OLG Frankfurt, Urteil vom 17. Januar 2019 – 16 W 54/18
1. Innerhalb des engsten Familienkreises besteht ein ehrschutzfreier Raum, der es ermöglicht, sich frei anzusprechen, ohne gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen.(Rn.21)
2. Behauptet die Schwiegermutter gegenüber ihrer Schwester und Tochter, dass ihr Schwiegersohn seine Familienmitglieder misshandle, hat letzterer keinen Anspruch auf Unterlassung.(Rn.23)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Beschluss des Landgerichts Stadt1 – einstweilige Verfügung – vom XX.XX.2018 – Az. … – wird zurückgewiesen.
Der Verfügungskläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf € 19.000,– festgesetzt.
Gründe
I.
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Der Verfügungskläger (nachfolgend Kläger) begehrt den Erlass einer einstweiligen Verfügung – gerichtet auf Unterlassung der Behauptung und/oder Verbreitung einer Vielzahl von Äußerungen, die die Verfügungsbeklagte (nachfolgend Beklagte) in dem als Anlage ASt. 1 vorgelegten „Protokoll zu Misshandlungen“ aufgestellt hatte, das sie als Anlage in einer an ihre Schwester gerichteten Whatsapp am XX.XX.2018 mit der Bitte um Weiterleitung an die gemeinsame Mutter übermittelt hatte.
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Der Kläger ist mit der Tochter der Beklagten verheiratet, mit welcher er zwei gemeinsame Kinder (A – … Jahre und B – … Jahre) hat. Anfang des Jahres 2016 kam es zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau wegen einer außerehelichen Affäre des Klägers zu einem heftigen Ehestreit. Nach Darstellung des Klägers habe der gemeinsame Sohn aufgrund des Streits seiner Eltern angefangen, zu weinen. Da er trotz entsprechender Aufforderung nicht in sein Zimmer habe gehen wollen, habe er ihn dorthin gebracht, wobei er den Jungen infolge seiner eigenen emotionalen Ausnahmesituation am Nacken/Halsbereich gefasst und ihn von hinten gedrückt („geschupst“) habe, damit er ein wenig schneller laufe. Anschließend verließ der Kläger das Haus und seine Ehefrau nahm ein Video ihres weinenden Sohnes auf. Dieses zeigt den weinenden Jungen, der mit beiden Händen seinen Hals umfasst und auf Nachfrage seiner Mutter, was denn passiert sei, sagt, der Papa habe ihn geschupst. Auf die weitere Frage seiner Mutter: „Der Papa macht das öfters, gell?“, nickt der Junge (Anlage ASt. 4). Laut Kläger habe seine Ehefrau das Video ausschließlich deshalb gefertigt, um in einem möglichen Rechtsstreit wegen des Sorgerechts für die gemeinsamen Kinder ein mögliches Druckmittel gegen ihn zu haben. Im Anschluss gab diese das Video der Beklagten (ihrer Mutter), welche es aufbewahren und für einen etwaigen Sorgerechtsstreit sichern sollte. Wenige Wochen später kam es zwischen dem Kläger und seiner Ehefrau zur Versöhnung. Keine der beiden Seiten stellte einen Scheidungsantrag und das Ehepaar ist noch heute verheiratet.
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Am 13.9.2018 stellte die Beklagte bei der Kriminalpolizei Stadt2 Strafanzeige gegen den Kläger wegen Kindesmisshandlung. Außerdem gab sie dort an, dass der Kläger seine Ehefrau und die gemeinsamen Kinder bedrohe, und legte zur Bekräftigung ihrer Aussage das hier als Anlage ASt. 1 vorgelegte Schreiben sowie das streitgegenständliche Video vor. In der Folgezeit suchte die Beklagte das Jugendamt auf und erklärt auch dort unter Vorlage des Schreibens und Videos, dass der Kläger seine Kinder misshandele.
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Am XX.XX.2018 versandte die Beklagte per Whatsapp an ihre Schwester, Frau C, eine Whatsapp mit folgendem Wortlaut: „Hallo C, bevor du mich vorverurteilst schicke ich dir das Video und einen Bericht! Jahrelang habe ich den Mund gehalten, aber ich kann nicht mehr zu sehen, seit Jahren! Nur Terror und nach außen die Superfamilie (…)“. Zusammen mit der Nachricht wurde Frau C das als Anlage ASt. 1 vorgelegte „Protokoll zu Misshandlungen“ und das als Anlage ASt. 4 vorgelegte Video übermittelt. In dem Protokoll werden einzelne Vorfälle dokumentiert, in denen es zu psychischer und psychischer Gewalt des Klägers gegen seine Ehefrau und seine Kinder gekommen sein soll. Am selben Tag übersandte die Beklagte ihrer Schwester eine Sprachnachricht. Darin heißt es unter anderem: „Ich halte dich da raus (…). Ich habe mit Mutti telefoniert, dass du ihr das mal zeigst und diesen Bericht gibst. Mehr will ich nicht (…). Ich ziehe das alleine durch. Ich habe Zeugen dazu und alle sowas“ (Anlage ASt. 6).
