Zur Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 05.08.2015 – 23 U 178/14

Zur Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung 

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 27. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8.9.2014 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, die keiner Änderung oder Ergänzung bedürfen, gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Ergänzend ist festzuhalten, dass der Kläger und die Mitdarlehensnehmerin auf der Widerrufsbelehrung in der fettgedruckten Rubrik „Zur Verfügungstellung der Widerrufsbelehrung“ die nachfolgende Zeile „Ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ist mir zur Verfügung gestellt worden.“ jeweils separat mit Datum vom 14.11.2006 unterschrieben haben, zusätzlich zur darüber stehenden, ebenso unterzeichneten Widerrufsbelehrung selbst vom selben Datum (Bl. 13 d.A.).

Der Kläger macht gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit Darlehensverträgen vom 14.11.2006 geltend.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass zwischen den Parteien Darlehensverträge zustande gekommen seien, die nicht wirksam widerrufen worden seien, und dass die Vorfälligkeitsentschädigung mit Rechtsgrund gezahlt worden sei.

Zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung mit anwaltlichem Schreiben vom 12.2.2014 sei die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1, 2 BGB a.F. bereits abgelaufen gewesen, da die 2 Wochen-Frist schon am 14.11.2006 zu laufen begonnen habe. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass die Widerrufsbelehrung nicht den Vorgaben des § 355 Abs. 2 BGB a.F. entsprochen habe. Die vom Kläger angeführte Entscheidung des BGH vom 10.3.2009 (VI ZR 33/08) sei nicht einschlägig, denn bei der vorliegenden Widerrufsbelehrung entstehe aus Sicht eines unbefangenen durchschnittlichen Kunden nicht der Eindruck, die Voraussetzungen für den Fristbeginn seien bereits mit der Übermittlung des die Widerrufsbelehrung enthaltenden Vertragsantragsformulars der Beklagten erfüllt und die Widerrufsfrist beginne ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Klägers bereits einen Tag nach Zugang des Angebotsformulars der Beklagten zu laufen. Vorliegend heiße es nämlich „mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift meines Vertragsantrags“, wodurch deutlich werde, dass nicht allein das bloße Antragsformular ausreiche, sondern dass es sich um das Antragsformular mit der bereits enthaltenen Willenserklärung des Klägers handeln müsse. Die Widerrufsbelehrung könne vom Verbraucher auch nicht so verstanden werden, dass es sich bei der Übersendung des Vertragsantragsformulars durch die Beklagte bereits um die Vertragsurkunde handeln könne.

Die Widerrufsbelehrung sei auch nicht deshalb unwirksam, weil sie hinsichtlich der Rechtsfolgen lediglich auf die Pflicht zur Rückzahlung der vom Kläger empfangenen Leistung hinweise. Grundsätzlich sei vorliegend ein Hinweis auf die Rechtsfolgen nicht erforderlich. Im Übrigen enthalte selbst das Muster der BGB-InfoV den Hinweis, dass der Verweis auf die Widerrufsfolgen entfallen könne, wenn die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erbracht würden, was hier der Fall sei.

Im Hinblick auf die Abtretung der Auszahlungsansprüche als Sicherheit sei die gesonderte Widerrufsbelehrung über die Willenserklärung in dem Formular „Baufinanzierung/Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“ maßgeblich, in der der Kläger ausdrücklich darauf hingewiesen worden sei, dass er an die dort getätigten Willenserklärungen nicht mehr gebunden sei, wenn er sie binnen 2 Wochen widerrufe. Die Abtretung des Auszahlungsanspruchs aus dem Darlehen sei aber nur in dieser Vereinbarung ausreichend konkret bezeichnet, da aus dem Blatt 3 Baufinanzierung (Bl. 12) der abgetretene Anspruch nicht ausreichend konkretisiert sei, womit zu diesem Zeitpunkt noch keine wirksame Abtretung erfolgt sei.

Auf eine etwaige Verwirkung komme es daher nicht mehr an.

