Kein Regress der KFZ-Haftpflichtversicherung beim Versicherungsnehmer, der nicht Halter ist

AG Krefeld, Urteil vom 01.08.2013 – 3 C 16/12

Kein Regress der KFZ-Haftpflichtversicherung beim Versicherungsnehmer, der nicht Halter ist.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand
1

Am 18.06.2008 wurde bei der Zulassungsstelle für das Fahrzeug Mazda K(…) eine elektronische Versicherungsbestätigungsnummer der Klägerin hinterlegt. An diesem Tage übermittelte sie ferner der Beklagten einen Antrag auf Abschluss einer KFZ-Versicherung mit einer Frist von zwei Wochen, um den Antrag zu unterschreiben und zurückzusenden. Eine Antwort der Beklagten unterblieb.

2

Unter dem 10.07.2011 übermittelte die Klägerin der Beklagten ein Schreiben (Bl. 101 f. d. GA), welches auszugsweise wie folgt lautet:

3

„Leider konnten wir den Eingang Ihres Antrags bis heute nicht feststellen.

4

(…)

5

Ein vorbereitetes Antragsformular liegt nochmals für Sie bei. Senden Sie es bitte noch heute vollständig ergänzt und unterschrieben an uns zurück.

6

Aus Gründen der Rechtsklarheit kündigen wir die Ihnen durch Aushändigung der Versicherungsbestätigung (…) erteilte vorläufige Deckung in der Kfz-Haftpflichtversicherung gemäß Ziffer 2.6 der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung (…) mit Frist von zwei Wochen ab Zugang dieses Schreibens.

7

(…)

8

Sollten Sie zwischenzeitlich den Antrags an uns abgesandt haben oder wenn dieser innerhalb von 10 Tagen ab Versand dieses Briefes bei uns eingeht, so betrachten Sie dieses Schreiben bitte als gegenstandslos.“

9

Am 31.07.2008 stellte die Klägerin einen Versicherungsschein für den Zeitraum vom 18.06. bis zum 29.07.2008 aus (Bl. 14 ff. d. GA).

10

Am 09.08.2008 kollidierte der Zeuge L. als Fahrer des Mazda mit D. Unter dem 14.08.2008 beschädigte der Zeuge L. das Fahrzeug der S. Bei der Klägerin gingen hierauf Schadenmeldungen mit Datum vom 01.09.2008 ein (Bl. 17 ff., 47 ff. und 198 ff. d. GA), wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die Beklagte diese als „Versicherungsnehmer“ unterzeichnet hat.

11

Die Klägerin zahlte auf die Schadensersatzforderungen von D. insgesamt 4.125,98 EUR (Bl. 70 d. GA). S. erhielt eine Zahlung in Höhe von 1.091,28 EUR (Bl. 10 d. GA).

12

Der Zeuge L. leistete an die Klägerin zunächst Zahlungen in Höhe von 40,00 EUR und 100,98 EUR. Nach Erlass des Mahnbescheids erfolgten weitere Zahlungen des Zeugen in Höhe von insgesamt 150,00 EUR.

13

Die Klägerin behauptet, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Vertrag über vorläufigen Deckungsschutz zu Stande gekommen sei. Jedenfalls sei der Zeuge L. von der Klägerin stillschweigend bevollmächtigt worden. Auch seien die Schadenmeldungen von der Beklagten unterzeichnet worden.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Beklagte zu verurteilen, an sie 5.076,28 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus einem Betrag von 4.025,00 EUR seit dem 07.12.2008 und aus einem weiteren Betrag von 1.051,28 EUR seit dem 05.02.2009 abzüglich am 06.01.2010 gezahlter 50,00 EUR, am 09.02.2010 gezahlter 50,00 EUR und am 08.03.2010 gezahlter 50,00 EUR nebst vorgerichtlichen Inkassokosten in Höhe von 525,03 EUR zu zahlen.

16

Die Beklagte beantragt,

17

die Klage abzuweisen.

18

Sie behauptet, zu keinem Zeitpunkt Halterin des Fahrzeugs gewesen zu sein. Offensichtlich habe der Zeuge L. ohne ihr Wissen einen Versicherungsvertrag bei der Klägerin abgeschlossen. Hilfsweise erklärt sie die Anfechtung (Bl. 36 und 83 d. GA).

