LG Detmold, Urteil vom 07.10.2010 – 12 O 136/08
Muss zum Überholen die Gegenfahrbahn benutzt werden, so darf nur überholen, wer die gesamte zum Überholen benötigte Strecke zuzüglich des Weges überblicken kann, den ein mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit entgegenkommendes Fahrzeug zurücklegt. Keine äußerste Sorgfalt zeigt, wer mit dem Überholen beginnt, obwohl dies nur mit überhöhter Geschwindigkeit möglich ist. Auch beim Überholen darf die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden (Rn. 56).
Fuhr auch der Geschädigte eines Verkehrsunfalles nicht nur unwesentlich zu schnell und hat er damit den Unfall mitverursacht, tritt die Betriebsgefahr seines Fahrzeuges nicht vollständig hinter das Verschulden des Schädigers zurück (Rn. 66).
Tenor
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 31.280,56 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2007 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin ¾ ihres künftigen materiellen Schadens sowie ihren künftigen immateriellen Schaden unter Berücksichtigung ihrer Mithaftungsquote von ¼ aus dem Verkehrsunfall vom 22.02.2007 auf der Bundesstraße B 1 zwischen C5 und C5-S… zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. noch übergehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 39 % und den Beklagten zu 61 % auferlegt.
Das Urteil ist für den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Tatbestand
1
Die Klägerin macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Der Unfall ereignete sich am 22.02.2007 auf einem geradeaus verlaufenden Abschnitt der Bundesstraße 1 zwischen C5 und C5-S.
2
Die Klägerin befuhr mit ihrem Ford Escort die B 1 aus I3 Richtung C5. Aus der Gegenrichtung kam der Beklagte zu 1), der am Unfalltag Führer des unfallbeteiligten VW Golf Variant war, dessen Halterin die Beklagte zu 2) ist und der bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversichert ist.
3
In Fahrtrichtung der Klägerin bestand eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h, in der Fahrtrichtung des Beklagten zu 1) bestand zunächst eine Begrenzung auf 70 km/h (Blick aus 300 m vor „K“, Bl. 124 d. Ermittlungsakte) und sodann eine Begrenzung auf 50 km/h (Blick aus 100 m vor „K“, Bl. 126 d. Ermittlungsakte).
4
Vor dem Unfall durchfuhr die Klägerin eine Rechtskurve, der Beklagte zu 1) hatte zuvor eine Linkskurve durchfahren.
5
Vor dem Beklagten zu 1) fuhr in derselben Fahrtrichtung ein Sattelzug, der vom Zeugen E2 gesteuert wurde. Der Beklagte zu 1) überholte diesen LKW. Er scherte sodann vor dem LKW ein und brachte sein Fahrzeug am rechten Fahrbahnrand zum Stehen. Beim Abbremsen des Zeugen E2 kam es zu einer Bremsspur von 17,30 m Länge. Zu einer Kollision zwischen den Fahrzeugen der Klägerin und des Beklagten zu 1) kam es nicht. Die Klägerin bremste aber stark ab, wich dann zunächst nach rechts aus und verlor daraufhin die Kontrolle über ihr Fahrzeug und kollidierte auf der Gegenfahrbahn mit dem Sattelzug des Zeugen E2. Bei dem Unfall trug die Klägerin hinten offene Schuhe mit ca. 3 cm hohen Absätzen.
6
Der Beklagte zu 1) blieb unverletzt, sein Fahrzeug unbeschädigt. Das Fahrzeug der Klägerin dagegen wurde auf der Frontseite stark beschädigt. Es erlitt einen Totalschaden. Im Fahrzeuginneren wurde die Klägerin von der angeforderten RTW-Besatzung not- und erstversorgt. Später wurde der Rettungshubschrauber nachalarmiert, der die verletzte Klägerin ins Klinikum L-M verbrachte.
