Zur Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Autowaschstraße bei Glatteis

OLG Düsseldorf, Urteil vom 25. August 2015 – I-21 U 8/14

1. Zu Umfang und Ausgestaltung der Verkehrssicherungspflicht des Betreibers einer Autowaschstraße bei möglicher Glatteisbildung.(Rn.36)

2. Zur Darlegungs- und Beweislast bei Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht als haftungsauslösende Handlung und zur sekundären Behauptungslast des Sicherungspflichtigen in Bezug auf die Erfüllung seiner Verkehrssicherungspflicht.(Rn.35)

3. Zu den Anforderungen, unter denen der Autowaschanlagenbetreiber durch einen Warnhinweis seiner Sicherungspflicht in haftungsausschließender Weise nachkommt.(Rn.43)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 18.12.2013, 11 O 195/11, wird dahin abgeändert,

dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 6.500,- EUR sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 27.07.2011 zu zahlen,

und dass festgestellt wird, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen zukünftigen Schaden zu ersetzen, der daraus resultiert, dass die Klägerin am 13.12.2010 gegen 10.30 Uhr auf dem Gelände der C…Anlage der Beklagten in D…, S…Str. , infolge Glatteis zu Fall gekommen ist und sich verletzt hat, wobei diejenigen Ansprüche, die auf andere Träger übergegangen sind, ausgenommen sind.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand
1
Die 1964 geborene Klägerin nimmt die Beklagte als Betreiberin einer Autowaschanlage in D… wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht in Anspruch. Dem liegt im einzelnen folgendes zugrunde:

2
Der streitgegenständliche Vorfall ereignete sich am 13.12.2010. Es herrschten winterliche Wetterverhältnisse. Am Unfalltag hatte es nicht geschneit, die Witterung war trocken und das Außengelände der von der Beklagten betriebenen Waschanlage war von Schnee und Eis geräumt. Am Vormittag des Unfalltages ließ die Klägerin ihren PKW in der Waschstraße der Beklagten reinigen. Während des Waschvorgangs verließ sie ihren PKW, um eine im Inneren des Gebäudes der Waschanlage gelegene Toilette aufzusuchen. Hierbei handelte es sich um eine Personaltoilette, deren Benutzung der Klägerin von einem Mitarbeiter der Beklagten gestattet worden war. Nach Verlassen des Gebäudes kam die Klägerin auf dem Waschstraßengelände zu Fall und zog sich eine Verletzung im Bereich des Sprunggelenks ihres rechten Fußes zu. Die näheren Einzelheiten zu dem Unfallhergang sind zwischen den Parteien streitig.

3
Nach dem Unfallereignis wurde die Klägerin mit einem Rettungswagen in das S… Krankenhaus in D….-B…. verbracht. Dort wurde eine sog. Maisonneuve-Fraktur des Sprunggelenks des rechten Fußes diagnostiziert (dies ist eine Wadenbeinfraktur mit Riss der Bandverbindung zwischen Schienbein und Wadenbein) mit einer Innenknöchelfraktur und einer Fraktur des hinteren Kantendreiecks, sog. Volkmann’sches Dreieck, am Schienenbein. Noch am Unfalltag wurden die Verletzungen der Klägerin operativ behandelt und es wurde eine offene Reposition mit einer Schraubenosteosynthese am Innenknöchel und eine Implantation von Stellschrauben im Wadenbein durchgeführt.

4
Nach regelgerechtem postoperativem Verlauf und reizlos verlaufener Wundheilung wurde die Klägerin am 20.12.2010 aus der stationären Behandlung entlassen. In der Folgezeit war die Klägerin auf Gehhilfen angewiesen. Zur Versorgung ihres Haushaltes stellte die Krankenversicherung der Klägerin eine Haushaltshilfe. Ihrer Berufstätigkeit konnte die Klägerin in dieser Zeit nicht nachgehen.

5
Anlässlich eines Untersuchungstermins in der Ambulanz des S… Krankenhauses am 24.01.2011 und einer Röntgenkontrolle wurde festgestellt, dass die erlittene Fraktur noch einsehbar und somit nicht vollständig konsolidiert war. Wegen dieser verzögerten Knochenbruchheilung wurde die der Klägerin verordnete vollständige Entlastung des rechten Fußes für eine Dauer von ursprünglich 6 Wochen auf 12 Wochen verlängert.

6
Am 04.03.2011 wurden zwei der zuvor eingebrachten Stellschrauben operativ entfernt und die Klägerin durfte das rechte Bein anschließend mit 20 kg belasten.

7
Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 25.05.2012 bis zum 27.05.2012 erneut in stationärer Krankenhausbehandlung, anlässlich derer weitere der eingebrachten Schrauben operativ entfernt wurden. Von einer vollständigen Entfernung der eingebrachten Schrauben wurde der Klägerin wegen des Risikos einer Nervenschädigung abgeraten.

8
Die Klägerin hat behauptet, am Unfalltag hätten die Temperaturen im Bereich des Gefrierpunktes gelegen, nachdem an den Tagen zuvor Tauwetter geherrscht habe. Das Außengelände um die Waschstraße herum sei von Schnee und Eis geräumt gewesen; unmittelbar hinter dem von ihr benutzten Hauptausgang aus dem Gebäude der Waschanlage habe sich aber eine spiegelglatte Fläche befunden, auf der sie gestürzt sei. Das gesamte Gelände sei in keiner Weise abgestreut gewesen; erst mittags nach ihrem Unfall sei auf der Eisfläche vor der Tür gestreut worden. Warn- oder Hinweisschilder seien auf dem Gelände zum Unfallzeitpunkt und insgesamt im betroffenen Winter nicht aufgestellt gewesen; erst unter dem Eindruck des Unfallereignisses seien am selben Tag Warnschilder aufgestellt worden. Sie habe auch nicht mit Glatteis und auch nicht mit Wasser an der Unfallstelle rechnen müssen, weil sich die eigentliche Anlage nicht auf freiem Gelände befinde.

9
Nach ihrem ersten stationären Krankenhausaufenthalt sei sie wochenlang in der Ambulanz des S…-Krankenhauses in D… behandelt worden. Sie habe nach dem Unfallereignis drei Monate lang unter enormen Schmerzen gelitten und starke Schmerzmittel nehmen müssen. Sie sei in ihren Bewegungsabläufen stark eingeschränkt und nicht in der Lage, längere Strecken zu Fuß zu bewältigen. Wegen ihrer Verletzung könne sie keinen Sport mehr treiben und im Haushalt keine schweren Lasten mehr heben. Bei Belastung schwelle ihr Fußgelenk schnell an, weshalb sie das Bein hochlegen und kühlen müsse. Bei Temperaturveränderungen oder nach langem Sitzen oder Liegen verspüre sie Stiche und Schmerzen im rechten Bein, die bis zum Knie ausstrahlen würden. Auch in Ruhestellung leide sie unter Schmerzen. Gelegentlich seien die Schmerzen derart stark, dass sie Übelkeit verspüre. Es bestehe die Gefahr, dass dauerhafte Beschwerden zurückbleiben würden.

