BGH, Urteil vom 27.10.2015 – VI ZR 23/15
1. Im Fall der Verletzung eines Tieres ist § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB dahin auszulegen, dass die aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen.
2. Zur Ermittlung der noch verhältnismäßigen Heilbehandlungskosten bedarf es stets einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls seitens des Tatrichters. Dabei kann auch das individuelle Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier von Bedeutung sein.
3. Im Fall der Verletzung eines Tieres kann der Schädiger den Geschädigten bei unverhältnismäßig hohen Heilbehandlungskosten nicht gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB auf Wertersatz in Geld verweisen; der Schädiger schuldet dem Geschädigten vielmehr – in Ausnahme von dieser Vorschrift – Ersatz der noch als verhältnismäßig zu erachtenden Tierbehandlungskosten.
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg vom 10. Dezember 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das vorbezeichnete Gericht in Höhe eines Betrages von 600 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Dezember 2013 das Urteil des Amtsgerichts Delmenhorst vom 3. Juli 2014 abgeändert und die Klage abgewiesen hat. Insoweit wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Die weitergehende Revision des Klägers und die Anschlussrevision des Beklagten werden zurückgewiesen.
Von den Kosten der ersten Instanz tragen der Kläger 56% und der Beklagte 44%; von den Kosten der Rechtsmittelzüge tragen der Kläger 27% und der Beklagte 73%.
Von Rechts wegen
Tatbestand
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Der Kläger verlangt von dem Beklagten Schadensersatz wegen der Verletzung seines Hundes, eines Jack-Russel-Mischlings. Am 2. April 2013 passierte die Ehefrau des Klägers auf einem Spaziergang in Begleitung des Hundes das Grundstück des Beklagten, auf dem sich dessen nicht angeleinter Wolfshund befand. Nachdem die Hunde sich am Gartenzaun begegnet waren, sprang der Wolfshund über den Zaun und fügte dem Hund des Klägers erhebliche Verletzungen zu. Die tierärztliche Behandlung kostete 4.177,59 €. Die Tierhalterversicherung des Beklagten erstattete dem Kläger die Hälfte dieses Betrags.
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Der Kläger begehrt Ersatz der restlichen Kosten. Das Amtsgericht hat den Beklagten zur Zahlung von 1.253,28 € nebst Zinsen verurteilt, wobei es auf Grund der von dem Hund des Klägers ausgehenden Tiergefahr eine Mithaftung des Klägers zu 20% angenommen hat (4.177,59 € x 80% abzüglich vorgerichtlich gezahlter 2.088,80 €). Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage unter Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils abgewiesen, soweit der Beklagte zur Zahlung von mehr als 311,20 € nebst Zinsen verurteilt worden war; die weitergehende Berufung hat es zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils. Der Beklagte hat Anschlussrevision mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegt.
Entscheidungsgründe
A
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Das Berufungsgericht hat den gegen die Quotenbildung gerichteten Berufungsangriffen den Erfolg versagt. Dabei hat es vor allem berücksichtigt, dass der Wolfshund des Beklagten allein auf Grund seiner Konstitution gefährlicher gewesen sei als der deutlich kleinere Hund des Klägers und dass der Beklagte seinen Hund frei ohne Aufsicht habe laufen lassen, weshalb er ihn nicht unter Kontrolle gehabt habe. Zwar sei auch der Hund des Klägers nicht angeleint gewesen. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass die Beißerei andernfalls verhindert worden wäre. Dass das Amtsgericht nicht festgestellt habe, dass der Hund des Klägers den Hund des Beklagten gebissen habe, bevor dieser ihn angegriffen habe, sei nicht zu beanstanden und im Übrigen auch unerheblich.
