OLG München, Beschluss vom 13.08.2007 – 34 Wx 144/06
Zum Ersatzanspruch eines Wohnungseigentümers aus Aufopferungsgesichtspunkten, dessen Laden im Erdgeschoß wegen statischer Probleme der Decke über längere Zeit nicht nutzbar ist.(Rn.32)
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 und 2 gegen den Beschluss des Landgerichts Augsburg vom 6. November 2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss des Amtsgerichts Augsburg vom 22. Februar 2006 im Kostenausspruch (Ziff. 2.) insgesamt und im Übrigen (Ziff. 1.) nur insoweit aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen wird, als der Antrag der Antragsteller abgewiesen wurde.
Im Übrigen verbleibt es bei der erstinstanzlichen Geschäftswertfestsetzung (Ziff. 3.).
II. Die Antragsgegner tragen samtverbindlich die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in diesem Rechtszug nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 66.470 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Die Anlage besteht aus einem Wohn- und Geschäftshaus, das unter Denkmalschutz steht. Die Antragsteller hatten dieses im Jahr 1975 zu Alleineigentum erworben. Hiernach richteten sie den im Erdgeschoß befindlichen Laden her, indem sie unter anderem die Wände und Decken mit Gipskartonvorsatzschalen versahen, die Elektroinstallation erneuerten und eine Heiztherme einbauten. Im Jahr 1985 verlegten die Antragsteller ihren Wohnsitz nach Italien. Ihr Vorhaben, in Eigenregie das Anwesen umfassend zu sanieren, gaben sie auf. Stattdessen wurden Sanierungsmaßnahmen durch eine Bauherrengemeinschaft durchgeführt, deren Mitgesellschafter auch die Antragsteller waren. In diesem Zusammenhang wurden Ende 1986/Anfang 1987 mehrere Miteigentumsanteile am Grundstück veräußert. Den Antragstellern verblieb noch ein Miteigentumsanteil zu 143,75/1000stel. Ende 1988 wurde die Anlage sodann in Wohnungseigentum aufgeteilt. Den Antragstellern gehört zu Sondereigentum ein Laden im Erdgeschoss, der ab 1.1.1993 vermietet war. Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurden im 1. und 2. Obergeschoß anstatt einer Wohnung pro Stockwerk zwei Wohnungen geschaffen und im Dachgeschoß ebenfalls zwei Wohnungen eingerichtet. Die Antragsgegner zu 1 erwarben Ende 1991 von einem Mitglied der ursprünglichen Bauherrengemeinschaft in dem Anwesen eine Eigentumswohnung.
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Etwa im Jahr 1992 traten zunehmend Risse zunächst im Treppenhaus und am Giebel wegen Absenkung des Mauerwerks auf. Zur Ursachenfeststellung und zur Durchführung der Sanierung hatte die Eigentümergemeinschaft das Ladengeschäft im Erdgeschoß ab September 1997 bis jedenfalls November 1997 angemietet. In dieser Zeit wurden in dem Laden verschiedene Einbauten entfernt; so wurden die Wand- und Deckenverkleidung komplett, die Schalter und Elektroleitungen teilweise sowie die Beleuchtungskörper und die Heizkörper einschließlich der Heiztherme ausgebaut. Dieser Zustand besteht trotz inzwischen stattgefundener Sanierung bis heute fort. In einer Eigentümerversammlung vom 15.11.2001 wurde ein Antrag der Antragsteller abgelehnt, ihr Ladengeschäft zu einem uneingeschränkt nutzbaren Gewerbe- und Verkaufsraum auf Kosten der Eigentümergemeinschaft in Stand zu setzen.
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Ursprünglich war von Fachleuten zur Beseitigung der Risse eine Baugrundsanierung vorgeschlagen worden. Hiervon wurde aus Kostengründen abgesehen und schließlich gemäß Beschluss der Eigentümerversammlung vom 30.9.2002 im Jahr 2003 die Decke im Ladengeschäft der Antragsteller durch Einziehen von Stahlträgern und Verstrebungen verstärkt. Diese Arbeiten wurden etwa im November 2003 beendet. An den Sanierungskosten haben sich die Antragsteller nicht beteiligt und ab dem 1.1.1998 auch kein Wohngeld mehr bezahlt.
