Zur Rechtmäßigkeit des Abschleppens eines Fahrzeuges aus dem absoluten Halteverbot

VG Düsseldorf, Urteil vom 20.08.2013 – 14 K 7033/12

Das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht, ohne dass es auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung ankommt, jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist. Dies ist beim Abstellen eines Fahrzeuges im Bereich eines absoluten Haltverbots regelmäßig der Fall (Rn. 53, 55).

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils beizutreibenden Betrages abwenden, soweit nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 141,02 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Gebührenbescheid nach einer durchgeführten Abschleppmaßnahme.
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Das klägerische Kraftfahrzeug, Fabrikat Fiat, mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 3162, parkte am 19.04.2012 in der Zeit von 08:10 Uhr bis 08:30 Uhr in E1. auf der G.-straße gegenüber der Hausnummer 1 senkrecht zur Fahrbahn. Auf Veranlassung von Polizeivollzugsbeamten des Beklagten wurde das Fahrzeug um 08:53 Uhr durch die C. City Abschlepp- und Bergungsdienst GmbH abgeschleppt. Ausweislich des vom Beklagten gefertigten Abschleppprotokolls stand das Fahrzeug der Klägerin in einem Bereich, in welchem durch Aufstellung von mobilen Verkehrszeichen eine absolute Haltverbotszone aufgrund einer Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet war. Die Abschleppmaßnahme wurde eingeleitet, nachdem der Beklagte durch den Genehmigungsinhaber, das Umzugsunternehmen I. S. Sohn KG, informiert worden war. Der Klägerin wurde ihr Fahrzeug am 19.04.2012 um 17:29 Uhr von der C. City Abschlepp- und Bergungsdienst GmbH wieder ausgehändigt, nachdem sie die entstandenen Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 69,02 Euro beglichen hatte.
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Die Klägerin wurde durch ein Merkblatt des Beklagten auf den beabsichtigten Erlass eines Gebührenbescheides und das ihr zustehende Anhörungsrecht hingewiesen. Daraufhin ließ sie mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 mitteilen, die durchgeführte Abschleppmaßnahme sei rechtswidrig gewesen. Am 19.04.2012 sei am Abstellort ihres Fahrzeuges keine ordnungsgemäße Haltverbotszone eingerichtet gewesen. Vor Ort sei lediglich eine Haltverbotszone des Umzugsunternehmens Q. mit dem Zusatz “Für Umzug bitte freihalten, Datum: 20.04.2012, Uhrzeit von 07:00 Uhr bis 19:00 Uhr” eingerichtet gewesen. Eine andere Anordnung, insbesondere für den 19.04.2012, sei vor Ort nicht ersichtlich gewesen.
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Aus der vom Beklagten eingeholten schriftlichen Stellungnahme des POK N. O. vom 07.05.2012 geht hervor, am Abstellort des Fahrzeuges sei definitiv ein absolutes Haltverbot für den 19.04.2012 mit mobilen Verkehrszeichen wegen eines Umzuges eingerichtet gewesen. Das Umzugsunternehmen habe vor Ort eine Liste und die Genehmigung vorgezeigt. Neben dem eingerichteten Haltverbot für den 19.04.2012 sei für denselben Bereich der Straße noch ein weiteres Haltverbot für den 20.04.2012 eingerichtet gewesen. Die Haltverbotsschilder für den 20.04.2012 hätten direkt neben den Schildern für den 19.04.2012 gestanden. Die Abschleppmaßnahme sei eingeleitet worden, nachdem für den Pkw der Klägerin kein Verantwortlicher habe erreicht werden können.
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Auf Anfrage des Beklagten teilte das Umzugsunternehmen I. S. & Sohn KG am 09.07.2012 mit, die absolute Haltverbotszone auf der G.-straße gegenüber der Hausnummer 1 (vor dem Gebäude G1.-1) sei am 16.04.2012 auf Grundlage der Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet worden. Hierzu wurden eine Kopie der Ausnahmegenehmigung zum Einrichten einer Haltverbotszone der Stadt E1. vom 12.04.2012 sowie das gefertigte Aufstellprotokoll vom 16.04.2012 übersandt, in welcher die Fahrzeuge mit Kennzeichen vermerkt sind, die bei Einrichtung der Haltverbotszone in dem betreffenden Bereich parkten. Das Fahrzeug der Klägerin ist in dem Aufstellprotokoll nicht vermerkt.
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Mit Gebührenbescheid vom 10.09.2012 setzte der Beklagte gegenüber der Klägerin eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro für die Durchführung der Abschleppmaßnahme fest. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, das Fahrzeug der Klägerin habe in einer eingerichteten Haltverbotszone geparkt und andere Verkehrsteilnehmer behindert.
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Die Klägerin hat am 11.10.2012 Klage erhoben.
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Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig. Als sie ihr Fahrzeug am 18.04.2012 gegen 23:00 Uhr auf der G.-straße geparkt habe, hätten sich vor Ort lediglich Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz “20.04.2012 von 07:00 bis 19:00 Uhr” befunden, die durch das Umzugsunternehmen Q Umzug + Transporte Management aufgestellt worden seien. Mobile Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 19.04.2012 hätten dort nicht gestanden. Da der Beklagte keine Lichtbilder gefertigt habe, gebe es keinen Nachweis darüber, dass derartige Schilder aufgestellt gewesen seien. Auch der die Abschleppmaßnahme veranlassende Polizeibeamte behaupte nicht, dass vor Ort zwei Beschilderungen mit den Zeitzusätzen 19.04.2012 und 20.04.2012 gestanden hätten. Das gegen die Klägerin eingeleitete Ordnungswidrigkeitenverfahren sei durch Beschluss des Amtsgerichts E1. vom 20.11.2012 zwischenzeitlich eingestellt worden.