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Der Höhe nach hat das Berufungsgericht den ersatzfähigen Schaden mit 3.000 € bemessen, so dass es nach Abzug der vorgerichtlichen Zahlung die Klageforderung nur in Höhe von 311,20 € für berechtigt gehalten hat (3.000 € x 80% – 2.088,80 €). Die den Betrag von 3.000 € übersteigenden Behandlungskosten hat es als unverhältnismäßig angesehen. § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB führe nicht dazu, dass bei der Verletzung von Tieren keine Verhältnismäßigkeitsgrenze existiere. Für deren Bestimmung sei eine genaue Festlegung des Wertes des Hundes nicht erforderlich, weil sich angesichts der geringen Preise, die für derartige Tiere erfahrungsgemäß gezahlt würden, ein dem Gerechtigkeitsempfinden und dem Anliegen des Gesetzgebers entsprechendes Ergebnis so nicht begründen lasse. Den Beklagten treffe lediglich eine einfache Sorgfaltspflichtverletzung, aus der heraus eine besondere Anhebung der Verhältnismäßigkeitsgrenze nicht zu begründen sei. Im Gegenzug böten tiermedizinische Überlegungen keinen Anhaltspunkt für eine Begrenzung der Haftung, da die Behandlung uneingeschränkt erfolgreich gewesen sei, woran es offenbar auch von Anfang an keinen Zweifel gegeben habe. Die Bemühungen der Kammer, die individuelle Beziehung des Klägers zu seinem Hund zu ergründen, hätten ergeben, dass es sich um einen durchschnittlichen Familienhund handele, eher ein wenig loser mit der Familie verbunden als wirkliche „Schoßhunde“. Entscheidend komme es daher darauf an, was ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten aufgewendet hätte. Das einzige objektive Kriterium ergebe sich letztlich aus den Kosten, die der Eigentümer unabhängig von dem Schadensfall für das Tier aufzuwenden bereit sei. Für einen Hund fielen am Wohnort des Klägers jährlich Kosten von rund 1.000 € an (Tierarzt, Steuer, Futter, Versicherung). Der verständige Besitzer eines durchschnittlich begabten und sympathischen Hundes werde noch das Dreifache dieses Betrags aufwenden, um den Hund behandeln zu lassen. Mehr jedoch sei als verständige wirtschaftliche Betrachtung nicht mehr begründbar. Auch wenn der Hund noch recht jung sei, sei bereits bei seiner Anschaffung klar gewesen, dass er seinen Besitzer vermutlich nicht überleben werde. Keine Rolle spiele das Verbot des Tierschutzgesetzes, ein Tier nicht ohne vernünftigen Grund zu töten. Wenn ein Tierarzt nicht bereit sein sollte, ein schwer verletztes Tier einzuschläfern, verwirkliche sich ein Risiko in der Sphäre des Tierhalters.
B
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Das hält den Angriffen der Revision nicht in vollem Umfang stand. Der Anschlussrevision ist hingegen kein Erfolg beschieden.
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I. Zur Revision:
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1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision im Tenor unbeschränkt zugelassen. Dass es mit der Begründung der Zulassung in den Urteilsgründen die Revision auf die Frage der Höhe des Anspruchs beschränken wollte, ergibt sich aus den Gründen nicht mit hinreichender Deutlichkeit.
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2. Die Revision ist teilweise begründet. Das Berufungsurteil hält nicht in allen Punkten der rechtlichen Prüfung stand.