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Die Antragsteller sind der Meinung, ihnen stehe als Teileigentümer des Ladens für ihnen entstandene Mietausfälle und nutzlose Aufwendungen Schadensersatz zu. Die Deckenverkleidung sei ohne ihre Einwilligung entfernt worden. Die Sanierung sei jahrelang hinausgezögert worden. Sie machen demgemäß einen Mietausfall ab Januar 1998 bis vorerst 31.7.2004 (79 Monate) von monatlich 1.600 DM = 818,07 € geltend. Für den erforderlichen Sanierungszeitraum lassen sie sich 10 Monate (= 8.180,70 €) anrechnen. Ferner begehren sie Ersatz von Aufwendungen für Gas und Strom in der Zeit vom 26.1.2000 bis 14.5.2003. Zuletzt verlangen sie Kosten für die Wiederherstellung des Ladens. Demgemäß haben die Antragsteller mit ihrem gegen die übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft gerichteten Antrag vom 23.11.2004 beim Amtsgericht begehrt, die Antragsgegner zur Zahlung von 66.470,03 € zuzüglich Zinsen zu verpflichten.
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Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 22.2.2006 den Antrag einschließlich zweier Gegenanträge abgewiesen. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht mit Beschluss vom 6.11.2006 den Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. In seinem Beschluss geht das Landgericht davon aus, dass sich der Antrag gegen die Eigentümergemeinschaft richtet. Es hat demgemäß das Rubrum berichtigt. Gegen den landgerichtlichen Beschluss richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 1 und 2.
II.
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Die verfahrensrechtlichen Anträge richten sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer.
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Die vom Landgericht vorgenommene Berichtigung des Rubrums dahingehend, dass statt der übrigen Mitglieder der Eigentümergemeinschaft die Eigentümergemeinschaft selbst als teilrechtsfähiger Verband die in Anspruch genommene Verfahrensgegnerin ist, kommt hier nicht in Betracht.
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a) Die Antragstellung vom November 2004 lag vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft, die vom 2.6.2005 stammt (NJW 2005, 2061). In derartigen Übergangsfällen ist grundsätzlich eine Rubrumsberichtigung in Betracht zu ziehen (vgl. BGH NJW 2003, 1043; OLG München ZMR 2005, 729/730; Neumann WuM 2006, 489/493; Abramenko ZMR 2005, 749/751). Diese scheitert jedoch daran, dass die Antragsteller von sich aus bis zur Entscheidung des Landgerichts keine Rubrumsberichtigung vorgenommen haben, obwohl ihnen spätestens bei Beschwerdeeinlegung im März 2006 die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bekannt gewesen sein musste, und für den von ihnen verfolgten Anspruch die Passivlegitimation durchaus unterschiedlich gesehen werden kann.
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Die Antragsteller stützen ihren Anspruch im Wesentlichen auf Pflichtverletzungen der Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit unterbliebenen, verzögerten oder fehlerhaften Beschlussfassungen zur Herstellung eines mangelfreien Zustands des Gemeinschaftseigentums (§ 21 Abs. 4 WEG), ferner auf die Schadensersatzpflicht aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG und auf § 823 Abs. 1, § 249 BGB.
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Was den Anspruch aus Pflichtverletzung angeht, wird dieser wohl grundsätzlich weiterhin als ein solcher des Binnenverhältnisses, also der Wohnungseigentümer untereinander, anzusehen sein mit der Folge, dass er sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer und nicht gegen den Verband richtet (so ausdrücklich Palandt/Bassenge BGB 66. Aufl. § 21 WEG Rn. 10; wohl auch KK-WEG/Drabek § 21 Rn. 99/100; Staudinger/Bub WEG Bearbeitung 2005, § 21 Rn. 115; siehe auch BGH NJW 1999, 2108). Teilweise wird auch die Meinung vertreten, der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung – respektive der aus einer Verletzung resultierende Schadensersatzanspruch – könne sich sowohl gegen die Wohnungseigentümer selbst als auch gegen den Verband richten (vgl. Neumann WuM 2006, 489/462; siehe BGH NJW 2005, 2061/2067 unter III. 9. c).