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Die Klägerin beantragt,
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1. Den Gebührenbescheid des Beklagten vom 10.09.2012 aufzuheben.
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2. Den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 69,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.05.2012 zu zahlen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung führt er aus, das Fahrzeug der Klägerin habe zur Tatzeit in einer mobilen Haltverbotszone geparkt. Der Melder der Verkehrsbehinderung sei gleichzeitig der Berechtigte für das Einrichten der Haltverbotszone. Nach den Angaben der einschreitenden Polizeibeamten sei die Haltverbotszone ordnungsgemäß eingerichtet gewesen. Nach Auskunft der Firma S. sei die Haltverbotszone am 16.04.2012 eingerichtet worden. Die Erhebung von Verwaltungsgebühren für die durchgeführte Abschleppmaßnahme werde durch die Einstellung des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nicht berührt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage bleibt insgesamt ohne Erfolg.
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1. Soweit sich die Klage gegen den Gebührenbescheid vom 10.09.2012 richtet, ist sie als Anfechtungsklage zulässig aber unbegründet.
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Der Gebührenbescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Die gegenüber der Klägerin festgesetzte Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro für die durchgeführte Abschleppmaßnahme findet ihre Ermächtigungsgrundlage in § 77 Abs. 1 Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVG NRW), § 15 Abs. 1 Nr. 7 der Verordnung zur Ausführung des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes (VO VwVG NRW) i.V.m. § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) bzw. in § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW.
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Der Gebührenbescheid ist formell rechtmäßig.
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Eine ordnungsgemäße Anhörung gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) ist seitens des Beklagten durchgeführt worden. Die Klägerin hat durch Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.04.2012 von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch gemacht.
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Der Gebührenbescheid ist auch materiell rechtmäßig.
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Ob die hier in Rede stehende Abschleppmaßnahme als Sicherstellung gemäß § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW oder als Ersatzvornahme einer Beseitigungsmaßnahme gemäß § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 PolG NRW auf Grundlage der polizeirechtlichen Generalklausel anzusehen ist, kann dahinstehen,
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vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.11.2000 – 5 A 2625/00 -, Rn. 13, juris,
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denn die eingeleitete Abschleppmaßnahme ist nach beiden Alternativen rechtmäßig. Die in den vorgenannten Vorschriften vorausgesetzte gegenwärtige bzw. konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit bestand vorliegend. Eine Gefahr im polizei- und ordnungsrechtlichen Sinne liegt jedenfalls bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung, mithin bei einer Zuwiderhandlung gegen formelle und materielle Gesetze vor.
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Vorliegend war eine Zuwiderhandlung gegen straßenverkehrsrechtliche Vorschriften gegeben. Im Zeitpunkt des Einschreitens des Beklagten lag ein Verstoß gegen § 41 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) i.V.m. Ziffer 62 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO (Zeichen 283) vor, weil das Fahrzeug der Klägerin auf der G.-straße gegenüber der Hausnummer 1 senkrecht zur Fahrbahn im Bereich des Zeichens 283 (Absolutes Haltverbot) abgestellt war. Das Verkehrszeichen 283 verbietet das Halten auf der Fahrbahn in dem vom Verbotszeichen erfassten Bereich. Gegen dieses im Verkehrszeichen verkörperte absolute Haltverbot hat die Klägerin verstoßen und zugleich das ebenfalls im Verkehrszeichen liegende – entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO sofort vollziehbare – Wegfahrgebot verletzt.
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Die hier maßgeblichen Verkehrszeichen mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 sind gegenüber der Klägerin wirksam geworden, selbst wenn sie diese nicht wahrgenommen haben sollte.
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Bei dem Verkehrszeichen 283 handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung gemäß § 35 Satz 2 VwVfG NRW. Dieser Verwaltungsakt wird gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG NRW gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekanntgegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt nach den bundesrechtlichen Vorschriften der StVO durch Aufstellung des Verkehrsschildes (§ 39 Abs. 1 und 2, § 45 Abs. 4 StVO). Bei der Aufstellung handelt es sich um eine besondere Form der öffentlichen Bekanntgabe.
29

