Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.01.2014 – L 1 KR 358/12
Ein Kurierfahrer/Zusteller ist trotz der Vereinbarung einer Tätigkeit als freier Sub-Subunternehmer abhängig beschäftigt, wenn er unter anderem durch einzuhaltende detaillierte Vorgaben des Qualitätshandbuchs des Auftraggebers in die Arbeitsorganisation des Subunternehmers eingebunden ist. (Rn.25)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Im Streit steht der sozialversicherungsrechtliche Status der Klägerin zu 2) in ihrer Tätigkeit für die Klägerin zu 1) in der Zeit vom 1. Februar 2009 bis 30. April 2011.
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Die 1954 geborene Klägerin zu 2) hatte ein Gewerbe „Handel mit genehmigungsfreien Waren und Vertriebsförderung“ bzw. „Kleintransporter mit eigenem PKW“ angemeldet. Sie war in den Jahren 2003 bis April 2011 für das Unternehmen A im Direktvertrieb tätig.
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Die Klägerin zu 1) erbringt auf der Grundlage eines Kooperationsvertrags mit der H Logistik GmbH & CoKG (H) den Umschlag, die Zwischenlagerung und die Zustellung von Waren und Katalogen verschiedener Versandhäuser, insbesondere der O GmbH & CoKG in verschiedenen Zustellgebieten in Berlin und Brandenburg. Zu diesem Zweck unterhielt sie u.a. in M ein Satellitendepot. Bei der Durchführung der vertraglich geschuldeten Leistungen muss sie die von H vorgebenden standardisierten Formulare und Sachmittel verwenden und die im „Qualitätshandbuch für Zusteller/Boten“ vorgegebenen Serviceanforderungen sicherstellen.
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Die Klägerin zu 1) und die als „Auftragnehmer“ bezeichnete Klägerin zu 2) schlossen am 1. Februar 2009 einen Subunternehmer-Vertrag. Vertragsgegenstand war nach Nr. 1.1 dieses Vertrages die Durchführung der Sendungszustellung und „Abholung sowie aller damit verbundenen Nebenleistungen durch den Auftragnehmer in dem in Anlage 1 definierten Zustellgebiet“.
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Aufgrund dieses Vertrages war die Klägerin zu 2) in der Zeit vom 1. Februar 2009 bis 30. April 2011 für die Klägerin zu 1) als Kurierfahrerin/Zustellerin mit dem Zustellgebiet E und Teilen von Z tätig. Sie setzte dabei einen von der Klägerin zu 1) angemieteten Tourenscanner ein. Eigene Arbeitnehmer beschäftigte sie nicht. Aus gesundheitlichen Gründen kündigte sie den Vertrag zum 30. April 2011 und meldete zu diesem Zeitpunkt auch ihr Gewerbe ab.
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Am 16. Dezember 2009 beantragte die Klägerin zu 1) bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Klägerin zu 2).
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Nach vorrangegangener Anhörung stellt die Beklagte gegenüber beiden mit Bescheid vom 23. Juni 2010 fest, dass die Tätigkeit seit dem 1. Februar 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Die Versicherungspflicht beginne mit dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung.