Der Kläger hat am 13.10.2014 (Montag) gegen das ihm am 12.9.2014 zugestellte Urteil des Landgerichts fristgerecht Berufung eingelegt und diese am 8.12.2014 fristgerecht begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

Das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger mit den Beklagten mehrere Darlehensverträge abgeschlossen habe, die zwar in einer Urkunde zusammengefasst seien, für die es aber jeweils getrennter Widerrufsbelehrungen bedurft hätte. Auch müsste jeder Darlehensnehmer gesondert über das ihm zustehende Widerrufsrecht informiert werden und ein eigenes Exemplar erhalten; erst dadurch werde er zum eigenständigen Widerruf in die Lage versetzt. Dem Kläger und der Mitdarlehensnehmerin sei vorliegend lediglich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden.

Die erteilte Widerrufsbelehrung informiere zudem nicht gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist; die Fehlerhaftigkeit lasse sich insoweit aus den Entscheidungsgründen im Urteil des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) herleiten. Bei einem unbefangenen Leser könne der Eindruck entstehen, dass die Widerrufsfrist ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang der die Widerrufsbelehrung enthaltenden „Vertragsurkunde“ zu laufen beginne. Der BGH habe zudem zu einer ähnlich lautenden Widerrufsbelehrung, die ebenfalls die Formulierung „mein schriftlicher Vertragsantrag“ enthalten habe, mit Entscheidung vom 22.5.2012 (II ZR 1/11) festgestellt, dass diese fehlerhaft sei. Auch überzeuge nicht, dass nach Ansicht des Landgerichts die Widerrufsbelehrung vom Verbraucher nicht so verstanden werden könne, dass es sich bei der Übersendung des Vertragsantragsformulars durch die Beklagte bereits um die Vertragsurkunde handeln könne, zumal angesichts eines mit „Darlehensvertrag“ überschriebenen Formulars. Schließlich belehre die Widerrufsbelehrung (unvollständig) über den Fristlauf und nicht ordnungsgemäß über den Fristbeginn, obwohl letzteres zwingend vorgeschrieben sei.

Weiterhin sei die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, da der Hinweis fehle, dass im Falle des Widerrufs auch die Beklagten zur Rückgabe der empfangenen Leistungen verpflichtet seien. Auch § 355 BGB a.F. fordere, dass der Verbraucher über seine Rechte informiert werde. Die Auszahlungsansprüche seien im Gegensatz zur Auffassung des Landgerichts als Sicherheit bereits unmittelbar mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags abgetreten, weil in diesem Vertrag bereits hinreichend konkretisiert. Jedenfalls sei die Abtretung in zeitlicher Hinsicht unmittelbar im Anschluss an die Darlehensunterzeichnung noch am selben Tag erfolgt. Der Verweis des Landgerichts auf die gesonderte Widerrufsbelehrung in dem Formular „Baufinanzierung/Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“ entbehre jeglicher Grundlage und werde dem Deutlichkeitsgebot nicht gerecht; dem Verbraucher sei eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung zur Verfügung zu stellen, damit er sich nicht aus verschiedenen Widerrufsbelehrungen die richtigen Informationen selbst zusammensuchen müsse.

Die Verständnismöglichkeit sei nach den AGB-Grundsätzen zu prüfen und dabei von den Vorstellungen eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden auszugehen. Sämtliche Zweifel müssten zulasten des Verwenders gehen. Ferner sei die kundenfreundlichste Auslegung geboten.

Die Widerrufsbelehrung sei zudem auch deshalb fehlerhaft, weil sie dem Verbraucher den falschen Eindruck vermittele, er könne den Widerruf seiner Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrags mit der Beklagten zu 2. ausschließlich gegenüber der Beklagten zu 1. erklären.

Eine vorzeitige Darlehensrückführung führe auch nicht zum Erlöschen eines Widerrufsrechts; selbst ein nichtiges Rechtsgeschäft könne widerrufen werden.

Kausalitätserwägungen spielten keine Rolle.

