Zur Widerrufsbelehrung bei Fernabsatz von Waren im Internet

KG, Beschluß vom 18.07.2006 – 5 W 156/06

Zur Widerrufsbelehrung bei Fernabsatz von Waren im Internet

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 5. Zivilsenat des Kammergerichts am 18. Juli 2006 beschlossen:

1.

Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Kammer
für Handelssachen 103 des Landgerichts Berlin vom 14. Juni 2006 – 103 O 91/06
teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Dem Antragsgegner wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall
der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise
Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, untersagt,

im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen über Damenschuhe mit
privaten Endverbrauchern auf der Internet-Plattform „ebay“ die gesetzlich
vorgeschriebene Widerrufsbelehrung zu erteilen und dabei darauf hinzuweisen,
dass die Frist zwei Wochen beträgt und/oder frühestens mit Erhalt der
Warenlieferung beginnt.

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

2. Die weitergehende sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten beider Instanzen tragen die Parteien je zur Hälfte.

4. Der Beschwerdewert wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren auf Erlass einer einstweiligen
Verfügung gegen den Auftritt des mit ihr in Wettbewerb stehenden Antragsgegners bei
ebay, wo es unter seiner Rubrik „Auktionsabwicklung/AGB“ unter anderem heißt:

Widerrufsrecht

Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen … widerrufen. Die
Frist beginnt frühestens mit Erhalt der Ware. … Der Widerruf ist zu richten an:
Firma M       Inh. J       K       …
(es folgen Anschrift, Faxnummer und E-Mail-Anschrift).

Die Antragstellerin hat gemeint:

Diese Rechtsbelehrung genüge nicht den Anforderungen des Gesetzes. Sie sei deutlich
zu gestalten und müsse sich durch Farbe, größere Lettern, Sperrschrift oder Fettdruck in
nicht zu übersehender Weise aus dem übrigen Text hervorheben. Zur Einhaltung dieses
Deutlichkeitsgebots genüge die bloße drucktechnische Hervorhebung der Überschrift
„Widerrufsrecht“ nicht. Zudem beginne die Frist nicht ab Erhalt der Ware, sondern erst,
wenn dem Verbraucher eine den gesetzlichen Erfordernissen gerecht werdende Belehrung
zu Teil geworden sei. Hinzu komme, dass dieses Recht nicht nur innerhalb von zwei
Wochen ausgeübt werden könne, sondern binnen eines Monats ab Belehrung, denn die
Belehrung müsse in Textform erteilt werden, was bei einem ins Internet gestellten Text
nicht der Fall sei, mithin die rechtlich relevante Belehrung erst nach Vertragsschluss bei
ebay mit Auslieferung der Ware erfolge.

Die Antragstellerin hat beantragt,

dem Antragsgegner bei Meidung der gesetzlich vorgesehenen Ordnungsmittel zu verbieten,

im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzverträgen mit privaten Endverbrauchern
im Kontext mit der Wiedergabe der für das Vertragsverhältnis mit den Kunden
maßgeblichen Bestimmungen die gesetzlich vorgeschriebene Widerrufsbelehrung
zu erteilen, ohne diese durch Farbe, größere Lettern, Sperrschrift oder Fettdruck
textlich hervorgehoben in nicht zu übersehender Weise zu gestalten und darüber
hinaus darauf hinzuweisen, dass die Frist zwei Wochen beträgt und mit Erhalt der
Warenlieferung beginnt.

Das Landgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin
mit ihrer – form- und fristgerecht eingelegten – sofortigen Beschwerde.

II.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin
ist teilweise begründet, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.