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Auch für den verschuldensunabhängigen Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG wird die Passivlegitimation unterschiedlich gesehen. Weil der Gemeinschaft der Duldungsanspruch zusteht (Elzer WE 2005, 196), ließe sich daraus der Schluss ziehen, dass sie auch Verpflichtete des Aufopferungsanspruchs ist. Teilweise wird das gleiche Ergebnis aus der gemeinschaftlichen Haftungszuständigkeit hergeleitet (Wenzel ZWE 2006, 462/468; ohne Begr. Palandt/Bassenge § 14 Rn. 14). Die Rechsprechung hingegen sieht als richtigen Anspruchsgegner die übrigen Wohnungseigentümer (siehe OLG Frankfurt ZMR 2006, 625; ebenso Rechenberg ZWE 2005, 47/56). Auch hier gibt es Stimmen, die eine kumulative Haftung der Wohnungseigentümer neben dem Verband als gegeben erachten (Elzer ZMR 2006, 628/630).
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b) Ist aber die Frage der Passivlegitimation offen, kann auch in Übergangsfällen eine Rubrumsberichtigung durch das Gericht, zumal ohne Anhörung der Beteiligten, nicht vorgenommen werden. Vielmehr ist es zunächst Sache der Antragstellerseite, zu bestimmen, gegen wen von mehreren in Betracht kommenden Verpflichteten sich der Anspruch richten soll. Kommen aber mehrere (richtige) Anspruchsgegner in Betracht, fehlt es an den Voraussetzungen einer Rubrumsberichtigung schon deshalb, weil nicht von einer äußerlich unrichtigen Parteibezeichnung ausgegangen und zweifelsfrei bestimmt werden kann, dass (ausschließlich) ein anderes Rechtssubjekt nach dem objektiven Sinn der Fehlbezeichnung betroffen sein soll (BGH NJW-RR 2006, 42).
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c) Überdies erscheint eine Rubrumsberichtigung auf die Eigentümergemeinschaft auch dann ausgeschlossen, wenn die ursprünglich als Antragsgegner bezeichneten Wohnungseigentümer sich selbst in unterschiedlicher Weise am Verfahren beteiligt haben, etwa indem einzelne von ihnen selbständig neben den „übrigen Wohnungseigentümern“ mit eigenen Verfahrensbevollmächtigten aufgetreten sind. Insoweit stellt sich nämlich die Frage, wie den einzelnen Wohnungseigentümern, die formell beteiligt waren, dadurch entstandene Kosten auszugleichen sind. Durch die vom Landgericht vorgenommene Rubrumsberichtigung würden sie nämlich ihre Beteiligtenstellung verlieren (Abramenko ZMR 2005, 749/750).
III.
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Das Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.
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1. Das Landgericht hat ausgeführt:
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Die Entscheidung des Amtsgerichts sei nicht hinreichend begründet. Dem Beschluss seien ein Sachverhalt, die gestellten Anträge, der Sachvortrag der Beteiligten und tatsächliche Feststellungen, von denen das Erstgericht ausgehe, nicht zu entnehmen.
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Den Antragstellern stehe dem Grunde nach gemäß § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch wegen der Inanspruchnahme ihres Sondereigentums bei der Sanierung zu. Dieser umfasse die Kosten der Wiederherstellung des Sondereigentums und Mietausfallschäden.
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Der dem Grunde nach bestehende Anspruch sei nicht deshalb zu versagen, weil der Antragsteller durch sein Fachwissen die fehlende Tragfähigkeit und den unzureichenden Brandschutz, der in Abrede gestellt sei, hätte erkennen können. Etwaige Mängel könnten Gewährleistungsansprüche in der Person der einzelnen Erwerber aus den jeweiligen Erwerbsverträgen mit dem Bauträger zur Folge haben. Allein der Umstand jedoch, dass die Antragsteller als BGB-Gesellschafter des Bauträgers auf der Verkäuferseite beteiligt gewesen seien, entzöge ihrem Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG nicht die Grundlage. Letzterer sei dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer zuzuordnen und zu unterscheiden vom Vertragsverhältnis der einzelnen Erwerber zum Bauträger, in welchem möglicherweise bereits wegen Verjährung keine Gewährleistungsansprüche mehr beständen.