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a) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend erkannt, dass der Beklagte nicht nur aus § 833 Satz 1 BGB für die Tiergefahr seines Hundes, sondern auch aus § 823 BGB haftet. Er hat fahrlässig das Eigentum des Klägers verletzt (§ 90a Satz 3, § 823 Abs. 1 BGB), indem er den (Fußgänger-)Verkehr vor seinem Grundstück nicht ausreichend vor den von seinem Wolfshund ausgehenden Gefahren geschützt hat. Der Beklagte hätte entweder durch eine ausreichende Beaufsichtigung oder eine ausreichend sichere Einzäunung seines Grundstücks dafür sorgen müssen, dass der Hund nicht entweichen kann (vgl. Senatsurteil vom 28. April 1992 – VI ZR 314/91, VersR 1992, 844; Staudinger/Hager, BGB, Neubearb. 2009, § 823 Rn. E 205). Sein Vortrag, wonach der Hund das Grundstück zuvor noch nie selbständig verlassen hatte und seine Ehefrau sofort eingegriffen hat, steht dem Verschuldensvorwurf nicht entgegen. Denn der Vortrag zeigt nicht auf, dass es dem Beklagten mit zumutbarem Aufwand nicht möglich gewesen wäre, das Entweichen des Hundes zu verhindern.
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b) Die Revision bleibt ohne Erfolg, soweit sie sich gegen die Bemessung der Anspruchshöhe wendet. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, wonach nicht der für die Heilbehandlung aufgewandte Geldbetrag in Höhe von 4.177,59 € ersatzfähig ist (§ 90a Satz 3, § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB), sondern der Beklagte dem Kläger nach § 251 Abs. 2 BGB iVm § 249 BGB – vorbehaltlich der Prüfung des Mitverschuldens – Ersatz der Heilbehandlungskosten in Höhe von 3.000 € schuldet, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Ohne durchgreifenden Rechtsfehler hat das Berufungsgericht die entstandenen Aufwendungen als unverhältnismäßig angesehen.
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aa) Der zum Schadensersatz Verpflichtete hat dem Geschädigten gemäß § 249 Abs. 1 BGB vollständige Restitution zu leisten. Im Fall der Verletzung einer (Person oder Beschädigung einer Sache – entsprechend ist die Verletzung eines Tieres zu behandeln (vgl. § 90a Satz 3 BGB) – kann der Geschädigte statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen (§ 249 Abs. 2 BGB). Nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB kann der Ersatzpflichtige allerdings den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Diese Ersetzungsbefugnis kann der Schuldner auch gegenüber dem Zahlungsanspruch aus § 249 Abs. 2 BGB geltend machen (vgl. Senatsurteile vom 8. Dezember 1987 – VI ZR 53/87, BGHZ 102, 322, 330 und vom 23. Mai 2006 – VI ZR 259/04, VersR 2006, 1076 Rn. 27, beide mwN). Sie ist eine besondere Ausprägung von Treu und Glauben und begrenzt die Ersatzpflicht unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit (vgl. Senatsurteile vom 3. Dezember 1974 – VI ZR 1/74, BGHZ 63, 295, 298 f.; vom 13. Mai 1975 – VI ZR 85/74, VersR 1975, 1047; vom 9. Dezember 2008 – VI ZR 173/07, VersR 2009, 408 Rn. 14; BGH, Urteile vom 24. April 1970 – V ZR 97/67, NJW 1970, 1180, 1181; vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 368; vom 27. November 2009 – LwZR 11/09, NZM 2010, 442 Rn. 21; vom 4. April 2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 43). Die Zumutbarkeitsgrenze ist durch eine Güter- und Interessenabwägung zu ermitteln (vgl. Senatsurteil vom 3. Dezember 1974 – VI ZR 1/74, aaO, 299; BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 – IX ZR 142/05, VersR 2008, 218 Rn. 25), bei der auch andere Umstände als das reine Wertverhältnis zu berücksichtigen sind (BGH, Urteile vom 2. Oktober 1987 – V ZR 140/86, NJW 1988, 699, 700 und vom 27. November 2009 – LwZR 11/09, aaO).