1. Zu Unrecht meint die Antragstellerin allerdings, der Antragsgegner verstoße wegen nicht
hinreichend deutlicher Gestaltung der Widerrufsbelehrung gegen eine gesetzliche Vorschrift
i.S. von § 4 Nr. 11 UWG.

a)Die Unterrichtungspflicht über das gemäß §§ 312d, 355 BGB bei Fernabsatzverträgen bestehende
Widerrufsrecht des Verbrauchers ist in § 312c BGB hinsichtlich des hier zur Entscheidung
stehenden Sachverhalts auf zweifache Weise wie folgt geregelt:

aa)Zunächst hat der Unternehmer gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB dem Verbraucher rechtzeitig
vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel
entsprechenden Weise klar und verständlich die Information zur Verfügung
zu stellen, für die dies gemäß Art. 240 EGBGB i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO bestimmt
ist, also über das Bestehen eines Widerrufsrechts sowie über die Bedingungen,
Einzelheiten der Ausübung und die Rechtsfolgen des Widerrufs.

bb) Ferner hat der Unternehmer gemäß § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB, Art. 240 EGBGB i.V.
mit § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Satz 3 BGB-InfoVO dem Verbraucher spätestens bis zur Warenlieferung
die vorstehend genannten Informationen in Textform mitzuteilen, wobei die
Informationen, soweit die Mitteilung durch Übermittlung der Vertragsbestimmungen einschließlich
der Allgemeinen Geschäftsbedingungen erfolgt, in einer hervorgehobenen und
deutlich gestalteten Form mitzuteilen sind.

b) Beide Unterrichtungspflichten unterscheiden sich also im Wesentlichen durch den Zeitpunkt
ihres Bestehens: Zum einen gibt es die Pflicht, dem Verbraucher besagte Informationen
vor Abgabe der Vertragserklärung zur Verfügung zu stellen, § 312c Abs. 1 Satz 1
BGB, und zwar klar und verständlich in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel
entsprechenden Weise. Und zum anderen gibt es die Pflicht zur Mitteilung der Informationen
bis zur Warenlieferung, § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB nebst Bezugsnormen, und
zwar in Textform, die erforderlichenfalls hervorgehoben und deutlich gestaltet sein muss.

Daraus folgt, dass es Im hier zu entscheidenden Fall allein um die unter a aa genannte
erste Unterrichtungspflicht, also um Abs. 1 Satz 1 und nicht um Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des
§ 312c BGB geht. Denn die hier in Rede stehenden Informationen werden bereits im Internetauftritt
des Antragsgegners zur Verfügung gestellt und sind dem Verbraucher demzufolge
schon zugänglich, bevor er eine Vertragserklärung zum Kauf der Ware des Antragsgegners
abgibt.

Daraus folgt weiter, dass die hier in Rede stehende Unterrichtung nicht, wie allein von
312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB (nebst Bezugsnormen) gefordert, in Textform erfolgen und
rforderlichenfalls hervorgehoben und deutlich gestaltet sein muss, sondern gemäß
312c Abs. 1 Satz 1 BGB lediglich in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel
ntsprechenden Weise klar und verständlich sein muss.

Dass die Belehrung im Internetauftritt in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Antragsgegners
eingebettet ist, zieht also kein Erfordernis deutlicher Gestaltung und Hervorhebung
nach sich. Diese Betrachtungsweise gebietet der Gegenschluss aus § 312c Abs. 2
Satz 1 Nr. 2 BGB nebst Bezugsnormen, wo allein ein solches Gebot der Hervorhebung
und deutlichen Gestaltung ausdrücklich genannt ist, wohingegen § 312c Abs. 1 Satz 1
BGB nebst Bezugsnormen ein solches Gebot gerade nicht anführt. Eine entsprechende
Hervorhebung bereits im Internetauftritt gemäß § 312c Abs.1 Satz 1 BGB erscheint auch
nicht erforderlich. Denn durch das Gebot gemäß § 312c Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB (nebst
Bezugsnormen) ist hinreichend sichergestellt, dass dem Verbraucher eine Belehrung in
ggf. hervorgehobener und deutlich gestalteter Form spätestens bei Erhalt der bestellten
Waren mitgeteilt wird.

c) Für eine von der Antragstellerin favorisierte Analogie zu § 9 Abs. 5 BGB-InfoVO, wonach
im Reisevertragsbereich ein Sicherungsschein sich von weiteren Angaben oder Texten in
der entsprechenden Urkunde deutlich abheben muss, ist hier kein Raum. Es fehlt an einer
planwidrigen Lücke. Denn der Gesetz- und Verordnungsgeber hat die Frage der Einbettung
der Widerrufsbelehrung in anderen Text auch im hier in Rede stehenden Zusammenhang
gesehen und in der vorstehend wiedergegebenen Weise differenzierend geregelt.