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Weil das Erstgericht seine Entscheidung nicht hinreichend begründet und zur Höhe der Kosten der Wiederherstellung des Sondereigentums und des Mietausfallschadens keine Feststellungen getroffen habe, sei wegen dieser unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung das Verfahren an das Erstgericht zurückzuverweisen.
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Im Weiteren hat das Landgericht noch verschiedene rechtliche Hinweise zur Schadensfeststellung und zu einem etwaigen Mitverschuldensbeitrag der Antragsteller gegeben.
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2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
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a) Zutreffend ist zunächst, dass das Landgericht von seiner Zuständigkeit als Beschwerdegericht ausging. Der Umstand, dass die Antragsteller ihren allgemeinen Gerichtsstand in Italien hatten und haben, ändert daran nichts. Denn § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG ist in Wohnungseigentumssachen, die vor dem 1.7.2007 anhängig geworden sind und demnach im Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit entschieden werden (§ 62 Abs. 1 WEG n. F., § 43 Abs. 1 WEG) nicht anwendbar. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat dies zunächst für Anträge auf Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen entschieden und dabei auch auf die Besonderheiten dieses Verfahrens nach § 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG abgestellt (OLG Düsseldorf NJW 2006, 1143; siehe auch OLG Stuttgart NJW 2006, 1144). In einer weiteren Entscheidung vom 23.8.2006 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf für die Beseitigung von Beeinträchtigungen und die Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen ebenfalls die Anwendbarkeit des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG verneint (siehe FGPrax 2007, 12). Es hat insoweit hervorgehoben, dass Sinn und Zweck des § 119 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b GVG darin liegen, Rechtssicherheit zu gewährleisten, weil das Gericht bei allgemeinem Gerichtsstand im Ausland regelmäßig die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts anzuwenden habe, um zu entscheiden, welches materielle Recht es seiner Entscheidung zugrunde lege. Dass sich für ein deutsches Gericht in Wohnungseigentumsverfahren bei der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen die Frage nach der Anwendung materiellen ausländischen Rechts stelle, sei kaum denkbar, so dass der gesetzgeberische Zweck der die Sonderzuständigkeit des Oberlandesgerichts begründenden Vorschrift trotz Wohnsitzes von Beteiligten im Ausland nicht zum Tragen komme.
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Der Senat schließt sich dieser überwiegend vertretenden Ansicht (vgl. Zöller/Gummer ZPO 26. Aufl. § 119 GVG Rn. 15; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 65. Aufl. § 119 Rn. 9; wohl auch Hüßtege in Thomas/Putzo ZPO 28. Aufl. § 119 GVG Rn. 8; a. A. Jungjohann ZMR 2006, 747; Greiner NZM 2006, 329) auch für den Fall der Geltendmachung von Schadensersatz- bzw. Aufopferungsansprüchen an, die insoweit nicht anders zu behandeln sind wie Unterlassungsansprüche und gleichermaßen zu der in § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG genannten Fallgruppe zählen (Niedenführ/Schulze WEG 7. Aufl. § 43 Rn. 11). Auch insoweit ist ausschlaggebend allein der Gesichtspunkt der lex fori (siehe § 43 Abs. 1 WEG), weshalb sich die Frage einer Anwendbarkeit ausländischen Rechts von vornherein nicht stellen kann.
