Zur Haftung des Werbenden einer Google-AdWords-Kampagne wegen Kennzeichenverletzung

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22. März 2017 – 6 U 29/15

1. Eine markenrechtlich zu unterlassende kennzeichenmäßige Verwendung einer geschäftlichen Bezeichnung eines Mitbewerbers kann bereits dann vorliegen, wenn diese geschäftliche Bezeichnung im Rahmen einer Internetsuche im unmittelbaren Zusammenhang mit einer platzierten Anzeige angezeigt wird und dies trotz Kenntnis nicht unterbunden wird.(Rn.23)

2. Zur Störerhaftung im Markenrecht.(Rn.29)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Kiel vom 28.05.2015, Az. 15 O 21/14, geändert und insgesamt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,

a. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, ihre Google-AdWords-Kampagne so einzurichten, dass auf die Eingabe des Suchbegriffs „W… C. t…“ eine auf die Internetseite der Beklagten zu 1) hinweisende AdWords-Anzeige erscheint, solange nicht in dieser Anzeige unmissverständlich darauf hingewiesen wird, dass es sich nicht um eine Anzeige des Klägers, sondern um eine Anzeige der Beklagten zu 1) handelt, wenn das geschieht, wie mit der nachfolgend abgedruckten Anzeige:

b. an den Kläger 865,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 22. Februar 2014 zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kiel ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde.

Gründe
I.

1
Der Kläger verlangt von den Beklagten es zu unterlassen, ihre Google-Adword-Kampagne so einzurichten, dass auf Eingabe des Suchbegriffs „W… C… T…“ eine Anzeige der Beklagten erscheint, solange aus dieser nicht eindeutig hervorgeht, dass es sich nicht um eine solche des Klägers handelt. Darüber hinaus verlangt er Ersatz von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. In erster Instanz hat er zudem Auskunft über die Dauer der Adword-Kampagne begehrt. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

2
Das Landgericht hat der Klage im vollen Umfang stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2, 4 MarkenG gegen die Beklagten zustehe. Die Beklagten hätten die geschützte geschäftliche Bezeichnung des Klägers „W… C… T…“ hinsichtlich der Herkunftsfunktion rechtsverletzend benutzt. Die rechtsverletzende Benutzung beim Keyword-Advertising liege in der Beeinflussung des Suchervorgangs bei Google. Die technischen Abläufe würden dazu führen, dass das fremde Kennzeichen zum Verweis auf das eigene Angebot genutzt werde. Es sei unerheblich, ob die Beklagten tatsächlich den Begriff „W… C… T…“ als Keyword verwendet hätten, denn jedenfalls hätten sie den Suchalgorithmus von Google so beeinflusst, dass das Suchergebnis wie im Screenshot vom 7. Februar 2014 gestaltet werde.

3
Durch die Benutzung des Keywords sei auch eine Verwechslungsgefahr i.S.d. § 15 Abs. 2 MarkenG entstanden. Denn durch die Überschrift „Anzeige zu w… c… t…“, die örtliche Nähe der Unternehmen sowie die Bezeichnung „F.-doktor G…“ bestehe die Gefahr, dass der durchschnittlich informierte Internetnutzer einen unternehmerischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den beiden Unternehmen vermute. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Anzeige als eine solche gekennzeichnet sei. Grundsätzlich bestehe die Verwechslungsgefahr, solange die Anzeige nicht eindeutig auf den fehlenden Zusammenhang zum Markeninhaber hinweise. Dies gelte auch dann, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang zwar nicht suggeriert werde, aber es für normal informierte und angemessen aufmerksame Internetnutzer nicht erkennbar sei, ob der Werbende mit dem Markeninhaber wirtschaftlich verbunden ist. Ein aktives Entgegenwirken der Beklagten liege nicht vor. Insbesondere hätten sie das streitgegenständliche Kennzeichen erst zu spät auf die sog. Blacklist gesetzt.

4
Dem Kläger stehe auch ein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten nach § 15 Abs. 2 MarkenG zu. Den Beklagten sei jedenfalls Fahrlässigkeit vorzuwerfen, denn die Möglichkeit, dass der Suchalgorithmus eine Verbindung zum klägerischen Unternehmen herstelle, habe ihnen bewusst sein können. Zumindest nach der Benachrichtigung durch den Kläger hätten sie Gegenmaßnahmen ergreifen müssen.

