Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 18.02.2016 – 12 U 118/15
Zur internationalen Zuständigkeit des Wohnsitzgerichts des deutschen Geschädigten für Verkehrsunfall in Großbritannien
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 3. Juni 2015 verkündete Grundurteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichter – des Landgerichts Cottbus teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner den materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der dem Kläger durch den Unfall am 25.08.2005 nahe P…, C…, Großbritannien, entstanden ist und noch entstehen wird, hinsichtlich der Beklagten zu 4. und 5. unter Berücksichtigung etwaiger, sich aus einer Anwendung englischen Rechts ergebenden Höchstbeträge.
Die Berufung der Beklagten zu 4. und 5. wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung richtet.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention der Beklagten zu 4. und 5. werden den Beklagten zu 1. bis 3. auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistungen in Höhe von 110 %, des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor der Kläger Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
1
Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfallgeschehen vom 25.08.2005, das sich in Wales ereignete und bei dem es zu einer Kollision zwischen dem vom Beklagten zu 1. geführten Reisebus der Beklagten zu 2., in dem der Kläger und seine Eltern als Insassen saßen und einem vom Beklagten zu 4. geführten Lkw-Viehtransporter kam. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
2
Das Landgericht hat durch Grundurteil die Klage gegen die Beklagten zu 1. bis 3. abgewiesen und gegen die Beklagten zu 4. und 5. die Klage dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Hinsichtlich der Beklagten zu 1. bis 3. sei die Klage vor einem deutschen Gericht zulässig und hinsichtlich des anzuwendenden Rechts sei zwar grundsätzlich das Tatortprinzip anzuwenden. Nach Art. 40 Abs. 2 EGBGB sei jedoch hiervon abzuweichen, wenn der Schädiger und der Geschädigte einen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthaltsort hätten und dies sei im vorliegenden Fall Deutschland, so dass deutsches Recht gelte. Demgegenüber seien hinsichtlich der verkehrsrechtlichen Verhaltensvorschriften diejenigen des Handlungsortes anzuwenden und deshalb sei das in Großbritannien gültige Straßenverkehrsrecht anzuwenden, so dass die Vorschriften des deutschen Rechts nach dem StVG und der StVO insgesamt nicht griffen. Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB sei nicht gegeben, weil dem Beklagten zu 1. ein Verschulden an der Herbeiführung des Unfalls nicht nachzuweisen sei. Der insoweit beweisbelastete Kläger habe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den entsprechenden Beweis nicht erbracht. Eine Haftung aus § 830 Abs. 1 Satz 2 BGB scheide ebenfalls aus. Eine Gefährdungshaftung gebe es in Großbritannien nicht.
3
Hinsichtlich der Beklagten zu 4. und 5. sei die Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts ebenfalls gegeben, denn nach der 4. Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Richtlinie vom 16.05.2000 habe der Geschädigte mit Wohnsitz in Deutschland die Möglichkeit, einen ab dem 01.01.2003 im Ausland erlittenen Unfall ausschließlich in Deutschland abzuwickeln, wenn das den Unfall verursachende Fahrzeug in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zugelassen sei und dort seinen gewöhnlichen Standort habe sowie der Unfallstaat dem Grünen-Karten-System angehöre. Sämtliche Voraussetzungen seien hier gegeben. In der Sache sei das in Wales anzuwendende englische Recht maßgeblich und daraus ergebe sich entsprechend der Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. M… eine Haftung der Beklagten zu 4. und 5. aus unerlaubter Handlung. Zwar sei ein Verschulden des Beklagten zu 4. nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht nachgewiesen. Allerdings sei die Vermutungsregel res ipsa loquitur anzuwenden, die einem Anscheinsbeweis gleichzusetzen sei. So bestehe die Vermutung, dass beide am Unfall beteiligten Fahrer Mitverantwortung für den Unfall trügen und deshalb im Verhältnis zu einem geschädigten Dritten gesamtschuldnerisch für die Schadensfolgen geradestehen müssten.
4
Gegen das dem Kläger am 17.06.2015 und den Beklagten zu 4. und 5. am 09.06.2015 zugestellte Urteil haben der Kläger mit einem am 08.07.2015 und die Beklagten zu 4. und 5. mit einem am 09.07.2015 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und haben diese mit einem am 17.09.2015 (Kläger) bzw. am 07.09.2015 (Beklagte zu 4. und 5.) nach entsprechender Fristverlängerung eingegangenen Schriftsatz begründet.
5
Der Kläger meint, entgegen der Auffassung des Landgerichts hafteten sämtliche Beklagten gesamtschuldnerisch unter Berücksichtigung des Grundsatzes res ipsa loquitur und im Übrigen ergebe sich eine Haftung der Beklagten zu 1. bis 3. auch aus § 7 StVG, da bei Geltung deutschen Rechts auch diese Vorschrift anzuwenden sei. Der Unfall habe sich auf einer von der Beklagten zu 2. durchgeführten Reise ereignet und es sei nicht ersichtlich, weshalb durch die Überfahrt einer Grenze sich Haftungserleichterungen im Verhältnis zu den vertraglich verbundenen Reisegästen ergeben sollen. Letztlich sei auch die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung unzutreffend.