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Mit Beschluss vom XX.XX.2018, auf den wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht den Verfügungsantrag des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe einen Verfügungsgrund nicht glaubhaft machen können. Den Vortrag des Klägers als wahr unterstellt, dass die Beklagte das als Anlage ASt. 1 beigefügte Schreiben nebst Video bereits an Dritte mit der Bitte um Weiterleitung weitergegeben habe, begründe dieser keine besondere Dringlichkeit. Es sei nicht erkennbar, dass von der Beklagten unmittelbar die Gefahr einer weiteren Rechtsverletzung ausgehe, die eine gerichtliche Unterlassungsverfügung rechtfertige. Vielmehr sei nach dem klägerischen Vortrag die Rechtsverletzung durch die Beklagte bereits eingetreten. Ebenso wenig sei erkennbar, dass die weiteren Schritte, die die Beklagte in ihrer Sprachnachricht angekündigt habe, diejenigen seien, deren Unterlassung ihr nach dem Antrag des Klägers auferlegt werden sollen. Die Ankündigung, etwas „durchziehen“ zu wollen, stehe nicht in einem erkennbaren Zusammenhang mit der begehrten Unterlassung ehrverletzender Äußerungen über den Kläger.
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Mit der sofortigen Beschwerde verfolgt der Kläger seinen Eilantrag weiter. Rechtsfehlerhaft habe das Landgericht trotz einer bestehenden Wiederholungsgefahr eine Dringlichkeit und damit einen Verfügungsgrund verneint.
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Der Kläger beantragt,
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auf die sofortige Beschwerde den Beschluss des Landgerichts Stadt1 vom XX.XX.2018 – Az. … – abzuändern und im Wege einer einstweiligen Verfügung anzuordnen:
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der Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festgesetzten Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu untersagen, in Bezug auf den Kläger ausdrücklich oder sinngemäß zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,
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(Von der Darstellung wird abgesehen – die Red.)
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Die Beklagte beantragt,
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die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
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Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Entgegen der Darstellung des Klägers entsprächen die Darstellungen in ihrem Protokoll der Wahrheit. Neben dem Video habe ihre Tochter ferner weitere Fotos gefertigt, welche eine Rötung am vorderen Halsbereich ihres Sohnes zeigten (vgl. Anlage AG 2), und ihr zur sicheren Aufbewahrung übermittelt. Ab dem Jahr 2017 habe sich die Situation nach Aussage ihrer Tochter wieder zugespitzt, weshalb sie, die Beklagte, für sich Aufzeichnungen über entsprechende Vorfälle angefertigt habe. Anlässlich eines gemeinsamen Festspielbesuchs am XX.XX.2018 habe ihre Tochter u.a. von den im Protokoll festgehaltenen Vorkommnissen vom XX.XX.2018 und den Ereignissen im Land1urlaub vom XX.XX. bis XX.XX.2018 berichtet.
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Sie habe ursprünglich mit ihrer Schwester und Mutter gemeinsam einen Versuch erörtern worden, Einfluss auf die Situation des Enkels zu nehmen. Zu keiner Zeit sei von ihr beabsichtigt gewesen, die Videoaufnahme oder das Protokoll an weitere Personen, insbesondere Dritte weiterzuleiten, zumal die Behörden zwischenzeitlich über die Vorfälle informiert worden seien. Es habe für sie keinerlei Anzeichen gegeben, dass die über Jahre von ihrer Tochter geschilderten Vorkommnisse in Bezug auf ihre häuslichen Verhältnisse nicht der Wahrheit entsprächen. Vielmehr seien diese durch das Video sowie eigene Beobachtungen untermauert worden. Auch Dritte hätten Beobachtungen gemacht, die für ein gestörtes Verhältnis und Gewalt zwischen dem Kläger und seinen Sohn sprächen.