Dem erklärten Widerruf stehe weder die Einrede der Verwirkung entgegen – mangels Umstandsmoments – noch sei die Ausübung des Widerrufsrechts rechtsmissbräuchlich.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 8.9.2014 abzuändern und

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an den Kläger 10.281,61 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, an den Kläger 12.075,93 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

die Beklagte zu 1. zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr zu einem Streitwert von 10.881,61 € freizustellen;

die Beklagte zu 2. zu verurteilen, den Kläger von den Kosten für die vorgerichtliche Inanspruchnahme seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr zu einem Streitwert von 12.075,93 € freizustellen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen die Entscheidung des Landgerichts.

Es sei unschädlich, dass in dem einheitlichen Vertragsexemplar über eine einheitliche Baufinanzierung unter Verwendung verschiedener Unterkonten nur eine Widerrufsbelehrung enthalten sei, zumal die Darlehensnehmer in einem Zug unterzeichnet hätten. Eine mehrfache Belehrung wäre sogar irreführend gewesen.

Das Landgericht habe zutreffend die Belehrung über den Fristbeginn für wirksam gehalten, die umfassend, unmissverständlich und für den Verbraucher eindeutig sei, ferner den gesetzlichen Vorgaben entspreche. Durch die Verwendung des Wortes „meine“ werde deutlich auf die Erklärung des Darlehensnehmers abgestellt. Die Bezeichnung als „Darlehensvertrag“ führe zu keiner anderen Beurteilung. Das Urteil des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) betreffe einen anderen Wortlaut der Widerrufsbelehrung.

Auch die Auffassung des Landgerichts zur Belehrung über die Rechtsfolgen eines Widerrufs sei zutreffend und stehe nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des BGH. Vorliegend seien die beiderseitigen Leistungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist zu erbringen gewesen, so die erste Rate des Klägers erst am 30.12.2006 und damit nach Ablauf der vom 14.11.2006 an gerechneten Zweiwochenfrist. Im Darlehensvertrag selbst seien auch nur die Sicherheiten aufgeführt, aber noch keine Forderungsabtretung erfolgt, die erst in der gesonderten Vereinbarung über die gestellten Sicherheiten zu sehen sei, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt. Gemäß § 355 BGB a.F. habe bereits nicht über die Rechtsfolgen des Widerrufs aufgeklärt werden müssen (OLG Celle, WM 2014, 1421).

Die Widerrufsbelehrung halte auch den AGB-Grundsätzen stand.

Nach der Kündigung durch den Kläger habe zum Zeitpunkt seiner Widerrufserklärung auch schon gar kein Vertragsverhältnis mehr bestanden.

Im Übrigen sei Verwirkung eingetreten bzw. liege eine missbräuchliche Rechtsausübung vor.

Es werde bestritten, dass dem Kläger und der Mitdarlehensnehmerin vorliegend lediglich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zweitinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Es liegt kein Berufungsgrund im Sinne des § 513 ZPO vor, denn weder beruht die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis auf einer Rechtsverletzung nach § 546 ZPO noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Rückzahlung von Vorfälligkeitsentschädigungen im Zusammenhang mit den Darlehensverträgen vom 14.11.2006 verneint, denn ein Widerruf dieser Darlehensverträge ist klägerseits nicht fristgerecht und damit nicht wirksam erfolgt.

Bei Erklärung des Widerrufs mit anwaltlichem Schreiben vom 12.2.2014 war die Widerrufsfrist nach § 355 Abs. 1, 2 BGB a.F. bereits abgelaufen gewesen, da aufgrund einer wirksamen Widerrufsbelehrung die 2 Wochen-Frist bereits am 14.11.2006 zu laufen begonnen hatte, wie vom Landgericht zutreffend festgestellt.

