Zu den Amtspflichten bei Bearbeitung eines Antrages auf Erteilung eines Bauvorbescheids und zu Kausalitätsfragen

OLG Dresden, Urteil vom 27.04.2018 – 1 U 1701/16

Zu den Amtspflichten bei Bearbeitung eines Antrages auf Erteilung eines Bauvorbescheids und zu Kausalitätsfragen.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Dresden vom 08.11.2016, Az.: 5 O 1573/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des insgesamt vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

1
Die Parteien streiten über Schadenersatz wegen nach Auffassung der Klägerin verzögerter Bescheidung einer Bauvoranfrage. Es wird zunächst auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

2
Ergänzend wird zum besseren Verständnis folgendes ausgeführt:

3
Die Klägerin plante auf dem im Überschwemmungsgebiet der Elbe liegenden Grundstück, Flurstücke xxxx/1 und yye in X., die Errichtung von Wohn- und Geschäftshäusern mit Tiefgarage. Die Klägerin hatte über das Grundstück am 02. Mai 2014 mit dem Veräußerer einen Kaufvertrag abgeschlossen. Am 25. März 2015 ist sie als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen worden.

4
Das Grundstück liegt in einem Bereich, für welchen die Beklagte am 03.02.2010 einen Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans Nr. X, öffentlich bekanntgemacht am 04.03.2010 (Amtsblatt der Beklagten Nr. 9/2010 vom 04.03.2010, S. 14), und am 19.01.2012 einen Beschluss über die Weiterentwicklung und Präzisierung der Planungsziele (vgl. Amtsblatt der Beklagten Nr. 5/2012, S. 10 und Amtsblatt der Beklagten Nr. 9/2012, S. 15) gefasst hatte. Unter dem 13.05.2014, konkretisiert am 15.07.2014, beantragte die Klägerin die Erteilung eines Vorbescheids nach § 75 der Sächsischen Bauordnung zur Fragestellung: „Entspricht das Vorhaben im Hinblick auf die Art und das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung (ohne Fragestellung der Erschließung)?“ (im Weiteren: 1. Vorbescheidsantrag). Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Anlage K2 Bezug genommen. Das Vorhaben sah überwiegend sechsgeschossige Gebäude mit einem nach Nordost/Nordwest ausgerichteten durchgehenden L-Riegel vor.

5
Am 25.05.2014 fanden in Sachsen Kommunalwahlen statt, die im Stadtrat der Beklagten zu einem Mehrheitswechsel führte.

6
Unter dem 14.07.2014 stellte die Klägerin einen Vorbescheidsantrag zur Frage, ob das Vorhaben im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Elbe zulässig sei (im Weiteren: 2. Vorbescheidsantrag). Mit Schreiben vom 22.09.2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass Bedenken gegen die Erteilung des 1. Vorbescheids bestünden. Insoweit wird auf die Anlage B1 (Bl. 292 ff. dA) Bezug genommen. Die Klägerin stellte am 13./20.10.2014 (Anlagen K5 und K6) einen weiteren Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids (im weiteren: 3. Vorbescheidsantrag oder Vorbescheidsantrag vom 13.10.2014), nunmehr für ein überwiegend viergeschossiges Vorhaben mit einem geteilten L-Riegel, zur Frage: „Entspricht das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung – ohne Fragestellung zur Erschließung?“. Die Beklagte bestätigte am 23.10.2014 den vollständigen Eingang des 3. Vorbescheidsantrages. Mit Bescheiden vom 04.11.2014 lehnte die Beklagte die Erteilung des 1. und des 2. Vorbescheides ab. Am 22.01.2015 fasste die Beklagte einen Beschluss über die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 357C, öffentlich bekannt gemacht am 19.02.2015 (Amtsblatt der Beklagten Nr. 8/2015, S. 20). In dessen Bereich liegt das klägerische Grundstück. Mit Bescheid vom 27.02.2015 verfügte die Klägerin die Zurückstellung des 3. Vorbescheidsantrags gemäß § 15 BauGB. Unter dem 09.03.2015 legte die Klägerin gegen die Zurückstellung Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 27.02.2015 hatte die Landesdirektion den Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 gerügt, weil eine an der Entscheidung mitwirkende Stadträtin befangen gewesen sei. Der Beklagten wurde die Neuentscheidung aufgegeben. Hiergegen hatte die Beklagte Widerspruch eingelegt. Am 16.04.2015 hob die Beklagte den Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 auf und fasste zugleich einen neuen identischen Planaufstellungsbeschluss, welcher am 23.04.2015 öffentlich bekannt gemacht wurde (Amtsblatt der Beklagten Nr. 17/2015, S. 17). Mit Bescheid vom 24.04.2015 (Abdruck Anlage BB1 = Bl. 389 dA) verfügte die Beklagte erneut die Zurückstellung des 3. Vorbescheidsantrages. Mit Beschluss vom 07.05.2015, öffentlich bekanntgemacht am 29.05.2015 und in Kraft ab 30.05.2015 (vgl. Amtsblatt der Beklagten vom 29.05.2015, Nr. 22/2015, S. 25), beschloss die Beklagte eine Veränderungssperre für das Gebiet des Planaufstellungsbeschlusses.

7
Das Landgericht hat die Klage mit dem den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 10.11.2016 zugestelltem Urteil abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, welche am 05.12.2016 beim Oberlandesgericht eingegangen und mit am 23.12.2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz begründet worden ist.

8
Die Klägerin begründet ihre Berufung wie folgt:

9
Entgegen der Auffassung des Landgerichts hätten die Bediensteten der Beklagten gegenüber der Klägerin mehrere Amtspflichtverletzungen begangen, wodurch der Klägerin ein Schaden in Höhe von 24.191.967,00 € entstanden sei.

1.

10
Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, über die Bauvoranfrage der Klägerin schon im Dezember 2014 zu entscheiden. Es bestehe eine Amtspflicht zu einer zügigen Entscheidung auch im Vorbescheidsverfahren. Es entspreche höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass eine Stadt einen Bauantrag – gleiches gelte für einen Antrag auf Erteilung eines Vorbescheides – spätestens nach drei Monaten zu bescheiden habe.

2.

11
Die erste Bauvoranfrage sei seitens der Beklagten intensiv bearbeitet worden, was in das Anhörungsschreiben vom 22. September 2014 gemündet habe. Die Beklagte habe mit Erlass des Anhörungsschreibens vom 22. September 2014 bzw. mit dem Bescheid vom 04. November 2014 alle entscheidungserheblichen Fragen über die planungsrechtliche Zulässigkeit des Bauvorhabens – und zwar auch bezogen auf die dritte Bauvoranfrage, welche sich nur hinsichtlich der Geschosszahl und der Unterteilung des L-Riegels von der ersten Bauvoranfrage unterschieden habe – abgeklärt und themenbezogen beantwortet.

12
Im Einzelnen:

13
Die Art der baulichen Nutzung „Wohnen“ sei im Anhörungsschreiben vom 22. September 2014 sowie im Bescheid vom 04. November 2014 als zulässig beurteilt worden. Dies stehe mit der vorhandenen Gebietsprägung im Sinne einer Gemengelage in Einklang.

14
Zur Bauweise sei in dem Anhörungsschreiben bzw. im Bescheid ausgeführt worden, dass sich die lange Achse des L-förmigen Baukörpers hinsichtlich der Bauweise nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge, da die nähere Umgebung durch eine „offene Bauweise“ der einzelnen Baukörper geprägt sei.

15
Die Frage zum Maß der baulichen Nutzung sei negativ beantwortet worden. Dies sei damit begründet worden, dass sich das Vorhaben bezüglich der Grundfläche des L-förmigen Baukörpers nicht einfüge. Dieser übersteige die in der näheren Umgebung vorhandenen Gebäudegrundflächen deutlich. Selbst unter Bezugnahme der Grundfläche des M.-Gebäudes mit ca. 2.000 m² liege eine Überschreitung um das Anderthalbfache vor, da der L-förmige Baukörper eine Grundfläche von 3.150 m² in Anspruch nehme.

16
Da sich das Bauvorhaben mit Blick auf die Gebäudehöhe nach Auffassung der Beklagten bei einem sechsgeschossigen Bauvorhaben nicht eingefügt hätte, sei die Geschossigkeit in dem streitgegenständlichen 3. Bauvorbescheidsantrag – unstreitig – von sechs Geschossen auf vier Geschosse (Ausnahme „Turmgebäude mit fünf Geschossen und Gebäude an der Leipziger Straße mit drei Geschossen) reduziert worden und habe deutlich unter der Gebäudehöhe des viergeschossigen M.gebäudes gelegen. Den Kritikpunkten der zunächst von der Beklagten geäußerten Rechtsauffassung im Anhörungsschreiben vom 22. September 2014 habe sich die Klägerin in dem geänderten 3. Bauvorbescheidsantrag vom 13./20. Oktober 2014 gestellt. Die Beklagte hätte daher nicht mit der Prüfung „von Null“ beginnen, sondern lediglich die Änderungen im Verhältnis zum ursprünglichen 1. Bauvorbescheidsantrag abgleichen müssen. Es handele sich nicht um ein anderes Vorhaben, sondern um das gleiche Vorhaben in einer etwas verkleinerten Form, somit um eine Tektur. Deshalb habe bei dem (3.) Vorbescheidsantrag vom 13./20. Oktober 2014, dessen Vollständigkeit am 23. Oktober 2014 bestätigt worden sei, nicht das gesamte Prüfverfahren neu durchlaufen werden müssen. Geprüft werden hätte lediglich müssen, ob sich die jetzige Gebäudehöhe im Vergleich zum M.gebäude einfüge, nachdem zwei Geschosse „herausgenommen worden seien“ und ob Länge und Grundfläche der beiden neuen Baukörper (geteiltes statt durchgehendes „L“) im Vergleich zum M.gebäude nun kleiner seien.

17
Mithin wären bei rechtmäßigem Verhalten der Beklagten alle maßgeblichen Fragen im Dezember 2014 positiv beschieden gewesen. Ein Planaufstellungsbeschluss wäre daher nicht mehr gefasst worden, zumindest aber hätte sich der bei rechtmäßigem Verhalten im Dezember erteilte Vorbescheid dem Planaufstellungsbeschluss gegenüber durchgesetzt. In der Folge hätte es auch keine Zurückstellung gegeben, ebenso wäre eine etwaige Veränderungssperre unbeachtlich gewesen.

18
Die Ansicht des Landgerichts, die Aussage im Schreiben des Stadtplanungsamtes vom 01. Dezember 2014 sei unerheblich, sei unzutreffend. Diese Stellungnahme sei vielmehr verbindlich. Das Bauordnungsamt sei umfassend über die Rechtsauffassung des Stadtplanungsamtes, das vom Bauordnungsamt um Stellungnahme ersucht worden sei, informiert worden. Das Stadtplanungsamt habe im Schreiben vom 01. Dezember 2014 eingeschätzt, „dass das Bauvorhaben in der vorliegenden Form mit den Zulässigkeitsvorschriften des Baugesetzes nicht rechtssicher zurückgewiesen werden könne.“ Weiter habe das Stadtplanungsamt darauf hingewiesen, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten auszusetzen sei (§ 15 Abs. 1 BauGB). Es sei zu befürchten, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.

19
Es komme daher sehr wohl auf die Ansicht des Stadtplanungsamtes an, da dieses dem Vorhaben offenbar ablehnend gegenüber gestanden habe. Allerdings habe das Stadtplanungsamt angegeben, dass das Vorhaben in der vorliegenden Form genehmigt werden müsse. Auch habe das Stadtplanungsamt deutlich gemacht, was geschehen müsse, nämlich das Vorhaben zurückzustellen. Eine Zurückstellung sei lediglich nicht erfolgt, weil es zu diesem Zeitpunkt keinen Planaufstellungsbeschluss gegeben habe. Schließlich habe die Bauaufsichtsbehörde keine vom Stadtplanungsamt abweichende Auffassung oder Prüfungskompetenz gehabt.

3.

20
Tatsächlich hätten sich die Bauvorbescheide über den 2. und 3. Vorbescheidsantrag, wären sie im Dezember positiv verbeschieden worden, durchgesetzt.

21
Anfang Dezember 2014 hätte festgestanden, dass sich das Vorhaben bauplanungsrechtlich in die nähere Umgebung einfüge. Der 3. Vorbescheidsantrag wäre zu diesem Zeitpunkt positiv zu bescheiden gewesen. Dieser Vorbescheid hätte Bindungswirkung entfaltet und sich gegenüber dem Planaufstellungsbeschluss und der Veränderungssperre durchgesetzt. Rechtsfehlerhaft stelle das Landgericht darauf ab, dass die Baugenehmigung nicht zeitnah zu erteilen gewesen wäre, weil in dem Verfahren ein Zurückstellungsbescheid hätte ergehen können.

22
Es sei in dem (3.) Bauvorbescheidsantrag vom 13./20. Oktober 2014 nur deshalb nicht nach der „Art der baulichen Nutzung“ gefragt worden, weil über diese mit Bauvorbescheid vom 04. November 2014 positiv beschieden worden sei. Die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung sei seitens der Beklagten bestätigt worden und habe daher festgestanden. Die positive Beantwortung der Frage zur Art der baulichen Nutzung mit Anhörungsschreiben vom 22. September 2014 sowie mit Bauvorbescheid vom 04. November 2014 zur sechsgeschossigen Variante gelte auch für die viergeschossige Variante. Dies ergebe die Auslegung des Bescheides.

23
Wenn der Bauvorbescheid am 05.12.2014 (Entscheidungsreife spätestens am 04.12.2014) erteilt worden wäre, wäre eine Woche später, am 12.12.2014, die Baugenehmigung beantragt worden. Innerhalb dieser Zeit hätte die Klägerin die hierfür erforderlichen Unterlagen beibringen können. Die Prüfung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen hätte die Beklagte innerhalb von fünf Arbeitstagen abschließen müssen, so dass die Bestätigung der Vollständigkeit am 19.12.2014 erfolgt wäre, spätestens aber am 29.12.2014. Die 3-Monats-Frist nach § 69 Abs. 4 Satz 1 SächsBO hätte also zu diesem Zeitpunkt begonnen und wäre spätestens am 30.032015, ggf. auch schon am 20.03.2015, abgelaufen gewesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre die Baugenehmigung zu erteilen gewesen.

24
Zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrages auf Erteilung der Baugenehmigung (im weiteren: Bauantrag) wäre der Beklagten das Vorhaben zudem seit Monaten bekannt gewesen. Die Beklagte hätte das Vorhaben u.a. mehrfach im Rahmen beider Vorbescheide geprüft gehabt. Es wäre daher an sich eine deutlich kürzere Bearbeitungsfrist ausreichend gewesen, weil alle planungsrechtlichen und wasserrechtlichen Fragen bereits mit Einreichung des Bauantrages abschließend entschieden und im anstehenden Prüfungsverfahren nicht mehr zu beurteilen gewesen wären.

25
Das Landgericht irre darin, dass der Beklagten eine Zeitspanne von mindestens drei Monaten zur Bearbeitung des Bauantrages zuzubilligen gewesen wäre. Zwar meine das Landgericht, dass die Verteilung der verschiedenen Nutzungsarten innerhalb des Bauvorhabens im Rahmen der Bauvoranfrage nicht geklärt worden sei. Wie diese Nutzung unter Berücksichtigung der Umgebung konkret im Einzelnen zu verteilen gewesen sei, ergebe sich aber aus rationalen Abwägungen: Gewerbe an der Leipziger Straße und Wohnen im hinteren ruhigen Grundstücksbereich. Dies wäre im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens unstreitig geklärt worden.

4.

26
Der Bauantrag der Klägerin hätte auch positiv beschieden werden müssen.

27
Das Grundstück der Klägerin liege im Innenbereich (§ 34 BauGB). Das Projekt füge sich nach Art, dem Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein.

28
In der vorgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen den Parteien sei es stets unstreitig gewesen, dass sich das Vorhaben nach den Kriterien Art, Maß, überbaubarer Grundstücksfläche und Bauweise in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 BauGB einfüge.

29
Der Innenbereich reiche weit in den hinteren Bereich des Grundstücks der Klägerin hinein. Der Höhenversatz, ca. 18 m vom Elbradweg entfernt, stelle eine natürliche Grenze zum Außenbereich dar.

30
Die „nähere Umgebung“ sei in Bezug auf das Tatbestandsmerkmal der „Art der baulichen Nutzung“ weit zu ziehen. Das Baugrundstück der Klägerin grenzt im Norden an den A…-Platz. Der kreisförmige Platz habe eine verbindende Wirkung sämtlicher sternförmig angrenzender Bereiche. Deshalb sei auch die nördlich von diesem liegende Bebauung bis zur Eisenberger Straße in die prägende Umgebung einzubeziehen.

31
Selbst wenn man begrenzend den A…-Platz, die Leipziger Straße im Osten, im Westen die Elbe und die gedachte Linie zwischen C. Jugendschiff und … Tankstelle, welche das Betriebsgelände der M… GmbH von der H…City trenne, ansehe, finde man auch in diesem Bereich mehrere Gebäude mit Wohnnutzungen.

32
Das geplante Objekt füge sich auch im Hinblick auf das „Maß der baulichen Nutzung“ in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Im Bereich des A…-Platzes finden sich Gebäude mit einer Traufhöhe von 20,80 m bzw. 24,80 m. Folge man dem nicht und lege das M. Vordergebäude als Maßstab an, liege der geplante Neubau mit einer Höhe von 127,14 m ü NHN deutlich unter der Höhe des M. Vordergebäudes und auch des M. Hintergebäudes mit 128,77 m ü NHN. Es unterschreite auch die Höhe der an den A…-Platz angrenzenden Villa G…, die eine Höhe von 128,00 m ü NHN aufweise.

33
Auch bezüglich der Grundfläche füge sich das Vorhaben ein. Der größte Baukörper des geplanten Vorhabens weise eine Grundfläche von 1.867 m² auf. Hingegen habe das M.gebäude eine Grundfläche von 2.170 m². Entsprechendes gelte auch bezogen auf die Grundflächenzahl.

34
Das geplante Bauvorhaben füge sich in die nähere Umgebung auch bezüglich der Bauweise ein. Es weise eine offene Bauweise auf.

35
Es füge sich auch bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche in die nähere Umgebung ein. Mit „Grundstücksfläche, die überbaut werden soll“ im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB sei die räumliche Lage innerhalb der vorhandenen Bebauung gemeint. Es gehe mithin um den Standort des Vorhabens im Sinne von § 23 BauNVO. Entscheidend sei daher, ob man der vorhandenen Bebauung der näheren Umgebung Baulinien, Baugrenzen oder eine bestimmte Bebauungstiefe entnehmen könne. Das Vorhaben reiche nicht weiter als bis zu der natürlichen Baugrenze in Richtung Elbe. Auch die Nachbarbebauung jeweils nördlich und südlich reiche bis unmittelbar an die natürliche Geländezäsur des Höhenversatzes im Gelände zur Elbe heran. Zudem gebe es auch in der näheren Umgebung Gebäude, die senkrecht zur Elbe stehen, wie etwa das M.gebäude oder auch Gebäude, die parallel zur Elbe stehen, wie das vordere M.gebäude oder das Gebäude des P…-Clubs.

36
Die Klägerin habe, wie jeder andere Empfänger auch, den Bescheid vom 04.11.2014 dahingehend auslegen müssen, dass die Art der baulichen Nutzung „Wohnen“ positiv beantwortet worden sei. Dies gelte unabhängig davon, ob das Vorhaben aufgrund seiner Höhe und der Länge eines einzelnen Baukörpers in dieser Gesamtform als nicht zulässig beurteilt worden sei.

37
Auch die Voraussetzungen nach § 78 Abs. 3 WHG hätten vorgelegen. Zwar sei die wasserrechtliche (zweite) Bauvoranfrage vom 14.07.2014 am 04.11.2014 zu Unrecht abgelehnt worden. Wäre der Vorbescheid wie beantragt erteilt worden, wären diese Fragen zum Zeitpunkt der Einreichung des Baugenehmigungsantrages verbindlich positiv geklärt gewesen.

38
Die Klägerin habe auch einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Vorbescheides zu der wasserrechtlichen Frage gehabe. Das Vorhaben liege unstrittig in einem auf der Basis eines 100jährigen Hochwassers (HQ 100) festgesetzten Überschwemmungsgebietes der Stadt. Nach § 78 Abs. 3 WHG sei von der zuständigen Behörde abweichend von § 78 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 WHG die Errichtung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zu genehmigen, wenn im Einzelfall das Vorhaben hochwasserangepasst ausgeführt werde und der Wasserstand, der Hochwasserabfluss und -schutz nicht beeinträchtigt würde. Diese Voraussetzungen seien erfüllt gewesen. Die Bestandsbebauung nehme wesentlich mehr Retentionsraum in Anspruch als das geplante Projekt. Nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Stamm werde auch der Wasserstand und der Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert. Darüber hinaus gebe es in diesem Bereich keinen bestehenden Hochwasserschutz. Auch die Voraussetzung des § 78 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WHG sei erfüllt, da die sogenannte „Evakuierungsebene“ des Vorhabens in jedem Fall im überflutungssicheren Bereich liege.

39
Die Ablehnung des zweiten Vorbescheidsantrages am 04. November 2014 sei rechtswidrig erfolgt. Es sei unrichtig, dass es aufgrund des Hochwassers 2013 neue Erkenntnisse gegeben habe, die in das vorhandene 2 D-HN-Modell erst hätten integriert werden müssen, weil der Wasserstand tatsächlich 20 cm bis 30 cm höher gewesen sei, als dies beim Hochwasser 2002 der Fall gewesen wäre. Diese Aussagen seien unrichtig. Davon würde aber auch die Voraussetzung des § 78 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 WHG nicht wirklich tangiert, da die Voraussetzungen auch bei einem solchen Wasserstand erfüllt seien: Die Erdgeschossebene liege 60 cm über dem Wasserstand, der bei einem Hochwasser HQ 100 eintreten würde. Maßgeblich seien, wie der Sachverständige Prof. Stamm in seinem Gutachten dargestellt habe, die zu ermittelnden Differenzbeträge zwischen dem Zustand auf dem Grundstück heute und dem bei der beabsichtigten Bebauung. Tatsächlich würden sich die Differenzbeträge bei der geplanten Bebauung im Vergleich zu der Bestandsbebauung nicht signifikant verändern, selbst wenn aufgrund des nachkalibrierten Modells höhere Wasserstände zu prognostizieren wären. Schon allein deshalb sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den wasserrechtlichen Vorbescheid positiv zu erteilen und diese Entscheidung auch am 04.11.2014 zu treffen.

40
Der Widerspruch vom 14.11.2014 gegen den ablehnenden wasserrechtlichen Vorbescheid sei zwar mit Widerspruchsbescheid vom 17.06.2015 durch die Landesdirektion zurückgewiesen worden. Zu dieser Zeit sei die Veränderungssperre jedoch bereits in Kraft gewesen. Unter Bezug auf diese Veränderungssperre sei auch der Widerspruch zurückgewiesen worden, also aus rein formalen Gründen, ohne sich inhaltlich mit den Argumenten der Klägerin auseinanderzusetzen. Eine Klage sei wegen Aussichtslosigkeit aufgrund der Veränderungssperre nicht zu erheben gewesen.

41
Mithin wäre über einen Bauantrag zeitnah bereits vor Ablauf der 3-Monats-Frist zu bescheiden gewesen, da alle wesentlichen Fragen das Bauplanungsrecht nach § 34 Abs. 1 BauGB sowie § 78 Abs. 3 WHG betreffend bereits mit den Vorbescheiden geprüft und beschieden worden waren bzw. wären.

42
Ein Zurückstellungsbescheid habe weder am 24.04.2015 noch zu einem anderen Zeitpunkt rechtmäßig ergehen können, da ein wesentliches Planungsziel des Planaufstellungsbeschlusses der Beklagten vom 16.04.2015 – der Gebietshochwasserschutz und der Freihaltebereich -alleine auf die Verhinderung des Projekts der Klägerin angelegt und damit rechtswidrig gewesen sei. Ein Zurückstellungsbescheid müsse auf einer positiven Planungsgrundlage beruhen. Dies ergebe sich aus § 15 BauGB. Das Planungsziel des Aufstellungsbeschlusses vom 16.04.2015 (Gebietshochwasserschutz) sei rechtswidrig gewesen. Zum einen sei die Beklagte für den Gebietshochwasserschutz nicht zuständig. Zum anderen sei dieser auch weder geboten noch erforderlich. Der Freistaat, der zuständig gewesen wäre, habe nicht beabsichtigt, in dem betreffenden Gebiet eine Hochwasserschutzanlage zu errichten. Zudem habe sich eine Situationsveränderung durch das Hochwasser 2013 im Hinblick auf die Wasserstände nicht ergeben. Eine Änderung habe sich auch nicht im Hinblick auf die Schadenspotentiale gezeigt.

43
Die Klägerin hätte den Antrag auf Erteilung der Baugenehmigung noch im Dezember 2014 eingereicht. Die Beklagte selbst sei davon ausgegangen, dass die Frage des Schallschutzes erst im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen wäre. So sei im Schreiben vom 04. November 2014 (Anlage K40) ausgeführt worden, dass im Baugenehmigungsverfahren gegebenenfalls gutachterlich nachzuweisen sei, dass die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt seien. Auch aus einer E-Mail der Sachbearbeiterin, Frau B., ergebe sich, dass der Schallschutznachweis erst im Baugenehmigungsverfahren zu erbringen sei. Die Bauplanungsunterlagen (Grundrisse, Ansichten, Schnitte, Lagepläne, Abstandsflächenplan, Flächenberechnungen, alle Unterlagen für den wasserrechtlichen Vorbescheid, dessen Vollständigkeit am 02. September 2014 bestätigt worden sei), seien bereits im September des Jahres 2014 fertig gewesen. Ohne die Fertigstellung der Entwurfsunterlagen gemäß der Leistungsphase 3 zu § 33 HOAI wäre auch die Erstellung der planungsrechtlichen (1. und 3.) und des wasserrechtlichen (2.) Bauvorbescheidsanträge nicht möglich gewesen. Die Statik und der Brandschutznachweis würden erst vor Baubeginn bei der Behörde eingereicht und seien zuvor Gegenstand von Auflagen. Bei den noch ausstehenden Unterlagen handele es sich im Wesentlichen um die erforderlichen Formblätter für den Bauantrag und die Vervielfältigung der Pläne, die innerhalb von wenigen Tagen hätten erstellt werden können. Ein Schallgutachten wäre mangels Emissionskonflikten nicht erforderlich gewesen.

44
Letztlich wäre noch vor Erlass der Veränderungssperre eine Baugenehmigung zu erteilen gewesen.

45
Der Bauantrag hätte insbesondere nicht zurückgestellt werden dürfen, da zum einen der Vorbescheid bzw. die Vorbescheide sich gegen die Zurückstellung durchgesetzt hätten und zum anderen ein wesentliches Planungsziel des Aufstellungsbeschlusses am 16. April 2015 rechtswidrig gewesen sei und auch deshalb eine Zurückstellung nicht hätte erfolgen dürfen.

46
Dies gelte auch für eine fiktive Zurückstellung des Bauantrages am 24.04.2015. Die Beklagte habe zwar am 16.04.2015 einen Planfeststellungsbeschluss gefasst, der vorgebe, ein positives Planungsziel zu verfolgen. Ganz offensichtlich ziele dieser aber darauf ab, eine Zurückstellung von Bauanträgen und Bauvorbescheidsanträgen der Klägerin sowie den Erlass einer Veränderungssperre zu rechtfertigen. Sie verfolgten kein positives Planungsziel, sondern waren allein darauf gerichtet, das Vorhaben der Klägerin zu verhindern. Im Übrigen sei der beabsichtigte Bebauungsplan aufgrund der Festsetzung zum Hochwasserschutz nicht vollzugsfähig gewesen.