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Hinsichtlich der Anträge lit. a – k und o sei bereits fraglich, ob sie die richtige Antragsgegnerin sei, zumal die wiedergegebenen Darstellungen von ihrer Tochter stammten. Ein Unterlassungsanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 187 StGB scheide aus, da sie nicht wider besseres Wissen gehandelt habe. Darüber hinaus liege kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers vor, jedenfalls fehle es an der Rechtswidrigkeit. Die Weiterleitung des Protokolls nebst Videos an Polizei und Jugendamt sei durch die Wahrnehmung berechtigter Interessen nach § 193 StGB im Hinblick auf die Wahrung der Rechtsordnung sowie der Rechtsgüter ihres Enkels gerechtfertigt. Ebenso wenig stelle sich die Weiterleitung des Protokolls und Videos an ihre Schwester mit der Bitte um Weiterleitung an ihre gemeinsame Mutter als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar. Die Anspruchsnormen seien im Rahmen vertraulicher, vermeintlich beleidigender Äußerungen im engsten Familienkreis über nicht anwesende Dritte teleologisch zu reduzieren. Mangels eines rechtswidrigen Eingriffs könne bereits keine Wiederholungsgefahr vorliegen.
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In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben beide Parteien übereinstimmend erklärt, dass die Beklagte das Protokoll gemäß Anlage ASt. 1 sowie das Video auch an ihre Cousine, Frau G, weitergeleitet habe.
II.
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Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 569 ZPO).
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In der Sache hat sie keinen Erfolg.
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1. Wie die Beschwerde allerdings mit zutreffender Begründung rügt, hat das Landgericht den Verfügungsgrund (Dringlichkeit) i.S. der §§ 935, 922 ZPO zu Unrecht verneint.
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2. Dem Kläger steht aber hinsichtlich der mit dem Eilantrag verfolgten Äußerungen ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. §§ 185 ff StGB, Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 Abs. 1 GG gegen die Beklagte nicht zu.
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Auch wenn diese Äußerungen für den Kläger ehrenrührig sein mögen, sind sie nicht als rechtswidrig zu erachten. Hierbei handelt es sich um sog. privilegierte Äußerungen. Denn unstreitig hat die Beklagte das als Anlage ASt.1 vorgelegte Protokoll mit den streitgegenständlichen Äußerungen als Anlage zu einer Whatsapp neben ihrer Schwester mit der Bitte um Weiterleitung an ihre gemeinsame Mutter allein ihrer Cousine übermittelt. Die darin enthaltenen vom Kläger beanstandeten Äußerungen sind damit im ehrschutzfreien Raum gefallen und deshalb nicht rechtswidrig.
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a. Die Rechtsprechung leitet aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG ab, dass es einen Bereich vertraulicher Kommunikation innerhalb besonders ausgestalteter Vertrauensbeziehungen gibt, wozu insbesondere der engste Familienkreis gehört, indem Ehrenschutz vorgeht („beleidigungsfreie Sphäre“). Damit soll jedem ein persönlicher Freiraum gewährt werden, in dem er unbeobachtet sich selbst überlassen ist und sich mit seinen engsten Verwandten ohne Rücksicht auf gesellschaftliche Verhaltenserwartungen frei aussprechen und seine Emotionen frei ausdrücken, geheime Wünsche oder Ängste offenbaren und das eigene Urteil über Verhältnisse oder Personen freimütig kundgeben kann, ohne eine gerichtliche Verfolgung befürchten zu müssen. Das gilt sowohl für die Sache wie für die Form der Darstellung. In einem solchen Gespräch im engsten Familienkreis kann der Äußernden regelmäßig darauf vertrauen, dass die Vertraulichkeit des Gesprächs gewahrt bleibe. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts eigentlich nicht schutzwürdig wären, genießen in solchen privaten Vertraulichkeitsbeziehungen verfassungsrechtlichen Schutz, welcher dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht. Der innere Grund hierfür ist der durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährte besondere Schutz von Vertrauensverhältnissen, wobei bei Äußerungen innerhalb der Familie das Grundrecht aus Art. 6 Abs. 1 GG diesen Schutz noch verstärkt [vgl. BGH Urt. v. 20.12.1983 – VI ZR 94/82 – Rn. 21 – 25 m.w.N.; OLG Düsseldorf Urt. v. 14.10.1992 – 15 U 113/91 – Rn. 6; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 10 Rn. 27; Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl., § 15 Rn. 22; Klass in Erman, BGB, 15. Aufl., Anhang zu § 12].