Soweit der Kläger erstmals im Berufungsverfahren vorbringt, das Landgericht habe nicht berücksichtigt, dass der Kläger mit den Beklagten mehrere Darlehensverträge abgeschlossen habe, die zwar in einer Urkunde zusammengefasst seien, für die es aber jeweils getrennter Widerrufsbelehrungen bedurft hätte, jeder Darlehensnehmer müsste gesondert über das ihm zustehende Widerrufsrecht informiert werden und ein eigenes Exemplar erhalten, dem Kläger und der Mitdarlehensnehmerin sei vorliegend lediglich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden, vermag er damit nicht durchzudringen.

Angesichts des erheblichen Bestreitens der Beklagten, dass dem Kläger und der Mitdarlehensnehmerin vorliegend lediglich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung ausgehändigt worden sei, handelt es sich dabei um ein neues streitiges Angriffsmittel, das nach § 531 Abs. 2 ZPO mangels Vorliegens eines der dort genannten Ausnahmetatbestände im Berufungsverfahren nicht zuzulassen ist. Ungeachtet dessen spräche in der Sache selbst gegen das Vorbringen des Klägers schon die sowohl von ihm selbst als auch der Mitdarlehensnehmerin jeweils separat unterzeichnete Bestätigung des Erhalts eines Exemplars der Widerrufsbelehrung („ist mir zur Verfügung gestellt worden“; Bl. 13 d.A.), zu deren Entkräftung der Kläger nichts vorgebracht hat.

Für die Frage der vom Kläger gerügten Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung ist § 355 BGB in der Fassung bei Abschluss des (Gesamt)Darlehensvertrages vom 14.11.2006 maßgeblich. Hiernach lässt sich eine Fehlerhaftigkeit der Widerrufsbelehrung indes nicht feststellen, so dass der Widerruf, der binnen zwei Wochen zu erfolgen hatte, vorliegend verfristet ist.

Die vom Kläger beanstandete Passage der Widerrufsbelehrung lautet wie folgt: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir – ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung – und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden.“

Dem Kläger ist nicht darin zu folgen, dass diese erteilte Widerrufsbelehrung nicht gemäß § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. eindeutig über den Beginn der Widerrufsfrist informiere und die Fehlerhaftigkeit sich insoweit aus den Entscheidungsgründen im Urteil des BGH vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) herleiten lasse. Entgegen der Ansicht des Klägers kann bei einem unbefangenen Leser nicht der Eindruck entstehen, dass die Widerrufsfrist ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers bereits am Tag nach Zugang der die Widerrufsbelehrung enthaltenden „Vertragsurkunde“ zu laufen beginne.

Der mit dem Widerrufsrecht bezweckte Schutz des Verbrauchers erfordert eine umfassende, unmissverständliche und für den Verbraucher eindeutige Belehrung auch über den Beginn der Widerrufsfrist (BGH NJW 2009, 3572 [BGH 10.03.2009 – XI ZR 33/08] m.w.N.). Deren Lauf hängt bei einem Vertrag, der – wie der streitgegenständliche Verbraucherdarlehensvertrag gemäß § 492 BGB – schriftlich abzuschließen ist, gemäß § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F. davon ab, dass dem Verbraucher neben der Widerrufsbelehrung auch eine Vertragsurkunde oder sein eigener schriftlicher Antrag im Original bzw. in Abschrift zur Verfügung gestellt wird. Der Widerrufsbelehrung muss bei Schriftform des Vertrags also eindeutig zu entnehmen sein, dass der Lauf der Widerrufsfrist zusätzlich zu dem Empfang der Widerrufsbelehrung voraussetzt, dass der Verbraucher im Besitz einer seine eigene Vertragserklärung enthaltenden Urkunde ist; nur wenn die Widerrufsbelehrung sich auf eine konkrete Vertragserklärung des Verbrauchers bezieht, kann er die ihm eingeräumte Überlegungsfrist sachgerecht wahrnehmen (BGH NJW 2009, 3572 [BGH 10.03.2009 – XI ZR 33/08]; NJW 2002, 3396 [BGH 04.07.2002 – I ZR 55/0]).

