Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 14. November 2018 – 12 U 48/18
1. § 26 Abs. 1 NachbGSchlH regelt in seinem Anwendungsbereich als Schutzgesetz in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB Schadensersatzansprüche wegen übertretendem Wasser auf ein Nachbargrundstück abschließend, so dass eine Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog daneben ausscheidet.
2. Niederschlagswasser ist vom Anwendungsbereich des § 26 NachbGSchlH umfasst, wenn es zunächst auf das eigene Grundstück abgeleitet wird und von dort aufgrund der Beschaffenheit baulicher Anlagen oberirdisch oder unterirdisch auf das Nachbargrundstück übertritt.
3. Schäden durch den Übertritt von Wasser auf ein Nachbargrundstück sind nach § 26 Abs. 1 NachbGSchlH i.V. m. § 823 Abs. 2 BGB nur insoweit ersatzfähig, als sie abgrenzbar gerade durch eine rechtswidrige Verstärkung des Wasserzuflusses infolge von baulichen Anlagen entstanden sind.
4. Wer infolge einer Grenzbebauung in besonderer Weise Einwirkungen durch das Nachbargrundstück ausgesetzt ist, hat Sicherungsmaßnahmen gegen das Übertreten von Wasser vorzunehmen, da ihn ansonsten ein Mitverschuldenseinwand nach § 254 BGB im Hinblick auf die Entstehung von Feuchtigkeitsschäden treffen kann.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Kiel vom 17.04.2018, Az. 3 O 61/14, wird zurückgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Kiel ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
1
Die Parteien sind Nachbarn aneinander angrenzender Doppelhaushälften und streiten um den Ausgleich von Schäden im Zusammenhang mit der Durchfeuchtung einer Hauswand der Kläger, welche an eine Terrassenfläche der Beklagten angrenzt. Im Hinblick auf den Sachverhalt wird auf das erstinstanzliche Urteil Bezug genommen.
2
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber unbegründet.
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Gegen die Zulässigkeit der Klage bestünden keine Bedenken, da das nach § 15a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 2a LSchliG erforderliche Schlichtungsverfahren durchgeführt worden sei.
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Den Klägern stehe jedoch kein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch auf Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 8.939,82 € gegen die Beklagten gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu. Voraussetzung für einen nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog sei, dass der in Anspruch Genommene Störer sei. Die Kläger trügen deshalb nach den allgemeinen Regeln die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Feuchtigkeitsschäden an ihrem Wohnhaus ursächlich auf die bauliche Situation auf dem Grundstück der Beklagten zurückzuführen seien. Für diesen Umstand seien sie beweisfällig geblieben, so dass dahinstehen könne, ob die übrigen Voraussetzungen eines nachbarrechtlichen Ausgleichsanspruchs gemäß § 906 Abs. 2 S. 2 BGB analog vorlägen.
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Der vom Gericht bestellte Sachverständige S habe auf der Terrasse der Beklagten eine Pflasterung mit Gefälle vom Haus weg hin zur Ablaufrinne festgestellt. Nach sachverständiger Ansicht (im Gutachten vom 2.1.2017) sei eine schadensfreie Ableitung des Oberflächenwassers gegeben. Zwar sei im Sockelbereich der Innenwand der Beklagten aufsteigende Feuchtigkeit festgestellt worden; die im weiteren Wandbereich vorhandenen Feuchtigkeitserscheinungen seien jedoch nicht aufsteigender Feuchtigkeit zuzuordnen. Auch sei die Ursache für die in der Wand aufsteigende Feuchtigkeit aufgrund der Feststellung, dass das Oberflächenwasser von der Terrasse der Beklagten nicht in Richtung der Wand der Kläger geleitet werde, darin zu sehen, dass die Abdichtung des im Erdreich liegenden Fundaments und der Wandfläche keinen bzw. keinen ausreichenden Schutz mehr gegen Bodenfeuchte aufweise. Selbst wenn die Ableitung des Wassers von der Dachfläche der Beklagten technisch nicht einwandfrei sei und es zum Überlaufen der Regentonne komme, würde nach dem Sachverständigengutachten das Wasser schadenfrei im Erdreich versickern.
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Auch in den ergänzenden Gutachten vom 3.5.2017 und 11.5.2017 sei der gerichtliche Sachverständige nicht zu der Feststellung gekommen, dass die festgestellten Feuchtigkeitsschäden auf die bauliche Situation auf dem Grundstück der Beklagten zurückzuführen seien. Die Aussagen der Zeugen K und S führten nicht zu einer anderen Bewertung und gäben keinen Anlass, an den Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Diese hätten bekundet, dass ihnen aufgefallen sei, dass ein Gefälle zur Hauswand der Kläger hin bestehe. Dies vermöge nicht zu überzeugen, da sowohl der gerichtliche Sachverständige als auch der private Sachverständige Sp das Gegenteil festgestellt hätten.
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Den Klägern stehe auch kein Duldungsanspruch gemäß § 17 NachbGSchlH zu. Die Kläger begehrten mit ihrem Duldungsantrag, bauliche Veränderungen nicht nur an ihrer eigenen Hauswand, sondern auch am Grundstück der Beklagten vorzunehmen. Da nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Veränderungen an der baulichen Situation auf dem Grundstück der Beklagten zur Behebung der Ursachen der Feuchtigkeitsschäden nicht erforderlich seien, scheide bereits aus diesem Grund ein Duldungsanspruch der Kläger aus.
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Zudem stehe den Klägern mangels Ursächlichkeit der Feuchtigkeitsschäden aufgrund der baulichen Situation auf dem Grundstück der Beklagten auch kein Anspruch auf Ersatz der privaten Sachverständigenkosten zu.
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Mit ihrer Berufung wenden sich die Kläger gegen die Klagabweisung durch das Landgericht und verfolgen ihren erstinstanzlichen Anspruch unter teilweiser Klagänderung weiter.