10
Die Klägerin hat die Zahlung eines in das Ermessen des Gerichts gestellten Schmerzensgeldes in Höhe von mindestens 7.500 EUR nebst Zinsen und vorprozessualer Anwaltskosten sowie die Feststellung verlangt, dass die Beklagte ihr zum Ersatz der aus dem Unfall resultierenden Schäden verpflichtet ist.

11
Die Beklagte hat behauptet, am Unfalltag habe die Temperatur bei ca. -10 ° C gelegen. Auf ihrem Betriebsgelände habe teilweise Glatteis geherrscht. Das Gelände sei am Unfalltag mit Streusalz abgestreut worden. Jedoch sei es unvermeidbar, dass wegen der Arbeit mit Wasser zum Reinigen der Fahrzeuge auch Salz wieder weggespült werde. Am Unfallort seien insgesamt sechs Warnschilder mit den Aufschriften „Achtung! Rutschgefahr!“ und „Eingeschränkter Winterdienst: Betreten auf eigene Gefahr!“ in einem Abstand von jeweils zwei Metern aufgestellt gewesen. An den Fenstern der Kabine des Gebäudes hätten sich zwei weitere Schilder befunden. Zu dem Unfall der Klägerin sei es gekommen, als diese nach dem Verlassen der Toilette von einem ihrer Mitarbeiter darauf hingewiesen worden sei, dass ihr Auto die Anlage bereits passiert habe. Daraufhin sei die Klägerin schnell losgelaufen, wobei sie dann an der Kante der Vorwaschstraße unglücklich aufgetreten sei und sich die Verletzungen zugezogen habe. Glatteis habe sich an dieser Stelle nicht befunden. Zudem hätte die Unfallstelle hätte in einem weiten Bogen einfach umgangen werden können.

12
Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, die Klägerin müsse sich jedenfalls ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, weil ihr bekannt gewesen sei, dass Minustemperaturen geherrscht hätten und an der Unfallstelle mit Wasser gearbeitet worden sei, zumal sie bei dem Verlassen der Mitarbeitertoilette einen üblicherweise von Kunden nicht begangenen Weg benutzt habe. Schließlich sei das geforderte Schmerzensgeld auch der Höhe nach übersetzt.

13
Das Landgericht hat durch Vernehmung von Zeugen Beweis erhoben und die Klage sodann abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Klägerin kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgelds gemäß § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB zustehe. Zwar sei die Beklagte grundsätzlich verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Benutzung der Waschanlage für den durchschnittlichen Benutzer ungefährdet möglich sei; wenn sie in den Wintermonaten mit dem ihr zur Verfügung stehenden Personal nicht erreichen könne, dass der Platz vor der Einfahrt in die Waschanlage frei von Glatteis sei, müsse sie zumindest hinreichend vor der dort auftretenden Gefahr warnen oder dürfe die Anlage nicht betreiben. Es stehe aber nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine Warnung der Benutzer der Waschanlage vor Glatteis zum Unfallzeitpunkt gefehlt habe. Während die Zeugen R…, S… und G… sich nicht mehr daran hätten erinnern können, ob zum Unfallzeitpunkt Schilder aufgestellt gewesen seien, hätten die Zeugen F… Fe…. und V… Fe… übereinstimmend ausgesagt, dass auf die bestehende Rutschgefahr hinweisende Schilder vorhanden gewesen seien, wobei ihre Aussagen trotz abweichender Angaben dazu, ob die Schilder über Nacht weggeräumt worden seien, nicht als widersprüchlich angesehen würden. Auch dass der Zeuge V… Fe… eine ausdrückliche Warnung der Klägerin behauptet und damit über das Beweisthema hinausgehend ausgesagt habe, spreche nicht notwendig gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage. Jedenfalls aber bestehe keine Veranlassung, den Aussagen dieser beiden Zeugen weniger Glauben zu schenken als der Aussage des Zeugen M…, der zufolge definitiv keine Schilder aufgestellt gewesen seien, weshalb jedenfalls nicht mehr für das Fehlen von Schildern spreche als dagegen.

14
Mangels Sachvortrag dazu, zu welchen Gelegenheiten die weiteren von der Klägerin dafür benannten Zeugen, dass zu keinem weiteren Zeitpunkt Warnschilder aufgestellt worden seien, entsprechende Wahrnehmungen gemacht hätten, hätte ihre Vernehmung einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dargestellt. Die Voraussetzungen für die von der Klägerin beantragte eigene Parteivernehmung hätten nicht vorgelegen.

15
Die Klage sei damit auch hinsichtlich der weiteren geltend gemachten Ansprüche abzuweisen.

16
Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiter. Sie beanstandet, dass das Landgericht die Beweislast verkannt habe, weil die Beklagte als Betreiberin der Waschanlage beweisen müsse, dass sie die Benutzer hinreichend gewarnt habe, weshalb das vom Landgericht angenommene „non liquet“ nicht zu ihren Lasten gehe.

17
Das Ergebnis der Beweiswürdigung des Landgerichts begegne auch insoweit Bedenken, als es zu diesem „non liquet“ gelangt sei. Die Zeugen F… Fe… und V… Fe…. hätten gerade nicht übereinstimmend ausgesagt, dass zum Unfallzeitpunkt auf die bestehende Rutschgefahr hinweisende Schilder im Bereich der Anlage vorhanden gewesen seien. Der Zeuge F… Fe…. habe dies zwar bestätigt, außerdem jedoch erklärt, den Unfall selbst nicht direkt gesehen zu haben, so dass er keine Angaben dazu habe machen können, ob sich auch zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens an der Unfallstelle Warnschilder befunden hätten, zumal der Zeuge V…. Fe… erklärt habe, dass die Schilder nicht vom Chef F… Fe…., sondern durch die Mitarbeiter aufgestellt würden. Dieser Zeuge sei sich letztendlich nicht sicher gewesen, ob eines der Warnzeichen an der Unfallstelle gestanden habe. Zu folgen sei stattdessen der Aussage des Zeugen M…., der schlüssig und widerspruchsfrei bekundet habe, dass noch kurz nach Mittag am Unfalltag immer noch glatte Flächen auf dem Gelände und definitiv keine Schilder vorhanden gewesen seien.

18
Im Hinblick auf ihren Gesundheitszustand behauptet die Klägerin, die erstinstanzlich vorgetragenen Beschwerden hätten bis zum Beginn des Jahres 2014 angedauert. Seit Anfang 2014 verspüre sie eine Verbesserung ihres Gesundheitszustandes und sei in der Lage, bis zu einer Stunde bei normalem Tempo spazieren zu gehen. Nach wie vor verspüre sie Schmerzen bei starker Belastung ihres Fußes, das Heben und Tragen schwerer Gegenstände sei ihr nach wie vor nicht schmerzfrei möglich. Den von ihr vormals betriebenen Sportarten, Joggen, Badminton und Training im Fitness-Studio, könne sie nach wie vor nicht nachgehen. Zudem bestehe bei ihr das unfallbedingte und erhöhte Risiko der Entwicklung einer posttraumatischen Sprunggelenksarthrose.