5
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten. Das Landgericht unterstelle eine Benutzung des Kennzeichens des Klägers durch die Beklagten ohne die notwendigen Feststellungen zu treffen, nämlich welches Keyword überhaupt verwendet worden sei. Gänzlich werde auch verkannt, dass nach herrschender Rechtsprechung sogar die Verwendung fremder Marken als Keyword zulässig sei.

6
Eine Markenverletzung scheide schon deshalb aus, weil die Marke des Klägers lediglich beschreibend sei und daher die notwendige Kennzeichnungskraft fehle.

7
Auch die Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Der durchschnittliche Internetnutzer unterscheide zwischen Anzeigen und Suchtreffern. Die Anzeige der Beklagten sei von den Suchergebnissen getrennt und enthalte selbst keinen Hinweis auf die Marke des Klägers „W… C… T..“ oder sein Unternehmen. Im Gegenteil ergebe sich aus dem angegebenen Firmenname der Beklagten eindeutig, dass der Anzeigende keine Verbindung zum Kläger habe.

8
Die vom Landgericht aufgestellte Voraussetzung, wonach der Werbende aktiv der Vorstellung entgegenwirken müsse, dass eine wirtschaftliche Verbindung zum Markeninhaber bestehe, sei mit den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Rechtssätzen nicht vereinbar. Auch die Tatsache, dass die Beklagten zu 2) und 3) ehemalige Mitarbeiter des Klägers seien, begründe die Verwechslungsgefahr nicht. Es liege keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion vor. Eine Marke, die nicht einmal verwendet werde, könne nicht verletzt sein.

9
Der Grundsatz, dass derjenige für Kennzeichenverletzungen hafte, welcher diese kenne und nicht beseitige, gelte entgegen der Auffassung des Klägers nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshof in dieser Allgemeinheit nicht mehr. Voraussetzung einer Störerhaftung sei stets, dass der Störer willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beigetragen und dabei zumutbare Verhaltenspflichten verletzt habe. Für eine solche Verhaltenspflichtverletzung der Beklagten gebe es im Streitfall jedoch keine Anhaltspunkte. Gleiches gelte für eine Garantenstellung, so dass auch kein pflichtwidriges Unterlassen vorliege.

10
Die Beklagten beantragen,

11
das Urteil des Landgerichts Kiel vom 28. Mai 2015 – 15 O 21/14 – abzuändern und die Klage abzuweisen.

12
Der Kläger beantragt,

13
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

14
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Die Anzeige sei so vage gehalten, dass durchschnittliche Internetnutzer nicht erkennen könnten, ob eine wirtschaftliche Verbindung zum Kläger bestehe. Darüber hinaus folge schon aus der Überschrift die Verwechslungsgefahr. Es sei auch unerheblich, welche Keywords die Beklagten verwendet hätten, da ihre Haftung bereits daraus resultiere, dass sie nichts gegen das Erscheinen der rechtsverletzenden Anzeige getan hätten. Die Beklagten hätten aufgrund des Hinweises des Klägers auch um die Rechtsverletzung gewusst. Selbst wenn die Beklagten nicht schon wegen der Schaltung der Anzeige hafteten, so jedenfalls deshalb, weil sie nach dem Hinweis nicht tätig geworden seien. Dies folge aus der Anwendung der Rechtssätze, welche der Bundesgerichtshof für die Haftung des sog. mittelbaren Störer entwickelt habe. Auch dort folge die Haftung zwar nicht unmittelbar aus der Schutzrechtsverletzung. Der Betreiber hafte allerdings, wenn er von solchen Kenntnis erlange und diese dennoch nicht beseitige.

15
Die Rechtsverletzung ergebe sich bereits eindeutig aus der Überschrift „Anzeige zu w… c… t…“. Der Bundesgerichtshof habe entschieden, dass eine Verwechslungsgefahr nur entfalle, wenn gerade das geschützte Kennzeichen in der Anzeige nicht enthalten sei. Dabei sei unerheblich, ob die Überschrift von Google ausgehe oder vom Werbenden vorgegeben wurde. Denn maßgeblich sei allein, wie ein durchschnittlicher Internetnutzer die Anzeige verstehe. Darüber hinaus ergebe sich auch aus der Bezeichnung „F.-doktor G…“ eine Verbindung zum Kläger.

16
Der Kläger hat den erstinstanzlich verfolgten auf Auskunftsanspruch für erledigt erklärt.

II.