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Sie tragen vor, die Beweisaufnahmen sei durch das Landgericht fehlerhaft/unvollständig durchgeführt worden und die Beweiswürdigung sei fehlerhaft.
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Die Chronologie der Terrasse und ihrer Beschaffenheit sei nicht richtig gewürdigt worden. Die Beklagten seien mit Schreiben vom 4.10.2011, Anlage BK 1, dazu aufgefordert worden, die Terrassenfläche mit einem Gefälle vom Gebäude weg herzustellen. Daraufhin hätten sie sich, was unstreitig sei, im Oktober 2011 bereit erklärt, entsprechende Maßnahmen durchzuführen. Die Beobachtungen des Zeugen K, nach denen im August/September 2011 Wasser im Bereich der Terrassenfläche gestanden habe, seien vor der Veränderung der Terrassenfläche erfolgt. Der Zeuge habe damals festgestellt, dass das Gefälle zur Wand hin verlaufe. Auch der Zeuge S habe erklärt, dass das Gefälle der Terrasse in Richtung Hauswand der Kläger verlaufe. Damit habe die Beweisaufnahme ergeben, dass vor Veränderung des Gefälles das Wasser bei Regenfällen permanent an der Hauswand gestanden habe. Zudem habe sie ergeben, dass das Wasser der Dachfläche, die durch das Fallrohr habe entwässert werden sollen, auf eine versiegelte Fläche abgeleitet worden sei, und zwar direkt an der Hauswand der Kläger. Das erste Gutachten des Sachverständigen S vom 2.1.2017 sei damit im Hinblick auf die Beantwortung dieser Frage unerheblich. Dies habe das Gericht bei der Beweiswürdigung übersehen.
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Im ersten Ergänzungsgutachten vom 3.5.2017 habe der Gutachter S dargelegt, dass, wenn der von den Zeugen bestätigte Sachverhalt zutreffen sollte, sich Feuchtigkeitserscheinungen im Wohnzimmer der Kläger bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten zeigen müssen. Diese Aussage sei fachlich nicht fundiert begründet. Es sei dem Zufall geschuldet und könne für die Beklagten kein Vorteil sein, dass die Schäden erst im Herbst 2011 aufgetreten seien.
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Die Begutachtung müsse fortgesetzt werden, da sie noch nicht abgeschlossen sei. Auf Seite 18 des Gutachtens vom 2.1.2017 habe der Sachverständige S ausgeführt, dass aus seiner Sicht die Abdichtung des im Erdreich liegenden Fundaments und der Wandfläche keinen bzw. keinen ausreichenden Schutz mehr gegen Bodenfeuchte aufweise. Dies hätten die Kläger bestritten und sei vom Sachverständigen nicht untersucht worden. Wäre die Argumentation des Sachverständigen richtig, so hätten sich bereits Jahre vorher Durchfeuchtungen im Wohnzimmer zeigen müssen. Dies gelte umso mehr, als der Sachverständige davon ausgehe, dass nicht vom Grundstück der Beklagten abgeleitetes Wasser in das Gebäude eindringe, sondern Bodenfeuchte, also Feuchtigkeit, die sich immer im Bereich des Gebäudes der Kläger befunden habe. Es sei zu beanstanden, dass der Gutachter annehme, dass sich eine etwaige fehlende Abdichtung erst just vor der Veränderung der Terrasse durch die Beklagten bemerkbar gemacht habe bzw. die Abdichtung versagt habe.
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Auch sei nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass durch die Terrasse der Beklagten der vorhandene Abdichtungsstreifen im Fundament der klägerischen Wand unwirksam gemacht worden sei. Der Gutachter habe im zweiten Ergänzungsgutachten vom 11.5.2017 nur ausgeführt, dass die Höhe der Pflasterung der Höhe der Pflasterung der Terrasse entspreche und die Höhe der Oberkante der Pflasterung in Höhe der Ausgangstür hergestellt worden sei. Er habe sich nicht damit auseinandergesetzt, dass die von den Klägern eingebaute Abdichtung im Fundament unterhalb der Terrasse liege und somit durch die Terrasse unwirksam gemacht worden sei.
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Wie sich aus den eingereichten Lichtbildern der Kläger ergebe, so aus den anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 10.2.2015 übergebenen Lichtbildern, stehe zudem das Regenfass der Beklagten auf einer Betonplatte. Entgegen der Darstellung des Sachverständigen könne das überlaufende Wasser nicht ablaufen und im Erdreich versickern. Es gelange zumindest zum großen Teil an die streitige Hauswand, wie sich ergänzend auch aus den Fotos Anlage BK 2 ergebe. Des Weiteren verhindere Laub das Ablaufen des Wassers selbst dann, wenn man das von den Beklagten geschaffene Gefälle als noch ausreichend ansehen sollte, wie sich aus den Fotos als Anlage BK 3 ergebe. Auch dies hätte dem Gutachter auffallen müssen.
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Das Wasser habe auch deshalb an der in Rede stehenden Wand versickern müssen, weil die daneben liegende Ecke mit erhöhten Randsteinen eingerahmt und der Gartenbereich rundherum erhöht angelegt worden sei. Zudem besitze die große Terrasse der Beklagten, die neben der kleinen Terrasse liege, eine 25 bis 30 cm starke Betonsohle, auf die Riemchen geklebt worden seien. Sie könne wegen der Betonsohle kein Wasser aufnehmen, das deshalb ebenfalls in Richtung der klägerischen Wand ablaufe. Irgendwann sei der Boden gesättigt und gebe die Feuchtigkeit in die Wand ab, die in das Gebäude eindringe.
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Die Kläger sind der Ansicht, ihnen stünde deshalb gegen die Beklagten ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 26 NachbGSchlH bzw. ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog zu.