19
Die Klägerin beantragt,

20
unter Abänderung des am 18. Dezember 2013 verkündeten Urteils des Landgerichts Düsseldorf, Az. 11 O 195/11, die Beklagte zu verurteilen,

21
1. an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Mai 2011 zu zahlen, wobei die Höhe des Schmerzensgelds in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 7.500 EUR aber nicht unterschreiten sollte,

22
2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr denjenigen Schaden zu ersetzen, der daraus resultiert, dass sie am 13. Dezember 2010 gegen 10.30 Uhr auf dem Gelände der C…Anlage der Beklagten in D…, S….straße, in Folge von Glatteis zu Fall gekommen ist und sich verletzt hat; ausgenommen sind diejenigen Ansprüche, die auf andere Träger übergegangen sind,

23
3. an sie 661,16 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6. Mai 2011 zu zahlen.

24
Die Beklagte beantragt,

25
die Berufung zurückzuweisen.

26
Sie führt aus, dass die Klägerin als Geschädigte die Beweislast für die objektiven und subjektiven Voraussetzungen des Schadensersatzanspruchs trage und deshalb die schädigende Handlung sowie das Verschulden des Schädigers beweisen müsse.

27
Im übrigen könne von einem „non liquet“ keine Rede sein; wie das Landgericht zutreffend ausgeführt habe, stehe nach den Bekundungen der Zeugen F… und V… Fe…. fest, dass zum Unfallzeitpunkt Schilder im Bereich der Anlage vorhanden gewesen seien, die auf die bestehende Rutschgefahr hingewiesen hätten. Zu Recht habe das Landgericht hervorgehoben, dass die Zeugen R…l, S…. und G…. keine Erinnerung mehr daran gehabt hätten, ob Schilder aufgestellt gewesen seien, und ausgeführt, dass keine Veranlassung bestehe, den Aussagen der beiden Zeuge Fe weniger Glauben zu schenken als der Aussage des Zeugen M…., der das Aufstellen der Schilder zum Unfallzeitpunkt verneint habe.

28
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von der Klägerin behaupteten Unfallfolgen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. U… G…. vom 06.11.2014 (Bl. 233 ff. GA) und sein schriftliches Ergänzungsgutachten vom 17.03.2015 (Bl. 267 ff. GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe
29
Die Berufung der Klägerin hat mit Ausnahme eines Teils des geltend gemachten Zinsanspruchs Erfolg.

1.

30
Die Klägerin kann die Beklagte gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB und gemäß §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Anspruch nehmen, denn sie wurde infolge einer der Beklagten anzulastenden Verkehrssicherungspflichtverletzung in Körper und Gesundheit verletzt.

a)

31
Die Beklagte hat die sie als Betreiberin einer Waschanlage treffende Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllt.

aa)

32
Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann ein bestehendes Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Den Betreiber einer Waschanlage trifft aufgrund dessen gegenüber seinen Kunden die generell für Vertragsparteien bestehende Schutzpflicht, sich bei Abwicklung des Vertrags seinen Kunden als Vertragspartnern gegenüber so zu verhalten, dass weder deren Person noch sonstige ihrer Rechtsgüter verletzt werden (vgl. Padeck, Rechtsprobleme bei Schadensfällen in Autowaschanlagen, VersR 1989, 542; Palandt-Grüneberg, 71. Auflage 2012, § 241 Rn. 7 m.w.N.). Inhaltsgleich besteht eine deliktische Verkehrssicherungspflicht, wonach jeder, der in der Lage ist, über eine Sache zu verfügen – das ist insbesondere der Eigentümer -, von ihr drohende Gefahren abzuwenden hat. Erst recht muss derjenige, der eine erhöhte Gefahrenquelle im Rahmen seiner gewerblichen Tätigkeit schafft, dafür sorgen, dass das von ihm angelockte Publikum in den gewerblich genutzten Räumlichkeiten oder auf dem Gewerbegrundstück nicht zu Schaden kommt (OLG Köln, NJW-RR 2003, 806 m.w.N.). Dabei muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden; erforderlich sind jedoch diejenigen Vorkehrungen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren von Dritten abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fernliegender Benutzung Dritten drohen (Palandt-Sprau, a.a.O., § 823 Rn. 46 m.w.N.).

33
Der Betreiber einer Waschanlage ist deshalb verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Benutzung der Anlage für den durchschnittlichen Benutzer ungefährdet möglich ist (OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163). Er hat insbesondere Vorkehrungen dagegen zu treffen, dass Kunden in dem ihnen für den bestimmungsgemäßen Gebrauch zugänglichen Bereich auf Glatteis oder Schnee Schaden erleiden (OLG Köln, NJW-RR 2003, 806). Während der Wintermonate ist er danach verpflichtet, die Zufahrt zur Waschanlage bei Glätte zu streuen, weil durch die rotierenden Waschbürsten bei jedem Waschvorgang wieder Wasser nach außen gelangt, dort gefriert und bei regelmäßigem Betrieb der Anlage zu gesteigerter Glatteisbildung führt (Padeck a.a.O.). Der Anlagenbetreiber ist gehalten, der bei entsprechenden Temperaturen im Umfeld der Waschanlage eintretenden Glättebildung durch Streuen entgegenzuwirken, wobei sich Entstehung, Umfang und Maß dieser Pflicht danach richten, was zur gefahrlosen Sicherung des Verkehrs erforderlich und was dem Pflichtigen zumutbar ist (OLG Köln, NZV 1994, 361 m.w.N.).

34
Dieser Pflicht ist die Beklagte nicht nachgekommen. Das Landgericht hat zutreffend die Klägerin als Anspruchstellerin für das Vorliegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung beweispflichtig angesehen; die Klägerin beanstandet mit ihrer Berufung zu Unrecht, dass stattdessen die Beklagte die Erfüllung ihrer Pflichten hätte beweisen müssen.

35
Zu beachten ist aber, dass die behauptete Pflichtverletzung in einem Unterlassen besteht, die Klägerin also mit dem Nichttreffen ausreichender Maßnahmen einen negativen Umstand darlegen und beweisen muss. Hinsichtlich solcher negativer Tatbestandsmerkmale ist anerkannt, dass der nicht beweisbelasteten Partei eine sekundäre Behauptungslast obliegt; sie beruht darauf, dass der darlegungsbelasteten Partei anders eine konkrete Erwiderung mit entsprechendem Beweisantritt nicht möglich ist (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rn. 8 a, Rn. 24 vor § 284). Die Beklagte hätte also zunächst vortragen müssen, dass sie ihrer Verpflichtung ausreichend nachgekommen sei. Schon nach ihrem eigenen Vortrag hat sie ihre Streupflicht jedoch nicht erfüllt, weil es dazu nicht genügen würde, dass auf dem Gelände überhaupt Salz gestreut worden ist.