7
Im Krankenhaus L/M befand sich die Klägerin vom 22.02. bis zum 03.03.07. Am 03.03.07 wurde die Klägerin in das St. Krankenhaus nach C2 verlegt und befand sich dort bis zum 09.03.07 in stationärer Behandlung. Vom 09.03.07 bis zum 13.04.07 wurde die Klägerin in der M und I – Klinik behandelt. Ab dem 13.04.07 wurde eine erweiterte ambulante Therapie durchgeführt. Diese gestaltete sich so, daß die Klägerin jeden Tag zur M und I – Klinik gefahren werden mußte, dort ca. 3 bis 4 Stunden zur Therapie verblieb und dann wieder abgeholt werden mußte. Im Zeitraum vom 16.07.07 bis zum 09.10.07 erfolgte ein weiterer stationärer Aufenthalt im C3. Am 09.10.07 wurde die Klägerin für die Dauer von zwei Wochen entlassen. Ab dem 23.10.07 bis einschließlich 04.12.07 folgte der letzte stationäre Aufenthalt in der Klinik am S in C. Nach der Entlassung fand erneut eine ambulante Therapie wegen der anhaltenden Schmerzen und der eingeschränkten Beweglichkeit statt. Die Klägerin unterzog sich einer physiotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlung im Medical Center Q. Begleitend erfolgte eine chirurgische Behandlung in einer Gemeinschaftspraxis in Q.
8
Im April 2009 wurde die Klägerin in einer Klinik in 12 ambulant an der Lippe nachoperiert. Die Klägerin hat Doppelbilder, wenn sie ganz stark nach oben, unten oder rechts schaut. Diese sind der Klägerin unangenehm. Sie sucht sie zu vermeiden. Ihr Augenarzt sagte ihr, daß die Doppelbilder nun auch blieben. Seit einigen Monaten hat die Klägerin überdies Atemnot. Eine lungenärztliche Abklärung steht noch aus.
9
Die Klägerin hat noch immer Schmerzen in Arm und Knie. Sie nimmt bei Bedarf Schmerzmittel. Die Klägerin versucht Bewegungen, die Schmerzen verursachen, zu vermeiden. Sie bekommt Schmerzen im Knie, sobald sie Treppen steigt oder sich hinkniet. Sie kann überdies keine schweren Sachen tragen, anheben oder wegrücken. Nach Auskunft ihres Arztes ist es möglich, daß sie noch eine Knieprothese erhält. Im Haushalt ist die Klägerin auf die Hilfe Dritter angewiesen. Sie benötigt z. B. Hilfe beim Fensterputzen, Wischen oder Hantieren mit schweren Sachen, wie dem Anheben von schweren Töpfen oder dem Wegrücken von Sofas. Die Klägerin wird unterstützt von ihrem Sohn und einer Freundin. Bei der Klägerin wurde Ende 2009 ein GdB von 30 % festgestellt.
10
Die am 13.08.1977 geborene Klägerin war zum Zeitpunkt des Unfalls 29 und ihr Sohn, den sie alleine erzieht, 9 Jahre alt. Die Klägerin arbeitete seit November 2002 als ungelernte Verkäuferin bei der Fa. L. Ein Wiedereingliederungsversuch Anfang 2008 verlief ohne Erfolg. Die Klägerin mußte bei ihrer Tätigkeit schwere Kartons heben und tragen und über Kopf in die Regale einsortieren. Dem war die Klägerin nicht gewachsen. Sie konnte auch die Anforderungen an die Schnelligkeit nicht erfüllen. Die Klägerin fragte daher bei ihrem Arbeitgeber nach, ob sie nicht auch Büroarbeit erledigen könne. Dies war jedoch in der L-Filiale nicht möglich. Das Arbeitsverhältnis mit der Fa. L ruht seitdem. Ein- bis zweimal im Jahr erkundigt sich L bei der Klägerin nach dem gesundheitlichen Stand. Bis heute kann die Klägerin die gestellten Anforderungen jedoch nicht erfüllen. Die Klägerin bewarb sich auch bei einer Schokoladenfabrik in Q und arbeitete daraufhin als Saisonbeschäftigte. In der ersten Saison konnte sie ihre Tätigkeit ausführen. Die ihr dort abverlangte Arbeit war weniger schwer. Sie bestand darin, daß die Klägerin im Sitzen eine Maschine beobachtete. In der zweiten Saison waren die Anforderungen aber verändert worden. Die Klägerin mußte auch hier wieder schwere Kartons heben. Nachdem sie dies nicht konnte, wurde der Klägerin im August 2009 gekündigt.
11
Ihren materiellen Schaden beziffert die Klägerin wie folgt:
12
– Fahrzeugschaden: Wiederbeschaffungswert 980,- Euro netto (Restwert 0)
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– Sachverständigenkosten: 293,69 Euro
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– Abschleppkosten: 362,95 Euro
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– Attestkosten: 45,77 Euro
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– Allgemeine Unkostenpauschale: 25,- Euro,
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insgesamt 1.707,41 Euro.