d) Die von der Antragstellerin im hier in Rede stehenden Zusammenhang angeführten Entscheidungen
des Bundesgerichtshofs (WRP 1996, 708 = NJW 1996, 1964) und des Oberlandesgerichts
Stuttgart (NJW 1992, 3245) ergeben nichts Gegenteiliges. Denn diese Entscheidungen
betreffen nicht die Frage, in welcher Form nach aktuell geltendem Recht vor
Vertragsschluss über das Widerrufsrecht zu belehren ist, sondern nur die – hiervon zu unterscheidende
– Frage, in welcher Form eine Widerrufsbelehrung gestaltet sein muss, um
(gemäß § 1b Abs. 2 Satz 2 AbzG a.F. bzw. § 7 VerbrKrG a.F.) den Beginn des Laufs der
Widerrufsfrist auszulösen (vgl. heute § 355 BGB).

2. Mit Recht beanstandet die Antragstellerin dagegen den Inhalt der in Rede stehenden Belehrung
des Antragsgegners, soweit es dort heißt, der Verbraucher könne seine Vertragserklärung
innerhalb von zwei Wochen widerrufen, und greift in diesem Punkt den zurückweisenden
Beschluss des Landgerichts mit Erfolg an. Insoweit steht der Antragstellerin ein
Unterlassungsanspruch gegen den Antragsgegner aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1,
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu.

a) Wie bereits ausgeführt hat der Unternehmer gemäß § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB dem Verbraucher
klar und verständlich die Information zur Verfügung zu stellen, für die dies gemäß
Art. 240 EGBGB i.V. mit § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO bestimmt ist, so unter anderem
über die Bedingungen der Ausübung des Widerrufs.

b) Das in § 355 BGB geregelte Widerrufsrecht bezweckt den Schutz der Verbraucher. Dieser
Schutz erfordert eine möglichst umfassende, unmissverständliche und aus dem Verständnis
der Verbraucher eindeutige Belehrung. Dem tragen die bei der Belehrung von Gesetzes
wegen zu beachtenden Formvorschriften und inhaltlichen Anforderungen (wie hier
nach § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB nebst Bezugsnormen) Rechnung. Der Verbraucher soll
durch die Belehrung nicht nur von seinem Widerrufsrecht Kenntnis erlangen, sondern
auch in die Lage versetzt werden, dieses auszuüben (vgl. BGH GRUR 2002, 1085, 1086 –
Belehrungszusatz).

c) Dem wird die in Rede stehende Widerrufsbelehrung wegen der Mitteilung einer Zweiwochenfrist
nicht gerecht, da die Frist – worauf die Antragstellerin mit Recht hinweist – in
Wirklichkeit einen Monat beträgt. Die insoweit unrichtige Belehrung ist daher in bestimmten
Fällen (Zeitablauf von beispielsweise drei Wochen) geeignet, einen Verbraucher von
der Geltendmachung seines ihm (noch) zustehenden Rechts auf Widerruf abzuhalten, da
sie in ihm den Irrtum hervorruft, die Frist für einen Widerruf sei bereits abgelaufen.

d) Die Dauer der Widerrufsfrist für Fernabsatzverträge ist in § 312d Abs. 1 i.V. mit § 355 BGB
geregelt und beträgt zwar grundsätzlich zwei Wochen (§ 355 Abs. 1 Satz 2 BGB), abweichend
davon jedoch dann einen Monat, wenn die in Textform mitzuteilende Widerrufsbelehrung
erst nach Vertragsschluss mitgeteilt wird (§ 355 Abs. 2 Satz 2 BGB). Letzteres ist
hier der Fall. Das ergibt sich aus Folgendem:

aa) Die hier in Rede stehende Belehrung im Internet-Auftritt der Antragsgegnerin
ist dem Verbraucher zwar schon vor Vertragsschluss zugänglich. Sie ist jedoch keine
Widerrufsbelehrung „in Textform“, die dem Verbraucher „mitgeteilt“ wird.