19

Mit Beschluss vom 15.03.2012 sind die Verfahren 3 C 16/12 und 3 C 494/10 verbunden worden (Bl. 56 d. GA). Das Gericht hat die Beklagte persönlich angehört (Bl. 139 f. d. GA) und zunächst Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen K. aufgrund Beweisbeschlusses vom 20.06.2011 (Bl. 141 d. GA). Ferner ist der Zeuge L. aufgrund eines Beschlusses vom 20.06.2011 (Bl. 143 d. GA) vernommen worden. Schließlich hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens aufgrund Beweisbeschlusses vom 06.09.2012 (Bl. 237 d. GA). Mit Beschluss vom 19.02.2013 ist auf Antrag der Beklagten die Einholung eines Ergänzungsgutachtens angeordnet worden (Bl. 290 d. GA). Der Beklagten ist eine Frist gem. § 356 ZPO gesetzt worden (Bl. 294 d. GA). Die Frist ist erfolglos abgelaufen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf Bl. 141 f., 230 ff. und 249 ff. d. GA Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2013 hat das Gericht die Notwendigkeit der Beweisaufnahme nach Maßgabe des Beschlusses vom 06.09.2012 erörtert (Bl. 302 d. GA). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe
20

Die zulässige Klage (vgl. zur sachlichen Zuständigkeit BeckOK/Wendtland, ZPO, Stand: 01.04.2013, § 147 Rn. 14) hat in der Sache keinen Erfolg. Der als Hauptforderung geltend gemachte Anspruch ergibt sich insbesondere weder aus § 116 Abs. 1 S. 3 VVG bzw. § 426 BGB noch aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB oder § 280 Abs. 1 BGB. Daher unterliegen auch die Nebenforderungen der Abweisung. Im Einzelnen:

I.

21

Die Klägerin kann nicht gem. § 116 Abs. 1 S. 3 VVG oder § 426 Abs. 2 BGB i. V. m. § 7 Abs. 1 StVG Regress nehmen.

22

1. Gem. § 115 Abs. 1 S. 4 VVG (anwendbar nach Art. 1 Abs. 1 EGVVG) haften der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner. Der Regress zwischen Gesamtschuldnern vollzieht sich grundsätzlich nach § 426 BGB. Der Versicherer ist nach § 116 Abs. 1 S. 1 VVG im Innenverhältnis regelmäßig allein verpflichtet. Anderes gilt allerdings dann, wenn sich aus dem Versicherungsverhältnis keine Pflicht zur Leistung ergibt. In diesem Fall ist der Versicherungsnehmer allein verpflichtet, § 116 Abs. 1 S. 2 VVG. Der Versicherer kann Ersatz der Aufwendungen verlangen, die er für erforderlich halten durfte. Ein derartiger Regress kommt insbesondere in Betracht, wenn ein Vertrag über einen vorläufigen Versicherungsschutz gem. § 52 Abs. 4 VVG durch eine Kündigung des Versicherers beendet worden ist, der Versicherer dem geschädigten Dritten gegenüber aber nach § 117 Abs. 2 S. 1 VVG noch verpflichtet ist.

23

a) Gem. § 23 Abs. 1 S. 1 FZV in der vom 01.03.2007 bis zum 10.02.2011 geltenden Fassung (im Folgenden: FZV 2007) ist der Nachweis, dass eine dem PflVG entsprechende Versicherung besteht, bei der Zulassungsbehörde durch eine Versicherungsbestätigung zu erbringen. Die Versicherungsbestätigung ist grundsätzlich vom Versicherer an die Zulassungsbehörde elektronisch zu übermitteln oder zum Abruf durch die Zulassungsbehörde bereitzuhalten, wenn diese hierfür einen Zugang eingerichtet hat (§ 23 Abs. 3 FZV 2007).