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Im Fall der Verletzung eines Tieres bestimmt § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB angesichts der herausgehobenen Anerkennung des Tierschutzes durch die Rechtsordnung (Art. 20a GG, § 1 TierSchG), dass die aus der Heilbehandlung des Tieres entstandenen Aufwendungen nicht bereits dann unverhältnismäßig sind, wenn sie dessen Wert erheblich übersteigen. Ausgehend von der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf und schmerzempfindliches Lebewesen verbietet diese Vorschrift bei der Schadensbemessung eine streng wirtschaftliche Betrachtungsweise (BT-Drucks. 11/5463 S. 5). Das bedeutet zwar nicht, dass eine Verpflichtung zum Schadensersatz in unbegrenzter Höhe besteht (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 7 und 11/7369 S. 7; OLG Schleswig, MDR 2014, 1391; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 251 Rn. 58). Unter der Voraussetzung, dass eine Heilbehandlung tatsächlich durchgeführt wurde (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 6 und 11/7369 S. 7), verlangt § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB aber, dass dem Interesse des Schädigers, nicht mit den Behandlungskosten belastet zu werden, bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht nur der Wert des Tieres gegenüber gestellt wird, sondern auch das aus der Verantwortung für das Tier folgende immaterielle Interesse an der Wiederherstellung seiner Gesundheit und seiner körperlichen Integrität (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 27; Erman/Ebert, BGB, 14. Aufl., § 251 Rn. 25 f.; Lorz, MDR 1990, 1057, 1059). So können bei Tieren mit einem geringen materiellen Wert Behandlungskosten auch dann ersatzfähig sein, wenn sie ein Vielfaches dieses Wertes ausmachen (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 5; vgl. OLG München, VersR 2011, 1412; MünchKommBGB/Oetker, 6. Aufl., § 251 Rn. 62; vgl. auch LG Bielefeld, NJW 1997, 3320, 3321 für Tiere ohne Marktwert). Immer bedarf es einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände des konkreten Einzelfalls (vgl. Senatsurteile vom 3. Dezember 1974 – VI ZR 1/74, BGHZ 63, 295, 299 ff. und vom 19. Oktober 1993 – VI ZR 20/93, VersR 1994, 64, 65 f.; BGH, Urteile vom 26. Oktober 1972 – VII ZR 181/71, BGHZ 59, 365, 367 und vom 4. April 2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 41, 45). Nach Auffassung des Gesetzgebers kommt es für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze auf das Maß des Verschuldens des Schädigers, das individuelle Verhältnis zwischen dem Geschädigten und dem verletzten Tier sowie darauf an, ob die aufgewendeten Heilbehandlungskosten aus tiermedizinischer Sicht vertretbar gewesen sind (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 7). Diese Aufzählung schließt weitere dem Normziel dienende Kriterien im Einzelfall nicht aus.
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bb) Die Beurteilung, ob danach die Voraussetzungen des § 251 Abs. 2 BGB vorliegen, ist in erster Linie Angelegenheit tatrichterlicher Würdigung in Anwendung des § 287 Abs. 1 ZPO (vgl. Senatsurteile vom 17. November 1961 – VI ZR 66/61, VersR 1962, 137, 138; vom 13. Mai 1975 – VI ZR 85/74, VersR 1975, 1047; vom 8. Dezember 1987 – VI ZR 53/87, BGHZ 102, 323, 330; vom 19. Oktober 1993 – VI ZR 20/93, VersR 1994, 64, 65). Revisionsrechtlich überprüfbar ist insoweit nur, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 5. März 2013 – VI ZR 245/11, VersR 2013, 730 Rn. 14 und vom 22. Juli 2014 – VI ZR 357/13, VersR 2014, 1141 Rn. 12, beide mwN).
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cc) Im Streitfall hält die Beurteilung des Berufungsgerichts insoweit den Angriffen der Revision stand.
