OLG Frankfurt, Urteil vom 02. September 2021 – 6 U 249/19
1. Eine Erarbeitung von Vergütungssystemen in Kreditinstituten, die mit Blick auf die regulatorischen Vorgaben des KWG beworben wird, verstößt gegen § 3 RDG.
2. Die Ausnahme des § 5 RDG ist nur dann einschlägig, wenn die Dienstleistungen neben einer hinreichend vorgetragenen Hauptleistung erbracht wird. Mehrere Hauptleistungen führen insoweit nicht zur Einschlägigkeit von § 5 RDG.
3. Die Bewerbung von unerlaubten Rechtsdienstleistungen begründet eine Erstbegehungsgefahr für ihre Erbringung.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
A. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.10.2019, 2-03 O 315/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren, wobei die Ordnungshaft an ihren Geschäftsführern zu vollziehen ist, zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
ohne Rechtsberatungserlaubnis die Erbringung der nachfolgenden Dienstleistungen zu bewerben oder solche Dienstleistungen anzubieten:
1. Risikoträger und Risikoträgerinnen aufgrund einer Risikoanalyse gemäß § 18 Abs. 2 Institutsvergütungsverordnung (jetzt § 25a Abs. 5b KWG) und Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträgerinnen aufgrund einer gruppenweiten Risikoanalyse gemäß § 27 Abs. 2 Institutsvergütungsverordnung zu ermitteln, wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt:
„Die Branchenexperten der X haben im Rahmen zahlreicher Projekte diese neuen Selektionskriterien in der Praxis angewandt und den Kundenprojekten entsprechende Risikoanalysen erarbeitet oder deren Ergebnisse und Dokumentation validiert. Auf der Basis unserer kombinierten Expertise aus Branchen-Know-How, vertieftem Wissen in den regulatorischen Regelwerken sowie Finanz- und Risk-Management erarbeiten wir die Risikoanalyse für Institute und erstellen die erforderliche Dokumentation. Außerdem begleiten wir die Abstimmung zu Detailfragen mit der Aufsicht“, wie geschehen Anl. K4
und/oder
2. Selbsteinschätzungen nach § 17 Abs. 1 Institutsvergütungsverordnung (jetzt § 25n KWG) zu erarbeiten und zu validieren, wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt:
„Die Branchenexperten der X erarbeiteten institutsspezifische Selbsteinschätzungen auf der Basis des relevanten Geschäfts- und Risikoprofils sowie der vergütungsbezogenen Regelungen der Bank. Neben Erarbeitung und Validierung von Selbsteinschätzungen begleiten sie zudem den Abstimmungsdialog mit der Aufsicht.“ wie geschehen in Anlage K 4
und/oder
3. – abgewiesen –
4. bestehende Vergütungssysteme
a) von Banken mit Blick auf § 25a KWG und die Institutsvergütungsverordnung,
b) von Versicherungsgesellschaften mit Blick auf § 25 VAB und der Versicherungsvergütungsverordnung,
c) von AIF-Kapitalanlagegesellschaften mit Blick auf § 37 Abs. 2 KAGB i.V.m. Art. 14a Abs. 2 und Art. 14b Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 2009/65/EG,
d) von OGAW- Kapitalanlagegesellschaften in Bezug auf § 37 Abs. 2 KAGB i.V.m. Art. 14a Abs. 2 und Art. 14b Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 2009/65/EG
zu bewerten und zu analysieren, und zwar auch, soweit die Analyse und Bewertung automatisiert und/oder computergestützt erfolgt, durch das von der Beklagten beworbene „System1“, wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt
„Das X System1 eröffnet Unternehmen die Möglichkeit einer systematischen Analyse und Bewertung bestehender Vergütungssysteme. Neben der Konformität mit den regulatorischen Anforderungen wird dabei auch der Wirkungszusammenhang von Design-Parametern der Vergütungssysteme mit der Geschäfts- und Risikostrategie beurteilt. Im Ergebnis ist der konkrete Anpassungsbedarf erkennbar, identifiziert nach Schweregrad und der jeweiligen regulatorischen Anforderungen.
Das X System1 wurde von X Branchenexperten entwickelt. Diese kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen, haben teilweise bei ihrer Entstehung die maßgeblichen Gremien beraten und wissen um die konkreten Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis. Unser bankenspezifisches Fachwissen, die langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und Implementierung von Vergütungsinstrumenten sowie die hohe Kompetenz im Bereich Finanz- und Risiko-Management sind Grundlage für innovative, abgesicherte und institutsspezifische Lösungen, wie geschehen Anlage K 14
und/oder
5. Vergütungssysteme von Banken zu gestalten und umzugestalten, wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt:
„Die Folgen der zahlreichen regulatorischen Vorgaben für die Ausgestaltung und Struktur von Vergütung – gerade für erfolgskritische Mitarbeiter – haben zu entsprechenden Überprüfungen und Anpassungen in den Instituten geführt.
Die X verfügt über die im Markt umfassendste Expertise in der Ausgestaltung und Implementierung von Vergütungssystemen sowie Nebenleistungen (…)“, wie geschehen Anlage K 19,
sowie
„Die Umsetzung von beschlossenen Regelungen in Vertragstexte benötigt neben dem rechtlichen Sachverstand eine genaue Kenntnis der zu Grunde liegenden Vergütungssysteme und nicht zuletzt auch ihre Auswirkungen auf Publizität- und Bilanzierungsvorschriften.
Oft sind hier Details entscheidend, wie etwa der Umgang mit aktienbasierten Vergütungen bei Vertragsende, mit faktischen Altersgrenzen im Rahmen der Bestellung oder die Vereinbarkeit von Ausscheidensvereinbarungen mit Vorschriften zu Minderjährigkeit von Vergütungsregelungen. Es kommt darauf an, dass eindeutig und verständlich zum beidseitigen Verständnis und damit zur Vertragsgrundlage wird, was das Unternehmen erreichen möchte.