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b. In diesem dem Ehrenschutz entzogenen Freiraum sind die in Rede stehenden Beschuldigungen erfolgt. Nach Art der bestehenden persönlichen Beziehungen zwischen der Beklagten zu ihrer Mutter sowie Schwester und Cousine, mit welcher sie ihrer unwidersprochenen gebliebenen Darstellung zufolge einen sehr engen und guten Kontakt unterhält, erscheint ein Bedürfnis gerechtfertigt, sich über den Kläger frei auszusprechen. Dass die Äußerungen hierbei nicht (fern)mündlich geäußert wurden, sondern als elektronisches Dokument als Anlage zu einer Whatsapp-Nachricht, ist rechtlich ohne Relevanz. Entscheidend ist, dass diese von der Beklagten allein innerhalb des dem Ehrenschutz entzogenen Freiraums aufgestellt wurden und nicht anzunehmen ist, dass ein außenstehender Dritter von dieser Whatsapp Kenntnis nimmt [vgl. OLG Naumburg Urt. v. 20.9.2012 – 9 U 59/12 – Rn. 12].
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aa. Dahingestellt bleiben kann, ob die Privilegierung dann nicht eingreift, wenn nach der Zielsetzung des Gesprächs oder aufgrund eines angespannten persönlichen Verhältnisses eine berechtigte Vertraulichkeitserwartung fehlt [so OLG Koblenz Urt. v. 24.4.2008 – 6 U 81/08 – bei einem Gespräch zwischen (Groß)Mutter und Tochter wegen der Aufklärung der auf sexuellen Missbrauch der Enkelin gerichteten Vorwürfe gegenüber dem Schwiegersohn: In diesem Fall soll nur eine Rechtfertigung nach § 193 StGB in Betracht kommen]. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte nicht von der Wahrung der Vertraulichkeit des Gesprächs gegenüber ihrem betroffenen Schwiegersohn und Vater ihres Enkels ausgehen konnte, sind nicht dargetan. Im Übrigen wäre der betroffene Kläger ebenso dem engsten Familienkreis zuzurechnen. Ebenso wenig bestand von vornherein Anlass zu der Annahme, der Gesprächsinhalt werde seitens der familiären Gesprächspartner aus dem engsten Familienkreis hinausgetragen.
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bb. Dass die Beklagte sich zu irgendeinem anderen Zeitpunkt gegenüber Dritten innerhalb oder außerhalb der Familie über die vermuteten körperlichen Misshandlungen und Bedrohungen ihrer Enkel und Tochter durch den Kläger geäußert habe, hat auch der Kläger nicht dargelegt. Eine solche Absicht lässt sich auch nicht der Äußerung der Beklagten gegenüber ihrer Schwester in der Sprachnachricht entnehmen, sie ziehe das allein durch und habe Zeugen dazu und „alle so was“. Denn aus der nachfolgenden Aussage der Beklagten, sie könne nicht mehr, sie wolle nicht warten, bis der I den A umgebracht habe, es sei wirklich so krass so wie es da drin stehe, geht hervor, dass sie hiermit die von ihr bereits eingeleiteten behördlichen Anzeigen meint. Gleiches gilt, soweit – wie von dem Kläger durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung seiner Ehefrau glaubhaft gemacht – die Beklagte, als sie am 3.1.2018 von ihrer Tochter zur Rede gestellt worden sei, mitgeteilt habe, weiterhin der Auffassung zu sein, dass der Kläger seine Kinder misshandele und seine Ehefrau terrorisiere. und sie Zeugen für ihre Behauptung habe. Darüber hinaus hat die Beklagte auch durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, zu keiner Zeit die Absicht gehabt zu haben, die Videoaufnahme oder das Protokoll an weitere Personen, insbesondere Dritte weiterzuleiten, und dies plausibel damit begründet, dass ja die Behörden zwischenzeitlich über die Vorfälle informiert worden seien. Damit fehlt es bereits an einer entsprechenden Erstbegehungsgefahr, dass die Beklagte die in Rede stehenden Äußerungen über den Kläger auch außerhalb der Familie aufstellen oder verbreiten werde.