bb) „Textform“ erfordert gemäß § 126b BGB unter anderem, dass die Erklärung in
einer Urkunde oder auf andere zur dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeignete
Weise abgegeben ist. Danach ist die im Internetauftritt des Antragsgegners zu
findende Widerrufsbelehrung – entgegen der Auffassung des Landgerichts – keine
solche, die dem Verbraucher in „Textform“ mitgeteilt wird. Denn bei Texten,
die in das Internet eingestellt, dem Empfänger aber nicht (beispielsweise per E-Mail)
übermittelt worden sind, ist § 126b BGB nur gewahrt, wenn es tatsächlich zur
Perpetuierung der Erklärung beim abrufenden Verbraucher (Ausdruck der Seite oder
Download, d.h. Abspeicherung auf der eigenen Festplatte) kommt (vgl. Palandt/Heinrichs,
BGB, 65. Aufl., § 126b Rdn. 3, m.w.N.). Aus der vom Landgericht zitierten Entscheidung
des Oberlandesgerichts München aus dem Jahre 2001 (NJW 2001, 2263) kann nach Auffassung
des Senats für die Auslegung des Begriffs „Textform“ gemäß dem (seinerzeit noch nicht
existierenden) § 126b BGB nichts Gegenteiliges entnommen werden. Dort wird lediglich
§ 8 Abs. 1 VerbrKrG a.F. nach seinem Sinn und Zweck dahin gehend ausgelegt, dass die
in ihm erwähnten Informationen lediglich in lesbarer Form dem Verbraucher so dauerhaft
zur Verfügung stehen müssen, dass er die Angaben vor Abgabe seines auf den Abschluss
des Vertrags gerichteten Angebots eingehend zur Kenntnis nehmen kann. Dieser vom Oberlandesgericht
München im Wege der Auslegung erkannte Rechtszustand entspricht aber nunmehr genau
der aktuellen Rechtslage zu § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, der im Gegensatz zu § 312c
Abs. 2 Satz 1 BGB vor Vertragsschluss eine Information in Textform gerade nicht erfordert.

cc) Stellt danach die Widerrufsbelehrung im Internetauftritt des Antragsgegners noch keine
Mitteilung „in Textform“ gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB dar, so ist für die hier in Rede
stehenden ebay-Geschäfte mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen,
dass die Belehrung erst nach (jedenfalls nicht vor) Vertragsschluss in Textform mitgeteilt
wird, da bei ebay – wie von der Antragstellerin vorgetragen – die Waren im Rechtssinne
verbindlich angeboten werden, mit der Folge, dass mit der Abgabe der entsprechenden
Erklärung des Verbrauchers ein Kaufvertrag geschlossen wird.

e) Steht mithin die Erklärung „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen
… widerrufen“ in Widerspruch zu § 355 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach die Frist einen Monat
beträgt, so verstößt sie gegen § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB (nebst Bezugsnormen), da sie
dem Verbraucher nicht klar und verständlich die Information über die Bedingungen der
Ausübung des Widerrufs zur Verfügung stellt. Dieser Verstoß ist gemäß §§ 3, 4 Nr. 11
UWG unlauter, da die angeführten Vorschriften zu den Unterrichtungspflichten bezüglich
der Widerrufsrechte dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten
zu regeln (vgl. Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 24. Aufl.,
§ 4 UWG Rdn. 11.170), und da es sich nicht lediglich um einen Bagatellverstoß handelt.

3. Mit Recht beanstandet die Antragstellerin des Weiteren den Inhalt der in Rede stehenden
Belehrung des Antragsgegners, soweit es dort heißt, die Frist (zum Widerruf) beginne frühestens
mit Erhalt der Ware, und greift auch in diesem Punkt den zurückweisenden Beschluss des Landgerichts
mit Erfolg an. Insoweit steht der Antragstellerin gleichfalls ein Unterlassungsanspruch gegen
den Antragsgegner aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu.