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§ 26 Abs. 1 NachbGSchlH sei ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB. Die Beklagten hätten eine mangelhaft konstruierte Anlage für die Ableitung des Niederschlagswassers errichtet bzw. übernommen und dann nicht geändert, wodurch Niederschlagswasser auf das Grundstück der Kläger abgeleitet worden bzw. dessen Übertritt nicht verhindert worden sei. Die Beklagten hätten dabei erkennen können, dass eine permanent feuchte Wand zu Schäden führen müsse. Da die Durchfeuchtungen kausal seien für die Schäden im Innenbereich, seien die Kosten für die Innenputzsanierung in voller Höhe zu tragen. Dies gelte auch für die Außenabdichtung, denn diese müsse nur deshalb geschaffen werden, weil die Situation auf dem Grundstück der Beklagten so sei, wie sie sei, und die Beklagten auch nicht bereit seien, diese zu ändern.
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Den Klägern stehe auch ein nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz BGB analog zu. Dem Inhalt nach bestehe dieser Anspruch im Hinblick auf die Nettokosten für die Beseitigung der Durchfeuchtungsschäden und die Außenabdichtung. Zwangsläufig hätten die Beklagten diese Maßnahmen zu dulden, weshalb auch der Klagantrag zu 2. begründet sei. Die Kosten für den Gutachter Sp seien als Bruttobetrag zu erstatten, da sie bereits angefallen seien.
20
Die Kläger beantragen,
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unter Abänderung des am 17. April 2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Kiel, Aktenzeichen 3 O 61/14, die Beklagten zu verurteilen,
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1. als Gesamtschuldner an die Kläger 7.512,45 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
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2. zu dulden, dass von den Klägern beauftragte Handwerker ihr Grundstück H Straße 18b, T, vorübergehend betreten und benutzen, um die Außenabdichtung des Sockels des klägerischen Hauses, der an die Terrassen- und Gartenfläche des Grundstücks der Beklagten angrenzt, durchzuführen und zu diesem Zweck die Terrasse auf einer Breite von ca. 30 cm aufzunehmen, den darunter liegenden Boden bis zur Unterkante des vorhandenen Fundaments auszuheben und anschließend wieder mit einem lockeren und wasserdurchlässigen Sandboden zu verfüllen sowie als Übergang zur verbleibenden Terrassenfläche eine Rasenkante einzubauen, die mindestens 5 cm höher als die Oberfläche der Terrassenplatte ist;
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3. als Gesamtschuldner an die Kläger weitere 1.184,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen;
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4. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, den Klägern alle weiteren Schäden zu ersetzen, die sich aus der Durchfeuchtung der Terrassenwand/Wohnzimmerwand ergeben.
26
Die Beklagten beantragen,
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die Berufung zurückzuweisen.
28
Die Beklagten meinen, das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen.
29
Die Aussagen der erstinstanzlich vernommenen Zeugen seien unergiebig, da sie keine Angaben dazu hätten machen können, wann sie genau das vermeintliche Gefälle zum Gebäude der Kläger hin und eine angebliche Pfützenbildung dort beobachtet haben wollen. Der Zeuge K habe lediglich erklärt: „vor ein paar Jahren“, wobei er behaupte, es sei im Jahr 2011 gewesen. Der Zeuge S habe überhaupt keine Angaben zu der Zeit gemacht, zu der er auf die Terrasse der Beklagten gesehen haben will. Keiner der Zeugen habe die Behauptung der Kläger bestätigt, die vermeintlichen Feststellungen seien im August/September 2011 getroffen worden.
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Auch seien die Aussagen der Zeugen nicht glaubhaft. Wenn die Zeugen auf der Leiter gestanden hätten und auf der Terrasse eine Pfütze gestanden habe, hätten die Zeugen bei Sicht von oben nicht feststellen können, dass das Gefälle zur Wand hin laufe.
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Zudem habe der bauliche Zustand der Terrasse vor den Änderungen im Oktober 2011 bereits über 40 Jahre bestanden. Wenn die Terrasse mit Gefälle zur klägerischen Hauswand verlegt worden wäre, hätten, wie der Sachverständige zutreffend festgestellt habe, Durchfeuchtungserscheinungen zu einem deutlich früheren Zeitpunkt auftreten müssen.
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Die Feststellungen des Sachverständigen, wonach die sich im Sockelbereich abzeichnende Feuchtigkeit vielmehr darauf zurückzuführen sei, dass die unterhalb des Erdreichs gelegenen Fundamente und Wandfläche keinen bzw. einen nicht mehr ausreichenden Schutz gegen Bodenfeuchte aufwiesen, würden auch dadurch bestätigt, dass die an die Terrasse grenzende Hauswand der Beklagten keinerlei Durchfeuchtungen aufweise.
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Die Beweisaufnahme sei nicht fortzusetzen. Selbst wenn der Sachverständige S unzutreffend davon ausgehen würde, dass die Abdichtung des im Erdreich liegenden Fundaments und der Wandfläche keinen oder keinen ausreichenden Schutz mehr gegen Bodenfeuchte aufweise, so wäre kein weiteres Gutachten einzuholen. Denn für die Entscheidung des Rechtsstreits sei es nicht maßgeblich, worauf die Durchfeuchtungen zurückzuführen seien, wenn es sich dabei nicht um Handlungen der Beklagten handele, welche die Durchfeuchtungen der Hauswand verursacht hätten. Die Beklagten hätten die Durchfeuchtungen in der streitgegenständlichen Hauswand jedoch nicht durch Maßnahmen verursacht. Dass durch die Verlegung der Terrasse eine von den Klägern eingebaute Abdichtung unwirksam geworden sei, werde insofern ausdrücklich bestritten. Es sei auch unzutreffend, dass wegen angeblichen Laubs in der Regentonne Wasser nicht ablaufen und zum großen Teil an die streitige Hauswand gelangen würde, da die Terrasse mit Gefälle verlegt sei. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, so bestünde allenfalls ein Anspruch auf Unterlassung der Eigentumsbeeinträchtigung.