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 – 11 C 15.95 -, Rn. 9, juris.
30

Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon “mit einem raschen und beiläufigen Blick” erfassen kann, so äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, unabhängig davon, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrgenommen hat.
31

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.12.1996 – 11 C 15.95 -, Rn. 9, juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.05.1995 – 5 A 2092/93 -, Rn. 4 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990- 5 A 1687/89 -, Rn. 7 ff., juris.
32

Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass die Anbringung oder Aufbringung des Verkehrszeichens in der Weise erfolgen muss, dass der im Sinne des § 1 StVO sorgfältig handelnde Verkehrsteilnehmer die Anordnung ohne weitere Überlegung eindeutig erfassen kann.
33

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990 – 5 A 1687/89 -, Rn. 9, juris.
34

Allerdings sind an die Sichtbarkeit von Verkehrszeichen, die den ruhenden Verkehr betreffen, niedrigere Anforderungen zu stellen, als an solche für den fließenden Verkehr. Diese müssen – anders als beim fließenden Verkehr – nicht bereits mit einem raschen und beiläufigen Blick erfasst werden können.
35

Vgl. OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 -, Rn. 31 ff., juris.
36

Einen Verkehrsteilnehmer, der sein Fahrzeug abstellt, treffen dementsprechend auch andere Sorgfalts- und Informationspflichten hinsichtlich der Beschilderung und der maßgeblichen örtlichen Verkehrsregelungen als einen Teilnehmer am fließenden Verkehr. Die Sorgfaltsanforderungen richten sich stets nach den konkreten Umständen des Einzelfalles.
37

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1997 – 5 A 4278/95 -, Rn. 5 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.11.2004 – 5 A 850/03 -, Rn. 38, juris; OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 -, Rn. 31 ff., juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990- 5 A 1687/89 -, Rn. 7 ff., juris.
38

In Bezug auf Einschränkungen des Parkens und Haltens ist ein Verkehrsteilnehmer daher grundsätzlich verpflichtet, sich nach etwa vorhandenen Verkehrszeichen mit Sorgfalt umzusehen und sich über den örtlichen und zeitlichen Geltungsbereich eines (mobilen) Haltverbotsschilds zu informieren. Dabei muss er jedenfalls den leicht einsehbaren Nahbereich auf das Vorhandensein verkehrsrechtlicher Regelungen überprüfen, bevor er sein Fahrzeug endgültig abstellt.
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Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1997 – 5 A 4278/95 -, Rn. 5 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 30.06.2009 – 3 Bf 408/08 -, Rn. 31 ff., juris.
40

Nach Maßgabe der vorgenannten Kriterien steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die auf der G.-straße gegenüber der Hausnummer 1 aufgestellten mobilen Haltverbotszeichen mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 ordnungsgemäß bekannt gegeben wurden und nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz für einen durchschnittlichen Kraftfahrer bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt hinreichend erkennbar waren. Insbesondere war die absolute Haltverbotszone im Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme ordnungsgemäß eingerichtet.
41