Die Experten der X entwerfen die Plandokumente für die jeweils eingeschaltete interne und/oder externe Rechtsberatung, welche die rechtliche Prüfung vornimmt und Freigabe erteilt. Sie prüfen, ob die materielle Steuerungswirkung wie vorgeschlagen umgesetzt wird“, wie geschehen in Anlage K 20
II. Die Beklagte wird verurteilt, zu Händen der Klägerin in schriftlicher Form Auskunft darüber zu erteilen, gegenüber welchen Kunden, mit welchem zeitlichen Umfang, auf welche Art und Weise und bei welchen Gelegenheiten die Beklagte die unter I. geschilderten Dienstleistungen angeboten und beworben hat.
III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter I. beschriebenen Handlungen entstanden sind und entstehen werden.
IV. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.514,37 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 11.05.2018 zu zahlen.
V. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
B. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
C. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 2/5 zu tragen und die Beklagte 3/5. Von den Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin 1/5 und die Beklagte 4/5.
D. Das Urteil und das angegriffene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000 € (Tenor zu I), 4.000 € (Tenor zu II) sowie hinsichtlich der Kosten und des Tenors zu IV in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe (Tenor zu I und II) bzw. in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I.
1
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit von Werbung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vergütungsberatung von Kreditinstituten.
2
Bei der Klägerin handelt sich um eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Beklagte bezeichnet sich selbst als Vergütungsberaterin und betreibt die Webseite www.(…).com. Sie berät Kreditinstitute über die Ausgestaltung ihrer Vergütungssysteme für Mitarbeiter, die Einfluss auf das Risikoprofil des Instituts haben. Sie beschäftigt zwei Syndikusrechtsanwälte. Über eine Rechtsberatungserlaubnis nach § 59c BRAO verfügt sie nicht.
3
Die Beklagte hielt auf ihrer Webseite die aus den Klageanträgen ersichtlichen werblichen Texte bereit, mit der sie ihre Tätigkeit als „Vergütungsberaterin“ für Banken darstellte.
4
Das Landgericht hat durch Urteil vom 24.10.2019, auf das hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 I ZPO Bezug genommen wird, die Beklagte zur Unterlassung des Angebots, der Bewerbung und des Erbringens der folgenden Dienstleistungen verurteilt:
5
1. Risikoträger und Risikoträgerinnen aufgrund einer Risikoanalyse gemäß § 18 Abs. 2 Institutsvergütungsverordnung (jetzt § 25a Abs. 5b KWG) und Gruppen-Risikoträger und Gruppen-Risikoträger Rinnen aufgrund einer gruppenweiten Risikoanalyse gemäß § 27 Abs. 2 Institutsvergütungsverordnung zu ermitteln:
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„Die Branchenexperten der X haben im Rahmen zahlreicher Projekte diese neuen Selektionskriterien in der Praxis angewandt und den Kundenprojekten entsprechende Risikoanalysen erarbeitet oder deren Ergebnisse und Dokumentation validiert. Auf der Basis unserer kombinierten Expertise aus Branchen-Know-How, vertieftem Wissen in den regulatorischen Regelwerken sowie Finanz- und Risk-Management erarbeiten wir die Risikoanalyse für Institute und erstellen die erforderliche Dokumentation. Außerdem begleiten wir die Abstimmung zu Detailfragen mit der Aufsicht“, wie geschehen Anl. K4
7
und/oder
8
2. Selbsteinschätzungen nach § 17 Abs. 1 Institutsvergütungsverordnung (jetzt § 25n KWG) zu erarbeiten und zu validieren:
9
„Die Branchenexperten der X erarbeiteten Instituts spezifische Selbsteinschätzungen auf der Basis des relevanten Geschäfts- und Risikoprofils sowie der vergütungsbezogenen Regelungen der Bank. Neben Erarbeitung und Validierung von selbst Einschätzungen begleiten sie zudem den Abstimmungsdialog mit der Aufsicht.“ wie geschehen in Anlage K 4
10
und/oder
11
3. Vergütungsstrategien gemäß § 4 Institutsvergütungsverordnung und gruppenweite Vergütungsstrategien gemäß § 27 Abs. 1 S. 1 Institutsvergütungsverordnung zu entwickeln und zu überprüfen
12
„Die Berater der X erarbeiten zusammen mit den Strategieexperten der Unternehmen die institutsspezifische Vergütungsstrategie bzw. überprüfen diese auf die notwendige Stimmigkeit mit dem übergeordneten Strategieebenen.“ wie geschehen in Anlage K9
13
und/oder
14
4. bestehende Vergütungssysteme
15
e) von Banken mit Blick auf § 25a KWG und die Institutsvergütungsverordnung,
16
f) von Versicherungsgesellschaften mit Blick auf § 25 VAB und der Versicherungsvergütungsverordnung,
17
g) von AIF-Kapitalanlagegesellschaften mit Blick auf § 37 Abs. 2 KAGB i.V.m. Art. 14a Abs. 2 und Art. 14b Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 2009/65/EG,
18
h) von OGAW- Kapitalanlagegesellschaften in Bezug auf § 37 Abs. 2 KAGB i.V.m. Art. 14a Abs. 2 und Art. 14b Abs. 1, 3 und 4 der Richtlinie 2009/65/EG
19
zu bewerten und zu analysieren, und zwar auch, soweit die Analyse und Bewertung automatisiert und/oder Computer gestützt erfolgt, durch das von der Beklagten beworbene „System1“
20
„Das X System1 eröffnet Unternehmen die Möglichkeit einer systematischen Analyse und Bewertung bestehender Vergütungssysteme. Neben der Konformität mit den regulatorischen Anforderungen wird dabei auch der Wirkungszusammenhang von Design-Parametern der Vergütungssysteme mit der Geschäfts-und Risikostrategie beurteilt. Im Ergebnis ist der konkrete Anpassungsbedarf erkennbar, identifiziert nach Schweregrad und der jeweiligen regulatorischen Anforderungen.