47
Der tatsächlich von der Beklagten erlassene Zurückstellungsbescheid vom 27.02.2015 sei nicht für sofort vollziehbar erklärt worden. Dass die Beklagte den Sofortvollzug in Bezug auf den Bauvorbescheid tatsächlich nicht angeordnet habe, sei ein Umstand, den das Gericht bei Bildung seiner freien Überzeugung zu würdigen habe. Es sei widersprüchlich bei Beurteilung des hypothetischen Kausalverlaufs anzunehmen, die Beklagte hätte bei einer im Dezember 2014 beantragten Baugenehmigung den dann ebenfalls am 27.02.2015 erlassenen Zurückstellungsbescheid gegenüber dem Baugenehmigungsantrag für sofort vollziehbar erklärt, während dies im tatsächlich erlassenen Zurückstellungsbescheid vom 27.02.2015 gegenüber dem dritten Vorbescheidsantrag nicht der Fall war.

48
Letztlich könne es aber dahinstehen, ob die Beklagte mit der Zurückstellung nach § 15 BauGB noch ein Mittel gehabt hätte, das Vorhaben zu verhindern. Mit einem entsprechenden Einwand würde die Beklagte letztlich geltend machen, dass sie den Schaden auch durch ein rechtmäßiges Alternativverhalten hätte herbeiführen können. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei jedoch schon der Einwand zurückzuweisen, dass bei Einreichung der Bauvoranfrage die bestehende rechtliche Möglichkeit, das Vorhaben zu verhindern, die Kausalitätskette unterbreche. Daher müsse der Einwand, dass auch noch später eine rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung des Vorhabens bestanden habe, erst Recht zurückgewiesen werden.

49
Im Rahmen des Kausalverlaufs sei zudem zu berücksichtigen, dass der Erlass einer für sofort vollziehbar erklärten Zurückstellung eine eigene Amtspflichtverletzung darstellen würde. Die Beklagte hätte eine solche Zurückstellung auf einen rechtswidrigen Planaufstellungsbeschluss stützen und damit eine weitere Amtspflichtverletzung begehen müssen. Zum einen sei der Aufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 unter Verstoß gegen § 20 Abs. 1 SächsGemO gefasst worden. Entsprechend habe die Landesdirektion unter dem 27.02.2015 einen Beanstandungsbescheid erlassen, dem die Beklagte am 16.04.2015 durch Aufhebung des Beschlusses vom 22.01.2015 auch nachgekommen sei. Die Beklagte habe zudem bereits seit dem Schreiben der Landesdirektion vom 13.02.2015 um die Rechtswidrigkeit ihres Planaufstellungsbeschlusses gewusst.

50
Entsprechend der Auskunft der Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dresden wäre des weiteren über einen Antrag der Klägerin auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung binnen 42 Tagen entschieden worden. Einen solchen Antrag hätte die Klägerin unmittelbar im Anschluss an den Zugang des Zurückstellungsbescheides vom 27.02.2015 eingereicht. Mit dem Beschluss wäre daher kurzfristig die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs angeordnet worden, weshalb der Bauantrag hätte weiterbearbeitet werden müssen.

51
Die Kernelemente der im April 2015 beschlossenen Bebauungsziele hätten auf einem interfraktionellen Antrag der Fraktionen „Rot- Rot- Grün“ basiert. Die Beschlussfassung habe sich gravierend von der vom Stadtplanungsamt erarbeiteten Beschlussvorlage unterschieden, mit der das klägerische Vorhaben im Einklang gestanden hätte. Hinter dem Antrag hätten Interessen des Vereins „F… E…“ gestanden. Man habe nur den Schein des Gebietshochwasserschutzes wahren wollen.

52
Die Beklagte verletze durch ihre nur vorgeschobene bauleitplanerische Aktivität den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung bis heute. So hätte z.B. der Beigeordnete für Stadtentwicklung und Bau jederzeit, insbesondere angesichts der Prominenz des Falls und um den Schaden zu regulieren, eingreifen können.

5.

53
Die Klägerin trägt im Weiteren zu dem ihr entstandenen Schaden vor und bietet Sachverständigenbeweis für die damalige Finanzierbarkeit des Vorhabens an.

54
Die Klägerin hat zunächst im Wege der offenen Teilklage beantragt,

55
unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Dresden vom 08. November 2016, Az.: 5 O 1573/15, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3 Mio € nebst Zinsen in Höhe von 9 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus ab Rechtshängigkeit zu bezahlen.

56
Die Klägerin beantragt nunmehr,

57
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 18.444.967,00 € zuzüglich Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB jeweils seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

58
Darüber hinaus die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB zu zahlen,

59
aus dem Betrag von 6.277.483,50 € seit dem 31.07.2015 und bis Rechtshängigkeit des Anspruchs,

60
aus dem Betrag von 4.636.241,75 € seit 01.10.2016 und bis Rechtshängigkeit des Anspruchs sowie

61
aus dem Betrag von 4.636.241,75 € seit dem 01.10.2017 und bis Rechtshängigkeit des Anspruchs.

62
Die Beklagte beantragt,

63
die Berufung zurückzuweisen.

64
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

65
In den dem zuständigen Amtswalter der Beklagten am 23.10.2015 vollständig vorgelegenen Unterlagen für einen Antrag auf Bauvorbescheid sei gefragt gewesen, ob das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung, ohne Fragestellung zur Erschließung, entspreche. Gefragt gewesen sei nicht, ob das Vorhaben nach Art der baulichen Nutzung der Eigenart der näheren Umgebung entspreche; gefragt gewesen sei auch nicht, ob sich das Vorhaben im Hinblick auf Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und/oder die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt seien. Die Klägerin habe vielmehr ausdrücklich angegeben, die Frage nach der Einhaltung des planungsrechtlichen Gebots zur Rücksichtnahme nicht geprüft haben zu wollen.

66
Es könne dahinstehen, ob die Verpflichtung bestanden habe, über den Antrag auf Bauvorbescheid bis zum 23.01.2015 zu befinden, denn über ihn wäre jedenfalls nicht positiv im Sinne der Klägerin zu entscheiden gewesen.

67
Es habe auch keine Verpflichtung bestanden bereits im Dezember 2014 darüber zu entscheiden. Die gesetzgeberische Entscheidung, die zeitliche Vorgabe des § 69 Abs. 4 SächsBO nicht in § 75 SächsBO für anwendbar zu erklären, gewähre der Gemeinde einen weitergehenden zeitlichen Spielraum, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten und die Voraussetzungen nach Maßgabe der §§ 14 oder 15 BauGB zu schaffen.

68
Aber auch dies könne dahinstehen. Denn es gebe nicht nur eine einzig richtige bzw. vertretbare Entscheidung, die darin bestehen musste zu bestätigen, dass das Vorhaben der Eigenart der näheren Umgebung entspreche. Die Entscheidung über den dritten Vorbescheidsantrag habe schon auf Grundlage der zurückliegenden Planaufstellungsbeschlüsse aus den Jahren 2010 bzw. 2012 zurückgestellt werden können. Es ginge auch nicht um den Zeitpunkt, zu dem die Klägerin den Bauantrag gestellt hätte, sondern um den, zu dem die Bauvorlagen für den Bauantrag vollständig eingereicht gewesen wären. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellen würde, diese hätten bis Ende Dezember 2014 vollständig vorgelegen, habe erst damit die mit Blick auf das noch zu absolvierende Prüfprogramm zur planungsrechtlichen Zulässigkeit des Vorhabens beachtliche Frist des § 69 Abs. 4 BauGB zu laufen begonnen. Diese wäre am 19.02.2015 noch nicht verstrichen gewesen.

69
Auch die wasserrechtliche Bauvoranfrage sei nicht zu Unrecht abgelehnt worden. Die Ablehnung habe zu Recht darauf beruht, dass die Voraussetzungen für eine Ermessensentscheidung mit Blick auf § 78 Abs. 3 WHG nicht festgestanden hätten.

70
Auf die von der Klägerin zu Unrecht geübte Kritik am städtebaulichen Planungsziel der Beklagten komme es nicht an.

71
Die Belange des Hochwasserschutzes seien zudem in § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB ausdrücklich genannt. Die von der Klägerin vertretene These, es habe dem Freistaat die Bau- und Unterhaltungslast für öffentliche Hochwasserschutzanlagen oblegen, weshalb der öffentliche Hochwasserschutz nicht Planungsbelang der Beklagten sein könne, verkenne, dass die Planungsgewalt der Gemeinde hier nicht eingeschränkt sei.

72
Abgesehen davon führe das Planungsziel, einen Bereich freizuhalten, damit dort später eine Anlage des öffentlichen Hochwasserschutzes errichtet werden könne, nicht offensichtlich zu einem Mangel, erst Recht nicht zu einem nicht behebbaren.

73
Die Festsetzung in einem Bebauungsplan als „Negativplanung“ sei nicht einmal dann zu beanstanden, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung bestimmter städtebaulich relevanter Nutzungen bestünde. Dies sei vielmehr Ziel der Bauleitplanung.

74
Ein einen begünstigenden Verwaltungsakt ablehnender Bescheid habe keine Feststellungswirkung zugunsten des Adressaten, erst recht keine mit Blick auf solche Elemente seiner Begründung, auf denen die Regelung nicht beruhe.

75
Dass auch ein geteilter Gebäuderiegel in Verlängerung der Erfurter Straße keiner offenen Bauweise entsprochen haben würde, sei von der Klägerin nicht kommentiert worden.

76
Nach Ansicht der Beklagten habe nicht vor dem 23.01.2015 über den streitgegenständlichen Antrag entschieden werden müssen, denn der Antrag vom 23.10.2014 habe ein eigenes Verwaltungsverfahren in Gang gesetzt, weil er ein anderes Bauvorhaben betroffen habe. Jede Bauanfrage oder jede Bauvoranfrage könne eine Gemeinde zum Anlass nehmen, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten, wobei weder im Dezember 2014 noch im Januar 2015 oder später materiell im Sinne der Klägerin zu entscheiden gewesen wäre.

77
Der Zurückstellungsbescheid vom 27.02.2015 hätte schon im Dezember 2014 erlassen werden können. Dies sei jedenfalls mit Blick auf das rechtmäßige Alternativverhalten beachtlich.

78
Der Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 sei auch nicht formal rechtswidrig gewesen. Es treffe nicht zu, dass eine wegen Befangenheit ausgeschlossene Stadträtin mitgewirkt habe. Letztlich komme es aber schon mit Rücksicht auf die Beschlüsse vom 03.02.2010 und 19.01.2012 darauf nicht an. Der Bescheid vom 24.04.2015 (Anlage BB1, Bl. 389 ff. d.A.) sei im Übrigen für sofort vollziehbar erklärt worden.

79
Das Bauvorhaben hätte sich nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht eingefügt. Das gelte zunächst für die Höhe. Sogar aus der Schnittdarstellung (Anlage BK17, letzter Gebäudeschnitt; ebenso Anlage BK32, Bl. 520 d.A.) ergebe sich, dass im sogenannten „Längsriegel“ eine Höhe von 130,54 m ü NHN für das sechste Obergeschoss (Turm) die behauptete absolute Höhe des M.gebäudes bei weitem überschreite. Weder das Eckgebäude zwischen Leipziger Straße und Weimarer Straße noch das M.gebäude seien insoweit maßgeblich. Das neue Vorhaben der Klägerin habe mit Blick auf die Höhe der Gebäude auch im Übrigen den bestehenden Rahmen nicht eingehalten. Die viergeschossigen Gebäude hätten sich nicht eingefügt, sondern das Ortsbild beeinträchtigt. Das M.gebäude sei als Fremdkörper auch nicht maßstabsbildend. Das Vorhaben hätte sich aber auch mit Blick auf die Bauweise nicht eingefügt. Anders als die Klägerin meine, entsprächen Gebäude mit einer Länge von mehr als 50 m nicht der offenen Bauweise. Im Übrigen hätte sich das Vorhaben auch nicht mit Blick auf die überbaubare Grundstücksfläche eingefügt. Vor dem Hintergrund der Besonderheiten des sogenannten „M.gebäudes“ als städtebaulich nicht gewolltem Fremdkörper einerseits und der G…´schen Villa als städtebaulich gewollter Ausnahme andererseits, komme es letztlich sogar nicht darauf an, ob die Höhe der Gebäude des Bauvorhabens der Klägerin schon der Eigenart der Umgebung widersprächen oder sich das Vorhaben nicht einfüge.

80
In dem zu absolvierenden Prüfprogramm sei zudem ausdrücklich nicht nach der Einhaltung des Rücksichtnahmegebots gefragt worden. Ebenso wenig seien die Anforderungen an die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu untersuchen gewesen.

81
Für die Beurteilung, ob ein Bebauungszusammenhang im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung bestehe, sei allein auf die seinerzeit äußerlich wahrzunehmenden Verhältnisse abzustellen. Dabei müsse ein Kleingartengebiet, das nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen diene, für die Beurteilung außer Betracht bleiben. Auch die Natursteinmauer als äußerliche Grenze wirke sich nicht auf einen Bebauungszusammenhang aus. Der insoweit maßgebliche Untersuchungsrahmen ergebe sich allenfalls in der G…´schen Villa, die zwar einige wenige Wohnungen aufweise. Zwingend oder gar dominierend sei die Wohnnutzung hier aber nicht.

82
Auch wenn die Klägerin nach entsprechender Gestattung der Bauaufsichtsbehörde den Brandschutznachweis erst bei Baubeginn hätte vorlegen können, sage dies nichts darüber, dass die einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung darin bestanden hätte, der Klägerin dies nachzulassen.

83
Ein gerichtlicher Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine für sofort vollziehbar erklärte Zurückstellung des hypothetisch eingereichten Bauantrages wäre nicht nur nicht erfolgreich gewesen. Sie wäre bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 49 Tagen auch nicht vor Bekanntmachung des vorsorglich neu gefassten Aufstellungsbeschlusses vom 17.04.2015 am 23.04.2015 ergangen. In jedem Fall habe der Amtswalter der Beklagten aber mit seinem dann hypothetisch ebenfalls ergehenden Bescheid vom 24.04.2015 das Baugesuch erneut zurückstellen können.

84
Soweit sich in einem Gemeinderat in Abhängigkeit von seiner Zusammensetzung infolge einer Kommunalwahl die Willensbildung ändere, sei dies keine Amtspflichtverletzung, sondern dem Wesen einer freiheitlich demokratischen Grundordnung immanent.

85
Der Senat hat mit der Durchführung eines Augenscheins und der Einholung einer amtlichen Auskunft der Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dresden Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll des Augenscheins und auf die schriftliche Auskunft der Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dresden vom 12.01.2018 verwiesen. Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten einschließlich der Protokolle der Verhandlungstermine Bezug genommen, insbesondere auch auf das zu den Akten gereichte Kartenmaterial und die Fotografien.

II.

A.

86
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden, §§ 517, 519, 520 ZPO.

87
Die erst in der Berufungsinstanz von der Klägerin vorgenommene Klageerweiterung ist zulässig. Der Senat hat über diesen Teil der Klageforderung sachlich zu entscheiden, weil die Erhöhung des Klagebetrages nach § 264 Nr. 2 ZPO nicht als Änderung der Klage anzusehen ist. Es liegt daher kein Fall des § 263 ZPO vor. Nur auf diese Vorschrift bezieht sich § 533 ZPO, der die Zulässigkeit einer Klageänderung in der Berufungsinstanz einschränkt (BGH, Urt. v. 22.04.2010, Az.: IX ZR 160/09, juris, m.w.N.).

B.

88
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Schadenersatz aus Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB, der einzigen in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage, zu. Die der Beklagten anzulastende Amtspflichtverletzung, verzögerlich über den 3. Vorbescheidsantrag entschieden zu haben, begründet den geltend gemachten Schadenersatzanspruch nicht.

I.

89
Die Beklagte hat eine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Amtspflicht verletzt, weil sie über den Antrag der Klägerin auf Erteilung eines Bauvorbescheides vom 13./20.10.2014 nicht mit der gebotenen Beschleunigung entschieden hat.

1.

90
Die Beklagte hat den Bauvorbescheidsantrag der Klägerin vom 13.10.2014, dessen Vollständigkeit sie am 23.10.2014 bestätigt hat, pflichtwidrig verspätet erst am 19.06.2015 beschieden, obwohl sie ihn zügig – innerhalb der ersten Dekade des Dezembers 2014, wohl bis zum 04.12.2014 – hätte bescheiden müssen.

91
Jede Behörde hat die Amtspflicht, die an sie gestellten Anträge mit der gebotenen Beschleunigung innerhalb einer angemessenen Frist zu behandeln und die Anträge, sobald eine ordnungsgemäße Prüfung abgeschlossen ist, in angemessener Frist zu bescheiden (Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 Rn.130 m.w.N.). Es entspricht daher ständiger obergerichtlicher und höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass den Träger der für das Vorhaben der Klägerin zuständigen Baugenehmigungsbehörde – hier die Beklagte, §§ 57 Abs.1 Nr. 1, 68 Abs. 1, 75 SächsBO – die Amtspflicht trifft, ein Baugesuch gewissenhaft, förderlich und sachdienlich zu behandeln und ohne vermeidbare Verzögerung innerhalb angemessener Frist zu bescheiden sowie jedwede Schädigung des Bauwerbers zu unterlassen (BGH, Urt. v. 23.01.1992, Az.: III ZR 191/90, NJW 1993, 1791; Urt. v. 24.01.1972, Az.: III ZR 9/90, WM 1972, 743).

92
Nach § 75 SächsBO ist auf Antrag (Bauvoranfrage) über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbstständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Den Antrag hat die Bauaufsichtsbehörde – hier die Beklagte – rechtzeitig und ordnungsgemäß zu bescheiden. Aus dem Charakter des Vorbescheids als Ausschnitt aus dem feststellenden Teil der Baugenehmigung ergibt sich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf einen positiven Vorbescheid hat, wenn das Vorhaben in dem Umfang dem öffentlichen Baurecht entspricht, in dem es zur Prüfung gestellt worden ist. Es ist anerkannt, dass die Verzögerung der Entscheidung über ein Baugesuch – entsprechendes gilt für die Bauvoranfrage – den Tatbestand einer Amtspflichtverletzung erfüllen kann (BGH, Beschl. v. 23.01.1992, Az.: III ZR 191/90, NVwZ 1993, 299; Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00; BGH, Urt. v. 23.09.1993, Az.: III ZR 54/92, m.w.N.).

1.1

93
Welcher Zeitraum für die Bearbeitung eines Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids angemessen ist, kann nicht abstrakt beantwortet werden, sondern ist jeweils eine Frage des Einzelfalls.

94
Welche Frist angemessen, welche Beschleunigung geboten ist, bestimmt sich nicht allein nach dem Interesse des Antragstellers oder des durch die erbetene Entscheidung betroffenen Einzelnen, sondern auch danach, dass im Einzelfall eine sachgerechte Entscheidung ausreichend vorbereitet und ermöglicht wird (OLG Koblenz, Urt. v. 07.02.2007, Az.: 1 U 248/06, juris, m.w.N.). Der Umfang des Vorhabens, die tatsächliche und/oder rechtliche Komplexität der zu beantwortenden Fragen wie auch etwaig eine unnormale besondere Belastung der Behörde sind bei der Beurteilung des angemessenen Bescheidungszeitraums zu berücksichtigen.

95
Generelle Anhaltspunkte für eine angemessene Bearbeitungsdauer ergeben sich aus § 69 Abs. 4 Satz 1, 2 SächsBO, wonach die Bauaufsichtsbehörde innerhalb von drei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen über den Bauantrag entscheidet. § 75 SächsBO, der die Bauvoranfrage regelt, nimmt zwar ausdrücklich nicht auf § 69 Abs. 4 SächsBO Bezug. Jedoch kommt hier der Erst-Recht-Schluss in Betracht: Wenn schon über die vollständige Baugenehmigung binnen drei Monaten zu entscheiden ist, dann erst recht über einen abgrenzbaren Teil der Baugenehmigung. Zwar ist für die Baugenehmigung insoweit auch § 69 Abs. 4 S. 4 SächsBO zu beachten: Wenn besondere Gründen vorliegen, kann die Bescheidungsfrist um maximal zwei Monate verlängert werden. Für die Bearbeitung einer Bauvoranfrage als bloßem abgrenzbarem Teil der Baugenehmigung kann aber jedenfalls grundsätzlich kein längerer Zeitraum als drei Monate angemessen sein.

96
Auch die Regelung zur verwaltungsgerichtlichen Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) bildet einen Anhaltspunkt. Allerdings lässt sich aus ihr kein Hinweis darauf herleiten, dass eine Pflichtverletzung erst bei einer Verzögerung von mindestens drei Monaten angenommen werden könnte. Die für eine Untätigkeitsklage erforderliche 3-Monats-Frist stellt lediglich eine besondere Prozessvoraussetzung dar; dies schließt nicht etwa die Möglichkeit aus, dass auch ein kürzerer Verzögerungszeitraum zu einer Schädigung des Bürgers führen kann, für die die Verwaltung einzustehen hat, soweit die sonstigen Voraussetzungen einer schuldhaften Pflichtverletzung erfüllt sind (BGH, Beschl. v. 21.09.1989, Az.: III ZR 41/88; BGH, Beschl. v. 23.01.1992, Az.: III ZR 191/90, juris).

1.2

97
Bereits den allgemeinen Zeitrahmen für eine Bescheidung von drei Monaten hat die Beklagte hier – unabhängig von der Frage der Zurückstellung, die erst am 27.02.2015, mithin über vier Monate nach Bestätigung der Vollständigkeit der Antragsunterlagen, erfolgte – weit überschritten.

98
Im vorliegenden Einzelfall durfte die Beklagte aber nicht einmal die 3-Monats-Frist, die generell als Anhaltspunkt für den Bearbeitungszeitraum dienen mag, ausnutzen. Vielmehr hätte sie den Antrag zügiger innerhalb eines Zeitraums von ca. sechs Wochen bescheiden müssen.

99
Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass dem Antrag der Klägerin vom 13.10.2014 am 13.05.2014 ein weitgehend vergleichbarer Bauvorbescheidsantrag, jedoch für eine sechsgeschossige Bauweise mit durchgehendem L-Baukörper, vorausgegangen ist. Die Beklagte war mithin schon längere Zeit mit dem Bauvorhaben der Klägerin, insbesondere auch in Bezug auf den Prüfungskatalog des § 34 Abs. 1 BauGB, befasst. Zudem war der Fragenkatalog für den streitgegenständlichen 3. Bauvorbescheidsantrag weniger umfangreich als die mit dem 1. Antrag gestellten Fragen. Im 3. Antrag wurde gefragt, ob das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung, ohne Fragestellung zur Erschließung, entspricht. Gefragt wurde nicht, ob das Vorhaben nach Art der baulichen Nutzung der Eigenart der näheren Umgebung entspreche oder ob sich das Vorhaben im Hinblick auf Art und Maß der baulichen Nutzung, die Bauweise und die Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge und/oder die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt sind. Die Klägerin gab vielmehr an, die Frage nach der Einhaltung des planungsrechtlichen Gebots zur Rücksichtnahme nicht geprüft haben zu wollen.

100
Anhaltspunkte, dass im konkreten Fall ausnahmsweise eine längere Bearbeitungsfrist zulässig gewesen wäre, liegen nicht vor. Das für die Beantwortung der Bauvoranfrage zu absolvierende Prüfprogramm war (angesichts der Vorbefassung) weder besonders umfangreich noch – wegen der Vorbefassung – nunmehr besonders schwierig. Insbesondere stand die Frage der Ausnahme nach § 78 Abs.3 WHG (die mit dem 2. Vorbescheidsantrag geklärt werden sollte) bzw. der Einhaltung der Anforderung an die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse wegen der Lage des Bauvorhabens im festgesetzten Überschwemmungsgebiet ebenso wenig zur Beantwortung an wie die Frage nach der Einhaltung des Rücksichtnahmegebotes.

101
In Abwägung der vorliegenden Umstände geht der Senat daher davon aus, dass im konkreten Fall binnen einer kürzeren Frist zu entscheiden gewesen wäre, die ca. 6 Wochen nach Bestätigung der Vollständigkeit der Unterlagen am 23.10.2014 (§ 69 Abs.4 S. 2 SächsBO; BGH, Urt. v. 23.01.92, Az.: III ZR 191/90, juris), also am 04.12.2014 abgelaufen ist.

2.

102
Die von der Beklagten verletzte Amtspflicht war auch drittschützend zugunsten der Klägerin.

103
Die in Rede stehende Pflicht zur zügigen Bescheidung ihres Antrages auf Erteilung eines Bauvorbescheides diente gerade ihrem Schutz als Antragstellerin.

104
Geschützter Dritter in den Fällen einer rechtswidrigen Ablehnung oder Verzögerung einer Baugenehmigung ist grundsätzlich der Antragsteller (Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 Rn. 575). Der Antragsteller ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann, wenn die Behörde einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Bauvorbescheides zu Unrecht abgelehnt hat, der in seinen durch § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB geschützten Belangen Betroffene (BGH, Urteil vom 24.02.1994, Az.: III ZR 6/93, juris; Schumacher, Handbuch der Kommunalhaftung, 5. Aufl., Kap. 1, Rn. 319 m.w.N.).

105
Dass die Klägerin erst später Eigentümerin des Baugrundstücks wurde, ist daher irrelevant. Es steht nicht im Streit, dass die Klägerin Bauherrin sein wollte und sie privatrechtlich hierzu auch berechtigt war.

II.

106
Die verantwortlichen Beamten der Beklagten trifft auch ein Verschulden daran, dass sie über die Bauvoranfrage der Klägerin nicht in angemessener Frist entschieden haben.

1.

107
Nach dem objektivierten Sorgfaltsmaßstab des § 276 BGB, der auch im Rahmen des § 839 BGB gilt, kommt es für die Verschuldensfrage auf die Kenntnisse und Einsichten des Beamten an, die für die Führung des übernommenen Amtes erforderlich sind. Jeder Beamte muss die für sein Amt erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse besitzen oder sich verschaffen (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, für viele: BGH, Urt. v. 23.09.1993, Az.: III ZR 54/92, a.a.O. m.w.N.).

2.

108
Die für die Prüfung des Antrags (Bauvoranfrage) zuständigen Beamten mussten wissen, dass sie ihre Entschließung betreffend die Bauvoranfrage der Klägerin nicht beliebig hinauszögern durften.

3.

109
Etwaige Absichten der Beklagten, bauleitplanungsrechtlich tätig zu werden, stehen dem Verschulden nicht entgegen. Auch wenn eine Kommune ein Vorhaben zum Anlass nehmen darf, bauleitplanerisch tätig zu werden, muss sie auch in diesen Fällen das Baugesuch mit der gebotenen Beschleunigung bearbeiten.

3.1

110
Es ist zwar nicht unzulässig, dass eine Gemeinde einen Bauantrag oder eine Bauvoranfrage, die nach der bei Antragseingang bestehenden Rechtslage positiv beschieden werden müsste, zum Anlass nimmt, ändernde Bauleitplanungsmaßnahmen einzuleiten und diese nach Maßgabe der §§ 14, 15 BauGB zu sichern. So ist es denkbar, dass die Gemeinde den Zeitraum, der für eine ordnungsgemäße Bearbeitung der Bauvoranfrage ohnehin erforderlich ist, zugleich dazu nutzt, derartige Maßnahmen zu ergreifen. Liegt dann in dem Zeitpunkt, zu dem die ordnungsgemäße und zügige Bearbeitung des Gesuchs abgeschlossen sein muss, der Aufstellungsbeschluss für eine geänderte Planung gemäß § 14 BauGB vor, ist die Gemeinde nicht gehindert, eine Zurückstellung des Vorhabens nach § 15 BauGB zu beantragen. Eine derartige Verfahrensweise müsste vom Antragsteller hingenommen werden (BGH, Beschl. v. 23.01.1992, Az.: III ZR 191/90, juris; BGH, Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00, BVerwG, Urt. v. 09.02.1989, Az.: 4 B 236.88, NVwZ 1989, 661 m.w.N.).