18
Bei dem Verkehrsunfall kam es zum Auslaufen wassergefährdender Flüssigkeiten (Motoröl, Kühlflüssigkeit). Der Bereitschaftsdienst der unteren Wasserbehörde des Kreises L… wurde zur Gefahrenermittlung, Ursachenfeststellung und Überwachung der Schadensbeseitigung gerufen. Der verunreinigte Boden wurde entsorgt. Mit Schreiben vom 04.02.2008 teilte die zuständige Behörde der Klägerin mit, daß diese insgesamt 678,73 Euro zu zahlen habe. Der Klägerin wurde vor Erlass eines Leistungsbescheides Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Ein Bescheid erging bislang nicht. Auch zahlte die Klägerin zunächst nicht den o.g. Betrag von 678,73 Euro. Es wurde zwischen Klägerin und der Stadt besprochen, dass zunächst der Prozess abgewartet werden soll.
19
Die Beklagten lehnten eine außergerichtliche Regulierung ab und wiesen das Schadensersatzbegehren der Klägerin mit Schreiben vom 02.10.07 zurück. Das ablehnende Schreiben ging der Klägerin am 05.10.07 zu.
20
Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) habe seinen Überholvorgang noch nicht beendet gehabt, als sie entgegengekommen sei. Der Beklagte zu 1) sei dann sehr knapp vor dem Sattelzug eingeschert. Der Zeuge E2 habe daraufhin sehr stark abbremsen müssen. Der Beklagte zu 1) habe auch die Linkskurve nicht vollständig übersehen können. Schließlich sei der Beklagte zu 1) deutlich schneller gefahren als 70 km/h.
21
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten hafteten allein. Ein etwaiges Fehlverhalten der Klägerin falle in den Verantwortungsbereich des Beklagten. Nachgewiesen sei allenfalls eine Geschwindigkeitsübertretung auf Seiten der Klägerin von 6 km/h. Die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Klägerin trete vollständig hinter das schwere Verschulden des Beklagten zurück.
22
Die Klägerin behauptet, sie habe bei dem Unfall eine Oberarmknochenfraktur links erlitten, die operativ versorgt worden sei. Sie habe ferner eine Kniescheibenfraktur davongetragen. Diese sei durch eine statische Verriegelungsnagelung wieder vereinigt worden. Sie habe zudem eine Rippenserienfraktur links (1. Bis 4. Rippe), einen Knochenriss der Schulterblattgräte links, eine Teilschädigung des Armnervengeflechts links, eine Risswunde an der Lippe, ein Schädel-Hirn-Trauma, eine Weichteilverletzung im Bereich des linken Handgelenks und der linken Hand davongetragen.
23
Nach dem Unfall sei ihr Sohn zu Bekannten gezogen und dort betreut worden, da sie dies krankheitsbedingt nicht habe leisten können. Ihr Sohn habe sich für 6 Monate bei Frau T, für drei weitere Monate bei Frau L und sodann 1-1 ½ Monate bei Frau C4 befunden.
24
Die Klägerin beantragt nunmehr,
25
1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2007 zu zahlen.
26
2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 1.707,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.10.2007 zu zahlen sowie die Klägerin von etwaigen Verbindlichkeiten aus einem noch zu erwartenden Bescheid des Kreises L… über die Beseitigung von Bodenverunreinigungen freizustellen,
27
3. festzustellen, daß die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen materiellen und immateriellen Schaden aus dem Verkehrsunfall vom 22.02.2007 auf der Bundesstraße B 1 zwischen C5 und C5-Sonneborn zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. noch übergehen.
28
Die Beklagten beantragen,
29
die Klage abzuweisen.
30
Die Beklagten sind der Ansicht, die Klägerin habe den Unfall alleine verursacht und verschuldet. Der Beklagte zu 1) habe sich nach dem Überholen an die Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h gehalten. Der Beklagte zu 1) habe in einem Bereich überholt, in dem jede Gefährdung des Gegenverkehrs ausgeschlossen gewesen sei. Der Überholvorgang sei schon 42 Sekunden vor der Kollision der Klägerin abgeschlossen gewesen. Der Beklagte habe sich problemlos vor dem LKW einfädeln können. Die Klägerin habe erst reagiert, als der Spurwechsel des Beklagten schon beendet gewesen sei.
31
Für die Klägerin sei der Unfall vermeidbar gewesen, indem sie mit einer einfachen Ausgleichsbremsung reagiert hätte. Die Klägerin habe sich „verbremst“. Sie habe mit den offenen Schuhen unangepasstes Schuhwerk getragen. Allein dies sei für sich ein Sorgfaltsverstoß, jedenfalls ist nach Ansicht der Beklagten dadurch die Betriebsgefahr des Fahrzeugs der Klägerin erhöht.