21
Das X System1 wurde von X Branchenexperten entwickelt. Diese kennen die rechtlichen Rahmenbedingungen, haben teilweise bei ihrer Entstehung die maßgeblichen Gremien beraten und wissen um die konkreten Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis. Unser bankenspezifisches Fachwissen, die langjährige Erfahrung bei der Entwicklung und Implementierung von Vergütungsinstrumenten sowie die hohe Kompetenz im Bereich Finanz- und Risiko-Management sind Grundlage für innovative, abgesicherte und institutsspezifische Lösungen, wie geschehen Anlage K 14
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und/oder
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5. Vergütungssysteme von Banken zu gestalten und umzugestalten:
24
„Die X Experten [entwickeln] nachhaltige Vergütungsmodelle unter Berücksichtigung von aufgeschobenen Auszahlungselementen sowie ergänzenden inhaltlichen Auszahlungsbedingungen.“, wie geschehen Anlage K 18,
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sowie
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„Die Folgen der zahlreichen regulatorischen Vorgaben für die Ausgestaltung und Struktur von Vergütung – gerade für erfolgskritische Mitarbeiter – haben zu entsprechenden Überprüfungen und Anpassungen in den Instituten geführt.
27
Die X verfügt über die im Markt umfassendste Expertise in der Ausgestaltung und Implementierung von Vergütungssystemen sowie Nebenleistungen (…)“, wie geschehen Anlage K 19,
28
sowie
29
„Die Umsetzung von beschlossenen Regelungen in Vertragstexte benötigt neben dem rechtlichen Sachverstand eine genaue Kenntnis der zu Grunde liegenden Vergütungssysteme und nicht zuletzt auch ihre Auswirkungen auf Publizität-und Bilanzierungsvorschriften.
30
Oft sind hier Details entscheidend, wie etwa der Umgang mit aktienbasierten Vergütungen bei Vertragsende, mit faktischen Altersgrenzen im Rahmen der Bestellung oder die Vereinbarkeit von Ausscheidensvereinbarungen mit Vorschriften zu Minderjährigkeit von Vergütungsregelungen. Es kommt darauf an, dass eindeutig und verständlich zum beidseitigen Verständnis und damit zur Vertragsgrundlage wird, was das Unternehmen erreichen möchte.
31
Die Experten der X entwerfen die Plandokumente für die jeweils eingeschaltete interne und/oder externe Rechtsberatung, welche die rechtliche Prüfung vornimmt und Freigabe erteilt. Sie prüfen, ob die materielle Steuerungswirkung wie vorgeschlagen umgesetzt wird“, wie geschehen in Anlage K 20
32
Zudem hat das Landgericht die Beklagte zur Auskunft und Zahlung von Abmahnkosten verurteilt sowie die Schadensersatzpflicht festgestellt.
33
Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte habe gegen § 3 RDG verstoßen, da sie Rechtsdienstleistungen im Sinne von § 2 I RDG angeboten habe. Das Erarbeiten von Risikoanalysen unter Berücksichtigung der regulatorischen Vorgaben erfordere eine rechtliche Subsumtion ebenso wie die Selbsteinschätzung nach § 17 I der Institutsvergütungsverordnung und die Entwicklung und die Überprüfung von Vergütungsstrategien sowie die Bewertung und die Analyse von Vergütungssystemen im Hinblick auf die regulatorischen Vorgaben. Es liege auch keine Nebenleistung im Sinne von § 5 RDG vor, da es an einem hinreichend konturierten Hauptbereich fehle. Die Klägerin biete eine Vielzahl von isolierten Dienstleistungen an, die unter ein hinreichend konturiertes Tätigkeitsbild nicht zu subsumieren seien. Schließlich stehe dem Angebot von Rechtsdienstleistungen auch nicht der Disclaimer auf der Homepage entgegen, wonach keine Rechtsdienstleistungen erbracht würden. Es sei auf objektive Kriterien abzustellen.
34
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Das Landgericht habe nicht beachtet, dass die Beklagte darauf verwiesen habe, dass sie die Plandokumente für die externe oder interne Rechtsberatung entwerfe. Sie gestalte und strukturiere das Plandokument lediglich. Das Berufsbild des Vergütungsberaters sei ein klar strukturierter Bestandteil des Risikomanagements von Banken. Der Verkehr erkenne zudem schon aus dem Disclaimer, dass die Beklagte keine Rechtsberatung anbiete.
35
Die Beklagte beantragt,
36
das am 24.10.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main abzuändern und die Klage abzuweisen.
37
Die Klägerin beantragt,
38
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass bei den Anträgen 1 bis 5 vor den kursiv gedruckten Texten folgende Wendung eingefügt wird: „wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt“ und die Wendung: „insbesondere wenn dies geschieht wie im Folgenden dargestellt“ vor Antrag 1 gestrichen wird.
39
Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.
II.
40
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Der Klägerin steht hinsichtlich der überwiegenden Zahl der Anträge ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 3a UWG i.V.m. § 3 RDG zu. Die Folgeansprüche sind jedoch nur begründet, soweit sie sich auf das Anbieten und Bewerben beziehen, mangels begangener Rechtsverletzung jedoch nicht hinsichtlich des Erbringens von Rechtsdienstleistungen.
41
1.) Die Klage ist zulässig, insbesondere sind die Klageanträge hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 II Nr. 2 ZPO.
42
Jedenfalls durch die in der Berufung modifizierten Klageanträge hat die Klägerin deutlich zu erkennen gegeben, dass die in den Unterlassungsanträgen umschriebenen Verhaltensweisen stets auf die konkrete Verletzungsform bezogen sind. Mit der Aufnahme der konkreten Verletzungsform in den Klageantrag ist dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 II Nr. 2 ZPO ohne weiteres Genüge getan. Solange ein „allgemeiner Teil“ eines Unterlassungstenors durch Bezugnahme auf die konkrete Verletzungshandlung näher erläutert wird, ist für den Schuldner hinreichend klar erkennbar, die Unterlassung welchen Verhalten er schuldet (BGH GRUR 2000, 619, 621 – Orient-Teppichmuster; GRUR 2002, 1046, 1047 – Faxkarte; GRUR 2007, 896 Rn 18 – Eigenpreisvergleich; GRUR 2012, 842 Rn 13 – Neue Personenkraftwagen).
