BGH, Urteil vom 04. Juni 2019 – VI ZR 440/18
Zur Entkräftung der bei einer Persönlichkeitsrechtsverletzung bestehenden Vermutung der Wiederholungsgefahr durch die gegenüber einem Dritten abgegebene strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung und weitere besondere Umstände (hier: Persönlichkeitsrechtsverletzung durch Presseberichterstattung auf Grund redaktionellen Versehens; Fortführung Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142). (Rn.23)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin vom 2. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten für eine Abmahnung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung in Anspruch.
2
Am 27. August 2015 veröffentlichte die Beklagte auf einer von ihr betriebenen Internetseite einen Artikel mit folgendem Inhalt:
„Platz 8 für [Klägerin]!
Aber [Klägerin] wird auch in der Luft geküsst
[Aufnahme der Klägerin]
Stolz zeigt [Klägerin] ihr Kussmund-Tattoo auf dem linken Unterarm
[…]
An einer Medaille flog sie vorbei, aber [Klägerin] ist auch glücklich mit Platz 8 […] bei […].
Und [Klägerin] hat auch ein ganz besonderes Fluggefühl, denn sie wird selbst in der Luft von ihrer Frau Steffi geküsst. Die [Klägerin] verrät: `Ich habe mir ihren Kussmund tätowieren lassen.` Der glänzt jetzt auf der Innenseite ihres linken Handgelenks. Seit dem 30. April ist sie mit Steffi verheiratet.
[Aufnahme der Klägerin und einer weiteren Person]
Hochzeitsfoto: Hier strahlen [Klägerin] (r.) und N. M.
[…]
[Klägerin]: `Das hat mich noch mal richtig für die Saison gepusht. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab sie gesehen und es hat gleich geknallt.` Das war vor zwei Jahren in […], als sie die Diskuswerferin und WM-Dritte N. M. […] besuchte.
[Klägerin]: `Steffi hat gleich ihren Job gekündigt und ist zu mir gezogen.` Jetzt leben beide in […]. Sie hat auch kein Problem damit, öffentlich zu sagen, dass sie eine Frau liebt: `Ich hatte davor zwei feste Freundinnen, da habe ich es nicht öffentlich gemacht. Aber jetzt passt es einfach, warum soll ich es verheimlichen? Ich bin doch nicht krank und sie auch nicht.`
[Aufnahme der Klägerin und einer weiteren Person]
[Klägerin] (l.) heiratet ihre N.
[…]
Deshalb kam [es] auch schnell zur Hochzeit: `Nach einem Jahr habe ich ihr gleich einen Heiratsantrag gemacht. Ganz romantisch, beim Baden im See beim Sonnenuntergang. Wir haben uns geküsst und dann habe ich sie gefragt. Zum Glück hat sie Ja gesagt.`
[Aufnahme der Klägerin]
[Klägerin] bei der Arbeit
[…]
Für die Hochzeit musste [Klägerin] noch Opfer bringen: `Mein Vater hat gesagt, er führt mich nur ins Standesamt, wenn ich ein Kleid trage. Ich trage sonst nie Kleider.` Aber so wurde ganz in Weiß geheiratet.“
3
Die Klägerin ist mit der in dem Artikel erwähnten „Steffi“ verheiratet und mit dieser auf den Aufnahmen mit den Bildunterschriften „Hochzeitsfoto: Hier strahlen [Klägerin] (r.) und N. M.“ sowie „[Klägerin] (l.) heiratet ihre N.“ abgebildet.
4
Gegenüber N. M. verpflichtete sich die Beklagte durch Schreiben an deren Rechtsanwalt vom 28. und vom 31. August 2015 zur strafbewehrten Unterlassung der Verbreitung und Veröffentlichung der Fotos mit den Bildunterschriften „Hochzeitsfoto: Hier strahlen [Klägerin] (r.) und N. M.“ und „[Klägerin] heiratet ihre N.“ sowie der Verbreitung und Behauptung „[Klägerin]: `Das hat mich noch mal richtig für die Saison gepusht. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab sie gesehen und es hat gleich geknallt.` Das war vor zwei Jahren in […], als sie die Diskuswerferin und WM-Dritte N. M. […] besuchte.“ Am 4. September 2015 veröffentlichte die Beklagte auf der von ihr betriebenen Internetseite eine Gegendarstellung der N. M.
5
Derselbe Rechtsanwalt richtete als Bevollmächtigter der Klägerin ein Schreiben vom 7. September 2015 an die Beklagte, in dem er ausführte:
„Über www.[…].de verbreiten Sie einen Artikel vom 27.08.2015 mit der Überschrift ‘Aber [Klägerin] wird auch in der Luft geküsst‘. Dort heißt es, unsere Mandantin sei mit der Diskuswerferin N. M. verheiratet. In zwei Bildunterschriften zu Hochzeitsfotos heißt es, dort seien Frau M. und unsere Mandantin abgebildet. All dies ist falsch. Unsere Mandantin ist nicht mit Frau M. verheiratet und Frau M. ist auch nicht die Frau, die auf den beiden Hochzeitsfotos an der Seite unserer Mandantin zu sehen ist.“
6
In dem Schreiben verlangte der Rechtsanwalt von der Beklagten, eine strafbewehrte Erklärung abzugeben, wonach sie die Verbreitung und Veröffentlichung der Fotos mit den Bildunterschriften „Hochzeitsfoto: Hier strahlen [Klägerin] (r.) und N. M.“ und „[Klägerin] (l.) heiratet ihre N.“ sowie die Verbreitung und Behauptung „[Klägerin]: `Das hat mich noch mal richtig für die Saison gepusht. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich hab sie gesehen und es hat gleich geknallt.` Das war vor zwei Jahren in […], als sie die Diskuswerferin und WM-Dritte N. M. […] besuchte.“ unterlässt. Außerdem verlangte er die Erstattung der für die Abmahnung angefallenen Rechtsanwaltsgebühren. Mit Schreiben vom 10. September 2015 gab die Beklagte die verlangte Unterlassungserklärung ab und verwahrte sich gegen die Kostenlast.
7
Die Klägerin fordert von der Beklagten die Erstattung der ihr entstandenen Rechtsanwaltskosten. Sie behauptet, den Rechtsanwalt bereits am 3. September 2015 mit der Überprüfung der Durchsetzbarkeit presserechtlicher Ansprüche wegen der Berichterstattung mandatiert zu haben. Er sei folglich bereits vor der Gegendarstellung gebührenpflichtig für die Klägerin tätig geworden. Das Amtsgericht hat die Beklagte zur Zahlung verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
Entscheidungsgründe
A.
8
Nach Auffassung des Berufungsgerichts (AfP 2019, 176) hat die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltsgebühren, die für die vorgerichtliche Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs angefallen sind. Zum Zeitpunkt der vorgerichtlichen Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs mit Anwaltsschreiben vom 7. September 2015 und auch schon zum Zeitpunkt der behaupteten Beauftragung des Rechtsanwalts am 3. September 2015 habe ein solcher mangels Wiederholungsgefahr nicht mehr bestanden. Diese sei durch die von der Beklagten gegenüber N. M. wegen derselben Berichterstattung abgegebene strafbewehrte Unterlassungserklärung vom 28. August 2015 bereits beseitigt gewesen. Ob eine einem Dritten gegenüber abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber einem anderen Unterlassungsgläubiger wirke, sei eine im Wesentlichen tatsächliche Frage. Es sei stets eine Frage des Einzelfalls, ob durch eine allein im Verhältnis zu dem Vertragspartner wirksame Strafverpflichtung die Wiederholungsgefahr entfalle. Ob dies der Fall sei, müsse in umfassender Würdigung aller hierfür in Betracht kommender Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unter Anlegung der gebotenen strengen Maßstäbe geprüft werden. Die Unterlassungsansprüche der Klägerin und von N. M. seien inhaltsgleich. Es gehe allein um die unwahre Tatsachenbehauptung, die Klägerin habe N. M. geheiratet. Diese Behauptung sei gegenüber beiden Betroffenen gleichermaßen unwahr. Es sei keine Berichterstattung denkbar, in der die Beklagte ihre falsche Behauptung wiederholen und nur eine der beiden, die Klägerin einerseits und N. M. andererseits, betroffen sei. Mit Ausnahme der Bezugnahme auf N. M. gleiche die von der Beklagten geforderte Unterlassungserklärung vom 31. August 2015 im Wortlaut vollständig derjenigen, die die Klägerin mit Schreiben vom 7. September 2015 für sich gefordert habe. Kern sämtlicher von der klägerischen Abmahnung erfasster Verletzungen sei die unwahre Tatsache, die Klägerin sei mit N. M. verheiratet. Die Beklagte habe bereits am 7. September 2015 die Verletzungshandlung gegenüber der Klägerin nicht mehr wiederholen können, ohne gegen die Unterlassungserklärung gegenüber N. M. zu verstoßen. N. M. habe ihre Ahndungs- und Verfolgungsbereitschaft aus Sicht der Beklagten hinreichend zum Ausdruck gebracht. N. M. habe eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei, die auch die Klägerin berate, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Die Beklagte habe sich gegenüber N. M. zu einer von dieser festzusetzenden Vertragsstrafe, die im Streitfall der Höhe nach vom Gericht zu überprüfen sei, verpflichtet.
B.
9
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Klägerin der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten nicht zusteht, ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.
10
I. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin durch die Veröffentlichung des Artikels in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) verletzt wurde.
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1. Dem Artikel sind zwar nicht die eindeutigen Aussagen zu entnehmen, dass zwei Aufnahmen die Klägerin neben N. M. abbilden, dass die Klägerin mit N. M. verheiratet ist und wie die Klägerin N. M. zuvor kennenlernte. Allerdings ist der Artikel mehrdeutig und kann auch so verstanden werden.
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a) Die zutreffende Sinndeutung einer Äußerung ist unabdingbare Voraussetzung für die richtige rechtliche Würdigung ihres Aussagegehalts. Sie unterliegt in vollem Umfang der Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Ziel der Deutung ist stets, den objektiven Sinngehalt zu ermitteln. Dabei ist weder die subjektive Absicht des sich Äußernden maßgeblich noch das subjektive Verständnis des Betroffenen, sondern das Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Publikums. Ausgehend vom Wortlaut – der allerdings den Sinn nicht abschließend festlegen kann – und dem allgemeinen Sprachgebrauch sind bei der Deutung der sprachliche Kontext, in dem die umstrittene Äußerung steht, und die Begleitumstände, unter denen sie fällt, zu berücksichtigen, soweit diese für das Publikum erkennbar sind. Zur Erfassung des vollständigen Aussagegehalts muss die beanstandete Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Sie darf nicht aus dem sie betreffenden Kontext herausgelöst einer rein isolierten Betrachtung zugeführt werden (vgl. Senat, Urteile vom 16. Januar 2018 – VI ZR 498/16, MDR 2018, 473 Rn. 20; vom 10. Januar 2017 – VI ZR 562/15, NJW 2017, 1617 Rn. 13; jeweils mwN). Fernliegende Deutungen sind auszuschließen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Januar 2018 – VI ZR 498/16, MDR 2018, 473 Rn. 20; BVerfGE 114, 339, 348; 93, 266, 296). Ist der Sinn unter Zugrundelegung dieses Maßstabs eindeutig, ist er der weiteren Prüfung zu Grunde zu legen. Zeigt sich aber, dass ein unvoreingenommenes und verständiges Publikum die Äußerung als mehrdeutig wahrnimmt, oder verstehen erhebliche Teile des Publikums den Inhalt jeweils unterschiedlich, ist bei der weiteren Prüfung von einem mehrdeutigen Inhalt auszugehen (vgl. BVerfGE 114, 339, 348 f.).
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b) Die Aussage, dass zwei Aufnahmen die Klägerin neben der durch verschiedene persönliche Merkmale (Angabe der ausgeübten Sportart und des bei der Weltmeisterschaft erreichten Rangs sowie des Alters) identifizierbaren N. M. abbilden, dass die Klägerin mit N. M. verheiratet ist und wie die Klägerin N. M. zuvor kennenlernte, ist dem Artikel nicht eindeutig zu entnehmen, weil darin ebenfalls erwähnt wird, dass die Klägerin „von ihrer Frau Steffi geküsst“ wird, „sie mit Steffi verheiratet“ ist sowie „Steffi“ ihren Job gekündigt hat und zu ihr gezogen ist. Die abwechselnde Verwendung der Namen „Steffi“ einerseits sowie „N. M.“ und „N.“ andererseits wirft die Frage auf, wie sie sich zueinander verhalten. Das erschließt sich zwar unmittelbar bei Kenntnis der Umstände, dass die Namensangabe „Steffi“ zutrifft und dass lediglich die Bezeichnungen „N. M.“ und „N.“ in zwei Bildunterschriften auf einem redaktionellen Versehen der Beklagten beruhen. Diese Umstände sind dem durchschnittlich informierten Leser jedoch nicht bekannt. Aus dessen maßgeblicher Sicht kommt die nicht fernliegende Deutung in Betracht, dass nur eine der Namensangaben „Steffi“ oder „N. (M.)“ zutrifft und die jeweils andere fehlerhaft ist. Danach kann der mehrdeutige Artikel zumindest auch so verstanden werden, dass zwei Aufnahmen die Klägerin neben N. M. abbilden, dass die Klägerin mit N. M. verheiratet ist und dass die Klägerin N. M. zuvor wie berichtet kennenlernte.
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2. Durch die Verbreitung der Aussagen mit diesem möglichen Sinngehalt wurde die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt. Denn unwahre Tatsachenbehauptungen über ihre persönlichen Verhältnisse muss sie nicht hinnehmen (vgl. dazu Senat, Urteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 12; vom 11. Dezember 2012 – VI ZR 314/10, NJW 2013, 790 Rn. 12; jeweils mwN).
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II. Die Klägerin kann von der Beklagten die geltend gemachten Kosten für die Abmahnung durch einen Rechtsanwalt nicht als Schadensersatz verlangen.
16
1. Der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch umfasst grundsätzlich auch den Ersatz der durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten (§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB). Allerdings hat der Schädiger nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung und Durchsetzung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. Senat, Urteile vom 9. April 2019 – VI ZR 89/18, juris Rn. 26; vom 3. August 2010 – VI ZR 113/09, NJW 2010, 3037 Rn. 14; vom 27. Juli 2010 – VI ZR 261/09, NJW 2010, 3035 Rn. 12; vom 4. März 2008 – VI ZR 176/07, NJW 2008, 1744 Rn. 5; vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06, NJW-RR 2008, 656 juris Rn. 13, auch zu einem möglichen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag; jeweils mwN). Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist und die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung) zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich war (vgl. Senat, Urteile vom 9. April 2019 – VI ZR 89/18, juris Rn. 26; vom 22. Januar 2019 – VI ZR 402/17, NJW 2019, 1522 Rn. 11; vom 19. Oktober 2010 – VI ZR 237/09, NJW 2011, 155 Rn. 15; vom 26. Mai 2009 – VI ZR 174/08, NJW-RR 2010, 428 Rn. 20; vom 4. Dezember 2007 – VI ZR 277/06, NJW-RR 2008, 656 Rn. 17).
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2. Nach diesen Grundsätzen macht die Klägerin keinen ersatzfähigen Schaden geltend. Die Abmahnung war zur Durchsetzung der Rechte der Klägerin nicht erforderlich.
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a) Entgegen der Auffassung der Revision war die Wiederholungsgefahr durch die Unterwerfungserklärung gegenüber N. M. entfallen, sodass der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht mehr besteht.
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aa) Zwar besteht ein Unterlassungsanspruch grundsätzlich auch dann, wenn bei einer mehrdeutigen Äußerung eine nicht entfernt liegende Deutungsvariante zu einer Persönlichkeitsrechtsverletzung führt (vgl. BVerfGE 114, 339, 349 f.; BVerfGK 18, 33, 39; 13, 97, 103 f.; 8, 107, 113; 8, 89, 103 f.).
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Weiter wird die für den Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr aufgrund der erfolgten Rechtsverletzung vermutet (vgl. Senat, Urteile vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, juris Rn. 9; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 17; vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 30; jeweils mwN).
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bb) Jedoch ist die Annahme des Berufungsgerichts, dass keine Wiederholungsgefahr mehr besteht, im Ergebnis nicht zu beanstanden.
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(1) Die Beurteilung, ob die Wiederholungsgefahr für ein beanstandetes Verhalten fortbesteht, ist im Wesentlichen tatsächlicher Natur. Sie ist im Revisionsverfahren nur beschränkt nachprüfbar darauf, ob das Berufungsgericht von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und keine wesentlichen Tatumstände außer Acht gelassen hat (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 8 mwN).
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(2) Der rechtliche Ausgangspunkt des Berufungsgerichts ist zutreffend. Die bei einem bereits erfolgten rechtswidrigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen bestehende tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr kann entkräftet werden, wobei an die Entkräftung strenge Anforderungen zu stellen sind. Zwar bedarf es im Regelfall hierfür der Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärung gegenüber dem Gläubiger des Unterlassungsanspruchs (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 9 mwN). Allerdings schließt das nicht die Möglichkeit für den Verletzer aus, darzulegen und zu beweisen, dass eine gegenüber einem Dritten abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung im konkreten Einzelfall geeignet ist, ihn wirklich und ernsthaft von Wiederholungen der Verletzung auch gegenüber dem Betroffenen abzuhalten (sog. Drittunterwerfung). Ob die Wiederholungsgefahr deshalb so weit reduziert ist, dass die für sie sprechende Vermutung als entkräftet angesehen werden kann, ist im Einzelfall zu entscheiden (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 11, 13).
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(3) Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass diese Voraussetzungen im Streitfall vorliegen, hält revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand.
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(a) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten gegenüber N. M. den von der Klägerin geltend gemachten Unterlassungsanspruch inhaltlich voll abdeckt. Bliebe sie dahinter zurück, würde sie die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht entkräften (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 15).
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Der Unterlassungsvertrag der Beklagten mit N. M. erfasst genau diejenigen Äußerungen, die die Klägerin mit der – ebenfalls inhaltsgleichen – Aufforderung an die Beklagte, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung auch ihr gegenüber abzugeben, abmahnte. Die Unwahrheit der Behauptungen, die dem Unterlassungsvertrag ebenso wie der Abmahnung zugrunde liegen, resultiert allein daraus, dass sowohl N. M. als auch die Klägerin erwähnt werden. Daher ist nicht ersichtlich, welche zukünftigen Äußerungen der Beklagten zwar von der Abmahnung der Klägerin, nicht jedoch von der Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten gegenüber N. M. erfasst sein könnten.
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Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Vorbringen der Revision, dass die Beklagte gleichwohl nicht daran gehindert sei, die unzulässige Berichterstattung in einer Weise zu wiederholen, die nur die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzen würde. Der Hinweis der Revision darauf, dass die Fotos mit abgeänderten Bildunterschriften in einer Weise veröffentlicht werden könnten, die zwar einen kerngleichen Verstoß gegen die Persönlichkeitsrechte der Klägerin darstellten, nicht aber gegen die gegenüber Frau N. M. abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung, bleibt abstrakt. Es ist schon nicht erkennbar, worin eine mögliche Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin liegen sollte. Zudem müsste diese Persönlichkeitsrechtsverletzung Gegenstand der Abmahnung der Klägerin gewesen sein (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 16). Ebenfalls nicht weiterführend ist insoweit der Hinweis der Revision auf eine denkbare Berichterstattung ohne Angabe des Namens „N. M.“ mit der Äußerung:
„[Klägerin]: `Das hat mich noch einmal richtig für die Saison gepusht. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich habe sie gesehen und es hat gleich geknallt.` Das war vor zwei Jahren in […], als sie die Diskuswerferin und WM-Dritte besuchte.“
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Denn der Aussage- und Bedeutungsgehalt einer solchen Äußerung könnte nicht ohne Berücksichtigung des Kontextes der übrigen Berichterstattung bestimmt werden (siehe oben B.I.1.a). Bei isolierter Betrachtung erschließt sich nicht, warum diese Äußerung unwahr oder sonst persönlichkeitsrechtsverletzend sein sollte. Entsprechendes gilt für den Hinweis der Revision auf eine denkbare Berichterstattung mit der Äußerung
„[Klägerin] heiratet ihre Diskuswerferin.“
selbst dann, wenn die Klägerin keine „Diskuswerferin“ geheiratet haben sollte. Denn dies wäre eine andere Berichterstattung, die nicht Gegenstand der Abmahnung der Klägerin war.
29
(b) Dagegen hat das Berufungsgericht seine Auffassung, dass das Vertragsstrafeversprechen gegenüber N. M. geeignet erscheint, die Beklagte von einer Wiederholung der Verletzung abzuhalten, nicht ausreichend begründet.
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(aa) Es kommt entscheidend darauf an, ob die Unterlassungsverpflichtung geeignet erscheint, den Verletzer wirklich und ernsthaft von Wiederholungen der Verletzung abzuhalten. Ob dies der Fall ist, ist in umfassender Würdigung aller hierfür in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unter Anlegung der gebotenen strengen Maßstäbe zu prüfen. Da der Verletzte, dem gegenüber keine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben worden ist, keine eigene Sanktionsmöglichkeit hat, ist im Rahmen der Gesamtwürdigung zusätzlich und in besonderem Maße auf die Person und die Eigenschaften des mit dem Verletzten nicht identischen Vertragsstrafegläubigers und auf die Art der Beziehung des Schuldners zu diesem abzustellen; insbesondere ist zu prüfen, ob der Vertragsstrafegläubiger bereit und geeignet erscheint, seinerseits die nur ihm zustehenden Sanktionsmöglichkeiten auszuschöpfen, und ob dies vom Schuldner als so wahrscheinlich befürchtet werden muss, dass keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Unterlassungsverpflichtung aufkommen können (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 11 mwN).
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Dabei sind in Fallgestaltungen wie der vorliegenden strenge Maßstäbe anzulegen und die Unterschiede zu wettbewerbsrechtlichen Konstellationen zu berücksichtigen. Zunächst handelt es sich bei dem Vertragsstrafegläubiger nicht um einen Verband oder einen Verein, dessen (satzungsmäßige) Aufgabe in der Wahrung der Interessen seiner Mitglieder liegt und von dem möglicherweise schon deshalb eine gewisse Ahndungs- und Verfolgungsbereitschaft zu erwarten ist. Strukturell anders ist die Situation zudem deshalb, weil in Fällen wie dem vorliegenden nicht wirtschaftliche, sondern persönliche Interessen im Vordergrund stehen, die typischerweise einer stärkeren Wandelbarkeit unterliegen und sich in unterschiedlicher Weise auf die künftige Bereitschaft, das Verhalten des Verletzers auf weitere Verstöße zu beobachten und diese gegebenenfalls zu sanktionieren, auswirken können. Davon, dass die Wiederholungsgefahr in der Regel durch die Unterwerfung gegenüber einem Dritten entfalle, wie es unter Bezugnahme auf die gerichtliche Praxis teilweise für den Bereich des Wettbewerbsrechts angenommen wird, kann im Falle der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts jedenfalls nicht ausgegangen werden (vgl. Senat, Urteil vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, NJW 2019, 1142 Rn. 21).
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(bb) Dem trägt die Begründung des Berufungsgerichts nur unzureichend Rechnung.
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Dies ergibt sich allerdings nicht – wie die Revision meint – daraus, dass die Klägerin wegen ihrer bildlichen Darstellung sowie ihres in einen falschen Kontext gesetzten Zitats schwerwiegender in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt sei als N. M. und daher ein höher zu bewertendes Verfolgungsinteresse habe als diese. Denn es kommt allein darauf an, ob das Interesse von N. M. an der Sanktionierung etwaiger zukünftiger Verletzungen so hoch ist und voraussichtlich bleiben wird, dass es die Beklagte davon abhalten wird.