111
Vorliegend hatte die Beklagte zu dem Zeitpunkt, zu dem die Bauvoranfrage spätestens hätte beschieden sein müssen, mithin im Dezember 2014, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Zurückstellung des Gesuchs nach § 15 BauGB aber (noch) nicht geschaffen. Dies hätte einen (wirksamen) Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes und dessen ortsübliche Bekanntmachung erfordert (Schrödter/Rieger, BauGB, 8. Aufl., § 15 Rn. 7). Die Beklagte hatte eine Planaufstellung gerade noch nicht beschlossen; das geschah erst am 22.01.2015. Erst recht war eine Veränderungssperre war noch nicht in Kraft gesetzt worden.

112
Die Tatsache, dass das Bauvorhaben der Klägerin im Widerspruch zu den Bauleitplanungszielen stand, die die nunmehrige Stadtratsmehrheit formulierte und die dann in den Planaufstellungsbeschlüssen vom 22.01.2015/16.04.2015 auch so umgesetzt wurden, rechtfertigte vor der tatsächlichen Beschlussfassung und öffentlichen Bekanntmachung der Planaufstellungsbeschlüsse weder eine formelle noch eine faktische Zurückstellung (Nichtbearbeitung).

3.1.1

113
Die Klägerin beabsichtigte zwar, das zur Verfügung stehende Gebiet mit einem größeren Wohn- und in geringem Maß Gewerbeprojekt vollständig zu belegen. Die Beklagte strebt(e) im südwestlich der Elbe zugewandten Teil des Gebietes ein Freihalten von Bebauung an. Dieser Bereich soll(te) Grün- und Freiflächen enthalten und für die Freizeit und Erholung zur Verfügung stehen. Aus den Aufstellungsbeschlüssen aus dem Jahr 2015 war eindeutig erkennbar, dass die Flächen teilweise für den Hochwasserschutz und das Wohnen ergänzende Nutzungsarten vorbehalten bleiben sollten, was mit dem Vorhaben der Klägerin zumindest zu Problemen hinsichtlich eines planerischen Ausgleichs zwischen den Interessen der Stadt an einem städtischen Übergang zum Landschaftsraum der Elbe und ihrer Ufer geführt hätte.

114
Diese städtebauliche Absicht war ansatzweise auch im Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan Nr. 357 vom 03.02.2010 und in dem Beschluss der Stadtverordneten der Beklagten, den vorgenannten Plan weiterzuentwickeln vom 19.01.2012, enthalten. Ob diese Beschlüsse aber eine hinreichende Grundlage für eine Zurückstellung nach § 15 BauGB gewesen wären, insbesondere die Pläne der Klägerin die Umsetzung der in diesen Beschlüssen gefassten Bauleitplanungsabsichten der Beklagten verhindert hätten, kann letztlich offen bleiben. Die Beklagte hat eine Zurückstellung der Bauvoranfrage vom 13.10.2014 nach Maßgabe des § 15 BauGB gestützt auf diese Beschlüsse gerade nicht erklärt. Sie kann sich insoweit auch nicht auf rechtmäßiges Alternativverhalten berufen (dazu sogleich unten unter 3.2).

3.1.2

115
Die bloße Absicht der Beklagten, für das betreffende Gebiet ein Bebauungsplanverfahren mit anders gearteten Zielen einzuleiten, berechtigte sie nicht, eine Entscheidung über die Bauvoranfrage für das Vorhaben der Klägerin hinauszuzögern, wenn dieses nach der – noch – gültigen Rechtslage planungsrechtlich zulässig war. Der Anspruch auf einen positiven Bescheid durfte nicht dadurch vereitelt werden, dass die Entscheidung bis zum Wirksamwerden eines Aufstellungsbeschlusses hinausgeschoben wurde. Die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Rechtsposition des Grundeigentümers wie auch der Klägerin als Anwartschaftsrechtsinhaberin war solange zu beachten, wie die kommunale Planung nicht aufgrund des gesetzlich vorgesehenen planerischen Instrumentariums gesichert werden kann. Die bewusste Nichtbearbeitung des entscheidungsreifen Bauvorantrages zu dem Zweck, jenes planerische Instrumentarium überhaupt erst in Funktion zu setzen, war daher amtspflichtwidrig (BGH, Beschl. v. 23.01.1992, Az.: III ZR 191/90, a.a.O.; BGH, Urt. v. 23.09.1993, Az.: III ZR 54/92, a.a.O.; BGH, Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00, a.a.O.).

3.2

116
Die Beklagte kann sich insoweit auch nicht auf den – an sich im Rahmen der Kausalität zu prüfenden – Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens stützen.

3.2.1

117
Die Berufung des Schädigers auf rechtmäßiges Alternativverhalten, das heißt der Einwand, der Schaden wäre auch bei einer ebenfalls möglichen, rechtmäßigen Verhaltensweise entstanden, kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zurechnung eines Schadenserfolgs beachtlich sein (BGH, Urt. v.19.03.2008, Az.: III ZR 49/07, NVwZ 2008, 815; Urt. v. 03.02.2000, Az.: III ZR 296/98, BGHZ 143, 362, 365 f m.w.N.; BGH, Urt. v. 02.11.2016, Az.: XII ZR 153/15, WuM 2017, 18 Rn. 24 m.w.N.; Urt. v. 25.11.1992, Az.: VIII ZR 170/91, BGHZ 120, 281, 285 f., Urt. v. 24.10.1985, Az.: IX ZR 91/84, BGHZ 96, 157, 171 ff). Entscheidend ist der Schutzzweck der jeweils verletzten Norm (BGH, Urt. v. 03.02.2000, Az.: III ZR 296/98, juris; Urt. v. 02.11.2016, Az.: XII ZR 153/15, juris; Urt. v. 25.11.1992, Az.: VIII ZR 170/91, juris; Urt. v. 24.10.1985, Az.: IX ZR 91/84, juris). Bei Amtshaftungsansprüchen hat der Bundesgerichtshof rechtmäßiges Alternativverhalten insbesondere berücksichtigt, wenn der Behörde ein Verfahrensfehler unterlaufen war und sie bei einem ordnungsgemäßen Verfahren zu der gleichen Entscheidung hätte kommen oder sofern sie selbst eine fehlende Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen müssen (BGH, Urt. v. 03.02. 2000, Az.: III ZR 296/98, a.a.O. m.w.N.). Denn der Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens setzt voraus, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus (BGH, Urt. v. 02.11. 2016, Az.: XII ZR 153/15, a.a.O.; Urt. v. 25.11.1992, Az.: VIII ZR 170/91, a.a.O.; jeweils m.w.N.). Daher greift der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens dann nicht, wenn das alternative Verhalten dem in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten Willen der Behörde widerspräche (BGH, Urt. v. 03.02.2000, Az.: III ZR 296/98, a.a.O.). Die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten wäre, trifft regelmäßig den Schädiger (z.B. BGH, Urt. v. 11.12.1997, Az.: III ZR 52/97, NJW 1998, 1307, 1308; BGH, Urt. v. 25.11.1992, Az.: VIII ZR 170/91 a.a.O.; BGH, Urt. v.20.04. 2017, Az.:III ZR 470/16, Rn. 58, juris), d.h. hier die Beklagte.

3.2.2

118
Es wäre Sache der Beklagten gewesen, für die Voraussetzungen einer Zurückstellung nach § 15 BauGB bzw. den Erlass einer Veränderungssperre und für deren Inkrafttreten so rechtzeitig zu sorgen, dass sie vor dem Zeitpunkt, zu dem über die Bauvoranfrage hätte entschieden werden müssen, vorgelegen hätten. Der Gesichtspunkt rechtmäßigen Alternativverhaltens kann nicht dazu führen, dass die nicht rechtzeitig geschaffene Rechtsgrundlage für die Zurückstellung der Entscheidung, nämlich die Schaffung einer Veränderungssperre bzw. der Planaufstellungsbeschluss, als zu einem früheren Zeitpunkt erlassen anzusehen ist. Dass der Stadtrat der Beklagten als das für den Erlass einer Veränderungssperre bzw. eines Planaufstellungsbeschlusses zuständige Gremium die Maßnahme hätte rechtzeitig erlassen können, rechtfertigt es auch verbunden mit dem Umstand, dass die Verhinderung des Bauvorhabens dem durch die Stadtratsmajorität bekundeten Interesse der Beklagten entsprochen hat, nicht, der Klägerin den Ersatz des aus dem amtspflichtwidrigen Verhalten der Bediensteten erwachsenden Schaden zu versagen. Insofern unterscheidet sich dieser Fall rechtserheblich von den Fällen, in denen der Bundesgerichtshof den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens durchgreifen lassen hat. Weder beruht es hier auf einem Verfahrensfehler, dass der Planaufstellungsbeschluss nicht rechtzeitig in Kraft getreten ist, noch bestand die Pflicht, die fehlende Rechtsgrundlage zu einem früheren Zeitpunkt als tatsächlich geschehen zur Verhinderung des Bauvorhabens zu schaffen (vgl. OLG Hamburg, Urt. v. 25.02.2005, Az.: 1 U 54/01, juris, für den Fall einer Veränderungssperre).

3.2.3

119
Die Beklagte kann sich auch nicht auf die Beschlüsse vom 03.02.2010 und 19.01.2012 berufen. Am 03.02.2010 hatte der Ausschuss für Stadtentwicklung und Bau (Beschluss V0222/09) gemäß § 2 Abs. 1 BauGB die Aufstellung eines Bebauungsplans Nr. 357, Dresden-Neustadt Nr. 33, Leipziger Vorstadt, beschlossen. Bezugnehmend auf den Masterplan Nr. 786 werden rahmensetzende Planungsziele genannt. Mit dem Beschluss des Stadtrates vom 19.01.2012 wurde die Weiterentwicklung und Präzisierung der Planungsziele für den Bebauungsplan Nr. 357 Dresden-Neustadt Nr. 33, Leipziger Vorstadt, veranlasst. In diesem Beschluss war ausgeführt, dass in der Weiterentwicklung der Ziele des Masterplanes vorgesehen ist, in einem Teilgebiet einen attraktiven Wohnstandort zu entwickeln, der mit Dienstleistung, Gastronomie und Wohnfolgeeinrichtungen ergänzt wird. Der Anteil des Wohnens in diesem Teilgebiet sollte mindestens 80 % betragen.

(1)

120
Zum einen ist nicht konkret ersichtlich, inwieweit das Vorhaben der Klägerin diese Planung beeinträchtigt hätte.

(2)

121
Zum anderen greift der Einwand, eine Zurückstellung hätte schon aufgrund der Beschlüsse aus den Jahren 2010 und 2012 erfolgen können, weshalb die Bauvoranfrage ebenso hätte unbeschieden bleiben können und in der Folge die Baugenehmigung nicht hätte erteilt werden müssen, mithin der vermeintliche Schaden der Klägerin in diesem Fall ebenso entstanden wäre, schon deshalb nicht, weil die Beklagte – wie bereits dargelegt – die ihr nach ihrer Auffassung mögliche Zurückstellung gerade nicht auf die Beschlüsse aus den Jahren 2010 bzw. 2012 gestützt hat. Die Annahme einer hierauf gestützten Zurückstellung widersprach dem damals erkennbaren Willen der zuständigen Behörde der Beklagten und kann daher nach den vorstehend ausgeführten Grundsätzen nicht als Alternativverhalten berücksichtigt werden: Die Bediensteten der Beklagten befanden sich spätestens seit dem 22.09.2014, dem Zeitpunkt des Anhörungsschreibens zur Bauvoranfrage der sechsgeschossigen Variante, mit der Klägerin im Gespräch über die Genehmigungsfähigkeit ihres Bauvorhabens. Aufgrund dessen hatte die Klägerin eine neue Bauvoranfrage für eine (überwiegend) viergeschossige Variante gestellt. Die Beklagte hatte in diesem Zusammenhang nie auch nur ausgeführt, dass nach der zu diesem Zeitpunkt bestehenden bauleitplanerischen Rechtslage eine Zurückstellung des Baugesuchs in Betracht käme. Dass eine solche auch tatsächlich nicht beabsichtigt war, zeigte sich dann auch im weiteren Zeitverlauf, in dem ein Bescheid der Klägerin einfach unterblieb ohne auf die ggf. verwaltungsrechtlich möglichen Instrumentarien zurückzugreifen.

III.

122
Die (schuldhafte) Pflichtverletzung der Beklagten ist für den geltend gemachten Schaden jedoch nicht kausal geworden.

123
Im Amtshaftungsrecht ist für die Feststellung der Ursächlichkeit einer Pflichtverletzung allein maßgeblich, welchen Verlauf die Dinge bei pflichtgemäßem Handeln der Behörde genommen hätten und deshalb, wenn es – wie vorliegend – nicht um eine Ermessensentscheidung, sondern um eine gebundene Entscheidung geht, darauf abzustellen, wie die Behörde nach Auffassung des über den Amtshaftungsanspruch entscheidenden Gerichts richtigerweise hätte entscheiden müssen (BGH, Urt. v. 28.09.1993, Az.: III ZR 91/92, NVwZ 1994, 409 f.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 21. Mai 2008, Az.: I-18 U 139/07, juris; MünchKomm/Papier, BGB, 4. Aufl., § 839 Rn. 276; Palandt/Sprau, BGB, 77. Aufl., § 839 Rn. 77).

124
Die verzögerte Bearbeitung des Vorbescheidsantrags der Klägerin seitens der Beklagten trägt für sich genommen die Haftung der Beklagten nicht. Vielmehr ist zusätzlich zu prüfen, wie sich die Lage bei rechtmäßigem und amtspflichtgemäßen Vorgehen der Beklagten gestaltet hätte (vgl. BGH, Beschl. v. 19.03.2008, Az.: III ZR 49/07, juris). Der Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden kann hierbei nur dann bejaht werden, wenn der Schadenseintritt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre (vgl. auch Staudinger/Wöstmann (2013) § 839 Rn. 224 m.w.N.). Verzögert die Bauaufsichtsbehörde pflichtwidrig die Entscheidung über eine Bauvoranfrage, erlässt die Gemeinde im Anschluss daran eine Veränderungssperre, so beurteilt sich die Schadensursächlichkeit der Amtspflichtverletzung für das spätere Scheitern des Vorhabens danach, zu welchem Zeitpunkt der Antragsteller bei pflichtgemäßer Entscheidung über seine Bauvoranfrage den Antrag auf Baugenehmigung gestellt hätte und ob diesem noch vor Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte stattgegeben werden müssen (BGH, Urt. v. 23.09.1993, Az.: III ZR 54/92, juris).

125
Nach diesen Grundsätzen ist die Pflichtverletzung der Beklagten für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden nicht ursächlich geworden. Weder wäre der Klägerin der beantragte Bauvorbescheid zu erteilen gewesen (nachfolgend III.A.), noch wäre das Vorhaben baugenehmigungsfähig gewesen (nachfolgend III.B.). Im Übrigen hätte selbst bei einem rechtzeitig erteilten positiven Bauvorbescheid im Umfang der Fragen des Antrags vom 13.10.2014 nicht bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre über den Bauantrag entschieden werden müssen, sodass alleine deshalb der Bauantrag hätte abgelehnt werden können, § 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB (nachfolgend III.C.).

III. A.

126
Der Klägerin wäre der begehrte positive 3. Vorbescheid nicht zu erteilen gewesen.

127
Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Erteilung des von ihr beantragten 3. Vorbescheids (§ 75 Satz 1 SächsBO). Die von ihr mit Antrag vom 13.10.2014 gestellte Vorbescheidsfrage: „Entspricht das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung?“ wäre nicht zu bejahen gewesen.

128
Nach § 75 Satz 1 SächsBO ist vor Einreichung des Bauantrags auf Antrag des Bauherrn ein Vorbescheid zu einzelnen Fragen des Bauvorhabens zu erteilen. Den Gegenstand und Prüfungsumfang des Vorbescheidsverfahrens bestimmt der Bauherr durch die von ihm gestellten, für ein Baugenehmigungsverfahren entscheidungserhebliche „Fragen“. Nicht anders als beim Bauantrag besteht ein Anspruch des Bauherrn auf Erteilung eines Vorbescheids, soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt und die gestellten Fragen positiv zu beantworten sind; ein Ermessen wird der Bauaufsichtsbehörde in § 75 Satz 1 SächsBO insoweit nicht eingeräumt.
1.
Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteilt sich nach § 34 BauGB, da das Grundstück, auf dem die Klägerin das Projekt „M…“ errichten wollte, in dem Zeitpunkt, zu dem die Beklagte über den Antrag zu entscheiden gehabt hätte, im unbeplanten Innenbereich lag.

1.1

129
Das zu bebauende Grundstücks lag in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB.

1.1.1

130
Die vom Bundesverwaltungsgericht für die Abgrenzung zwischen Innen- und Außenbereich entwickelten Grundsätze lassen sich wie folgt zusammenfassen: Wo die Grenze eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils und damit die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich verläuft, lässt sich nicht unter Anwendung von geographisch-mathematischen Maßstäben bestimmen, sondern bedarf einer Beurteilung aufgrund einer „echten Wertung und Bewertung des konkreten Sachverhalts“. Bei dieser Wertung und Bewertung kann nur eine komplexe, die gesamten örtlichen Gegebenheiten erschöpfend würdigende Betrachtungsweise im Einzelfall zu einer sachgerechten Entscheidung führen (BVerwG, Urt. v. 06.12.1967, Az.:4 C 94.66, BVerwGE 28, 268, 272; Urt. v. 06.11.1968, Az.: 4 C 2.66, BVerwGE 31, 20, 21; Beschl. v. 27.05.1988, Az.: 4 B 71.88, DÖV 1988, 840; Urt. v. 22.06.1990, Az.: 4 C 6.87, ZfBR 1990, 293). Ob ein unbebautes Grundstück, das sich einem Bebauungszusammenhang anschließt, diesen Zusammenhang fortsetzt oder ihn unterbricht, hängt davon ab, inwieweit nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die aufeinanderfolgende Bebauung trotz der vorhandenen Baulücke den Eindruck der Geschlossenheit bzw. der Zusammengehörigkeit vermittelt. (Urt. v. 01.12.1972, Az.: 4 C 6.71, BVerwGE 41, 227, 234; Urt. v. 22. 06.1990, Az.: 4 C 6.87, a.a.O.). Für das Bestehen eines Bebauungszusammenhangs im Sinne von § 34 Abs. 1 BauGB ist ausschlaggebend, inwieweit die aufeinanderfolgende Bebauung – trotz etwa vorhandener unbebauter, aber bebauungsfähiger Grundstücke (Baulücken im engeren Sinne) oder freier Flächen, die wegen ihrer natürlichen Beschaffenheit (stehendes oder fließendes Gewässer) oder wegen ihrer besonderen Zweckbestimmung (Sportplätze, Erholungsflächen) einer Bebauung entzogen sind – den Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) vermittelt. Im Regelfall werden durch Geländehindernisse, Erhebungen, aber auch durch Einschnitte im Landschaftsbild, wie etwa einen Fluss oder einen Graben, Bebauungszusammenhänge unterbrochen oder abgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 19.04.2012, Az.: 4 C 10.11, BauR 2012, 1626 m.w.N.; OVG Münster, Urt. v. 26.6.2006, Az.: 7 A 2974/05, juris; Beschl. v. 11.01.2013, Az: 7 A 2993/11; OVG Münster, Urt. v. 20. 04. 2016, Az.: 7 A 1366/14, juris).

1.1.2

131
Gemessen an diesen Maßstäben lag das Bauvorhaben der Klägerin im Innenbereich. Die vom Gericht anzustellende „Wertung und Bewertung“ der örtlichen Gegebenheiten, die Beurteilung, ob nach der maßgeblichen Betrachtungsweise der „Verkehrsauffassung“ die vorhandene Bebauung den „Eindruck“ der Geschlossenheit bzw. der Zusammengehörigkeit vermittelt, hat der Senat nach Einnahme des Augenscheins und unter Berücksichtigung der weiteren ihm vorliegenden Erkenntnisquellen (Karten- und Fotomaterial) getroffen.

132
Der maßgebliche Bebauungszusammenhang wird jedenfalls aus den Baulichkeiten auf dem Grundstück der Klägerin, dem A…-Platz mit der Villa Grumbt und der sich in süd-östlicher Richtung befindenden weiteren Bebauung gebildet. Zur Elbe hin wird der Bereich durch die Geländeerhöhung/Mauer begrenzt, an welche sich Gebäude anschließen.

133
Insoweit handelt es sich bei dem geschilderten Gebiet um eine aufeinanderfolgende Bebauung, die trotz vorhandener Baulücken den Eindruck der Geschlossenheit bzw. Zusammengehörigkeit vermittelt. Das teilweise unbebaute und teilweise nur mit zumindest stark sanierungs- oder gar abrissbedürftigen Gebäuden bebaute Grundstück der Klägerin erscheint hier nicht als Lücke; soweit es als Lücke erscheint, ist sie aber eine solche, die sich grundsätzlich zur Bebauung anbietet. Die Grundstücksbereiche auf der elbseitigen Seite des Elbradweges wie auch zwischen Elbradweg und Geländeerhöhung/Mauer nehmen hieran nicht teil, was aber für die Entscheidung nicht relevant ist, weil für diesen Bereich keine Bauabsichten bestanden.

134
Es handelt sich unzweifelhaft auch um einen Ortsteil, da der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht zukommt. Auch die städtebaulichen Verhältnisse im Allgemeinen stehen einer Einbeziehung der zu beurteilenden Grundstücksfläche in den vorhandenen Bebauungszusammenhang nicht entgegen. Die vorhandene Bebauung bildet mit jeweils verbundenen Gebäudegruppen völlig unterschiedlicher Genese einen baulichen Zusammenhang, der durch etwaige Freiflächen nicht unterbrochen wird.

1.2

135
Für den fraglichen Bereich lag damals auch kein Bebauungsplan vor.

2.

136
Der beantragte 3. Bauvorbescheid war nicht zu erteilen, weil die Voraussetzungen des § 34 Abs.1 BauGB in Bezug auf die gestellten Fragen nicht erfüllt waren.

2.1

137
Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

138
Mit Rücksicht auf die im Antrag vom 13.10.2014 gestellten Fragen war nur darüber zu entscheiden, ob das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung entspricht. Dies ist nach der Sach- und Rechtslage zu dem Zeitpunkt zu beurteilen, an dem über den Antrag der Klägerin zu entscheiden war, also der zum 04.12.2014, und nicht nach der Maßgabe des Aufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015, weil bis zu diesem Zeitpunkt bereits über den Antrag auf Bauvorbescheid der Klägerin hätte entschieden sein müssen.

2.2

139
Die beabsichtigte Bebauung entsprach jedoch keinem der abgefragten Kriterien.

2.2.1

140
Der die nähere Umgebung bildende Bereich im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, an welchem sich das Vorhaben messen lassen muss, reicht so weit, wie sich die Ausführung des zur Genehmigung gestellten Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder doch beeinflusst (stRspr; BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, Az.: 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369; Urt. v. 21.11.1980, Az.: 4 C 30.78, juris; Beschl. v. 20.08.1998, Az.: 4 B 79.98, juris; Urt. v. 05.12.2013, Az.: 4 C 5.12, NVwZ 2014, 370; Beschl. v. 13.05 2014, Az.: 4 B 38/13, juris). Die Eigenart der näheren Umgebung wird durch dasjenige bestimmt, was auf dem Baugrundstück selbst und in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist (BVerwG, Urt. v. 17.06.1993, Az.: 4 C 17.91, juris; BVerwG, Urt. v. 08.12.2016, Az.: 4 C 7.15, BVerwGE 157, 18).

141
Aus der Betrachtung der näheren Umgebung sind solche baulichen Anlagen auszusondern, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990, Az.: 4 C 23.86, BVerwGE 84, 322; Beschl. v. 16.06.2009, Az.: 4 B 50.08, juris; Beschl. v. 13.05.2014, Az.: 4 B 38.13, juris).

142
Die wechselseitige Prägung kann durch topografische Zäsuren oder Straßen ausgeschlossen sein. Das ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn zugleich der Bebauungszusammenhang unterbrochen wird. Auch soweit der Bebauungszusammenhang nicht unterbrochen ist, kann die einheitliche Struktur eines Bereichs die Prägung durch eine nahe Bebauung ausschließen (Gelzer, in Gelzer, Bracher, Reidt, Bauplanungsrecht, 7. Aufl., Rn. 2006; Ferner u.a., BauGB, 3. Aufl., § 34 Rn. 15; Ernst-Zinkhahn-Bielenberg, BauGB, Stand EL 112, Januar, § 34 Rn. 36).

143
Der maßstabbildende Bereich ist für die in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bezeichneten Kriterien jeweils gesondert abzugrenzen (allg. Meinung, vgl. Bracher, in: Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Aufl. 2014, Rn. 2197; Mitschang/Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 34 Rn. 21; Schrödter/Rieger, a.a.O., § 34 Rn. 26; Dürr, in: Brügelmann, BauGB, Bd. 3, Stand Oktober 2013, § 34 Rn. 25; Spannowsky, in: Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 34 Rn. 32.3; BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997, Az.: 4 B 172.97, juris; BVerwG, Beschl. v. 13.05.2014, Az.: 4 B 38.13, juris). Denn die Merkmale, nach denen sich ein Vorhaben im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart dieser näheren Umgebung einfügen muss, sind jeweils unabhängig voneinander zu prüfen (BVerwG, Beschl. v. 06.11.1997, Az.: 4 B 172.97, juris).

144
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe bildet nach der Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit durch den Senat den zugunsten der Klägerin wirkenden weitest möglichen Rahmen der „näheren Umgebung“ (welcher ggf. hinsichtlich einzelner Kriterien noch einzuschränken ist) Folgendes:

145
von Norden nach Süden:

146
Die nähere Umgebung beginnt im Norden mit der Kleingartenanlage und einem Spielplatz mit Tiergehege, dem sog. „E…“ (Flurstücke 1105 und 2554), zwischen den elbseitigen Bereichen der Eisenberger Straße und der gedachten Verlängerung der E.r Straße. Dem schließt sich das Gelände der Villa G… am A…-Platz (Flurstück 1105b), das Baugrundstück der Klägerin (Flurstücke 1105e und 1114/1) und folgend das Grundstück mit dem M.gebäude (Flurstück 1112/1), die Flurstücke 1131/4, 1131/8, 1131/12 und 1131/14 mit dem Gebäude der S… und dem Gelände des C… einschließlich Flurstücken 1117, 1117a und 1131/9 an sowie die Flurstücke 1131/3 (Reste eines Bauvorhabens für eine Tiefgarage), 1131/18 (u.a. bebaut mit der „Mxxx-Villa“), 1131/19, 1131/16 und 1131/17. Das Grundstück des Hafenmeistergebäudes (Flurstück 1960/18) liegt im Grenzbereich. Nicht mehr einzubeziehen ist das Hafengelände (Flurstück 1960/19 mit angrenzenden Flurstücken).

147
Dem A…-Platz kommt hier unter keinem Gesichtspunkt eine „verklammernde“ Wirkung mit der Bebauung auf der gegenüberliegenden Seite des A…-Platzes, jenseits der L. Straße, zu. Er trennt vielmehr baulich völlig verschiedene Bereiche.