Dies ergibt sich zunächst aus dem im Verwaltungsverfahren vorgelegten Aufstellprotokoll des Umzugsunternehmens I. S. & Sohn KG vom 16.04.2012 und der Ausnahmegenehmigung der Stadt E1. vom 12.04.2012, die der Einrichtung der absoluten Haltverbotszone zugrundelag. Aus dem Aufstellprotokoll geht eindeutig hervor, dass die mobilen Haltverbotsschilder am 16.04.2012 und damit drei Tage vor der durchgeführten Abschleppmaßnahme aufgestellt worden sind. Im Aufstellprotokoll sind diejenigen Fahrzeuge mit Kennzeichen aufgeführt, die im Zeitpunkt der Schilderaufstellung im betreffenden Bereich abgestellt waren. Das Fahrzeug der Klägerin ist darin nicht vermerkt. Darüber hinaus ergibt sich aus der schriftlichen Stellungnahme des die Abschleppmaßnahme veranlassenden Polizeibeamten, POK N. O. , vom 07.05.2012, dass auch im maßgeblichen Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme ein mobiles Haltverbot für den 19.04.2012 eingerichtet gewesen ist. Der Stellungnahme ist unter Ziffer 2 eindeutig zu entnehmen, dass neben dem streitgegenständlichen Haltverbot für den 19.04.2012 für denselben Bereich der Straße noch eine weitere Haltverbotszone für den 20.04.2012 eingerichtet war. Die Haltverbotsschilder für den 19.04.2012 hätten direkt neben den Schildern für den 20.04.2012 gestanden. Bei dieser zweiten Haltverbotszone dürfte es sich um die vom Umzugsunternehmen Q aufgestellten Haltverbotszeichen mit dem Zeitzusatz für den 20.04.2012 handeln, die auf den von der Klägerin vorgelegten Lichtbildern zu erkennen sind. Die einschreitenden Polizeibeamten sind im Übrigen ausweislich des gefertigten Abschleppberichts vom 19.04.2012 durch das Umzugsunternehmen I. S. & Sohn KG als Inhaber der Ausnahmegenehmigung über das verbotswidrig abgestellte Fahrzeug der Klägerin informiert worden und haben erst daraufhin die Abschleppmaßnahme eingeleitet. Angesichts des Aufstellprotokolls und der eindeutigen schriftlichen Stellungnahme des POK O. sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die streitgegenständlichen Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 im Zeitraum zwischen dem 16.04.2012 und dem 19.04.2012 vorübergehend entfernt und erneut aufgestellt worden sind. Ein derartig atypischer Sachverhalt ist von der Klägerin nicht ansatzweise substantiiert dargelegt worden und widerspräche im Übrigen der allgemeinen Lebenserfahrung. Das Gericht geht folglich davon aus, dass die maßgeblichen Haltverbotsschilder mit dem Zeitzusatz für den 19.04.2012 auch am 18.04.2012 gegen 23:00 Uhr, als die Klägerin ihr Fahrzeug nach eigenen Angaben auf der G.-straße geparkt hat, ordnungsgemäß aufgestellt waren und damit der Klägerin gegenüber wirksam geworden sind, auch wenn sie die Verkehrszeichen bei den um 23:00 Uhr vorherrschenden nächtlichen Lichtverhältnissen tatsächlich nicht wahrgenommen haben sollte. Denn die für die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes in Form eines Verkehrszeichens bedeutsame Bekanntgabe setzt lediglich voraus, dass es von dem, der selbst oder dessen Fahrzeug in den Wirkungsbereich des Verkehrszeichens gelangt, bei Anlegung des von § 1 StVO vorgegebenen Sorgfaltsmaßstabs ohne weiteres wahrgenommen werden kann.
42

Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15.05.1990 – 5 A 1687/89 -, Rn. 5 ff., juris.
43

