der Kupplung, was sich insbesondere aus den Lichtbildern 3, 4 und 6 der Ermittlungsakte ergibt. Es ist nicht vorstellbar, dass durch das Anlehnen und Hantieren mit einer Regenrinne Keilkupplungen beschädigt werden, die mit einem 500g schweren Hammer fest zu schlagen sind (Nr. 7.1.2.4 BGR). Gegen die vom Erstbeklagten als denkbar beschriebene Schädigung durch den Kläger spricht zudem, dass der ermittelnde Polizeibeamte ausweislich der Strafakten keine äußeren Beschädigungen festgehalten hat, obwohl dieser selbst den Keil nochmals mit einem Hammer eingetrieben hat.
a) Der Beklagte Ziff. 1 hat seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Nach Nr. 9.6 BGR hatte er das Gerüst nach der Umstellung durch seine Arbeiter auf die einwandfreie Beschaffenheit der Gerüstbauteile und Übereinstimmung mit der Aufbau- und Verwendungsanleitung zu überprüfen. Insbesondere den Seitenschutz in Form des Geländerholms hätte er nach den Ausführungen des Sachverständigen G. in der mündlichen Verhandlung am 29.01.2008 (Bl. 82 d.A.) durch einen Rütteltest überprüfen müssen. Unstreitig hat er dies unterlassen. Außerdem hätte er nach Nr. 11.1.5 BGR keine konstruktiven Veränderungen vornehmen dürfen, da dies dem (ursprünglichen) Gerüstersteller, somit dem Bekl. Ziff. 2, vorbehalten war.
Einen weiteren Verstoß gegen seine Verkehrssicherungspflicht stellte es dar, dass er den Kläger zur baldigen Vornahme seiner Arbeiten anhielt, ohne ihn auf die fehlende Abnahme und Überprüfung des ordnungsgemäßen Aufbaus des Gerüsts hinzuweisen.
c) Diese Verstöße waren ursächlich für den Sturz des Klägers. Auch hierfür spricht ein Anscheinsbeweis (OLG Stuttgart, aaO, Rnr. 49; OLG Bremen, aaO). Diesen Anscheinsbeweis vermag der Beklagte Ziff. 1 nicht zu erschüttern, indem er behauptet, die Begleitumstände des Unfalls sprächen dafür, dass der Kläger das Gerüst auch benutzt hätte, wenn er es gesperrt hätte. Der Zurechnungszusammenhang wird nicht dadurch unterbrochen, dass der Kläger seinerseits gegen die Unfallverhütungsvorschriften verstieß, indem er das Gerüst ohne entsprechende Sicherheitsüberprüfung trotz erkennbarer Mängel benutzte. Denn der Kläger wurde hierzu durch den Beklagten Ziff. 1 provoziert, der ihn um unverzügliche Montage bat, ohne ihn auf die Sicherheitsmängel des Gerüsts hinzuweisen. Solche in vorwerfbarer Weise herausgeforderten Reaktionen muss sich der eine erste Schadensursache Setzende zurechnen lassen, wenn er bei dem Geschädigten eine mindestens im Ansatz billigenswerte Motivation zu selbstgefährdendem Verhalten gesetzt hat (BGH NJW 1990, 2885; NJW 1979, 712, Juris, Rnr. 9; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1310, 1311), was vorliegend der Fall ist.
d) Die Nichtbeachtung der Unfallverhütungsvorschriften indiziert regelmäßig den Vorwurf fahrlässigen Handelns(OLG Stuttgart, aaO, Rnr. 53; OLG Bremen, aaO, Rnr. 31). Dieser wird durch den eigenen Vortrag des Erstbeklagten erhärtet, er habe bemerkt, dass einige Sicherungen am Gerüst fehlten, ohne den Kläger darauf hinzuweisen, als er ihn um unverzügliche Durchführung seiner Arbeiten bat.
e) Der Beklagte Ziff. 1 kann sich nicht auf den Entlastungsbeweis des § 831 BGB berufen. Dies folgt aus dem Charakter der Unfallverhütungsvorschriften als allein und exklusiv den Unternehmer bindende Weisungen. Der Beklagte haftet daher wegen der Verletzung einer ihn selbstständig treffenden Verkehrssicherungspflicht (OLG Stuttgart, aaO, Rnr. 57; OLG Bremen, aaO, Rnr. 36). Eine solche eigene Verkehrssicherungspflichtverletzung des Beklagten liegt auch in der Bitte an den Kläger um unverzügliche Montage in Kenntnis der unzureichenden Sicherung des Gerüsts und in der fehlenden Sicherheitsüberprüfung.
3. Dem Kläger fällt ein Mitverschulden zur Last, das der Senat – abweichend vom Landgericht – mit einem Drittel bewertet.
Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger als selbstständiger Unternehmer auf der Baustelle tätig war oder – wie er in der Berufungsinstanz vorträgt – als Angestellter in dem Betrieb seines Vaters. Im ersteren Fall träfe nach den Unfallverhütungsvorschriften (Nr. 11.2 BGR 166) ihn selbst die Pflicht, das Gerüst auf augenfällige Mängel zu überprüfen oder überprüfen zu lassen. Im letzteren Fall müsste er sich ein entsprechendes Mitverschulden seines Vaters als Betriebsinhaber nach § 104 SGB VII im Rahmen des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs anrechnen lassen (BGH NJW 2008, 2116, Juris, Rnr. 11; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 1310, 1311).
Der Kläger stellt selbst nicht in Abrede, dass weder er noch sein Vater das Gerüst vor seiner Benutzung auf augenfällige Mängel überprüften und er es trotz einer Feststellung augenfälliger Mängel benutzte. Ein solcher augenfälliger unfallursächlicher Mangel war der fehlende Zwischenholm und nach den Ausführungen des Sachverständigen Gabur (Bl. 83 d.A.) die nicht sachgerechte Befestigung des Geländerholms an der dem Gebäude abgewandten Seite in der Aussparung des Vertikalrahmens. Diese offensichtlichen Mängel hätten den Kläger oder seinen Arbeitgeber nach den Ausführungen des Sachverständigen Gabur veranlassen müssen, den Geländerholm als allein verbliebenes Seitenschutzelement seines Arbeitsplatzes durch Rütteln auf seine ausreichende Befestigung zu überprüfen (Bl. 82 d.A.). Dass der Geländerholm zu dem Arbeitsplatz des Klägers zählte, ergibt sich daraus, dass er nach der Aussage des Zeugen W. (Blatt 82 d.A.) bei seiner Montagetätigkeit, nämlich dem Einlegen der Dachrinne, abstürzte.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist nicht nur von einer Mitursächlichkeit dieses Versäumnisses, sondern auch von einem Verschulden des Klägers bzw. seines Arbeitgebers auszugehen. Da der Kläger bzw. sein Arbeitgeber gegen eine Unfallverhütungsvorschrift verstoßen hat, spricht der Anscheinsbeweis für einen Ursachenzusammenhang zwischen Verstoß und Unfall. Des weiteren begründet die Nichtbeachtung der Vorschrift regelmäßig den Vorwurf des Verschuldens (s. o.). Umstände, die diesen Vorwurf widerlegen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Vorliegend überwiegt das Verschulden des Beklagten Ziff. 1. Denn der Beklagte Ziff. 1 hat nicht nur seine Prüfpflicht verletzt, sondern den Kläger trotz Kenntnis der augenscheinlichen Mängel und ohne ihn hierauf hinzuweisen um rasche Montage gebeten. Er hat ihn damit grob fahrlässig großer Gefahr ausgesetzt und zweifach Verkehrssicherungspflichten verletzt. Der Kläger befand sich hingegen in dem Konflikt, entweder der Bitte des Erstbeklagten um unverzügliche Montage nachzukommen, um das den Verkehr behindernde Gerüst schnell abbauen zu können, oder einem sicheren Arbeiten Priorität zu geben. Der eigentlich unfallursächliche Mangel, nämlich die fehlende Klemmwirkung der Keilkupplung, war für ihn nicht sichtbar. Der Senat bemisst das Mitverschulden des Klägers daher mit einem Drittel.
4. Die Haftung des Beklagten Ziff. 1 ist nicht nach § 106 Abs. 3, 3. Alt. SGB VII ausgeschlossen. Denn der Unfall ereignete sich nicht auf einer gemeinsamen Betriebsstätte des Klägers und des Beklagten Ziff. 1 im Sinne der vorgenannten Vorschrift.
Der Begriff der gemeinsamen Betriebsstätte erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs betriebliche Aktivitäten von Versicherten verschiedener Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist ein bewusstes Miteinander im Arbeitsablauf (BGH NJW 2004, 947, Juris, Rnr. 14; NJW 2008, 2116, Juris, Rnr. 13). Hinzukommen muss außerdem ein wechselseitiger Bezug der betrieblichen Aktivitäten (BGH NJW 2004, 947, Rnr. 16) oder die Möglichkeit wechselseitiger Verletzungen durch das enge Zusammenwirken (BGH NJW 2008, 2116, Juris, Rnr. 16). Nur dann wird dem dem Haftungsausschluss zugrundeliegenden Gedanken der Gefahrengemeinschaft Rechnung getragen (BGH NJW 2004, 947, Rnr. 17; NJW 2008, 2116, Juris, Rnr. 16). Hieran fehlt es z.B. bei den Arbeiten des von einem Gerüst gestürzten Dachdeckers und denen der Gerüstbaufirma, wenn die Arbeiten des Dachdeckers lediglich auf denjenigen des Gerüstbauers aufbauen, ohne auf sie bezogen zu sein (BGH, NJW 2004, 947, Rnr. 15, 16).