24

b) Regelmäßig wird der vorgenannten Versicherungspflicht zunächst durch sog. vorläufigen Deckungsschutz Rechnung getragen. Gem. B.2.1 AKB 2008 i. V. m. § 49 Abs. 2 VVG wird durch die Aushändigung der Versicherungsbestätigung oder (im Fall einer elektronischen Versicherungsbestätigung) Nennung der Versicherungsbestätigungs-Nummer vorläufiger Versicherungsschutz zu dem vereinbarten Zeitpunkt begründet. Mit einer solchen vorläufigen Deckungszusage des Versicherers wird ein vom eigentlichen Versicherungsvertrag losgelöster, rechtlich selbständiger Vertrag begründet, der schon vor dem Beginn eines endgültigen Versicherungsvertrags und unabhängig von ihm einen Anspruch auf Versicherungsschutz entstehen lässt. Für die Leistungspflicht des Versicherers aus der vorläufigen Deckungszusage ist es regelmäßig ohne Bedeutung, ob der endgültige Versicherungsvertrag zu Stande kommt oder nicht (vgl. OLG Naumburg NJOZ 2004, 3525; s. auch OLG Hamm NZV 1992, 284 und § 9 KfzPflVV). Allerdings besteht die Möglichkeit, den Vertrag über die vorläufige Deckung gem. § 52 Abs. 4 VVG bzw. B.2.5 AKB 2008 zu kündigen. Hauptanwendungsfall der ordentlichen Kündigung ist das endgültige Scheitern der Verhandlungen über den Hauptvertrag (vgl. Stiefel/Maier/Stadler, Kraftfahrversicherung, 18. Auflage 2010, AKB 2008 B.2.5 Rn. 47).

25

c) Vorliegend stützt sich die Klägerin auf eine Kündigung vom 10.07.2008 (Bl. 101 f. d. GA). Soweit die Kündigung unter einer Bedingung erklärt wurde, ist dies unschädlich, da es sich um eine sog. Potestativbedingung handelte. Auch die Befristung war zulässig. Ferner fielen die Schadensereignisse in den Nachhaftungszeitraum.

26

2. Ausgleichsansprüche gem. § 116 VVG können allerdings nur innerhalb eines bestehenden Gesamtschuldverhältnisses zuerkannt werden.

27

a) Halter und damit Schuldner des Anspruchs gem. § 7 StVG ist derjenige, der das Kraftfahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt besitzt. Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis am Kraftfahrzeug, insbesondere die Frage, wer dessen Eigentümer ist. Maßgeblich ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, bei der es vor allem auf die Intensität dieser tatsächlichen, in erster Linie wirtschaftlichen Beziehung zum Betrieb des Kraftfahrzeugs im Einzelfall ankommt. Wer danach tatsächlich und wirtschaftlich der eigentlich Verantwortliche für den Einsatz des Kraftfahrzeugs im Verkehr ist, schafft die vom Fahrzeug ausgehenden Gefahren, für die der Halter nach den Vorschriften des StVG einstehen soll (vgl. BGH NJW 1983, 1492, 1493). Auf wen das Fahrzeug zugelassen und haftpflichtversichert ist, ist für die Frage der Haltereigenschaft nicht schlechthin ausschlaggebend (vgl. OLG Hamm NZV 1990, 363; s. ferner OLG Köln NZV 1994, 203). Vielmehr können namentlich Halter und Versicherungsnehmer personenverschieden sein, was auch in § 23 Abs. 1 S. 4 FZV in der ab dem 01.11.2012 geltenden Fassung (bzw. Anlage 11 Nr. 1 der ab dem 01.03.2007 geltenden Fassung) zum Ausdruck kommt (vgl. auch LG Heidelberg NJW-RR 2013, 93 f.). Bei fehlender Personenidentität zwischen Halter und Versicherungsnehmer handelt es sich regelmäßig um eine Versicherung für fremde Rechnung, § 43 VVG.