17
Die Berufung hat nach der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung des Klägers in Bezug auf den Auskunftsanspruch insoweit Erfolg, als die Erledigung nicht festzustellen und die Klage insoweit abzuweisen ist. Im Übrigen ist die Berufung nicht begründet. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht verurteilt.

18
1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 4, Abs. 2 MarkenG zu. Nach § 15 Abs. 4 MarkenG kann der Inhaber einer geschäftlichen Bezeichnung denjenigen, der seine geschäftliche Bezeichnung entgegen § 15 Abs. 2 MarkenG benutzt, auf Unterlassung in Anspruch nehmen, wenn eine Wiederholungsgefahr besteht. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

19
a. Die Beklagten haben gegen § 15 Abs. 2 MarkenG verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist es Dritten untersagt, die geschäftliche Bezeichnung eines anderen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

20
Der Kläger nutzt die geschäftliche Bezeichnung „W… C… T…“ i.S.d. § 5 Abs. 1, 2 MarkenG. Bei der vorgenannten Bezeichnung handelt es sich um die im Handelsregister eingetragene Firma des Klägers, so dass sie ohne weiteres als Unternehmenskennzeichen im Sinne von § 5 Abs. 2 MarkenG zu qualifizieren ist.

21
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist dieses Kennzeichen auch nicht nur beschreibenden Charakters. Es ist schon zweifelhaft, ob die beteiligten Verkehrskreise überhaupt den Sinn der englischen Wörter „w… c…“ verstehen, jedenfalls ist der Kennzeichenbestandteil „T…“ – laut Wikipedia eine Abkürzung für eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffe – kein rein beschreibender. Mithin ist in der Kombination die Firmenbezeichnung des Klägers geeignet, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen.

22
Die Beklagten haben diese geschäftliche Bezeichnung – objektiv betrachtet – auch ohne die Zustimmung des Klägers im geschäftlichen Verkehr benutzt. Dies setzt eine sog. kennzeichenmäßige Verwendung voraus (siehe u.a. BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 – I ZR 183/03, GRUR 2007, 65, 66 Rn. 15 – Impuls) und zwar unter Einbeziehung des markenmäßigen Gebrauchs für Waren und Dienstleistungen als Unterfall kennzeichenmäßiger Benutzung (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage 2010 § 15 Rn. 31 m.w.N). Das angegriffene Zeichen muss danach aus der Perspektive eines durchschnittlichen Verbrauchers als Hinweis auf das Unternehmen oder die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen verstanden werden können (vgl., BGH, Urteil vom 19. Februar 2009 – I ZR 135/06, GRUR 2009, 685, 687 Rn. 20 – ahd.de). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) liegt in der Verwendung des Kennzeichens eines Dritten als Keyword im Ausgangspunkt eine Benutzung für Waren und Dienstleistungen, da dieses Keyword in der Werbung eingesetzt wird, um dem Internetnutzer eine Alternative zu den Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers vorzuschlagen (EuGH GRUR 2010, 445, 448 Tz. 69 ff – Google France und Google).

23
Die Hauptfunktion der Marke, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, ist beeinträchtigt, wenn aus der Anzeige für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen von dem Inhaber der Marke oder einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen (EuGH a.a.O., 449 Tz. 84 Google France und Google; vgl. in diesem Sinne auch EuGH GRUR 2007, 971, 972 Tz. 27 – Céline und die dort angeführte Rspr.). Dabei kann es bereits ausreichen, dass die Anzeige so vage gehalten ist, dass ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer nicht erkennen kann, ob der Werbende im Verhältnis zum Markeninhaber Dritter oder mit diesem verbunden ist (EuGH a.a.O. Tz. 90 – Google France und Google).

24
Durch die Adword-Kampagne der Beklagten ist bei Eingabe des Suchbegriffs „W… C… T…“ im Suchfeld der Suchmaschine „Google“ eine mit „Anzeige zu w… c… t…“ überschriebene Anzeige der Beklagten erschienen. Die Beklagten haben das Unternehmenskennzeichen des Klägers nach diesem Erscheinungsbild für Waren und Dienstleistungen benutzt, indem sie ihre Werbung an die Verwendung des Kennzeichens geknüpft haben. Die Herkunftsfunktion ist im Sinne der zitierten Rechtsprechung des EuGH beeinträchtigt, da für den durchschnittlichen Internetnutzer nicht erkennbar ist, ob eine geschäftliche Verbindung zwischen den Beklagten und dem Kläger besteht. Die angezeigte Überschrift legt eine solche Verbindung nahe. Der in der Anzeige verwendete Begriff „F-doktor G…“ weist sogar eher auf eine solche Verbindung hin, da der Kläger seinen Sitz in G. hat. Durch die angegebene URL „www…..de“ wird der erzeugte Eindruck einer Verbindung nicht eingeschränkt oder gar widerlegt. Denn die Anzeige enthält insgesamt drei Ortsangaben: F., G. und H. Infolgedessen ist der durch die Überschrift erweckte Eindruck, die Anzeige stehe in Verbindung zu dem Unternehmen des Klägers, nicht beseitigt.