Im Übrigen führen auch die von der Klägerin vorgelegten Lichtbilder, auf denen zwei Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 20.04.2012 zu erkennen sind, zu keiner anderen Beurteilung. Weder den Fotos noch dem Vortrag der Klägerin lässt sich entnehmen, wann genau die Bilder angefertigt worden sind. Angesichts der Tatsache, dass die Fotos bei Tageslicht gefertigt wurden, das Fahrzeug indes am 18.04.2012 um 23:00 Uhr bei nächtlichen Lichtverhältnissen im betreffenden Bereich abgestellt wurde, ist davon auszugehen, dass die Klägerin die Bilder erst nach der durchgeführten Abschleppmaßnahme angefertigt haben kann. Dies zugrunde gelegt sind die Bilder jedoch nicht geeignet den Nachweis zu erbringen, dass im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Abschleppmaßnahme am Morgen des 19.04.2012, keine zusätzlichen Haltverbotsschilder mit einem Zeitzusatz für den 19.04.2012 aufgestellt waren. Angesichts dieser Sachlage bestand daher keine Veranlassung, den Sachverhalt ohne Vorliegen konkreter Anhaltspunkte für eine atypische Sachverhaltskonstellation von Amts wegen weiter aufzuklären.
44

Der Bescheid richtet sich zudem gegen die richtige Adressatin. Die Klägerin selbst hat die Gefahr für die öffentliche Sicherheit verursacht, indem sie ihr Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E. -R. 3162 auf der G.-straße gegenüber der Hausnummer 1 geparkt hat. Sie ist mithin zutreffend als Verhaltensstörerin gemäß § 4 Abs. 1 PolG NRW in Anspruch genommen worden.
45

Die eingeleitete Abschleppmaßnahme war auch verhältnismäßig. Der Beklagte hat in fehlerfreier Weise von seinem Ermessen Gebrauch gemacht. Es ist nicht ersichtlich, dass die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten wurden oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde, § 114 Satz 1 VwGO.
46

Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war geeignet, den Rechtsverstoß zu beenden und die blockierte Straßenfläche für die mit der Verkehrsregelung bezweckten Umzugsarbeiten freizugeben. Die Maßnahme war auch erforderlich, da kein milderes und gleich effektives Mittel zur Beseitigung des Rechtsverstoßes in Betracht kam. Die Polizeibeamten des Beklagten wären – obwohl sie dies versucht haben – noch nicht einmal gehalten gewesen, die Klägerin vor Einleitung der Abschleppmaßnahme ausfindig zu machen. Sofern sich der Fahrer – wie hier – von dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug entfernt und deshalb nicht unmittelbar wie jemand zur Verfügung steht, der sich in Ruf- oder Sichtweite seines Fahrzeugs aufhält, sind grundsätzlich keine Ermittlungen nach dem Verbleib des Verantwortlichen veranlasst, weil deren Erfolg zweifelhaft ist und zu nicht abzusehenden Verzögerungen führt.
47

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 6 ff., juris; OVG Hamburg, Urteil vom 22.05.2005 – 3 Bf 25/02 -, Rn. 36, juris; VGH Bayern, Urteil vom 16.01.2001 – 24 B 99.1571 -, Rn. 36, juris; VGH Hessen, Urteil vom 11.11.1997 – 11 UE 3450/95 -, Rn. 27, juris; VG E1. , Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11.10.2007- 20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris.
48

Dies gilt selbst dann, wenn der Behörde der Wohnort des Ordnungspflichtigen im Zeitpunkt der Einleitung der Abschleppmaßnahme bekannt ist und die Wohnungsanschrift in unmittelbarer Nähe zu dem verbotswidrig geparkten Fahrzeug liegt.
49

Vgl. VG E1. , Gerichtsbescheid vom 27.07.2009 – 14 K 1421/09 -; VG Köln, Urteil vom 11.10.2007 – 20 K 2162/06 -, Rn. 22, juris.
50

Die Abschleppmaßnahme war auch angemessen. Ihr Nutzen stand nicht außer Verhältnis zu den der Klägerin entstandenen Unannehmlichkeiten. Die Maßnahme belastete die Klägerin lediglich mit den Kosten für die Abschleppmaßnahme in Höhe von 69,02 Euro und der Verwaltungsgebühr in Höhe von 72,00 Euro. Die Höhe des zu zahlenden Geldbetrages und die sonstigen Ungelegenheiten sind damit geringfügig. Schon deshalb stehen die Nachteile zu dem mit der Maßnahme erstrebten Erfolg, die ungehinderte Durchführung der Umzugsarbeiten auf der G.-straße sicherzustellen, in keinem offensichtlichen Missverhältnis.
51

Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts,
52

vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 4, juris,
53

zu dem objektiven Rechtsverstoß (hier: Parken im Bereich eines absoluten Haltverbots) stets auch eine konkrete Behinderung hinzutreten muss. Denn das Abschleppen eines verkehrswidrig geparkten Fahrzeuges steht, ohne dass es auf das Vorliegen einer konkreten Verkehrsbehinderung ankommt, jedenfalls dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Einklang, wenn mit dem verkehrswidrigen Parken eine Funktionsbeeinträchtigung der Verkehrsfläche verbunden ist.
54

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.02.2002 – 3 B 149.01 -, Rn. 4, juris; BVerwG, Beschluss vom 01.12.2000 – 3 B 51.00 -, Rn. 3 f., juris, OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2012- 5 A 2802/11 -, Rn. 3 ff., juris.
55

Dies ist beim Abstellen eines Fahrzeuges im Bereich eines absoluten Haltverbots regelmäßig der Fall.
56

Vgl. VG Aachen, Urteil vom 23.02.2011 – 6 K 1/10 -, Rn. 34 ff., juris; VG Potsdam, Urteil vom 14.03.2012 – 10 K 59/08 -, Rn. 21, juris.
57

Eine derartige Funktionsbeeinträchtigung war vorliegend gegeben. Die eingerichtete Haltverbotszone auf der G.-straße diente dem Zweck, die Durchführung eines Umzuges und das ungestörte Beladen der Umzugswagen zu ermöglichen. Dieser Zweck konnte angesichts der Verkehrssituation im betreffenden Bereich nur durch die temporäre Anordnung eines absoluten Haltverbotes erreicht werden. Diese Funktion hat die Klägerin durch ihr verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug beeinträchtigt. Hinzu kommt, dass das Fahrzeug der Klägerin die im Bereich der Haltverbotszone stattfindenden Umzugsarbeiten auch konkret behindert hat. Denn der Beklagte ist insoweit erst auf Anforderung des Umzugsunternehmens S. tätig geworden, das die mobile Haltverbotszone auf Grundlage der Genehmigung vom 12.04.2012 eingerichtet hat.
58

Als Verhaltensstörerin ist die Klägerin auch der richtige Gebührenschuldner im Sinne von § 77 Abs. 1 VwVG NRW.
59

Gegen die erhobene Verwaltungsgebühr bestehen auch der Höhe nach keine Bedenken. Sie bewegt sich im mittleren Bereich des durch § 15 Abs. 1 Nr. 7 VO VwVG NRW vorgegebenen Gebührenrahmens von 25 bis 150 Euro.
60

2. Soweit die Klägerin die Rückzahlung der unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Abschleppkosten in Höhe von 69,02 Euro begehrt, ist ihre Klage als allgemeine Leistungsklage statthaft.
61

Diese ist zulässig, aber unbegründet.
62

Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch kommt lediglich § 21 Abs. 1 Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (GebG NRW) i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW in Betracht. Hiernach sind überzahlte oder zu Unrecht erhobene Kosten unverzüglich zu erstatten, zu Unrecht erhobene Kosten jedoch nur, soweit eine Kostenentscheidung noch nicht unanfechtbar geworden ist.
63

Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Rechtsgrundlage sind nicht gegeben. Die unmittelbar an das Abschleppunternehmen gezahlten Kosten für die durchgeführte Abschleppmaßnahme wurden nicht zu Unrecht im Sinne von § 21 Abs. 1 GebG NRW i.V.m. § 77 Abs. 4 VwVG NRW erhoben. Denn die Klägerin hat durch die vorgenommene Zahlung einen Anspruch des Beklagten gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 8 VO VwVG NRW i.V.m. § 46 Abs. 3, § 43 Nr. 1 PolG NRW bzw. gemäß § 77 Abs. 1 VwVG NRW, § 20 Abs. 2 Nr. 7 VO VwVG NRW i.V.m. § 8, § 50 Abs. 2, § 51 Abs. 1 Nr. 1, § 52 PolG NRW erfüllt. Hiernach hat der Ordnungspflichtige die durch eine rechtmäßige Ersatzvornahme bzw. Sicherstellung entstandenen Kosten, mithin die Kosten der Abschleppmaßnahme, zu tragen. Die durchgeführte Abschleppmaßnahme war – wie oben unter Ziffer 1.) dargelegt – rechtmäßig.
64

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
65

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 Zivilprozessordnung (ZPO).
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Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt.

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