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(1) Entgegen der Auffassung der Revision hat sich das Berufungsgericht – auch in Ansehung einer einzelnen missverständlichen Wendung – nicht unter Verkennung der Mitgeschöpflichkeit der Tiere von rein wirtschaftlichen Erwägungen leiten lassen. Es hat den von ihm als gering eingeschätzten Wert des Tieres gerade wegen seiner Geringfügigkeit nicht als sachgerechten Anknüpfungspunkt für die Ermittlung der Verhältnismäßigkeitsgrenze angesehen, sondern maßgeblich auf das immaterielle Interesse an der Durchführung der Heilbehandlung abgestellt. Bei der Gewichtung dieses Interesses hat es rechtsfehlerfrei die individuelle Beziehung des Klägers zu seinem Hund („durchschnittlicher Familienhund“), die Erfolgsaussichten der Behandlung, das Alter des Hundes und das Verschulden des Beklagten berücksichtigt.
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(2) Dass es ausgehend von dieser Würdigung der konkreten Umstände des Streitfalles die Verhältnismäßigkeitsgrenze letztlich bei dem dreifachen Betrag der jährlichen Kosten der Tierhaltung gezogen hat, hält sich im Rahmen einer zulässigen tatrichterlichen Würdigung. Zwar hat der Gesetzgeber es abgelehnt, die Grenze der Zumutbarkeit als Haftungsgrenze danach zu bestimmen, was ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten aufgewendet hätte, um zu ermöglichen, dass weitestgehend ein sachgerechter Interessenausgleich erreicht werden kann. Doch hat er diesen Gesichtspunkt damit nicht als einen unter mehreren im Rahmen der Gesamtbetrachtung des Einzelfalls verworfen (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 7 und 11/7369 S. 7).
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Der Revision ist zuzugeben, dass die vom Berufungsgericht herangezogenen Kosten für die Haltung des Hundes in keinem direkten Bezug zu der Frage stehen, ob die Anforderungen für die Heilbehandlung des Tieres angemessen waren. Die Berücksichtigung der Kosten war von Rechts wegen nicht geboten. Dennoch handelt es sich nicht um ein sachfremdes Kriterium. Dadurch dass der Kläger die nicht nur geringfügigen „Unterhaltungskosten“ freiwillig aufbringt, zeigt er, was ihm die Haltung des Tieres mindestens wert ist. Indem das Berufungsgericht in den Kosten der Tierhaltung einen Anhalt für die Gewichtung des Interesses an der Wiederherstellung der Tiergesundheit gesehen hat, hat es die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens nicht überschritten. Soweit die Revision die Sachwidrigkeit des Kriteriums durch einen Vergleich mit anderen Fallgestaltungen aufzuzeigen versucht, übersieht sie, dass es immer auf eine Gesamtbetrachtung aller Einzelfallumstände ankommt. Die vom Berufungsgericht im Streitfall bei dem dreifachen Betrag der jährlichen Kosten gezogene Verhältnismäßigkeitsgrenze kann deshalb nicht schematisch auf andere Fälle übertragen werden.
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(3) Ebenfalls ohne Erfolg macht die Revision geltend, rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht die Ersatzfähigkeit der gesamten Behandlungskosten verneint, obwohl der Kläger keine andere Wahl gehabt habe, als die Behandlung in die Wege zu leiten.
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Zwar hat das Berufungsgericht ausgeführt, wenn ein Tierarzt nicht bereit sei, ein verletztes Tier einzuschläfern, verwirkliche sich ein Risiko in der Sphäre des Tierhalters. Auf dieser – rechtlich bedenklichen – Erwägung beruht das angefochtene Urteil aber nicht. Denn weder hat das Berufungsgericht festgestellt, dass es dem Kläger nicht mit zumutbarem Aufwand möglich gewesen wäre, einen zur Einschläferung des Hundes bereiten Tierarzt zu finden, noch verweist die Revision auf entsprechenden Sachvortrag.
