Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 02. März 2017 – 6 U 86/16
Zur Pflicht eines Verfrachters zur Ausstellung eines Konnossements nach Untergang des Gutes und zur Zurechnung von Angaben in einem Fremdkonnossement
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.04.2016, Az. 411 HKO 99/14, wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19.04.2016, Az. 411 HKO 99/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 4.577,38 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen haben die Klägerin 85 % und die Beklagte 15 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Jede Partei kann die Vollstreckung der anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 30.297,00 € festgesetzt.
Gründe
I.
1
Die Klägerin ist Ladungsversicherer der I. GmbH, Pirmasens (künftig: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die Beklagte nach Regulierung eines Transportschadens aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz in Anspruch.
2
Die Versicherungsnehmerin hatte von der Firma T. Co. Ltd., Taiwan, eine Partie elektronische Bauteile FOB Hongkong gekauft (Handelsrechnungen vom 27.05.2013 / Anl. K 1). Die Versicherungsnehmerin beauftragte die Beklagte, ein Speditionsunternehmen, zu festen Kosten mit der Besorgung des Transports ab Hongkong per Seeschiff zum Löschhafen Hamburg und anschließendem Weitertransport auf der Straße zur Versicherungsnehmerin nach Pirmasens (vgl. Frachtrechnung der Beklagten vom 25.04.2014 / Anl. K 7).
3
Die Beklagte gab den Auftrag zum Seetransport Hongkong – Hamburg an die Firma K. Logistics Co. Ltd., Hongkong, weiter (künftig: K.). Die Sendung wurde am 04.06.2013 in Hongkong an Bord des Containerschiffs MV „M.“ übernommen. Die K. stellte darüber am 04.06.2013 ein Konnossement Nr. HKGHAM1305005 aus (Anl. K 2). In der Rubrik „No. of Pkgs. or Shipping Units“ heißt es dort „6 PALLETS“, in der Rubrik „Description of Goods & Pkgs.“ heißt es „S.T.C. OF 199 CTNS OF Varistor/Thernistor…“ und das „Gross Weight“ wird angegeben mit „1762.00 KGS“ (Anl. K 2).
4
Nach einem Zwischenaufenthalt im Hafen Singapur brach das MV „M.“ am 17.06.2013 in der Arabischen See auseinander. Das Achterschiff sank am 27.06.2013 und das Vorschiff am 10.07.2013. Die gesamte Ladung ging verloren.
5
Die Klägerin zahlte an ihre Versicherungsnehmerin eine Entschädigung von € 30.279,00 (Anl. K 4).
6
Die Klägerin begehrt die Ausstellung eines Konnossement durch die Beklagte (Klagantrag zu 1). Zur Begründung hat sie in der ersten Instanz angeführt, der Antrag rechtfertige sich unter dem Gesichtspunkt, dass es im Hinblick auf die Bemessung der Höchsthaftung nach § 504 Abs. 1 HGB sowie darauf, welche Gegenstände als die maßgeblichen Stücke anzusehen seien, eine Rolle spiele, ob ein Frachtdokument ausgestellt worden sei. Ihr gehe es insoweit lediglich um die Bemessung der Höchsthaftung. Sie wolle so gestellt werden, als ob ein Konnossement ausgestellt worden wäre.
7
Ausgehend von der Kilogramm-Alternative gem. § 504 Abs. 1 S. 1 HGB errechne sich ein Betrag von 3.524 SZR (1.762 kg x 2 SZR). Stelle man auf die sechs zur Beförderung übernommenen Paletten ab, führe die Packungs-Alternative zu einem Betrag von 4.000,02 SZR (6 x 666,67 SZR). Richtigerweise bemesse sich die Packungs-Alternative allerdings anhand der 199 Kartons, die auf den insgesamt sechs Paletten gestaut gewesen seien. Hieraus ergebe sich ein Höchstbetrag von 132.667,33 SZR (199 x 6666,67 SZR). Angesichts der mit dem Klagantrag zu 2) verlangten Zahlung von € 30.297,00 würde die Höchsthaftung im letzteren Falle keine Rolle mehr spielen. Bliebe es hingegen bei der Bemessung des Packungs-Höchstbetrages anhand der sechs Paletten, würde dies zu einer dramatischen Reduzierung der Haftung der Beklagten führen.
8
Nach der Containerklausel des § 504 Abs. 1 S. 2 und 3 HGB komme es für die Frage nach dem maßgeblichen Stück auf die Angaben in einem Beförderungsdokument an, also in einem Konnossement oder in einem Seefrachtbrief. Gemeint sei damit gerade das vom Verfrachter, hier der Beklagten, ausgestellte Beförderungsdokument. Allerdings habe die Beklagte kein Beförderungsdokument ausgestellt. Es gebe lediglich das Konnossement des von der Beklagten für die Beförderung eingeschalteten Unterverfrachters K. (Anl. K 2).
9
Die Beklagte sei weiterhin gem. § 514 HGB zur Ausstellung eines Konnossement verpflichtet, da sie das Gut als Verfrachter zur Beförderung übernommen habe und § 513 Abs. 1 HGB auf das Verlangen des Abladers abstelle, hier der Versicherungsnehmerin als Befrachter (§ 513 Abs. 2 HGB). Der Umstand, dass das Gut inzwischen verloren gegangen sei, lasse den Anspruch auf Ausstellung des Konnossement nicht entfallen, weil es sonst dem Verfrachter möglich sei, sich durch Nichterfüllung seiner Pflichten eine bessere Haftungslage zu verschaffen.
10
Sie könne aus übergangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin von der Beklagten auch gem. § 498 Abs. 1 HGB die Zahlung des von ihr regulierten Betrages von € 30.297,00 beanspruchen, nachdem das Gut im Gewahrsam der Beklagten verloren gegangen sei (Klagantrag zu 2). Die Voraussetzungen für eine Entlastung nach § 498 Abs. 2 S. 1 und S. 2 HGB habe die Beklagte nicht dargelegt. So hätte die Schiffsführung bei der Abfahrt aus Singapur erkennen können, dass mit dem Schiffsrumpf etwas nicht stimme. Denn aus den Stellungnahmen des Kapitäns und des Ersten Offiziers zu den an der Backbordseite abgelesenen Tiefgängen ergebe sich, dass das Schiff bei der Abfahrt in Singapur um 0,63 m nach oben durchgebogen gewesen sei (Anl. K 7 und K 8). Hinzukomme, dass der Ladungsrechner abweichende Tiefgänge errechnet habe und vor allem nicht zu dem Ergebnis gekommen sei, dass das Schiff mittschiffs durchgebogen sei (Anl. K 9).