6
Der Kläger beantragt,
7
unter Abänderung des am 03.06.2015 verkündeten Grundurteils des Landgerichts Cottbus die Beklagten zu 1. bis 5. dem Grunde nach zu verurteilen, sowie die Berufung der Beklagten zu 4. und 5. zurückzuweisen.
8
Die Beklagten zu 1. bis 3. beantragen,
9
die Berufung zurückzuweisen.
10
Die Beklagten zu 4. und 5. erklären den Beitritt als Nebenintervenienten aufseiten des Klägers und beantragen,
11
das Grundurteil des Landgerichts Cottbus vom 03.06.2015 wie folgt abzuändern:
12
1. Die Klage gegen die Beklagten zu 1. bis 3. ist dem Grunde nach gerechtfertigt.
2. Die Klage gegen die Beklagten zu 4. und 5. wird abgewiesen.
13
Die Beklagten zu 1. bis 3. verteidigen das angefochtene Urteil und erachten den Streitbeitritt der Beklagten zu 4. und 5. wegen Fehlens des erforderlichen rechtlichen Interesses für unzulässig. Soweit im Verhältnis zu ihnen materielles deutsches Haftungsrecht zur Anwendung gelangen müsse, erstrecke sich dieses nicht auf die Haftungsnorm des § 7 Abs. 1 StVG.
14
Die Beklagten zu 4. und 5. leiten ihr rechtliches Interesse an einer Nebenintervention aus einer möglichen gesamtschuldnerischen Haftung mit den Beklagten zu 1. bis 3. ab und stellen die Auffassung des Landgerichts zur Frage der Geltung deutschen Rechts in Bezug auf die Beklagten zu 1. bis 3. zur Überprüfung durch das Berufungsgericht, da sich das Landgericht nicht mit Art. 41 Abs. 1 und 2 EGBGB auseinandergesetzt habe. Da im Hinblick auf die verkehrsordnungsrechtlichen Vorgaben englisches Recht zur Anwendung komme, bestehe auch mit dem in England geltenden Haftungsrecht eine wesentlich engere Verbindung als mit dem deutschen Straßenverkehrsrecht. Komme insgesamt das englische Haftungsrecht zur Anwendung, sei unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen auch von einer Mithaftung der Beklagten zu 1. bis 3. auszugehen. Unabhängig davon sei bei Anwendung deutschen Rechts durchaus der Haftungstatbestand des § 7 StVG eröffnet, woran sich nicht dadurch etwas ändere, dass hinsichtlich der verkehrsrechtlichen Verhaltensvorschriften diejenigen des Handlungsortes zugrunde zu legen seien. Daraus lasse sich nicht folgern, dass damit auch die nach deutschem Recht geltenden haftungsrechtlichen Normen des Straßenverkehrsgesetzes ausgeschlossen seien. Im Übrigen ergebe sich entgegen der Bewertung des Landgerichts auch aus § 823 BGB eine Haftung der Beklagten zu 1. und gegenüber der Beklagten zu 2. aus § 831 BGB.
15
Fehlerhaft sei das Landgericht hinsichtlich des Beklagten zu 4. auch von seiner Zuständigkeit ausgegangen. Art. 6 Nr. 1 EuGVVO eröffne trotz Konnexität mit der Klage gegen den Versicherer den Gerichtsstand am Wohnsitz des Klägers nicht für eine Klage gegen den Versicherten oder Versicherungsnehmer, wenn dieser seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates als dem des Klägers habe. Die durch den so genannten „Ankerbeklagten“ vermittelte internationale Zuständigkeit könne nur auf dessen Wohnsitzgerichtsstand gestützt werden. Hinsichtlich des Anspruchs dem Grunde nach sei das Landgericht zunächst zu Recht von einem fehlenden Nachweis des Verschuldens des Beklagten zu 4. ausgegangen. Die sodann vom Landgericht erfolgte Anwendung des Grundsatzes der res ipsa loquitur, der vom Sachverständigen zur Vermeidung von Unbilligkeiten herangezogen worden sei, greife demgegenüber schon deshalb nicht, weil die Beklagten zu 1. bis 3. nach deutschem Recht haften würden, so dass dem Kläger kein Rechtsnachteil drohe. Im Übrigen stelle die Rechtsfigur eine besondere Ausprägung des Anscheinsbeweises dar, die dem Prozessrecht unterliege, während ein deutsches Gericht nur auf der Grundlage des englischen materiellen Rechts zu entscheiden habe.
II.
1.
16
Die Berufungen des Klägers und der Beklagten zu 4. und 5. sind zulässig. Sie wurden insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet.
2.
17
Die Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg, diejenige der Beklagten zu 4. und 5. nicht.