148
von Osten nach Westen:

149
Im Westen begrenzt die Elbe das Gebiet, im Osten übernimmt dies die L. Straße – dies schon aufgrund ihrer Größe und Verkehrsbedeutung, was sich auch angesichts der dahinter liegenden ungenutzten Flächen aufdrängt. Auch hier erfolgt keine Verklammerung durch den A…-Platz und die sich dort befindliche Villa G….

150
Bei der Bestimmung des Rahmens der näheren Umgebung ist zunächst die vorhandene Bebauung in den Blick zu nehmen. Sodann muss die Betrachtung auf das Wesentliche zurückgeführt werden, das heißt, es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr als Fremdkörper erscheint. Baulichkeiten, die als Fremdkörper erscheinen, sind aber nur dann außer Betracht zu lassen, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit beziehungsweise Einzigartigkeit den Charakter der Umgebung nicht zu beeinflussen vermögen, was bei wertender Betrachtung der Gegebenheiten des Einzelfalls zu ermitteln ist (OVG Münster, Urt. v. 29.09. 2016, Az.: 10 A 1574/14 , juris).

151
Die „Eigenart“ der näheren Umgebung ist hier generell dadurch geprägt, dass es keine dominante Prägung gibt. Es findet sich eine Vielzahl von Gebäuden, die völlig unterschiedlicher Entstehungszeit, Größe, Nutzungsart zuzuordnen sind und sich in verschiedenen baulichen Zuständen befinden. Auffällig in Größe und Ausführung sind dabei die Villa G… am A…-Platz und das M.gebäude. Erstere, eine frühere Fabrikantenvilla, wird heute gewerblich und in Teilen auch zu Wohnzwecken genutzt. Das M.gebäude, ein Büro- und Verwaltungsgebäude, wird gewerblich genutzt. Die übrige Bebauung ist wesentlich niedriger (1-2 geschossig) und von geringerer Grundfläche. Die vereinzelt stehenden Gebäude werden, soweit sie überhaupt genutzt werden bzw. aufgrund ihres schlechten baulichen Zustandes überhaupt nutzbar sind, zu Freizeitzwecken, gewerblich und vereinzelt in ehemaligen Kleingartengebäuden auch zu Wohnzwecken genutzt. An die nähere Umgebung schließt sich elbabwärts ein Kleingartengebiet und elbaufwärts ein längs zur Elbe stehendes Gebäude des C… bzw. der S… an, die auch mit weiteren Freiflächen zumindest weit überwiegend der (auch gewerblichen betriebenen) Freizeitgestaltung dienen.

152
In dem maßgeblichen Bereich fällt das Vorhaben der Klägerin aus dem Rahmen, weil sich dort in der geplanten Ausrichtung zur Elbseite und auch in unmittelbarer Elbnähe keine vergleichbar umfangreiche Bebauung findet: Die parallel zur Elbe ausgerichteten Gebäude, nur wenige Meter von der Geländeabstufung/Mauer entfernt, welche die Grenze zum Außenbereich bildet, würden Höhen gegenüber der bisherigen Geländeoberkante von mehr als 18 m, die Stirnseite des unterteilten „L-Gebäudes“ als „Turm“ sogar von über 21 m ausweisen. Zwei der Gebäude wären zudem zur Elbe ausgerichtet mehr als 45 m bzw. mehr als 25 m breit. Das einzige von der Masse her vergleichbare M.gebäude ist dagegen mehr als 60 m entfernt von der Außenbereichskante errichtet. Das senkrecht zur Elbe ausgerichtete Rückgebäude ist zudem zur Elbe hin nur ca. 22 m breit. Das ca. 37 m breite Vordergebäude des M.gebäudes liegt dagegen ca. 150 m von der Außenbereichsgrenze entfernt (vgl. zu den Maßen insbesondere Anlage BK17, dort das in die Liegenschaftskarte eingezeichnete Bauvorhaben Stand „09.10.2014“; die als Teil der Anlage BK32 zur Akte gereichte Fotokopie dieser Anlage = Bl. 519 d.A. ist dagegen als Verkleinerung des Originals in Anlage BK17 nicht zur Maßnahme geeignet).
Das Vorhaben fügt sich trotz Überschreitung des vorgegebenen Rahmens auch nicht ausnahmsweise in seine Umgebung ein. Die vorgesehene massive Bebauung im elbnahen Bereich würde sowohl durch ihr Vorhandensein als auch durch ihre negative Vorbildwirkung für den baulichen Verbrauch der restlichen Freiflächen bodenrechtlich relevante Spannungen auslösen.
Dies ergibt sich aufgrund der Würdigung der Eigenart der näheren Umgebung für die einzeln zu prüfenden Kriterien des Bauvorhabens der Klägerin aus dem Folgenden:

2.2.2

153
Das Bauvorhaben der Klägerin würde im Hinblick auf das „Maß der baulichen Nutzung“ nicht der näheren Umgebung entsprechen, einfügen würde es sich daher ebenfalls nicht.

(1)

154
Die planungsrechtliche Zulässigkeit hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung gemäß § 34 Abs. 1 BauGB richtet sich danach, ob sich das Vorhaben nach den konkreten Verhältnissen der umgebenden Bebauung in deren Eigenart einfügt. Bei der Bestimmung des Maßes der baulichen Nutzung im unbeplanten Innenbereich kann auf die in der Baunutzungsverordnung verwendeten Begriffsmerkmale zurückgegriffen werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Maßbestimmungsfaktoren des § 16 Abs. 2 BauNVO – unterschiedslos und möglicherweise gar mit allen Berechnungsregeln der Baunutzungsverordnung – wie Festsetzungen eines Bebauungsplans rechtssatzartig heranzuziehen wären. Nach ständiger Rechtsprechung können die Vorschriften der Baunutzungsverordnung – von den Sonderregelungen in § 34 Abs. 3 BBauG 1976/79 und in § 34 Abs. 2 BauGB abgesehen – im unbeplanten Innenbereich lediglich als Auslegungshilfe berücksichtigt werden (vgl. z.B. BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Az.: 4 C 12.67, BVerwGE 32, 31,35 f.; Urt. v. 13.06.1969, Az.: 4 C 234.65, BVerwGE 32, 173,174, 176). Maßgeblich bleibt die konkrete, am tatsächlich Vorhandenen ausgerichtete Betrachtung. Die vorhandene Bebauung kann eine planerische Ausweisung als Maßstab fast nie ersetzen (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Az.: 4 C 234.65, a.a.O., S. 36). Insbesondere fehlen im unbeplanten Innenbereich konkrete Maßfestsetzungen, an denen das jeweilige Vorhaben gemessen werden könnte. Der aus der vorhandenen Bebauung zu gewinnende Maßstab ist daher notwendig grob und ungenau. Zudem sprechen Gründe einer praktisch handhabbaren Rechtsanwendung dafür, in erster Linie auf solche Maße abzustellen, die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung treten und an Hand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen. Ihre (absolute) Größe nach Grundfläche, Geschoßzahl und Höhe, bei offener Bebauung zusätzlich auch ihr Verhältnis zur umgebenden Freifläche, prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich deshalb vorrangig als Bezugsgrößen zur Ermittlung des zulässigen Maßes der baulichen Nutzung an. Damit ist eine Berücksichtigung der anderen Maßfaktoren zwar nicht ausgeschlossen. Soweit sie eine prägende Wirkung auf das Baugrundstück haben, sind auch sie zur Beurteilung der Frage, ob sich das Vorhaben einfügt, heranzuziehen. Die relativen Maßstäbe – die Grundflächen- und die Geschoßflächenzahl – werden allerdings vielfach nur eine untergeordnete Bedeutung oder, je nach den Umständen des Einzelfalls, auch gar keine Bedeutung für die Frage des Einfügens haben, weil sie in der Örtlichkeit häufig nur schwer ablesbar sind, vielmehr erst errechnet werden müssen (BVerwG, Urt. v. 23. 03. 1994, Az.: 4 C 18.92, Rn. 7, juris).

(2)

155
Nach diesen Grundsätzen fügt sich das Bauvorhaben der Klägerin seinem Maß nach nicht in den Umgebungsrahmen ein. Es übertrifft die vorhandene Bebauung sowohl bezüglich Grundfläche als auch Höhe und Geschosszahlen.

(2.1)

156
Der hier zu berücksichtigende Umgebungsrahmen im Hinblick auf das „Maß der Nutzung“ ergibt sich aus den baulichen Anlagen, die sich südwestlich der Leipziger Straße zur Elbe hin befinden. Dies sind zunächst die Kleingartenanlage sowie das E… (Flurstücke xxx und xxx) -, der Grundstücksteil des Vorhabens mit einem leerstehenden zweigeschossigen Gebäude (Flurstück xxe), der weitere Teil des Baugrundstücks, auf dem, soweit nicht leerstehend, zur Zeit verschiedene Kleinhandwerker ein Gewerbe betreiben (Flurstück 1114/1) sowie die zweigeschossige Villa G…, die nord-westlich am A…-Platz liegt. Hinzu kommen das M.gebäude und privat betriebene Sport- und Freizeitanlagen (C…beach und S…).

157
Das mit den Resten eines Bauvorhabens für eine Tiefgarage „bebaute“ Grundstück (Flurstück 1131/3) sowie die südöstlich und südwestlich hieran angrenzenden Grundstücke wirken sich nicht mehr prägend aus, weil sie de facto außer der M…-Villa nicht bebaut sind. Das eigentliche Hafengelände und das sich daran anschließende Gebiet mit den Anlagen des pharmazeutischen Industriebetriebs M… bilden eigenständige städtebauliche Figuren und sind daher für den hier zu betrachtenden Zusammenhang nicht mehr prägend.

158
Westlich der Eisenberger Straße beginnt der örtliche Zusammenhang des Stadtteils P…. Dieser bildet mit seiner geschlossenen Blockrandbebauung nördlich der Leipziger Straße und der offenen Bebauung entlang der Südseite der L. Straße ebenso eine eigenständige bauliche Figur. Die geschlossene Bebauung nördlich des A…-Platzes bzw. nord-westlich des P… Abschnittes der L. Straße findet dort ihren süd-östlichen Anschluss. An dieser gründerzeitlich vorgeprägten und mit Bauten der 20er Jahre fortgeführten geschlossenen Blockrandbebauung nehmen die hier zu betrachtenden Flurstücke ebenso nicht mehr teil.

159
Nord-westlich des A…-Platzes und westlich der Leipziger Straße ist ein örtlicher Zusammenhang ebenso nicht vorhanden. Eine westlich der Leipziger Straße gelegene Bebauung schließt sich erst in 140 m Entfernung in Höhe des Sportplatzes an und setzt sich zur Moritzburger Straße fort. Auch wäre diese zu weit entfernt, um für das hier zu betrachtende Bauvorhaben von Belang zu sein.

(2.2)

160
Die geplante Grundfläche übersteigt das den Rahmen bildende Umfeld.

161
Das Konzept der Klägerin beabsichtigt ein Bauvorhaben mit einem prägenden langgestreckten, nunmehr unterteilten umgedreht L-förmigen Baukörper parallel zur L. Straße mit einer Breite von knapp 75 m und einer Länge hin zur Elbe von ca. 65 m sowie einem sich im Abstand von ca. 14 m anschließenden weiteren Gebäude als „Verlängerung“ des „L“ mit einer Länge von 75 m, einem längs zur Elbe angelegten Gebäude von über 45 m Breite, einem weiteren großen Gebäude parallel zur Elbe mit einer Breite von ca. 25 m sowie vier weiteren vereinzelten Gebäuden (drei davon parallel und nah zur Elbe). Eine derartige geräumige komplexe Bebauung parallel zur Elbe gibt es in der näheren Umgebung bislang nicht.

162
Die Gebäude des Flurstückes 1105 („E…“) und der Flurstücke 1131/12, 1131/8 und 1131/14 (S…/C…beach) weisen deutlich kleinere Maße auf, als die der von der Klägerin geplanten Gebäude. Das „E…“ ist an der längeren Seite (senkrecht zur Elbe) ca. 15 m lang, zur Elbe hin dagegen nur ca. 11 m breit; das C… Gebäude ist zur Elbe hin ca. 12 m breit.

163
Auch die Gebäude des Altbaubestandes auf dem Baugelände der Klägerin haben augenscheinlich kleinere Maße. Dies gilt im Übrigen auch für das (hier nicht einzubeziehende) sich an den C… anschließende Grundstück, auf dem nur noch die deutlich kleinere M…-Villa steht, und erst recht für das Hafenmeistergebäude.

164
Die beiden längsausgerichteten großen Gebäudeteile des Projektes („unterteilter L-Riegel“) der Klägerin liegen „nur“ 14 m auseinander, so dass sie optisch wie ein insgesamt 135 m langer Gebäuderiegel wirken, der selbst, wenn man die 14 m in Abzug brächte, noch deutlich länger wäre als das M.gebäude.

165
Es kann dahingestehen, ob das M.gebäude – wie die Beklagte meint – als Fremdkörper (in der gesamten Umgebung findet sich kein vergleichbar großes Gebäude) nicht in die Betrachtung einzubeziehen wäre.

166
Selbst wenn das M.gebäude einzubeziehen wäre, ergibt sich bei Würdigung der nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Maße, an Hand derer sich die vorhandenen Gebäude in der näheren Umgebung leicht in Beziehung zueinander setzen lassen, nichts anderes. Das M.gebäude hat eine Länge von 105 m und im breiteren Teil des Längsriegels (zur Elbe gesehen) eine Breite von ca. 22 m sowie in den schmaleren Teilen von ca. 12 m, der vordere Gebäudeteil hat eine Breite von ca. 37 m und eine Tiefe von ca. 12 m. Seine Grundfläche beläuft sich insgesamt auf ca. 2085 qm. Das größere von der Klägerin geplante Gebäude hat eine Grundfläche von ca. 1.650 qm. Optisch ist es aber nahezu mit dem zweitgrößten geplanten Gebäude verbunden, das eine Grundfläche von ca. 1050 qm hat. Der Gebäudekomplex ist daher in seiner Wirkung trotz der Unterteilung als einheitliches Gebäude anzusehen. Insgesamt betrachtet übersteigt dieser Gebäudekomplex aus diesen beiden Gebäuden, der „unterteilte L-Riegel“, daher die Grundfläche des M.gebäudes erheblich.

167
Die Grundfläche der Villa G… liegt zudem ebenfalls deutlich unter der Grundfläche der größeren von der Klägerin geplanten Gebäuden.

(2.3)

168
Auch die Höhe der geplanten Gebäude, vor allem des großen elbnahen längs zur Elbe ausgerichteten Gebäudes, liegt über der der heranzuziehenden Umgebungsbebauung.

169
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist grundsätzlich die Traufhöhe als Normalmaßstab heranzuziehen. Die geplanten Hauptgebäude sollen (ohne den Turm) überwiegend eine Traufhöhe von 127,14 m ü NHN haben, der Turm des Gebäudes weist dagegen eine Traufhöhe von 130,54 m auf.

170
Selbst wenn die Villa G…, deren Traufhöhe (nach den Angaben der Klägerin) unter der absoluten Dachhöhe von 128 m bei 123,60 m ü NHN liegt, und das M.gebäude mit einer Traufhöhe 128,77 m ü NHN (nach Angaben der Klägerin) als prägend heranzuziehen wären, würde der Turm des Bauvorhabens der Klägerin, auf den es wegen der nicht beschränkt erteilbaren Baugenehmigung allein ankommt, aber beide Gebäude um ca. 2 m und damit deutlich überragen. Die Ansicht der Klägerin, der Turm rufe keine bodenrechtlichen Spannungen hervor, teilt der Senat nicht. Im Gegenteil. Er verstärkt den Eindruck der massiven elbnahen Bebauung und ist deshalb bei der Bewertung der Maße der Bebauung sehr wohl zu berücksichtigen. Dass Türme – im Sinne eines voll ausgebauten Geschosses mit einer Fläche von ca. 16 m mal 16 m typisch für die Umgebung seien, wie die Klägerin behauptet, konnte der – auch im Übrigen ortskundige – Senat im Ortstermin nicht feststellen.

171
Die Ansicht der Klägerin, die Oberkante der Brüstung der von ihr geplanten Gebäude werde optisch als Traufe wahrgenommen, hingegen wirke die Oberkante des Staffelgeschosses als oberer Dachabschluss (First), kann zu keiner anderen baurechtlichen Beurteilung führen. Die Frage der optischen Wahrnehmung ist eine subjektive. Hingegen muss die Frage der Zulässigkeit an objektiven Kriterien gemessen werden, weshalb das Bauplanungsrecht ausdrücklich die zweifelsfrei zu bestimmenden Trauf- und Firstpunkte zum Maßstab nimmt.

172
Die Bebauung des Grundstückes „E…“ als auch des C…Beach/der S… (und auch des nicht mehr relevanten Hafenmeistergebäudes) erreichen die genannten Höhen bei weitem nicht.

(2.4)

173
Auch die Geschosszahl der geplanten Bebauung übersteigt den Umgebungsrahmen.

174
Im näheren Umfeld des Baugesuchs weist vergleichbar dem Bauvorhaben der Klägerin nur das M.gebäude vier Geschosse auf. Allerdings würde das hier beantragte Vorhaben schon hinsichtlich des Turmes die Geschosszahl des M.gebäudes übersteigen.

(2.5)

175
Die Klägerin kann sich hier auch nicht auf eine zu ihren Gunsten wirkende interne Stellungnahme des Stadtplanungsamtes vom 01.12.2014 (Anlage K8) gegenüber dem Bauamt der Beklagten berufen. Das von der Klägerin vorgelegte verwaltungsinterne Schreiben der Beklagten, gerichtet vom Stadtplanungsamt an das Bauamt, in dem Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes die Ansicht vertraten, der Bauantrag der Klägerin sei nicht rechtmäßig abzulehnen, begründete keinen rechtswirksamen Vertrauensschutz der Klägerin. Die intern geäußerte Rechtsauffassung hat keinerlei Außenwirkung. Soweit hier auf die Möglichkeiten des § 15 Abs.1 BauGB hingewiesen wird, wird insoweit lediglich auf grundsätzlich zur Verfügung stehende verwaltungsrechtlich vorgesehene Instrumentarien verwiesen. Aus dem Schreiben lässt sich auch keine anderweitige Verwaltungspraxis der Beklagten entnehmen.

2.2.3

176
Der Senat kann nicht feststellen, dass die beabsichtigte Bauweise in der dargestellten Form genehmigungsfähig hätte sein können. Die Gebäude überschreiten die zulässige Gesamtlänge von 50 m.

(1)

177
Mangels eines Bebauungsplanes richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit – auch – hinsichtlich der Bauweise nach § 34 Abs. 1 BauGB. Maßgeblich ist daher, ob die offene Bauweise durch die Eigenart der näheren Umgebung bestimmt wird (vgl. schon oben unter 2.2.1.).

(2)

178
Gemessen hieran geht der Senat davon aus, dass für das Gebiet, in dem sich das Grundstück der Klägerin befindet, die offene Bauweise prägend ist.

179
Der Senat hat die nähere Umgebung im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB hinsichtlich dieses Kriteriums anhand der vorgelegten Pläne und Lichtbilder sowie nach den Eindrücken aus dem durchgeführten Ortstermin wie folgt umgrenzt: In südwestlicher Richtung bilden hier zunächst die Kleingartenanlage sowie das sogenannte „E…“, das Grundstück des Vorhabens sowie die Villa G… nord-westlich am A…-Platz gelegen, folgend das Grundstück des M.gebäudes, die Sport- und Freizeitanlagen mit S… und C…beach bis einschließlich des Grundstücks, auf dem sich das Hafenmeistergebäude befindet, mit hin die Flurstücke … den Rahmen.

180
Das sich daran anschließende Gebiet mit den Hafenanlagen und den Anlagen des pharmazeutischen Industriebetriebs M… bildet auch für die hier anzustellende Betrachtung eine eigenständige städtebauliche Figur und ist daher für den hier zu betrachtenden Zusammenhang nicht mehr prägend.

181
Westlich der Eisenberger Straße beginnt der örtliche Zusammenhang des Stadtteils P… . Dieser bildet mit seiner geschlossenen Blockrandbebauung nördlich der L. Straße und der offenen Bebauung entlang der Südseite der L. Straße ebenso eine eigenständige bauliche Figur. Die geschlossene Bebauung nördlich des A…-Platzes bzw. nord-westlich des P… Abschnittes der L. Straße findet dort ihren süd-östlichen Anschluss. An dieser gründerzeitlich vorgeprägten und mit Bauten der 20er Jahre fortgeführten geschlossenen Blockrandbebauung nehmen die hier zu betrachtenden Flurstücke ebenso nicht mehr teil.

182
Soweit hier überhaupt vom Vorliegen einer Bauweise ausgegangen werden kann, weil kaum ein ablesbares bauplanerisches Ordnungssystem erkennbar ist, ist die danach maßgebliche nähere Umgebung durch eine offene Bauweise geprägt.

183
Dabei versteht der Senat den Begriff der offenen Bauweise auch im unbeplanten Innenbereich im Sinne der Definition des § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO. Auch wenn sich diese Bestimmung unmittelbar an den Satzungsgeber der Bebauungspläne richtet und von § 34 BauGB nicht als entsprechend anwendbar bezeichnet wird, können die Begriffe der Baunutzungsverordnung im Anwendungsbereich des § 34 BauGB als Auslegungshilfe herangezogen werden. Denn hinsichtlich der Begriffe „offene/geschlossene Bauweise“, „Einzelhaus“, „Doppelhaus“ oder „Hausgruppe“ enthält die Baunutzungsverordnung allgemein gültige definitorische Grundsätze (BVerwG, Urt. v. 27.07.2011, Az.: 4 C 4.11, juris; Urt. v. 05.12. 2013, Az.: 4 C 5.12, juris).

184
Eine Grenzbebauung ist hier nicht, jedenfalls nur in einzelnen Fällen singulär, und nicht beidseits der Grenze erfolgt.

(3)

185
Das klägerische Bauvorhaben überschreitet die Maße, die in der offenen Bauweise zulässig sind.

186
In der offenen Bauweise werden die Gebäude mit seitlichem Grenzabstand als Einzelhäuser, Doppelhäuser oder Hausgruppen errichtet (§ 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO), die nicht länger als 50 Meter sein dürfen (§ 22 Abs. 2 Satz 2 BauNVO). Einzelhäuser können somit auch mehrgeschossige Wohnblocks sein (Fickert/Fieseler, Baunutzungsverordnung, 7. Aufl., § 22 Rn. 6.1). Dies gilt auch für die Baunutzungsverordnung in der zum Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Fassung. Damit soll sichergestellt werden, dass die seitlichen Grenzabstände noch ihre städtebauliche Funktion erfüllen können, in dem sie als die Bebauung auflockernde und gliedernde Elemente wahrgenommen werden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzenberger, BauGB, § 22 BauNVO, Rn. 30 m.w.N.).

187
Das Vorhaben der Klägerin überschreitet die nach § 22 Abs. 2 und 3 BauNVO zulässige Gesamtlänge von 50 m. Das L-förmige Gebäude überschreitet diese Länge sowohl parallel mit über 70 m Länge als auch längs zur Elbe mit über 60 m Länge; ebenso überschreitet der weitere Längsriegel senkrecht zur Elbe, das „Turmgebäude“, mit über 70 m Länge dieses Maß.

188
Daran ändert auch der Umstand, dass es keinen Bebauungsplan für das Baugebiet gab oder eine Bauweise nicht festgelegt war, nichts. Der Sinn und Zweck der Gebietscharaktere darf auf diesem Wege nicht aufgehoben werden. Der maßgebliche Umgebungsrahmen ist hier an die offene Bauweise angelehnt – gerade typische Auflockerungen würden bei Überschreitung der Längen von 50 m aufgehoben, was zu städtebaulichen Spannungen für künftige Projekte führen würde.

189
Dass das M.gebäude diesem Erfordernis ebenfalls nicht entspricht, steht dieser Beurteilung nicht entgegen. Zum einen dürfte dieses insoweit für dieses Kriterium als Ausnahme nicht „prägend“ sein, zum anderen ist zu berücksichtigen, dass das Gebäude zu einem Zeitpunkt errichtet wurde, als das Baugesetzbuch bzw. das Bundesbaugesetz nicht galten. Eine nach heutiger Rechtsauffassung ungewollte und nicht mehr zulässige Bebauung kann aber nicht maßstabsbildend für nun zu errichtende Gebäude sein.

2.2.4

190
Das klägerische Bauvorhaben hätte im Übrigen auch hinsichtlich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, nicht der näheren Umgebung entsprochen.

(1)

191
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils nur zulässig, wenn es sich auch hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (vgl. oben). Ob dies der Fall ist, hängt nicht von den Grenzen des Baugrundstücks ab. Ein Vorhaben fügt sich im Allgemeinen vielmehr ein, wenn es sich innerhalb des Rahmens hält, der durch die in der Umgebung vorhandene Bebauung gezogen wird (vgl. Hofherr, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 34 Rn. 36 ff.). Ein den Rahmen überschreitendes Vorhaben ist ausnahmsweise zulässig, wenn es keine „städtebaulichen Spannungen“ hervorruft (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, Az.: 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369, Rn. 29). Bei der überbaubaren Grundstücksfläche wird zur Konkretisierung dieser Anforderungen auf die Vorschrift des § 23 BauNVO zurückgegriffen. Die planungsrechtlichen Instrumente Baugrenze, Baulinie und Bebauungstiefe (§ 23 Abs. 1 bis 4 BauNVO), mit denen die überbaubare Grundstücksfläche im Bebauungsplan festgesetzt werden kann, werden auch im Rahmen von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zur näheren Bestimmung dieses Zulässigkeitskriteriums herangezogen (OVG Bautzen, Beschl. v. 29.12.2010, Az.: 1 A 710/09, Rn. 6, juris m.w.N.).

(2)

192
Daran gemessen fügt sich das Bauvorhaben der Klägerin hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil es den aus der prägenden Umgebungsbebauung zu entnehmenden Rahmen überschreitet, insbesondere seine konkrete Grundfläche und seine räumlichen Lage nicht der Eigenart der näheren Umgebung entspricht.

(2.1)

193
Für den hier maßgebenden Umgebungsrahmen, der sich vorliegend mit dem für das Maß der baulichen Nutzung deckt, wird zunächst auf dessen nähere Beschreibung unter 2.2.2 (2.1) verwiesen.

(2.2)

194
Die räumliche Lage des Bauvorhabens innerhalb des Grundstücks fügt sich nicht in den Umgebungsrahmen ein.

(a)

195
Die von der Klägerin beabsichtigte Bebauung ihres Grundstücks würde sich nach der überbaubaren Grundstücksfläche und damit nach seinem Standort innerhalb der vorhandenen Bebauung dann einfügen, wenn und soweit auch in der maßgeblichen Umgebung eine vergleichbare Bebauung der Grundstücksflächen aufweisen.

(b)

196
Bezüglich der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, ist die geplante faktische elbseitige Baugrenze, die Baulinie und die damit zusammenhängende elbseitige Bebauungstiefe nicht mit der bisherigen vergleichbar. Das Vorhaben der Klägerin würde eine bis dahin in dieser Form nicht vorhandene massive Bebauung deutlich näher an die Elbwiesen heranführen und daher in neuer Form prägend für das Gebiet werden.