32
Die Klägerin sei schließlich mit weit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Sie sei mit 80-90 km/h dem Beklagten schon schaukelnd aus der Kurve entgegengekommen. Möglicherweise habe auch ein technischer Defekt am Fahrzeug der Klägerin vorgelegen.
33
Die auf BI. 5 ff. d. A. genannten Verletzungen der Klägerin werden von den Beklagten mit Nichtwissen bestritten. Mit Nichtwissen wird auch bestritten, daß der Sohn der Klägerin zwei Mal den betreuenden Haushalt gewechselt habe.
34
Die Beklagten bestreiten zudem, dass das 50 km/h-Schild in Fahrtrichtung des Beklagten für diesen sichtbar gewesen sei.
35
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E2, T und E L sowie durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens gem. Beweisbeschluss vom 01.12.2008 (BI. 99 d. A.). Für den Inhalt der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.01.2009 (BI. 103 ff. d. A.) Bezug genommen.
36
Das Gericht hat zudem Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens gem. Beweisbeschluss vom 09.03.2009 (BI. 128 d. A.) sowie durch eine mündliche Erläuterung des Gutachtens. Für das Ergebnis dieser Beweisaufnahme wird auf das Sachverständigengutachten (BI. 157 ff. d. A.) sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 26.08.2010 verwiesen.
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Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Detmold, Strafsache gegen Dr. G, Az 36 Js 922/07, war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
38
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
39
Die Klage hat im tenorierten Umfang Erfolg.
40
Sie ist bis auf den auf Freistellung gerichteten Antrag zulässig.
41
Freistellung bedeutet eine Handlung, durch die der in Anspruch Genommene eine Schuld des Antragstellers (der Klägerin) zum Erlöschen bringt. Dementsprechend muß der Antrag auf Verurteilung zur Freistellung die Forderung so genau bezeichnen, daß der Beklagte notfalls im Wege der Zwangsvollstreckung (§ 887 ZPO; BGHZ 25, 1, 7) zur Befriedigung des Drittgläubigers angehalten werden kann (BGHZ 79, 76, 77 f) (BGH, Urt. v, 04.10.2000 – VIII ZR 109/ 99).
42
Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob ein hinreichend bestimmter und vollstreckungsfähiger Klageantrag gegeben ist, weil kein Anhalt für den genauen Umfang der Verbindlichkeit besteht, von der die Beklagten die Klägerin letztlich freistellen sollen. Denn es ist nicht ersichtlich, in welchem Umfang die Klägerin von der Behörde in Anspruch genommen werden wird.
43
Dies kann aber letztlich dahinstehen, da vorliegend schon nicht fest steht, dass die Klägerin tatsächlich mit der Verbindlichkeit beschwert ist, was ein auf Freistellung gerichteter Anspruch voraussetzt. Ein Leistungsbescheid ist bislang nicht ergangen. Es bleibt auch offen, ob überhaupt ein Leistungsbescheid gegen die Klägerin ergehen wird und gegebenenfalls inwieweit die Klägerin darin in Anspruch genommen werden wird. Mit dem Leistungsbescheid konkretisiert sich erst die Verpflichtung der Klägerin. Die Tatsache, dass die zuständige Behörde zunächst den Ausgang des hiesigen Verfahrens abwarten will, zeigt, dass die Verbindlichkeit noch völlig ungewiss ist.
44
Die Klage ist im Übrigen zulässig.
45
Für den Feststellungsantrag liegt das erforderliche Feststellungsinteresse vor. Eine Klage auf Feststellung der deliktischen Verpflichtung eines Schädigers zum Ersatz künftiger Schäden ist zulässig, wenn die Möglichkeit des Eintritts weiterer Schäden besteht. Ein Feststellungsinteresse i.S.d. § 256 ZPO ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt derartiger Schäden wenigstens zu rechnen (BGH, Beschl. v. 9.1.2007 – VI ZR 133/06 im Anschluss an Senat, Urteile v. 20.03.2001 – VI ZR 325/99, MDR 2001, 764 = BGHReport 2001, 480 = VersR 2001, 876 f.; v. 16.01.2001 – VI ZR 381/99, MDR 2001, 448 = BGHReport 2001, 234 = VersR 2001, 874 f.). Jedenfalls im Hinblick auf das Knie der Klägerin besteht die Möglichkeit derartiger Spätfolgen. Für die Klägerin stellt sich hier möglicherweise die Frage eines weiteren operativen Eingriffs in Gestalt des Einsetzens einer Knieprothese. Auch besteht angesichts des bisherigen Krankheitsverlaufs die Möglichkeit, daß die Klägerin dauerhaft ihrer bisher ausgeübten Beschäftigung nicht mehr wird nachkommen können.