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Die Klägerin zu 1) erhob Widerspruch: Die Klägerin zu 2) leiste ihre Dienste aufgrund Dienstvertrags gemäß § 611 Bürgerliches Gesetzbuch in persönlicher, wirtschaftlicher und sozialer Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Sie sei nicht in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) eingebunden. Die von der Beklagten angeführten Merkmale für abhängige Beschäftigung träfen nicht zu. Die Vereinbarung eines Zustellgebietes gehöre zur Konkretisierung des Vertragsgegenstandes. Die Klägerin zu 2) stelle ihre Touren selbstständig zusammen und dürfe Erfüllungsgehilfen einsetzen. Bei dem „Qualitätshandbuch für Zusteller/Boten“ handele es sich um ein von H vorgebende Standardwerk, nach dem alle Auftragnehmer ihre Tätigkeiten auszurichten hätten. Das Handbuch konkretisiere die Art und Weise der vereinbarten Dienste und trage keinesfalls den Charakter von Weisungen im Rahmen des laufenden Arbeitsprozesses. Eine Kontrolle der Erbringung der vereinbarten Leistungen gehöre zu den Modalitäten jeden Vertrages. Die Kennzeichnung des Fahrzeuges mit dem Hinweis „im Auftrag der H Logistik“ sowie das Tragen entsprechende Berufskleidung während der Durchführung der Zustellung seien keine Auflagen der Klägerin zu 1), sondern Maßnahmen, die ihr selbst auf vertraglicher Grundlage auferlegt worden seien und auch für ihre Subunternehmer gälten. Die zur Verfügungstellung von Sachmitteln – hier konkret Tourenscanner samt Zubehör – auf Mietbasis sei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis wesensfremd.
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Auch die Klägerin zu 2) erhob Widerspruch: Sie setze ein eigenes Fahrzeug ein und habe die Möglichkeit, mit diesem auch Transporte für weitere Kunden auf eigene Rechnung durchzuführen.
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Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 16. September 2010 zurück.
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Hiergegen haben die Kläger am 12. Oktober 2010 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben. Zur Begründung haben sie ergänzend ausgeführt, die Klägerin zu 2) unterhalte eine eigene Betriebsstätte und trage das unternehmerische Risiko für die ordnungsgemäße Zustellung der Sendungen sowie die ständige Verfügbarkeit ihres Fahrzeuges. Sie hafte bei Verlust oder Beschädigung der Waren. Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung der Beklagten, dass die Zuweisung von Risiken nur dann für Selbstständigkeit spräche, wenn damit größere Freiheiten und größere Verdienstmöglichkeiten verbunden seien.
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Das SG hat die auf Aufhebung der angefochtenen Bescheide und entsprechende Feststellung der Versicherungsfreiheit gerichtete Klage mit Urteil vom 18. Juli 2012 abgewiesen: Es überwögen die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Sie sei in die Arbeitsorganisation der Klägerin zu 1) eingeordnet und auf deren Material und Personal angewiesen gewesen. Ohne die Lagerung und Sortierung der Post und Pakete in den Betriebsräumen der Klägerin zu 1), der Zuteilung der Post und Pakete und des Zustellgebietes sowie durch die zur Verfügungstellung von Sachmitteln (Tourenscanner und Vordrucksammlung) habe die Klägerin zu 2) ihre Arbeit nicht verrichten können. Für das Vertriebsunternehmen der Klägerin zu 1) sei die Klägerin zu 2) als letztes Glied innerhalb einer Kette arbeitsteiligen Zusammenwirkens unentbehrlich gewesen, weil sie den unmittelbaren Kontakt zum Endkunden hergestellt habe. Die Klägerin zu 2) sei gegenüber den Endkunden auch nicht wie ein selbstständiger Unternehmer aufgetreten, sondern sei aufgrund Nr. 1.7 des Subunternehmer-Vertrages verpflichtet gewesen, sich während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand ihrer vollständigen Oberkörperbekleidung als H-Partner zu erkennen zu geben. Auch dies mache ihre Eingliederung in eine übergeordnete Organisation deutlich. Sie sei auch den Weisungen der Klägerin zu 1) unterworfen