18
a) Soweit das Landgericht mit dem Grundurteil darauf erkannt hat, dass die Klage gegenüber den Beklagten zu 4. und 5. dem Grunde nach gerechtfertigt ist, ist das Grundurteil verfahrensfehlerhaft ergangen, weil der Kläger neben seinen Leistungsanträgen zu Ziffer 1 bis 3 mit dem Antrag zu Ziffer 4 die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihm auch seinen weiteren Schaden zu ersetzen. Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann ein Grundurteil nur ergehen, wenn ein Anspruch dem Grunde und auch dem Betrag nach streitig ist und daran fehlt es bei einer nicht bezifferten Feststellungsklage, bei der ein Grundurteil schon wesensgemäß ausscheidet (vgl. dazu auch Zöller-Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 304 Rn. 3 m. w. N.). Mithin hätte über den Feststellungsantrag abschließend entschieden werden müssen, das heißt es hätte ein Teil- und Grundurteil hinsichtlich der Leistungsklage und ein stattgebendes Teil- Endurteil hinsichtlich der Feststellungsklage in Bezug auf die Beklagten zu 4. und 5. erfolgen müssen. Dass das Urteil in diese Richtung ausgelegt werden kann, ist nicht anzunehmen, da sich ein entsprechender Wille des Gerichts aus den Entscheidungsgründen nicht entnehmen lässt (vgl. dazu BGH NJW – RR 1992, 531). Eine Umdeutung ist grundsätzlich ebenfalls nicht möglich (vgl. Zöller-Vollkommer, § 304 Rn. 18a). Der Erlass eines unzulässigen Grundurteils stellt auch einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der zur Aufhebung und Zurückverweisung im Sinne von § 538 Abs. 2 ZPO führen kann, wovon der Senat hier jedoch angesichts der Entscheidungsreife der Sache hinsichtlich des Anspruchsgrundes und des Feststellungsantrags abgesehen hat. Vielmehr hat der Senat von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den bisher vom Landgericht nicht beschiedenen Feststellungsantrag „heraufzuziehen“ und über diesen abschließend zu entscheiden.
19
b) Der Streitbeitritt der Beklagten zu 4. und 5. auf Seiten des Klägers in Bezug auf den Streit zwischen diesem und den Beklagten zu 1. bis 3. ist zulässig. Ein solches Vorgehen ist gemäß § 66 Abs. 1 ZPO möglich, wenn ein rechtliches Interesse hieran besteht. Hinsichtlich der Prozesshandlungsvoraussetzungen hat die Zulässigkeit des Beitritts von Amts wegen zu erfolgen und Bedenken hiergegen ergeben sich nicht, während die Frage des rechtlichen Interesses nur auf Rüge näher geprüft wird (Zöller-Vollkommer, § 66 Rn. 14). Eine solche Rüge ist hier seitens der Beklagten zu 1. bis 3. erfolgt. Erforderlich für das rechtliche Interesse ist, dass der Nebenintervenient zu der unterstützenden Partei oder dem Gegenstand des Rechtsstreits in einem Rechtsverhältnis steht, auf das die Entscheidung des Rechtsstreits durch ihren Inhalt oder ihre Vollstreckung unmittelbar oder auch nur mittelbar rechtlich einwirkt, wobei das rechtliche Interesse durchaus weit ausgelegt wird. Der bloße Wunsch der Nebenintervention, der Rechtsstreit möge zugunsten einer Partei entschieden werden, und die Erwartung, dass die damit befassten Gerichte auch in einem künftigen eigenen Rechtsstreit mit einer Partei an einem einmal eingenommenen Standpunkt festhalten und zu einer ihnen günstigen Entscheidung gelangen sollten, genügt nicht (BGH, Beschluss vom 10.02.2011, Az.: I ZB 63/09). Letzteres ist hier jedoch nicht der Fall, denn grundsätzlich kann in Fällen der Gesamtschuldnerschaft ein Beitritt eines Gesamtschuldners auf Seiten des klagenden Gläubigers gegen den weiteren Gesamtschuldner vor dem Hintergrund von § 426 BGB durchaus in Betracht kommen (MünchKomm-Schultes, BGB, § 66 Rn. 17). Wer zu einem Gläubiger in einem Rechtsverhältnis steht, aufgrund dessen er diesem möglicherweise als Gesamtschuldner mit einem weiteren Schuldner haftet, hat ein rechtliches Interesse daran, dass eine Klage des Gläubigers gegen den weiteren Schuldner Erfolg hat (BGH, Beschluss vom 18.11.2015, VII ZB 2/15). In Bezug auf die Beklagten zu 1. bis 3. einerseits und die Beklagten zu 4. und 5. andererseits steht auch im vorliegenden Fall eine gesamtschuldnerische Haftung im Raum, sodass unabhängig davon, inwieweit sich aus einer Entscheidung im vorliegenden Rechtsstreit eine Bindungswirkung in Bezug auf das Gesamtschuldverhältnis tatsächlich ergibt, ein rechtliches Interesse an einem Beitritt besteht. Eine Entscheidung über diese Frage durch Zwischenurteil gemäß § 71 Abs. 2 ZPO war nicht geboten. Eine Entscheidung über die Nichtzulassung oder Zulassung des Beitritts ist auch im Endurteil möglich (Zöller-Vollkommer, § 71 Rn. 5 m.w.N.), sodass die Entscheidung auch zugleich mit dem das Berufungsverfahren beendenden Urteil ergehen konnte.
20
c) Die Klage ist insgesamt zulässig, insbesondere ist die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Cottbus gegeben. Hinsichtlich der Beklagten zu 1. bis 3. ist dies unproblematisch und zwar unabhängig davon, dass sich der Unfall im Ausland ereignet hat. Nach Art. 2 Abs. 1 EuGVVO sind grundsätzlich Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten ihres Mitgliedsstaates zu verklagen. Die Beklagten zu 1. bis 3. haben ihren Wohnsitz beziehungsweise ihren Sitz in Deutschland und können damit unproblematisch vor einem deutschen Gericht verklagt werden.