36
Die Beklagte hat selbst darauf hingewiesen, dass zuvor gestreutes Salz am Unfallort weggespült worden sei, weil dort mit Wasser gearbeitet werde. Die Streupflicht entfällt jedoch nicht deshalb, weil Streumaßnahmen im Bereich einer Waschanlage die Glatteisgefahr ggf. nur für eine kurze Übergangzeit mindern; vielmehr besteht die Verpflichtung, das Streuen in angemessener Zeit zu wiederholen, wenn das Streugut seine Wirkung verloren hat (OLG Köln, NZV 1994, 361 m.w.N.). Zumutbar ist dabei auch Gewerbetreibenden nicht nur ein mehrfaches Streuen im Abstand von einigen Stunden (so noch „im allgemeinen“ OLG Köln, NZV 1994, 361); wenn bei der Art des Betriebes wegen des Spitzwassers Glatteis auch an trockenen Tagen entstehen kann, an denen die Straßen und Gehwege ansonsten frei sind und dem Kunden die Glatteisgefahr nicht immer gegenwärtig ist, sind dem Betreiber vielmehr durchaus erhöhte Anstrengungen zur Beseitigung der Gefahr zuzumuten (OLG Hamm, MDR 1998, 1105). Da es selbstverständlich ist, dass in einer Autowaschanlage erhebliche Mengen Wasser auf den Boden gelangen, die bei starkem Frost gefrieren können, kann der Betreiber der Waschanlage dieser erheblichen Gefahr nicht nur dadurch begegnen, dass er schematisch in bestimmten Zeitabständen Enteisungsmittel streut; statt dessen muss er jeweils dann zeitnah erneut tätig werden, wenn nach seinen letzten Maßnahmen erneut Flüssigkeit auf den Fußboden gelangen konnte, die zu Eis gefrieren konnte (vgl. OLG Köln, NJW-RR 1999, 673).

37
Dass die Beklagte das selbst vorgetragene „Wegspülen“ von Salz zum Anlass für solche wiederholte Maßnahmen genommen hat, lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen.

38
Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass das bloße Abstreuen mit Salz nicht ohne weiteres eine ausreichende Maßnahme darstellt, um Kunden wirksam vor Stürzen zu schützen, weil dies bei einer dickeren – u.U. noch vom Waschbetrieb am Vortag stammenden – Eisschicht kein sofortiges Verschwinden der Glätte bewirkt, sondern dazu führt, dass diese sich infolge des Antauens der obersten Eisschicht zunächst eher noch verstärkt (vgl. OLG Hamm, MDR 1998, 1105). In solchen Fällen kann es ein wirksamer Schutz der Kunden daher erfordern, dass rechtzeitig vor dem Beginn der Benutzung der Waschanlage entweder die Eisschicht entfernt wird oder dass sie rechtzeitig so dick mit abstumpfenden Mitteln abgestreut wird, dass dadurch ein Ausgleiten verhindert wird, oder dass überhaupt durch Schließen der Tore, Anbringen von Matten oder dergleichen die Bildung einer Eisschicht durch Wasser, das während des Waschvorgangs aus der Anlage herausspritzt, verhindert wird (OLG Hamm, MDR 1998, 1105).

39
Auch dazu hat die Beklagte nichts vorgetragen; der Zeuge F… Fe hat sogar im Gegenteil angegeben, dass der Bereich, in dem die Klägerin gestürzt ist, nicht gestreut gewesen sei.

bb)

40
Eine Haftung der Beklagten scheidet auch nicht deshalb aus, weil die Klägerin auf ihrem Weg von der Mitarbeitertoilette im Innern des Gebäudes zu Fall gekommen ist. Die Verkehrssicherungspflicht besteht auf dem gesamten Gelände, das zum Verkehr eröffnet ist und damit auch in dem Bereich, in dem die Klägerin gestürzt ist. Aus den Ausführungen der Beklagten, dass Kunden üblicherweise während des Waschvorgangs in ihren Fahrzeugen blieben und der Klägerin nur ausnahmsweise die Benutzung der Personaltoilette im Innern des Gebäudes gestattet worden sei, folgt nicht, dass sie in einem Bereich zu Fall kam, zu dessen Betreten Kunden generell nicht befugt sind und auf den sich die Verkehrssicherungspflicht deshalb nicht erstreckt (vgl. OLG Köln, NZV 1994, 361; OLG Hamm, NJWE-VHR 1998, 192). Wenn das Aufsuchen der Personaltoilette nur über einen solchen dem befugten Betreten nicht eröffneten Weg möglich gewesen wäre, hätte das Personal der Beklagten der Klägerin deren Benutzung nicht ohne weiteres gestatten dürfen. Dass es sich nicht um einen solchen Weg handelte, folgt aber aus dem weiteren Vortrag der Beklagten, wonach sie gerade im Unfallbereich Warnschilder aufgestellt habe; wozu eine Warnung von Kunden in einem Bereich veranlasst worden sein soll, in dem überhaupt nicht mit dem Betreten durch Kunden zu rechnen sein würde, ist nicht nachvollziehbar.

cc)

41
Wiederholte Streumaßnahmen der Beklagten waren auch nicht deshalb entbehrlich, weil bei jedenfalls um den Gefrierpunkt liegenden Temperaturen jeder Besucher damit rechnen muss, dass es in der Nähe der Waschanlage infolge des austretenden Wassers zu Glatteisbildung kommen kann. Vereiste Flächen gehören nicht zu solchen Gefahren, die jedem vor Augen stehen müssen und vor denen man sich durch die zu verlangende eigene Vorsicht ohne weiteres selbst schützen kann, weil es selbst bei vorsichtigem Verhalten zu Stürzen kommen kann (OLG Köln, NZV 1994, 361). Der Betreiber einer Autowaschanlage, der die Anlage betreibt, um daraus für sich Gewinn zu erzielen, kann sich deshalb nicht darauf berufen, dass von seinen Kunden als Benutzer einer Autowaschanlage eine erhöhte Sorgfalt in Bezug auf mögliches Glatteis zu fordern sei, mit der Folge, dass an seine Verkehrssicherungspflicht geringere Anforderungen zu stellen seien als zum Beispiel an die Streupflicht eines Gastwirtes im Hinblick auf den Parkplatz seiner Gaststätte (OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163).

dd)

42
Auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Beklagten im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast kann ferner nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte ihrer Verkehrssicherungspflicht durch das Aufstellen von Hinweisschildern ausreichend nachgekommen ist.

43
Durch eine bloße Warnung vor der bestehenden Gefahr kann der Waschanlagenbetreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nicht ohne weiteres nachkommen. Als erheblich in Betracht gezogen wurde das Aufstellen von Hinweisschildern für die Frage eines Mitverschuldens des Kunden, das im Ergebnis dann aber verneint wurde (OLG Köln, NJW-RR 2003, 806).

44
Als möglicherweise zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht ausreichend erachtet worden ist eine hinreichende Warnung vor Glatteis – als Alternative zu einem Absehen von einem Betrieb der Anlage – nur in dem Fall, dass der Betreiber in den Wintermonaten mit dem ihm zur Verfügung stehenden Personal eine Eisfreiheit des Geländes nicht erreichen kann (vgl. OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163). Obwohl das Landgericht diese Voraussetzung seinen Ausführungen vorangestellt hat, hat es keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte der ihr vorrangig obliegenden Streupflicht hätte nachkommen können; dass dies aufgrund nicht ausreichender personeller Mittel oder aus anderen Gründen nicht möglich gewesen sei, behauptet die Beklagte aber auch nicht.