28

b) Ein Versicherungsnehmer, der kein Halter im Sinne von § 7 StVG ist, ist dem geschädigten Dritten nach einem Verkehrsunfall nicht ersatzpflichtig. Gemessen daran kann er auch nicht in den Gesamtschuldnerregress einbezogen werden (vgl. OLG Schleswig NZV 1997, 442). Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 115 Abs. 1 S. 4 VVG, der das Bestehen einer Ersatzpflicht des Versicherungsnehmers voraussetzt. Ist der Versicherungsnehmer nicht Halter, richten sich etwaige Regressansprüche nur gegen den Halter und Fahrer des Fahrzeugs (vgl. OLG Schleswig a. a. O.) als versicherte bzw. mitversicherte Personen. Der Begriff des Versicherten tritt insoweit nach Auffassung des Gerichts an die Stelle des Merkmals „Versicherungsnehmer“ in § 115 Abs. 1 S. 4 VVG (vgl. allgemein hierzu BGH NJW 1988, 2734, 2735 und NJW 2007, 1208, 1209), wobei wegen § 7 StVG eben nur in Person des versicherten Halters wegen § 7 StVG die weitere Kernvoraussetzung des gesamtschuldnerischen Rückgriffs – die Ersatzpflicht – erfüllt ist.

29

§ 43 Abs. 3 VVG steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift gilt ein Versicherungsvertrag zwar als für eigene Rechnung geschlossen, wenn sich nicht aus den Umständen ergibt, dass er für einen anderen geschlossen werden soll. Dieser Vermutung kann indessen nicht entnommen werden, dass sich derjenige, der ein Fahrzeug öffentlich-rechtlich auf seinen Namen zulässt und auch einen Versicherungsvertrag abschließt, im Verhältnis zum Versicherer stets und ausnahmslos so behandeln lassen muss, als sei er selbst Halter und damit im Außenverhältnis gem. § 7 StVG ersatzpflichtig. Derartiges mag in Betracht kommen, wenn zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer verbindlich vereinbart worden ist, dass Letzterer auch Halter im Sinne des § 7 StVG ist. Der bloße Umstand, dass sich derjenige, auf den das Fahrzeug zugelassen worden ist, zu irgendeinem Zeitpunkt als Halter bezeichnet hat, genügt hingegen nicht, zumal rechtliche Laien oftmals nicht exakt zwischen Eigentümer, Halter und derjenigen Person, die gegenüber den zuständigen Behörden als Halter benannt worden ist, unterscheiden. Hinzukommt vorliegend, dass der Zusatz auf Bl. 51 und 202 d. GA („abweichende Halterin“) bereits äußerlich nicht von der angeblichen Unterschrift der Beklagten gedeckt ist. Nach alledem ist lediglich denkbar, dass derjenige, der das Fahrzeug auf sich zulässt, die Beweislast für diejenigen Umstände trägt, aus denen sich das Fehlen der Ersatzpflicht im Sinne von § 7 StVG ergeben kann.

30

c) Zu Gunsten der Klägerin kann hiernach unterstellt werden, dass die Beklagte die Beweislast dafür trägt, nicht ersatzpflichtiger Halter des Fahrzeugs gewesen zu sein. Diesen Nachweis hat sie allerdings aus Sicht des Gerichts erbracht.

31

aa) Die Beklagte hat in ihrer persönlichen Anhörung erklärt, dass sie dem Zeugen L. „aus Kulanz“ zugesagt habe, den Wagen als Halterin anzumelden, aber nicht als Versicherungsnehmerin. Die Steuern habe der Zeuge L. bezahlen sollen. Für die Zulassung habe der Zeuge L. zunächst eine Vollmacht gewollt. Sie sei dann aber mitgekommen, habe draußen gewartet und sei gerufen worden, um für den Halter zu unterzeichnen. Irgendwann habe sie etwas für das Auto zwischen Tür und Angel unterschrieben, sie wisse aber nicht mehr, was das gewesen sei. Als sie den Brief von der Klägerin erhalten hätten, hätten sie sich gewundert, da sie als Versicherungsnehmerin eingetragen gewesen sei. Das sei ja anders mit dem Zeugen L. verabredet gewesen (Bl. 139 f. d. GA).