43
Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei der Umformulierung der Klageanträge auch nicht um eine Klageänderung. Die Klägerin wollte von vorneherein die Werbung der Beklagten sowie eine entsprechende Tätigkeit der Beklagten untersagt haben und hat insoweit die konkrete Verletzungsform zum Gegenstand der Klage gemacht. Die Umformulierung in der mündlichen Verhandlung diente insoweit nur der Klarstellung. Jedenfalls aber wäre eine Klageänderung nach § 533 ZPO trotz der fehlenden Einwilligung der Beklagten zulässig, da die Sachdienlichkeit nach § 533 Nr. 1 ZPO auf der Hand liegt und auch die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO (identische Tatsachengrundlage) vorliegen. Gleiches gilt für das Argument der Beklagten, die Klägerin stütze ihren Unterlassungsanspruch „nunmehr“ teilweise auf Erstbegehungsgefahr was einen neuen Streitgegenstand darstelle.
44
2.) Die Beklagte hat durch die Bewerbung und das Angebot der streitgegenständlichen Tätigkeiten auf ihrer Homepage gegen § 3 RDG verstoßen. Danach ist die selbstständige Erbringung außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen nur in dem Umfang zulässig, in dem sie gesetzlich erlaubt wird.
45
a) Die angebotenen und beworbenen Dienstleistungen stellen überwiegend Rechtdienstleistungen dar.
46
Nach § 2 I RDG ist Rechtsdienstleistung „jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert“. Darunter fällt jede konkrete Subsumtion eines Sachverhalts unter die maßgeblichen rechtlichen Bestimmungen, die über eine bloß schematische Anwendung von Rechtsnormen ohne weitere rechtliche Prüfung hinausgeht; ob es sich um eine einfache oder schwierige Rechtsfrage handelt, ist unerheblich (BGH WRP 2016, 861 Rn. 40 ff. – Schadensregulierung durch Versicherungsmakler).
47
Von erheblicher Bedeutung ist der Umstand, dass die Frage der Erforderlichkeit sich nicht nur nach objektiven Kriterien bestimmen kann. Vielmehr kann auch die Erwartung des Rechtsuchenden für die Reichweite des Erlaubnisvorbehalts entscheidend sein. Es handelt sich hier somit um eine Erweiterung des Anwendungsbereiches des RDG zugunsten der Rechtsuchenden in den Fällen, bei denen nach objektiver Betrachtung eine rechtliche Prüfung nicht erforderlich wäre. Hier kann gleichwohl eine Rechtsdienstleistung vorliegen, wenn der Auftraggeber zu erkennen gibt, dass er die rechtlichen Auswirkungen eines Geschäfts nicht überblickt und er den Dritten gerade mit dem Ziel einschaltet, den Vorgang von ihm unter Anwendung der einschlägigen gesetzlichen Vorschriften prüfen oder aufklären zu lassen. (BeckOK RDG/Römermann, 16. Ed. 1.7.2019, RDG § 2 Rn. 42, 43)
48
b) Für derartige Rechtdienstleistungen hat die Beklagte auch – teilweise – geworben:
49
(1) Antrag I 1 (Anlage K 4) „Risk Taker-Selektion und Risikoanalyse“
50
Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass eine Bewerbung von Rechtsdienstleistungen vorliegt. Auszugehen ist davon, wie der Verkehr (hier nicht der allgemeine Verkehr, sondern Fachkreise), die Angaben auf der Homepage versteht.
51
Dort erläutert die Beklagte zunächst, dass die Ausgestaltung nachhaltiger Vergütungssysteme eine zentrale Forderung regulatorischer Vorgaben ist. Sodann erläutert die Beklagte die Forderungen der Aufsichtsbehörden um sodann für die von ihr angebotenen Risikoanalysen zu werben, die u.A. auf vertieftem Wissen in den regulatorischen Regelwerken beruhen soll. Schließlich bietet die Beklagte die Begleitung die Abstimmung zu „Detailfragen mit der Aufsicht“.
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Die Beklagte bietet hier also nicht nur Dienstleistungen zu Risikoanalysen allgemein an, sondern ausdrücklich Risikoanalysen, die auf die regulatorischen Vorgaben abgestimmt sind. Diese muss sich dann naturgemäß an den gesetzlichen Vorgaben orientieren, also an § 2 VIII InstVergV und der delegierten Verordnung Nr. 604/14 (Anlage K 5). Zudem existieren umfangreiche Auslegungshilfen der BAFIN (Anlage K 6). Soweit die Beklagte behauptet, ihre Tätigkeit beschränke sich auf Rat im Hinblick auf die Wirkungsweise von Vergütungssystemen und ihre Erfahrung mit menschlichen Verhaltensmustern allgemein, stimmt dies nicht. Die Ausführungen in der Anlage K 4 nehmen ausdrücklich und mehrfach auf die regulatorischen Vorgaben Bezug; dies ist der Kern der beworbenen Tätigkeit. Diese Tätigkeit erschöpft sich auch nicht in einer rein mechanischen Anwendung von Rechtsnormen, die die Schwelle zur Rechtsberatung noch nicht erreicht haben. Es handelt sich vielmehr um ein komplexes Regelwerk im Aufsichtsrecht.
53
(2) Antrag I 2 (Anlage K 8) „Selbsteinschätzungen“
54
Zu Recht hat das Landgericht auch diesem Antrag entsprochen. Die Beklagte beschreibt die regulatorischen Anforderungen an branchenspezifische Vergütungssysteme, insbesondere im Hinblick auf sog. „Selbsteinschätzungen“, mit denen das Institut einer Einstufung als „bedeutend“ (mit der Folge strengerer Regulierung) entgegenwirken kann (§ 17 InstVergV). Hierauf bezugnehmend bietet die Beklagte die Erarbeitung entsprechender Selbsteinschätzungen sowie die Begleitung des Abstimmungsdialogs mit der Aufsicht an. An einer Rechtsdienstleistung kann daher kein Zweifel bestehen.