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Im Übrigen seien die Schäden, welche nicht auf aufsteigende Feuchtigkeit zurückzuführen seien – im Wandeckbereich des klägerischen Gebäudes – selbst dann nicht durch die Beklagten zu tragen, wenn im Übrigen deren Haftung dem Grunde nach gegeben wäre. Da die Kläger mit ihren Zahlungsanträgen zu 1. bzw. dem Feststellungsantrag zu 4. den Ausgleich derartiger Schäden begehrten, sei die Klage insoweit schon nicht schlüssig, da nicht feststellbar sei, welche Forderungen den Sockelbereich beträfen und welche den weitergehenden Wandeckbereich.
35
Weiterhin berufen sich die Beklagten erneut auf Verjährung.
II.
36
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
37
Den Klägern steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagten aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog oder § 823 Abs. 2 i.V.m. § 26 Abs. 1 NachbGSchlH zu.
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Vorliegend ist der Anwendungsbereich von § 26 Abs. 1 NachbGSchlH eröffnet, so dass ein Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog bereits aufgrund der insoweit abschließenden Regelung ausscheidet.
39
Zwar ist § 906 Abs. 2 BGB als nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch unter bestimmten Voraussetzungen analog auf Wasser anwendbar, wenn ein Unterlassungsanspruch besteht, der nicht rechtzeitig geltend gemacht werden kann (vgl. MüKo-Brückner, 7. Aufl., § 906 Rn. 48). Es handelt sich dabei um einen Sekundäranspruch, der als Kompensation für bestehende primäre Abwehransprüche gewährt wird, die aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht durchgesetzt werden können (vgl. MüKo-Brückner, 7. Aufl., § 906, Rn. 196 m.w.N.). Anspruchsinhalt ist die Vermögenseinbuße, die der Ausgleichsberechtigte erleidet, wobei ersetzbar die Aufwendungen für die Beseitigung der Beeinträchtigung sind (vgl. Palandt-Herrler, BGB, 76. Aufl., § 906, Rn. 29).
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Im Verhältnis von Nachbarn untereinander sind jedoch unter Umständen die nachbarrechtlichen Sonderbestimmungen vorrangig. Inhalt und Umfang eines Anspruchs des Nachbarn im Einzelnen ergeben sich aus den Regelungen des Nachbarrechts, das durch einen Ausgleich widerstreitender Interessen der Nachbarn gekennzeichnet ist. Ein Anspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ist nicht gegeben, wenn insofern eine abschließende Regelung existiert. Wegen der nachbarrechtlichen Sonderregelungen kann dann nicht auf den Rechtsgedanken von Treu und Glauben und dementsprechend auch nicht auf eine entsprechende Anwendung von § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zurückgegriffen werden. (Vgl. dazu OLG Brandenburg, Urteil vom 30.7.2009, BeckRS 2009, 21997, Seite 7)
41
Voraussetzung für eine Anwendung des § 26 Abs. 1 NachbGSchlH als lex specialis ist, dass es sich bei dem Wasser, um das es geht, nicht um wild abfließendes Wasser handelt, sondern um Niederschlagswasser, das als Traufwasser aufgefangen wird. Denn nach § 26 Abs. 1 NachbGSchlH hat der Eigentümer eines Grundstücks seine baulichen Anlagen so einzurichten, dass Niederschlagswasser nicht auf das Nachbargrundstück tropft, auf dieses abgeleitet wird oder auf andere Weise dorthin übertritt. Niederschlagswasser ist insofern auch dann vom Anwendungsbereich des § 26 NachbGSchlH umfasst, wenn es zunächst auf das eigene Grundstück abgeleitet wird und von dort oberirdisch oder unterirdisch auf das Nachbargrundstück läuft.
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Insofern findet auch keine Differenzierung zwischen einem oberirdischen und einem unterirdischen Wasserzufluss statt. Für § 37 Abs. 1 RhPfNachbRG hat der BGH (Urteil vom 12.6.2015, NJW-RR 2016, 24, Beck-Online, Rn. 10) insofern entschieden, dass dieser auch dann Anwendung findet, wenn die baulichen Anlagen auf einem Grundstück die Ursache dafür sind, dass mehr Sickerwasser auf das Nachbargrundstück gelangt, als dies ohne die baulichen Anlagen der Fall wäre. Mit dem „Übertreten“ werde eine Modalität der Ortsveränderungen des Wassers von dem einen Grundstück auf das andere beschrieben. Begrifflich sei diese Modalität nicht auf einen oberirdischen Zufluss beschränkt. Eine grundsätzliche Pflicht des Eigentümers eines Grundstücks, den Ablauf des Niederschlagswassers auf das Nachbargrundstück zu verhindern, gebe es allerdings nicht. Soweit die natürliche Gestaltung des Bodens einen solchen Abfluss bewirke, müsse der Grundstückseigentümer deshalb keine besonderen Maßnahmen ergreifen, um dem entgegenzuwirken. Wenn der Eigentümer jedoch auf seinem Grundstück bauliche Anlagen errichte, die ursächlich dafür seien, dass dem Nachbargrundstück vermehrt Niederschlagswasser zugeführt werde, greife er in den natürlichen Ablauf des Wassers ein. Gegen eine solche Beeinträchtigung seines Eigentums solle § 37 Abs. 1 RhPfNachbRG den Nachbarn schützen. Bauliche Anlagen könnten insofern nicht nur bewirken, dass Niederschlagswasser, das ohne die Anlagen auf dem Grundstück verblieben wären, von der Oberfläche des Grundstücks auf die Oberfläche des Nachbargrundstücks fließe. Ebenso könnten die baulichen Anlagen zur Folge haben, dass das Niederschlagswasser nur teilweise auf dem Grundstück versickere und als Sickerwasser unterirdisch vermehrt auf das Nachbargrundstück übertrete. Der dortige Eigentümer sei in beiden Fällen gleichermaßen schutzwürdig. So liege es, wenn die baulichen Anlagen dazu führten, dass das Niederschlagswasser gesammelt an einer bestimmten Stelle auf dem Grundstück auftreffe und diese Konzentration, die ansonsten erfolgende weit- und tiefflächige Versickerung verhindere und zu einem vermehrten unterirdischen Zufluss von Sickerwasser auf dem Nachbargrundstück führe (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 15 ff.).