Der BGH hat zwar mit dem vom Kläger angeführten Urteil vom 10.03.2009 (XI ZR 33/08, NJW 2009, 3572) eine nahezu dem Gesetzeswortlaut entsprechende Formulierung, nämlich „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem dem Darlehensnehmer diese Belehrung mitgeteilt und eine Vertragsurkunde, der schriftliche Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Darlehensantrages zur Verfügung gestellt wurde.“ beanstandet, weil sie dem Verbraucher den Eindruck vermittelt habe, die Widerrufsfrist beginne bereits mit Übersendung eines Vertragsangebots der Bank und ohne Rücksicht auf eine Vertragserklärung des Verbrauchers zu laufen. Hintergrund war allerdings ein Fall, in dem dem Verbraucher ein unterschriftsreifes Darlehensangebot der Bank vorgelegt wurde, das dieser erst einige Zeit später annehmen konnte und annahm. Der Fehler der Belehrung lag in jenem konkreten Fall faktisch lediglich darin begründet, dass die Belehrung nicht – wie der Gesetzeswortlaut des § 355 Abs.2 S.3 BGB a.F. – klarstellte, dass der Fristbeginn erst durch die Überlassung der Vertragserklärung des Verbrauchers ausgelöst werden konnte. Diese Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist indessen – entgegen der Ansicht des Klägers – schon deshalb nicht auf die hiesige Widerrufsbelehrung übertragbar, weil die Widerrufsbelehrung vorliegend mit der eigenen, auf der „Baufinanzierung“ abzugebenden Vertragserklärung des Verbrauchers erteilt wurde. Der Text der Widerrufsbelehrung konnte daher – anders als im Fall des BGH (s.o.) – nicht den Eindruck erwecken, das Widerrufsrecht werde schon durch den Erhalt eines noch nicht selbst unterzeichneten Formulars ausgelöst (wie hier OLG Naumburg, Urteil vom 12.10.2011, 5 U 144/11). Insofern war die Belehrung für die vorliegende Fallkonstellation ausreichend.

Vorliegend kommt maßgeblich hinzu, dass durch die Verwendung des Possessivpronomens in der Widerrufsbelehrung „mein schriftlicher Vertragsantrag oder … eine Abschrift meines Vertragsantrags“ hinreichend, nämlich zur Vermeidung von Missverständnissen des Verbrauchers, deutlich wird, dass nicht allein das bloße Antragsformular für den Fristbeginn ausreicht, sondern dass es sich um das Antragsformular mit der bereits enthaltenen Willenserklärung des Klägers handeln muss, was einem etwaigen Fehlbezug auf ein bloßes Vertragsangebot der Bank – wie im vom BGH a.a.O. entschiedenen Fall – entgegen steht. Dies hat das OLG Celle für eine wortgleiche Widerrufsbelehrung mit Beschluss vom 14.7.2014 (3 W 34/14 – bei […]) genauso beurteilt:

„Soweit die Antragsteller die Auffassung vertreten, dass die von der Antragsgegnerin verwendete Widerrufsbelehrung gegen das sogenannte Deutlichkeitsgebot des §§ 355 Abs. 2 Satz 1 BGB verstoße, ist dies unzutreffend. Entgegen der Darlegung der Antragsteller ergibt sich aus der Widerrufsbelehrung gerade nicht, dass die Frist für den Widerruf bereits mit Erhalt des Darlehensangebotes beginnt, was der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 10.3.2009 (XI ZR 33/08) beanstandet hat. Dort ging es um das Angebot der Bank, während es vorliegend in der Widerrufsbelehrung um das Angebot der Antragsteller als Darlehensnehmer geht. So heißt es in der Widerrufsbelehrung: „Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag, nachdem mir ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung und eine Vertragsurkunde, mein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder meines Vertragsantrages zur Verfügung gestellt wurden.“

Aus der ausdrücklichen Verwendung der Worte“mein schriftlicher Vertragsantrag“bzw. oder“meines Vertragsantrages“ist eindeutig zu entnehmen, dass es um das Angebot des Darlehensnehmers und nicht der Bank geht.“

So liegt der Fall auch hier.