32

bb) Der Zeuge K. hat ausgesagt, dass der Zeuge L. geäußert habe, den Wagen nicht selbst anmelden zu können, weil er Geldschwierigkeiten habe. Er habe ihm gesagt, dass die Beklagte nur als Halterin, nicht aber als Versicherungsnehmerin fungieren könne. Dann habe der Zeuge L. wohl alles über das Internet geregelt. Die Beklagte und der Zeuge L. seien dann zusammen zum Straßenverkehrsamt gegangen und hätten das Fahrzeug angemeldet. Dann sei ein Brief von der Klägerin gekommen. In diesem Brief sei die Beklagte als Versicherungsnehmerin genannt worden. Er habe darauf hin dem Zeugen L. gesagt, dass er dies umändern solle. Dieser habe erwidert, dass die Versicherung wohl etwas falsch gemacht habe; er habe sich kümmern wollen. Von den Beiträgen hätten sie dann nichts mehr gehört. Über die Steuern hätten sie einen Bescheid bekommen. Das Geld hierfür habe der Zeuge L. in bar übergeben (Bl. 141 f. d. GA).

33

cc) Der Zeuge L. hat demgegenüber geschildert, dass es mit der Versicherung damals sehr kompliziert gewesen sei. Er habe mehrere Anfragen bei Versicherungen gestellt. Dort sei auch angegeben worden, dass er der Halter des Fahrzeugs sei. Dies stehe auch so in den Versicherungsunterlagen. Es sei dann letztlich zu einem Vertrag gekommen. Die Prämien seien von ihm entrichtet worden. Die Steuern habe er an die Beklagte übergeben. Nach seinem Empfinden sei die Beklagte die Versicherungsnehmerin gewesen. Er sei nach Übersendung der Versicherungsunterlagen angerufen worden. Die Unterlagen seien geprüft und von der Beklagten unterschrieben worden. Die Variante, dass versicherungsmäßig alles über ihn laufe, sei nicht durchführbar gewesen. Er habe deshalb im Freundeskreis gefragt. So sei die Vereinbarung mit der Beklagten zu Stande gekommen. Es sei unrichtig, dass die Versicherungspapiere von der Beklagten zwischen Tür und Angel unterzeichnet worden seien. Er wisse, dass es am Anfang noch Vertragsschwierigkeiten gegeben habe. Ein Vertrag sei auf seinen Namen gelaufen, was aber von der Stadt nicht akzeptiert worden sei. Die Versicherung habe die Unterlagen auf seinen „Zuruf“ geändert. Beim Unterschreiben des Vertrags seien er, die Beklagte und der Zeuge K. anwesend gewesen (Bl. 230 f. d. GA).

34

dd) Die Aussagen der vorgenannten Zeugen widersprechen sich in wesentlichen Punkten. Hinsichtlich eines entscheidungserheblichen Aspektes sind sie aber in Einklang zu bringen: Sowohl der Zeuge K. als auch der Zeuge L. haben keinerlei Tatsachen geschildert, aufgrund derer die Annahme gerechtfertigt sein könnte, dass die Beklagte die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ausübte. Beide haben vielmehr im Kern jeweils den Vortrag der Beklagten bestätigt, soweit sie geltend gemacht hat, lediglich im Zuge eines Gefallens gehandelt zu haben, während das Fahrzeug nie von ihr genutzt worden sei. Übereinstimmend wurde ferner geschildert, dass letztlich der Zeuge L. für alle Kosten (insbesondere Versicherungsprämien und Steuern) aufgekommen ist.

35

ee) Das Gericht hält die vorgenannten Aussagen für glaubhaft, soweit die Frage nach der Person des Halters in Rede steht. Zwar ist zuzugeben, dass namentlich die Aussage des Zeugen L. in wesentlichen Punkten nicht mit dem objektiven Geschehen in Einklang zu bringen ist. So schilderte er insbesondere eine Vertragsunterzeichnung (Bl. 233 d. GA), obwohl keine der Parteien von dem Vorhandensein eines schriftlichen Vertrags ausgeht. Indessen sprechen insbesondere das Zahlungsverhalten und die (erklärte) Zahlungsbereitschaft des Zeugen L. dafür, dass nur er die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ausübte und für die Kosten aufkommen wollte.

36

d) Nach alledem ist die Beklagte nicht ersatzpflichtig im Sinne von § 115 Abs. 1 S. 4 VVG.

37

2. Der Klage kann auch nicht aufgrund einer etwaigen schadensursächlichen Pflichtverletzung der Beklagten gem. § 280 Abs. 1 BGB stattgegeben werden.