gewesen. Es habe eine enge Bindung an den Ort der Arbeitsleistung, den genau vereinbarten Zustellbezirk, bestanden. Sie habe in der gesamten Zeit ihrer Tätigkeit immer denselben Zustellbezirk zu betreuen gehabt. Dass dies nach ihrer Aussage auf ihren eigenen Wunsch hin geschehen sei, sei ohne Relevanz. Auf derartige Anliegen gehe auch ein Arbeitgeber bei einem normalen Arbeitsverhältnis ein und berücksichtige diese, soweit dies möglich sei. Auch hinsichtlich der Arbeitszeit sei die Klägerin zu 2) nicht völlig frei gewesen. Für die ordnungsgemäße Zustellung sei ihr nur ein zeitlicher Korridor verblieben. In Bezug auf die Art und Weise der Arbeitsausführung sei sie an die Weisungen der Klägerin zu 1) gebunden gewesen. Dies beziehe sich nicht nur auf die Verpflichtung, im eingesetzten Kraftfahrzeug einen Hinweis „im Auftrag der H“ vorzuhalten oder sich während der Zustell- und Abholtätigkeit anhand ihrer vollständigen Oberkörper-Bekleidung als Hr erkennen zu geben und diese Bekleidung aus dem offiziellen H-Bekleidungsangebot in ausreichendem Umfang zu beziehen. Sie sei auch über 1.6 des Vertrages verpflichtet gewesen, die Serviceanforderungen der Klägerin zu 1) zu erfüllen, die sich insbesondere aus dem „H Qualitätsbuch“ ergeben hätten, (u.a. „die zehn Grundregeln für die kundenorientierte Zustellung und Abholung“ wie beispielsweise dem Rauchverbot im eigenen Fahrzeug). Weitere Einzelanweisungen der Klägerin zu 1) seien überflüssig gewesen, weil sich die notwendigen Verrichtungen des Zustellens der Post und Pakete aus der Natur der Sache ergeben. Dass das Zustellgut jeweils rechtzeitig und ordnungsgemäß verteilt worden sei, habe die Klägerin zu 1) kontrollieren und sanktionieren können, wie dies auch in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis üblich sei. Die Klägerin zu 2) habe weiter nicht in einem für Selbstständigkeit typischen Umfang eigene Betriebsmittel eingesetzt. Dass sie ihren eigenen PKW benutzt habe, stelle kein echtes Unternehmerrisiko dar, da sie kein zusätzliches Kapital aufgewendet, sondern nur das bereits vorhandene auch privat genutzte Kraftfahrzeug eingesetzt habe. Sie habe auch nicht über einen nennenswerten Spielraum für eigene unternehmerische Initiativen verfügt. Sie habe nicht das wirtschaftliche Ergebnis ihrer Tätigkeit uneingeschränkt steigern und entsprechende Risiken auf sich nehmen können, etwa durch verstärkten eigenen Arbeitseinsatz, Einsatz eigener Arbeitnehmer oder sachlicher Mittel. Vielmehr habe sie in ihrer Befragung in der mündlichen Verhandlung ihren unternehmerischen Spielraum auf die Übernahme von Fahrten anderer Subunternehmer beschränkt gesehen. Für ausgefallene Kollegen einzuspringen sei jedoch auch in Arbeitsverhältnissen üblich. Zuletzt werde die Zustellertätigkeit typischerweise in einem Arbeitsverhältnis und nicht im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit ausgeübt.
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Die Anhaltspunkte, die gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen, fielen hingegen nicht entscheidend ins Gewicht. So habe sie nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung für die Produkte von A im Rahmen von Produktvorführungen und Verkaufspartys meistens abends oder auch mal in der Mittagspause geworben. Die Delegationbefugnis spreche zwar für eine selbstständige Tätigkeit, allerdings habe sie davon keinen Gebrauch gemacht.
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Gegen dieses am 2. August 2012 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Kläger vom 1. September 2012. Zu ihrer Begründung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr bisheriges Vorbringen. Die Entscheidung des SG sei nicht nachvollziehbar. Ein Tourenplan sei der Klägerin zu 2) nicht vorgegeben gewesen. Sie habe – mit Ausnahme von Eilsendungen – die Zustellungen auch nicht unbedingt am gleichen Tag vornehmen müssen. Ferner habe sie nicht unerhebliche Betriebsmittel einsetzen müssen, in dem sie ihr eigenes Kraftfahrzeug benutzt und die anfallenden Kosten hierfür getragen habe.