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b) Nach der Entscheidung des Landgerichts wurde der die Sachanträge abweisende Beschluss des Amtsgerichts (Ziff. 1.) vollständig aufgehoben. Zugleich hat es die Sache insgesamt zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiernach hat das Amtsgericht über Grund wie über Höhe des Anspruchs neu zu entscheiden. Damit im Einklang steht die Begründung des Landgerichts, das Amtsgericht habe seine Entscheidung nicht hinreichend begründet, insbesondere ließen sich ein Sachverhalt, die gestellten Anträge, der Sachvortrag der Beteiligten und tatsächliche Feststellungen, von denen das Erstgericht ausgehe, nicht entnehmen. Das Landgericht führt zwar weiter aus, den Antragstellern stehe dem Grunde nach ein Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG zu. Insoweit handelt es sich aber nur um eine für das Erstgericht nicht bindende (BGHZ 31, 364) Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Wird eine Entscheidung nur wegen eines Verfahrensmangels aufgehoben, so ist das Erstgericht in seiner materiell-rechtlichen Beurteilung frei (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 25 Rn. 25). Das Landgericht hat keinen Grundbeschluss entsprechend § 304 ZPO erlassen. Das erschließt sich nicht nur aus der eindeutigen Tenorierung, die dies sonst zum Ausdruck bringen müsste (vgl. Zöller/Vollkommer § 304 Rn. 18), sondern auch daraus, dass Ausführungen zur haftungsbegründenden und haftungsausfüllenden Kausalität, zum Zurechnungszusammenhang wie zu einem Mitverschulden, welche zum Anspruchsgrund gehören (vgl. Zöller/Vollkommer § 304 Rn. 14), in diesem Zusammenhang fehlen.
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c) Die Antragsgegner zu 1 beanstanden eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) durch das landgerichtliche Verfahren. Tatsächlich ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass das Landgericht vor der Hinausgabe seines Beschlusses vom 6.11.2006 am 9.11.2006 Schriftsätze der Antragsgegner vom 7. und 8.11.2006 nicht mehr berücksichtigt hat, obwohl in der mündlichen Verhandlung vom 18.10.2006 beschlossen wurde, nicht vor dem 6.12.2006 schriftlich zu entscheiden. Der Verfahrensverstoß kann jedoch dahingestellt bleiben.
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Die Gehörsverletzung muss nämlich entscheidungserheblich geworden sein (vgl. auch § 29a Abs. 1 Nr. 2 FGG; § 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO). Maßgeblich für die Erheblichkeit ist der Rechtsstandpunkt des erkennenden Gerichts (Zöller/Vollkommer § 321a Rn. 12). Danach kam es im Hinblick auf den vom Landgericht angenommenen Verfahrensfehler des Amtsgerichts aber nicht auf die materiellen Fragen an, die im Mittelpunkt der Schriftsätze vom 7. und 8.11.2006 standen. Was die dort ebenfalls angeschnittene Zuständigkeitsfrage betrifft, ist ein zweitinstanzlicher Verstoß jedenfalls durch das Rechtsbeschwerdeverfahren geheilt. Auf die Ausführungen zu a) wird verwiesen.
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d) In der Sache ist die Entscheidung des Landgerichts aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
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Dem Beschluss des Amtsgerichts fehlten die gesetzlich vorgeschriebenen Gründe (vgl. § 44 Abs. 4 Satz 2 WEG). Die Begründung muss die tatsächlichen Grundlagen der Entscheidung erkennen lassen (BayObLG WE 1997, 38; Weitnauer/Mansel WEG 9. Aufl. Nach § 43 Rn. 33). Dem widersprechend handelt der Beschluss des Amtsgerichts nur einzelne Anspruchsgrundlagen ab, ohne erkennen zu lassen, welche Ansprüche überhaupt geltend gemacht werden und aufgrund welcher Feststellungen von welchem Sachverhalt auszugehen ist.
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Zwar hat das Beschwerdegericht, das in dieser Funktion und im Rahmen des Rechtsmittels vollständig an die Stelle der ersten Instanz und ausgestattet mit deren Befugnissen tritt (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 25 Rn. 7 ff.), grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden. Es kann jedoch ausnahmsweise, so bei schwerwiegenden Mängeln im Verfahren, etwa bei einer ungenügenden Sachverhaltsaufklärung, auch die angegriffene Entscheidung aufheben und die Sache zur anderweitigen neuen Entscheidung zurückverweisen (BayObLG FGPrax 2002, 872/83; Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 25 Rn. 21). Die Zurückverweisung steht dabei im Ermessen des Beschwerdegerichts (Sternal aaO). Ermessensentscheidungen sind auf weitere Beschwerde nur begrenzt, nämlich darauf nachprüfbar, ob der Tatrichter überhaupt ein Ermessen hatte, ob er dieses ausgeübt, ob er die gesetzlichen Grenzen überschritten oder von dem Ermessen einen Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht hat, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Tatsachenfeststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände unerörtert gelassen oder Umstände mitberücksichtigt hat, die nach der ermächtigenden Norm nicht maßgebend sein dürfen (Meyer-Holz in Keidel/Kuntze/Winkler § 27 Rn. 23). Derartige Fehler sind bei der zurückverweisenden Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht feststellbar und von den Beteiligten auch nicht gerügt.