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Diese Grundsätze sind auf § 26 Abs. 1 NachbGSchlH übertragbar. Auch dieser regelt die Modalität, dass das Niederschlagswasser auf das Nachbargrundstück „auf andere Weise“ übertritt, wenn bauliche Anlagen nicht so eingerichtet sind, wie es § 26 Abs. 1 NachbGSchlH vorschreibt.
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Die Kläger tragen insofern auch vor, dass aufgrund der Beschaffenheit der baulichen Anlagen auf dem Grundstück der Beklagten, und zwar der Terrasse bzw. des Abflusses des Regenwassers mittels eines Regenfallrohrs in die aufgestellte Regentonne, der Abfluss des Niederschlagswassers so verändert wird, dass es auf das Nachbargrundstück vermehrt übertritt.
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Ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz könnte sich insofern nur aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 26 Abs. 1 NachbGSchlH ergeben, der als Schutzgesetz i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB zu qualifizieren ist (insoweit für § 52 Abs. 1 BbgNRG das OLG Brandenburg, Urteil vom 30.7.2009, BeckRS 2009, 21997, Seite 7). Allein im Bereich dieser Norm könnte hier ein Schadensersatzanspruch der Kläger gegen die Beklagten bestehen.
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Im Hinblick auf einen möglichen Schadensersatzanspruch ist hier zu unterscheiden, durch welche Einrichtung baulicher Anlagen auf dem Grundstück der Beklagten es zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung des Eigentums der Beklagten gekommen sein könnte. Die Beweislast dafür, dass bauliche Anlagen nicht so eingerichtet sind, wie es § 26 NachbGSchlH vorschreibt, und dafür, dass es dadurch zu einer widerrechtlichen Beeinträchtigung seines Eigentums kommt, trägt insofern der beeinträchtigte Nachbar (vgl. dazu Bassenge-Olivet, Nachbarrecht Schleswig-Holstein, 13. Aufl., § 26, Rn. 4).
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Es kommt zunächst in Betracht, dass die Terrasse auf dem Grundstück der Beklagten, welche an die betroffene Hauswand der Kläger angrenzt, ein nicht ausreichendes Gefälle vom Haus weg aufweist, so dass sich das durch das Regenrohr ablaufende und nicht ausreichend abgeleitete Wasser seinen Weg zum Haus hin bahnen kann oder konnte. Als weitere Schadensursache kommt in Betracht, dass aufgrund einer nicht ausreichenden Dimensionierung der Regentonne und eines unzureichenden Überlaufs der Regentonne Wasser überläuft und es dann – ggf. im Zusammenwirken mit der Terrassenbeschaffenheit – zur Hauswand der Kläger hin abgeleitet wird.
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Beide Sachverhalte lassen sich grundsätzlich unter § 26 Abs. 1 NachbGSchlH subsumieren, da es sich insofern um eine Veränderung des natürlichen Ablaufs des Wassers handeln würde, welches infolge dessen übermäßig auf das klägerische Grundstück übertreten könnte.
49
Nicht subsumieren ließe sich hingegen unter § 26 Abs. 1 NachbGSchlH, wenn die Terrasse der Beklagten, wie von den Klägern behauptet, oberhalb der Sperrschicht in ihrer Außenwand verlegt worden wäre, so dass das versickernde Wasser nunmehr oberhalb der Sperrschicht in die Wand eindringen kann. Haftungsgrundlage des § 26 Abs. 1 NachbGSchlH ist insoweit nur das nicht ordnungsgemäße Ableiten des Wassers, worunter nicht die Anlage der Terrasse oberhalb der Sperrschicht verstanden werden kann. Denn dies führt für sich genommen noch nicht dazu, dass das Wasser nicht ordnungsgemäß abgeleitet wird, sondern begünstigt allenfalls das Einsickern von versickerndem Niederschlagswasser in die Wand der Beklagten. Man könnte dies allenfalls als sonstige Verkehrssicherungspflichtverletzung qualifizieren. Da in der Regel die Sperrschicht in der Wand jedoch nicht zu sehen ist, fehlt es insofern aber jedenfalls an einem Verschulden, zumal den Beklagten ein etwaiges Verschulden ihrer Rechtsvorgänger, welche seinerzeit die Terrasse angelegt haben, nicht zugerechnet werden kann. Auf den Anspruch aus § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog kann insofern nicht zurückgegriffen werden, da Schäden an der klägerischen Wand nur im Hinzutreten mit einer übermäßigen Ableitung des Wassers zur Wand hin hätten erfolgen können, so dass auch insofern der vorrangige Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 26 Abs. 1 NachbGSchlH eine Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB analog ausschließt.
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Im Hinblick auf die somit verbleibenden ersten zwei der genannten möglichen Schadensursachen scheidet ein Schadensersatzanspruch aufgrund der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme aus, welche Fehler bei der Tatsachenfeststellung nicht erkennen lässt.