21
In Bezug auf die Beklagten zu 4. und 5 ist zu berücksichtigen, dass Wohnsitzstaat England ist, sodass aufgrund vorgenannter Vorschrift die Klage vor einem Gericht in England, als Mitgliedsstaat der EU, erhoben werden müsste. Allerdings kann gemäß Art. 11 Abs. 2 i. V. m. Art. 9 Abs. 1 b EuGVVO der Geschädigte, der seinen Wohnsitz in einem Mitgliedsstaat hat, vor dem Gericht seines Wohnsitzes eine Klage unmittelbar gegen den Versicherer erheben, sofern eine solche unmittelbare Klage zulässig und der Versicherer seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates hat (vgl. BGH, Urteil vom 24.02.2015, Az.: VI ZR 279/14). Mithin ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen gegen die Beklagte zu 5. gegeben. Daraus folgt aber nicht zwangsläufig auch die Zulässigkeit einer Klage gegen den Unfallgegner und zwar, jedenfalls im Zusammenspiel mit der Beklagten zu 5., auch nicht über Art. 6 Nr. 1 EuGVVO, wie der BGH in vorgenannter Entscheidung ausdrücklich klargestellt hat. Soweit das Landgericht undifferenziert davon ausgeht, dass ein Geschädigter mit Wohnsitz in Deutschland die Möglichkeit hat, einen im Ausland erlittenen Unfall in Deutschland abzuwickeln, wenn das unfallverursachende Fahrzeug in einem anderen EU-Mitgliedsstaat zugelassen ist, hat es nicht berücksichtigt, dass dies nur eine Klage gegen den Versicherer und nicht zugleich auch gegen den Schädiger betrifft. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der vom Landgericht in Bezug genommenen 4. Kraftfahrzeug-Haftpflicht-Richtlinie vom 15.05.2000.
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Zu berücksichtigen ist aber im vorliegenden Fall, dass hier nicht nur Unfallbeteiligter und dessen Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen werden, wie es in dem der BGH-Entscheidung zugrunde liegenden Fall war, sondern die Klage richtet sich gegen einen weiteren Unfallbeteiligten und dessen Haftpflichtversicherung, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, wobei insbesondere die Beklagte zu 2. ihren Wohnort im Bezirk des vom Kläger angerufenen Landgerichts Cottbus hat. Deshalb ist hier der Anwendungsbereich des Art. 6 Nr. 1 EuGVVO eröffnet. Auch der BGH hat in seiner Entscheidung die Voraussetzung hervorgehoben, dass mindestens einer der mehreren Beklagten seinen Wohnsitz am Ort des Gerichts haben muss und dies sei im Streitfall, so der BGH, nicht gegeben. Anders liegen, wie ausgeführt, die Dinge hier, sodass vor diesem Hintergrund über Art. 6 Nr. 1 EuGVVO auch eine Klage gegen den Beklagten zu 4. vor dem Landgericht Cottbus möglich ist (vgl. auch Sendmeyer, Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bei Verkehrsunfällen im europäischen Ausland, NJW 2015, 2384).
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Auch die darüber hinaus erforderliche Konnexität ist gegeben. Zwischen den Klagen gegen die jeweiligen Beklagten besteht eine so enge Beziehung, dass eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung geboten ist, um zu vermeiden, dass in getrennten Verfahren sich widersprechende Entscheidungen ergehen können. Im Falle einer gesamtschuldnerischen Haftung kann eine solch enge Beziehung angenommen werden (vgl. auch Sendmeyer, a. a. O.). So hat auch der Oberste Gerichtshof in Wien die Konnexität bejaht in einem Fall, in dem die Beklagten als Beteiligte an einer Gemeinschaftsmarkenverletzung durch in verschiedenen Mitgliedsstaaten ansässige Hersteller zusammengewirkt haben, weil eine Beteiligung mehrerer an einer einheitlichen Schutzrechtsverletzung vorliege (Beschluss vom 15.01.2013, Az.: 4 Ob 221/12). Auch das OLG Stuttgart (Urteil vom 31.07.2012, Az.: 5 U 150/11) hat bei gesamtschuldnerischer Haftung unter einfachen Streitgenossen die Konnexität bejaht, weil die Klage auf denselben Schaden, aufgrund von Fehlern bei der Errichtung des streitgegenständlichen Objektes gerichtet sei, sodass es einen engeren Zusammenhang kaum geben könne, zumal verschiedene Fehler der Beklagten ineinander griffen und so gemeinsam zum Schaden beigetragen hätten. Dass die gegen die Beklagten erhobenen Klagen möglicherweise auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen beruhen, gegebenenfalls auf unterschiedlichem nationalem Recht, stehe dem nicht entgegen (so auch EuGH NJW 2007, 3702). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Kollision zweier Fahrzeuge und entsprechend dem Klägervortrag sollen beide Unfallbeteiligten die Ursache für die Kollision gesetzt haben. Der Umstand, dass dem ganzen nicht ein- und derselbe Fehler zugrunde liegt, sondern jeder der Unfallbeteiligten seinen eigenen Beitrag dazu geleistet haben kann, steht dem engen Zusammenhang nicht entgegen. Die Klage ist auch auf denselben Schaden gerichtet.