Die genannte Formulierung ist als Information über die Bedingungen der Ausübung des
Widerrufs für den Verbraucher entgegen § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 240 EGBGB, § 1
Abs. 1 Nr. 10 BGB-InfoVO nicht hinreichend klar und verständlich. Anknüpfungspunkt für
den Fristbeginn ist in erster Linie gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB die Mitteilung der Widerrufsbelehrung
in Textform (weitere Anknüpfungspunkte finden sich in § 312d Abs. 2
BGB). Eine Widerrufsbelehrung in Textform ist – wie ausgeführt – mit der ins Internet gestellten
Widerrufsbelehrung des Antragsgegners noch nicht erfolgt. „Mit Erhalt der Ware“
beginnt die Frist also (gemäß § 312d Abs. 2 BGB) nur dann, wenn der Verbraucher bis
dahin auch die Widerrufsbelehrung in Textform mitgeteilt bekommen hat.

Zwar weist das Landgericht in diesem Zusammenhang zutreffend auf das Wort „frühestens“
hin und führt auch mit Recht aus, dass diese Formulierung einen späteren Beginn
der Frist nicht ausschließe. Die Belehrung ist in diesem Punkt also in der Tat nicht falsch.

Darauf kommt es aber nicht an. Die Belehrung muss nämlich nicht nur – was selbstverständlich
ist – „richtig“ sein, sondern von Gesetzes wegen auch „klar und verständlich“ über
die Bedingungen des Widerrufs, wie etwa über den Fristbeginn, unterrichten. Das aber
trifft auf die in Rede stehende Formulierung nicht zu. Derjenige Verbraucher, der (aus welchen
Gründen auch immer) keine Widerrufsbelehrung in Textform erhalten hat, wird auf
diese Weise nämlich vollkommen darüber im Unklaren gelassen, dass die Widerrufsfrist
aus diesem Grund definitiv noch nicht einmal zu laufen begonnen hat. Das zeigt, dass die
Belehrung im Internetauftritt in diesem Punkt nicht „klar und verständlich“ informiert. Richtigerweise
muss dort also – jedenfalls auch – angeführt werden, dass die Frist frühestens
mit Erhalt einer (in Textform noch gesondert mitzuteilenden) Widerrufsbelehrung zu laufen
beginnt (vgl. auch Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoVO).

4. Das mithin bezüglich der – hinsichtlich Fristdauer und Fristbeginn zu beanstandenden –
Unterrichtung zu verhängende Verbot ist in seinem Ausspruch aus materiellen Gründen in
dreierlei Hinsicht auf den konkret in Erscheinung getretenen Verletzungsvorfall einzuschränken:

Zum einen bezieht sich das Verbot nur auf Geschäfte mit Damenschuhen, da die Parteien
nur insoweit miteinander in Wettbewerb stehen (§ 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG) und der Antragsgegner
nur solche Artikel angeboten hat.

Zum andern bezieht sich das Verbot nur auf Geschäfte und Widerrufsbelehrungen auf der
Internetplattform „ebay“, da nur insoweit (mit überwiegender Wahrscheinlichkeit) davon
ausgegangen werden kann, dass der Vertragsschluss kraft Annahmeerklärung des Verbrauchers
erfolgt, die Widerrufsbelehrung in Textform also erst nach Vertragsschluss mitgeteilt
wird.

Schließlich ist das auch im Text des Antragsgegners verwendete Wort „frühestens“ in den
Verbotsausspruch mit aufzunehmen, da dieses Wort die Unterrichtung über einen Fristbeginn
„ab Erhalt der Ware“ zwar richtig, aber nicht mehr hinreichend „klar und verständlich“
i.S. der gesetzlichen Anforderungen werden lässt.

5. Darüber hinaus hat der Senat in der Beschlussformel klargestellt, dass die Antragstellerin
nach der von ihr gegebenen Antragsbegründung die unzutreffende Angabe der Zwei-
Wochen-Frist neben den beiden anderen Streitgegenständen selbständig verfolgt.

6. Die gemäß §§ 935, 940 ZPO für den Erlass einer einstweiligen Verfügung vorauszusetzende
Dringlichkeit der nach allem bestehenden Unterlassungsansprüche wird im Wettbewerbsrecht
gemäß § 12 Abs. 2 UWG vermutet.

III.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 92 Abs. 1, § 3 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Zivilrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.