45
Darüber hinaus genügen die von der Beklagten behaupteten Warnhinweise auch inhaltlich nicht. Eine geeignete Warnung muss einen Hinweis darauf enthalten, dass in dem betreffenden Bereich der Waschanlage auch dann Glatteis vorhanden sein kann, wenn das übrige Gelände eisfrei ist und auch die Witterung kein Glatteis erwarten lässt (OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163). Ein Schild mit dem Aufdruck „keine Haftung bei Glatteis“ ist entsprechend nicht geeignet, Kunden hinreichend vor der Glatteisgefahr zu warnen, weil es nur einen Haftungsausschluss enthält (OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163). Gleiches muss für ein Schild mit der von der Beklagten vorgetragenen Aufschrift „Eingeschränkter Winterdienst: Betreten auf eigene Gefahr!“ gelten: Der Waschanlagenbetreiber kann die ihn treffende Verkehrssicherungspflicht nicht dadurch erfüllen, dass er seinen Kunden mitteilt, dass er seiner Streupflicht nur „eingeschränkt“ nachkomme; die mit dem Schild bezweckte Abwälzung der Gefahr auf den Kunden ist nicht zulässig.

46
Ebenso wenig ist ein Schild mit der Aufschrift „Vorsicht Glatteis“ als geeignet angesehen worden, einen Kunden, der darauf vertraut, dass der Waschanlagenbetreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nachkommt, ernsthaft auf die Gefahr des Glatteises hinzuweisen (OLG Köln, NJW-RR 2003, 806). Erst recht genügen Schilder – deren Aufstellung die Beklagte behauptet – mit einer allgemein vor „Rutschgefahr“ warnenden Aufschrift nicht, die diese Gefahr nicht einmal auf mögliches Glatteis spezifizieren.

47
Gegen eine u.U. ausreichende Warnung ihrer Kunden spricht darüber hinaus die Vielzahl der angeblich von der Beklagten aufgestellten Schilder. Nach dem Vortrag der Beklagten ist nicht erkennbar, dass diese speziell an besonders gefährlichen Stellen aufgestellt worden sein sollen; nach der Aussage des Zeugen D… waren diese statt dessen auf dem gesamten Gelände verteilt. Auf diese Weise dürften sie kaum geeignet gewesen seien, die Kunden insbesondere zu dem von der Beklagten für ohne weiteres möglich gehaltenen „Umgehen“ besonderer Gefahrenbereiche zu veranlassen.

b)

48
Die Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten ist auch für den Sturz der Klägerin und damit für die erlittene Körper- und Gesundheitsschädigung kausal geworden.

49
Bei Glatteisunfällen sind die Regeln über den Anscheinsbeweis anwendbar, wonach – ähnlich wie bei einem Verstoß gegen konkret gefasste Unfallverhütungsvorschriften – nach dem ersten Anschein eine Vermutung dafür spricht, dass es bei Beachtung der Vorschriften über die Streupflicht nicht zu den Verletzungen gekommen wäre, dass sich also in dem Unfall gerade diejenige Gefahr verwirklicht hat, deren Eintritt die Schutzvorschriften verhindern wollten (BGH NJW 2009, 3302 m.w.N.). Dieser Anscheinsbeweis greift hier ein, weil die Klägerin in einem von der Streupflicht der Beklagten während der Öffnungszeiten der Waschanlage, d.h. in einem Zeitraum, in dem die Beklagte den Verkehr auf dem Gelände eröffnet hatte, zu Fall gekommen ist.

50
Dahinstehen kann, ob die Behauptung der Beklagten, dass die Klägerin statt dessen wegen der sich im Unfallbereich befindenden Kante gestürzt ist, zur Erschütterung dieses Anscheinsbeweises genügt, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme positiv feststeht, dass die Klägerin infolge des Glatteises zu Fall gekommen ist.

51
Sie selbst hat im Rahmen ihrer informatorischen Anhörung auch auf ausdrücklichen Vorhalt, dass sich am Ort ihres Sturzes eine Kante befinde, an ihrer Erklärung festgehalten, dass sie auf „Verfrostungen“ ausgerutscht sei. Dafür, daß sie tatsächlich aufgrund von Glätte zu Fall gekommen und nicht etwa statt dessen über die Kante gestolpert ist, spricht vor allem die Aussage des Zeugen R…l, der zwar den Sturz der Klägerin nicht selbst beobachtet, jedoch angegeben hat, dass es dort, wo er die Klägerin danach vorgefunden habe, sehr glatt gewesen sei; zwar sei der Schnee beiseitegeschoben gewesen, es sei jedoch eine dünne Oberfläche Eis vorhanden gewesen. Diese Aussage erscheint glaubhaft, nachdem der Zeuge erkennbar nur Umstände wiedergegeben hat, an die er sich tatsächlich erinnerte und entsprechend hinsichtlich vieler Details – u.a. der genauen Menge Eises – angegeben hat, dazu nichts sagen zu können. Erkennbar ist er auch nicht darum bemüht gewesen, zu Gunsten der – ihm gar nicht näher bekannten – Klägerin auszusagen; dies ist klar daran ersichtlich, dass er etwa erklärt hat, nicht zu wissen, ob gestreut gewesen sei und Warnschilder aufgestellt gewesen seien. Weiterhin hat der Zeuge R…l ebenfalls glaubhaft ausgesagt, dass die Klägerin ihm gegenüber unmittelbar nach ihrem Sturz erklärt habe, „ausgerutscht“ zu sein. Die Wortwahl „ausrutschen“ ist mit dem von der Beklagten vorgetragenen Unfallverlauf, nach dem die Klägerin über eine Kante gestolpert und deshalb zu Fall gekommen sei, kaum vereinbar, weil für einen solchen Sturz gerade keine Rutsch-/oder Gleitbewegung kennzeichnend ist und er deshalb – auch umgangssprachlich – nicht als Ausgleiten/-rutschen beschrieben wird. Dass die Klägerin derart gestolpert sein könnte, aber bereits unmittelbar im Anschluss dem Zeugen R… gegenüber trotz ihrer erlittenen erheblichen Verletzung – möglicherweise, um die Beklagte in Anspruch nehmen zu können – davon abweichende Angaben gemacht haben könnte, erscheint ausgeschlossen, zumal ihr dazu hätte bekannt gewesen sein müssen, dass tatsächlich Glatteis vorhanden war.

52
Von diesem Unfallhergang ist ganz offensichtlich auch der Zeuge V… Fe…. ausgegangen, der ebenfalls davon gesprochen hat, dass die Klägerin „ausgerutscht und hingefallen“ sei. Er hat zudem erklärt, dass die Klägerin in dem Bereich gestürzt sei, wo die Autos abgespritzt würden und das Streuen deshalb nicht viel nütze; ausdrücklich hat der Zeuge eingeräumt, dass es dort nass gewesen sei und auch etwas glatt gewesen sein könne.