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d) Die Klage ist gegenüber den Beklagten zu 1. bis 3. dem Grunde nach gerechtfertigt.
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Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass in Bezug auf die Beklagten zu 1. bis 3. deutsches Haftungsrecht Anwendung findet. Dies folgt aus Art. 38 ff. EGBGB a. F., auf die hier zurückzugreifen ist, da sich der Unfall vor dem Inkrafttreten der ROM II-VO am 11.01.2009 ereignete. Da der Kläger und die Beklagten zu 1. bis 3. zur Zeit des Unfallgeschehens ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten, ist gemäß Art. 40 Abs. 2 EGBGB deutsches Recht anwendbar. Soweit die Beklagten zu 4. und 5. meinen, dies müsse vor dem Hintergrund von Art. 41 EGBGB überprüft werden, da sich hier eine engere Bindung zum englischen Recht ergebe, liegt eines der Regelbeispiele des Art. 41 Abs. 2 EGBGB nicht vor. Im Übrigen bestimmt Art. 40 Abs. 2 EGBGB für das Deliktsrechts den generellen Vorrang des gemeinsamen Aufenthaltsortes, sodass ein Rückgriff auf die Ausweichklausel des Art. 41 EGBGB nicht zulässig ist (vgl. Staudinger-Bernd von Hoffmann, Art. 41 EGBGB Rn. 28). Dass darüber hinaus auch eine Anwendung deutschen Rechts sich aus Art. 42 EGBGB ergeben kann, weil auch eine stillschweigende Rechtswahl im Prozess erfolgen kann, wenn die Parteien übereinstimmend von der Geltung deutschen Rechts ausgehen, bedarf daher keiner abschließenden Feststellung mehr. Hinsichtlich der Beklagten zu 2. ergibt sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch aus dem Reisevertragsverhältnis. Sofern man nicht auch insoweit eine Rechtswahl nach Art. 27 EGBGB annehmen will, wird jedenfalls gemäß Art. 28 Abs. 2 EGBGB vermutet, dass der Vertrag die engsten Verbindungen mit dem Staat aufweist, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung zu erbringen hat, im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist bei der Beklagten zu 2. ebenfalls Deutschland.
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Ansprüche des Klägers aus einer Verschuldenshaftung nach § 823 Abs. 1 BGB beziehungsweise gegenüber der Beklagten zu 2. auch aus § 280 Abs. 1 BGB bestehen nicht. Insoweit müsste der Kläger nachweisen, dass dem Beklagten zu 1. eine schuldhaft begangene Pflichtverletzung vorzuwerfen ist. Einen dahingehenden Beweis hat der Kläger nicht zu führen vermocht. Im Ansatz zutreffend geht dabei das Landgericht davon aus, dass für die Frage der Beurteilung des Vorliegens eines Fehlverhaltens des Beklagten zu 1. auf die am Tatort geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften abzustellen ist, sodass insoweit das englische Recht maßgebend ist (vgl. BGH, Urteil vom 23.01.1996, Az.: VI ZR 291/94). Aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M… ergibt sich, dass derjenige, der an einer unübersichtlichen Stelle die Mittellinie zur Gegenfahrbahn überquert, sorgfaltswidrig handelt. Dass es tatsächlich zu einer solchen Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten zu 1. gekommen ist, hat das Landgericht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme für nicht erwiesen erachtet. Zweifel an der Vollständigkeit und Richtigkeit der diesbezüglichen Feststellungen im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ergeben sich nicht. Das Beweisergebnis wird auch seitens des Klägers nicht ernsthaft in Frage gestellt; vielmehr räumt er ein, dass nach den Aussagen der Zeugen wohl von einem „Patt“ auszugehen sei, womit offenbar ein „non liquet“ gemeint sein soll. Soweit die Beklagten zu 4. und 5. meinen, die Bekundungen ihrer eigenen Zeugen seien überzeugender als diejenigen der übrigen Zeugen, vermag sich der Senat dieser Sichtweise nicht anzuschließen. Dabei ist zunächst einmal zu berücksichtigen, dass die Insassen des Lkw deutlich mehr im Lager der Beklagten zu 4. und 5. stehen, als die hinter den Fahrzeugen fahrenden neutralen Zeugen. Die Zeugen T… und Cr…, die hinter dem Bus, beziehungsweise hinter dem Lkw hergefahren sind, haben angegeben, dass der Bus sehr langsam und ganz weit links gefahren sei und sich auch, so insbesondere die Zeugin Cr…, vorsichtig fortbewegt habe. Demgegenüber hat der Mitfahrer im Lkw L… angegeben, dass der Bus schneller gefahren sei als der Lkw und letzterer auch nicht über die Mittellinie gefahren sei. Auch der weitere Mitfahrer Wi… hat angegeben, der Lkw sei in seiner Fahrspur geblieben, wie er bewusst beobachtet habe. Demgegenüber sei der Bus über die weiße Linie hinweg auf die Fahrspur des Lkw geraten. Diese Angaben sind für sich betrachtet durchaus in sich stimmig und plausibel. Dennoch ergibt sich aus den Bekundungen der neutralen Unfallbeteiligten die ernsthafte Möglichkeit, dass der Bus soweit wie möglich links gefahren ist und sich dabei auch durchaus vorsichtig im Hinblick auf das Entgegenkommen des Lkw verhalten haben kann. Vor diesem Hintergrund ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass nicht frei von vernünftigen Zweifeln (§ 286 Abs. 1 ZPO) von einer erwiesenen Pflichtverletzung des einen oder des anderen Fahrers ausgegangen werden kann.
