Zur Zwangsvollstreckung wegen Verstoßes gegen eine gerichtliche Unterlassungsverfügung (hier: Werbung auf Instagram-Account)

KG Berlin, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 5 W 115/18

Zur Zwangsvollstreckung wegen Verstoßes gegen eine gerichtliche Unterlassungsverfügung (hier: Werbung auf Instagram-Account)

Tenor
1.

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 3. Mai 2018 – 15 O 250/17 – wird zurückgewiesen.

2.

Die Schuldnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 4.125 € festgesetzt.

Gründe
I.

1
Die gemäß §§ 793, 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Schuldnerin ist nicht begründet, § 890 ZPO. Im Ergebnis mit Recht hat das Landgericht wegen Titelverstoßes ein Ordnungsgeld von 5.000 € verhängt.

1.

2
Zwar weckt der – auf keine Verletzungsform Bezug nehmende – Verbotstitel wegen seiner auslegungsbedürftigen und sich vorliegend im Streit befindlichen Begriffe “im geschäftlichen Verkehr” und “zu werben” Bedenken hinsichtlich einer hinreichenden Bestimmtheit (vgl. etwa Senat, WRP 2018, 350). Diese können aber hintan stehen. Denn auch ein nicht hinreichend bestimmter Unterlassungstitel ist ausnahmsweise vollstreckungsfähig, wenn er im Wege der Auslegung unter Orientierung an der konkreten Verletzungshandlung, die zum Erlass des Titels geführt hat, auf einen vollstreckungsfähigen Inhalt begrenzt werden kann (OLG Frankfurt MMR 2015, 472; Hess in: Ullmann, jurisPK-UWG, 4. Aufl., § 12 Rn. 254). Letzteres ist hier, wie auch die nachfolgenden Ausführungen noch ergeben werden, mit Blick auf die Antragsschrift (im Erkenntnisverfahren) vom 14. Juli 2017 und die dort als Verletzungshandlung überreichte Anlage A 3 der Fall.

2.

3
Der hier in Rede stehende Instagram-Auftritt der Schuldnerin (Anlagen OA 4-6) verstößt gegen den (nach vorstehenden Maßgaben zu begrenzenden) Verbotstitel, da er eine im Vergleich zur Verletzungshandlung des Erkenntnisverfahrens (Anlage A 3) zwar nicht identische, wohl aber kerngleiche und somit titelverletzende Handlung darstellt.

a)

4
Die rechtlichen Grundsätze der Kerntheorie hat das Landgericht auf Seite 4, letzter Absatz, des angefochtenen Beschlusses zutreffend dargestellt, weshalb darauf verwiesen wird.

b)

5
Laut Seite 11 der Antragsbegründung im Erkenntnisverfahren stellte die damalige Verletzungshandlung (schon) deshalb Werbung dar, weil Produkte und Herstellernamen erscheinen und man durch Klicken auf Internetseiten der Hersteller weitergeleitet wird. Diese Begründung hat zum Erlass der Verbotsverfügung geführt. Ob die Schuldnerin eine Gegenleistung erhalten hat, hat hier seinerzeit demgegenüber – anders als in sonstigen Erkenntnisverfahren, wie z.B. Senat WRP 2018, 98; WRP 2018, 224, und auch anders als von den Parteien und dem Landgericht im hiesigen Vollstreckungsverfahren thematisiert – keine Rolle für die Frage gespielt, ob “Werbung” vorliegt oder nicht.

c)

6
Waren sonach im Erkenntnisverfahren – ob zu Recht oder nicht, unterliegt nicht der vollstreckungsrechtlichen Überprüfung – allein obige Parameter für die Frage maßgeblich, ob eine verbotswürdige Rechtsverletzung (Schleichwerbung) vorliegt, so stellt der jetzt angegriffene Instagram-Auftritt der Schuldnerin (Anlagen OA 4-6) eine Titelverletzung nach Maßgabe der Kerntheorie dar, da sich besagte Parameter (Produkte – Herstellernamen – erklickbare Weiterleitung auf Internetseiten der Hersteller) dort wiederfinden.

3.

7
Dass im Rahmen des Abschlussverfahrens von der Schuldnerin auch die Frage einer Gegenleistung thematisiert worden ist, ändert an Vorstehendem auch dann nichts, wenn es an einer solchen nunmehr, wie sie behauptet, fehlen sollte. Denn dem diesbezüglichen Antwortschreiben des Gläubigers lässt sich nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, dass er auch einer solchen Beschränkung des Titels auf Fälle festgestellter Gegenleistungen gleichfalls hätte zustimmen wollen. Insofern kann weder davon ausgegangen werden, dass die Parteien über eine entsprechende Beschränkung der inhaltlichen Reichweite des Titels Einigkeit erzielt hätten, noch dass der Gläubiger einen partiellen Verzicht auf den ihm gerichtlich zugesprochenen Verbotstitel erklärt hätte und etwa jetzt mit Betreiben der Unterlassungsvollstreckung – wie die Schuldnerin meint – rechtsmissbräuchlich handeln würde.

4.

8
Der Verstoß erfolgte schuldhaft, nämlich zu einem Zeitpunkt als die Schuldnerin Kenntnis nicht nur vom (ihr zugestellten) Verbotstitel, sondern auch von der (ihren Verfahrensbevollmächtigten zwischenzeitlich übersandten) Antragsschrift des Erkenntnisverfahrens nebst Anlagen hatte. Der Senat teilt in Anbetracht besagter Abschlusskorrespondenz zwar nicht die Einschätzung des Landgerichts, die Schuldnerin habe hier vorsätzlich ihr Geschäftsmodell unbeirrt, wissentlich und willentlich unter anderem Etikett fortgesetzt, sondern geht vielmehr von einer fahrlässigen rechtlichen Fehlbeurteilung dieser Korrespondenz aus. Gleichwohl ist auch unter diesem Umständen das verhängte Ordnungsgeld in der Höhe gerechtfertigt, da sich – gerichtsbekanntermaßen – beim Influencer Marketing mit prominenten Marken, wie sie hier in Rede stehen, Umsätze in beträchtlicher Höhe erzielen lassen und Titelverstöße sich auch vor diesem Hintergrund “nicht lohnen sollen”.

II.

9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Wertfestsetzung auf §§ 3 ZPO, 47 GKG.

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