46
Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
47
Die Klägerin hat gegen die Beklagten als Gesamtschuldner einen Anspruch auf Zahlung des zuerkannten Betrages nebst Zinsen aus §§ 7 I, 11, 18 StVG, 115 I 1 Nr. 1, I 4 VVG, 1 PflVG, 249 ff. BGB.
48
Die Klägerin hat unter Berücksichtigung ihres Mithaftungsanteils von ¼ einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 30.000,- Euro. Der darüber hinaus zuerkannte Betrag entspricht einer Haftungsquote von ¾ der erstattungsfähigen Positionen.
49
Die Klägerin wurde bei dem Betrieb des vom Beklagten zu 1) geführten, von der Beklagten zu 2) gehaltenen und bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten Kfz körperlich und gesundheitlich verletzt. Ihr Fahrzeug wurde beschädigt.
50
Zur Überzeugung des Gerichts stehen die von der Klägerin vorgetragenen Verletzungen fest. Diese ergeben sich nachvollziehbar aus dem vorgelegten Krankenberichten. Die Klägerin trug eine Oberarmknochenfraktur links, eine Kniescheibenfraktur, eine Rippenserienfraktur (1. – 4. Rippe), einen Knochenriss der Schulterblattgräte links, eine Teilschädigung des Armnervengeflechts links, eine Risswunde an der Lippe, ein Schädel-Hirn-Trauma sowie eine Weichteilverletzung im Bereich des linken Handgelenks und der linken Hand davon.
51
Das Fahrzeug der Klägerin erlitt einen Totalschaden.
52
Diese Schäden entstanden auch bei dem Betrieb des Kfz des Beklagten. Nach dem Schutzzweck des § 7 StVG ist der Schaden bei dem Betrieb entstanden, wenn er durch die dem Kfz-Betrieb typisch innewohnende Gefährlichkeit adäquat verursacht ist, sich die von dem Fahrzeug ausgehenden Gefahren bei seiner Entstehung ausgewirkt haben (Hentschel, StrVR, 40. A., § 7 StVG/4). Eine Berührung bzw. Kollision der Fahrzeuge ist dabei nicht erforderlich (BGH, NJW 1988, 2802, vgl. auch: Hentschel, § 5 StVO/74). Es genügt, dass der Unfall mit dem Betrieb in einem inneren Zusammenhang gestanden hat, dass der Geschädigte in dem anderen Fahrzeug aufgrund der besonderen Situation eine Gefahr sehen durfte, die eine Abwehr- oder Ausweichreaktion rechtfertigte, u.U. selbst dann, wenn diese Reaktion objektiv so nicht erforderlich war (Hentschel, aaO, § 7 StVG/11). So liegt der Fall hier. Da der Beklagte zu 1) den LKW des Zeugen E2 überholte und damit die Fahrspur der entgegenkommenden Klägerin blockierte, bremste diese ab, verlor schließlich die Kontrolle über ihr Fahrzeug und kollidierte mit dem LKW auf der Gegenfahrbahn.
53
Die Verletzungen und Beschwerden der Klägerin gehen kausal auf das Unfallgeschehen zurück. Bei dem Unfallgeschehen wirkten erhebliche Kräfte. Das Fahrzeug der Klägerin erlitt einen Totalschaden. Die Klägerin wurde noch an der Unfallstelle notversorgt und sodann mit dem Rettungshubschrauber ins Klinikum L…/M transportiert. Die Behandlungen und die Beschwerdesymptomatik schlossen sich zeitlich unmittelbar an. Auch die Art der Verletzungen ist im Rahmen des vorliegend schweren Unfallgeschehens nichts Ungewöhnliches, zumal auch nicht ersichtlich ist, bei welcher Gelegenheit sich die Klägerin sonst die Rippenbrüche und anderen Verletzungen zugezogen haben sollte. In dieser Sachlage ist vernünftigen Zweifeln an der Unfallursächlichkeit Schweigen geboten.