38

a) Insbesondere ist dem Vorbringen der Klägerin nicht zu entnehmen, dass sie hilfsweise geltend macht, die Versicherungsbestätigung nur hinterlegt zu haben, weil die Beklagte nicht von vornherein offenbart habe, dass der Zeuge L. die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug ausüben werde. Mit Blick auf die in K.4.3 und K.4.4 AKB 2008 niedergelegten Rechtsfolgen besteht auch keine Vermutung für einen solchen Kausalverlauf.

39

b) Ferner ist seitens der Klägerin nicht konkret – hilfsweise – geltend gemacht worden, dass die Ersatzleistungen an die Dritten nur erbracht worden seien, weil die Beklagte die Schadenmeldungen pflichtwidrig unterzeichnet habe. Im Übrigen zögen etwaige Unterschriften auch nicht zwangsläufig eine Schadensersatzhaftung der Beklagten in Höhe des mit der Klage geltend gemachten restlichen Regressbetrags nach sich. Letzteres käme zwar in Betracht, wenn zu keinem Zeitpunkt ein wirksamer Vertrag über vorläufigen Deckungsschutz zu Stande gekommen sein sollte, etwaige Unterschriften der Beklagten mithin möglicherweise lediglich den Anschein einer Haftung der Klägerin im Außenverhältnis hervorgerufen hätten. Indessen ist, unterstellt man die von der Klägerin ausdrücklich behauptete Authentizität der Unterschriften auf Bl. 51 und 202 d. GA, jedenfalls davon auszugehen, dass die Beklagte mit der Unterzeichnung das Handeln des Zeugen L. aus Sicht eines objektiven Dritten genehmigt hat. Eine Genehmigung eines gem. § 177 BGB schwebend unwirksamen Vertrags ist nach Auffassung des Gerichts auch noch möglich, wenn dieser bereits gekündigt worden ist. Schließlich ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte eine – zu Gunsten der Klägerin unterstellte – Genehmigung wirksam gem. § 123 BGB angefochten hat. Das – gänzlich pauschale – Vorbringen in den Schriftsätzen vom 06.12.2010 (Bl. 83 d. GA) und 20.12.2010 (Bl. 36 d. GA) bezieht sich lediglich auf Unterschriften auf etwaigen Versicherungsverträgen.

40

c) Nach alledem kann dahinstehen, ob mit der Aussage des Zeugen L. (Bl. 230 ff. d. GA) und dem Sachverständigengutachten vom 02.01.2013 (Bl. 249 ff. d. GA) der Nachweis erbracht worden ist, dass der Vertrag mit Billigung der Beklagten in ihrem Namen geschlossen oder zumindest von ihr genehmigt worden ist.

41

3. Der Klägerin steht auch kein Anspruch gem. § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB auf Wertersatz in Höhe der Klageforderung zu. Selbst wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, dass die Beklagte Versicherungsnehmerin war, so hat die Klägerin jedenfalls im Nachhaftungszeitraum nicht mehr an die Beklagte geleistet.

42

4. Der Klägerin kann auch kein Anspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB zugesprochen werden. § 116 VVG regelt den Regress nach Auffassung des Gerichts vorrangig und abschließend. Ein Rückgriff auf die sog. Aufwendungskondiktion ist daher nicht möglich.

43

5. Die Nebenforderungen gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB sowie § 288 Abs. 1 BGB teilen das Schicksal der jeweiligen Hauptforderung.

II.

44

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

45

Streitwert:

46

in der Sache 3 C 494/10 bis zur Verbindung vom 15.03.2012: 4.025,00 EUR,

47

in der Sache 3 C 16/12 bis zum 21.11.2011: 1.051,28 EUR,

48

in der Sache 3 C 16/12 bis zur Verbindung vom 15.03.2012: 1.051,28 EUR (kein Abzug wegen der Teilzahlungen mit Blick auf §§ 366, 367 BGB),

49

in Folge der Verbindung letztlich: 5.076,28 EUR.

Dieser Beitrag wurde unter Versicherungsrecht abgelegt und mit , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.