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3. Zu Recht hat der Kläger sein Unterlassungsbegehren nicht darauf gestützt, dass die Beklagte das von ihr gefertigte Protokoll mit den beanstandeten Äußerungen auch an die Kriminalpolizei in Stadt2 und das Jugendamt weitergeleitet hat. Denn diese dienten der Beklagten zur Abwehr von Rechtsangriffen auf ihren Enkel, dessen körperliche Unversehrtheit sie ernsthaft durch den Kläger gefährdet sah, und damit der Wahrnehmung berechtigter Interessen i.S. des § 193 StGB. Sie können daher nicht zum Gegenstand einer Unterlassungsforderung gemacht werden, da dafür das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
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a. Nach Auffassung des BGH ist es mit dem Recht auf wirkungsvollen gerichtlichen Rechtsschutz sowie auf rechtliches Gehör unvereinbar, wenn rechtliche Äußerungen in einem Prozess oder die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Rechte und Pflichten in einem Strafverfahren aus Gründen des Ehrenschutzes zu straf- oder zivilrechtlichen Nachteilen führten, weil sich eine Behauptung später im Prozess oder nach behördlicher Prüfung als unrichtig oder unaufklärbar erweist. Auf den Ablauf eines rechtsstaatlich geordneten Verfahrens soll nicht dadurch Einfluss genommen oder seinem Ergebnis dadurch vorgegriffen werden, dass ein am Verfahren Beteiligter durch drohende Unterlassungsansprüche in seiner Äußerungsfreiheit beschränkt wird. Ob das Vorbringen wahr und erheblich ist, soll allein in dem jeweiligen Verfahren geklärt werden [vgl. BVerfG Beschl. v. 25.9.2006 – 1 BvR 1898703 – Rn. 11 ff; BGH Urt. v. 11.12.2007 – VI ZR 14/07 – Rn. 12 f; Urt. v. 28.2.2012 – VI ZR 79/11 – Rn. 7 f]. Allein der Umstand, dass in einem Verfahren Behauptungen leichtfertig aufgestellt werden, führt nicht schon zum Verlust der Privilegierung. Wenn der Begriff der Leichtfertigkeit bereits bei Äußerungen gegenüber der Allgemeinheit nicht über Gebühr ausgedehnt werden darf [BVerfG Beschl. v. 16.3.1999 – 1 BvR 734/98 – Rn. 30 ff], gilt dies in besonderem Maße im Hinblick auf Äußerungen in einem Verfahren. Auch leichtfertig aufgestellte Behauptungen sind zulässig, jedenfalls soweit die Unhaltbarkeit der Äußerung weder auf der Hand liegt noch sich ihre Mitteilung als missbräuchlich darstellt [BVerfG Beschl. v. 28.3.2000 – 2 BvR 1392/96 – Rn. 20; Beschl. v. 2.7.2013 – 1 BvR 1751/12 – Rn. 20; Burkhardt aaO., Kap. 10 Rn. 33].
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b. Diese für Äußerungen im Prozess entwickelten Richtlinien gelten grds. auch für Äußerungen, die gegenüber einer zur Amtsverschwiegenheit verpflichteten Behörde mit dem Ziel gemacht werden, diese zur Überprüfung eines bestimmten Verhaltens zu veranlassen, insbesondere für Äußerungen gegenüber Strafverfolgungsbehörden [Burkhardt aaO., Kap. 10 Rn. 29, 36 f; Soehring/Hoene aaO., § 15 Rn. 22; OLG Karlsruhe Urt. v. 9.6.2006 -14 U 9/06 – Rn. 17; OLG Hamm Urt. v. 15.5.1995 – 13 U 16/95 – Rn. 21]. Niemand kann daran gehindert werden, angebliche Missstände den Stellen aufzuzeigen, die zur Überprüfung und ggf. Abhilfe mit einem Anspruch auf rechtsverbindliche Entscheidung berufen sind. In diesem Fall scheidet eine Ehrschutzklage aus.
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c. Den Äußerungen der Beklagten fehlt es auch nicht am Sachbezug mit ihrem Anliegen, ihrem Verdacht auf körperliche Misshandlung ihres Enkels sowie der Bedrohung ihrer Tochter durch den Kläger nachzugehen. Als Erstatter einer Strafanzeige traf die Beklagte auch keine eigene Informationspflicht. Vielmehr ist es Aufgabe der informierten Behörden, den Verdachtsmomenten nachzugehen und sie aufzuklären. Daher sind – selbst ohne Bezug des Anzeigenden zum unterbreiteten Sachverhalt – Strafanzeigen grds. eine Wahrnehmung berechtigter Interessen, es sei denn, dass der Täter den zuständigen Behörden Tatsachen entgegen eigenen Zweifeln als gewiss präsentiert [vgl. Valerius in BeckOK StGB, § 193 Rn. 18 m.w.N.]. Dass die Äußerungen durch die Beklagte hier bewusst und wissentlich wahrheitswidrig aufgestellt wurden oder ihre Unhaltbarkeit auf der Hand liegt, kann im Hinblick auf das Video und ihre durch Vorlage ihrer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemachten Erzählungen ihrer Tochter insbesondere vom XX.XX.2018 sowie ihren eigenen Beobachtungen, wie in dem Protokoll festgehalten, nicht angenommen werden.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
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Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 53 Abs. 1 Nr. 1 GKG, § 3 ZPO.