54
Die Haftung ist nicht nach § 7 II StVG ausgeschlossen, da ein Fall höherer Gewalt nicht vorlag. Auch ist die Haftung nicht nach § 8 StVG ausgeschlossen.
55
Die gemäß § 17 I StVG durchzuführende Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge führt zu einer Haftung der Beklagten zu ¾. Im Rahmen der Abwägung dürfen nur unstreitige und bewiesene Umstände berücksichtigt werden. Dabei trägt jede Partei die Darlegungs- und Beweislast für das Verschulden des Gegners.
56
Zu Lasten der Beklagten steht ein Verstoß gegen § 5 II 1 StVO fest. Danach darf nur überholen, wer übersehen kann, daß während des gesamten Überholvorganges jede Behinderung des Gegenverkehrs ausgeschlossen ist. Dem Überholer obliegt dabei äußerste Sorgfalt. Er muss überblicken können, dass der gesamte Vorgang vom Ausscheren bis zum Wiedereingliedern mit richtigem Abstand unter Berücksichtigung etwaigen – z. B. erst während des Überholens – auftauchenden Gegenverkehrs für einen durchschnittlichen Fahrer ohne irgendein Wagnis gefahr- und behinderungslos möglich sein werde (Hentschel, § 5 StVO/25). Muss zum Überholen die Gegenfahrbahn benutzt werden, so darf nur überholen, wer die gesamte zum Überholen benötigte Strecke zuzüglich des Weges überblicken kann, den ein mit zulässiger Höchstgeschwindigkeit entgegenkommendes Fahrzeug zurücklegt. Keine äußerste Sorgfalt zeigt, wer mit dem Überholen beginnt, obwohl dies nur mit überhöhter Geschwindigkeit möglich ist. Auch beim Überholen darf die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht überschritten werden. Die Geschwindigkeitsbegrenzung wirkt sich insoweit als Überholverbot aus (vgl. Geiget, § 5/173).
57
Dies ist hier der Fall. Nach dem plausiblen und in sich widerspruchsfreien Gutachten des Sachverständigen … und seiner mündlichen Erörterung ist der Vortrag der Beklagten, dass der Überholvorgang behinderungsfrei abgelaufen und bereits 42 s vor der Kollision abgeschlossen sein sollte, widerlegt.
58
Das Gutachten O… (D… ) ist im vorliegenden Rechtsstreit nicht verwertbar. Das Gutachten wurde im Strafverfahren gegen den Beklagten zu 1) erstellt. Die Aufgabenstellung war dort eine andere. Der Sachverständige O… musste dazu Stellung nehmen, ob eine Konstellation bei dem Unfall denkbar war, nach der der Beklagte zu 1) an dem Unfall völlig unbeteiligt war.
59
Die freie Strecke von 350 m war für den Überholvorgang nicht ausreichend. Unter Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 bzw. 70 km/h hätte der Beklagte den mit ca. 60 km/h fahrenden LKW nicht bzw. nicht in der Zeit überholen können. Bei Einhaltung einer Geschwindigkeit von 70 km/h hätte der Beklagte unter Zugrundelegung einer Dauer des Überholvorgangs von 14 s eine freie Strecke für sich allein von 280 m benötigt. Da aber auch das entgegenkommende Fahrzeug, daß 70 km/h fahren kann, eine freie Wegstrecke gleicher Länge benötigt, war ein geordnetes Überholen nicht möglich. Der Beklagte musste daher auf eine erhebliche Geschwindigkeit – nach den Feststellungen des Sachverständigen S… ca. 108 km/h – beschleunigen, um den Überholvorgang in den Raum hineinzubekommen. Der Beklagte musste sodann einen scharfen Spurwechsel wählen, als er vor dem LKW einscherte. Der Beklagte muss die Situation auch als kritisch erfasst haben, da er dicht hinter der Unfallstelle zum Stehen kam. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen ist ein knapperer Überholvorgang kaum möglich. Dies wird auch bestätigt durch die Aussage des Zeugen E2, wonach der Beklagte 3 m vor ihm auf die rechte Fahrbahn zog und sehr schnell in seine Spur einscherte. Der Beklagte habe es gerade noch geschafft. Als die Klägerin entgegenkam, sei der Überholvorgang noch nicht beendet gewesen. Es habe nur ein Augenblick zwischen dem Abschluss des Überholmanövers und der Kollision gelegen. An dieser Aussage hat das Gericht keine Zweifel.
60
Aufgrund des Überholvorganges war schließlich die Betriebsgefahr des Beklagten erhöht (vgl. Geigel, § 5/158).