53
Gegen eine Unfallursächlichkeit der Kante spricht auch die Aussage des Zeugen D…, der den Sturz der Klägerin als einziger beobachtet und diesen so geschildert hat, dass sie ganz komisch gefallen sei und sich verdreht habe, weil sie gerade um die Ecke gegangen sei. Dass der Zeuge selbst diesen Sturz auf Glatteis zurückgeführt hat, wird daran deutlich, dass er unmittelbar im Anschluss an seine Unfallschilderung auf die aufgestellten Warnschilder eingegangen ist und sogar vor einer angeblichen ausdrücklichen Warnung der Klägerin berichtet hat.

54
Der Überzeugung von einem Sturz infolge der mangelnden Erfüllung der Streupflicht durch die Beklagte steht schließlich die Aussage des Zeugen F… Fe nicht entgegen. Dieser hat zunächst angegeben, dass sich der Unfall „direkt bei dem Vorwaschplatz“ ereignet habe, wo mit Wasser gespritzt werde. Erst auf Nachfrage hat er klargestellt, dass sich der Sturz nicht „direkt auf dem Vorwaschplatz“, sondern – wie ihm sein Mitarbeiter V… Fe…. gesagt habe – an der Kante nach draußen. Nachdem er zu diesem Bereich am Anfang seiner Aussage erklärt habe, dass dort „eigentlich“ kein Eis oder gefrorener Boden habe sein sollen, hat er in der Folge ausgesagt, dass dieser Bereich zwar nicht abgestreut, jedoch sauber und trocken gewesen sei, ohne dass deutlich geworden ist, ob er dies aus eigener Anschauung oder ebenfalls aufgrund einer Erklärung seines Mitarbeiters V… Fe…. hat sagen können. Diese insgesamt unklare Aussage bestätigt den Vortrag der Beklagten, dass die Klägerin über eine Kante gestürzt sei, schon nicht, weil der Zeuge F… Fe diese Kante nicht als Unfallursache, sondern lediglich zur Beschreibung des Unfallorts genannt hat, wobei diese Angabe lediglich auf einer Mitteilung des Zeugen V… Fe…. hat beruhen sollen, der dies seinerseits im Rahmen seiner Aussage nicht so wiedergegeben hat. Dass die Klägerin dem Zeugen F… Fe zufolge offenbar ohne erkennbare Ursache auf trockenem Untergrund gestürzt sein soll, geht über den Vortrag der Beklagten hinaus und erscheint auch deshalb nicht glaubhaft, weil nach den weiteren Angaben des Zeugen an der von ihm beschriebenen Unfallstelle jedenfalls in der Nähe des Vorwaschplatzes durchaus mit Nässe gerechnet werden muss, zumal die Beklagte selbst auch an dieser Stelle vor einer „Rutschgefahr“ gewarnt haben will.

c)

55
Die Beklagte handelte auch schuldhaft, sie hat durch Verletzung der ihr obliegenden Verkehrssicherungspflicht in fahrlässiger Weise eine Verletzung der Klägerin an Körper und Gesundheit herbeigeführt. Demgegenüber trifft die Klägerin kein Mitverschulden an der Schadensentstehung, § 254 BGB.

56
Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht kommt ein Mitverschulden i.S. des § 254 BGB immer dann in Betracht, wenn ein sorgfältiger Mensch Anhaltspunkte für eine Verkehrssicherungspflichtverletzung rechtzeitig hätten erkennen können und er die Möglichkeit besaß, sich auf die Gefahr einzustellen (OLG Saarbrücken, OLGR 2004, 623 m.w.N.).

57
Ein Sturz infolge Glatteises begründet danach nicht stets ein Mitverschulden des Fußgängers. Vielmehr ist es eine Frage des Einzelfalles, ob dem Geschädigten vorgeworfen werden kann, er habe durch ein Verhalten, das den durch Schnee und Eis herbeigeführten winterlichen Verhältnissen nicht genügend Rechnung getragen habe, zur Schadensentstehung beigetragen (OLG Saarbrücken, Urteil vom 12. Februar 2014, 2 U 113/13, zitiert nach juris). Vorliegend ist dabei die Besonderheit zu beachten, dass am Unfalltag unstreitig trockenes Wetter herrschte, bei dem Glatteis nicht allgemein, sondern nur aufgrund des austretenden Wassers auf dem Gelände der Waschanlage auftrat.

58
Zum Teil wird insoweit die Ansicht vertreten, dass sich dem Kunden einer Waschanlage bei kaltem Wetter die Überlegung aufdrängen muss, dass in einem derartigen Betrieb aufgrund des ständig auftretenden Spritzwassers mit Vereisungen gerechnet werden muss, weshalb er ggf. Veranlassung hat, auf dem Gelände vorsichtig zu sein (vgl. OLG Hamm, MDR 1998, 1105; OLG Köln, NJW-RR 1999, 673; OLG Köln, NJW-RR 2003, 806).

59
Dies überzeugt den Senat indes nicht. Wie bereits dargelegt, folgt der Umfang der Verkehrssicherungspflicht auf dem Gelände einer Waschanlage gerade aus den besonderen Gefahren, die infolge deren Betriebs entstehen, jedoch nicht jedem vor Augen stehen müssen. Damit ist es aber widersprüchlich, wenn dem bei der Begründung der Verkehrssicherungspflicht als besonders schutzwürdig angesehenen Kunden einer Waschanlage bei der Frage des Mitverschuldens vorgeworfen wird, dass er keine genügenden Überlegungen angestellt hat, um die – vom Waschanlagenbetreiber zu beseitigende – Gefahr selbst zu erkennen und ihr Rechnung tragen zu können.

60
Deutlich wird dieser Widerspruch in Entscheidungen, in denen bei ähnlich gelagerten Sachverhalten ein Mitverschulden bejaht wird, insbesondere bei der Erörterung der Höhe des Mitverschuldens: So führt das Oberlandesgericht Köln in seiner Entscheidung vom 13. Juli 1998 (NJW-RR 1999, 673) aus, dass den dortigen Kläger ein Mitverschulden treffe, weil er damit habe rechnen müsse, dass Wasser, das gefroren sein könne, auf den Fußboden gelangt sein könne; keinesfalls betrage dieses Mitverschulden aber mehr als 50 %, weil der Kunde einer Autowaschanlage darauf vertrauen könne, dass der Betreiber seiner Verkehrssicherungspflicht nachkomme, weshalb er jedenfalls in ohne weiteres zugänglichen Teilen der Waschanlage nicht mit Eis rechnen müsse; dem entspricht die Argumentation im Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 21. Januar 2003 (NJW-RR 2003, 806).

61
Der Senat schließlich sich vielmehr der Auffassung an, wonach sich ein Mitverschulden nicht bereits aus der Benutzung der Waschanlage ergibt, weil der Kunde eben grundsätzlich darauf vertrauen darf, dass die Benutzung der Waschanlage gefahrlos möglich ist (OLG Koblenz, JurBüro 2000, 163).

62
Ein Mitverschulden der Klägerin käme danach allenfalls in Betracht, wenn die Eisbildung für sie ohne weiteres wahrnehmbar gewesen wäre (vgl. OLG Köln, NZV 1994, 361). Dies hat die Beklagte jedoch nicht behauptet und entsprechendes hat auch die Beweisaufnahme nicht ergeben. Vielmehr hat der Zeuge R… angegeben, dass die glatte Fläche dort, wo er die Klägerin aufgefunden habe, nicht ersichtlich gewesen sei, weil die dünne Eisfläche transparent gewesen sei.