55
Soweit die Beklagte ausführt, sie stellte nur den Status Quo im Unternehmen fest und bereite den Sachverhalt auf, spricht die Internetseite für das Gegenteil: Die Beklagte bereitet den Sachverhalt im Hinblick auf die regulatorischen Vorgaben und mit dem Ziel auf, bestimmte rechtlichen Folgen zu erreichen. Die Begleitung des Abstimmungsdialoges mit der Aufsicht rundet dies nur ab.
56
(3) Antrag 1.3 (Anlage K 9) „Vergütungsstrategien“
57
Hier fehlt es am Angebot von Rechtsberatungsleistungen. Die Entwicklung von Vergütungsstrategien an sich (ohne Bezug zu den gesetzlichen Vorgaben) sowie die Überprüfung auf Stimmigkeit mit übergeordneten Strategieebenen erfordern keine rechtliche Subsumtion. In diesem Punkt hat die Berufung daher Erfolg. Insoweit war die Klage abzuweisen.
58
(4) Antrag 1.4 (Anlage K 14) „Bestehende Vergütungssysteme“
59
Zu Recht hat das Landgericht diesem Antrag entsprochen. Es hat zutreffend ausgeführt, dass auch hier die Beklagte die Prüfung der „Konformität mit den regulatorischen Anforderungen“ anbietet. Damit wird eine Rechtsdienstleistung beworben.
60
(5) Antrag 1.5 (Anlage K 18 – K 20) Umgestaltung von Vergütungssystemen
61
In der konkreten Verletzungsform der Anlage K 18 ist das Angebot einer Rechtsberatung allerdings nicht zu erkennen. Die Beklagte verweist hier allgemein auf die nachhaltige Ermittlung von Erfolgs-und Leistungsbeiträgen als Kernpunkte der regulatorischen Anforderungen an die Vergütungssysteme von Banken. Dies ist zunächst eine reine Darstellung der Rechtlage. Soweit die Beklagte im nächsten Absatz ausführt, dass sie „Unternehmen bei der Konzeption und Umsetzung von risikoadjustierten Erfolgsmessungen auf Instituts- und Organisationsebene“ unterstützt, wird hiermit keine Rechtsberatung angeboten. Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte hier damit wirbt, die erforderliche Subsumtion unter Rechtsnormen selbst vorzunehmen. Vielmehr bietet sie nur die (tatsächliche) „Unterstützung“ bei risikoadjustierten Erfolgsmessungen an. Hierbei handelt es sich um keine Rechtsdienstleistung. In diesem Punkt konnte daher dem Antrag zu 5. nicht entsprochen werden.
62
In Anlage K 19 wird hingegen auf die regulatorischen Vorgaben Bezug genommen und sodann auf die „im Markt umfassendste Expertise der Beklagten in der Ausgestaltung und Implementierung von Vergütungssystemen“ verwiesen.
63
In Anlage K 20 wirbt die Beklagte mit ihrer Kompetenz im Hinblick auf die Auswirkungen von Vergütungssystemen „auf Publizitäts- und Bilanzierungsvorschriften“. Damit bewirbt die Beklagte rechtsberatende Tätigkeiten.
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c) Die Ausnahme des § 5 RDG hat das Landgericht zu Recht als nicht einschlägig angesehen.
65
(1) Nach § 5 I 1 RDG sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind (§ 5 I 2 RDG). Maßgebend sind daher objektive Kriterien und nicht die Unterscheidung zwischen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten (BGH WRP 2016, 1232 Rn. 32 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur). Der Schwerpunkt der Tätigkeit muss stets auf nicht rechtlichem Gebiet liegen. Sind für die Haupttätigkeit Rechtskenntnisse kaum erforderlich, ist grundsätzlich nicht anzunehmen, dass eine Rechtsdienstleistung, die erhebliche Anforderungen an die Rechtsberatung stellt, eine erlaubte Nebentätigkeit darstellt (BGH WRP 2016, 1232 Rn. 32 – Rechtsberatung durch Entwicklungsingenieur).
66
Zu Recht hat das Landgericht hierbei auf das Berufsbild der Beklagten abgestellt. Erlaubt sind Rechtsdienstleistungen als Nebenleistung nur, wenn sie im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit stehen. Diese andere Tätigkeit ist die Haupttätigkeit des Anbieters, wie die Erwähnung dieses Begriffs in Abs. 1 S. 2 zeigt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Leistungen, die nicht im Zusammenhang mit dieser anderen Haupttätigkeit stehen oder erbracht werden, nicht erlaubt sind. Dieser Zusammenhang muss mit einer konkreten anderen Tätigkeit bestehen (Henssler/Prütting/Overkamp/Overkamp, RDG, § 5, Rn. 11); ein abstrakter Zusammenhang mit einem anderen Berufsbild reicht nicht aus. Daher kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an (BGH NJW 2012, 1589, 1591). Es ist also eine objektive Anknüpfung an die konkret geschuldete bzw. vereinbarte Haupttätigkeit erforderlich. Die bloße Möglichkeit, im Rahmen eines Berufs eine solche rechtsdienstleistende Nebentätigkeit zu verrichten, genügt nicht.
67
(2) Eine solche Haupttätigkeit hat die Beklagte nicht vorgetragen. Es ist nicht so, dass die Rechtsdienstleistungen als Nebentätigkeit einer anderen Tätigkeit wie z.B. der Vergütungsberatung gleichsam automatisch anfallen. Vielmehr ist die beworbene Tätigkeit ausdrücklich und nur auf die Vergütungsberatung im Zusammenhang mit den regulatorischen Vorgaben beworben. Es existiert daher keine Haupttätigkeit, zu der die Rechtsberatung Nebentätigkeit wäre. Vielmehr ist die Rechtsberatung in der angebotenen Form Haupttätigkeit.
68
Die Tatsache, dass die Beklagte auch andere Tätigkeiten anbietet, steht dem nicht entgegen. Abzustellen ist auf das Berufsbild der konkret angebotenen Tätigkeit. Mehrere Haupttätigkeiten können nicht dazu führen, dass jeweils andere Tätigkeiten zur Nebentätigkeit „schrumpfen“.