11
Der geltend gemachte Betrag von € 30.297,00 liege auch unter dem Haftungshöchstbetrag. Dieser berechne sich gem. § 504 Abs. 1 S. 2 HGB auf der Basis der 199 Kartons, die auf den sechs Paletten gepackt worden seien. Für den Fall, dass ein Anspruch auf Ausstellung eines Konnossements durch die Beklagte nicht mehr bestehe (Klagantrag zu 1), müsse sich die Beklagte jedenfalls das vom Unterverfrachter K. ausgestellte Konnossement (Anl. K 2) als eigenes zurechnen lassen. Die Abrede, dass der Befrachter ein vom Unterverfrachter ausgestelltes Konnossement anstelle eines solchen des Hauptverfrachters akzeptiere, umfasse die stillschweigende Abrede, dass der Hauptverfrachter den Befrachter in haftungsmäßiger Hinsicht so zu stellen habe, als sei das vom Unterverfrachter ausgestellte Konnossement durch ihn, den Hauptverfrachter, ausgestellt worden. Außerdem habe die Beklagte die Versicherungsnehmerin zu keiner Zeit darauf aufmerksam gemacht, dass der Verzicht auf Ausstellung eines Konnossements eine erhebliche Reduzierung des Höchstbetrages der Haftung zur Folge haben würde.
12
Die Klägerin hat beantragt,
13
die Beklagte zu verurteilen,
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1. ein Konnossement über 6 PALETTS S.T.C. OF 199 CTNS OF VARISTOR/THERNISTOR zur Beförderung von Hongkong nach Hamburg mit dem MV „M.“ auszustellen;
15
2. an die Klägerin einen Betrag von EUR 30.297,00 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.06.2013 zu zahlen.
16
Die Beklagte hat beantragt,
17
die Klage abzuweisen.
18
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, nachdem der chinesische Verfrachter K. bereits ein Konnossement ausgestellt habe, das sowohl vom S. Co. Ltd. als auch vom C., der Versicherungsnehmerin, akzeptiert worden sei, könne die Ausstellung eines weiteren Konnossements – zudem rund ein Jahr nach Untergang des Schiffes – nicht mehr verlangt werden.
19
Sie hafte auch nicht für den durch den Ladungsverlust eingetretenen Schaden. Das MV „M.“ sei zwar seeuntüchtig gewesen, das sei aber bei Antritt der Reise in Hongkong nicht erkennbar gewesen, so dass sie gem. § 498 Abs. 2 S. 2 HGB von jeglicher Haftung frei sei.
20
Die Beklagte hat schließlich im Wege der Einrede gem. Art. 10 des Londoner Haftungsbeschränkungsübereinkommens (HBÜ) geltend gemacht, dass ihre etwaige Haftung der Höhe nach begrenzt sei auf die etwaige Quote des auf Veranlassung der M….Lines vor dem Tokio District Court eröffneten Haftungsbegrenzungsverfahrens (Anl. B 4).
21
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
22
Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme mit Urteil vom 19.04.2016 nur im Hinblick auf Zahlung eines Teilbetrages von € 4.777,38 stattgegeben. Den Klagantrag zu 1) auf Ausstellung eines Konnossements hat es abgewiesen, ebenso das weitergehende Zahlungsverlangen aus dem Klagantrag zu 2). Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen ausgeführt:
23
Der Klagantrag zu 1. auf Konnossementsausstellung sei selbst dann unbegründet, wenn ein derartiger Anspruch der Versicherungsnehmerin zustünde. Denn die Klägerin sei jedenfalls nicht Inhaberin dieses Anspruchs geworden. Soweit die Klägerin ihre Versicherungsnehmerin aus dem Versicherungsvertrag entschädigt habe, sei zwar der entsprechende Schadensersatzanspruch gemäß § 86 VVG auf die Klägerin übergegangen, der Anspruch auf Ausstellung eines Konnossementes nach dem Frachtvertrag sei hiervon jedoch nicht erfasst. Ebenso wenig sei dieser Anspruch durch die Abtretungserklärung (Anl. K 4) übergegangen.Abgetreten seien dort alle Ansprüche und Rechte, die aus dem Schiffsuntergang und dem Verlust der Güter entstanden seien. Dazu gehöre nicht der Anspruch auf Ausstellung eines Konnossementes, der von dem Schadensereignis völlig unabhängig sei.
24
Unabhängig davon ginge die Abtretung ins Leere, da ein Anspruch auf Konnossementsausstellung zum Zeitpunkt der Abtretung nicht mehr bestanden habe. Unstreitig habe die Versicherungsnehmerin der Klägerin von der Beklagten nämlich das Verfrachterkonnossement der Firma K. (Anl. K 2) erhalten und akzeptiert und vor Beendigung der Reise kein eigenes Konnossement der Beklagten verlangt. Damit habe sie konkludent auf die Ausstellung eines derartigen Konnossementes verzichtet. Da untergegangene Güter zudem nicht mehr durch ein Konnossement als Warenwertpapier repräsentiert würden, könne ein Verfrachter auch nicht verpflichtet werden, über nicht mehr existierende Ware ein Konnossement auszustellen.
25
Der mit dem Klagantrag zu 2) geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von € 30.297,00 sei nur in Höhe von € 4.577,38 begründet. Die Beklagte hafte gem. §§ 498 Abs. 1, 452 a HGB dem Grunde nach für den durch den Ladungsverlust entstandenen Schaden, den die Klägerin aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin geltend machen könne. Das Gut sei zwar mit einem seeuntüchtigen oder ladungsuntüchtigen Schiff befördert worden, die Beklagte habe aber nicht gem. § 498 Abs. 2 HGB den Entlastungsbeweis geführt, dass der Mangel der See- oder Ladungsuntüchtigkeit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters bis zum Antritt der Reise nicht zu entdecken gewesen sei. Nach dem überzeugenden schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Dipl. Ing. N. vom 23.11.2015 hätten die mittels der beiden Ladungsrechnungssysteme errechneten Tiefgangswerte im Hafen von Singapur so massiv von den tatsächlich abgelesenen Werten abgewichen, dass der Kapitän und der Erste Offizier die Ursachen dafür hätten ergründen müssen. Da zugleich rechnerisch das zulässige Biegemoment des Schiffes vollständig ausgelastet gewesen sei, habe dies in Kombination mit den hohen Torsionsmomenten und Scherkräften und unter Berücksichtigung des nicht berechneten starken „hogging“-Zustandes ein klares Warnsignal sein müssen, dass die Integrität des Schiffsrumpfes eingeschränkt sein könne.
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Die zu leistende Entschädigung sei allerdings gem. § 504 Abs. 1 S. 1 HGB der Höhe nach auf einen Haftungshöchstbetrag von € 4.577,38 begrenzt. Abzustellen sei bei der Stück-Alternative auf die sechs als Ladungsmittel verwendeten Paletten: 6 Paletten x 666,67 SZR = 4.000,02 SZR x € 1,14434 (Wert am 17.06.13) = € 4.577,38. Dieser Betrag liege höher als der sich aus der Gewichtshaftung ergebene Betrag von € 4.032,85.