51
Aufgrund des gerichtlichen Sachverständigengutachtens steht fest, dass zum Zeitpunkt der Gutachtenerstellung die Terrasse der Beklagten ein Gefälle vom Haus weg zur Ablaufrinne hin aufwies. Nach den Feststellungen des Sachverständigen wird somit das Niederschlagswasser nicht von der Terrassenfläche gegen die Hauswand geleitet und bleibt aufgrund des Gefälles auch nicht vor der Giebelwand stehen (vgl. Gutachten vom 2.1.2017, Bl. 161 ff., insbesondere Bl. 165 f.). Diese Feststellungen werden auch bestätigt durch den Privatgutachter Sp, der ebenfalls das Gefälle gemessen und festgestellt hat, dass grundsätzlich ein Gefälle vom Gebäude weg vorhanden ist (vgl. Bl. 21 f. d. A.). Der gerichtliche Sachverständige hat zudem festgestellt, dass eine schadenfreie Ableitung des Oberflächenwassers gegeben ist, auch wenn das Oberflächengefälle nicht den Anforderungen der DIN 18138 entspricht, nach der Querneigungen zur Ableitung des Oberflächenwassers bei Pflasterungen aus Betonsteinen, Schlackensteinen und Straßenklinker mit einem Gefälle von 2,5 % auszuführen sind, während es hier nur 1,5% beträgt (vgl. Bl. 165, 169 d. A.). Die diesbezüglichen Feststellungen des Sachverständigen sind nicht zu beanstanden, da er nachvollziehbar gemessen und selbst Versuche mit der Ableitung von Wasser unternommen hat, auch wenn außergewöhnliche Wetterlagen, wie etwa Starkregen, nicht simuliert wurden.
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In Betracht kommt somit lediglich, dass bis Oktober 2011, also vor Änderung der Terrassenfläche durch die Beklagten, ein nicht ausreichendes Gefälle der Terrasse vom Haus weg bestand, wie es die Kläger auch in ihrer Berufungsbegründung ausgeführt haben. Sie meinen insofern, dass dies aus den Aussagen der vernommenen Zeugen K und S entnommen werden könne.
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Der Zeuge K hat jedoch lediglich ausgesagt, im Jahr 2011 dagewesen zu sein. Wann dies genau war, dazu hat sich der Zeuge nicht geäußert. Zudem hat er erklärt, auch danach noch einige Male dagewesen zu sein, so im Jahre 2014. Im Hinblick darauf, dass die Vorgänge zum Zeitpunkt der Vernehmung schon vier Jahre her waren, begegnet es Bedenken, daraus tatsächlich die Überzeugung gewinnen zu wollen, dass der Zeuge die Örtlichkeiten sicher vor der baulichen Veränderung der Terrasse in Augenschein genommen und dabei die behaupteten Beobachtungen getätigt hat. Der Zeuge S hat insofern gar keine Angaben zum zeitlichen Rahmen seiner Beobachtungen angegeben. Dass beide Zeuge eine Pfütze wahrgenommen haben, bedeutet zudem noch nicht, dass tatsächlich ein Gefälle zum Haus hin vorhanden war. Denn bei Sicht von oben ist es schwierig, ein solches Gefälle, zumal ein geringfügiges Gefälle, wahrzunehmen. Auch der Sachverständige hat dies nur mit entsprechenden Messungen mittels Wasserwaage feststellen können.
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Zudem ist die Möglichkeit, dass durch den früheren Zustand der Terrasse die Schäden im Haus der Kläger hervorgerufen wurden, dadurch widerlegt worden, dass der gerichtliche Sachverständige in seinem ersten Ergänzungsgutachten erklärt hat, in einem solchen Fall hätten sich die Schäden, die sich innenseitig an der Sockelfläche im Haus der Kläger abzeichneten, bereits abgezeichnet, bevor der veränderte Zustand der Terrasse (im Jahr 2011) mit einem Gefälle vom Gebäude weg durch die Beklagten hergestellt wurde. Nach sachverständiger Ansicht hätte es dann bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu einer Durchfeuchtung kommen müssen. Soweit die Berufung diese Feststellungen des Sachverständigen als nicht fachlich fundiert rügt, so ist dem entgegenzuhalten, dass bereits die allgemeine Lebenserfahrung dafür spricht, dass bei einer Schadensverursachung allein durch falsche Ableitung von der Terrasse kaum erklärbar ist, weshalb Schäden an der klägerischen Wand erst nach einem Zeitraum von mindestens 17 Jahren eingetreten sein sollen. Dass dies nicht der Fall war spricht dafür, dass die Schadensursache nicht bereits mit der Errichtung der Terrasse gesetzt worden sein kann, sondern dass später weitere schadensverursachende Faktoren hinzugetreten sein müssen, damit es zu den Schäden an der klägerischen Wand kam.
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Insofern ist auch keine nachträgliche Ergänzung des Gutachtens oder eine weitere Begutachtung veranlasst. Denn der Gesichtspunkt wurde nicht vom Erstgericht übersehen oder für unerheblich gehalten oder konnte infolge eines Verfahrensmangels nicht geltend gemacht werden, mit der Folge, dass es sich bei der beantragten Gutachtenergänzung nach § 531 Abs. 2 Nr. 1, 2, ZPO um ein neues, zuzulassendes Verteidigungsmittel handeln würde.
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Die Kläger hätten insofern bereits im Vorprozess auf entsprechende Untersuchungen drängen können. Weder in den Schriftsätzen vom 13.06.2017 und 4.7.2017 (Bl. 226 ff. bzw. 235 f. d. A.) noch in der mündlichen Verhandlung vom 27.03.2018 (Protokoll Bl. 243 f. d. A.) wurden jedoch insoweit ergänzende Anträge gestellt. Soweit die Kläger mit der Berufungsbegründung vortragen, dass Laub zu einem nicht ordnungsgemäßen Ablauf führe (Bl. 282 f. d. A.), ist dies ohnehin neuer Vortrag und verspätet.