27
Die Ausführungen des Landgerichts zu § 830 BGB werden mit der Berufung nicht in Frage gestellt. Soweit sich die Beklagten zu 4. und 5. im Verhältnis zur Beklagten zu 2. auf § 831 BGB berufen, führt dies nicht weiter, weil nicht festgestellt werden kann, dass der Beklagte zu 1. widerrechtlich gehandelt hat.
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Letztlich kommt es aber auf all dies hinsichtlich einer Haftung der Beklagten zu 1. bis 3. nicht entscheidungserheblich an, da entgegen der Auffassung des Landgerichts eine Haftung nach den Bestimmungen der §§ 7 ff. StVG gegeben ist. Weshalb ungeachtet der Geltung deutschen Haftungsrechts entsprechend der Auffassung des Landgerichts § 7 Abs. 1 StVG nicht gelten soll, erschließt sich nicht. Insbesondere lässt sich dies nicht damit begründen, dass hinsichtlich etwaiger Verhaltensregeln im Straßenverkehr das Tatortrecht zugrunde zu legen ist. Das entsprechend den allgemeinen Grundsätzen hinsichtlich der Verhaltensregeln auf die Verkehrsvorschriften des Rechts am Handlungsort abzustellen ist, ist ohne weiteres nachvollziehbar und versteht sich nahezu von selbst und zeigt sich exemplarisch zum Beispiel daran, dass das in Deutschland geltende Rechtsfahrgebot im Zusammenhang mit einem Unfall in England aufgrund des dort herrschenden Linksverkehrs nicht zur Grundlage einer Entscheidung gemacht werden kann. Dass deshalb aber im deutschen (Straßenverkehrs-) Recht gesetzlich festgeschriebene materielle Haftungsgrundlagen keine Anwendung finden sollen, nur weil sie so nach dem Recht des Handlungsortes nicht existieren, erschließt sich nicht. Vielmehr ist § 7 StVG im Falle der Geltung deutschen Haftungsrechts bei Unfällen im Ausland unproblematisch anzuwenden (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 23.01.1976, Az.: VI ZR 291/94 zu einem Verkehrsunfall in Österreich, wo der Anspruch nicht etwa aus der auch nach österreichischem Recht bestehenden Haftung aus Betriebsgefahr hergeleitet wurde, sondern aus der deutschen Haftungsnorm des § 7 StVG). Nichts anderes gilt auch in den Fällen, in denen das Land, in dem sich der Unfall ereignet hat, eine Haftung aus Betriebsgefahr nicht vorsieht. Es gibt keinen sachlichen Grund für die Annahme, dass die dem deutschen Recht immanente Haftung aus Betriebsgefahr mit dem Grenzübertritt entfällt. Nach deutschem Recht geht von dem Betrieb eines Fahrzeugs per se eine Gefährdung aus, die nicht allein dadurch entfällt, dass das Fahrzeug nicht nur in Deutschland, sondern auch in einem Land weiter betrieben wird, das eine Haftung aus Betriebsgefahr nicht vorsieht.
29
Mithin folgt der Anspruch gegen die Beklagten zu 1. bis 3. aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 PflVersG. Da dem Kläger als Insassen des Busses kein Fehlverhalten attestiert werden kann und auf seiner Seite auch eine Betriebsgefahr nicht zu berücksichtigen ist, findet auch eine Abwägung der Haftungsanteile gemäß § 17 Abs. 1 StVG in diesem Verhältnis nicht statt, sodass die Beklagten zu 1. bis 3. dem Grunde nach voll haften.
30
e) Die Klage ist auch in Bezug auf die Beklagten zu 4. und 5. dem Grunde nach gerechtfertigt.