69
d) Soweit die Beklagte weiter darauf verweist, eine erforderliche rechtliche Prüfung werde ggf. von hauseigenen Rechtsanwälten oder externen Rechtsanwälten vorgenommen, ist dieser Einwand unbehilflich.
70
Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kommt es für den Erlaubnisvorbehalt nach dem Rechtsberatungsgesetz nicht darauf an, ob der Vertragspartner des Rechtsuchenden sich zur Erfüllung seiner Beratungspflichten eines zugelassenen Rechtsberaters bedient (BGH NJW 2008, 3069 mwN). Das Rechtsberatungsgesetz stellt nicht darauf ab, ob im Einzelfall eine zutreffende Auskunft erteilt wurde oder ein zugelassener Rechtsberater vom Geschäftsbesorger hinzugezogen wurde. Vielmehr will es erreichen, dass die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten zum Schutze des Rechtsuchenden nur von solchen Personen ausgeübt wird, die selbst dazu befugt sind. Damit wird sichergestellt, dass keine Umgehung des Rechtsberatungsgesetzes stattfindet und nur Rechtsberater tätig werden, die selbst die erforderliche persönliche und sachliche Zuverlässigkeit besitzen. Es wird auch gewährleistet, dass bei eventueller fehlerhafter Beratung der rechtsuchende Bürger Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend machen kann. Hinzu tritt, dass der vom ohne Erlaubnis handelnden Geschäftsbesorger zugezogene Rechtsberater entsprechend seiner vertraglichen Verpflichtung in erster Linie die Interessen seines Auftraggebers und nicht des zu beratenden Rechtsuchenden wahrzunehmen hat. Es kann hier unter Umständen zu Interessenkollisionen kommen, die ihrerseits die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des hinzugezogenen Rechtsberaters gefährden können. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass unter dem Geltungsbereich des Rechtsberatungsgesetzes eine Hinzuziehung eines zugelassenen Rechtsberaters nicht von der Erlaubnispflicht befreite. Die Bundesregierung hat in Abkehr davon dies in Teilbereichen zulassen wollen, soweit die Dienstleistung ausschließlich im Interesse des Rechtsuchenden und frei von Weisungen des Dienstherrn erfolgen sollte (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechtsberatungsrechts, BT-Dr 16/3655, S. 38, 56f.; § 5 III RDG-E). Der Gesetzgeber hat davon jedoch Abstand genommen und eine Tätigkeit des zugelassenen Rechtsberaters als Erfüllungsgehilfe eines nicht anwaltlichen Unternehmens weiterhin nicht zugelassen. Eine gesonderte Einschaltung eines zugelassenen Rechtsberaters sollte erforderlich bleiben (BGH aaO).
71
e) Verfassungsrechtlichen Gründe erfordern keine andere Beurteilung.
72
Der Erlaubnisvorbehalt des Rechtsberatungsgesetzes ist durch ausreichende Gemeinwohlbelange gedeckt und verfassungsgemäß (vgl. BVerfG NJW 1998, 3481; BVerfG NJW 1988, 543). Grundrechte der Beklagten aus Art. 12 I, 19 III GG rechtfertigen hier keine erweiternde Auslegung des § 5 Nr. 1 RBerG. Die Erlaubnispflicht stellt sich nicht als unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff dar. Die Interessen der Klägerin an einer qualifizierten Rechtsberatung sind durch die Werbung berührt. Demgegenüber treten die Belange der Beklagten zurück. Die Einschränkung ihrer Grundrechtsposition wiegt nicht so schwer. Sie kann ihre – erlaubte – Berufstätigkeit ausüben und die wirtschaftliche Beratung unabhängig von der rechtlichen erbringen; dies gilt zumal dann, wenn die Beklagte – wie sie selbst ausführt – entgegen ihrer Darstellung der Homepage Rechtsdienstleistungen nicht erbringt, sondern nur missverständlich beworben haben will. Der der Berufsfreiheit Rechnung tragende Gesetzeszweck des Art. 1 § 5 RBerG, dass Berufe, die ohne gleichzeitige Rechtsberatung nicht ausgeübt werden können, nicht am Rechtsberatungsgesetz scheitern (BGH, NJW 2003, 3046), ist vorliegend nicht berührt.
73
f) Soweit schließlich die Beklagte vorbringt, die Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main als zuständige Aufsichtsbehörde habe die Tätigkeit der Beklagten als zulässig angesehen, kann dahinstehen, ob dies tatsächlich so ist. Jedenfalls wäre der Senat nicht gehindert, insoweit eine andere Rechtsauffassung zu vertreten.
74
Ein auf § 3a UWG gestütztes lauterkeitsrechtliches Vorgehen ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die gesetzliche Vorschrift spezifische Rechtsfolgen für ihre Durchsetzung vorsieht (vgl. Köhler FS Schmitt Glaeser, 2003, 499 (500 f.). Denn der Anknüpfungspunkt des Lauterkeitsrechts ist ein anderer: Es geht nicht um die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift um ihrer selbst, also ihrer spezifischen Zwecke willen, sondern um die Auswirkungen eines Gesetzesverstoßes auf den Wettbewerb (vgl. § 3).
75
Die Geltendmachung eines auf die § 3a UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Anspruchs kann zu einem Normauslegungskonflikt mit den für die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift zuständigen Behörden und Fachgerichten führen, wenn diese die gesetzliche Vorschrift anders als das Wettbewerbsgericht auslegen möchte (vgl. dazu Doepner GRUR 2003, 825, 829 ff.). Grundsätzlich gilt dann, dass das Wettbewerbsgericht darauf keine Rücksicht zu nehmen braucht, weil keine Bindungswirkung besteht. Die Rechtsauffassung der zuständigen Verwaltungsbehörden ist für die Beurteilung der objektiven Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht maßgeblich (BGH WRP 2019, 327 Rn. 24 – Uber Black II).