25
Auch die erforderliche Verwechslungsgefahr liegt vor. Zwar kann die Verwechslungsgefahr beim sog. Keyword-Advertising im Einzelfall ausgeschlossen sein, wenn die Anzeige des Werbenden selbst weder die geschäftliche Bezeichnung des Kennzeicheninhabers noch sonst einen Hinweis auf dessen Unternehmen enthält. Denn anders als bei Meta-Tags, welche unmittelbar das Suchergebnis beeinflussen (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 18. Mai 2006 a.a.O, Rn 15 ff – Impuls), sind die Anzeigen grafisch eindeutig von den Suchergebnissen getrennt. Der durchschnittlich informierte Internetnutzer kann zwischen den Suchergebnissen und bezahlten Anzeigen differenzieren. Anders als bei den Suchergebnissen erwartet er bei der eindeutig als Anzeigen gekennzeichneten Werbung daher nicht ausschließlich Anzeigen von dem Unternehmen, dessen Kennzeichen als Suchbegriff verwendet wurde (BGH, Urteile vom 22. Januar 2009 – I ZR 30/07, GRUR 2009, 500, 502 Rn. 18 – Beta Layout; vom 13. Januar 2011 – I ZR 125/07, GRUR 2011, 828, 830 Rn. 28 – Bananabay II und vom 13. Dezember 2012 – I ZR 217/10, GRUR 2013, 290, 294 Rn. 32 f – MOST-Pralinen). Im Streitfall ist die Anzeige der Beklagten zwar räumlich von den Suchergebnissen abgeteilt, doch enthält die Anzeige die Überschrift „Anzeige zu w. c. t…“. Dies erweckt aus Sicht eines durchschnittlich informierten Internetnutzers gerade den Eindruck, dass die Anzeige eine solche des Klägers ist. Dies ist ein maßgeblicher Unterschied zu den vom Bundesgerichthof entschiedenen Fällen. Dort war lediglich die Überschrift „Anzeigen“ vorhanden.

26
b. Es kann dahinstehen, ob die Überschrift von den Beklagten gewählt oder von Google erstellt wurde. Maßgeblich ist das Verständnis eines durchschnittlichen Internetnutzers. Aus dessen Sicht besteht der Eindruck einer kennzeichenmäßigen Benutzung durch die Beklagten unabhängig davon, wer die Überschrift über der Anzeige platzierte.

27
aa. Die Beklagten können jedoch ungeachtet dieses Eindrucks nicht bereits deshalb als Verletzer im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG angesehen werden, weil die Adword-Kampagne im Ergebnis zu der streitgegenständlichen Anzeige führte (so aber LGU 7). Verletzer einer Unterlassungspflicht ist lediglich derjenige, der durch seine eigene Handlung unmittelbar als Normadressat den objektiven Tatbestand der Verletzungshandlung adäquat kausal verwirklicht (KG GRUR-RR 2007, 68, 70 m.w.N.; Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, § 14 Rn. 383 m.w.N., § 15 Rn. 97). Diese Voraussetzungen wären lediglich erfüllt, wenn die Beklagten tatsächlich das Unternehmenskennzeichen oder einen ähnlichen Begriff als Keyword verwendet hätten. Das Landgericht hat jedoch entsprechende Feststellungen nicht getroffen und hat diese auch nicht treffen können. Die Beklagten haben bestritten, den Begriff „W… C… T…“ oder einen ähnlichen Begriff als Keyword verwendet zu haben, und dazu eine Liste mit verwendeten Keywords vorgelegt (GA 60). Auf dieser Liste ist kein vom Wortlaut her identischer oder ähnlicher Begriff vorhanden.