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Im Rahmen der Stückalternative könne die Klägerin nicht nach der Containerklausel gem. § 504 Abs. 1 S. 2 HGB eine Berücksichtigung der im Konnossement der K. angegebenen 199 Kartons beanspruchen (Anl. K 2). Denn dieses Konnossement habe nicht die Beklagte ausgestellt, die die Klägerin für den Verlust des Gutes haftbar mache. Die Beklagte müsse sich das von ihrem Unterverfrachter K. ausgestellte Konnossement auch nicht als eigenes zurechnen lasse, da der Unterverfrachter das Konnossement nicht für den Hauptverfrachter ausstelle.
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Auf Haftungsbeschränkungen nach dem HBÜ könne sich die Beklagte nicht berufen, weil sie lediglich als Stückgutbefrachter gegenüber dem Reeder aufgetreten sei und damit nicht „Ship Owner“ i.S.v. Art. 1 Abs. 2 HBÜ sei, was eine verantwortliche Einbindung in den Betrieb des Schiffes voraussetze.
29
Wegen der Begründung des Landgerichts im Einzelnen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
30
Das Urteil ist der Klägerin am 22.04.2016 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 19.05.2016 Berufung eingelegt und diese am 10.06.2016 begründet. Die Beklagte hat, ohne dass ihr eine Frist zur Berufungserwiderung gesetzt wurde, mit Schriftsatz vom 12.09.2016 eine Anschlussberufung eingelegt.
31
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Berufung den Antrag weiter, die Beklagte zur Ausstellung eines Konnossements zu verurteilen. Das Landgericht habe verkannt, dass ein Konnossement nicht nur den Anspruch auf Ablieferung des Gutes verbriefe, sondern im Fall des Untergangs des Gutes in gleicher Weise den Anspruch auf Schadensersatz wegen Verlust des Gutes. Der Ablader könne zudem auch deshalb ein Interesse an der Ausstellung eines Konnossements haben, um dem Verkäufer zu ermöglichen, seinen Pflichten unter dem Kaufvertrag im Hinblick auf die Zahlung des Kaufpreises nachzukommen.
32
Die Versicherungsnehmerin habe durch die Entgegennahme des Konnossements von K. auch nicht auf den Anspruch aus § 513 HGB verzichtet. Das Landgericht habe übersehen, dass die Versicherungsnehmerin das von K. ausgestellte Konnossement (Anl. K 2) erst lange nach dem Untergang des Schiffes erhalten habe, nämlich erst mit der Frachtrechnung der Beklagten vom 25.04.2015 (Anl. K 7). Angesichts der an einen Rechtsverzicht zu stellenden hohen Anforderungen könne durch die kommentarlose Entgegennahme des Konnossement eines Unterverfrachters auch nicht angenommen werden, dass sich die Versicherungsnehmerin bewusst ihrer Rechte gegen die Beklagte habe entledigen wollen.
33
Die Abtretungserklärung der Versicherungsnehmerin (Anl. K 4) umfasse auch den Anspruch auf Ausstellung eines Konnossements, weil dieser Anspruch seit dem Verlust des Gutes infolge des Schiffsuntergangs untrennbar mit dem Anspruch auf Schadensersatz wegen Verlustes des Gutes verbunden sei. Wenn sich der Anspruch auf Ausstellung des Konnossement nur noch auf die Bemessung des Schadensersatzes auswirke, könne zwanglos davon ausgegangen werden, dass der Anspruch in dieser Hilfsfunktion zusammen mit den Ansprüchen wegen Verlustes des Gutes übertragen werde.
34
Die Klägerin begehrt mit der Berufung ferner die Zahlung weiterer € 25.519,62, nachdem das Landgericht ihrem Klagantrag zu 2) auf Zahlung von € 30.297,00 nur in Höhe von € 4.777,38 stattgegeben hat. Nach ihrer Ansicht hätte das Landgericht bei der Berechnung der Stück-Alternative richtigerweise zu ihren Gunsten die Containerklausel des § 504 Abs. 2 S. 2 HGB anwenden und dabei berücksichtigen müssen, dass die Klägerin weiterhin einen Anspruch auf Ausstellung eines Konnossements habe, das sich auf 199 Kartons, gestaut auf sechs Paletten, beziehe. Werde sie so gestellt, als hätte die Beklagte ein solches Konnossement ausgestellt, wäre die Stück-Alternative gem. § 504 Abs. 2 S. 1 HGB anhand der 199 Kartons zu berechnen, mit der Folge, dass der Höchstbetrag der Haftung keine Rolle mehr spiele und der Klage in vollem Umfang stattzugeben sei.
35
Dessen ungeachtet müsse sich die Beklagte jedenfalls das Konnossement des von ihr eingeschalteten Unterverfrachters K. als eigenes zurechnen lassen (Anl. K 2). Es gehe dabei nicht um die Frage, ob die Beteiligten eine eigene oder eine fremde Pflicht erfüllten, maßgeblich sei vielmehr, ob die Beklagte als Hauptverfrachter durch ihr Verhalten deutlich gemacht habe, dass sie das K.-Konnossement (Anl. K 2) der Versicherungsnehmerin als Surrogat des eigentlich von ihr, der Beklagten, auszustellenden Konnossements angedient habe. Das habe die Beklagte dadurch getan, dass sie der Versicherungsnehmerin das Konnossement zusammen mit ihrer Frachtrechnung übersandt habe (Anl. K 7). In der Frachtrechnung werde ausdrücklich auf die B/L-Nummer des K.-Konnossements Bezug genommen. Genauso hätte es die Beklagte mit einem eigenen Konnossement gemacht.
36
Das Konnossement (Anl. K 2) beziehe sich zudem auf dieselbe „Vertragsstufe“, auf der die Versicherungsnehmerin einerseits und die Beklagte andererseits tätig gewesen seien. Es seien mindestens zwei Vertragsstufen zu unterscheiden, das Rechtsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten sowie das zwischen der Beklagten und ihrem Unterverfrachter K.. Das K.-Konnossement sei nicht nur dem Unterfrachtvertrag zuzurechnen, sondern beziehe sich in gleicher Weise auch auf das Haupt-Rechtsverhältnis zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten. Das K.-Konnossement weise ausdrücklich die Versicherungsnehmerin als Empfänger aus. Die Versicherungsnehmerin sei zudem wie üblicherweise bei FOB-Geschäften im Rahmen des mit der Beklagten geschlossenen Hauptfrachtvertrages sowohl Befrachter als auch Empfänger.