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e) Allerdings ist die Beschwerdeentscheidung insoweit klarzustellen, als die Aufhebung und Zurückverweisung nur den Antrag der Antragsteller umfasst. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens bildete nur dieser, nicht auch noch die im ersten Rechtszug anhängig gewesenen und abgewiesenen Gegenanträge. Nur in den Grenzen des Rechtsmittels tritt das Beschwerdegericht an die Stelle der ersten Instanz (Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler § 25 Rn. 7). Hingegen konnte die erstinstanzliche Kostenentscheidung insgesamt keinen Bestand haben, weil sie nach Aufhebung und Zurückverweisung hier notwendigerweise einheitlich und umfassend zu treffen ist. Aufrechterhalten hat der Senat hingegen die Geschäftswertfestsetzung des Amtsgerichts nach § 48 Abs. 3 WEG, die unbeanstandet blieb und unter Berücksichtigung der dort gestellten Zahlungs- und Feststellungsanträge auch angemessen ist
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3. Für das weitere Verfahren ist an dieser Stelle noch anzumerken:
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a) Ein verschuldensunabhängiger Ausgleichsanspruch nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG in Form des Mietausfallschadens sowie vergeblicher Aufwendungen für Gas und Strom erscheint nicht zweifelsfrei. Hiernach ist zwar jeder Schaden zu ersetzen, der adäquat dadurch verursacht wird, dass das Sondereigentum bei der Benutzung im Zuge der Instandsetzungsarbeiten in einen nachteiligen Zustand versetzt und beim (vorläufigen oder endgültigen) Abschluss der Instandsetzungsarbeiten in diesem Zustand belassen wird (BayObLGZ 1987, 50/53; OLG Frankfurt ZMR 2006, 625). Insoweit gehen die Beteiligten wohl übereinstimmend davon aus, dass die wesentliche Ursache für die Nichtvermietung bzw. Unbenutzbarkeit des Ladens nicht in der Inanspruchnahme zur Instandsetzung des Gebäudes, etwa durch Entfernen der Inneneinrichtung samt Installation und durch Bauarbeiten in den Räumen, sondern in der unterbliebenen Verstärkung der Geschoßdecke als Erfordernis zur Erlangung des Standsicherheitsnachweises zu finden ist (siehe Antragstellerschriftsatz vom 6.3.2007, Seite 9 = Bl. 557). Kausal für einen etwaigen Schaden (Sonderopfer) der Antragsteller wäre damit wohl nicht die Benutzung ihres Sondereigentums, etwa durch Entfernen der Installation und Ähnliches, sondern wären zeitlich verzögerte oder gar vollständig unterbliebene Maßnahmen im Bereich des Gemeinschaftseigentums geworden, ohne die das Sondereigentum überhaupt nicht vermietbar/benutzbar war. Dass sich Mängel des Gemeinschaftseigentums vorrangig auf die Benutzbarkeit des im Erdgeschoß gelegenen Sondereigentums auswirkten, eröffnet allein noch nicht den Anwendungsbereich des § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG. Zu erwägen ist hingegen auch der im Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander anwendbare, ebenfalls verschuldens-unabhängige, nachbarrechtliche Ausgleichsanspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog (vgl. OLG Celle MDR 1985, 236; OLG Stuttgart NJW 2006, 1744; Wenzel NJW 2005, 241/244), sofern die Umbaumaßnahmen in den Obergeschossen erst dazu geführt hätten, dass die Deckenkonstruktion gerade über dem Sondereigentum der Antragsteller statisch ungenügend geworden wäre.
