Zur Verkehrssicherungspflicht bei schlecht beleuchteter Treppe

Landgericht Düsseldorf, Urteil vom 24.11.2009 – 2b O 22/09

Zur Verkehrssicherungspflicht bei schlecht beleuchteter Treppe

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin macht Ansprüche aus Amtshaftung wegen eines von ihr behaupteten Sturzes auf einer Treppe geltend.

Die streitgegenständliche Treppenanlage befindet sich auf dem städtischen Fußweg zum N Fußweg in Düsseldorf Unterrath. Sie besteht aus zwei Treppen, die durch ein Podest baulich voneinander getrennt sind.

Die Klägerin behauptet, am 01.06.2008 kurz nach Mitternacht von der I Straße aus die streitgegenständliche Treppe begangen zu haben. Hierbei habe sie sich am Geländer festgehalten. Die den Weg umgebenden Bäume seien so dicht bewachsen gewesen, dass sie die im Bereich der Treppenanlage befindlichen Laternen abgeschirmt hätten und nahezu kein Licht durchgelassen hätten. Um die Treppe trotz der dadurch vorhandenen schlechten Licht- und Sichtverhältnisse sicher passieren zu können, habe sie versucht, mittels Handy den Weg auszuleuchten. Sie habe dennoch in der Dunkelheit das Ende der Treppe nicht erkennen können und deshalb die letzte Stufe der ersten Treppe verfehlt. Hierdurch bedingt habe sie die letzte Stufe verfehlt, sei daneben getreten und mit dem Fuß weggeknickt.

Infolge des Sturzes habe sie sich eine schmerzhafte Distorsion des Oberschenkelsprunggelenkes zugezogen, welche über einen längeren Zeitraum habe behandelt werden müssen.

Die Klägerin ist der Auffassung, die beklagte Stadt schulde wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht die Zahlung von Schmerzensgeld, den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens, den Ersatz von Zuzahlungen zu Krankheitskosten sowie die Kosten der außergerichtlichen Rechtsvertretung.

Sie beantragt,

I. die Beklagte zu verurteilen,

1. an sie ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2009 zu zahlen;

2. an sie 1.472,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 16.04.2009 zu zahlen;

3. an sie 627,13 EUR außergerichtliche Anwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.04.2009 zu zahlen;

II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Unfall vom 01.06.2008 resultieren, zu ersetzen, soweit die darauf gerichteten Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die beklagte Stadt behauptet:

Die Treppenanlage sei ausreichend beleuchtet gewesen. Sie sei vor dem behaupteten Unfallgeschehen zuletzt am 25.05.2008 kontrolliert worden. Hierbei seien keine Mängel festgestellt worden.

Wegen des beiderseitigen Vorbringens im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Augenscheinseinnahme der Unfallstelle. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.10.2009 Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die beklagte Stadt keinen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz und Schmerzensgeld aus Amtshaftung (§ 839 BGB, Art. 34 GG, 9a LStrWG NW). Da die streitgegenständliche Treppe zu einem städtischen Fußweg gehört, der unstreitig in der Unterhaltungslast der beklagten Stadt steht, trägt diese zwar die Verkehrssicherungspflicht für die Treppenanlage. Sie hat ihre Verkehrssicherungspflicht jedoch nicht verletzt.

Als Verkehrssicherungspflichtige hat die beklagte Stadt dafür Sorge zu tragen, dass sich die Verkehrswege in ihrem Bereich in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis genügenden Zugang befinden, der eine möglichst gefahrlose Benutzung zulässt. Allerdings bedeutet das nicht, dass Wege und Straßen schlechthin gefahrlos sein müssen. Eine völlige Gefahrlosigkeit der Verkehrsfläche und ihrer Benutzung kann mit wirtschaftlich zumutbaren Mitteln nicht erreicht, deswegen vom Verkehrssicherungspflichtigen nicht verlangt und vom Verkehrsteilnehmer nicht erwartet werden. Grundsätzlich muss der Straßen- und Wegebenutzer sich den gebotenen Straßen- und Wegeverhältnissen anpassen und Verkehrsflächen so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbieten. Den Verkehrssicherungspflichtigen trifft aber die allgemeine Pflicht, den Verkehrsteilnehmer vor unvermuteten, aus der Beschaffenheit der Straße/Wege sich ergebenden und bei zweckgerechter Benutzung des Verkehrsweges nicht ohne weiteres erkennbaren Gefahrenstellen, auf die er sich trotz gebotener Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig einzustellen vermag, zu sichern oder zumindest zu warnen. Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird dabei maßgebend von der Art und Häufigkeit des Verkehrsweges und seiner Bedeutung bestimmt (für das Vorstehende: OLG Düsseldorf VersR 94, 574 m.N.).

Die Verkehrssicherungspflicht bei der Ausgestaltung von Treppen muss sich vor allen Dingen darauf erstrecken, Unfällen vorzubeugen, die sich durch Stürze ereignen. Die Gefahr eines Sturzes besteht jedoch auch bei Treppen in einwandfreiem Zustand. Durch einen Sturz bedroht sind vor allem diejenigen Personen, die eine Treppe hinabsteigen (vgl. BGH Urteil vom 12.11.82, III ZR 159/81). So war es hier. Dass Grund für den Sturz eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die beklagte Stadt war, konnte indes nicht festgestellt werden.