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Eine Tatbestandswirkung mit Bindung für das Wettbewerbsgericht liegt hier nicht vor, da die Tätigkeit der Beklagten nicht durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Behörde erlaubt wurde. Das reine Dulden der Tätigkeit durch die Rechtsanwaltskammer kann weder eine Tatbestandswirkung noch eine Art Vertrauensschutz begründen, der im Übrigen beim verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch sowieso nicht zum Tragen käme.
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3.) Die Beklagte ist daher – soweit nach den obigen Ausführungen die Bewerbung und das Angebot von Rechtsdienstleistungen vorliegt – aufgrund der durch die Rechtsverletzung begründeten Wiederholungsgefahr zur Unterlassung des Angebots und der Bewerbung verpflichtet. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Tenor sei insoweit zu weitgehend, als die Textpassage auch – für sich genommen – unbedenkliche Teile enthalten, erfasst sie nicht, dass dies den Verbotsumfang beschränkt und nicht erweitert. Verboten ist dann nämlich die konkrete Verletzungsform, so wie sie zum Gegenstand des Antrags gemacht worden ist, samt Kernbereich. Nur ein auf den inkriminierten Satz beschränkter Tenor würde dessen Verwendung schlechthin untersagen.
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Hinsichtlich der nach dem Antrag ebenfalls zu unterlassenden Erbringung von Rechtsdienstleistungen besteht jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr. Die unerlaubte Bewerbung und das Angebot begründen eine Begehungsgefahr für die Erbringung der Rechtsdienstleistung (vgl. BGH GRUR 1989, 432, 434). Anders als eine Verletzung wird in diesen Fällen jedoch keine Vermutung für den Fortbestand der Gefahr begründet. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch besteht vielmehr solange, wie die Gefahr der Begehung droht; er entfällt mit dem Fortfall der Begehungsgefahr. Beruht letztere allein auf einer Werbung, so endet sie, wenn die Werbung aufgegeben wird, weil damit ihre Grundlage entfällt. Dass die Beklagte die Bewerbung eingestellt hat, hat sie – worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat – nicht vorgetragen. Auch ein sonstiger „actus contrarius“, der eine Erstbegehungsgefahr entfallen lassen würde, ist nicht erfolgt. Der Disclaimer kann diesen schon deshalb nicht begründen, weil er nicht unmittelbar an der streitgegenständlichen Bewerbung angebracht ist, sondern an einer anderen Stelle der Internetseite der Beklagten (wohl im Impressum, Anlage B 3).
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Soweit die Beklagte unter Verweis auf die erteilte Auskunft (BKK 1, Bl. 803 ff.) der Beklagten hinsichtlich der Erbringung der mit den Anträge 1.) und 5.) angegriffenen Handlungen auch eine Wiederholungsgefahr begründet sieht, kann der Senat dem nicht folgen.
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Im Hinblick auf Antrag 1.) („Ermittlung von Risikoträgern“) soll sich diese nach den Erklärungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung aus Zeile 3 sowie aus Zeile 29 ergeben. Die in Zeile 3 beschriebene Leistung gegenüber der Bank1 AG ist zwar überschrieben mit „Ermittlung von Risikoträgern und Risikoträgerinnen / Beratung zur Ermittlung von Risikoträgern und Risikoträgerinnen“. Aus der weiteren Darstellung ist jedoch nicht erkennbar, dass die Beklagte hier selbst Risikoträgerinnen mit Blick auf die Vorgaben des § 25a Vb KWG ermittelt hat, wie dies der Antrag verlangt. Im Gegenteil ergibt sich aus den Ausführungen, dass die Ermittlung von Risikoträgern aufgrund rechtlicher Vorgaben der externen Rechtsberater des Kunden erfolgt. Die in Zeile 29 beschriebene Leistung verweist zwar auf die Institutsvergütungsverordnung, betrifft jedoch nicht die Ermittlung von Risikoträgern, wie im Antrag zu 1 beschrieben, sondern Entwicklung von Vergütungsstrategien.
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Soweit die Klägerin hinsichtlich des Antrags 5.) („Gestaltung von Vergütungssystemen“) aus den Zeilen 1 sowie 24 und 25 eine Wiederholungsgefahr begründen will, hat auch dies keinen Erfolg. In Zeile 1 ist ein Bezug zu rechtlichen Vorgaben nicht erkennbar; gleiches gilt für die Zeilen 24 und 25.
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4.) Der Schadenersatzfeststellungsanspruch folgt aus § 9 UWG. Die Klägerin kann von der Beklagten dem Grund nach Schadensersatz hinsichtlich des Bewerbens und des Anbietens verlangen, da eine insoweit eine Rechtsverletzung vorgelegen hat und ein Schadeneintritt zumindest möglich erscheint.
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Ein Verschulden ist ebenfalls zu bejahen.
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Nach § 9 S. 1 muss die Zuwiderhandlung vorsätzlich oder fahrlässig, also schuldhaft, erfolgt sein. Fahrlässigkeit bedeutet Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 II BGB). Sie ist nach objektiven Maßstäben zu beurteilen. Ein hier in Betracht kommender Rechtsirrtum schließt nur dann ein Verschulden aus, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung der Gerichte nicht zu rechnen brauchte. Dabei ist ein strenger Maßstab anzulegen. Der Verletzer soll das Risiko einer zweifelhaften Rechtslage nicht dem Verletzten zuschieben können (BGH GRUR 1999, 923 (928) – Tele-Info-CD). Er handelt daher fahrlässig, wenn er sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der Zulässigkeit seines Verhaltens in Betracht ziehen muss (BGH GRUR 1999, 923, 928 – Tele-Info-CD; BGH GRUR 1999, 1011, 1014 – Werbebeilage; BGH GRUR 2010, 123 Rn. 42 – Scannertarif; BGH GRUR 2010, 623 Rn. 55 – Restwertbörse). Besonders streng sind die Sorgfaltsmaßstäbe, wenn es um Werbemaßnahmen geht (BGH GRUR 1981, 286 (288) – Goldene Karte I), weil der Unternehmer nicht gezwungen ist, sich bei der Werbung auf rechtlich zweifelhaftes Gebiet zu begeben. Fahrlässig handelt bereits, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt, in dem er eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit des fraglichen Verhaltens in Betracht ziehen muss (stRspr; vgl. BGHZ 130, 205 (220) – Feuer, Eis & Dynamit I; BGHZ 131, 308 (318) – Gefärbte Jeans; BGH GRUR 1999, 1011 (1014) – Werbebeilage mwN; BGH GRUR 2002, 248 (252) – SPIEGEL-CD-ROM; BGH GRUR 2010, 738 Rn. 40 – Peek & Cloppenburg).
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Hier hat die Beklagte schon nicht vorgetragen, dass sie vor Veröffentlichung der streitgegenständlichen Werbung überhaupt Rechtsrat eingeholt hätte. Soweit die Beklagte auf die Abmahnung durch die Rechtsanwaltskammer verweist, ist auch hier nicht vorgetragen, ob und inwieweit die Beklagte Rechtsrat eingeholt hätte. Dass die Rechtsanwaltskammer nach dem Anbringen eines „Disclaimers“ auf der Internetseite ihr Begehren nicht weiterverfolgt hat, kann nach den strengen Vorgaben der obergerichtlichen Rechtsprechung ebenfalls ein Verschulden nicht ausschließen. Insbesondere handelte die Rechtsanwaltskammer gegenüber der Beklagten – die nicht als Rechtsanwaltsgesellschaft zugelassen ist – nicht als Aufsichtsbehörde, sondern als eine von vielen Anspruchsberechtigen nah § 8 UWG. Eine besondere Art von Vertrauensschutz, der ein Verschulden in Frage stellen könnte, ist daher nicht begründet worden.
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Soweit die Klägerin auch eine Schadensersatzfeststellung hinsichtlich des Erbringens von Rechtsdienstleistungen verlangt, kann eine Schadensersatzpflicht nicht festgestellt werden, da eine bloße Begehungsgefahr keinen Schadensersatz begründen kann, sondern eine begangene Rechtsverletzung vorliegen muss. An dieser fehlt es (vgl. oben).
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5.) Der Auskunftsanspruch folgt aus § 9 UWG i.V.m. § 242 BGB, da die Auskunftserteilung zur Berechnung des Schadens erforderlich ist. Auch hier ist allerdings zu differenzieren: Eine Auskunft hinsichtlich der Erbringens der Dienstleistungen kommt nur in Betracht, soweit diese Dienstleistungen nicht nur beworben, sondern auch erbracht wurden. Eine reine Erstbegehungsgefahr für eine Erbringung kann einen Auskunftsanspruch nicht begründen, da (noch) keine Verletzungshandlung vorgelegen hat (vgl. BGH, Beschluss vom 19. April 2012 – I ZR 41/11 – PUMA-Sportschuhe). Auf die obigen Ausführungen kann Bezug genommen werden.
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Die tenorierten zu beauskunftenden Informationen sind auch für die Klägerin notwendig, um den Schaden berechnen zu können. Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass – im Gegensatz zu Schutzrechten – die Herausgabe des so genannte „Verletzergewinns“ als eine der Alternativen zur Schadensberechnung im Lauterkeitsrecht nur für einzelne Verletzungstatbestände, wie dem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz oder dem Verrat von Geschäftsgeheimnissen anerkannt worden ist, nicht aber bei sonstigen Verstößen gegen das UWG. Gleiches gilt für die Lizenzanalogie. Für die Berechnung des möglicherweise entgangenen Gewinns sind die geforderten Auskünfte (Kunden, zeitlicher Umfang, Umsätze) jedoch erforderlich.
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Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs ist auch nicht durch die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erteilte Auskunft der Beklagten (Anlage BBK 1) Erfüllung eingetreten. Ob eine endgültige Befriedigung anzunehmen ist, richtet sich nach den dem Kläger bzw. Zahlungsempfänger erkennbaren Umständen des Einzelfalles (BGH NJW 1994, 942, 943). Im Allgemeinen leistet ein Schuldner, der aus einem nur vorläufig vollstreckbaren Urteil in Anspruch genommen wird, nur unter dem Vorbehalt, die Leistung im Falle einer Abänderung des Urteils zurückzufordern, und es tritt keine Erfüllung ein (BeckOK ZPO/Jaspersen, 41. Ed. 1.7.2021, ZPO § 91a Rn. 64). Ob dies bei einer Auskunft, die – im Gegensatz zu einer Geldzahlung – schwerlich „zurückgefordert“ werden kann, ebenso gilt, wird zwar diskutiert (vgl. OLG Köln BeckRS 2010, 17323). Der Bundesgerichtshof (NJW 1985, 2405) wendet jedoch – ebenso wie der Senat – diesen Grundsatz auch auf die Auskunft an.
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Die Beklagte hat hier die Auskunft erteilt, nachdem die Klägerin Sicherheit geleistet hatte und somit ein Vollstreckungsdruck bestand. Zudem hat die Klägerin erklärt, mit der erteilten Auskunft sei nicht gemeint, dass die aufgeführten Leistungen tatsächlich Rechtsdienstleistungen beinhalteten. Dies verstärkt den Eindruck, dass die Auskunft nur zum Zwecke der Vermeidung von Zwangsmitteln, nicht hingegen mit Erfüllungswirkung erteilt werden sollte.
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6.) Der Klägerin steht nur ein Teil der geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr aus 50.000 € zu, da die Abmahnung vom 25.04.2018 auch nur teilweise begründet war. Hinsichtlich des in zweiter Instanz abgewiesenen Antrags 3.) war die Abmahnung nicht begründet. Dies führt zu einer Kürzung des Abmahnkostenersatzanspruchs um 1/5.
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7.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da Zulassungsgründe weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind. Die maßgeblichen Rechtsfragen zum RDG sind durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts geklärt.
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Der der Beklagten nachgelassene Schriftsatz vom 9.8.2021 wurde berücksichtigt.