28
Auch der Umstand, dass die Beklagten die Funktion „weitestgehend passend“ bei der Konfiguration der Suchkriterien ihrer Anzeige wählten, begründet keinen hinreichenden Anhaltspunkt für ihre Täterschaft. Zwar könnte die Täterschaft zu begründen sein, wenn die Funktion ausgenützt würde, um den Kennzeichenschutz durch gezielte Auswahl dem geschützten Begriff lediglich ähnlicher Keywords zu unterlaufen; so beispielsweise, wenn sie – wie vom Kläger vorgetragen – den Begriff „W… C… T…k anstelle von „W… C… T…c“ als Keyword verwenden hätten. Auch dies ist jedoch nicht feststellbar. Es ist nach den vom Senat zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts vielmehr nicht auszuschließen, dass die Anzeige auf einen von Google verwendeten Algorithmus zurückzuführen ist, ohne dass dies von den Beklagten bezweckt war oder von ihnen hätte vorhergesehen werden können. Die Verwendung von Keywords, die mit der geschäftlichen Bezeichnung eines Dritten weder identisch noch derart ähnlich sind, dass der Werbende damit rechnen muss, dass der Algorithmus eine Verbindung zu dem fremden Kennzeichen herstellt, kann jedoch nicht als adäquat kausale Verletzungshandlung qualifiziert werden, wenn nicht feststellbar ist, dass dem Werbenden ein zugrundeliegender Suchalgorithmus von Google bekannt ist und er diese Kenntnis gezielt einsetzt. Vor diesem Hintergrund ist weder dem von dem Kläger angebotenen Sachverständigenbeweis noch der Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage von Google gemäß § 377 Abs. 3 ZPO (GA 20) bezüglich der Verantwortlichkeit der Beklagten für die Einblendung ihrer Anzeige nach Eingabe von „W… C… T…“ im Suchfeld von Google (GA 15) nachzugehen.

29
bb. Die Beklagten sind als Störer von der Klägerin in Anspruch zu nehmen. Die Beklagten haben nämlich trotz des Hinweises des Klägers im Dezember 2013, dass die Anzeige der Beklagten bei Eingabe des klägerischen Unternehmenskennzeichens erscheine, den Begriff „W… C… T…“ erst am 26. Februar 2014 auf die sog. Blacklist setzen lassen.

30
Anders als im Bereich des UWG, in dem das Rechtsinstitut der Störerhaftung vom Bundesgerichtshof aufgegeben worden ist (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010 – I ZR 139/08, GRUR 2011,152,156 Rn. 48 – Kinderhochstühle im Internet), ist für das Markenrecht an diesem Rechtsinstitut festzuhalten. Das deutsche Recht ist durch Art. 11 S. 3 Durchsetzungsrichtlinie (RL 2004/48/EG; ABl. EU Nr. L 195 S. 16) gehalten, eine Unterlassungshaftung sogenannter Mittelspersonen vorzusehen, deren Dienste von einem Dritten zum Zwecke der Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden. Dieser Vorgabe wird im deutschen Recht gerade durch die Anerkennung der Störerhaftung auch im Markenrecht entsprochen (BGH, Urteil vom 19. April 2007 – I ZR 35/04, GRUR 2007, 708, 711 Rn. 37 – Internet-Versteigerung II; Hacker, a.a.O. § 14 Rn. 396 m.W.N.). Dementsprechend hat die Bundesregierung im Entwurf des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums insoweit keine Notwendigkeit gesehen, Art. 11 S. 3 der Durchsetzungsrichtlinie im deutschen Recht ausdrücklich umzusetzen (BR-Dr 64/07, S. 70, 75). Bereits in seinem Urteil „Internet-Versteigerung I“ hat der Bundesgerichtshof für das Markenrecht explizit klargestellt, dass am Rechtsinstitut der Störerhaftung festzuhalten ist (BGH, Urteil vom 11. März 2004 – I ZR 304/01, GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung I). Dies hat der Bundesgerichtshof auch in der Folge mehrfach unterstrichen (BGH, Urteile vom 19. April 2007, a.a.O. Rn. 40; vom 30. April 2008 – I ZR 73/05, GRUR 2008, 702, 706 – Internet-Versteigerung III; vom 7. Oktober 2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009, 1167, 1171 Rn. 30 – Partnerprogramm; vom 16. Mai 2013 – I ZR 216/11, GRUR 2013, 1229, 1231 Rn. 34 – Kinderhochstühle im Internet II; Hacker aaO m.div.w.N. in Fn. 1028). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

31
Die Beklagten haben die geschäftliche Bezeichnung des Klägers „W… C. T…“ jedenfalls in dem Moment kennzeichenmäßig verwendet, als sie in Kenntnis des Umstandes, dass bei Eingabe des Suchbegriffs „W. C… T…“ ihre Anzeige erschienen und hierdurch die Rechte des Klägers verletzt wurden, nicht eingeschritten sind. Als Störer haftet derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt und ihm zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat (siehe nur BGH, Urteil vom 19. April 2007, aaO Rn. 40 – Internet-Versteigerung II).