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Zwar sei für die Klägerin zu 2) der Klägerin zu 1) gegenüber der Stückpreis nicht aushandelbar gewesen, jedoch der Umfang der Auslieferungen an sich.
16
Die Klägerin beantragen,
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1. Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2012 und die Bescheide der Beklagten vom 23. Juni 2010 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 16. September 2010 aufzuheben.
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2. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass für die Klägerin zu 2) in ihrer Tätigkeit als Kurierfahrerin für die Klägerin zu 1) in der Zeit vom 1. Februar 2009 bis 30. April 2011 nicht die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
19
Die Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung.
20
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten, insbesondere den dort enthaltenen Subunternehmer-Vertrag, wird ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Über die zulässige Berufung konnte der Senat durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz -SGG). Die Beteiligten sind auf die Absicht, so vorzugehen, im Erörterungstermin am 11. November 2013 hingewiesen worden.
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Der Berufung muss Erfolg versagt bleiben.
23
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angegriffenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.
24
Rechtsgrundlage ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch und § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch in der während des streitigen Zeitraums geltenden Fassung unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung.
25
Die Klägerin zu 2) war im streitigen Zeitraum bei der Klägerin zu 1) abhängig beschäftigt:
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Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
27
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist.
28
Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern.
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Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
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Weist eine Tätigkeit Merkmale auf, die sowohl auf Abhängigkeit als auch auf Selbständigkeit hinweisen, so ist entscheidend, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 -12 RK 72/92- NJW 1994, 2974, 2975) und der Arbeitsleistung das Gepräge geben (BSG Beschluss vom 23. Februar 1995 -12 BK 98/94-; Urt. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – Rdnr. 16; zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung Bundesverfassungsgericht, Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996 – 1 BvR 21/96 – SozR 3-2400 § 7 Nr. 11).
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Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist.
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Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (vgl. Urteil vom 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7 Rdnr 17; Urteil vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, Die Beiträge, Beil 2006, 149; jeweils m. w. N.). Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (so insgesamt weitgehend wörtlich BSG, Urteil vom 24. Januar 2007, a. a. O., Rdnr 22, m. w. N.). Maßgeblich ist also die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – „Freelancer“ Rdnr. 17; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. beispielsweise Urteil vom 15. Juli 2011 -L 1 KR 206/09- Juris Rdnr. 131ff).
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Hier war nach den tatsächlichen Verhältnissen die Klägerin zu 2) nicht als Subunternehmerin der Klägerin zu 1), sondern abhängig beschäftigt. Ihre Tätigkeit erfolgte nicht weisungsfrei im rechtlich relevanten Sinne.
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Auf die zutreffenden gründlichen Ausführungen im angegriffenen Urteil wird zu Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
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Durch das H-Qualitätshandbuch waren die einzelnen Fahrer detaillierten Vorgaben ausgesetzt. Da es sich bei den Zustell- und Abholarbeit um recht einfache Arbeiten gehandelt hat, sind darüber hinaus umfangreiche praktische Weisungen nicht erforderlich gewesen sind.
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Ergänzend ist nur noch auszuführen: Dass die Klägerin zu 2) die Arbeit hätte delegieren können, ist kein relevantes Indiz für Selbstständigkeit.
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Die Befugnis, die Arbeit durch andere erledigen zu lassen, steht nicht zwingend der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen (so bereits Urteil des Senats vom 30. Oktober 2009 – L 1 KR 315/08 – juris Rdnr. 51 unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 19. August 2003 – B 2 U 38/02 R – SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).
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Es gibt Beschäftigungsverhältnisse, bei denen es nicht unbedingt auf die persönliche Arbeitsleistung ankommt, sondern eine Vertretung durch Familienangehörige oder Dritte möglich und üblich ist (so zutreffend LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2008 -L 4 R 3542/05-), beispielsweise beim Zeitungsaustragen. Hier war für die Klägerin zu 2) nur die Einhaltung der Anforderungen des Qualitätshandbuches von Relevanz.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.
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Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.