Der Hinweis des Klägers auf AGB-Grundsätze führt zu keiner anderen Beurteilung, zumal die Widerrufsbelehrung vorliegend den Anforderungen des § 355 BGB a.F. als lex specialis genügt.

Soweit der Kläger darauf abstellen will, der BGH habe zudem zu einer ähnlich lautenden Widerrufsbelehrung, die ebenfalls die Formulierung „mein schriftlicher Vertragsantrag“ enthalten habe, mit Entscheidung vom 22.5.2012 (II ZR 1/11) festgestellt, dass diese fehlerhaft sei, verkennt er, dass für den BGH dort die Belehrung vielmehr deshalb nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat, weil sie lediglich auf aus dem Widerruf folgende Pflichten der Beklagten hinweist, nicht jedoch darauf, wie sich der Widerruf auf (etwaige) Rechte der Beklagten im Hinblick auf von ihr bereits an die Klägerin geleistete Zahlungen auswirkt. Die dortige Formulierung zum Fristablauf, die ebenfalls wie vorliegend Possessivpronomina verwendet, hat der BGH hingegen gerade nicht als fehlerhaft beanstandet, weshalb das Urteil im Gegenteil zur Stützung der hiesigen Rechtsauffassung dient.

Der Verweis des Klägers, auch überzeuge nicht, dass nach Ansicht des Landgerichts die Widerrufsbelehrung vom Verbraucher nicht so verstanden werden könne, dass es sich bei der Übersendung des Vertragsantragsformulars durch die Beklagte bereits um die Vertragsurkunde handeln könne, zumal angesichts eines mit „Darlehensvertrag“ überschriebenen Formulars, verfängt gleichfalls nicht. Die verwendete Terminologie entspricht derjenigen in § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB a.F.; außerdem ist das streitgegenständliche Formular mit „Baufinanzierung“ überschrieben (Bl. 10 d.A.).

Der weitere Vorwurf des Klägers, schließlich belehre die Widerrufsbelehrung (unvollständig) über den Fristlauf und nicht ordnungsgemäß über den Fristbeginn, obwohl letzteres zwingend vorgeschrieben sei, ist so nicht nachvollziehbar, jedenfalls aber unbegründet. Der Fristbeginn ist vorliegend nach dem verwendeten Text für den Verbraucher ohne weiteres bestimmbar, der Text ist im Übrigen insoweit auch vom BGH (a.a.O.) und OLG Celle (a.a.O.) nicht beanstandet worden.

Unbegründet ist ferner der Einwand des Klägers, weiterhin sei die Widerrufsbelehrung deshalb fehlerhaft, da der Hinweis fehle, dass im Falle des Widerrufs auch die Beklagten zur Rückgabe der empfangenen Leistungen verpflichtet seien. § 355 BGB a.F. statuiert die Notwendigkeit eines solchen Hinweises nicht. In diesem Sinne hat auch das OLG Celle (a.a.O.) entschieden: „Soweit die Antragsteller schließlich einen fehlenden Hinweis auf Rechte und/oder Pflichten nach erfolgtem Widerruf beanstanden, ist dies ebenfalls unerheblich, da nach § 355 BGB a. F. ein solcher Hinweis nicht erforderlich war. Soweit die Widerrufsbelehrung der Antragsgegnerin gleichwohl unter der Überschrift Widerruf bei bereits erhaltener Leistung darauf hinweist, dass in diesem Fall der Darlehensnehmer die empfangene Leistung trotz Widerrufs an die Bank zurück zu gewähren hat und gezogene Nutzungen herauszugeben seien, ist dieser Hinweis rechtlich zutreffend und trägt dem Abwicklungsverhältnis nach Widerruf Rechnung.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Der Verweis des Klägers, auch § 355 BGB a.F. fordere, dass der Verbraucher über seine Rechte informiert werde, geht ohnehin schon deshalb fehl, weil es sich bei der Verpflichtung der Beklagten zur Rückgabe der empfangenen Leistungen zuvörderst eben um eine Verpflichtung der Beklagten handelt.