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Eine Gutachtenergänzung ist auch nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO veranlasst. Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen könnten hier nur aus der Tatsache hergeleitet werden, dass der Sachverständige keine Aufgrabung vorgenommen hat, um den Zustand der klägerischen Wand unterhalb des Bodenniveaus zu untersuchen und aus den übrigen ihm zur Verfügung stehenden Erkenntnisquellen zu dem Schluss gekommen ist, dass die Ursache der Durchfeuchtung in der unzureichenden Wandabdichtung liegen müsse. Dies ist jedoch in sich widerspruchsfrei, da unzweifelhaft aufsteigende Feuchtigkeit in der Wand vorhanden ist, die bei ausreichender Wandabdichtung nicht auftreten hätte können. Da der Zustand nicht bereits seit Errichtung der Terrasse besteht, sondern erst später aufgetreten ist, bleibt nach dem Ausschlussverfahren als mögliche Ursache der Feuchtigkeit nur, dass im Laufe der Zeit eine alterungsbedingte Undichtigkeit der Wand aufgetreten ist. Dafür spricht auch, dass die Veränderung des Terrassengefälles im Jahr 2011 den Zustand offensichtlich nicht behoben hat.
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Da eine weitere Beweiserhebung nicht veranlasst ist, wurde nicht bewiesen, dass die Feuchtigkeit in einem früheren nicht ausreichenden Terrassengefälle ihre Ursache hat.
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Als mögliche weitere Schadensursache kommt in Betracht, dass das Traufwasser hier nicht ausreichend abgeleitet und aufgefangen wird und sich deshalb zunächst auf dem Grundstück der Beklagten sammelt und sodann von der Wand der Kläger aufgesogen wird. Insofern hat der gerichtliche Sachverständige festgestellt, dass die Ableitung des Wassers in die Regentonne bzw. auch die weitere Ableitung des Wassers aus der Regentonne über einen Schlauch als nicht technisch einwandfrei anzusehen ist (Bl. 167 f. d. A.). Die Regentonne könne, auch wenn sie über einen Schlauch entwässert werde, nicht unbegrenzt Wasser aufnehmen, da der Durchmesser des Schlauches lediglich 20 mm aufweise. Komme es bei Starkregenfällen zu einem Überlaufen der Regentonne, werde das Wasser an der Regentonne, die vor der Grundstückswand und nicht vor der Giebelwand stehe, herunterlaufen und im Erdreich versickern. Insofern stellt der Sachverständige jedoch fest, dass, wenn Wasser bei einem Starkregen aus der Regentonne über den Rand laufen würde, das Wasser aufgrund des Gefälles vom Haus der Kläger weg in Richtung der Ablaufrinne geleitet werde (vgl. Bl. 176 ff. d. A.). Auf dem Lichtbild Bl. 176 d. A. ist zu erkennen, dass sich die Regentonne insofern auch nicht im Bereich der schadensträchtigen Wand befindet, sondern vor der angesetzten Grundstückstrennwand. Nach den Feststellungen des Sachverständigen kann es somit allein vor 2011, also bevor die Terrasse neu verlegt wurde, zu einem Ablaufen des Wassers in Richtung der Giebelwand hin gekommen sein. Auch für diesen Fall ist jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb es dann erst im Jahr 2011 zu den entsprechenden Schäden gekommen sein sollte und diese nicht bereits früher eingetreten wären, als teilweise noch nicht einmal eine Regentonne aufgestellt war. Insofern bieten auch diese Feststellungen des Sachverständigen keinen Anlass zu einer ergänzenden Beweisaufnahme.
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Zudem ist auch aus anderen Gründen der Beweis dafür, dass Schäden im Haus der Kläger durch die technisch nicht einwandfreie Ableitung verursacht wurden, durch die Kläger nicht geführt worden. Insofern wäre nämlich zusätzlich erforderlich, dass Schäden gerade durch eine rechtswidrige Verstärkung des Wasserzuflusses entstanden wären (vgl. insofern Entscheidung des OLG des Landes Sachsen-Anhalt vom 27.2.2002, Az.: 1 U 85/01, Juris, Rn. 27). In dem vom OLG des Landes Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall verhielt es sich so, dass Traufwasser zunächst allein auf das Nachbargrundstück ablief und dann Lehmziegel der Grenzmauer das Wasser aufgesogen hatten. Insofern verlangte das OLG den Nachweis, dass die Schäden gerade durch die Verstärkung des Wasserzuflusses entstanden sein müssten. Dies ist überzeugend, weil der Schutzzweck der nachbarrechtlichen Normen nur diejenigen Einwirkungen durch Niederschlagswasser erfasst, die auf die nicht normentsprechende Einrichtung baulicher Anlagen zurückzuführen sind, also solche, die nicht durch „wild abfließendes Wasser“ entstehen.
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Dass und inwieweit hier der Abfluss von Niederschlagswasser in Richtung des Grundstücks der Kläger rechtswidrig verstärkt wurde, kann jedoch nach dem bereits Gesagten nicht als bewiesen angesehen werden.
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Selbst wenn man jedoch eine Haftungsgrundlage für eine Haftung der Beklagten grundsätzlich annehmen wollte, weil es durch die frühere Beschaffenheit der Terrasse oder die Ableitung des Wassers mittels Rohr und Tonne – oder in Kombination beider Faktoren – zu einem verstärkten Abfluss zum Haus hin gekommen wäre, so käme man jedoch aufgrund einer überwiegenden Mitverursachung der Schäden und einer Risikoabwägung nicht zu einem Anspruch der Kläger.