197
Die zum Zeitpunkt der Antragstellung vorhandene Bebauung auf dem klägerischen Grundstück umfasste an der Grenze zum Außenbereich nur ein einziges ca. 20 m breites eingeschossiges Gebäude (zum Augenscheinstermin bereits abgerissen) an der südwestlichen Grundstücksgrenze. Ansonsten befanden sich nur Datschen, Nebengebäude u.ä. (vgl. den Bestandsplan in Anlage BK17) an der Grenze zum Außenbereich. Auf dem Flurstück 1105 liegt das Gebäude des „E…“, auf den Flurstücken xxx/12 und xxx/14 liegen die Gebäude der C…beach und S… letztere jedoch ca. 10 m zurückgesetzt. Zwar bestand daher keine eigentliche Baulinie, als zur Elbe hin breitere Gebäude gab es nur das o.g. zwischenzeitlich abgerissene ca. 20 m breite Gebäude und ein heute noch vorhandenes, ca. 20 m von der Außenbereichsgrenze zurückgesetztes ca. 35 m breites Gebäude in der nordwestlichen Ecke des klägerischen Grundstücks, beide nur zweigeschossig. Ein in seiner Wirkung massives Gebäude mit einer Gebäudebreite zur Elbe hin von mehr als 45 m gab es dagegen nicht, zudem auch nicht in der Entfernung von nur ca. 10 m zur Außenbereichsgrenze.

198
In seiner Massivität würden die drei an die Außenbereichsgrenze heranrückenden Gebäude daher letztlich die faktisch bestehende Baugrenze zur Elbe hin verschieben als auch elbseitig gesehen die Bebauungstiefe deutlich erhöhen und insofern zu bodenrechtlich relevanten Spannungen führen, weshalb insoweit auch eine ausnahmsweise zu erteilende Genehmigung nicht in Betracht käme.

III.B.

199
Unabhängig davon, dass bereits aus den vorgenannten Gründen eine Baugenehmigung zu versagen gewesen wäre, hätte eine solche auch aus den folgenden Gründen nicht erteilt werden dürfen:

1.

200
Nach § 72 Abs. 1 i.V.m. § 63 Nr. 1 und Nr. 3 SächsBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfen sind. Zu den zu beachtenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 SächsBO) gehört hier § 34 Abs. 1 BauGB und das im Begriff des „Einfügens“ enthaltene und Drittschutz vermittelnde Gebot der Rücksichtnahme.

201
Wie zuvor ausgeführt, liegt das Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich. Deshalb ist nach dem einschlägigen § 34 Abs. 1 BauGB ein Vorhaben innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist, wobei die Anforderungen an die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben müssen und das Ortsbild nicht beeinträchtigt werden darf. Zum Tatbestandsmerkmal des Begriffs des „Einfügens“ gehört, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich gesehen nicht rücksichtslos ist. Ob dies der Fall ist, ist in einer Gesamtschau, die den konkreten Einzelfall in den Blick nimmt, zu ermitteln. Das Gebot der Rücksichtnahme soll einen angemessenen Interessenausgleich gewähren. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist verletzt, wenn sich das Vorhaben objektiv- rechtlich aufgrund der von ihm ausgehenden schädlichen Umwelteinwirkungen (vgl. § 35 Abs. 2 BauGB) oder nach seiner Art oder seinem Maß der baulichen Nutzung, nach seiner Bauweise oder nach seiner überbauten Grundstücksfläche gegenüber dem Nachbarn als rücksichtslos erweist (BVerwG, Urt. v. 16.09.2010, Az.: 4 C 7/10, BauR 2011, 222). Ob dies der Fall ist, ist im Wege einer Gesamtschau bezogen auf den konkreten Einzelfall zu ermitteln. Dabei ist die Vorprägung durch das Vorhabengrundstück aber auch durch die von den Gebäuden in der näheren Umgebung ausgehende Prägung zu berücksichtigen (OVG Bautzen, Beschl. v.21.05.2013, Az.: 1 B 260/13, juris).

2.

202
Gemessen an diesen Maßstäben wäre eine Baugenehmigung für das Vorhaben der Klägerin nicht zu erteilen gewesen.

2.1

203
Bei der von der Beklagten zu treffenden Entscheidung wäre sie an die Beurteilung der im Bauvorbescheid erteilten Antworten gebunden.

204
Ein Bauvorbescheid, der die bebauungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens feststellt und nach Landesrecht ein vorweggenommener Teil der Baugenehmigung ist (sogenannte Bebauungsgenehmigung), setzt sich gegenüber nachfolgender Rechtsänderungen – das Inkrafttreten einer Veränderungssperre oder eines Bebauungsplans – durch, die – wie hier – dem Vorhaben entgegengesetzte Festsetzungen enthält (BVerwG, Urt. v.03.02.1984, Az.: 4 C 39/82, BVerwGE 69, 1-5; BGH, Urt. v. 20.12.1985, Az.: V ZR 263/83, BGHZ 96, 358; BGH, Urt. v. 23.09.1993, Az.: III ZR 54/92, juris).

205
Für die nachfolgende Prüfung kann daher sogar unterstellt werden, dass ein zugunsten der Klägerin positiver Bauvorbescheid ergangen wäre, mithin das Bauvorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung entsprochen hätte. Da die Vorbescheidsfrage lautete: „Entspricht das Vorhaben im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, der Eigenart der näheren Umgebung?“ – wäre vorab nur über diese Fragen im Sinne der Klägerin bindend entschieden worden.

2.2

206
Das Bauvorhaben wäre aber im Hinblick auf die noch offenen Fragen bauplanungsrechtlich unzulässig gewesen, weshalb die beantragte Baugenehmigung hätte versagt werden müssen. Das beabsichtigte Bauvorhaben hätte sich hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung eingefügt und zudem das Ortsbild beeinträchtigt.

207
Die im Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides vom 13.10.2014 nicht gestellten Fragen nach der „Art der baulichen Nutzung“, dem „Einfügen“, der „gesicherte Erschließung“, der „gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ sowie „keine Beeinträchtigung des Ortsbildes“ wären von der Beklagte noch zu prüfen gewesen.

2.2.1

208
Das Bauvorhaben der Klägerin hätte sich bezüglich der „Art der baulichen Nutzung“ nicht in die nähere Umgebung eingefügt.

(1)

209
Der Bescheid vom 04.11.2014 (Anlage K41), der sich auf die Errichtung von sechs Wohn- und Geschäftshäusern und einer Tiefgarage seitens der Klägerin erstreckt, entfaltet keine Bindungswirkung zugunsten der Klägerin. Ausdrücklich wurde der Antrag auf Erteilung eines Vorbescheids mit dem Tenor abgelehnt, dass das Bauvorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig ist. Die in diesem ablehnenden Bescheid vorgenommen Ausführungen zur Zulässigkeit der Wohnbebauung im fraglichen Gebiet bilden kein für die Beklagte verbindliches Präjudiz für künftige Anträge.

210
Soweit in der Begründung des Bescheids die beabsichtigte Art der baulichen Nutzung im Einklang mit dem Zulässigkeitsrahmen gesehen wurde, konnte dies weder bei der Klägerin schutzwürdiges Vertrauen hervorrufen noch wäre diese Beurteilung bindend für die Beklagte gewesen. Ausweislich des Tenors nimmt diese Feststellung nicht an der Bestandskraft der Entscheidung teil. Die Ausführungen in der Begründung des Bescheids wären auch deshalb nicht bindend, weil sich ein etwaig beschwerter Dritter (anders als bei einem positiven Tenor) gegen die Ausführungen mangels Bindungswirkung nicht hätte wehren können.

211
Zudem hatte die Klägerin den 3. Vorbescheidsantrag zu einem Zeitpunkt gestellt, als ihr zwar aufgrund des Anhörungsschreibens vom 22.09.2014 bekannt war, dass die Beklagte möglicherweise keine Bedenken gegen die beabsichtigte Art der baulichen Nutzung haben werde. Ein insoweit positiver Bescheid war aber nicht erteilt worden. Die Klägerin hätte es in der Hand gehabt, nach der negativen Bescheidung am 04.11.2014 den 3. Vorbescheidsantrag auf die noch immer nicht ausdrücklich in ihrem Sinne entschiedene Frage zu erweitern.

212
Hätte die Klägerin hier die Wirkung eines Vorbescheids herbeiführen wollen, hätte sie einen solchen daher explizit beantragen müssen. Auch eine verwaltungsrechtlich relevante Zusicherung (vgl. § 38 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfZG) dieser Frage liegt nicht vor. Im Übrigen ist auch keine uneingeschränkte Zulässigkeit attestiert worden. Vielmehr wurde einschränkend darauf hingewiesen, dass die Eigenart der näheren Umgebung auch einzubeziehen sein werde. Ein irgendwie gearteter Vertrauensschutz dafür, dass die Art und Weise der baulichen Nutzung auch künftig als zulässig angesehen würde, bestand für die Klägerin daher nicht.

(2)

213
Das Bauvorhaben hätte sich bezüglich der „Art der baulichen Nutzung“ nicht in die nähere Umgebung eingefügt.

(2.1)

214
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (grundlegend BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, Az.: 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369) fügt sich ein Vorhaben, das sich innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens hält, ihm in der Regel auch ein, sofern es nicht ausnahmsweise die gebotene Rücksichtnahme auf die in der unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt. Andererseits kann sich zwar im Ausnahmefall auch ein Vorhaben, das sich nicht in jeder Hinsicht innerhalb des Rahmens hält, noch seiner näheren Umgebung einfügen; Voraussetzung hierfür ist, dass es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder vorhandene Spannungen zu erhöhen. Die Prüfung hat also in zwei Schritten zu erfolgen. Dabei fällt mit der Beantwortung der ersten Frage, ob sich das hinzukommende Vorhaben im Rahmen der bereits in der Umgebung vorhandenen baulichen Nutzung hält, eine wichtige Vorentscheidung, die innerhalb des zweiten Prüfungsschritts nur noch ausnahmsweise korrigiert werden kann.

215
Bei der Frage, ob sich ein Vorhaben nach der Art der baulichen Nutzung im Rahmen der Umgebungsbebauung hält, ist auf typisierte Nutzungsarten abzustellen; dabei kann grundsätzlich an die Typisierung der Nutzungsarten in der Baunutzungsverordnung angeknüpft werden (BVerwG, Urt. v. 03.02.1984, Az.: 4 C 25.82, BVerwGE 68, 360, 368; Urt. v. 03.04.1987, Az.: 4 C 41.84, ZfBR 1987, 260,261); denn die Baunutzungsverordnung stellt – grundsätzlich – eine sachverständige Konkretisierung moderner Planungsgrundsätze dar (BVerwG, Urt. v. 11.02.1993, Az.: 4 C 15.92, ZfBR 1993, 191, 192). In der Rechtsprechung geklärt ist ferner, dass der Begriff der „Art der baulichen Nutzung“ in § 34 Abs. 1 BauGB nicht identisch ist mit dem Baugebiet im Sinne von § 1 Abs. 2 BauNVO; andernfalls wäre die Vorschrift des § 34 Abs. 2 BauGB sinnlos (BVerwG, Urt. v. 03.04.1987, Az.: 4 C 41.84, a.a.O.). Die „Art der baulichen Nutzung“ ist vielmehr grundsätzlich mit den Nutzungsarten gleichzusetzen, wie sie durch die Begriffe der Baunutzungsverordnung für die Nutzungsarten in den einzelnen Baugebieten definiert werden (BVerwG, Urt. v. 03.04.1987, Az.: 4 C 41.84, a.a.O.; BVerwG, Urt. v. 15.12.1994, Az.: 4 C 13.93, Rn. 18, juris).

216
Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der in der Baunutzungsverordnung bezeichneten Baugebiete, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Baunutzungsverordnung in dem Gebiet allgemein zulässig wäre, § 34 Abs. 2 BauGB.

217
Kann die nähere Umgebung – wie hier – keinem der Baugebiete der §§ 2 ff. BauNVO zugeordnet werden, weil unterschiedlichste Elemente verschiedener Nutzungsarten (Wohnen, das Wohnen nicht störendes und störendes Gewerbe, Anlagen für kulturelle und für sportliche Zwecke), die häufig nicht miteinander harmonieren und teilweise planlos aufeinanderstoßen, ist von einer sogenannten Gemengelage auszugehen (BVerwG, Beschl. v. 22.10.2013, Az.: 4 B 30.13; Urt. v. 15.12.1994, Az.: 4 C 13.93; OVG Bautzen, Urt. v. 22.03.2013, Az.: 1 A 502/12, juris jeweils m.w.N.).

(2.2)

218
Gemessen an diesen Maßstäben hält sich das Vorhaben der Klägerin nicht innerhalb des aus seiner näheren Umgebung hervorgehenden Rahmens.

(a)

219
Der Senat ist bei seiner Bewertung von dem nachfolgend näher bestimmten Umgebungsrahmen ausgegangen.

(aa)

220
Das Bundesverwaltungsgericht hat zu den Anforderungen an die Bestimmung und Begrenzung der näheren Umgebung ausgeführt (BVerwG, Beschl. v. 29.08.2003, Az.: 4 B 74/03, juris): „Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich dabei nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 34 Rn. 36; Hofherr, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., § 34 Rn. 8 m.w.N.). Diese kann so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen aneinanderstoßen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie (Straße, Schienenstrang, Gewässerlauf, Geländekante etc.) entkoppelt ist. Eine solche Linie hat bei einer beidseitig andersartigen Siedlungsstruktur nicht stets eine trennende Funktion (BVerwG, Beschl. v. 10.06.1991, Az.: 4 B 88.91, juris). Umgekehrt führt ihr Fehlen nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen.“ Letztlich ist die Bestimmung der näheren Umgebung eine Frage der Sachverhaltsermittlung und Rechtsanwendung im Einzelfall (BVerwG, Beschl. v. 10.06.1991, Az.: 4 B 88.91, a.a.O.; OVG Bautzen, Urt. v. 19.06.2017, Az.: 1 A 94/16, juris).

(bb)

221
Die nähere Umgebung im Hinblick auf die „Art der baulichen Nutzung“ ist im Ergebnis des mit den Parteien in Augenschein genommenen Umfeldes und des vorgelegten Karten- und Bildermaterials der oben unter III.A. 2.2.1 dargelegte weiteste Umgebungsrahmen.

222
Die erforderliche wechselseitige bodenrechtliche Prägung zwischen Umgebung und Vorhabengrundstück liegt schon deshalb nahe, weil von nahezu allen Grundstücken eine unmittelbare Sichtbeziehung zu den übrigen Grundstücken besteht. Dieser Eindruck wird von den Elbwiesen, dem Elbradweg und noch mehr dem gegenüberliegenden Elbufer weiter bestärkt.

223
Das nördliche Gebiet über die L. Straße hinaus übt keinen Einfluss auf das Baugebiet der Klägerin aus, denn die breite L. Straße, die eine der Hauptverkehrsstraßen der Stadt D… ist, bildet im vorliegenden Fall eine deutliche Zäsur. Die von der Klägerin argumentativ herangezogene Bebauung, die Wohnzwecken dient, befindet sich erst und nur an einer Ecke nord-östlich auf der anderen Seite des A…-Platzes. Der A…-Platz hat in seiner gestalterischen Ausprägung (isoliert stehende Villa G… auf der süd-westlichen Seite, Blockrandbebauung aus der Gründerzeit auf der gegenüberliegenden Seite) keine verbindende oder verklammernde Wirkung zum Grundstück der Klägerin.

(b)

224
Bei der so bestimmten näheren Umgebung ist davon auszugehen, dass sich das Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich an dem zu orientieren hat, was in seiner Umgebung an Bebauung tatsächlich vorhanden ist und nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tritt (Rahmen – Anm. d. Senats). Denn außer Acht gelassen werden darf lediglich, was die Bebauung nicht prägt, weil es nicht die Kraft hat, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen oder in ihr gar als Fremdkörper scheint (BVerwG, Urt. v. 08.12.2016, Az.: 4 C 7.15, juris; Urt. v. 15.12.1994, 4 C 19.93, juris, jeweils m.w.N.).

(aa)

225
Die Eigenart der so eingegrenzten näheren Umgebung wird hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung grundsätzlich durch alle baulichen Nutzungen bestimmt, die tatsächlich vorhanden sind. Maßgeblich ist jede optisch wahrnehmbare Bebauung, die für die angemessene Fortentwicklung des vorhandenen Bestandes maßstabsbildend ist.

226
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an (vgl. Urt. v. 03.02.1984, Az.: 4 C 25.82, BVerwGE 68, 360, 368; Urt. v. 19.09.1986, Az.: 4 C 15.84, BVerwGE 75, 34,42; Urt. v. 03.04.1987, Az.: 4 C 41.84, Rn. 17, juris), wonach die Typisierung der Nutzungsarten wie sie in der Baunutzungsverordnung zur Abgrenzung der Baugebiete vorgenommen wird, grundsätzlich auch maßgeblich dafür ist, ob sich ein Vorhaben im Sinne des § 34 Abs. 1 BauGB nach der Art der baulichen Nutzung in die nähere Umgebung einfügt. Allerdings ist, wie bereits die in § 34 Abs. 3 Satz 1 BauGB getroffene Regelung erkennen lässt, der Begriff der „Art der baulichen Nutzung“ in § 34 Abs. 1 BauGB nicht identisch mit demjenigen der in § 1 Abs. 2 BauNVO aufgeführten Baugebiete. Entspricht deshalb die Eigenart der näheren Umgebung nach der vorhandenen Bebauung nicht einem dieser Baugebiete, sondern weist sie – wie hier – Merkmale mehrerer Baugebiete auf, so sind nicht etwa alle Arten von baulichen Nutzungen zulässig, die in den nach der Eigenart der näheren Umgebung jeweils in Betracht kommenden Baugebieten nach der Baunutzungsverordnung zulässig wären. Vielmehr wird der für die Beurteilung des Sich-Einfügens nach § 34 Abs. 1 BauGB maßgebliche Rahmen innerhalb des Spektrums der nach den angesprochenen Gebietstypen zulässigen Nutzungsarten von den in der näheren Umgebung auch tatsächlich vorhandenen Nutzungen begrenzt (BVerwG, Urt. v. 23.05.1986, Az.: 4 C 34.85, DVBl. 1986, 127; BVerwG, Urt. v. 03.04.1987, Az.: 4 C 41.84, Rn. 17, juris).

(bb)

227
Davon ausgehend ist Wohnbebauung in der vorbeschriebenen (vgl. oben unter (a)) näheren Umgebung des Bauvorhabens nicht maßstabsbildend.

228
Die Eigenart der näheren Umgebung ist hinsichtlich der Art der baulichen Nutzung nach dem Eindruck, den der Senat im Ortstermin gewonnen hat und der zudem im vorgelegten Karten- und Bildmaterial zum Ausdruck kommt, nicht einem der in der Baunutzungsverordnung beschriebenen Baugebiete, insbesondere nicht einem allgemeinen Wohngebiet (§ 34 Abs. 2 BauGB i.V.m. § 4 Abs. 1 BauNVO) zuzuordnen, sondern ist vielmehr wegen des Nebeneinanders verschiedener Nutzungen als Gemengelage (§ 34 Abs. 1 BauGB) einzustufen, so dass auch ein faktisches Baugebiet im Sinne des § 34 Abs. 2 BauGB nicht vorliegt.

229
In der näheren Umgebung sind verschiedenste Nutzungsarten entsprechend einem Mischgebiet zu finden. Das Gebiet weist eine starke gewerbliche Prägung auf. Zudem wird das Gebiet für Sport, Kultur u.ä. genutzt. Vereinzelt und nur am Rande liegend findet sich auch Wohnnutzung, die aber nicht prägend, sondern die Ausnahme ist.

230
Die Prüfung der Zulässigkeit hat daher anhand von § 34 Abs. 1 BauGB zu erfolgen.

(1)

231
Typisierte Nutzungsarten sind hier nicht störende Gewerbe und Verwaltung im M.gebäude, der Villa G… und auf dem Vorhabengrundstück der Klägerin (Kfz-Teile- und Autozubehörhandel), Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke (E…, Kleingartensparte, Sportplatz), Vergnügungsstätten (C…beach und S…) und – als Ausnahme – Wohnen.

(2)

232
Die Wohnnutzung ist bisher die absolute Ausnahme; sie ist von völlig untergeordneter Bedeutung und deshalb und zudem als „Fremdkörper“ bei der Bestimmung der näheren Umgebung auszunehmen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 03.04.1981, Az.: 4 C 61.78, juris).

(2.1)

233
Nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB richtet sich die planungsrechtliche Zulässigkeit baulicher Vorhaben im unbeplanten Innenbereich nach dem sich aus der vorhandenen Bebauung ergebenden Maßstab. Das bedeutet allerdings, dass – gleichsam auf der ersten Stufe der Betrachtung – alles an Bebauung in den Blick zu nehmen ist, was in der näheren Umgebung tatsächlich vorhanden ist. Eine Beschränkung auf das, was von der vorhandenen Bebauung städtebaulich wünschenswert oder auch nur vertretbar ist, darf insoweit nicht vorgenommen werden. Auch eine städtebaulich unerwünschte Bebauung darf bei der Bildung des Maßstabs „nicht einfach … von vornherein vernachlässigt werden“ (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.05.1978, Az.: 4 C 9.77, BVerwGE 55, 369, 380 f.; Urt. v. 18.10.1974, Az.: 4 C 77.73, juris). Nicht jegliche vorhandene Bebauung in der näheren Umgebung bestimmt jedoch ihren Charakter. Vielmehr muss die Betrachtung – zweitens – auf das Wesentliche zurückgeführt werden. Es muss alles außer Acht gelassen werden, was die vorhandene Bebauung nicht prägt oder in ihr gar als Fremdkörper erscheint (BVerwG, Urt. v. 18.10.1974, Az.: 4 C 77.73, a.a.O., S. 114). Diese Rechtsauffassung ist bereits zu § 34 Abs. 1 BBauG idF von 1960, nach dem es auf die „vorhandene Bebauung“ ankam, entwickelt worden (BVerwG, Urt. v. 23.04.1969, Az.: 4 C 12.67, BVerwGE 32, 31, 33). Sie ist erst recht gerechtfertigt, seitdem es – seit der BauGB-Novelle 1976 – nicht mehr unmittelbar auf die Bebauung, sondern auf die durch sie vermittelte „Eigenart“ der näheren Umgebung ankommt. Auszusondern sind zum einen solche baulichen Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild (Ausdehnung, Höhe, Zahl usw.) nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen, die der Betrachter also nicht oder nur am Rande wahrnimmt. Ihre Aussonderung hat mit dem Begriff „Fremdkörper“ nichts zu tun, sondern ist Ergebnis einer Beschränkung auf das Wesentliche. Schon diese Beschränkung ist zwar nicht ganz frei von wertenden Elementen; sie knüpft aber noch stärker an die Feststellung des tatsächlich Gegebenen an. Zum anderen können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das wird namentlich dann anzunehmen sein, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. In Betracht kommen insbesondere solche baulichen Anlagen, die nach ihrer – auch äußerlich erkennbaren – Zweckbestimmung in der näheren Umgebung einzigartig sind. Sie erlangen die Stellung eines „Unikats“ um so eher, je einheitlicher die nähere Umgebung im übrigen baulich genutzt ist. Trotz ihrer deutlich in Erscheinung tretenden Größe und ihres nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmen sie nicht deren Eigenart, weil sie wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägt vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert dastehen. Grundlage für ein solches Ausklammern ist zwar auch das tatsächlich Festgestellte; als Ergebnis beruht es aber auf einer überwiegend wertenden Betrachtung. Derartige Anlagen dürfen bei der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung aber nur dann als „Fremdkörper“ ausgeklammert werden, wenn sie wegen ihrer Andersartigkeit und Einzigartigkeit den Charakter ihrer Umgebung letztlich nicht beeinflussen können. Ob dies der Fall ist, muss – auf einer dritten Stufe – unter Würdigung des tatsächlich Vorhandenen ermittelt werden. Ausschlaggebend kann erneut die Größe der andersartigen Anlage sein. Einzelne bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter können nach Ausdehnung, Zahl und anderen Quantitätsmerkmalen ein solches Gewicht enthalten, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dafür kommen neben der Größe des Gebäudes auch die Ausstrahlungswirkungen (Immissionen) einer einzelnen baulichen Anlage auf die nähere Umgebung in Betracht. Auf diesem Wege kann sogar ein einzelner Gewerbebetrieb in einem im übrigen einheitlich strukturierten Wohngebiet die Eigenschaft eines außer Betracht zu lassenden Fremdkörpers verlieren und seinerseits die Eigenart der Umgebung mitbestimmen (BVerwG, Urt. v. 15.02.1990, Az.: 4 C 23.86, BVerwGE 84, 322, Rn. 16).

(2.2)

234
Die nähere Umgebung ist hier geprägt durch Gewerbe und Verwaltung im M.gebäude, der Villa G… und auf dem Vorhabengrundstück der Klägerin (Kfz-Teile- und Autozubehörhandel), Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke (E…, Kleingartensparte, Sportplatz) und Vergnügungsstätten (C…beach und S…). Diese Nutzung bildet sowohl von ihrer Fläche als auch von ihrer Anzahl den weit überwiegenden Anteil. Das gilt auch für das Vorhabengrundstück, auf dem sich heute neben den beiden umfunktionierten Kleingartenhäusern und dem Autoteilehandel vor allem undefinierbare Bauruinen und verfallene Gebäudereste sowie Grün- bzw. Brachflächen befinden, deren ursprüngliche Nutzung nicht mehr nachvollziehbar ist und denen auch keine Nachwirkung zukommt.

(2.3)

235
Auf der von der Klägerin als Anlage BK 10 vorgelegten Übersicht ist bereits zu erkennen, dass die Wohnbebauung für das Gebiet nicht nur nicht prägend, sondern gänzlich untergeordnet ist, was durch den Eindruck, den der Senat im Ortstermin gewonnen hat, noch verstärkt wurde. Die ungenehmigt zu Wohnzwecken umfunktionierten beiden Gartenhäuser sind völlig untergeordnet und die übrigen, jeweils am Rand befindlichen Wohnnutzungen sind einem Betrieb im weiteren Sinne zugeordnet und daher als Fremdkörper nicht maßstabsbildend. Im Einzelnen:

236
Die mit den Zahlen 1,2,3, 4 und 6 gekennzeichneten Objekte liegen außerhalb des in Betracht zu ziehenden Umgebungsrahmens.

237
Das Objekt mit der Ziffer 13 ist die 1888 im Stil der italienischen Neorenaissance für den Kaufmann, Unternehmer und Reichstagsabgeordneten C. E. G. errichtete Villa G…, die heute sowohl zu gewerblichen als auch im Dachgeschoss und im Souterrain zu Wohnzwecken genutzt wird (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/G…sche_Villa). Sie ist als städtebaulich gewollte Ausnahme anzusehen, die aus einer ganz anderen Zeit stammt und im Gesamtbild nicht prägend ist.

238
Das Objekt Nr.12 befindet sich auf dem Vorhabengrundstück unmittelbar an der L. Straße. Inwieweit hier ursprünglich in einem geringem Umfang eine Wohnnutzung vorhanden war und ist, ist umstritten. Die Behauptung der Klägerin, das sich in einem äußerlich desolaten Zustand befindliche Gebäude werde nach der Zwangsräumung des das Gelände nutzenden Vereins als Wohnraum genutzt, ist konkret erst im Berufungsverfahren vorgebracht worden. Jedenfalls ist der neue bestrittene Vortrag zur „umfassenden“ Wohnnutzung in Berufungsinstanz unzulässig, § 531 Abs. 2 ZPO. Beim Ortstermin konnte der Senat zudem feststellen, dass Gebäude ausweislich vorhandener Beschilderung zumindest vormals auch zu gewerblichen Zwecken genutzt worden ist. Die von der Klägerin behauptete Wohnnutzung würde aber, da randständig und auch keinesfalls ausschließlich, augenscheinlich das Gebiet nicht prägen.