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c) Der Kläger kann – wie das Berufungsgericht angenommen hat – vom Beklagten gemäß § 249 Abs. 2, § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB die als verhältnismäßig erachteten Heilbehandlungskosten seines Hundes verlangen (3.000 €). Insoweit hat der Gesetzgeber mit § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB eine Ausnahmeregelung im Sinne von § 90a Satz 3 BGB geschaffen, mit der die Ersetzungsbefugnis des Schuldners nach § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB eingeschränkt wird (Erman/Ebert, BGB, 14. Aufl., § 251 Rn. 2, 25 f.; vgl. auch Bocianiak, VersR 2011, 981, 982; so im Ergebnis – ohne Begründung – OLG München, VersR 2011, 1412) und der geschädigte Tierhalter Wiederherstellung in Höhe der verhältnismäßigen Heilbehandlungskosten beanspruchen kann.
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Grundsätzlich kann bei unverhältnismäßigen Wiederherstellungskosten für Sachen, in den Fällen, in denen sich kein den Schädiger treffendes Prognoserisiko verwirklicht, der Geschädigte nur den Wert ersetzt verlangen und nicht einen Betrag in Höhe der noch verhältnismäßigen Wiederherstellungskosten (vgl. Staudinger/Schiemann, BGB, Neubearb. 2005, § 251 Rn. 25 f.; Palandt/Grüneberg, BGB, 74. Aufl., § 251 Rn. 9; zu § 249 BGB vgl. Senatsurteile vom 20. Juni 1972 – VI ZR 61/71, NJW 1972, 1800, 1801; vom 15. Oktober 1991 – VI ZR 67/91, BGHZ 115, 375, 380; vom 14. Dezember 2010 – VI ZR 231/09, VersR 2011, 282 Rn. 12 mwN; zur Unverhältnismäßigkeit von Mängelbeseitigungskosten vgl. BGH, Urteil vom 4. April 2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 37). Dies widerspräche bei der Verletzung von Tieren aber der Zielsetzung des Gesetzgebers, der nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht eine Begrenzung der tatsächlich angefallenen Heilbehandlungskosten auf den Wert des Tieres ablehnt (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 1, 5). Danach werde mit der Regelung des § 251 Abs. 2 Satz 2 BGB die Auffassung auf eine gesetzliche Grundlage gestellt, dass die Verletzung eines Tieres nicht mit einem Schaden an einem wirtschaftlichen Nutzobjekt, wie etwa einem Kraftwagen, gleichgestellt werden könne. Einem Tier, das im Einzelfall auch einmal keinen materiellen Wert haben könne, solle durch die Rechtsordnung die erforderliche Heilbehandlung nicht deshalb verwehrt werden, weil die Behandlungskosten auf den Wert begrenzt würden, der dem Wert des Tieres im Geschäftsverkehr entspreche, und der Eigentümer des Tieres nicht über die für die Heilbehandlung erforderlichen Geldmittel verfüge. Daher werde eine Regelung vorgeschlagen, die den vollen Ersatz der Heilbehandlungskosten vorsehe, soweit sich die entstehenden Kosten im Rahmen der allgemeinen Verhältnismäßigkeit hielten (vgl. BT-Drucks. 11/5463 S. 5; s. auch BT-Drucks. 11/7369 S. 7).
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Für dieses Verständnis der §§ 249, 251 Abs. 2 BGB kann ferner angeführt werden, dass sich bei der Verletzung von Tieren in zahlreichen Fällen das den Schädiger treffende Prognoserisiko verwirklichen dürfte. Denn Heilbehandlungen sind hinsichtlich Dauer, Umfang und damit auch Kosten oft unübersehbar und deshalb mit Reparaturen nicht vergleichbar, insbesondere wenn Verletzungen ein unverzügliches ärztliches Handeln fordern.
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d) Mit Erfolg beanstandet die Revision dagegen die Anrechnung der Mithaftung auf Seiten des Klägers. Die amtsgerichtliche Verurteilung des Beklagten ist in Höhe von weiteren 600 € nebst Zinsen wiederherzustellen.