So verhält es sich auch hier. Die Arbeit des Klägers knüpfte zwar an diejenige des Beklagten Ziff. 1 an. Sie war aber nicht auf seine Tätigkeit als Zimmerer und Gerüstbauer bezogen. Weder unterstützte der Kläger diese noch förderte er sie, was schon dadurch deutlich wird, dass er erst nach Beendigung der Arbeiten des Beklagten Ziff. 1 seine Tätigkeit aufnahm (so auch OLG Bremen, aaO, Rnr. 32 ff für die Arbeit des Malers und des Gerüstbauers).
5. Die Berufung des Beklagten 1 ist daher zurückzuweisen.
Das Rechtsmittel des Klägers hingegen hat im Hinblick auf die Reduzierung seines Mitverschuldensanteils teilweise Erfolg.
Deshalb ist das angefochtene Urteil in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang abzuändern.III.
Die Berufung des Klägers bleibt allerdings ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Abweisung seiner Klage gegen den Beklagten Ziff. 2 richtet.
1. Der Beklagte Ziff. 2 ist dem Kläger nicht nach den §§ 836, 837 BGB schadensersatzpflichtig. Denn der Beklagte Ziff. 2 war nicht Eigenbesitzer des von den Mitarbeitern des Beklagten Ziff. 1 auf dessen Anweisung an die Nordseite des Gebäudes verlegten Gerüstes.
Eigenbesitzer des in veränderter Gestalt aufgebauten Gerüstes ist nur der Beklagte Ziff. 1 (siehe II.1.b). Davon, dass der Zweitbeklagte von dem Abbau und der Errichtung des Gerüstes an der Nordseite in veränderter Form wusste, kann nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des angefochtenen Urteils nicht ausgegangen werden. Mangels seiner Kenntnis von der Veränderung des Gerüsts kann nicht angenommen werden, dass er sich hierfür verantwortlich fühlte. Dass sein – für das von ihm selbst auf der Südseite erstellte Gerüst zu bejahender – Eigenbesitzwille sich allgemein auf das Gerüst unabhängig von der Art und Weise seiner Errichtung erstreckte, ist im Hinblick auf die damit verbundenen Unwägbarkeiten und Haftungsrisiken nicht anzunehmen.
2. Der Beklagte Ziff. 2 haftet dem Kläger auch nicht nach § 838 i. V. m. §§ 836, 837 BGB. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Beklagte Ziff. 2 sich gegenüber dem Beklagten Ziff. 1 für die Unterhaltung des an die Nordseite verlegten Gerüstes bereit erklärt hat.
3. Schließlich haftet der Beklagte Ziff. 2 auch nicht nach § 823 Abs. 1 BGB wegen einer Verletzung von Verkehrssicherungspflichten.
Die Feststellung des Landgerichts, es sei nicht bewiesen, dass der Beklagte Ziff. 2 von der Versetzung des Gerüsts Kenntnis hatte, geschweige denn damit in irgendeiner Weise befasst war, ist mit der Berufung nicht angegriffen. In Betracht käme daher nur ein Verstoß gegen die Pflicht nach Nr. 9.6 BGR 166, das Gerüst vor Übergabe an den Benutzer auf eine einwandfreie Beschaffenheit der Gerüstbauteile zu überprüfen.
Der Kläger hat nicht bewiesen, dass der Beklagte Ziff. 2 eine solche Pflichtverletzung begangen hat. Voraussetzung hierfür wäre die Feststellung, dass die Keilkupplung schon schadhaft war, als der Beklagte Ziff. 2 das Gerüst nach seiner Errichtung an der Südseite an den Beklagten Ziff. 1 übergab. Hieran fehlt es. Der Beklagte Ziff. 2 hat eine Schadhaftigkeit der Keilkupplung mit dem Vortrag bestritten, das Gerüst habe keinerlei Mängel aufgewiesen (Bl. 38, 77 d.A.). Der Kläger hat dafür, dass die Keilkupplung von Anfang an mangelhaft gewesen sei, keinen Beweis angetreten.
Hiervon kann auch nicht im Wege eines Anscheinsbeweises ausgegangen werden. Das Gerüst wurde einige Zeit an der Südseite benutzt, bevor die Mitarbeiter des Beklagten Ziff. 1 es abbauten und an anderer Stelle wieder errichteten. Bei dieser Montagetätigkeit könnte die Keilkupplung ebenfalls beschädigt worden sein.
Diesbezüglich ist die Berufung des Klägers somit zurückzuweisen.IV.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 und 709 S. 2 ZPO.
Die Revision des Klägers ist nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Fortbildung des Rechts zuzulassen im Hinblick auf die Frage, ob ein Gerüstbauunternehmer seinen Eigenbesitz an dem von ihm errichteten Gerüst dadurch verliert, dass es auf Anordnung des Mieters des Gerüstes ohne sein Wissen abgebaut und an anderer Stelle in veränderter Form wieder aufgebaut und benutzt wird.
Die Revision des Beklagten Ziff. 1 ist diesbezüglich nicht zuzulassen, da diese Frage für seine Haftung nicht entscheidungserheblich ist.