239
Bei dem Objekt Nr. 11 handelt es sich um das sogenannte M.gebäude. Hier ist bereits nicht ausdrücklich vorgetragen worden, dass dies der Wohnnutzung dient. Eine solche Nutzung konnte auch im Ortstermin nicht festgestellt werden, vielmehr sind dort eine Dienststelle des M.dienstes, eine Tanzschule und mehrere Firmen ansässig. Im Übrigen würde es sich dabei auch um neuen bestrittenen Vortrag handeln, der in der Berufungsinstanz nicht zu berücksichtigen ist, § 531 Abs. 2 ZPO.

240
Das Objekt Nr. 5 („Wohngebäude mit Schwimmbecken“) ist das beim Ortstermin angesehene ertüchtigte Gartengebäude aus DDR-Zeiten (Typenbau), das mit einer ursprünglichen Grundfläche von 28 m² nicht zu Wohnzwecken gedacht, sondern zu Freizeit- und Erholungszwecken angelegt war. Auch bei dem weiteren beim Ortstermin in Augenschein genommenen Haus „sogenanntes Flößerhaus“ (welches von der Elbe ca. 20 -30 m neben dem Gebäude Nr. 5 liegt) handelt es sich um ein mehr oder weniger notdürftig zu Wohnzwecken hergerichtetes Kleingartengebäude, das ursprünglich nicht zu Wohnzwecken bestimmt war. Diesen beiden Objekten kann auch deshalb keine prägende Nutzung zugesprochen werden, weil sie zum einen nicht für Wohnnutzung bestimmt waren und zum anderen auch nichts dafür ersichtlich ist, dass die Beklagte diese wissentlich duldet. Darüber hinaus liegen diese im Umgebungskontext mit Abstand kleinsten Gebäude am äußersten Rand der faktischen Bebauungsgrenze des klägerischen Grundstücks zum Elbradweg hin (und Grenze zum Außenbereich) und sind auch aufgrund der umgebenden Gelände- und Gewächsstruktur von außen kaum wahrnehmbar.

241
Das Objekt Nr. 7 gehört zum C…beach bzw. zur S…. In dem dreigeschossigen Gebäude wurde nach Angaben der Klägerin die oberste Etage vom Betreiber des Geländes im Zeitpunkt der Antragstellung als Wohnung genutzt. Das Gebäude im Übrigen wird augenscheinlich gewerblich genutzt.

242
In den Objekten 8 und 9 ist das sogenannte Hafenmeistergebäude untergebracht, das heute gewerblich und zu Wohnzwecken genutzt wird. Als ehemalige Betriebswohnung kann es aber auch den Gebietscharakter nicht als Wohnzwecken nutzend prägen (BVerwG, Urt. v. 27.05.1983, Az.: 4 C 67/78, juris).

243
Das Gebäude Nr. 10 ist die neu renovierte „M…villa“, die jetzt zumindest teilweise zu Wohnzwecken genutzt wird. Sie liegt wiederum unmittelbar an der Leipziger Straße. Nach Internetangaben (http://www.usd-immobilien.de/objekte_detail1.php?oid=225) wurde das denkmalgeschützte Gebäude in der Zeit von 1863 bis 1865 erbaut und diente ursprünglich als Firmensitz des Mechanikers Schlick. Nach 1945 nutzte die Autowerkstatt des Rennfahrers H. M. das Gebäude zu Verwaltungszwecken und als Fahrschule.

244
In der Gesamtschau ist danach festzustellen, dass in der Umgebung eine Wohnbebauung nur mit Ausnahmecharakter bzw. nur in den Randbereichen und zudem in nur sehr geringem Umfang vorhanden ist. Eine Gebietsprägung „Wohnbebauung“ findet daher hierdurch nicht statt.

(2.4)

245
Das Vorhaben der Klägerin fügt sich auch nicht ausnahmsweise ein, weil es erhebliche bodenrechtliche Spannungen hervorrufen würde.

(a)

246
Die von der Klägerin geplante großflächige Wohnbebauung würde den Gebietscharakter ins Gegenteil verkehren und damit völlig verändern. Sie würde Fakten schaffen, die eine anderweitige Planung und Bebauung verhindern würden.

(b)

247
Soweit Planaufstellungsbeschlüsse der Stadt oder der nach Schluss der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz erlassenen Bebauungsplan für das Vorhabengrundstück eine Wohnbebauung in Teilbereichen des klägerischen Grundstücks zulassen, ist dies für die vorliegende Entscheidung irrelevant. Zum Entscheidungszeitpunkt über den Bauantrag war nur ein Planaufstellungsbeschluss gefasst gewesen. Da die Voraussetzungen des § 33 BauGB unstreitig nicht vorlagen, ist daher Beurteilungsmaßstab für die damalige planungsrechtliche Zulässigkeit alleine § 34 BauGB.

(c)

248
Aus diesen Gründen ist für die vorliegende Entscheidung auch das heutige Projekt „H…“, für welches am 18.10.2017 ein Planaufstellungsbeschluss gefasst wurde (vgl. Amtsblatt der Beklagten Nr. 43/2017, S. 17), irrelevant.

2.2.2

249
Auch wenn es nach Vorstehendem nicht mehr darauf ankommt, weil sich das klägerische Vorhaben bereits nicht in den Umgebungsrahmen eingefügt hätte, würde es – selbst sein Einfügen unterstellt – das Ortsbild beeinträchtigen und wäre deshalb nicht genehmigungsfähig.

(1)

250
§ 34 Abs. 1 Satz 2 BauGB mit seinem Verbot der Beeinträchtigung des Ortsbildes ergänzt Satz 1 der Vorschrift. Auch ein Vorhaben, das sich gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, kann gleichwohl bauplanungsrechtlich unzulässig sein, wenn es das Ortsbild beeinträchtigt (BVerwG, Beschl. v. 16. 07.1990, Az.: 4 B 106.90, ZfBR 1990, 306). Dabei sind nur solche Beeinträchtigungen des Ortsbildes beachtlich, die städtebauliche Qualität besitzen. Dies ergibt sich aus der Zugehörigkeit des § 34 BauGB zum Bauplanungsrecht. § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB als städtebauliche Gestaltungsvorschrift ist zu unterscheiden von den gestalterischen Vorschriften des Bauordnungsrechts. Durch sie soll nicht nur vermieden werden, dass das Bauwerk selbst verunstaltend wirkt, sondern auch, dass es sich negativ auf seine Umgebung auswirkt. Beim Beeinträchtigen des Ortsbildes kommt es nicht – wie beim Einfügensgebot – auf (fehlende) Übereinstimmung in den einzelnen Merkmalen der Bebauung an, sondern darauf, ob ein Gesamtbild, das durch unterschiedliche Elemente geprägt sein kann, gestört wird. Das ist nach dem ästhetischen Empfinden eines für Fragen der Ortsbildgestaltung aufgeschlossenen Betrachters zu beurteilen, das nicht verletzt sein darf (BVerwG, Urt. v. 18.02.1983, Az.: 4 C 18.81, BVerwGE 57, 23, 33). Zu beachten ist, dass nicht jedes Ortsbild schützenswert ist, nur weil es durch eine gewisse Einheitlichkeit oder Gleichartigkeit der Bebauung oder einzelner Elemente der Bebauung geprägt ist. Eine Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums muss für Einschränkungen seines Gebrauchs (hier: der Baufreiheit) hinreichend gewichtige Gemeinwohlbelange auf ihrer Seite haben. Sie darf nicht darauf hinauslaufen, dass im unbeplanten Innenbereich das Vorhandene in jeder Beziehung das Maß des Zulässigen bestimmt, nur weil es schon vorhanden ist. Das Ortsbild muss, um schützenswert zu sein und die Bau(gestaltungs)freiheit des Eigentümers einschränken zu können, eine gewisse Wertigkeit für die Allgemeinheit haben. Dies ist nicht das Ortsbild, wie es überall anzutreffen sein könnte. Es muss einen besonderen Charakter, eine gewisse Eigenheit haben, die dem Ort oder dem Ortsteil eine aus dem Üblichen herausragende Prägung verleiht. Ob das Ortsbild in diesem Sinne beeinträchtigt ist, unterliegt in erster Linie der wertenden Beurteilung durch das Tatsachengericht (BVerwG, Urt. v. 11.05.2000, Az.: 4 C 14.98, Rn. 19, juris).

(2)

251
Gemessen an diesen Maßstäben ergeben die Feststellungen des Senats, denen die Augenscheinseinnahme wie auch die vorgelegten Pläne und Fotografien zugrunde liegen, im vorliegenden Fall eine nachteilige Beeinträchtigung des Ortsbildes.

252
Zum einen dominiert die Villa G… den Straßenraum im Bereich A…-Platz/Leipziger Straße, was zur Zeit ihrer Errichtung gestalterisch auch so beabsichtigt gewesen sein dürfte. Sie ginge jedoch an der L. Straße im Hinblick auf die dort geplanten Bauten gestalterisch und maßstäblich „unter“. Die Höhenentwicklung durch die Gewichtung der Bebauung im unmittelbaren Umfeld auf der elbwärtigen Seite des A…-Platzes würde sich verkehren. Die Villa und die diese umgebenden Bauten würden folglich als untergeordnete nachrangige Bebauung erscheinen.

253
Zum anderen – und letztendlich schon für sich alleine ausschlaggebend – würde die massive Bebauung zur Elbe hin, wie oben unter III.A. 2.2.1. dargestellt, das bisher vorhandene Ortsbild geradezu umkehren. Die geplanten – von der Elbe gesehen von rechts nach links sich erstreckenden ca. 45 m und ca. 25 m breiten viergeschossigen Gebäude mit einer Höhe von mehr als 18 m zur bisherigen Geländeoberkante sowie die Schmalseite des von der Elbe gesehen links liegenden, zur Elbe hin fünf-geschossigen und über 21 m hohen Gebäudes, Breite zur Elbe hin ca. 16 m, würden in unmittelbarer Elbnähe nunmehr als städtebauliche Dominante wirken. Der Senat konnte im Ortstermin feststellen, dass sowohl vom Elbradweg auf Vorhabenseite als auch vom anderen Elbufer aus gesehen, auf der Seite des klägerischen Bauvorhabens in der Elbnähe in der fraglichen Umgebung keine massive (hohe und breite) und schon gar keine mit dem Vorhaben nur annähernd vergleichbare Bebauung vorhanden ist, die Bebauung sich vielmehr gegenüber der Elbe zurücknimmt und in der Regel nicht parallel sondern nur senkrecht zu ihr angeordnet ist. Das zwar – auch wegen der zum Augenscheinstermin unbelaubten Bäume – von der anderen Elbseite her gut sichtbare M.gebäude wie auch die von der anderen Elbseite her erkennbare Bebauung auf der elbabgewandten nordöstlichen Seite des A…-Platzes sind mit der von der Klägerin beabsichtigen Bebauung nicht vergleichbar. Das M.gebäude liegt gegenüber der Außenbereichskante 60 m zurückgesetzt, die Bebauung auf der nordöstlichen Seite des A…-Platzes mehr als 250 m. Zudem ist das M.gebäude nur mit seiner Schmalseite zur Elbe hin ausgerichtet, erst das nochmals 90 m weiter von der Elbe entfernt liegende Vordergebäude hat dann eine Breite zur Elbe hin von ca. 35 m. Das Bauvorhaben der Klägerin würde zwei vier-geschossige Gebäude und ein zur Elbe hin fünf-geschossiges Gebäude (Turmgebäude) von erheblicher Breite und Grundfläche erheblich dichter als andere Gebäude und parallel an die Elbe heranführen und damit das Gesamtbild dominieren, während derzeit die niedrige Bebauung von der Elbe und dem Elbradweg gesehen „unauffällig“ wirkt.

254
Die mit den Anlagen BK12 und BK13 vorgelegten Lichtbildaufnahmen, die für das ortskundige Gericht offensichtlich von der Marienbrücke aus aufgenommen worden sind, geben – zudem per Teleobjektiv aufgenommen – lediglich einen speziellen Aufnahmewinkel aus südlicher Richtung wieder, der allenfalls einen sehr punktuellen Ausschnitt der vorhandenen Situation darstellt (man sieht schon die Nebenflächen nicht), sie spiegeln aber nicht den tatsächlichen Gesamteindruck wieder. Die von der Klägerin geplanten Gebäude liegen deutlich elbnäher und zudem mit zwei breiten hohen Gebäuden parallel zur Elbe – hingen liegt das M.gebäude weiter hinten und senkrecht zur Elbe. Die von der Klägerin geplanten Gebäude würden ebenso massiv sowohl parallel zur Elbe als auch in nördlicher Richtung wirken und damit das bisherige Gesamtbild von diesen Seiten sich zurücknehmender niedriger Bebauung ins Gegenteil verkehren.

255
Dass nach den aktuellen Planungen der Beklagten auf den von der Elbe gesehen rechts neben dem klägerischen Grundstück liegenden Bereich, auf dem die „H…“ entstehen soll, nunmehr ggf. massive Gebäude an der elbseitigen Grundstückskante errichtet werden können, ist unbeachtlich: Zum einen hat die Beklagte nunmehr entsprechende bauleitplanerische Entscheidungen getroffen, es handelt sich also gerade nicht um etwaige Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich. Zum anderen würde die elbnahe „Bebauungskante“ im Bereich der sog. H… und die von der Beklagten vorgesehene Bebauungsgrenze auf dem klägerischen Grundstück (vgl. auch Anlage BK4 = Bl. 360 d.A.) nahezu parallel zur Leipziger Straße verlaufen und sich in ihrer gedachten Verlängerung elbabwärts auch ungefähr an der nordöstlichen Seite des Sportplatzes orientieren. Hinzukommt, dass der elbnahe Bereich der sog. H… nicht unmittelbar an der Elbe, sondern nur am Hafenbecken liegt. Das eigentliche Flussbett der Elbe liegt dagegen ca. 30 m und durch die Hafenmauer bzw. Hafenböschung abgetrennt entfernt.

2.2.3

256
Ob darüber hinaus die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse hier hätten gewahrt werden können, kann vor diesem Hintergrund offen bleiben. Probleme hätten sich aber im Hinblick auf die damalige Nutzung des M.gebäudes als Notfahrzeugeinsatzzentrale sowie die zumindest damalige Nutzung der Freizeit- und Diskothekenanlage C…beach/S…, ggfs. auch durch den Verkehr auf der L. Straße als einer Haupteinfallsstraße, durch die damit verbundenen Immissionen ergeben können. Darüber hinaus liegt das Bauvorhaben im festgesetzten Überschwemmungsgebiet der Elbe, wodurch allein mit Blick auf die Hochwasser in den Jahren 2002 und 2013 erhebliche Risiken verbunden sind.

2.2.4

257
Offen bleiben kann hier daher auch die wasserrechtliche Fragestellung.

258
Der vorbeugende Hochwasserschutz nach dem Wasserhaushaltsgesetz und nach dem Sächsischen Wassergesetz ist grundsätzlich nicht vom baurechtlichen Gebot der Rücksichtnahme umfasst. Im Rahmen der Prüfung des baurechtlichen Gebots der Rücksichtnahme ist allein maßgeblich, ob vom Vorhaben selbst schädliche Umwelteinwirkungen (§ 35 Abs. 2 BauGB) ausgehen (vgl. VGH Mannheim, Urt. v. 15.02.1996, NVwZ-RR 1997, 614; OVG Hamburg, Urt. v. 09.04.1997, Az.: BfV 64/95, juris). Dies könnte vorliegend deshalb der Fall sein, weil aufgrund der von der Klägerin geplanten Bebauungen jedenfalls die Retentionsflächen im Hochwasserfalle der Elbe betroffen wären. Allerdings wäre die Frage des Retentionsraumes auch im wasserrechtlichen Kontext zu prüfen gewesen.

259
Der Erteilung einer Baugenehmigung könnten damit auch die wasserrechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Unstreitig befindet sich das von der Klägerin zu bebauende Gebiet im festgesetzten Überschwemmungsgebiet. Im Rahmen des § 34 BauGB sind Bauvorhaben im Überschwemmungsgebiet grundsätzlich nicht zulässig. Allerdings sind nach § 78 Abs. 3 WHG Ausnahmen möglich.

260
Vorhaben nach § 74 Abs. 1, 2 SächsWG, die nach anderen Rechtsvorschriften eine Genehmigung oder sonstige Zulassung benötigen, bedürfen auch der wasserrechtlichen Genehmigung. Ist aber ein Baugenehmigungsverfahren – wie hier – vorgeschrieben, hat die Baugenehmigungsbehörde auch über die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 74 Abs. 1 SächsWG im Benehmen mit der Wasserbehörde zu entscheiden (OVG Bautzen für § 100a SächsWG aF, Urt. v. 09.06.2011, Az.: 1a 504/09, juris, m.w.N.).

261
§ 78 Abs. 3 WHG eröffnet die Möglichkeit einer Dispensierung vom Bauverbot des Abs. 1 Nr. 2 im Einzelfall. Voraussetzung für die Zulassung ist entweder das kumulative Vorliegen der in Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 aufgezählten Anforderungen oder der Ausgleich der nachteiligen Auswirkungen der Bautätigkeit durch Nebenbestimmungen. Strukturell handelt es sich dabei um ein repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt, das der zuständigen Behörde ein Versagungsermessen einräumt (“kann“). Wegen der betroffenen Eigentümerinteressen und der umfassenden Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG wird der Anspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung in der Regel einer gebundenen Entscheidung nahe kommen (Knopp, Wasserhaushaltsgesetz/Abgabengesetz, 50. Aufl., § 78 Rn. 64 m.w.N.). Eine Ausnahmegenehmigung kann nach § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG erteilt werden, wenn im Einzelfall das Vorhaben die Hochwasserrückhaltung nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt und der Verlust von verloren gehendem Rückhalteraum zeitgleich ausgeglichen wird, den Wasserstand und den Abfluss bei Hochwasser nicht nachteilig verändert, den bestehenden Hochwasserschutz nicht beeinträchtigt und hochwasserangepasst wird oder wenn die nachteiligen Auswirkungen durch Nebenbestimmungen ausgeglichen werden können. Der Bauwillige ist dabei auf einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidungen beschränkt. Es ist daher ausgesprochen kritisch zu hinterfragen, ob, so denn die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 WHG gegeben wären, die Beklagte, für eine Vielzahl von baulichen Anlagen, nämlich de facto die Errichtung eines Wohn- und Gewerbegebiets im festgesetzten Überschwemmungsgebiet, eine wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung im Hinblick auf die Bindung durch Art. 14 GG erteilen müsste oder im Hinblick auf den Hochwasserschutz, insbesondere auf die besondere Situation zum Zeitpunkt der Antragstellung durch die Klägerin im Jahr 2014/2015 aufgrund von Zweifel an den bisherigen Modellannahmen auf Grundlage des Hochwassers 2002, versagen durfte.

III.C.

262
Auch bei – unterstellt – positiver Bescheidung der Bauvoranfrage vom 13.10.2014 im Dezember 2014 wäre die Amtspflichtverletzung der verzögerlichen Entscheidung über diese Bauvoranfrage zudem auch deshalb nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden geworden, weil aufgrund der am 30.05.2015 in Kraft getretenen Veränderungssperre der – hypothetisch zu unterstellende – Antrag der Klägerin auf Erteilung der Baugenehmigung abzulehnen gewesen wäre. Bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte die Beklagte nicht über den zu unterstellenden Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Baugenehmigung entscheiden müssen (§ 14 BauGB i.V.m. § 29 BauGB), denn die der Beklagten zustehende Bearbeitungsfrist wäre am 30.05.2015 noch nicht abgelaufen gewesen.

263
Für die Frage, ob der Klägerin die begehrte Baugenehmigung zu erteilen gewesen wäre und ihr mithin infolge der Pflichtverletzung der Genehmigungsbehörde ein Vermögensschaden entstanden ist, ist der Maßstab des § 287 ZPO anzulegen, da es sich hierbei im Rahmen des § 839 BGB um eine Beurteilung der haftungsausfüllenden Kausalität handelt (BGH, Urt. v. 22.05.1986, Az.: III ZR 237/84, NJW 1986, 2829, 2831; Beschl. v. 29. 06. 1989, Az.: III ZR 206/88, BGHR ZPO § 287 Tatsachenablauf 1; vgl. zu § 19 BNotO: BGH, Urt. v. 9.07.1992, Az.: IX ZR 209/91, NJW 1992, 3237, 3241; BGH, Urt. v. 09.06.1994, Az.: III ZR 37/93, Rn. 15, juris).

1.

264
Wäre die Klägerin in der Lage gewesen, unmittelbar nach Erhalt des positiven Bauvorbescheides den kompletten Bauantrag einzureichen, hätten die Bediensteten der Beklagten grundsätzlich zunächst (zumindest) bis zum 18.03.2015 über den Bauantrag der Klägerin zu entscheiden gehabt.

1.1

265
Die Beklagte hätte den Bauvorbescheidsantrag der Klägerin vom 13.10.2014, dessen Vollständigkeit sie am 23.10.2014 bestätigt hat, bis zum 04.12.2014 bescheiden müssen (vgl. oben).

1.2

266
Fristbeginn für die Erteilung der für das Vorhaben notwendigen Baugenehmigung wäre der vollständige Eingang der Unterlagen gewesen, § 69 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 BauGB gewesen.

1.2.1

267
Der Senat geht entsprechend dem Vortrag der Klägerin zu ihren Gunsten davon aus, dass der Vorbescheid ihr am 05.12.2014 zugegangen wäre und die Klägerin unmittelbar danach die für den Bauantrag erforderlichen Unterlagen innerhalb von fünf Arbeitstagen vervollständigt bzw. erstellt und diese am 12.12.2014 eingereicht hätte – auch wenn der Senat hieran erhebliche Zweifel hat.

268
Die Klägerin müsste nachweisen, dass sie im Zeitpunkt der Entscheidung über die Bauvoranfrage alle gemäß §§ 68, 66 SächsBO erforderlichen Unterlagen vorlagebereit vorliegen hatte bzw. innerhalb kurzer Frist hätte erstellen können. Vor dem Hintergrund, dass für dieses Bauvorhaben Sonderfragen zu prüfen waren, wie die Probleme, ob ein Brandschutzgutachten oder/und ein weiteres wasserrechtliches Gutachten oder/und ein Schallschutzgutachten vorzulegen gewesen wären (sog. besondere technische Nachweise nach § 7 Abs. 4 Durchführungsverordnung zur SächsBauO), erscheint dies zweifelhaft. Auch wenn die Beklagte der Klägerin hätte nachlassen können, den Brandschutznachweis erst bei Baubeginn vorzulegen, bedeutet dies noch nicht, dass jede andere Entscheidung insoweit ermessensfehlerhaft gewesen wäre.

269
Letztlich geht die Klägerin davon aus, dass Nachweise zur Standsicherheit üblicherweise erst bei Baubeginn gefordert werden. Dass vorliegend nichts anderes gelten durfte, erscheint ausgesprochen problematisch vor dem Hintergrund, dass die Klägerin angibt, die Tiefgaragen sollten im Falle eines Hochwassers geflutet werden. Dies hätte wohl zu besonderem statischem Prüfaufwand – sowohl im Hinblick auf die Standsicherheit als auch im Hinblick auf die Wahrung der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse geführt. Vergleichbares gilt auch für die Frage, ob es eines Schallschutzgutachtens wegen der Sonderrechtsfahrzeuge, die am M.gebäude im Zeitpunkt der Antragstellung stationiert waren, bedurft hätte. Die Frage stellte sich auch im Hinblick auf das sich unmittelbar an das Bauvorhaben anschließende Freizeit- und Diskothekgelände C…beach/S… und die räumliche Nähe zur L. Straße, einer Haupteinfallstraße der Stadt D…. Jedenfalls wären die Bediensteten der Beklagten angesichts dieser Sondersituation nur anhand dieser besonderen Bauunterlagen in der Lage gewesen zu prüfen, ob das Bauvorhaben den Vorgaben des Immissionschutzrechtes gerecht wird oder sich anderenfalls den bestehenden Nutzungen gegenüber als rücksichtslos erweist. Auch wenn zum Zeitpunkt der Bescheidung bereits eine Baugenehmigung für eine neue Einsatzzentrale des M. Hilfsdienstes an einem anderen Ort erteilt und möglicherweise sogar mit den Bau begonnen worden war, stand noch nicht mit Sicherheit fest, dass das Projekt auch vollständig umgesetzt werden und die Einsatzzentrale umziehen würde. Entsprechend mussten die zum Zeitpunkt vorhandenen Nutzungen grundsätzlich auch als Entscheidungsgrundlage herangezogen werden.

270
Der Senat kann im Ergebnis offen lassen, ob die Klägerin insoweit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung hinreichend vorgetragen hatte und ob sie für ihren Vortrag, sie hätte die Unterlagen nach fünf Arbeitstagen eingereicht, hinreichend Beweis angeboten hat, weil selbst unterstellt, die Klägerin hätte alle Unterlagen in der von ihr behaupteten Frist vorlegen können, dies letztlich nicht dazu geführt hätte, dass der Klägerin die von ihr begehrte Baugenehmigung erteilt worden wäre.

1.2.2

271
Hätte der vollständige Antrag den zuständigen Bediensteten der Beklagten am 12.12.2014 vorgelegen, dann wäre dessen Vollständigkeit am 19.12.2014 zu bescheinigen gewesen.

272
Die Beklagte hätte aufgrund der Größe des Bauvorhabens (sieben große Gebäude und eine besondere Tiefgarage, die im Hochwasserfalle geflutet werden sollte) für die „Vollständigkeitsprüfung“ der Bauunterlagen einen Zeitraum von einer Woche gehabt.

1.3

273
Die Beklagte hätte für die Bescheidung des Bauantrages jedenfalls den Regelprüfzeitraum von drei Monaten gemäß § 69 Abs. 4 S. 3 SächsBO ausschöpfen dürfen, also bis 19.03.2015 Zeit gehabt, über den Bauantrag zu befinden.

274
Die Baugenehmigungsbehörde ist verpflichtet, ein Baugesuch gewissenhaft, förderlich und sachdienlich zu behandeln. Sie hat einen Bauantrag unter Berücksichtigung des in § 69 Abs. 4 S. 3 SächsBO formulierten Beschleunigungsgrundsatz zu bescheiden (vgl. näher oben unter I.1.). Dieser ist der Maßstab der beschleunigten Bearbeitung. Entgegen der Auffassung der Klägerin bedeutet dies jedoch nicht, dass die Beklagte unter Auferbietung besonderer überobligatorischer Anstrengungen verpflichtet gewesen wäre, diesen Zeitraum abzukürzen. Dies kann schon unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten nicht gefordert werden. Besondere überobligatorische Anstrengungen musste die Beklagte nicht unternehmen. Die Beklagte musste für das Bauvorhaben der Klägerin kein gesondertes Personal vorhalten, um sich unmittelbar und ausschließlich auf den Bauantrag der Klägerin zu konzentrieren, sondern musste mit der gebotenen Beschleunigung alle ihr zu dieser Zeit vorliegenden Anträge gleichermaßen bearbeiten. Dass es danach unvertretbar war, länger als vier Wochen für die Bearbeitung des Antrags der Klägerin aufzuwenden, behauptet selbst die Klägerin nicht, sie meint nur, dass eine Bearbeitungszeit von vier Wochen ausreichend gewesen wäre. Ebenso wenig ist erkennbar, dass die Beklagte im fraglichen Zeitraum alle anderen vergleichbaren Bauanträge in deutlich kürzerer Zeit als den hier relevanten drei Monaten beschieden und sie daher durch die Ausschöpfung der vom Gesetz vorgesehenen Pflicht die Klägerin unangemessen benachteiligt hätte.