34
Die Ausführungen im Berufungsurteil greifen jedoch aus anderen Gründen zu kurz. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass N. M. ihre Ahndungs- und Verfolgungsbereitschaft aus Sicht der Beklagten hinreichend zum Ausdruck gebracht und eine auf Presserecht spezialisierte Kanzlei, die auch die Klägerin berate, mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt habe. Dies ist bei einer Drittunterwerfung jedoch regelmäßig der Fall und genügt für sich nicht den oben aufgeführten strengen Maßstäben.
35
(cc) Gleichwohl führt dies nicht zur Aufhebung des Berufungsurteils. Denn die Feststellung, dass die Wiederholungsgefahr entfallen war, ist jedenfalls unter Berücksichtigung des weiteren Umstands gerechtfertigt, dass die Beklagte die Erwähnung von N. M. in zwei Bildunterschriften sowie den sich daraus ergebenden mehrdeutigen Aussagegehalt nicht beabsichtigte und dies auf einem offensichtlichen redaktionellen Versehen beruhte (siehe oben B.I.1.b).
36
Die Widerlegung der tatsächlichen Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr kann ausnahmsweise dann angenommen werden, wenn der Eingriff durch eine einmalige Sondersituation veranlasst war (vgl. Senat, Urteile vom 14. November 2017 – VI ZR 534/15, juris Rn. 17; vom 8. Februar 1994 – VI ZR 286/93, NJW 1994, 1281, juris Rn. 27). Das hier vorliegende redaktionelle Versehen der Beklagten stellt ebenfalls eine besondere Situation dar. Denn da die Erwähnung von N. M. in zwei Bildunterschriften und der sich daraus ergebende mehrdeutige Sinngehalt nicht beabsichtigt waren, ist nicht ersichtlich, warum die Beklagte zukünftig ein Interesse daran haben sollte, entsprechend zu berichten. Zwar bietet dies noch keine Grundlage für die weitergehende Annahme, dass der Beklagten ein solches Versehen nicht erneut unterlaufen wird, es somit einmalig bleibt und deshalb keine Gefahr der Wiederholung besteht. Allerdings ist die Wiederholungsgefahr schon wegen der Interessenlage der Beklagten, ein solches Versehen zu vermeiden, als sehr niedrig zu bewerten.
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Davon ausgehend ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Wiederholungsgefahr durch die strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung der Beklagten gegenüber N. M. entfiel, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Denn es kommt entscheidend darauf an, ob die Unterlassungsverpflichtungserklärung geeignet erscheint, den Verletzer wirklich und ernsthaft von weiteren Verstößen abzuhalten. Dafür kann auch ein vergleichsweise geringer Sanktionsdruck ausreichen, wenn ausnahmsweise in einer besonderen Situation wegen der Interessenlage des Verletzers bereits die (Ausgangs-) Gefahr einer Wiederholung des Verstoßes sehr niedrig ist. Unter diesen besonderen Umständen reicht es aus, dass ersichtlich keine Anhaltspunkte für eine nachlassende Bereitschaft zur Beobachtung und Sanktionierung durch N. M. bestehen.
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b) Ob im Hinblick auf die Grundsätze der subjektbezogenen Schadensbetrachtung Kosten für eine Abmahnung – wie sie hier allein geltend gemacht sind – trotz Wegfalls der Wiederholungsgefahr ersatzfähig sein können, kann im vorliegenden Zusammenhang dahinstehen. Es sind keine Umstände festgestellt und keine von der Revision als übergangen gerügten Umstände vorgetragen, die im vorliegenden Fall eine Erstattungsfähigkeit der Abmahnkosten auch ohne Bestehen des – von der Klägerin zur Begründung der Erforderlichkeit angeführten – Unterlassungsanspruchs rechtfertigen könnten (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast der Klägerin Senat, Urteil vom 9. April 2019 – VI ZR 89/18, juris Rn. 26 mwN).