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In dem erwähnten Fall des Oberlandesgerichts des Landes Sachsen-Anhalt führt dieses aus, es habe sich das Risiko der Grenzbebauung verwirklicht. Durch die Grenzbebauung hätten sich die Anspruchssteller den Einwirkungen des Nachbargrundstücks über das normale Maß hinaus ausgesetzt. Die Sicherung hiervor habe der Grenzbebauer selbst in dem Maße vorzunehmen, wie es dem daraus entstehenden Risiko entspreche. Die Sicherung der Grenzbebauung könne insofern auch veränderten Anforderungen unterliegen. Jedenfalls aber könnten billigerweise Schäden, die aus diesem eigenständigen, selbst geschaffenen Gefahrenkreis resultierten und sich durch die Durchfeuchtung verwirklicht hätten, nicht dem Nachbarn aufgebürdet werden (OLG des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O., Rn. 29).
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Der vorliegende Fall liegt insofern vergleichbar, als Schäden auch hier nur dadurch verursacht worden sein könnten, dass die Wand der Kläger ein übermäßig an der Wand stehendes, durch nicht ordnungsgemäßes Ableiten des Wassers verstärktes Wasseraufkommen aufgesogen hätte. Auch bei der Wand der Kläger handelt es sich um eine Grenzbebauung, wodurch die Kläger den Einwirkungen des Beklagtengrundstücks, also auch dem abgeleiteten Niederschlagswasser, in besonderer Weise ausgesetzt waren.
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Dass diesbezüglich ausreichende Sicherungsmaßnahmen von den Klägern ergriffen wurden, steht nicht fest. Vielmehr hat der Sachverständige sogar festgestellt, dass in erheblichem Umfang Faktoren vorhanden waren, welche eine Durchfeuchtung der klägerischen Wand begünstigten. Selbst wenn man annehmen wollte, dass die Annahmen des Sachverständigen zu einer nicht mehr ausreichenden Abdichtung der Wandflächen gegen Bodenfeuchte spekulativ sind, weil nicht aufgegraben wurde und deshalb dazu keine gesicherten Feststellungen getroffen wurden, so verbleiben noch weitere, eine Durchfeuchtung begünstigende Faktoren.
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So hat der Sachverständige festgestellt, dass an die Außenwand direkt an die Gartenmauer anschließt, weshalb aufgrund der nur geringen Dicke des Mauerwerks und der angrenzenden Gartenmauer im Wandeckenbereich eine Wärmebrücke vorliegt, die innenseitig bei einer Unterschreitung der Taupunkttemperatur zu einer Kondensatbildung führen kann. Zudem könne die Außenwandecke im Anschluss an die Gartenmauer aufgrund der davor gesetzten Holzwand nur sehr schlecht abtrocknen, was sich auch an einer Algenverfärbung der Wand zeige (Bl. 174 f. d. A.). Insofern tragen bauliche Faktoren auf Seiten der Kläger zumindest zur Verstärkung des Schadensbildes bei. Es kommt hinzu, dass aufgrund der langwierigen, den Klägern bekannten Situation der Terrasse der Beklagten, diese schon vor Jahren Sicherungsmaßnahmen an ihrer Wand hätten treffen können, z.B. eine Bitumenabdichtung der Wand von außen.
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Insofern ist – wie in dem vom Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt entschiedenen Fall – auch hier anzunehmen, dass die Kläger im Hinblick auf die besondere Einwirkungsmöglichkeit, der ihre Grenzwand seitens der Beklagten ausgesetzt war, Sicherungsmaßnahmen hätten selbst vornehmen können und müssen, um einer möglichen Schadensverursachung vorzubeugen. Wenn dies in der Vergangenheit trotz behaupteter regelmäßiger Überschwemmung bzw. nicht ordnungsgemäßer Ableitung von Wasser auf der Terrasse der Beklagten unterlassen wurde, so begründet dies ein so überwiegendes Mitverschulden i.S.d. § 254 BGB, dass nunmehr dahinter ein evt. Verursachungsbeitrag der Beklagten zurücktritt. Dies gilt umso mehr, als es sich beim Verursachungsbeitrag der Beklagten nicht um das regelmäßig anfallende Versickerungswasser handeln kann, sondern nur um denjenigen Anteil, welcher durch nicht ordnungsgemäße Ableitung übermäßig, also über die übliche Bodenfeuchte hinaus, auf die klägerische Wand eingewirkt hat, also um den Anteil, mit dem der Wasserzufluss rechtswidrig verstärkt worden wäre (vgl. OLG des Landes Sachsen-Anhalt, a.a.O., Rn. 22).
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Schlussendlich ist ein Anspruch auf Schadensersatz der Kläger auch deshalb ausgeschlossen, weil sich Schäden an der klägerischen Wand nicht danach abgrenzen lassen, inwieweit sie durch einen rechtswidrigen Zufluss übermäßigen Niederschlagswassers vom Grundstück der Beklagten entstanden sind und inwieweit sie einem normalen Zufluss von Bodenfeuchte geschuldet sind. Zudem ist auch eine Abgrenzung derjenigen Schäden im Hause der Kläger, welche ursächlich auf eine im Sockelbereich an der klägerischen Hauswand aufsteigende Feuchtigkeit zurückzuführen sind, gegenüber denjenigen, die im Wandeckenbereich des klägerischen Gebäudes aufgrund einer Wärmebrücke auftreten, so gut wie nicht möglich. Da hier aufsteigende Feuchtigkeit und andere Ursachen nach dem Sachverständigengutachten zusammenwirken (Bl. 171 d. A.), lässt sich zumindest im Hinblick auf die Innensanierung insofern keine Abgrenzung treffen. Soweit es um die Sanierung der Außenwand geht, dürfte eine Sicherung der Außenwand aus den bereits ausgeführten Gründen ohnehin den Klägern selbst obliegen.
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Mangels eines Schadensersatzanspruchs der Kläger dem Grunde nach sind auch die geltend gemachten Sachverständigenkosten als Schaden nicht ersatzfähig.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.