275
Die Beklagte musste schon angesichts der Größe und des Umfangs des Bauvorhabens, zumal dieses im festgesetzten Überschwemmungsgebiet angesiedelt werden sollte, trotz der Vorbefassung mit dem Bauvorhaben den Regelprüfzeitraum nicht unterschreiten. Unterstellt, dass die Beklagte einen Teil der Fragen des Prüfkatalogs im Rahmen des fiktiven Vorbescheids vom 04.12.2014 sowie die wasserrechtliche Fragestellung der Dispensierung nach § 78 WHG bereits positiv im Sinne der Klägerin geprüft gehabt hätte, war der zu absolvierende Prüfkatalog noch immer umfangreich gewesen.

276
Für die Ausschöpfung des 3-Monats-Rahmens spricht schon die Größe des Bauvorhabens selbst. Es handelte sich nicht nur um ein Eigenheim, eine Stadtvilla oder ein einfaches Mehrfamilienhaus, sondern um eine Vielzahl (konkret sieben) großer Baukörper mit einer großen Tiefgarage, die als Sonderbau (§ 51 SächsBO) zu prüfen war. Die Bauvoranfrage der Klägerin bezog sich lediglich auf einige ausgewählte Punkte, die im Rahmen der Baugenehmigung zu prüfen wären, andere waren dagegen nicht umfasst: Die im Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheides vom 13.10.2014 nicht gestellten bauplanungsrechtlichen Fragen nach der „Art der baulichen Nutzung“, dem „Einfügen“, der „gesicherte Erschließung“, der „gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse“ sowie „keine Beeinträchtigung des Ortsbildes“ wären daher von der Beklagte noch vollumfänglich zu prüfen gewesen. Auch wenn sich die Beklagte schon einmal mit einigen weiteren Fragen beschäftigen hatte können, durfte dennoch eine erneute Prüfung nicht unterbleiben, weil eine bindende Entscheidung dazu nicht vorlag. Bei der Tiefgarage, die im Hochwasserfalle geflutet werden sollte, handelt es sich zudem um einen Sonderbau, an den gem. § 51 SächsBauO zur Verwirklichung der allgemeinen Anforderungen nach § 3 Satz 1 SächsBauO besondere Anforderungen gestellt werden können.

277
Des weiteren waren immissionsschutzrechtliche Fragen aufgrund des M.gebäudes (s.o.), des Freizeit- und Diskothekengeländes C…beach/S… und der L. Straße, eine der großen Dresdner Einfallstraßen, mit einem gerichtsbekannt hohen Verkehrsaufkommen zu prüfen, so dass die Frist nicht nur im Hinblick auf das besonders das Stadtbild prägende Erscheinen des Bauvorhabens angemessen sein musste.

278
Die Frage nach den gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnissen war auch im Hinblick auf die Lage im festgesetzten Überschwemmungsgebiet noch nicht geprüft. Die für die Dispensierung nach § 78 Abs.3 WHG aF zu klärenden Fragen, betreffen lediglich den öffentlichen Hochwasserschutz, nicht aber die individuellen Fragen der gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse.

2.

279
Die Bearbeitungsfrist für den Bauantrag wäre daher grundsätzlich bis zum 19.03.2015 gelaufen. Sie hätte sich jedoch über den 30.05.2015 hinaus verlängert, nachdem die Beklagte – wie auch hinsichtlich der Bauvoranfrage – am 27.02.2015 einen Zurückstellungsbescheid aufgrund des am 22.01.2015 gefassten Planaufstellungbeschlusses erlassen hätte.

2.1

280
Der Fristlauf für die Bearbeitung des fiktiven Bauantrages vom 12.12.2014 wäre zunächst durch einen am 27.02.2015 erlassenen Zurückstellungsbescheid unterbrochen worden.

281
Im Rahmen der hypothetischen Betrachtung nach § 287 ZPO geht der Senat davon aus, dass die Beklagte aufgrund des Planaufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015 am 27.02.2015 einen Zurückstellungsbescheid hinsichtlich des Bauantrages der Klägerin, wie tatsächlich hinsichtlich des Antrags auf Erteilung des 3. Bauvorbescheides vom 13.10.2014 geschehen, erlassen hätte. Sie hätte in diesem Bescheid zugleich dessen sofortige Vollziehbarkeit angeordnet.

2.1.1

282
Die Voraussetzungen für eine Zurückstellung des Bauantrags der Klägerin gemäß § 15 BauGB lagen vor.

(1)

283
Der Planaufstellungsbeschluss war formal wirksam.

284
Die Beklagte hatte am 22.01.2015 einen (neuen) Planaufstellungsbeschluss für das Gebiet, in welchem das Vorhaben der Klägerin liegt, gefasst. Der Aufstellungsbeschluss wurde ordnungsgemäß bekanntgemacht.

285
Ein Aufstellungsbeschluss liegt im Rechtssinne dann noch nicht vor, wenn er zwar gefasst, aber entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB noch nicht ortsüblich bekannt gemacht wurde. Nur der ortsüblich bekannt gemachte Aufstellungsbeschluss ist im Rahmen der §§ 14, 15 BauGB beachtlich. Die Veröffentlichung ist Voraussetzung seiner Wirksamkeit (BGH, Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00, a.a.O.). Der Planaufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015, wurde am 19.02.2015 ortüblich bekanntgemacht.

(2)

286
Der Umstand, dass der erste Planaufstellungsbeschluss am 27.02.2015 beanstandet und später aufgehoben worden ist, ist unbeachtlich. Selbst wenn eine wegen Befangenheit ausgeschlossene Stadträtin (§ 20 Abs. 1 SächsGemO) an der Entscheidung mitgewirkt hätte, würde dies gemäß § 20 Abs. 5 SächsGemO nur zur Rechtswidrigkeit des Beschlusses und nicht zu dessen Nichtigkeit führen.

(3)

287
Die Zurückstellung des Bauantrages der Klägerin wäre auch materiell-rechtlich zulässig gewesen.

(3.1)

288
Selbst bei Vorliegen eines – zugunsten der Klägerin hypothetisch unterstellt – positiven 3. Bauvorbescheides aus dem Dezember 2014 wäre bei ebenso hypothetischer Betrachtungsweise noch ein Zurückstellungsbescheid nach § 15 BauGB bezüglich des hypothetisch unterstellt im Dezember gestellten Antrags auf Erteilung einer Baugenehmigung ergangen. Der – zugunsten der Klägerin hypothetisch unterstellt – positive Bauvorbescheid als ein vorweggenommener Teil der Baugenehmigung umfasste nicht alle baurechtlichen Fragen, die im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens zu prüfen waren.

(3.2)

289
Die Voraussetzungen für eine Zurückstellung des Bauantrags der Klägerin gemäß § 15 BauGB lagen vor.

(a)

290
Gemäß § 15 Abs. 1 BauGB hat die Baugenehmigungsbehörde, wenn eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB nicht beschlossen wurde, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde.

(b)

291
Diese Voraussetzungen waren gegeben.

(aa)

292
Es bedurfte eines Antrages der Gemeinde auf Zurückstellung nicht, da die Gemeinde selbst Baugenehmigungsbehörde ist (BGH, Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00, a.a.O., m.w.N.).

(bb)

293
Eine Veränderungssperre war (noch) nicht erlassen.

(cc)

294
Der Zurückstellungsbescheid hätte einen Einzelfall, nämlich das Vorhaben der Klägerin, betroffen.

(dd)

295
Die Voraussetzungen für den Erlass einer Veränderungssperre waren gegeben.

296
Gemäß § 14 Abs. 1 BauGB kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes gefasst ist, zur Sicherung der Planung eine Veränderungssperre u.a. mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben nicht durchgeführt werden dürfen. Obwohl § 14 Abs. 1 BauGB nach dem Wortlaut nur den Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplanes nennt, bewirkt die Notwendigkeit der öffentlichen Bekanntmachung eines Planaufstellungsbeschlusses gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, dass nur ein bekanntgegebener Aufstellungsbeschluss im Rahmen der §§ 14, 15 BauGB beachtlich ist (BVerfG, Beschl. v. 15.04.1988, Az.: 4 N 4/87DVBl. 1988, 958).

297
Die Beklagte hat am 22.01.2015 den Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplanes für den Bereich D…-Neustadt, L. Straße, A…-Platz gefasst, in dessen Gebiet das klägerische Baugrundstück liegt. Dieser wurde am 19.02.2015 ortsüblich bekannt gemacht.

298
(aaa)

299
Eine Veränderungssperre zu der zu sichernden Planung darf erst erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Wesentlich ist dabei, dass die Gemeinde bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Eine „Negativplanung“, die sich darin erschöpft, einzelne Verfahren auszuschließen, reicht nicht aus (BVerwG, Beschl. v. 22.01.2013, Az: 4 BN 7.13, juris, Rn. 3, Mitschang, a.a.O., § 14 Rn. 9, jeweils m.w.N.).

300
Eine sogenannte „Negativplanung“ lag indes nicht vor. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der Aufstellung oder Abänderung eines Bebauungsplans die Gemeinde auch sogenannte negative Planungsziele – hier: Freihalten des elbnahen Bereiches von Bebauung – festsetzen kann. Eine unzulässige „Negativplanung“ setzt vielmehr voraus, dass eine positive Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um einen bestimmten Bauwunsch zu durchkreuzen (BVerwG, Beschl. v. 18.12.1990, Az: 4 BN 8.90, NVwZ 1991, 875, 876; BVerwG, Beschl. v. 23.06.1992, Az: 4 B 55.92, NVwZ-RR 1993, 456).

301
Gemessen daran lag hier keine „Negativplanung“ vor. Zwar wollte die Beklagte auch das Bauvorhaben der Klägerin verhindern, sie wollte (und will) jedoch etwas bauleitplanungsrechtlich grundsätzlich zulässig Anderes, nämlich den elbnahen Bereich von Bebauung freihalten und sozio-kulturelle Nutzung bauleitplanungsrechtlich zuzulassen. Auch aus dem Umstand, dass ein Bebauungsplan „nach seiner Entstehungsgeschichte einen ad-hoc-Bezug auf ein zu verhinderndes Vorhaben“ aufweist und räumlich (im Wesentlichen) auf den Grundbesitz eines einzelnen begrenzt ist, lassen sich keine Schlüsse auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der beabsichtigten Planung herleiten. Es ist nicht unzulässig, wenn eine Gemeinde einen Bauantrag oder eine Bauvoranfrage, die nach der bestehenden Rechtslage positiv beschieden werden müssten, zum Anlass nimmt, ändernde Planungsmaßnahmen einzuleiten und diese nach Maßgabe der §§ 14, 15 BauGB zu sichern (BGH, Urt. v. 30. 11.2006, Az.: III ZR 352/04, juris), selbst wenn die Veränderungssperre nur für wenige Grundstücke oder gar für nur ein einziges Grundstück erlassen wurde (OLG Düsseldorf, Urt. v. 21.05. 2008, Az.: I-18 U 139/07, Rn. 29, juris m.w.N.).

302
Die erforderliche und planungsrechtlich zulässige Konkretisierung ist erfolgt.

303
Gemäß § 1 Abs. 6 Nr. 12 BauGB ist der Hochwasserschutz ein bei der Bauleitplanung besonders zu berücksichtigender Belang. Dem wollte (und will) die Beklagte mit ihrem Planaufstellungsbeschluss nachkommen. Das Bauvorhaben liegt im Überschwemmungsgebiet. Mit Rücksicht darauf plante die Beklagte in diesem Gebiet eine andere bauliche Struktur. So heißt es im Beschluss vom 22.01.2015 über die Aufstellung eines Bebauungsplanes Nr. 357 C, D…-Neustadt Nr. 41, L. Straße/A…-Platz, dass ein Bereich zur Errichtung einer Anlage des öffentlichen Hochwasserschutzes freizuhalten ist. Der freizuhaltende Grünstreifen sollte sich zudem parallel zur Elbe – etwa auf der Linie der Südostgrenze des Flurgrundstückes xxx/1 gerade verlängert in nordwestlicher Richtung etwa bis zur Nordostgrenze des Sportplatzes erstrecken. Damit intendierte die Beklagte zugleich eine „Baugrenze“ parallel zur Elbe, was ebenfalls ein grundsätzlich zulässiges Planungsziel ist. Weiterhin sollte dadurch der elbnahe Bereich von Bebauung freigehalten werden und damit den Zielen des gefahrlosen Hochwasserabflusses, der öffentlich zugänglichen Naherholung und der Entwicklung des Landschafts- und Naturschutzes vorbehalten werden. Zudem sah die Beklagte unter anderem eine sozio-kulturelle Nutzung im Plangebiet vor. Auch insoweit handelt es sich um ein zulässiges Ziel der kommunalen Bauleitplanung, vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB: Im südlichen Bereich soll eine am Bestand orientierte schonende Sanierung eines öffentlich zugänglichen Freiraumes für Ateliers, Kultur und Kreativwirtschaft sowie Stadteilkultur geplant werden. Insbesondere solle eine „Kulturspange“ geprüft werden. Darüber hinaus wurden auch ein- bis zweireihige Wohnbebauungen mit höchstens vier Vollgeschossen zuzüglich einer klaren Raumkantenausbildung zwischen Frei- und Siedlungsräumen als Planungsziel benannt.

304
(bbb)

305
Es bestand auch ein Sicherungsbedürfnis für die Planung der Beklagten. Die vorbeschriebene Planung der Beklagten war weder von vorne herein als verfehlt anzusehen noch war auszuschließen, dass konkrete Bauwünsche die beabsichtigte Planung gefährden würden.

306
(aaaa)

307
Ausweislich des Aufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015 lag ein Mindestmaß des Inhaltes des künftigen Bebauungsplanes vor.

308
Allein der Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans genügt für die Wirksamkeit einer Satzung über eine Veränderungssperre jedoch nicht. Eine Veränderungssperre darf vielmehr insbesondere erst dann erlassen werden, wenn die Planung, die sie sichern soll, ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll. Die Planung muss dabei nicht bereits einen Stand erreicht haben, der nahezu den Abschluss des Verfahrens ermöglicht; ein detailliertes und abgewogenes Planungskonzept ist nicht zu fordern. Ausreichend ist, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll. Diesen Mindestanforderungen wird etwa genügt, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst und somit bereits positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplans entwickelt hat. Ein Mindestmaß an konkreter planerischer Vorstellung gehört mithin zur Konzeption des § 14 BauGB, wie im Übrigen auch Abs. 2 Satz 1 der Norm verdeutlicht. Hiernach kann eine Ausnahme von der Veränderungssperre zugelassen werden, wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Ob der praktisch wichtigste öffentliche Belang, nämlich die Vereinbarkeit des Vorhabens mit der beabsichtigten Planung, beeinträchtigt ist, kann aber nur beurteilt werden, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht noch völlig offen sind (vgl. zu alledem: BVerwG, Urt. v. 19.2.2004, Az.: 4 CN 16.03, NVwZ 2004, 858, Beschl. v. 19.5.2004, Az.: 4 BN 22.04, juris; jeweils m.w.N.; VGH Mannheim, Urt. v. 03.03.2005, Az.: 3 S 1524/04, juris; Beschl. v. 04.02.1999, Az.: 8 S 39/99, VBlBW 1999, 266).

309
Eine Veränderungssperre ist schließlich als Sicherungsmittel ungeeignet und damit unwirksam, wenn die beabsichtigte Bauleitplanung zwar im oben aufgezeigten Sinne schon hinreichend konkretisiert ist, sich jedoch das erkennbare Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, oder wenn dieses der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder wenn der beabsichtigte Bauleitplan schon jetzt erkennbar schlechterdings nicht behebbare rechtliche Mängel aufweist (vgl. BVerwG, Urt v. 12.12.1969, Az.: 4 C 105.66, BVerwGE 34, 301; BVerwG, Urt v. 16.12.1988, Az.: 4 C 48.66, BVerwGE 81, 111; Beschl. v. 21.12.1993, Az.: 4 NB 40.93, NVwZ 1994, 685; VGH Mannheim, Urt. v. 03.03.2005, Az.: 3 S 1524/04, Rn. 27, juris; VGH Mannheim, Urt. v. 19.11.2004, Az: 3 S 1091/04, juris).

310
Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze wäre die Zurückstellung auf der Grundlage des Planaufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015 nicht zu beanstanden.

311
Die Ziele der Bauleitplanung der Beklagten waren erkennbar und umsetzbar. Die etwaige spätere Nichtrealisierbarkeit einzelner Gesichtspunkte ist in diesem Planungsstadium nicht entscheidend. So hat Bundesverwaltungsgericht zur Veränderungssperre bereits entschieden, dass der gem. § 14 Abs. 1 BauGB ebenfalls erforderliche Planaufstellungsbeschluss über den Inhalt der angestrebten Planung nicht schon Aufschluss geben müsse (zu § 14 Abs. 1 BauGB 1960 vgl. BVerwG, Urt. v. 10.09.1976, Az.: IV C 39.74, BVerwGE 51, 121 ff., juris Rn. 28 ff.). Dem hat sich der Bundesgerichtshof später angeschlossen (BGH, Urt. v. 17.12.1981, Az.: III ZR 88/80, BGHZ 82, 361 ff). Der Anstoßfunktion eines ortsüblich bekannt gemachten Planaufstellungsbeschlusses ist hinreichend Rechnung getragen, wenn diese Bekanntmachung den möglicherweise an der beabsichtigten Bauleitplanung interessierten Bürger über die bloße Tatsache des Planungsvorhabens informiert, ihm damit bewusst macht, dass seine Belange hierdurch tangiert sein könnten, sodass er sich anhand der später gem. § 3 Abs. 2 BauGB öffentlich auszulegenden Pläne über seine tatsächliche Betroffenheit informieren kann. Dagegen ist es nicht Aufgabe der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses, bereits über den Inhalt der beabsichtigten Planung zu unterrichten (VGH Mannheim., Beschl. v. 15. 06. 1992, Az.: 8 S 249/92, Rn. 17 f., juris). Im Anschluss an diese Rechtsprechung wird im Schrifttum zu § 15 Abs. 3 BauGB überwiegend vertreten, dass sich dem entsprechenden Aufstellungsbeschluss selbst bzw. seiner Bekanntmachung keine inhaltlichen Aussagen zur Richtung der Planung entnehmen lassen müssen. Es genüge vielmehr, dass die Konzentrationsabsicht des Plangebers anhand geeigneter Unterlagen nachweisbar sei (VG Göttingen, Beschl. v. 20. 08. 2013, Az.: 2 B 306/13, Rn. 22, juris, m.w.N.).

312
Zum Zeitpunkt der Zurückstellungsentscheidung des Antragsgegners verfügte die Beklagte danach über eine hinreichend konkretisierte und damit sicherungsbedürftige Planung. Dem Planaufstellungsbeschluss war zumindest ansatzweise zu entnehmen, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplans sein soll. So wird ausgeführt, dass ein Bereich zur Errichtung einer Anlage des öffentlichen Hochwasserschutzes freizuhalten ist. Im südlichen Bereich soll eine am Bestand orientierte schonende Sanierung eines öffentlich zugänglichen Freiraumes für Ateliers, Kultur und Kreativwirtschaft sowie Stadteilkultur geplant werden. Insbesondere soll eine Kulturspange geprüft werden. Darüber hinaus wurden auch ein- bis zweireihige Wohnbebauungen mit höchstens vier Vollgeschossen zuzüglich einer klaren Raumkantenausbildung zwischen Frei- und Siedlungsräumen als Planungsziel benannt.

313
(bbbb)

314
Wie zuvor dargestellt, ist es in diesem Planungsstadium auch nicht erforderlich, dass sich alle Planungsziele umsetzen lassen.

315
Zudem ist der angestrebte Hochwasserschutz – wie bereits dargestellt – auch kein für die Beklagte unzulässiges Planungsziel.

316
Danach kommt es auch nicht mehr darauf an, dass die Klägerin ihren Vortrag, weshalb die Ziele des Bebauungsplans nicht umsetzbar sein sollen, mit weiteren neuen Behauptungen im Schriftsatz vom 26.03.2018 konkretisiert und ergänzt. Dieser wäre zumindest teilweise nach § 296a ZPO nicht mehr zu berücksichtigen, weil der Vortrag nach Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgte und nicht nachgelassen war. Er gibt dem Senat auch keine Anlass zur Wiedereröffnung der der mündlichen Verhandlung, § 156 ZPO.

(4)

317
Die Baugenehmigungsbehörde ist, wenn die materiellen Voraussetzungen des § 15 BauGB vorliegen, verpflichtet zurückzustellen (vgl. VGH Kassel, Beschl. v. 10.07.2009, Az.: 4 B 426/09, ZfBR 2010, 76, 77). Sie hat jedoch inhaltlich zu prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben dem Planaufstellungsbeschluss widerspricht.

(4.1)

318
Die Ziele der Bauleitplanung (des Planaufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015) waren durch die Pläne der Klägerin, insbesondere die weit an die Elbe herangezogene Wohnbebauung, die keine umfangreichen Freiflächen in Richtung Elbe vorsah, und die soziokulturelle Nutzung außer Betracht ließ, nicht nur gefährdet, vielmehr handelte es sich um ein den Planungszielen widersprechendes Bauvorhaben.

319
Durch das Vorhaben der Klägerin wäre zu befürchten gewesen, dass der geplante soziokulturelle Raum und der Hochwasserschutz im fraglichen Bereich unmöglich gemacht oder jedenfalls wesentlich erschwert werden würden.

320
Zwar wäre die Beklagte an den hypothetisch zugunsten der Klägerin unterstellt am 04.12.2014 positiv im Sinne der Klägerin beschiedenen 3. Bauvorbescheidsantrag zu den Fragen: „Maß der baulichen Nutzung, Bauweise und Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, entspricht … der Eigenart der näheren Umgebung“ gebunden gewesen. Hingegen wäre die Art der geplanten baulichen Nutzung am Planaufstellungsbeschluss zu messen gewesen. Insoweit wäre das Vorhaben unzulässig gewesen. Die Beklagte wäre nicht an die nicht in Bestandskraft erwachsene Begründung des ablehnenden Bescheides vom 04.11.2014 gebunden gewesen (s. oben III.C., Ziffer 2.2.1. (1) ).

321
Die Art der baulichen Nutzung meint die Nutzungsarten, wie sie durch die Begriffe der Baunutzungsverordnung (BauNVO) für die Nutzungsarten in den einzelnen Baugebieten definiert werden (s.o.).

322
Laut Planaufstellungsbeschluss sind Planungsziele die Freihaltung eines breiten Grünstreifens zur Elbe, ein Schwerpunkt Wohnen zur L. Straße und zur verlängerten Erfurter Straße, die soziokulturelle Nutzung im südöstlichen Teil sowie die Möglichkeit nicht-störenden Gewerbes an der L. Straße.

323
Das Vorhabengebiet würde daher am ehesten einem allgemeinen Wohngebiet i.S.v. § 4 BauNVO entsprechen. Die Klägerin wollte „Wohn- und Geschäftshäuser“ errichten, wobei noch keine konkrete Aufteilung der Nutzflächen in den Anträgen vorgenommen worden war. Geschäftshäuser wären in diesem Gebiet grundsätzlich unzulässig gewesen. Eine sozio-kulturelle Nutzung im südöstlichen Teil wäre mit den von der Klägerin geplanten Wohn- und Geschäftshäusern nicht bzw. nur bei erheblichen Umplanungen möglich gewesen.

324
Die Ziele der Bauleitplanung wären durch die Planungen der Klägerin zudem auch vor allem im Hinblick auf das Ortsbild gefährdet worden. Nach den Plänen der Klägerin wäre eine massive Bebauung deutlich dichter an die Elbe herangezogen worden, was nicht nur die Pläne der Beklagten für die Schaffung von sozio-kulturellen Flächen und freien Flächen im elbnahen Raum deutlich beeinträchtigt, wenn nicht sogar vollständig verhindert hätte, sondern auch in einer bisher nicht da gewesenen baulichen Vehemenz die bislang freien elbnahen Flächen zugebaut hätte. Von den Auswirkungen hat sich der Senat bei Einnahme des Augenscheins überzeugt. Die sowohl vom Elbradweg als auch von der anderen Elbseite frei wirkenden bzw. im elbnahen Bereich nur durch eingeschossige und ein zweigeschossiges, ca. 6 m hohes Gebäude bebauten Flächen (einschließlich des zum damaligen Zeitpunkt noch vorhandenen und zum Augenscheinstermin bereits abgerissenen eingeschossigen Gebäudes am südöstlichen Grundstücksrand) wären sowohl von der Größe als auch von der optischen „Masse“ her erheblich bebaut worden; Freiräume wären kaum mehr wahrnehmbar vorhanden gewesen.

325
Dass nunmehr auch im Hinblick auf das Projekt „H…“ in größerer Elbnähe massive Gebäude errichtet werden können, hat, weil auf den Entscheidungszeitpunkt im Frühjahr 2015 abzustellen ist, unberücksichtigt zu bleiben. Im Übrigen würde – wie bereits ausgeführt – die Bebauung H… an der landwärtigen Seite des Hafenbeckens (nicht aber unmittelbar entlang der Uferwiesen am eigentlichen Flussbett der Elbe) anschließen und ihre gerade Verlängerung würde relativ genau der nach der schon damals beabsichtigten Planung der Beklagten auf dem Grundstück der Klägerin vorgesehenen Baugrenze zur Elbe entsprechen.

(4.2)

326
Dass der der Zurückstellung zugrundeliegende Aufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 am 16.04.2015 aufgehoben wurde, ist unerheblich. Selbst wenn er rechtswidrig gewesen sein sollte (§ 20 Abs. 5 SächsGemO), war er zum 27.02.2015, dem Zeitpunkt des hypothetisch unterstellten Zurückstellungsbescheids hinsichtlich des Baugesuchs, für die Verwaltungsbehörde bindend.

327
Die Mitarbeiter der Beklagten, die den Zurückstellungsbescheid erlassen hätten, hätten den existierenden Beschluss bei ihrer Prüfung, ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Zurückstellungsbescheids vorliegen, zu Grunde legen müssen. Im Übrigen hätten die zuständigen Mitarbeiter die vermeintliche Rechtswidrigkeit des Planaufstellungsbeschlusses auch nicht erkennen müssen.

328
Zwar ist die Verwaltungsbehörde nicht von ihrer Verpflichtung entbunden, ihrerseits die Voraussetzungen für eine Zurückstellung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu prüfen, weil nur sie nach außen hin entscheidet (Stock, in: Ernst-Zinkahn-Bielenberg-Krautzburger, BauGB [Stand Okt. 2017], § 15 Rn. 39; Schrödter/Rieger, a.a.O., § 15 Rn. 10). Sie kann hierbei auch prüfen, ob der Einleitungsbeschluss rechtlich fehlerfrei gefasst und, wie es § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB bestimmt, bekannt gemacht worden ist (vgl. Stock, a.a.O., § 15 Rn. 39). Insoweit besitzt sie keine Prüfungspflicht, sondern nur eine Prüfungskompetenz (BGH, Urt. v. 15.03.2004, Az.: III ZR 227/02, DVBl 2004, 947). Dies betrifft jedoch den Fall, dass Baugenehmigungsbehörde und Gemeinde nicht identisch sind (und im Regelfall daher die Baugenehmigungsbehörde zugleich Rechtsaufsichtsbehörde ist). Ist die Gemeinde – wie hier die Beklagte – zugleich Baugenehmigungsbehörde und hat der Rat einen die Baugenehmigungsbehörde insoweit bindenden Aufstellungsbeschluss gefasst, sind bei Rechtswidrigkeit des Beschlusses dagegen kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen erforderlich, um die Bindung entfallen zu lassen. Die Bediensteten der Beklagten haben grundsätzlich den Beschluss ihren Entscheidungen zu Grunde zu legen.