63
Es ist auch nicht erwiesen, dass die Klägerin ausdrücklich gewarnt wurde. Zwar hat ausweislich des Sitzungsprotokolls des Landgerichts vom 02.12.2013 der Zeuge D… – und nicht, wie im landgerichtlichen Urteil ausgeführt, der Zeuge V… Fe…. – ausgesagt, dass er der Klägerin ausdrücklich gesagt habe, dass sie aufpassen solle, wobei davon auszugehen ist, dass die Beklagte sich diese ihr günstige Erklärung konkludent zu eigen gemacht hat. Diese Behauptung kann jedoch aufgrund der Aussage des Zeugen nicht als bewiesen angesehen werden. Gegen die Glaubhaftigkeit seiner Aussage jedenfalls in diesem Punkt spricht gerade der bereits vom Landgericht aufgeführte Umstand, dass sie deutlich über den bisherigen Vortrag der Beklagten hinausging.

d)

64
Gemäß § 253 Abs. 2 BGB kann die Klägerin wegen der infolge einer Verkehrssicherungspflichtverletzung der Beklagten erlittenen Verletzung ein Schmerzensgeld verlangen.

65
Die Höhe des einem Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes muss unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgebenden Faktoren festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung stehen. Maßgeblich sind dabei stets die Umstände des jeweiligen Einzelfalles. Bemessungsfaktoren sind dabei vor allem die Umstände, die den Verletzten betreffen, also insbesondere Art und Dauer der erlittenen Verletzung. Zu berücksichtigen als Umstand, der aus der Sphäre des Schädigers stammt, ist vor allem der ihm anzulastende Verschuldensgrad und im Falle eines etwaigen Mitverschuldens des Geschädigten die Frage, welches Gewicht den jeweiligen Verursachungsbeiträgen zuzumessen ist. Schließlich kommt auch dem allgemeinen Gedanken, dass für vergleichbare Verletzungen, unabhängig vom Haftungsgrund ein annähernd gleiches Schmerzensgeld zu gewähren ist, besondere Bedeutung zu (vgl. Palandt-Grüneberg, § 253 Rn. 15 m.w.N.).

66
Vorliegend ist der Beklagten lediglich eine fahrlässige Herbeiführung einer Körper- und Gesundheitsverletzung durch eine Verkehrssicherungspflichtverletzung anzulasten. Damit kommt der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes keine besondere Bedeutung zu, sondern es steht die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgelds ganz im Vordergrund. Dementsprechend ist bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes ganz entscheidend auf Art und Umfang der unfallbedingten Verletzungen und Verletzungsfolgen, insbesondere die Heftigkeit und Dauer von Schmerzen, die in Anspruch genommenen therapeutischen Hilfen, den voraussichtlichen weiteren Krankheitsverlauf, den zu befürchtenden Dauerschäden und die Auswirkungen auf das berufliche und soziale Leben des Verletzten abzustellen (vgl. OLG Düsseldorf, NJW 2011, 1152 m.w.N.).

67
Nach dem unstreitigen Sachvortrag der Parteien und dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat die Klägerin einen als kompliziert zu bewertenden Bruch ihres rechten Fußgelenks erlitten, der zu dem Eintritt eines Dauerschadens bei der Klägerin geführt hat.

68
Unstreitig hat die Klägerin bei dem Unfallereignis vom 13.12.2010 an ihrem rechten Fuß eine sog. Maisonneuve-Fraktur des Sprunggelenks mit einer Innenknöchelfraktur und einer Fraktur des sog. Volkmann’schen Dreiecks am Schienenbein erlitten. Weiterhin ist es zwischen den Parteien unstreitig, dass sich die Klägerin aufgrund der erlittenen Verletzungen insgesamt drei operativen Eingriffen unterziehen musste. So musste der erlittene Bruch noch am Unfalltag operativ behandelt werden. Am 04.03.2011 und am 25.05.2012 wurden einige der am 13.12.2010 eingesetzten Schrauben operativ wieder entfernt. Von einer Entfernung sämtlicher Schrauben wurde wegen des damit verbundenen Risikos einer Nervenschädigung abgesehen.

69
Weiter steht es aufgrund des von dem Senat eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Dr. G… vom 06.11.2014 und seines Ergänzungsgutachtens vom 17.03.2015 fest, dass zwar die Wundheilung nach der am 13.12.2010 durchgeführten Operation komplikationslos verlaufen ist. Jedoch verlief die Heilung des Knochenbruchs verzögert. Normal ist nach den Ausführungen des Sachverständigen die Entfernung der Stellschrauben nach 6 bis 8 Wochen (S. 3, 4 des Gutachtens vom 17.03.2015, Bl. 235, 236 GA). Vorliegend ist dies aufgrund der verzögerten Heilung erst am 04.03.2011 durchgeführt worden. Nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen Dr. G… ist bei Frakturen wie der vorliegenden eine Krankheitsdauer von vier Monaten als Regelfall anzusehen und während dieser Zeit eine 100 %-tige Arbeitsunfähigkeit anzunehmen. Anschließend ist entsprechend den Einschätzungswerten aus der Praxis der Berufsgenossenschaften bis Ende des Jahres 2012 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 20 % anzunehmen. Für das Jahr 2013 schätzt der Sachverständige die Minderung der Erwerbsfähigkeit bei der Klägerin um 15 % und für die Zeit seit dem 01.01.2014 und auf Dauer auf um 10 % ein (S. 9 des Gutachtens vom 06.11.2014, Bl. 241 GA). Zu diesem Ergebnis ist der Sachverständige unter Berücksichtigung des bisherigen Krankheitsverlaufes, der subjektiven Schilderungen der Klägerin zu Beweglichkeit und Belastbarkeit des rechten Fußes und aufgrund seiner eigenen Untersuchungsbefunde gekommen (S. 242 des Gutachtens vom 06.11.2014, Bl. 242 GA). Er hat bei der von ihm am 23.10.2014 durchgeführten Untersuchung der Klägerin zum einen eine Muskelminderung des rechten Ober- und Unterschenkels festgestellt. Weiter hat er eine Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks um insgesamt 20° sowie eine endgradige Bewegungseinschränkung des rechten unteren Sprunggelenks festgestellt. Vor diesen Hintergrund kommt der Sachverständige zu dem weiteren Ergebnis, dass die Klägerin bei der Ausübung der Verrichtungen des täglichen Lebens nicht eingeschränkt sei. Das Sprunggelenk belastende Sportarten seien indes mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich. Schließlich hat der Sachverständige bei Auswertung der von ihm gefertigten Röntgenaufnahmen festgestellt, dass das rechte Sprunggelenk leichte vorauseilende Verschleißerscheinungen aufweise. Der weiter festgestellten diskreten Arthrose des rechten Sprunggelenks hat er keine zusätzliche Bedeutung zugemessen, denn auch das linke Sprunggelenk zeige Vergleichbares. Die gleichwohl bestehende Möglichkeit der Zunahme von Verschleißerscheinungen im oberen rechten Sprunggelenk hat der Sachverständige nach seinen Ausführungen im Ergänzungsgutachten (S. 3 des Gutachtens vom 17.03.2015, Bl. 269 GA) bereits bei der Bemessung der dauerhaft gegebenen Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 % ab dem 01.01.2014 berücksichtigt.