37
Das Landgericht habe die Regelungen des § 504 Abs. 1 S. 2 und S. 3 HGB auch dadurch unzutreffend angewendet, dass es die Maßgeblichkeit der sechs Paletten für die Berechnung der Stück-Alternative mangels Anwendbarkeit der Containerklausel (§ 504 Abs. 1 S. 2 HGB) auf § 504 Abs. 1 S. 3 HGB gestützt habe. Diese Bestimmungen setzten nämlich voraus, dass der Verfrachter tatsächlich ein Beförderungsdokument ausgestellt habe. Weder Satz 2 noch Satz 3 des § 504 Abs. 1 HGB sprächen hingegen den Fall an, dass überhaupt kein Beförderungsdokument ausgestellt wurde. Diese Bestimmungen gingen auf § 660 Abs. 3 HGB a.F. zurück, womit wiederum die Containerklausel des Artikel 4 § 5 (c) der Haag-Visby Regeln in das deutsche Recht übernommen worden sei. Die Haag-Visby Regeln beträfen aber ausschließlich Beförderungen, über die ein Konnossement ausgestellt wurde. Andere Beförderungen seien nicht Gegenstand dieser Regeln. Deshalb befasse sich auch § 660 Abs. 3 HGB a.F. nicht mit der Frage, wie es sich verhalte, wenn kein Konnossement ausgestellt worden ist. Gleiches gelte heute für § 504 Abs. 1 S. 2 und S. 3 HGB, auch wenn dort nicht mehr nur auf Konnossemente Bezug genommen werde, sondern in gleicher Weise auf Seefrachtbriefe (§ 526 HGB).
38
Lasse man richtigerweise § 504 Abs. 1 S. 2 und S. 3 HGB unberücksichtigt, seien daher die Angaben maßgeblich, die der Befrachter gegenüber dem Verfrachter im Hinblick auf das Gut mache. Dabei komme es im Hinblick auf den Befrachter im Falle eines FOB-Kaufes darauf an, welche Angaben der Verkäufer im Ladehafen zu dem Gut zur Verfügung stelle. In entsprechender Weise müsse bezüglich der Beklagten als Hauptverfrachter auf den Unterverfrachter K. als ihrer Hilfsperson abgestellt werden, dessen sich die Beklagte bei ihrer Pflicht zur Entgegennahme des Gutes bedient habe. Gleiches gelte für die Ausstellung des Konnossements durch K.. Deshalb müsse sich die Beklagte letztlich die Angaben zum Gut entgegenhalten lassen, die der Verkäufer T., Ltd., Taiwan, gegenüber K. gemacht habe, was sich aus den Angaben im K.-Konnossement ergebe (Anl. K 2). Diese Beschreibung sei damit für die Berechnung der Stück-Alternative im Rahmen von § 504 Abs. 1 S. 1 HGB maßgeblich, und zwar völlig unabhängig von der Containerklausel der Sätze 2 und 3.
39
Die Stück-Alternative gem. § 504 Abs. 1 S. 1 HGB sei auch noch aus einem anderen Grund auf der Basis von 199 Kartons anstatt von sechs Paletten zu berechnen. Nehme man nämlich wie das Landgericht an, die Versicherungsnehmerin habe auf die Ausstellung eines eigenen Konnossements durch die Beklagte verzichtet und stattdessen das K.-Konnossement akzeptiert, käme das ausschließlich der Beklagten zugute. Es liege daher nahe, dass dann stillschweigend eine Abrede des Inhalts getroffen wurde, dass die Ersetzung des eigenen durch das Konnossement des Unterverfrachters haftungsmäßig nicht zum Nachteil des Befrachters, der Versicherungsnehmerin, gehe. Kein Kaufmann würde sich sehenden Auges auf eine mögliche Reduzierung der Haftung seines Vertragspartners einlassen. Wenn ein Verfrachter an Stelle eines eigenen Konnossements das Konnossement eines Unterverfrachters andiene, den der Befrachter überhaupt nicht kenne, müsse zumindest für die Bemessung der Höchsthaftung das vom Verfrachter vermittelte Konnossement des Unterverfrachters wie ein solches des Verfrachters angesehen werden.
40
Schließlich lasse sich die Haftung der Beklagten auf den vollen Schadensbetrag auch auf die Verletzung einer Aufklärungspflicht stützen. Die Beklagte habe die Versicherungsnehmerin zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass der Verzicht auf die Ausstellung eines eigenen Konnossements und die Annahme des Konnossements eines Unterverfrachters die Gefahr begründe, dass es wegen der geänderten Berechnung der Stück-Alternative zu einer dramatischen Reduzierung des Haftungshöchstbetrages kommen könne. Der Verfrachter sei zur Wahrung der Interessen seines Auftraggebers verpflichtet. Das „Unterjubeln“ eines Fremd-Konnossements, das je nach den Umständen zu einer erheblichen Reduzierung des Höchstbetrages führen könne, stehe dazu in krassem Widerspruch. Der Befrachter sei daher so zu stellen, als habe der Verfrachter seine Aufklärungspflichten erfüllt. Das führe zu einer Berechnung der Stück-Alternative im Rahmen von § 504 Abs. 1 S. 1 HGB auf der Basis von 199 Kartons anstatt von sechs Paletten.
41
Die Klägerin beantragt,
42
das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 19. April 2016 – 411 HKO 99/14 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,
43
1. ein Konnossement über 6 PALLETTS S.T.C. OF 199 CTNS OF VARISTOR/THERNISTOR zur Beförderung von Hongkong nach Hamburg mit dem MV „M.“ auszustellen;
44
2. an die Klägerin weitere EUR 25.519,62 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17. Juni 2013 zu zahlen.
45
Die Beklagte beantragt,
46
die Berufung zurückzuweisen,
47
und im Wege der Anschlussberufung,
48
das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.
49
Im Hinblick auf die Berufung der Klägerin wiederholt und vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen.
50
Mit der Anschlussberufung wendet sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung von € 4.777,38. Sie kritisiert die Begründung des Landgerichts, sie habe nicht den Entlastungsbeweis gem. § 498 Abs. 2 HGB geführt, dass der Mangel der Seetüchtigkeit bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters bis zum Antritt der Reise nicht zu entdecken gewesen sei. Das MV „M.“ sei zwar mit erheblichen konstruktiven Mängeln behaftet gewesen, der gem. § 498 Abs. 2 S. 2 HGB maßgebliche Reiseantritt sei aber in Hongkong und nicht erst in Singapur erfolgt. Bei Antritt der Reise in Hongkong seien die Mängel nicht erkennbar gewesen.
51
Das Landgericht sei auch fehlerhaft zu der Beurteilung gelangt, dass sie sich nicht auf die Haftungsbeschränkungen nach dem HBÜ berufen könne. In dem maßgeblichen Verhältnis zu den Ladungsinteressenten sei sie nämlich aufgetreten als Verfrachter, der für die Beförderung ebenso zu haften habe, wie wenn sie Eigentümerin des „M. wäre.
52
Die Klägerin beantragt,
53
die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.
54
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
55
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Auf die zulässige Anschlussberufung der Beklagten ist der Urteilstenor nur dahin gehend abzuändern, dass die Beklagte nur zur Zahlung eines Betrages von € 4.577,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 30.06.2014 verpflichtet ist statt in der tenorierten Höhe von € 4.777,38 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 17.06.2013. Im Übrigen ist die Anschlussberufung unbegründet.
A.
56
Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat den Klagantrag zu 1) auf Ausstellung eines Konnossements durch die Beklagte ebenso zutreffend abgewiesen wie das über den zugesprochenen Betrag von € 4.777,38 hinausgehende Zahlungsverlangen aus dem Klagantrag zu 2).
1.