329
In der Rechtsprechung ist zudem auch anerkannt, dass die Baugenehmigungsbehörde grundsätzlich nicht rechtswidrig, zumindest nicht schuldhaft handelt, wenn sie im Hinblick auf die gemeindliche Planungshoheit mangels entgegengesetzter Anhaltspunkte von der Wirksamkeit des Aufstellungsplans ausgeht (BGH, Urt. v. 18.06.1998, Az.: III ZR 100/97, NVwZ 1998, 1329 zum Bebauungsplan; BGH, Urt. v. 15.03.2005, a.a.O.).

330
Zum Prüfungszeitpunkt war der Aufstellungsbeschluss in Kraft. Ein Fall, bei dem die Rechtswidrigkeit des Aufstellungsbeschlusses offensichtlich gewesen wäre, sich mithin jedem Sachbearbeiter ohne weiteres aufdrängen musste und dieser daher ggf. auch von den zuständigen Bediensteten der Beklagten beachtet hätte werden müssen, lag zudem nicht vor.

331
Ein Planaufstellungsbeschluss nach § 2 Abs. 1 S. 1 BauGB ergeht weder als Satzung (§ 4 Abs. 1 SächsGemO), noch beinhaltet er „anderes Ortsrecht“ (§ 4 Abs. 5 SächsGemO). „Ortsrecht“ i.S.d. § 4 Abs. 5 SächsGemO sind nur Rechtssetzungsakte der Gemeinde mit unmittelbarer rechtlicher Außenwirkung, sofern sie nicht als Satzung ergehen. Andere Beschlüsse ohne derart unmittelbare Rechtswirkungen erfasst § 4 Abs. 5 SächsGemO nicht. Dies wird durch die ausdrückliche Erwähnung von Flächennutzungsplänen in dieser Vorschrift zusätzlich verdeutlicht. Flächennutzungspläne haben keinen Rechtsnormcharakter. Gleichwohl werden sie wegen ihrer Bedeutung für die Bauleitplanung, aber auch für das materielle Baurecht (vgl. etwa § 35 Abs. 3 1. Spiegelstrich) ausnahmsweise den strengen Verfahrensvorschriften des § 4 SächsGemO unterworfen. (zu § 4 GemO BW VGH Mannheim, Urt. v. 08.08.1990, Az.: 3 S 2948/89, Rn. 38, juris).
Auch wenn es sich bei einem Planaufstellungsbeschluss (§ 2 BauGB) nicht um eine Satzung handelt, müssen im Zusammenhang mit der Prüfung der Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 BauGB dieselben Grundsätze wie für die einer Veränderungssperre nach § 14 BauGB gelten. Wenn eine Gemeinde die Rechtmäßigkeit ihrer Bauleitplanung bezweifelt, kann sie diesen Zweifeln nur im förmlichen Verfahren nachkommen, also ggf. einen – als möglicherweise rechtswidrig angesehenen – Beschluss aufheben (für den Bebauungsplan: BVerG, Urt. v. 21.11.1986, Az.: 4 C 22.38, BVerwGE 75, 142; Urt.- v. 21.11.1986, Az.: 4 C 60.84, juris; Urt. v. 21.11.1986, Az.: 4 C 37.84, NJW 1987, 1348; Schrödter/Rieger, a.a.O., § 10 Rn.11).
Entsprechendes gilt für den Planaufstellungsbeschluss. Dieser ist zwar keine Satzung und damit kein Gesetz im materiellen Sinne, er ist jedoch eine Entschließung des insoweit obersten Verwaltungsorgans der Gemeinde und damit zumindest als Weisung an die Kommunalbediensteten bindend. Die Prüfungskompetenz der Gemeindemitarbeiter erstreckt sich daher auch diesem gegenüber ausschließlich auf offensichtliche schwerwiegende Fehler, wie etwa die fehlende Bekanntmachung. Die Bediensteten der Beklagten hatten daher nur die rechtlichen Voraussetzungen für die Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB, d.h. nur die Voraussetzung des § 15 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit § 14 BauGB, mithin das Vorliegen eines ordnungsgemäß bekanntgemachten Planaufstellungsbeschlusses (§ 2 Abs. 1 S. 2 BauGB) und die Frage, ob das Bauvorhaben der Klägerin, die Verwirklichung dieser Planung erschwert hätte, zu prüfen (vgl. auch Ernst-Zinkhahn-Bielenberg, BauGB, Stand EL 112, Januar 2014, § 15 Rn. 36 und 39).
Die Befangenheit der Stadträtin ist zudem entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht evident gewesen, sodass ggf. auch die mit der Zurückstellung befassten Mitarbeiter dies hätten prüfen und erkennen können und müssen. Es steht schon zwischen der Klägerin und der Beklagten, unabhängig von der rechtlichen Bewertung, im Streit, welche Funktionen im weiteren Sinne die Stadträtin im Verein hatte und welche unmittelbar eigene Tätigkeit sie selbst auf dem Vorhabengrundstück ausgeübt haben soll. Dies musste daher auch den zuständigen Bediensteten nicht offenkundig sein. Von einer evidenten Rechtswidrigkeit kann aber schon nicht gesprochen werden, wenn die zuständigen Bediensteten erst die Umstände hätte ermitteln müssen, aus denen sich eine etwaige Befangenheit ergeben könnte.

332
Auch wenn die Landesdirektion der Ansicht war, der Beschluss sei rechtswidrig zustande gekommen, weil ein befangenes Stadtratsmitglied bei seiner Fassung mitgewirkt habe, ist der Senat hieran nicht gebunden. Die Beklagte hat gegen den Bescheid der Landesdirektion Widerspruch eingelegt. Eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung liegt nicht vor.

333
Ob der Planaufstellungsbeschluss tatsächlich rechtswidrig war, weil eine nach § 20 SächsGemO ausgeschlossene Stadträtin mitgewirkt hatte, mithin ob der Stadtrat bei der Beschlussfassung falsch besetzt war, ist darüber hinaus fraglich.

334
Nach § 20 Abs. 1 SächsGemO ist ein Gemeinderat von der Mitwirkung ausgeschlossen, wenn die Entscheidung der betreffenden „Angelegenheit“ ihm einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Gemeinderat aufgrund der Beziehung zum Gegenstand der Entscheidung tatsächlich ein individuelles Sonderinteresse an der Entscheidung hat, welches von der Beschlussfassung gezielt betroffen wird. Die tatsächliche Verschaffung eines unmittelbaren Vorteils oder Nachteils in diesem Sinne ist nicht erforderlich. Es genügt schon die konkrete Eignung des Beschlussgegenstandes hierzu. Die Möglichkeit eines Sonderinteresses muss nicht direkt aus der Entscheidung erfolgen. Sind weitere Entscheidungen erforderlich, kommt es darauf an, inwieweit die vorangehende Entscheidung die nachfolgende festlegt (vgl. auch VGH Mannheim, Urt. v. 25.10.1983, Az.: 3 S 1221/83, juris). Die Befangenheitsregelungen der Gemeindeordnungen sind mit diesen Maßgaben auch für Beschlüsse im Bebauungsplanverfahren anwendbar (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 15.3.1973, Az.: II 949/70, juris, m.w.N.). Aus der räumlichen Zuordnung eines Grundstücks zum Plangebiet allein folgt jedoch nicht automatisch auch die Befangenheit des betreffenden Grundstückseigentümers. Bei Grundstückseigentümern im Plangebiet ist vielmehr immer im Einzelfall zu prüfen, ob aufgrund persönlicher Beziehungen zum Gegenstand der Beschlussfassung ein individuelles Sonderinteresse besteht, etwa weil die in Rede stehende Bauleitplanung unmittelbare rechtliche oder wirtschaftliche Auswirkungen auf die betroffenen Grundstücke hat, seien sie positiv oder negativ (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 15.3.1973, a.a.O..; VGH Mannheim, Urt. v. 08. 08.1990, Az.: 3 S 2948/89, Rn. 41, juris).

335
Erst recht gilt dies für ein Gemeinderatsmitglied, dass nur über ein Mietverhältnis oder eine Werkstatt – entweder unmittelbar oder über einen Verein – einen Bezug zum Planungsgebiet hat. Danach ist fraglich, ob die betroffene Stadträtin tatsächlich als befangen anzusehen gewesen wäre. Sie war Mitglied des Vereins „F… E… e.V.“, der auf dem Vorhabengrundstück Räumlichkeiten zum Betrieb einer Töpferwerkstatt angemietet hatte. Unabhängig von der auf einer besonderen Rolle im Verein beruhenden möglichen Befangenheit der Stadträtin hat dieser Beschluss an der Rechtsposition des Vereins nichts verändert. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Verein, der die Töpfer-Werkstatt betrieb und dem die Stadträtin angehörte, kein gesichertes Recht hatte, das Grundstück zu nutzen. Vielmehr hätte die Klägerin das Nutzungsverhältnis unabhängig davon beenden können. Andererseits wäre zu berücksichtigen, dass eine Beendigung des Nutzungsverhältnisses bei Verwirklichung des klägerischen Vorhabens deutlich wahrscheinlicher gewesen wäre.

(5)

336
Selbst wenn der Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 wegen Mitwirkung einer befangenen Stadträtin rechtswidrig gewesen wäre (§ 20 Abs. 1 SächsGemO), könnte sich die Beklagte insoweit jedenfalls auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten berufen.

(5.1)

337
Es ist in Rechtsprechung und Literatur (Staudinger/Wöstmann, BGB-Kommentar, (2013), Rn. 231 ff. zu § 839 BGB m.w.N.; BGH, Beschl. v. 19.03.2008, Az.: III ZR 49/07, juris) allgemein anerkannt, dass der Schädiger dem Schadensersatz des Geschädigten den vom Schädiger zu beweisenden Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens entgegenhalten kann (vgl. im Übrigen auch oben unter I.3.2.).

(5.2)

338
Die Beklagte könnte sich im vorliegenden Einzelfall auf den Grundsatz rechtmäßigen Alternativverhaltens bezüglich des von der Landesdirektion beanstandeten Aufstellungsbeschlusses vom 22.01.2015 berufen mit der Folge, dass im Rahmen der hypothetischen Kausalität, die der Senat nach dem Maßstab des § 287 ZPO zu prüfen hat, davon auszugehen ist, dass die Beklagte zu diesem Zeitpunkt ohne weiteres einen „besseren“ Aufstellungsbeschluss ohne Mitwirkung der vermeintlich befangenen Abgeordneten des Stadtrates hätte fassen können und aufgrund dessen einen insoweit „unanfechtbaren“ Zurückstellungsbescheid erlassen hätte.

(a)

339
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich beim Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht um einen Teilaspekt der (hypothetischen) Kausalität, sondern um die der Bejahung des Kausalzusammenhangs nachfolgende Frage, inwieweit einem Schadensverursacher die Folgen seines pflichtwidrigen Verhaltens bei wertender Betrachtung billigerweise zugerechnet werden können (Staudinger/Wöstmann, a.a.O., Rn. 231). Allen Fällen des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist gemeinsam, dass das betreffende Ergebnis auch rechtmäßig hätte herbeigeführt werden können (Staudinger/Wöstmann, a.a.O., Rn. 235; OLG München, Urt. v. 28.05.2009, Az.: 1 U 5121/08, juris).

340
Der Bundesgerichtshof lässt bei Amtshaftungsansprüchen, die sich auf verfahrensfehlerhaft zustande gekommene behördliche oder gerichtliche Entscheidungen gründen, den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens zu, wenn bei ordnungsgemäßem Verfahren eine gleichlautende behördliche oder gerichtliche Entscheidung hätte ergehen müssen (BGH, Urt. v. 06.11.1961, Az. III ZR 143/60, BGHZ 36, 144; Urt. v. 21.11.1996, Az.: IX ZR 220/95, BGHZ 96, 157; Urt. v. 3.2.2000, Az.: III ZR 296/98, BGHZ 143, 362 m.w.N.; Urt. v. 12.07.2001, Az.: III ZR 282/00, a.a.O; vgl. auch BGHR, BGB, § 839 Abs. 1 Satz 1 Kausalität 9 und 10). Gleiches soll gelten, wenn einem Verwaltungsakt die erforderliche materielle Rechtsgrundlage fehlte, die Behörde jedoch die Rechtsgrundlage pflichtgemäß hätte schaffen können und müssen (BGH, Urt. v. 11.07.1963, Az.: III ZR 44/62, VersR 1963, 1175; Urt. v. 24.10.1985, Az.: IX ZR 91/84, BGHZ 96, 170). Hingegen soll es grundsätzlich nicht ausreichen, dass die Behörde die materiell-rechtliche Grundlage für ihr Handeln hätte schaffen können (BGH, Urt. v. 11.07.1963, Az.: III ZR 44/62, VersR 1963, 1175). Kommt es allerdings darauf an, wie eine Verwaltungsbehörde im Rahmen ihres Ermessens entschieden haben würde, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darauf abzustellen, wie die Behörde ihr Ermessen nach ihrer Übung in gleichen oder ähnlichen Fällen auszuüben pflegt (BGH, Urt. v. 23.02.1959, Az.: III ZR 77/58, NJW 1959, 1125). Dementsprechend soll die Berufung auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten in der Regel lediglich dann beachtlich sein, wenn der Schädiger bei pflichtgemäßem Verhalten denselben Erfolg herbeigeführt hätte (BGH, Urt. v. 25.11.1992, Az.: VIII ZR 170/91 BGHZ 120, 281; OLG Jena, Urt. v. 08.02.2000, Az.: 3 O 443/99, juris, m.w.N.).

(b)

341
Der vorliegende Fall lässt sich nicht mit den Fällen vergleichen, in denen der Bundesgerichtshof das rechtmäßige Alternativverhalten für unbeachtlich hält, weil lediglich ein rechtliches Können, nicht jedoch ein rechtliches Müssen in Betracht kam. Vielmehr gebietet es eine wertende Betrachtung von einem Ausnahmefall auszugehen, weil zur Überzeugung des Senats feststeht, dass die Beklagte denselben Erfolg (Aufstellungsbeschluss mit der Folge der Zurückstellung des Bauantrages) auf rechtmäßige Weise herbeigeführt hätte, wenn ihr der nach Ansicht der Landesdirektion beim Erlass des Aufstellungsbeschlusses unterlaufene Verfahrensfehler bewusst – im Sinne einer positiven Kenntnis – gewesen wäre (OLG Jena, Urt. v. 08.02.2000, a.a.O.).

342
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die Entscheidung einer Behörde rechtmäßig ist, ist die Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im Amtshaftungsprozess (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1994, Az.: III ZR 24/94, NJW 1995, 394). Demnach ist die hier erfolgte zwischenzeitliche Berichtigung der rechtlichen Grundlage der Zurückstellung des Aufstellungsbeschlusses und der dazu erlassenen Veränderungssperre, die entsprechend veröffentlicht worden ist, zu berücksichtigen, wenn dies noch dem Sinn und Zweck des Schadensersatzes entspricht und weder der Geschädigte unzumutbar belastet noch der Schädiger unbillig entlastet wird (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.1994, a.a.O.). Sogar das Inkrafttreten einer Satzung ohne Rückwirkungsanordnung kann bewirken, dass ein vorher erlassener, mangels Entstehens der Beitragspflicht zunächst rechtswidriger Beitragsbescheid, rechtmäßig wird und deshalb nicht der Aufhebung unterliegt (BGH, Urt. v. 13.10.1994, Az.: III ZR 24/94, juris, m.w.N.).

343
Vorliegend hatte die Beklagte am 22.01.2015 einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst, der am 19.02.2015 bekannt gemacht wurde. Dieser wurde jedoch wegen des Umstandes, dass ein vermeintlich befangenes Stadtratsmitglied mitabgestimmt hatte, von der Landesdirektion beanstandet, weshalb die Beklagte alsbald den Beschluss unter Ausschluss des befangenen Stadtratsmitgliedes am 16.04.2015 erneut gefasst hat.

344
Das Planungsermessen der Beklagten hat sich in den Stadtratsbeschlüssen vom 22.01.2015 und 16.04.2015, an dem der Stadtrat der Beklagten einen weitgehend identischen Beschluss fasste, ausdrücklich konkretisiert. Die Willensrichtung des Stadtrates war eindeutig. Es wurde seinerzeit beschlossen, einen Bebauungsplan aufzustellen. Dieser Beschluss wurde zwar am 16.04.2015 aufgehoben, zugleich aber ein im Wesentlichen identischer Planaufstellungsbeschluss – nun ohne die Mitwirkung der Stadträtin – ausweislich der Sitzungsprotokolle nunmehr mit 34 : 32 statt wie beim ersten Beschluss mit 37 : 32 Stimmen – beschlossen, der am 23.04.2015 öffentlich bekanntgemacht wurde. Es besteht daher kein Anlass zu zweifeln, dass der Stadtrat, sollte er um den aus formalen Gründen vermeintlich nichtigen Aufstellungsbeschluss gewusst haben, den nach Ansicht der Landesdirektion ordnungsgemäßen Verfahrensweg eingehalten hätte. Dementsprechend wäre, da die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 15 BauGB (siehe oben) gegeben waren, mit der Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses für den Bebauungsplan die Zurückstellung des – unterstellten – Baugesuchs der Klägerin vom Dezember 2014 rechtlich zulässig gewesen.

345
Die Berufung auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens ist der Beklagten somit auch nicht im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 20. April 2017, Az.: III ZR 470/16, verwehrt. Danach setzt die Berufung auf den Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens voraus, dass derselbe Erfolg effektiv herbeigeführt worden wäre; die bloße Möglichkeit, ihn rechtmäßig herbeiführen zu können, reicht nicht aus. Daher greift der Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht, wenn das alternative Verhalten dem in Kenntnis der rechtlichen Problematik gebildeten Willen der Behörde widerspräche. Dies war hier nach Vorstehendem gerade nicht der Fall. Der Stadtrat hat den identischen Beschluss in Kenntnis der umstrittenen Befangenheit der bei dem ursprünglichen Beschluss mitwirkenden Stadträtin erneut mit demselben Inhalt gefasst.

(5.3)

346
Die Beklagte kann sich nach den zuvor dargestellten Grundsätzen jedoch nicht auf den Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens bezüglich der Beschlüsse aus dem Jahr 2010 und 2012 berufen (s.o. Ziff. II.3.2.3). Es mag sein, dass die Beklagte auch unter Berufung auf diese Planaufstellungsbeschlüsse einen Zurückstellungsbescheid hätte erlassen können (wobei dies zweifelhaft erscheint); sie hat es aber nicht getan. Allein die rechtliche Möglichkeit, einen Erfolg herbeiführen zu können, genügt nicht (vgl. BGH, Urt. v. 20. April 2017, Az.: III ZR 470/16, a.a.O.). Der tatsächliche Verlauf spricht gerade dagegen, dass der Erfolg auch herbeigeführt worden wäre. Andere Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, sind weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich.

2.1.2

347
Der Zurückstellungsbescheid wäre für sofort vollziehbar erklärt worden.

348
Unterstellt die Klägerin hätte – wie auch gegen die Bauvoranfrage – am 09.03.2015 Widerspruch gegen den Zurückstellungsbescheid vom 27.02.2015 eingelegt, hätte dieser keinen Suspensiveffekt gehabt, weil davon auszugehen ist, dass die Beklagte den Zurückstellungsbescheid für den Bauantrag im Rahmen der von ihr zu treffenden Ermessensentscheidung mit der Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit verbunden hätte, § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO.

349
Dem steht nicht entgegen, dass der tatsächlich ergangene Zurückstellungsbescheid des Antrags auf Erteilung des 3. Bauvorbescheids vom 27.02.2015 nicht mit dieser Anordnung versehen war. Indizwirkung für die Anordnung des Sofortvollzugs im Falle eines Bauantrages kommt zum einen dem Bescheid der Beklagten vom 24.04.2015 (Anlage BB1) zu, der eben diese im Rahmen des weiteren Zurückstellungsbescheides enthielt. Zum anderen ist ein Bauantrag, resp. eine Baugenehmigung, wegen ihrer umfassenden Bedeutung, mit der sofort begonnen werden könnte zu bauen, mit weitreichenderen Folgen als nur ein Bauvorbescheid verbunden, so dass die Beklagte schon deshalb den Sofortvollzug angeordnet haben würde.

350
Die Argumentation der Klägerin, die Beklagte habe absichtlich die Anordnung der sofortigen unterlassen, um eine alsbaldige gerichtliche Prüfung auszuschließen, überzeugt schon deshalb nicht, weil die Beklagte den Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 am 16.04.2015 selbst wieder aufgehoben hat.

2.2

351
Allerdings ist davon auszugehen, dass die Klägerin gegen diesen Zurückstellungsbescheid alsbald am 09.03.2015 Widerspruch eingelegt hätte und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit mit einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO vorgegangen wäre.

2.2.1

352
Entsprechend dem Vorgehen der Klägerin gegen den ablehnenden Bauvorbescheid geht der Senat davon aus, dass die Klägerin einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den (hypothetischen) Zurückstellungsbescheid vom 27.02.2015 am 09.03.2015 gestellt hätte. Der 27.02.2015 war ein Freitag, so dass der Bescheid der Klägerin frühestens am 28.02.2015 oder 02.03.2015 zugestellt worden wäre. Auch bei kontinuierlicher Einbindung von fachkundigen Rechtsanwälten ist davon auszugehen, dass bei zügiger Bearbeitung der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dem Verwaltungsgericht Dresden und der Widerspruch gegen den Zurückstellungsbescheid bei der Beklagten frühestens – wie auch hinsichtlich der Zurückstellung des 3. Vorbescheidantrages auch beim Widerspruch tatsächlich geschehen – am 09.03.2015 vorgelegen hätten.

2.2.2

353
Das für den Antrag der Klägerin zuständige Verwaltungsgericht Dresden hätte binnen sechs Wochen, mithin am 20.04.2015 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Zurückstellungsbescheid hergestellt.

354
Der Senat hat eine Auskunft der Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dresden eingeholt. Diese hat mit Schreiben vom 12.01.2018 mitgeteilt, dass die für Bauplanungs-, Bauordnungs- und Stadtbauförderungsrecht zuständige Kammer des Verwaltungsgerichts in der Zeit zwischen dem 09. März 2015 und dem 09. August 2015 für die insgesamt neun anhängigen Eilverfahren eine durchschnittliche Bearbeitungsdauer von 42 Tagen hatte (das kürzest und das längst andauernde Verfahren als jeweils deutlich abweichend außen vor gelassen).

355
Danach geht der Senat davon aus, dass das Verwaltungsgericht Dresden ausweislich der Auskunft seiner Präsidentin vorliegend nach 6 Wochen ab dem 09.03.2015, also am 20.04.2015, entschieden hätte. Da zu diesem Zeitpunkt der Planaufstellungsbeschluss vom 22.01.2015 bereits aufgehoben war, hätte das Verwaltungsgericht dem Antrag stattgegeben: Der Planaufstellungsbeschluss, auf den der Zurückstellungsbescheid gestützt gewesen wäre, existierte nicht mehr.

2.3

356
Mit der im Sinne der Klägerin ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Dresden wäre die Bearbeitungsfrist für die Beklagte ab dem 20.04.2015 bzw. zeitnah mit Zustellung der Entscheidung weitergelaufen.

2.4

357
Der Fristlauf für die Bescheidung des Bauantrages wäre aber ab dem 24.04.2015 erneut unterbrochen worden und hätte vor Inkrafttreten der Veränderungssperre nicht mehr geendet.

358
Am 24.04.2015 war bereits ein neuer, nun zweifelsfrei formal wirksamer Planaufstellungsbeschluss vom 16.04.2015 beschlossen und am 23.04.2015 öffentlich bekanntgemacht worden. Dementsprechend hätte die Beklagte am 24.04.2015 erneut einen Zurückstellungsbescheid – wie hinsichtlich des 3. Vorbescheidantrages tatsächlich geschehen – erlassen. Dessen materiell-rechtlichen Voraussetzungen nach § 15 BauGB lagen vor. Insoweit wird auf die vorhergehenden Ausführungen verwiesen, die entsprechend gelten.

359
Der Senat geht auch bei diesem erneuten Zurückstellungsbescheid vom 24.04.2015 davon aus, dass dieser mit der Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit verbunden worden wäre. Insofern wird auf die hier ebenso geltenden Erwägungen des Senats zur ersten Zurückstellung Bezug genommen. Zudem wurde der am 24.04.2015 tatsächlich ergangene Zurückstellungsbescheid hinsichtlich des 3. Vorbescheidantrages für sofort vollziehbar erklärt.

2.5

360
Auch gegen diesen Bescheid hätte die Klägerin wiederum alsbald binnen weniger Tage, wohl bis zum 30.04.2015, Widerspruch eingelegt und einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO an das Verwaltungsgericht Dresden gestellt.

2.6

361
Selbst wenn das Verwaltungsgericht über diesen binnen eines kürzeren Zeitraums als der durchschnittlichen Verfahrensdauer entschieden hätte, wäre keine Entscheidung zugunsten der Klägerin ergangen, da der Widerspruch gegen die Zurückstellung keine Erfolgsaussichten gehabt hätte (vgl. oben). Die Bearbeitungsfrist für die Bescheidung des Bauantrages wäre daher bis zum Inkrafttreten der Veränderungssperre nicht weitergelaufen. Nach deren Inkrafttreten hätte die Beklagte dann im Übrigen gemäß § 14 BauGB die Erteilung des Bauantrages ablehnen können, wie tatsächlich im Hinblick auf den 3. Vorbescheidsantrag geschehen.

IV.

362
Da ein Anspruch der Klägerin bereits dem Grunde nach nicht besteht, bedürfen die Fragen zur behaupteten Schadenshöhe hier keiner Antwort, insbesondere hat sich der Senat nicht mit der Auswirkung der Tatsache, dass der Klägerin eine Bebauung – wenn auch nicht in dem von ihr vorgestellten Maße – möglich wäre, zu befassen.

V.

363
Eine Amtspflichtverletzung durch das Nichteinschreiten des Beigeladenen für Städteplanung ist nicht zu erkennen. Die Beklagte ist nicht daran gehindert, ihre Planungsziele in Abhängigkeit der politischen Verhältnisse in ihrem Stadtrat neu zu definieren und in diesem Rahmen auch zu verändern. Einen etwaigen Vertrauensschutz der Klägerin gibt es nicht. Dass im April 2015 beschlossenen Planungsziele, beruhend auf einem interfraktionellen Antrag, teilweise von der vom Stadtplanungsamt erarbeiteten Beschlussvorlage abweichen, ist unbeachtlich. Die Bauleitplanung ist Aufgabe der Kommune, über sie beschließt das Kommunalparlament, § 2 Abs. 1, § 10 Abs. 1 BauGB, und nicht das Stadtplanungsamt. Es ist den Gemeinderatsmitgliedern unbenommen, statt Entwürfe der Verwaltung zu übernehmen, Entscheidungen auf aus der Gemeinderatsmitte erstellter Grundlage zu beschließen. Die Klägerin übersieht insoweit, dass der Gemeinderat nicht Vollzugsorgan der Verwaltung, sondern vielmehr umgekehrt die Verwaltung vollziehendes Organ des Gemeinderates zu sein hat. Der Beigeladene für Städteplanung ist weder befugt noch verpflichtet, die Motivationslage der Abgeordneten zu überprüfen.

364
Die Klägerin ist im Übrigen auch nicht rechtsschutzlos gestellt, was das hiesige Verfahren zeigt. Zudem haben bereits die vormaligen Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die Klägerin ggf. gegen einen Bebauungsplan mittels eines Normenkontrollverfahrens vorgehen wolle.

III.

365
Die Entscheidung über die Kostentragungspflicht beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

366
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern.

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