31
Hinsichtlich der Haftung dieser Beklagten ist gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 1 EGBGB englisches materielles Recht anzuwenden. Wie bereits erwähnt, kennt dieses eine Haftung aus Betriebsgefahr nicht, wie sich auch aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M… ergibt. Ausweislich dieses Gutachtens kennt aber das englische Recht auch ein Recht der unerlaubten Handlung, dass sich allerdings im Wesentlichen aus der Rechtsprechung entwickelt hat. Erforderlich ist danach grundsätzlich die Verletzung von Sorgfaltspflichten, die auch nach englischem Recht gegenüber Fahrzeuginsassen bestehen. Der Beklagte zu 4. hätte eine „duty of care“ verletzt, wenn er an einer unübersichtlichen Stelle die Mittellinie zur Gegenfahrbahn überquert hätte. Entsprechendes steht indessen nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, wie ausgeführt, nicht fest. Soweit weitere Verstöße gegen das Straßenverkehrsrecht im Raume stehen, wie ein Fahren ohne Fahrerlaubnis, Überladung des Fahrzeugs, fehlende Zulassung für den Transport, nicht funktionsfähiger Tachometer, erfordern nach englischem Recht dahingehende Pflichtverletzungen eine Kausalität zum Schaden, die sich, wie der Sachverständige ausgeführt hat, hier nicht feststellen lässt. Dies entspricht weitgehend auch dem deutschen Recht, denn auch nach diesem würde sich eine Kausalität, beispielsweise im Falle des Fahrens ohne Fahrerlaubnis, nicht ohne weiteres ergeben und zwar auch nicht unter Heranziehung der Grundsätze des Anscheinsbeweises, denn ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass im Falle eines Verkehrsunfalls, an dem ein Kraftfahrer beteiligt ist, der nicht in Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist, dass Fehlen der Fahrerlaubnis sich stets unfallursächlich ausgewirkt hat, besteht nicht (KG, Urteil vom 22.02.2001, Az.: 12 U 7599/99). Der – zudem streitige – Unfallhergang spricht ebenfalls nicht dafür, dass hier gerade eine mögliche Unerfahrenheit sich unfallursächlich ausgewirkt haben muss. Auch hinsichtlich der übrigen vom Sachverständigen angesprochenen Verstöße ist es nachvollziehbar, wenn der Sachverständige unter Berücksichtigung des englischen Rechts einen Kausalzusammenhang verneint. Einwendungen gegen die Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen wurden seitens der Parteien auch nicht erhoben.
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Eine Haftung der Beklagten zu 4. und 5. ergibt sich aber aus der vom Sachverständigen herangezogenen res ipsa loquitur-Regel, nach der, sofern keine andere Erklärung als das Fehlverhalten eines Schädigers als Grund für den Unfall denkbar ist und dieser die ausschließliche Kontrolle über die Gegebenheiten, die den Unfall verursacht haben, inne hatte, das Gericht den Schluss ziehen kann, dass ein die Fahrlässigkeitshaftung begründendes Verhalten des Schädigers vorlag. Nach den Ausführungen des Sachverständigen kann diese Regel auch zur Anwendung kommen, wenn mehrere Beteiligte den Unfall durch einen Sorgfaltspflichtverstoß verursacht haben können, sofern sie gemeinsam die ausschließliche Kontrolle über die den Unfall verursachenden Gegebenheiten hatten. Dies sei, so der Sachverständige, vor allem im Begegnungsverkehr der Fall. Es handelt sich bei dieser Rechtsfigur nicht um eine Beweislastumkehr, sondern um eine Vermutung, die entkräftet werden kann, das heißt der Beklagte zu 4. würde nicht haften, wenn es ihm gelänge darzulegen, dass es zumindest überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Unfallgegner für das Geschehen verantwortlich ist. Davon ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht auszugehen, wobei nicht verkannt wird, dass der Sachverständige in diesem Zusammenhang nur von überwiegender Wahrscheinlichkeit spricht und nicht von einem strengen Beweis. Auch bei einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit müsste das Gericht aber hier zu der Überzeugung gelangen, dass die Bekundungen der als Zeugen vernommenen Mitfahrer im Lkw überzeugender sind als diejenigen der hinter dem Bus beziehungsweise dem Lkw herfahrenden Zeugen als unbeteiligte Unfallzeugen. Eine dahingehende Überzeugung lässt sich jedoch nicht bilden.
33
Zur Frage der Anwendbarkeit der res ipsa loquitur-Regel in Verfahren vor dem deutschen Gerichten als Bestandteil des englischen Prozessrechts hat der Sachverständige in seinem Gutachten näher ausgeführt und dies im Ergebnis bejaht. Auf die dahingehenden Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen. Soweit die Beklagten zu 4. und 5. sich darauf berufen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen sich ein Anpassungsbedarf in Bezug auf die Anwendbarkeit der Regel vor deutschen Gerichten vor dem Hintergrund ergebe, dass der Schädiger nicht auf seinem Schaden sitzen bleiben solle und ein solcher Fall vorliegend im Falle einer Haftung der Beklagten zu 1. bis 3. nicht gegeben sei, entlastet dies die Beklagten zu 4. und 5. nicht. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die vom Sachverständigen erwogene Anpassung beziehungsweise Angleichung nur einer von mehreren Lösungswegen ist, die Vermutungsregel der res ipsa loquitur auch vor einem deutschen Gericht anzuwenden. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Sachverständigen dargestellte Anpassungslösung unabdingbar voraussetzt, dass der Geschädigte nicht auf seinem Schaden sitzen bleiben darf und dass diese Voraussetzung dann nicht mehr gegeben ist, wenn der Geschädigte von einem der beiden Schädiger unter Geltung einer ausländischen Rechtsordnung seinen Schaden ersetzt verlangen kann, bestehen nicht. Sinn und Zweck der res ipsa loquitur-Regel ist, dass in Fällen, in denen der Nachweis einer vom Schädiger begangenen Sorgfaltspflichtverletzung nicht erbracht werden kann, eine andere Erklärung als ein Fehlverhalten des Schädigers aber nicht ernsthaft in Betracht kommt, von einer Vermutung dahin auszugehen ist, dass ein die Fahrlässigkeitshaftung begründendes Verhalten des Schädigers vorgelegen hat. Da sich gerade bei zwei Schädigern der Nachweis, welcher von ihnen eine Pflichtverletzung begangen hat, besonders schwer führen lässt, ist nach englischem Recht von einem fahrlässigen Verhalten beider Fahrer auszugehen, und nach den Feststellungen des Sachverständigen greift die entsprechende Vermutung gerade auch bei Verkehrsunfällen im Begegnungsverkehr. Kann die Vermutung nicht entkräftet werden, folgt daraus nach englischem Recht eine Haftung beider Fahrer als Gesamtschuldner, sodass unter Zugrundlegung englischen Rechts sämtliche Unfallbeteiligten und damit auch sämtliche Beklagten als Gesamtschuldner haften würden, mithin auch die Beklagten zu 4. und 5.. Nichts anderes ergibt sich bei Anwendung deutschen Rechts. Denn unabhängig von einer etwaigen Verschuldenshaftung ergäbe sich eine gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 1. bis 5. über §§ 7 Abs. 1, 18 StVG, § 840 Abs. 1 BGB. Unabhängig davon, dass nach englischem Recht bei der Lösung einer etwaigen Beweisnot des Geschädigten gerade auch dessen Interessen berücksichtigt werden, damit dieser in Fällen der vorliegenden Art nicht rechtlos gestellt wird, steht nach beiden Rechtsordnungen der Gedanke im Vordergrund, dass bei Unaufklärbarkeit des genauen Unfallhergangs die potenziellen Schädiger im Rahmen einer gesamtschuldnerischen Haftung zur Verantwortung zu ziehen sind, sodass kein sachlicher Grund für die Annahme besteht, dass die res ipsa loquitur-Regel zu Lasten der Beklagten zu 4. und 5. nur deshalb nicht anwendbar ist, weil nach deutschem Recht für die Beklagten zu 1. bis 3. eine Haftung bereits nach den Regeln der Betriebsgefahr begründet ist. Deshalb kann nicht davon ausgegangen werden, dass in dem Falle, in dem die Beklagten zu 4. und 5. isoliert vor einem englischen Gericht verklagt worden wären, dieses die res ipsa loquitur-Regel nur deswegen nicht angewandt hätte, weil gegenüber den anderweitig verklagten Beklagten zu 1. bis 3. die Möglichkeit einer Haftung aus Betriebsgefahr im Falle der Anwendbarkeit deutschen Rechts besteht. Entscheidend ist vielmehr, dass beide der hier maßgeblichen Rechtsordnungen bei einheitlicher Anwendung eine gesamtschuldnerische Haftung sämtlicher Beklagter vorsehen, so dass auch die Vertreter der vom Sachverständigen angeführten Anpassungslösung eine solche Anpassung und damit die Anwendung der res ipsa loquitur-Regel gegenüber den Beklagten zu 4. und 5. vor einem deutschen Gericht nicht daran scheitern lassen würden, dass gegen den potenziellen Mitverursacher Ansprüche der Geschädigten entsprechend dem materiellen Recht einer anderen Rechtsordnung in Betracht kommen. Zweck der Anpassung ist gerade die Vermeidung inakzeptabler Ergebnisse. Dieser Zweck würde unterlaufen, wenn die Beklagten zu 4. und 5. bei Geltung unterschiedlicher Rechtsordnungen nicht als Gesamtschuldner mit haften würden, obwohl beide Rechtsordnungen bei einheitlicher Anwendung auf sämtliche Unfallbeteiligten genau dies vorsehen. Mithin bleibt es dabei, dass nach jedem der vom Sachverständigen ausgeführten Lösungswege die Vermutungsregel der res ipsa loquitur vor deutschen Gerichten anwendbar ist und auch im vorliegenden Fall zu einer gesamtschuldnerischen Mithaftung der Beklagten zu 4. und 5. führt. Im Übrigen spricht viel dafür, die in England dem dortigen Prozessrecht zugeordnete res ipsa loquitur-Regel nach deutschem IPR materiell-rechtlich zu qualifizieren und damit von der Verweisung auf englisches materielles Haftungsrecht als erfasst anzusehen. Dies muss der Senat letztlich nicht entscheiden, weil eine derartige Qualifikation nicht zu einem anderen Ergebnis führen würde.
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Nach alledem ist die Klage gegenüber allen Beklagten dem Grunde nach gerechtfertigt.
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In Bezug auf das Feststellungsbegehren ist angesichts der Tatsache, dass die Schadensentwicklung noch nicht abgeschlossen ist, das gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ohne weiteres gegeben. Der Feststellungsantrag ist auch aus den zuvor genannten Gründen begründet.
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In Bezug auf die Höhe der den Leistungsanträgen zugrundeliegenden Forderungen ist der Rechtsstreit vor dem Landgericht fortzusetzen.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 Satz 1, 2 ZPO.
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Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO bestehen nicht. Es handelt sich um eine Entscheidung, die unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles ergeht und zwar auch, soweit es dabei um die Anwendung unterschiedlicher Rechtsordnungen geht. Die Senatsentscheidung weicht auch nicht zu grundsätzlichen Rechtsfragen von höchst- oder obergerichtlicher Rechtsprechung ab.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 82.939,75 €