57
Die Klägerin kann nicht aus übergegangenem Recht der Versicherungsnehmerin, sei es gem. § 86 VVG aufgrund der Schadensregulierung, sei es aufgrund der Abtretungserklärung vom 15.10.2013 (Anl. K 4), von der Beklagten verlangen, ein Konnossement mit dem im Klagantrag zu 1) beschriebenen Inhalt über 199 Kartons auszustellen.
58
Ob der geltend gemachte Anspruch besteht, beurteilt sich gem. Art. 5 Abs. 1 S. 1 ROM – I – VO nach deutschem Recht. Beide Parteien haben in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt, außerdem lag der Ablieferungsort in Deutschland.
59
Nach § 513 Abs. 1 S. 1 HGB hat der Verfrachter dem Ablader auf dessen Verlangen ein Konnossement auszustellen. Die Beklagte hat gem. § 459 Abs. 1 S. 1 HGB die Pflichten eines Verfrachters, weil sie die Besorgung der Beförderung ausweislich ihrer Frachtrechnung vom 25.04.2014 zu festen Kosten übernommen hat (Anl. K 4). Ist der Ablader nicht benannt, gilt der Befrachter als Ablader (§ 513 Abs. 2 S. 2 HGB). Befrachter des (Haupt-) Frachtvertrages ist die Versicherungsnehmerin, weil sie die Beklagte beauftragt hat.
60
Nach § 514 Abs. 1 S. 1 HGB ist das Konnossement auszustellen, sobald der Verfrachter das Gut übernommen hat. Hätte die Versicherungsnehmerin zu diesem Zeitpunkt von der Beklagten die Ausstellung eines eigenen Konnossements verlangt, wäre die Beklagte dazu verpflichtet gewesen. Das hat die Versicherungsnehmerin aber nicht verlangt. Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen der Verfrachter grundsätzlich verpflichtet sein kann, dem Ablader auf dessen Verlangen auch noch nach dem Untergang des Gutes ein Konnossement auszustellen (so Ramming, TranspR 2014, 390, 397 f; Koller, TranspR 2016, 292), muss an dieser Stelle nicht entschieden werden. Das ist jedenfalls zu verneinen, wenn die nachträgliche Ausstellung eines Konnossement wie hier ausschließlich zu dem Zweck verlangt wird, um über die Containerklausel des § 504 Abs. 1 S. 2 HGB einen höheren Haftungshöchstbetrag des (Haupt-)Verfrachters zu begründen als dies der Fall wäre, wenn der in Anspruch genommene (Haupt-)Verfrachter kein Konnossement ausgestellt hat.
61
Dabei kann dahinstehen, ob dem schon die Überlegung des Landgerichts entgegensteht, ein solcher Anspruch lasse sich nicht mit der Wertpapier- und Traditionsfunktion eines Konnossement vereinbaren, weil die Ausstellung eines Konnossements über nicht mehr existierende Güter einen falschen Rechtsschein setzen könnte (insoweit zustimmend Bahnsen in seiner Anmerkung zum Urteil des Landgerichts, TranspR 2016, 255 f; a.A. Koller, TranspR 2016, 290, der eine Traditionsfunktion des Konnossement für überholt hält).
62
Der Senat folgt jedenfalls der Ansicht, wonach die Zulassung eines nachträglichen Verlangens auf Ausstellung eines Konnossements i.S.v. § 513 Abs. 1 HGB nur zu dem Zweck, die Voraussetzungen der Containerklausel herzustellen, darauf hinausliefe, diese Voraussetzungen zu überspielen, weil die Containerklausel dann immer Anwendung fände (Bahnsen, TranspR 2016, 155, 156). Eine derartige Haftungserweiterung erst nach dem Schadenseintritt ließe sich auch nicht mehr mit dem Grundgedanken der aus den Haag Visby-Regeln übernommenen Regelung des § 504 Abs. 1 S. 2 HGB vereinbaren, der darin besteht, dass die Vertragsparteien durch Gestaltung des Beförderungspapiers entscheiden können, wie die Haftungssumme berechnet werden soll (vgl. MüKoHGB/Herber, 4. Aufl., § 504 Rn. 20; Herber, Seehandelsrecht, 2. Aufl., S. 285). Eine Vereinbarung über die Höhe einer Haftungsbeschränkung kann sinnvollerweise nur vor dem Eintritt des Schadensfalls geschlossen werden.
63
Im Hinblick auf die Containerklausel kommt auch Koller zu diesem Ergebnis (TranspR 2016, 292, 294). Er meint zwar, dass auch nach Untergang des Gutes ein Anspruch gegen den Verfrachter auf Ausstellung eines Konnossement bestehe, auf dieses Konnossement könne jedoch hinsichtlich der in Containern geladenen Stücke/Einheiten keine erhöhte Haftung gestützt werden. Stehe bei Ausstellung eines Konnossement bereits fest, dass das Gut verloren gegangen sei, brauche der Aussteller nämlich in das Konnossement keine Angaben i.S.d. § 504 Abs. 1 S. 2 HGB aufnehmen. Denn die ratio dieser Vorschrift sei darin zu sehen, dass der Verfrachter durch die Aufnahme der Stücke/Einheiten in das Konnossement auf ein erhöhtes Haftungsrisiko aufmerksam gemacht werden solle.
2.
64
Das Landgericht hat die Beklagte auf den Klagantrag zu 2) zu Recht nicht zu einer Zahlung von mehr als € 4.777,38 nebst Zinsen verurteilt. Den Ausgleich des vollen geltend gemachten Schadens von € 30.297,00 und damit die Zahlung weiterer € 25.519,62 kann die Klägerin nicht beanspruchen.
65
Nach § 504 Abs. 1 S. 1 HGB ist die nach den §§ 502 und 503 HGB zu leistende Entschädigung wegen Verlustes oder Beschädigung auf einen Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten für das Stück oder die Einheit oder einen Betrag von 2 Rechnungseinheiten für das Kilogramm des Rohgewichts begrenzt, je nachdem, welcher Betrag höher ist. Das Landgericht hat den Haftungshöchstbetrag zu Recht nach der Stück-Alternative berechnet und dabei auch zutreffend auf nur sechs Stück, die Anzahl der Paletten, abgestellt und nicht auf 199 Stück, die Anzahl der auf den Paletten gestapelten Kartons. Das ergibt einen Haftungshöchstbetrag von € 4.577,38 (6 Paletten x 666,67 SZR = 4.000,02 SZR x € 1,14434 (Wert am 17.06.13) = € 4.577,38).
66
Einen höheren Haftungshöchstbetrag, berechnet auf der Basis von 199 Stück (Kartons), kann die Klägerin unter keinem Gesichtspunkt geltend machen.
67
a) Der Senat hat in seinem Urteil vom 08.12.2011, Az. 6 U 205/10 (TranspR 2013, 35, 37 „Stellar Pacific“) zu § 660 Abs. 2 S. 1 HGB a.F. entschieden, dass mit dem Konnossement im Sinne dieser Vorschrift immer nur ein Konnossement gemeint ist, welches derjenige Verfrachter ausgestellt hat, der auch für etwaige Schäden haftbar gemacht wird. Angaben in Fremdkonnossementen müsse sich der in Anspruch genommene Verfrachter nicht zurechnen lassen. Danach muss sich die Beklagte, die kein eigenes Konnossement ausgestellt hat, auch nicht zurechnen lassen, dass in dem von ihrem Unterverfrachter K. ausgestellten Konnossement vom 04.06.2013 die auf 6 Paletten gestapelten 199 Kartons angegeben sind (Anl. K 2).
68
Der Senat hält an dieser Auffassung auch für die Containerklausel des § 504 Abs. 1 S. 2 HGB n.F. fest. Wird ein Container, eine Palette oder ein sonstiges Lademittel verwendet, das zur Zusammenfassung von Frachtstücken verwendet wird, so gilt nach dieser Vorschrift jedes Stück und jede Einheit, welche in einem Beförderungsdokument als in einem solchen Lademittel enthalten angegeben sind, als Stück oder Einheit im Sinne des Satzes 1. Dass der Wortlaut des § 660 Abs. 2 S. 1 HGB a.F. „Wird ein Behälter, eine Palette oder ein ähnliches Gerät verwendet …“ geändert wurde in „Wird ein Container, eine Palette oder ein sonstiges Lademittel verwendet …“, spielt in dem hier interessierenden Zusammenhang keine Rolle. Ein wichtiger Unterschied in der neuen Fassung besteht allerdings darin, dass sie nicht mehr nur auf die Angaben in einem Konnossement abstellt, sondern in einem „Beförderungsdokument“ und damit auch den Seefrachtbrief einbezieht (§ 526 HGB). Diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der Containerklausel ändert aber nichts daran, dass sich ein wegen eines Transportschadens in Anspruch genommener Verfrachter immer nur Angaben in einem Beförderungsdokument über in einem Lademittel enthaltene Stücke oder Einheiten entgegenhalten lassen muss, wenn er das Beförderungsdokument selbst ausgestellt hat, sei es ein Konnossement oder ein Seefrachtbrief. Allerdings können die konnossementsspezifischen Argumente, die der Senat im Urteil „Stellar Pacific“ angeführt hat (TranspR 2013, 35, 37), nicht auf Sachverhalte übertragen werden, in denen ein Unterverfrachter „nur“ einen Seefrachtbrief mit Angaben i.S.v. § 504 Abs. 1 S. 2 HGB ausgestellt hat, der Hauptverfrachter hingegen kein Beförderungsdokument. Das berechtigt aber weder dazu, von der bisherigen Rechtsprechung insgesamt Abstand zu nehmen, noch dazu, diese Rechtsprechung auf Fälle zu beschränken, in denen der Unterverfrachter ein Konnossement ausgestellt hat. Entscheidend ist, dass die jeweiligen Vertragsverhältnisse zwischen Befrachter und Hauptverfrachter einerseits sowie zwischen dem Hauptverfrachter und dem von ihm beauftragten Unterverfrachter andererseits auseinandergehalten werden müssen und Vereinbarungen aus dem Unter-Frachtvertrag nicht auf den Haupt-Frachtvertrag übertragen werden können und umgekehrt.
69
b) Aus den Gründen, mit denen bereits ein Anspruch der Klägerin auf Ausstellung eines Konnossements mit dem gewünschten Inhalt durch die Beklagte abgelehnt wurde, ergibt sich zugleich, dass die Klägerin auch nicht beanspruchen kann, so gestellt zu werden, als hätte die Beklagte ein solches Konnossement ausgestellt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird in vollem Umfang Bezug genommen.
70
c) Die Beklagte muss sich das von ihrem Unterverfrachter K. ausgestellte Konnossement auch nicht als eigenes zurechnen lassen. Wie auch die Klägerin einräumt, hat die K. als Unterverfrachter damit nicht eine Verpflichtung der Beklagten als Hauptverfrachter erfüllt, ihrerseits ein Konnossement auszustellen. Eine solche Verpflichtung der Beklagten gab es auch nicht. Das würde nämlich gem. § 513 HGB voraussetzen, dass die Versicherungsnehmerin von der Beklagten verlangt hätte, ein Konnossement auszustellen. An dem gem. § 513 HGB notwendigen „Verlangen“ fehlt es aber. Aus diesem Grund kann entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht die Überlegung maßgeblich sein, ob die Beklagte als Hauptverfrachter durch ihr Verhalten deutlich gemacht hat, dass sie der Versicherungsnehmerin das K.-Konnossement (Anl. K 2) als Surrogat eines eigentlich von ihr, der Beklagten, auszustellenden Konnossements angedient habe. Da die Beklagte überhaupt nicht verpflichtet war, der Versicherungsnehmerin ein Konnossement auszustellen, lässt sich dem Umstand, dass die Frachtrechnung der Beklagten vom 25.04.2014 (Anl. K 7) Bezug nimmt auf die B/L Nummer und auch das Konnossement beigefügt gewesen sein soll, auch kein „Andienen“ ableiten, zumal die Versicherungsnehmerin auch im Konnossement von K. als Empfängerin eingetragen ist (Anl. K 2).
71
Der Senat vermag auch dem Argument der Klägerin nicht zu folgen, das Konnossement von K. (Anl. K 2) beziehe sich auf dieselbe „Vertragsstufe“, auf der die Versicherungsnehmerin einerseits und die Beklagte andererseits tätig gewesen seien. Der Umstand, dass die Versicherungsnehmerin wie bei einem FOB-Geschäft üblich im K.-Konnossement als Empfänger ausgewiesen ist (Anl. K 2) und in dem mit der Beklagten geschlossenen Frachtvertrag sowohl Befrachter als auch Empfänger war, ist nur insoweit von Bedeutung, als die Klägerin zum einen die Transportkosten zu zahlen hatte und zum anderen das Gut an sie als Empfängerin auszuliefern war. Das lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass sich die Klägerin im Schadensfall gegenüber der Beklagten auf Haftungsvereinbarungen beziehen kann, die allein im Unter-Frachtvertrag getroffen wurden.
72
Im Übrigen ist auch in diesem Zusammenhang wieder von Bedeutung, dass die ratio der Containerklausel des § 504 Abs. 1 S. 2 GB darin besteht, es den Vertragsparteien durch die Gestaltung des Beförderungspapiers zu überlassen, wie die Haftungssumme berechnet werden soll (MüKo/Herber, a.a.O., § 504 Rn. 20; Herber, Seehandelsrecht, 3. Aufl., S. 285). Ohne eine solche Vereinbarung gilt für den Haftungshöchstbetrag § 504 Abs. 1 HGB. Will der Befrachter einen höheren Haftungshöchstbetrag durchsetzen, muss er gegenüber seinem Vertragspartner, dem Hauptverfrachter, darauf bestehen, dass er ein Konnossement mit den Angaben über Stück und Einheiten gem. § 504 Abs. 1 S. 2 HGB ausstellt. Verlangt der Befrachter das nicht oder lässt sich der Hauptverfrachter darauf nicht ein, gilt im Schadensfall für die Haftung des Hauptverfrachters der gesetzliche Haftungshöchstbetrag gem. § 504 Abs. 1 HGB. Einen höheren Haftungshöchstbetrag aufgrund einer Berechnung nach der im Lademittel gepackten Stücke, der für die Haftung des Unterverfrachters gilt, muss sich der Hauptverfrachter nicht entgegenhalten lassen. Das ließe sich nicht mit der in § 504 Abs. 1 HGB zum Ausdruck gebrachten Vertragsfreiheit vereinbaren. Zugleich liefe es auf einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter hinaus (vgl. OLG Hamburg, TranspR 2013, 35, 37 „Stellar Pacific“).
73
Die von der Klägerin vertretene Auffassung lässt sich schließlich nicht mit dem Grundsatz vereinbaren, dass in umgekehrter Richtung der Hauptverfrachter sich gegenüber seinem Vertragspartner, dem Befrachter, nicht auf eine im Vergleich zum Hauptfrachtvertrag weitergehende Haftungsbeschränkung im Unterfrachtvertrag berufen kann. So hat der Senat schon in seinem Urteil vom 11.01.2007, Az. 6 U 66/06 (TranspR 2007, 253, 255), entschieden, dass ein Fixkostenspediteur, der gem. §§ 459, 606 S. 2 HGB a.F. als Verfrachter haftet, selbst dann nicht gegenüber seinem Auftraggeber weitergehende Haftungsbeschränkungen der von ihm mit dem Seetransport beauftragten Reederei geltend machen kann, wenn der Auftraggeber die Reederei vorgegeben hat. Dort handelte es sich um eine staatliche Reederei, die in ihren Konnossementsbedingungen eine im Vergleich zu § 660 Abs. 1 HGB a.F. geringere Gewichtshaftung vereinbart hatte. Der Befrachter, der den Hauptverfrachter aus Vertrag in Anspruch nimmt, muss sich nur die Einwendungen aus dem mit dem Hauptverfrachter geschlossenen Vertrag entgegen halten lassen, nicht auch solche aus dem Vertragsverhältnis des Hauptverfrachters mit dem Unterverfrachter. Ein derartiger „Durchgriff“ von Haftungsbeschränkungen aus dem Vertrag zwischen Haupt- und Unterverfrachter gegenüber dem Befrachter ist auch nicht nach Treu und Glauben geboten, da den Parteien die nachteiligen Regressmöglichkeiten bei Vertragsschluss mit dem Befrachter in der Regel bekannt sein dürften. Ebenso hat der Senat entschieden in einem Fall, in dem nur im Unterfrachtvertrag die Höchsthaftung nach dem US COGSA vereinbart war (TranspR 2008, 213, 216) sowie zu einer Binnenschiffskollision, in dem nur im Unterfrachtvertrag ein Haftungsausschluss wegen nautischen Verschuldens vereinbart war (TranspR 2014, 228, 233). Es besteht aber kein sachlicher Grund, dem Befrachter zu gestatten, eine für ihn günstigere Haftungserweiterung aus dem Unterfrachtvertrag auch gegenüber dem Hauptverfrachter geltend zu machen, wenn es umgekehrt dem Hauptverfrachter verwehrt ist, sich dem Befrachter gegenüber auf eine für ihn günstigere Haftungserleichterung aus dem Unterfrachtvertrag zu berufen.
74
d) Der Senat vermag sich auch nicht der Argumentation der Klägerin anschließen, wegen des Verzichts der Versicherungsnehmerin auf die Ausstellung eines eigenen Konnossements durch die Beklagte sei von einer stillschweigenden Abrede dahingehend auszugehen, dass die Ersetzung des eigenen durch das Konnossement des Unterverfrachters K. haftungsmäßig nicht zum Nachteil des Befrachters gehen solle. Aus den bereits genannten Gründen ist es Verhandlungssache, ob die sonst geltende gesetzliche Haftungssumme des § 504 Abs. 1 durch Angaben in einem Konnossement gem. § 504 I S. 2 HGB erhöht werden soll oder nicht. Kommt eine solche Vereinbarung nicht zustande, lässt sich das gewünschte Ergebnis nicht durch die Annahme einer stillschweigenden Haftungsvereinbarung herbeiführen.
75
e) Eine Erhöhung der Haftungssumme lässt sich auch nicht über eine Nebenpflicht des Hauptverfrachters begründen, den Befrachter darüber aufzuklären, dass der Verzicht auf die Ausstellung eines Konnossements durch ihn, seinen Vertragspartner, zu einer dramatischen Reduzierung des Höchstbetrages führen könne. Gegen eine solche Aufklärungspflicht spricht schon, dass sich die Umstände, über die aufgeklärt werden soll, unmittelbar aus dem Gesetz ergeben (§ 504 Abs. 1 HGB). Im Übrigen kann von einem Unternehmen, das auf FOB-Basis Waren aus Übersee importiert, erwartet werden, dass es sich nicht nur über die damit zusammenhängenden Fragestellungen im Hinblick auf den Kaufvertrag, Steuern und Zoll kundig macht, sondern auch über Haftungsfragen nach einem Transportschadensfall. Auch im Streitfall ist nicht dargelegt, dass die Versicherungsnehmerin für die Beklagte erkennbar überhaupt aufklärungsbedürftig war.
76
f) Das Landgericht hat seine Entscheidung, für die Stück-Alternative auf die sechs Paletten abzustellen, damit begründet, dass mangels Stückzahlangaben in einem von der Beklagten ausgestellten Beförderungsdokument gem. § 504 Abs. 1 S. 3 HGB das Lademittel als Stück oder Einheit gelte. Das kritisiert die Klägerin insoweit zu Recht, als eine unmittelbare Anwendung von § 504 Abs. 1 S. 3 HGB voraussetzt, dass der in Anspruch genommene Verfrachter überhaupt ein Beförderungsdokument i.S. von § 504 I S. 2 HGB ausgestellt hat, also ein Konnossement oder einen Seefrachtbrief, woran es hier fehlt. Das kann aber entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dazu führen, dass man im Rahmen von § 504 Abs. 1 S. 1 1. Alt. HGB zur Ermittlung der maßgeblichen Stücke oder Einheiten bei der Stück-Alternative beim FOB-Kauf abstellt auf die Angaben, die der Verkäufer/Exporteur im Ausland im Ladehafen gemacht hat, hier die T. Ltd., gegenüber K. in Hongkong. Auch auf diesem Weg muss sich die Beklagte nicht die Angabe von 199 Kartons in dem vom Unterverfrachter K. ausgestellten Konnossement (Anl. K 2) zurechnen lassen.
77
Richtig erscheint vielmehr, bei der Entscheidung im Rahmen von § 504 Abs. 1 S. 1 HGB, wie die Stücke oder Einheiten bei der Stück-Alternative zu bestimmen sind, zwar § 504 Abs. 1 S. 3 HGB nicht unmittelbar anzuwenden, aber die Wertung dieser Vorschrift im Wege des Umkehrschlusses einfließen zu lassen. Der Senat hat bereits in seinem Urteil in der Sache „Stellar Pacific“ ausgeführt, es ergebe sich aus dem Umkehrschluss der Containerklausel in § 660 Abs. 2 HGB a.F., dass bei der Beförderung der Güter in einem Behälter grundsätzlich der Behälter das Stück oder die Einheit im Sinne von § 660 Abs. 1 HGB a.F. sei (TranspR 2013, 35, 37). Der Sache nach mache es keinen Unterschied, ob ein Konnossement keine Angaben enthalte oder aber nicht existiere. An diesen Erwägungen hält der Senat auch für § 504 Abs. 1 HGB fest. Auch die Systematik der neuen Vorschrift legt nahe, dass S. 1 die allgemeine Regelung enthält, hingegen S. 2 und S. 3 den Fall, dass der Verfrachter ein Beförderungsdokument ausgestellt hat. Die Wertung des Gesetzgebers in Satz 3, bei der Stück-Alternative auf das Lademittel abzustellen, wenn das Beförderungsdokument keine der Containerklausel entsprechenden Angaben enthält, gilt nach dem Grundsatz „a maiore ad minus“ gleichermaßen, wenn der in Anspruch genommene Verfrachter überhaupt kein Beförderungsdokument ausgestellt hat.
B.
78
Die Anschlussberufung der Beklagten ist gleichfalls überwiegend unbegründet. Sie hat nur bei den Zinsen und insoweit Erfolg, als das Landgericht offenbar aufgrund eines Schreibversehens im Tenor eine Verurteilung zur Zahlung von € 4.777,38 ausgesprochen hat, obgleich sich der nach Ansicht des Landgerichts zutreffende Haftungshöchstbetrag nur auf € 4.577,38 beläuft (Entscheidungsgründe auf Seite 9 des Urteils / Bl. 123 d.A.). Im Übrigen ist die Anschlussberufung unbegründet.
1.
79
Die Beklagte ist verpflichtet, an die Klägerin einen Betrag von € 4.577,38 zu zahlen. Die Haftung der Beklagten als Verfrachter dem Grunde nach ergibt daraus, dass die Versicherungsnehmerin sie mit der Besorgung der Beförderung zu fixen Kosten beauftragt hat und das Gut in ihrem Gewahrsam auf der Seestrecke verloren gegangen ist (§§ 459 S. 1, 452 a, 498 Abs. 1 HGB).
80
Die Beklagte kann auch keine Haftungsbefreiung gem. § 498 Abs. 2 HGB geltend machen. Es ist nicht zu beanstanden und wird von der Beklagten auch nicht angegriffen, dass sich das Landgericht nach dem Ergebnis des gerichtlichen Sachverständigengutachtens vom 23.11.2015 (Bl. 82 ff d.A.) die Überzeugung gebildet hat, dass die Schiffsführung angesichts der im Hafen von Singapur tatsächlich festgestellten Rumpfverbiegung („hogging“) verpflichtet war, vor einer Weiterfahrt die Ursachen der mit den Ergebnissen der Ladungsrechner nicht vereinbaren Verbiegung zu untersuchen. Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass es darauf ankomme, ob ein Mangel der Seetüchtigkeit schon bei Antritt der Reise, hier schon in Honkong, nicht zu entdecken war, ist dies zwar im Hinblick auf § 498 Abs. 2 S. 2 HGB richtig. Diese Vorschrift begründet aber nur eine zur allgemeinen Regelung des § 498 Abs. 2 S. 1 HGB zusätzliche Entlastungsobliegenheit des Verfrachters in den Fällen, in denen das Schiff nicht seetüchtig war und der Verlust oder die Beschädigung wahrscheinlich hierauf zurückzuführen ist (vgl. MüKoHGB/Herber, a.a.O., § 498 Rn. 73). Auch wenn ein bestimmter Mangel der Seetüchtigkeit noch nicht bei Antritt der Reise zu entdecken war, muss der Verfrachter zu seiner Entlastung daher noch gem. § 498 Abs. 1 S. 1 HGB beweisen, dass der Verlust oder die Beschädigung auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht hätten abgewendet werden können. Das ist hier aber nicht der Fall, weil die Schiffsführung trotz der eindeutigen Warnsignale auf eine eingeschränkte Integrität des Schiffsrumpfes in Singapur die Fahrt fortsetzte.
2.
81
Das Landgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf Haftungsbeschränkungen nach dem HBÜ berufen kann, nachdem auf Antrag von M. vor dem District Court in Tokio ein Haftungsfonds errichtet wurde (vgl. dazu Rittmeister, TranspR 2014, 356). Denn die Beklagte haftet lediglich als Fixkostenspediteur gem. § 459 HGB wie ein Multimodalfrachtführer und Verfrachter und gehört damit nicht zu den beschränkungsberechtigten Personen gem. Art. 1 Abs. 2 HBÜ („The term shipowner shall mean the owner, charterer, manager and operator of a sea-going ship.“). Das wäre allenfalls erwägenswert, wenn die Beklagte als „slot charterer“ anzusehen wäre, was im Schrifttum umstritten ist (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., LondonHBÜ 1976 Art. 1, Rn. 8; Ramming, RdTW 2014, 221; Rittmeister, TranspR 2014, 356, 358 f). Ebenso wie in den Entscheidungen, in denen sich der Senat bereits mit der Problematik befasst hat (RdTW 2014, 251 Tz 14 „MS Excelsior“; TranspR 2014, 228, 231 „Margrita“ = RdTW 2014, 239) kann auch in dieser Sache die Streitfrage offen bleiben, weil die Beklagte kein „slot charterer“ war. Die Beklagte hat nämlich nicht auf dem Schiff einzelne Stellplätze über einen längeren Zeitraum angemietet.
82
Die Beklagte kann sich auch nicht nach den Grundsätzen des sog. gestörten Gesamtschuldnerausgleichs darauf berufen, dass auf Antrag von M. ein Haftungsfonds errichtet wurde und die Haftung von M. nach dem HBÜ beschränkt ist. Die Errichtung eines Haftungsfonds nach Art. 11 HBÜ hat gemäß Art. 12 HBÜ zur Folge, dass die Gläubiger gleichmäßig befriedigt werden. Insoweit besteht eine vergleichbare Interessenlage wie bei einem Insolvenzverfahren. Es ist aber kein Fall des gestörten Gesamtschuldnerausgleichs, wenn einer der Gesamtschuldner insolvent wird. Vielmehr ist es gerade Sinn einer Gesamtschuld, dass ein Gläubiger auch dann noch Ansprüche gegen einen der Gesamtschuldner hat, wenn der andere insolvent ist.
83
Die geltend gemachten Zinsen sind nur ab Rechtshängigkeit gem. §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt. Ein früherer Verzugsbeginn ist nicht dargelegt.
84
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
85
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.