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b) Für Substanzschäden kommt hingegen ein Ersatz nach § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG in Betracht, soweit auf Veranlassung der Eigentümergemeinschaft die den Antragstellern gehörende Inneneinrichtung und Installation ausgebaut und auch nach der abgeschlossenen Sanierung nicht wieder eingebaut wurde. Die Antragsgegner wenden insoweit im Wesentlichen Wertlosigkeit ein und bestreiten die Kostenansätze. Für die Ermittlung eines etwaigen Schadens kann auch auf § 287 ZPO zurückgegriffen werden (vgl. BayObLG OLG-Report 2005, 83). Die danach bestimmten Kosten sind solche der Verwaltung und nach dem in der Gemeinschaft geltenden Kostenverteilungsschlüssel auf alle Wohnungseigentümer, auch die Antragsteller, umzulegen (Merle in Bärmann/Pick/Merle WEG 9. Aufl. § 14 Rn. 60; KK-WEG/Happ § 16 Rn. 18).
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c) Wäre nach entsprechender Aufklärung ein Anspruch aus § 14 Nr. 4 Halbsatz 2 WEG/§ 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog nicht oder nur für Teile des geltend gemachten Schadens gegeben, so ist der verschuldensabhängige Anspruch aus der Verletzung von Pflichten zur Mitwirkung bei Maßnahmen ordnungsmäßiger Verwaltung (§ 21 Abs. 1 und Abs. 3 WEG, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB) zu prüfen. Schadensersatzpflichtig können neben dem Verwalter auch Wohnungseigentümer sein, die eine die Instandsetzung des Gemeinschaftseigentums ermöglichende Beschlussfassung unterlassen oder verzögert haben oder an einer Mängelbeseitigung schuldhaft nicht oder erst nach schuldhaften Verzögerungen mitwirken, z.B. ihr nicht zustimmen, oder Wohnungseigentümer, die geschuldete Beiträge für Mängelbeseitigungskosten nicht leisten (im Einzelnen Staudinger/Bub § 21 Rn. 115; dort auch zum Anspruch aus unerlaubter Handlung). Zu bedenken wird sein, dass ein einzelner Wohnungseigentümer, der Beschlüsse der Eigentümerversammlung über die Vorbereitung und Durchführung von Sanierungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum nicht anficht, die übrigen Wohnungseigentümer nicht wegen Verletzung ihrer Pflichten zur ordnungsmäßigen Verwaltung mit der Begründung auf Schadensersatz (Mietausfall) in Anspruch nehmen kann, die notwendige Sanierung sei verzögert worden (OLG Hamm ZMR 2005, 808).
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d) Die Antragsgegner zu 1 haben ihr Wohnungseigentum nicht vom Bauträger erworben, sondern von einer der Bauherrengemeinschaft angehörenden Wohnungseigentümerin. Diese hatte ihrerseits 1986 von den Antragstellern zunächst einen Grundstücksmiteigentumsanteil erworben. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass der Rechtsvorgängerin aus jenem Erwerbsvorgang Ansprüche gegen die Antragsteller zustehen, die sie an die Antragsgegner zu 1 abtreten konnte und mit denen diese grundsätzlich auch aufrechnen können (vgl. § 387 BGB). Die Aufrechnung scheitert nicht am Rechtsweg (§ 17 Abs. 2 GVG; siehe Palandt/Grüneberg § 388 Rn. 5), weil es sich um artverwandte Ansprüche handelt (BGB NJW 1980, 2467/2468; auch BGH NJW 1964, 863) und die Verweisung in den einen oder anderen Rechtsweg nur aus Zweckmäßigkeitsgründen vorgenommen ist. Die Nähe der Materie wird deutlich durch die zwischenzeitliche Reform des Wohnungseigentumsrechts, wonach das Verfahren in die ZPO überführt worden ist. Die Frage der Aufrechenbarkeit hängt allerdings von der Gegenseitigkeit (§ 387 BGB), also auch davon ab, ob entsprechend den obigen Ausführungen zu II. die Wohnungseigentümer oder aber die Eigentümergemeinschaft als Antragsgegner in Anspruch genommen werden sollen.
IV.
36
Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Dem Senat erscheint es angemessen, den unterlegenen Antragstellern die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Hingegen ist es mit Rücksicht auf die Sach- und Rechtslage nicht angezeigt, für diese Instanz eine Kostenerstattungsanordnung zu treffen.
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Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG.