BGH, Beschluss vom 31. Oktober 2007 – III ZR 298/05
Beruht die Annahme einer Schutzwirkung auf einer Verlautbarung im Emissionsprospekt, wonach der angekündigte Prospektprüfungsbericht „nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt“ wird, ist zur Inanspruchnahme einer solchen Schutzwirkung regelmäßig erforderlich, dass der Anleger den Bericht vor seiner Anlageentscheidung anfordert und von dessen Inhalt Kenntnis nimmt (Fortführung des Senatsurteils vom 14. Juni 2007 – III ZR 300/05 – WM 2007, 1507).
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird die Revision gegen das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. September 2005 – 19 U 2529/05 – zugelassen, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 3 gerichtete Klage betrifft.
Im Übrigen wird die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das genannte Urteil zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Gerichtskosten der Nichtzulassungsbeschwerde, soweit sie zurückgewiesen wurde, und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf 107.371,30 € festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger zeichnete am 3. November 2000 – unter Einschaltung der D. GmbH als Treuhänderin – eine Kommanditeinlage über 200.000 DM zuzüglich 10.000 DM Agio an dem Filmfonds V. KG. Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in eine wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produktionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Erlösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren.
Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von 107.371,30 € nebst Zinsen. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 – Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank – als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, nimmt der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufgetragenen Prüfung des Prospekts in Anspruch. Die Beklagte zu 3 vermittelte ihm die Beteiligung.
Das Landgericht hat den Klageanspruch gegen die Beklagte zu 3 dem Grunde nach für gerechtfertigt gehalten und die Klage im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klage insgesamt abgewiesen. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Berufungsurteil.
II.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen in Bezug auf die Beklagte zu 2 nicht vor.
1. Der Senat hat in seinen Urteilen vom 14. Juni 2007, die eine Beteiligung an derselben Fondsgesellschaft betrafen, entschieden, dass der Emissionsprospekt im Hinblick auf die im Abschnitt „Risiken der Beteiligung“ angeführte, als „worst-case-Szenario“ bezeichnete „Restrisiko-Betrachtung“ den Anleger nicht deutlich genug darauf hinweist, dass seine Beteiligung dem Risiko eines Totalverlustes und nicht lediglich eines begrenzten Verlustes unterliegt, und hat darin einen Prospektmangel gesehen (III ZR 300/05 – WM 2007, 1507, 1508 f Rn. 13 f; III ZR 125/06 – WM 2007, 1503, 1504 f Rn. 14 f). Er hat ferner eine Haftung der mit der Erstellung des Prospektprüfungsgutachtens betrauten Beklagten zu 2 nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eines Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter für möglich gehalten, wenn sich der Anleger das Prospektprüfungsgutachten hat aushändigen lassen (Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 300/05 – WM 2007, 1507, 1510 Rn. 21), und sie verneint, wenn der Anleger nur darauf vertraut, dass seinem Vermittler der Inhalt des Prüfberichts bekannt sei und dieser ihn über etwaige Unzulänglichkeiten des Prospekts aufklären würde, falls Beanstandungen in dem Gutachten enthalten seien (Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 125/06 – WM 2007, 1503, 1507 Rn. 28 f).
2. Nach diesen Maßstäben kommt eine Haftung der Beklagten zu 2 nicht in Betracht. Der Kläger, der sich das Prospektprüfungsgutachten nicht vor seiner Anlageentscheidung hat aushändigen lassen, kann eine Haftung der Beklagten zu 2 nicht mit seinem Vortrag begründen, der Mitarbeiter der Beklagten zu 3 habe ihm die Beteiligung empfohlen und er – der Kläger – habe auf die im Prospektprüfungsgutachten enthaltenen Angaben vertraut; er habe sich bei dem Berater nach dem Gutachten erkundigt und dieser habe insoweit keine negativen Ausführungen gemacht. Wie der Senat unter Heranziehung früherer Entscheidungen befunden hat, kommt es für die Erstreckung der Schutzwirkung und die Haftung nach den Grundsätzen des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter im Bereich der Expertenhaftung entscheidend darauf an, dass der Anleger von dem Gutachten Gebrauch macht und hierdurch ein Vertrauen des Anlegers erzeugt und auf seinen Willensentschluss Einfluss genommen wird (Urteil vom 14. Juni 2007 – III ZR 125/06 – aaO Rn. 28). Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Maß der Erstreckung der Schutzpflicht nicht allein aus der Sicht des am Vertrag nicht beteiligten Dritten zu bestimmen, sondern dass dies in erster Linie Sache der Vertragsparteien ist (vgl. Senatsurteil BGHZ 138, 257, 261). Im vorliegenden Fall ist insoweit darauf abzustellen, was zu dem Prospektprüfungsgutachten – für alle Anleger lesbar – in dem Prospekt verlautbart worden ist. Wenn es dort heißt, dass „der Bericht nach Fertigstellung den von den Vertriebspartnern vorgeschlagenen ernsthaften Interessenten auf Anforderung zur Verfügung gestellt“ werde, kann der Anleger den Drittschutz grundsätzlich nur dann in Anspruch nehmen, wenn er das Gutachten für seine Zwecke anfordert und es auf diese Weise zur Grundlage seiner Entscheidung
macht. Solchen Sachvortrag weist die Beschwerde auch in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2007 nicht auf.