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aa) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung steht eine Mithaftung im Umfang von 20% nicht rechtskräftig fest, weil der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts kein Rechtsmittel eingelegt hat. In Rechtskraft erwachsen gemäß § 322 ZPO lediglich die im Hinblick auf den Streitgegenstand ausgesprochenen Rechtsfolgen, nicht jedoch Vorfragen, aus welchen das Gericht diese Rechtsfolgen abgeleitet hat (BGH, Urteil vom 5. November 2009 – IX ZR 239/07, BGHZ 183, 77 Rn. 9 f. mwN). Vorliegend ist danach nur der Ausspruch rechtskräftig geworden, dass der geltend gemachte Anspruch in einer bestimmten Höhe nicht besteht, nicht aber die dafür gegebene Begründung.
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bb) Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist nicht wegen eines Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB zu kürzen. Zwar hat das Berufungsgericht festgestellt, dass der Hund des Klägers nicht angeleint war. Das führt aber jedenfalls deshalb nicht zu einer Anspruchskürzung, weil den Mitverschuldenseinwand nur ein Verhalten begründet, von dem feststeht, dass es zu dem Schaden oder dessen Umfang beigetragen hat (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 24. September 2013 – VI ZR 255/12, VersR 2014, 80 Rn. 7 mwN und vom 28. April 2015 – VI ZR 206/14, VersR 2015, 767 Rn. 10; BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 – VIII ZR 339/11, VersR 2014, 252 Rn. 34 mwN). Eine solche Feststellung hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es ist nicht davon ausgegangen, dass die Beißerei verhindert worden wäre, wenn der Hund angeleint gewesen wäre. Daran ist der Senat gebunden (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Anschlussrevision zeigt keinen gegenteiligen Sachvortrag des Beklagten auf. Soweit sie sich auf einen allgemeinen Erfahrungssatz beruft, verkennt sie, dass es von den Umständen des Einzelfalles abhängt, ob derjenige, der einen Hund an der Leine führt, gehalten ist, das Tier bei einer Begegnung mit einem anderen Hund zurückzuziehen, und ob er dadurch einen Angriff des anderen Hundes verhindern kann.
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cc) Der Kläger muss sich auch nicht entsprechend § 254 Abs. 1, § 833 Satz 1 BGB die von seinem Hund ausgehende Tiergefahr anspruchsmindernd anrechnen lassen (vgl. Senatsurteil vom 5. März 1985 – VI ZR 1/84, VersR 1985, 665, 666 mwN). Dieser hat zwar nach den vom Berufungsgericht gebilligten Feststellungen des Amtsgerichts seinen Kopf durch den Zaun gesteckt. Darin liegt auch ein der tierischen Natur entsprechendes unberechenbares und selbständiges Verhalten, das eine (Mit-)Haftung aus § 833 Satz 1 BGB begründen kann (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2015 – VI ZR 467/13, VersR 2015, 592 Rn. 12 mwN). Ihrer Zurechnung steht aber § 840 Abs. 3 BGB entgegen, wonach der Tiergefahr gegenüber der Verschuldenshaftung aus § 823 BGB keine Bedeutung zukommt. § 840 Abs. 3 BGB greift nach seinem Sinngehalt zu Lasten eines aus Verschulden haftenden Schädigers auch dann ein, wenn es um den eigenen, von dem Tier mitverursachten Schaden des Tierhalters geht (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 1994 – VI ZR 107/94, VersR 1995, 90, 91; BGH, Urteil vom 23. September 2010 – III ZR 246/09, BGHZ 187, 86 Rn. 31; MünchKommBGB/Wagner, 6. Aufl., § 840 Rn. 19). Für die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung der Verursachungsbeiträge ist daher kein Raum. Im Hinblick darauf kann auch dahinstehen, ob der Hund des Klägers den Hund des Beklagten durch den Zaun zuerst gebissen hat.
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e) Die weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet; von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
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II. Aus den Ausführungen zur Revision ergibt sich zugleich, dass die Anschlussrevision nicht begründet ist.