70
Die Ausführungen des Sachverständigen sind überzeugend, Einwendungen sind nach Vorlage der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen auch von keiner der Parteien mehr erhoben worden.

71
Insgesamt bewertet der Senat die Art und Dauer der Verletzungen, die die Klägerin infolge des der Beklagten anzulastenden Verstoßes gegen eine Verkehrssicherungspflicht erlitten hat, als Verletzung mit einem mittleren Schweregrad. Dies ist zum einen mit den erheblichen Einschränkungen, die sich für die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall für eine Dauer von vier Monaten ergaben, zum anderen mit der Anzahl der erforderlich gewordenen operativen Eingriffe, dies waren insgesamt drei Eingriffe, und schließlich mit dem Umstand, dass die Klägerin dauerhaft geschädigt wurde, zu begründen.

72
Dass die erlittene Fraktur für die Klägerin auch schmerzhaft gewesen ist, liegt auf der Hand und wird ergänzend durch den Umstand belegt, dass ihr ausweislich der ärztlichen Stellungnahme des sie behandelnden Arztes PD Dr. R…. vom 29.06.2011 (Anlage B 1, Bl. 27 ff. GA) auch starke Schmerzmittel verordnet wurden.

73
Andererseits hat der Senat berücksichtigt, dass die Intensität der unfallbedingten Schmerzen sowie der von der Verletzung ausgehenden Beeinträchtigungen der Belastbarkeit und Beweglichkeit des linken Fußes der Klägerin im Verlaufe der Zeit abgenommen haben. Nunmehr ist ein Zustand erreicht, bei dem die dauerhaft verbleibenden Beeinträchtigungen in einem vergleichsweise geringen Bereich liegen. Dauerhaft liegt eine Minderung der Erwerbsfähigkeit um 10 % vor, die Ausübung der Verrichtungen des täglichen Lebens und eine normale körperliche Betätigung sowie leichte Sportarten sind der Klägerin uneingeschränkt möglich.

74
Unter Berücksichtigung sämtlicher der vorgenannten Faktoren und unter Heranziehung von Vergleichsfällen aus der Rechtsprechung (vgl. die Fälle unter Nrn. 650 und 654 der Schmerzensgeldtabelle von Hacks/Wellner/Häcker, Stand 2015) hält der Senat insgesamt ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.500,- EUR für angemessen und auch ausreichend, um der Klägerin einen Ausgleich für die erlittenen Unfallfolgen zu verschaffen. In beiden der herangezogenen Vergleichsfälle lagen Verletzungen des Fußes mit Bruch vor und die jeweiligen Geschädigten waren dauerhaft um 10 % in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert. In dem unter Nr. 654 der Schmerzensgeldtabelle aufgeführten Fall des OLG Hamm (Urteil vom 12.05.1998, 27 U 3/98) wurde im Jahr 1998 ein Schmerzensgeld von umgerechnet 5.500,- EUR für angemessen erachtet. In dem dort entschiedenen Fall war die Klägerin auf einem vereisten Bürgersteig gestürzt, anders als die Klägerin hier aber unmittelbar nach dem Sturz in stärkerer Weise beeinträchtigt. In dem unter Nr. 650 der Schmerzensgeldtabelle aufgeführten Fall des OLG Köln (Urteil vom 16.03.2001, 19 U 130/00) wurde im Jahr 2001 ein Schmerzensgeld in Höhe von umgerechnet 5.000,- EUR zugesprochen. In jenem Fall war der Kläger für einen etwas kürzeren Zeitraum als die Klägerin des hiesigen Verfahrens in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert. Unter Berücksichtigung der zwischenzeitlichen Geldwertentwicklung liegt der zuerkannte Betrag von 6.500,- EUR im Rahmen der vergleichsweise herangezogenen Fälle.

2.

75
Der hinsichtlich des Schmerzensgeldes geltend gemachte Zinsanspruch besteht gemäß §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB, erst ab Rechtshängigkeit.

76
Einen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen, §§ 286, 288 Abs. 1 BGB, hat die Klägerin nicht schlüssig dargetan. Zinsen werden offenbar deshalb ab dem 06.05.2011 verlangt, weil die Haftpflichtversicherung der Beklagten mit Schreiben vom 04.05.2011 eine Verantwortlichkeit verneint und die Verletzung einer Verkehrssicherungspflichtverletzung bestritten hat. Abgesehen davon, dass mangels Kenntnis des Inhalts dieses von der Klägerin nicht vorgelegten Schreibens schon nicht beurteilt werden kann, ob dies inhaltlich eine endgültige und ernsthafte Leistungsverweigerung i.S. des § 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB darstellte, handelte es sich jedenfalls nicht um eine Erklärung der Beklagten als Schuldnerin. Der Klägerin steht kein Direktanspruch gegenüber der Haftpflichtversicherin der Beklagten zu, weshalb deren Erklärungen im Rahmen dennoch geführter Korrespondenz keine Verzug gegenüber der Beklagten begründende Wirkung zukommen kann.

3.

77
Der der Klägerin gegen die Beklagte zustehende vertragliche und deliktische Anspruch auf materiellen Schadensersatz umfasst gemäß § 249 BGB auch die vorprozessualen Anwaltskosten als zweckentsprechende Kosten der Rechtsverfolgung zu einem Gegenstandswert, der dem zuzuerkennenden Schmerzensgeldanspruch entspricht. Hinsichtlich des insoweit geltend gemachten Zinsanspruchs gelten die obigen Ausführungen entsprechend.

4.

78
Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet.

a)

79
Für das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse genügt es, insbesondere wenn ein absolut geschütztes Rechtsgut bereits verletzt oder dem Kläger sogar ein Teilschaden schon entstanden ist, wenn die spätere Verwirklichung eines weiteren Schadens in absehbarer Zeit nach der Art der Verletzung möglich erscheint (BGH NJW 1993, 648 m.w.N.). Dies kann hier angesichts der Schwere der von der Klägerin erlittenen Verletzungen sowie wegen der im Körper verbliebenen Schrauben angenommen werden. Dass mit dem Feststellungsantrag eine Verpflichtung hinsichtlich etwaiger künftiger Schäden festgestellt werden soll, ergibt sich aus der Klageschrift (dort Blatt 6) und ist vom Senat im Tenor klarstellend berücksichtigt worden.

b)

80
Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme, ist die Klägerin infolge des streitgegenständlichen Vorfalls vom 13.12.2010 dauerhaft in ihrer Gesundheit geschädigt. Mit Spätfolgen und dem Eintritt weiterer Schadenspositionen kann gerechnet werden.

5.

81
Die prozessualen Nebenentscheidungen ergehen gemäß §§ 92 Abs. 2 Nr. 2, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist, § 543 Abs. 2 ZPO.

82
Streitwert für das Berufungsverfahren:

83
Antrag 1: 7.500,- EUR
Antrag 2: 1.500,- EUR
Insgesamt 9.000,- EUR

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