Die bei Dunkelheit durchgeführte Augenscheinseinnahme durch das Gericht hat ergeben, dass die streitgegenständliche Treppenanlage durch die dort befindlichen Straßenlaternen ausreichend beleuchtet wird und die Treppenstufen für den Fußgänger auch bei Dunkelheit hinreichend erkennbar sind. Die erste Treppe, auf der sich nach den Ausführungen der Klägerin der Unfall ereignet hat, liegt im Lichtschein der an der I Straße am Treppenabgang befindlichen Laterne. Die Laterne wird auch nicht durch umstehende Bäume verdeckt oder verdunkelt. Das Gericht hat sich selbst davon überzeugt, dass die Bäume entlang der I Straße nicht in den Lichtkegel der oberhalb der Treppe befindlichen Laterne hineinragen. Es wurde festgestellt, dass die oberhalb der Treppenanlage befindliche Laterne die erste Treppe bis zu dem Podest vollständig ausleuchtet.

Auf die Lichtverhältnisse im Bereich der ersten Treppe hat der Zustand der Belaubung der Bäume keinen wesentlichen Einfluss. Denn wie auch die von der beklagten Stadt mit Schriftsatz vom 23.10.2009 vorgelegten und von den Parteien im Rahmen des Ortstermins in Augenschein genommenen Lichtbilder (Bl. 81ff. d.A., insbesondere Bl. 85 und Bl. 91 d.A.) zeigen, steht die Laterne an der I Straße unmittelbar am Geländer der Treppenanlage. Der nach unten leuchtende Lichtkegel trifft damit die erste Treppe und leuchtet diese bis zum Podest hin aus. Da sich die Bäume in einigem Abstand zu der Treppenanlage befinden, wird der Lichtkegel nicht durch Äste beeinträchtigt, die in Laternenhöhe in die Treppenanlage hineinragen (vgl. Bl. 91 d.A.). Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die im Rahmen des Ortstermins festgestellten Lichtverhältnisse mit denen zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens vergleichbar waren.

Einer Vernehmung des von der Klägerin im Ortstermin benannten Zeugen zu ihren Behauptungen, das Licht sei nunmehr heller geworden und die Treppe sei aufgrund der Belaubung im Sommer nicht sichtbar, bedurfte es nicht. Da sich das Gericht selbst ein Bild von der Unfallörtlichkeit gemacht und hierbei festgestellt hat, dass die (noch) vorhandene Belaubung keinen Einfluss auf die Ausleuchtung der ersten Treppe bis zum Podest hat, reichte die lediglich pauschale Behauptung der Klägerin, dass das Licht nunmehr heller geworden sei und die Treppe im Sommer nicht sichtbar sei, nicht aus, diesen Eindruck in Frage zu stellen. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Ortstermin im Herbst durchgeführt wurde, während sich das behauptete Unfallgeschehen im Sommer ereignete. Wie auch den mit Schriftsatz der beklagten Stadt vom 16.10.2009 vorgelegten Lichtbildern (Bl. 70ff. d.A., insbesondere Bl. 72 d.A.) zu ersehen ist, war das Laub auf den Bäumen an der I Straße zum Zeitpunkt des Ortstermins lediglich zum Teil verfärbt und in geringem Umfang abgefallen. Es wurde auch zusammen mit der Klägerin vor Ort der Versuch unternommen, herauszufinden, worauf ihre Erinnerung, dass das Licht zum Unfallzeitpunkt nicht so hell und die Treppe dunkel gewesen sei, begründet sein könnte. Dazu, dass nunmehr Laternen hinzugekommen waren oder sich die Art der Beleuchtung geändert hat, ergaben sich keine konkreten Anhaltspunkte. Auch an der Anordnung oder Art der Vegetation hatte sich im Vergleich zu den vor Ort in Augenschein genommenen Lichtbildern der beklagten Stadt (Bl. 81ff. d.A.) nichts verändert. Die Ausführung der Klägerin im Ortstermin, dass zum Unfallzeitpunkt die Autos auf der I Straße wegen der dichten Belaubung von unten betrachtet nicht sichtbar gewesen seien, stellt sich als zweifelhaft dar, da die Bäume nur im Bereich der Baumkrone Laub tragen (vgl. auch Bl. 81 d.A.). Eine Vernehmung des Ehemannes der Klägerin würde vor diesem Hintergrund auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen. Ein Hinweis des Gerichts war aufgrund der Anhörung der Klägerin im Ortstermin zu den nach ihrer Erinnerung zum Unfallzeitpunkt vorhandenen tatsächlichen Verhältnisse nicht mehr erforderlich, weil sie bereits vor Ort keine konkreten Angaben machen konnte.

Da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die Treppe mit der vorhandenen Beleuchtung auch bei Dunkelheit ausreichend ausgeleuchtet wird und für den Fußgänger erkennbar ist, konnte eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht nicht festgestellt werden.

Nach alledem hatte die Klage daher keinen Erfolg.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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