61
Der Klägerin kann dagegen ein Verschuldensvorwurf nicht gemacht werden. Zwar verstieß die Klägerin gegen § 41 I StVO in Verbindung mit dem Zeichen Nr. 274 der Anlage 2 zu § 41 I StVO (Geschwindigkeitsbegrenzung auf 70 km/h). Nach den Ausführungen des Sachverständigen … lag die Geschwindigkeit der Klägerin zwischen 76 und 106 km/h. Die nachweisbare Annäherungsgeschwindigkeit betrug aus technischer Sicht jedoch nur 76 km/h. Die Aussagen der Zeugen O und I stehen dieser Annahme nicht entgegen, da beide Zeugen Überholmanöver vor der eigentlichen Unfallstelle beschreiben, im Falle des Zeugen O 7-8 km vor der Unfallstelle. Auch die Zeugin I sah den Unfall nicht selbst. Beiden Zeugen fehlte daher die Wahrnehmungsfähigkeit. Dass die Klägerin zuvor mit überhöhter Geschwindigkeit fuhr, besagt nichts über die Geschwindigkeit an der Unfallstelle. Zudem gab die Zeugin I die Geschwindigkeit mit ca. 80 km/h an, also in der Größenordnung die als nachgewiesen gilt.
62
Die Klägerin reagierte bereits am Kurvenausgang mit einer Vollbremsung und einem Ausweichen nach rechts. Nach den Ausführungen des Sachverständigen ist das Ausweichen nach rechts ein klares Zeichen dafür, dass die Kurve von der Klägerin mit angemessener Geschwindigkeit durchfahren wurde. Insoweit ist aus technischer Sicht der Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin mit ihrem Fahrzeug bereits schaukelnd aus der Kurve entgegenkam, widerlegt. Ihre Geschwindigkeit lag weit unter der Kurvengrenzgeschwindigkeit. Instabilitäten waren daher nicht zu erwarten. Da lediglich eine Geschwindigkeit von 76 km/h bewiesen ist, kann auch nur eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um 6 km/h zugrunde gelegt werden. Geringfügige Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit begründen jedoch kein Mitverschulden des Geschädigten (Hentschel, § 3 StVO/66). Der Überholer muss vielmehr mit einer gewissen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit rechnen (vgl. Geigel, § 5/165).
63
Auch ein technischer Defekt am Fahrzeug der Klägerin ist nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nicht nachweisbar.
64
Dass die Klägerin hinten offene Schuhe mit 3 cm hohen Absätzen trug, mag einen Sorgfaltsverstoß darstellen. In Betracht kommt hier jedoch kein Verstoß gegen § 23 I 2 i.V.m. § 49 I Nr. 22 StVO, sondern nur ein Verstoß gegen § 1 II StVO. Es ist mit den Pflichten eines sorgfältigen Kraftfahrzeugführers unvereinbar, ein Kfz ohne oder mit hierfür ungeeignetem Schuhwerk zu führen, da wesentliche Fahrzeugfunktionen über Pedale mit Fußkontakt gesteuert werden und es zu einem Abrutschen von den Pedalen kommen kann (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 15.11.06, Az 2 Ss Owi 522/06; OLG Celle, NStZ-RR, 2007, 90).
65
Die rein abstrakte Gefährlichkeit führt jedoch weder zu einer Erhöhung der Betriebsgefahr, noch zur Begründung einer Mithaftung (vgl. Hentschel, § 17 StVG/5). Dies wäre nur dann möglich, wenn das Tragen der hinten offenen Schuhe wenigstens mitursächlich für den Unfall gewesen wäre. Dafür ist jedoch nichts ersichtlich, insbesondere nicht, dass die Klägerin tatsächlich mit ihren Schuhen abgerutscht ist.
66
Die Klägerin muß sich jedoch die von ihrem Fahrzeug ausgehende Betriebsgefahr ansetzen lassen. Diese wird vorliegend mit 25 % bewertet. Da auch die Klägerin zu schnell fuhr und damit den Unfall mitverursachte, tritt ihre Betriebsgefahr nicht vollständig hinter das Verschulden des Beklagten zurück.
67
Keine der Parteien hat den Unabwendbarkeitsbeweis erbracht, § 17 III StVG. Beide Seiten haben nicht bewiesen, die Sorgfalt des Idealfahrers angewandt zu haben. Der Beklagte hat sich nicht entlastet. Ein Idealfahrer hätte an seiner Stelle gänzlich von einem Überholen abgesehen. Auch die Klägerin kann sich nicht entlasten. Das Unfallgeschehen wäre nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens für die Klägerin unter Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit sicher vermeidbar gewesen. Mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h hätte sie sicher abbremsen und noch vor der Endposition des LKW anhalten können.