32
Nach dem Hinweis des Klägers konnten die Beklagten den durch ihre Adword-Kampagne bewirkten objektiven Verstoß gegen § 15 Abs. 2 MarkenG ohne weiteres erkennen. Es war den Beklagten auch ohne weiteres zumutbar, den Vorwurf zu überprüfen und abzustellen. Ein nennenswerter Aufwand war mit der Prüfung und der Aufnahme des Unternehmenskennzeichens des Klägers in die Blacklist nicht verbunden. Hierzu war lediglich das Unternehmenskennzeichen in das Google-Suchfenster einzugeben, um festzustellen, dass die Anzeige der Beklagten angezeigt wurde. Selbst wenn den Beklagten persönlich nicht bekannt gewesen sein sollte, wie dieser Suchbegriff in die Blacklist eingetragen werden konnte, war es ihnen unschwer möglich, den entsprechenden Eintrag durch den von ihnen ohnehin bereits eingeschalteten Dienstleister T. zu veranlassen.

33
Die Störereigenschaft ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Beklagten sich bei ihrem IT-Dienstleister erkundigt haben, ob sie ein identisches oder ähnliches Keyword genutzt haben und dies verneint wurde. Denn die Verletzung des § 15 Abs. 2 MarkenG beruht bereits maßgeblich auf der konkreten Ausgestaltung der Anzeige und nicht auf der Verwendung eines bestimmten Keywords. Ob die Verletzung des Unternehmenskennzeichens von den Beklagten bezweckt oder vorhersehbar war, ist im Falle der Haftung als Störer unerheblich.

34
c. Die aufgrund des erstmaligen Verstoßes zu vermutende Wiederholungsgefahr ist von den Beklagten nicht widerlegt worden. Sie ist insbesondere nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Beklagten mittlerweile die geschäftliche Bezeichnung des Klägers auf die sog. Blacklist haben setzen lassen. Sie sehen sich nicht dazu verpflichtet und wollen nur aus „good will“ gehandelt haben (GA 57). Eine strafbewährte Unterlassungserklärung, welche die Wiederholungsgefahr beseitigen hätte, haben die Beklagten nicht abgegeben.

35
2. Dem Klägers steht der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 865,- € wegen der Abmahnung vom 12. Februar 2014 aus §§ 683 S. 1, 677, 670 BGB zu.

36
3. Nach der einseitigen Erledigungserklärung des Klägers bezüglich des geltend gemachten Auskunftsanspruchs ist nicht festzustellen, dass die Klage auch insoweit ursprünglich zulässig und begründet war. Entgegen der Auffassung des Landgerichts bestand der auf § 242 BGB gestützte Auskunftsanspruch des Klägers nicht. Aus § 242 BGB folgt zwar ein allgemeiner Auskunftsanspruch in den Fällen, in denen der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Anspruchs im Unklaren ist, wenn der Verpflichtete unschwer Aufklärung geben kann. Diese Voraussetzungen liegen jedoch hinsichtlich der Dauer der Keyword-Kampagne nicht vor. Die Beklagten haben weder als Täter noch als Teilnehmer das Unternehmenskennzeichen des Klägers markenrechtswidrig verwendet. Der Unterlassungsanspruch besteht lediglich unter dem Gesichtspunkt der Störerhaftung, sodass eine Haftung der Beklagten nicht ab Beginn der Keyword-Kampagne, sondern erst ab dem Zeitpunkt besteht, an dem sie Kenntnis von der Kennzeichenrechtsverletzung erlangt haben, mithin ab dem Hinweis des Klägers auf die Verletzung seines Kennzeichenrechts. Dieser Zeitpunkt ist dem Kläger jedoch bekannt, so dass er keiner weitergehenden Auskunft durch die Beklagten bedarf.

37
4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, 713 ZPO. Soweit die Berufung zurückgewiesen wurde, war auszusprechen, dass das angefochtene Urteil insoweit ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar ist (vgl. MüKoZPO/Götz, 5. Auflage, § 708 Rn. 18).

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