Entgegen der Auffassung des Klägers sind in Übereinstimmung mit dem Landgericht die Auszahlungsansprüche als Sicherheit auch nicht bereits unmittelbar mit der Unterzeichnung des Darlehensvertrags abgetreten, weil in diesem Vertrag nicht hinreichend konkretisiert. Vielmehr verweist der Darlehensvertrag zu den Sicherheiten lediglich aufzählend auf zu bestellende Grundschulden und eine Abtretung von Auszahlungsansprüchen, wozu anschließend auf die Festlegung in der „Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“ verwiesen wird. Es kann deshalb keine Rede davon sein, dass der Verweis des Landgerichts auf die gesonderte Widerrufsbelehrung in dem Formular „Baufinanzierung/Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“ jeglicher Grundlage entbehre und dem Deutlichkeitsgebot nicht gerecht werde, wie der Kläger meint.

Die separate Abtretung von Auszahlungsansprüchen aus Darlehen unter Ziffer 2.4 der „Sicherheitenbestellung mit Sicherungszweckerklärung und ergänzenden Vereinbarungen“ (Bl. 16 d.A.) rechtfertigt auch im Gegensatz zur Ansicht des Klägers hinreichend eine eigene diesbezügliche Widerrufsbelehrung und verstößt nicht gegen das Deutlichkeitsgebot des § 355 BGB a.F..

Ohne Erfolg rügt der Kläger schließlich, dass die Widerrufsbelehrung zudem auch deshalb fehlerhaft sei, weil sie dem Verbraucher den falschen Eindruck vermittele, er könne den Widerruf seiner Willenserklärung auf Abschluss des Darlehensvertrags mit der Beklagten zu 2. ausschließlich gegenüber der Beklagten zu 1. erklären. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. verlangt die Angabe von „Namen und Anschrift desjenigen, gegenüber dem der Widerruf zu erklären ist“; dem genügt die vorliegende Fassung der Widerrufsbelehrung zweifelsfrei.

Der BGH nimmt dazu im Übrigen an, dass die Angabe der Anschrift des Widerrufsadressaten gemäß § 355 Abs. 2 BGB erforderlich sei, damit der Verbraucher gerade auch in dem Fall, dass der am Verbrauchervertrag beteiligte Unternehmer einen Dritten als Empfangsvertreter oder Empfangsboten benannt hat, zweifelsfrei erkennen könne, an wen er den Widerruf zu richten habe (BGH NJW 2012, 1065 [BGH 25.01.2012 – VIII ZR 95/11] [zum Widerruf im Fernabsatzgeschäft]; BGH NJW 2002, 2391 [BGH 11.04.2002 – I ZR 306/99]; OLG Hamm NJW-RR 2009, 1707 [OLG Hamm 28.04.2009 – 4 U 13/09]; Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl., § 360 Rn.3). Letzteres ist auch dann gewährleistet, wenn der Unternehmer die dritte Stelle vollständig bezeichnet, die von ihm mit der Empfangnahme der Widerrufe beauftragt ist. Denn der Verbraucher wird dadurch nicht an der Ausübung seines Widerrufsrechts gehindert; er wird in gleicher Weise wie durch die Mitteilung der Hausanschrift des Unternehmers in die Lage versetzt, seine Widerrufserklärung auf den Postweg zu bringen. Unter dem Begriff „Anschrift“ i.S.d. § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB a.F. ist nicht die Hausanschrift des Unternehmers, sondern die Postanschrift zu verstehen (BGH NJW 2002, 2391 [BGH 11.04.2002 – I ZR 306/99]), so dass die gewillkürte Postanschrift des Unternehmers für Widerrufseingänge auch die Anschrift eines Empfangsvertreters sein kann (ebenso Senat mit Beschluss vom 26.11.2014, 23 U 5/14).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 i.V.m. 709 Satz 2 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da der Rechtsstreit keine grundsätzliche Bedeutung hat und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung mangels divergierender Entscheidungen eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 ZPO).

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