68
Der Beklagte zu 1) hat den Entlastungsbeweis, § 18 I 2 StVG, nicht geführt.
69
Ein Betrag von 30.000,- Euro stellt unter Berücksichtigung der Mithaftungsquote der Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld (§ 11 S. 2 StVG, § 253 II BGB) dar. Die Klägerin erlitt schwere und multiple Verletzungen (s.o.).
70
Der unstreitige Behandlungsverlauf mit Nachoperationen gestaltete sich langwierig. Die Klägerin befand sich vom Unfalltag, den 22.02.07 bis 04.12.07 mit 3 ½monatiger Unterbrechung in stationärer Behandlung. In der Zeit der Unterbrechung wurde eine erweiterte ambulante Therapie durchgeführt. Nach der Entlassung fand erneut eine ambulante Therapie wegen der anhaltenden Schmerzen und der eingeschränkten Beweglichkeit statt. Die Klägerin unterzog sich zudem einer physiotherapeutischen und krankengymnastischen Behandlung sowie begleitend einer chirurgischen Behandlung. Die Lippe wurde nochmals im April 2009 in einer Klinik in I2 ambulant operiert.
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Die Klägerin hat noch immer Schmerzen in Arm und Knie. Sie nimmt bei Bedarf Schmerzmittel. Die Klägerin versucht Bewegungen, die Schmerzen verursachen, zu vermeiden. Sie bekommt Schmerzen im Knie, sobald sie Treppen steigt oder sich hinkniet. Sie kann überdies keine schweren Sachen tragen, anheben oder wegrücken. Im Haushalt ist die Klägerin auf die Hilfe Dritter angewiesen. Ende 2009 wurde bei ihr ein GdB von 30 % festgestellt.
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Die Beklagten haben den gesamten Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten, so dass dieser als zugestanden gilt. Daraus ergibt sich, dass die Klägerin durch den Unfall noch heute erheblich eingeschränkt ist, sowohl in Hinblick auf ihr Alltagsleben als auch bezogen auf ihre berufliche Situation. Die Klägerin kann zur Zeit ihrer Tätigkeit bei der Fa. L… nicht mehr nachkommen, da sie den dort gestellten körperlichen Anforderungen nicht mehr gewachsen ist. Bewerbungen an anderer Stelle, so bei der Schokoladenfabrik, waren im Ergebnis ohne dauerhaften Erfolg.
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Als belastend erwies sich für die Klägerin auch, dass sie während ihrer Krankenhausaufenthalte ihren 9-jährigen Sohn über einen längeren Zeitraum fremdbetreuen lassen musste. Nach den Aussagen der Zeuginnen T und L, an denen das Gericht keine Zweifel hat, war der Sohn ab dem 22.02.07 allein für 7 Wochen bei der Zeugin T, weil die Klägerin sich nicht um das Kind kümmern konnte und sodann ab Juli für etwa 3 Monate bei der Zeugin L. Da die Klägerin alleinerziehend ist, ist die Fremdbetreuung während ihrer stationären Aufenthalte auch ohne weiteres plausibel.
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Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auf Seiten der Beklagten ein erhebliches Verschulden vorliegt, welches sich in der Durchführung eines äußerst riskanten Überholmanövers mit weit übersetzter Geschwindigkeit manifestiert. Ein normaler Überholvorgang hätte an dieser Stelle nicht durchgeführt werden können.
75
Die geltend gemachten materiellen Schadenspositionen sind zu ¾ ersatzfähig gem. §§ 249 ff. BGB, also in Höhe von 1.280,56 Euro.
76
Der Feststellungsantrag ist unter Berücksichtigung der Mithaftungsquote der Klägerin von ¼ begründet. Es liegen die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs vor, insbesondere ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff, der zu den für die Zukunft befürchteten Schäden führen kann.
77
Die Zinsforderung ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs nach § 288 I, 286 I, II Nr. 3 BGB. Verzug mit der Hauptforderung (Schmerzensgeld und materieller Schaden) ist mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens der Beklagten vom 02.10.07 ab 06.10.07 eingetreten.
78
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 I 1, 709 S. 2 ZPO.
79
Der Streitwert wird festgesetzt auf 56.386,14 Euro.