Zur Unzulässigkeit einer Presseberichterstattung über die in erpresserischer Absicht erfolgte Veröffentlichung von intimen Aufnahmen im Internet

BGH, Urteil vom 30. April 2019 – VI ZR 360/18

Zur Unzulässigkeit einer Presseberichterstattung über die in erpresserischer Absicht erfolgte Veröffentlichung von intimen Aufnahmen im Internet

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 10. Zivilsenats des Kammergerichts vom 5. Juli 2018 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 27 des Landgerichts Berlin vom 30. November 2017 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Rechtsmittelinstanzen trägt die Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand
1
Die Klägerin, eine bekannte Sängerin, nimmt die Beklagte auf Unterlassung von Wortberichterstattungen in Anspruch.

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Die Beklagte veröffentlichte am 12. Februar 2017 auf der von ihr betriebenen Internetseite www.bild.de einen Artikel mit folgendem Inhalt unter voller Namensnennung:

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Am Tag darauf veröffentlichte die Beklagte auf derselben Internetseite einen Artikel mit folgendem Inhalt:

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Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, zu unterlassen, in Bezug auf die Klägerin zu behaupten und/oder behaupten zu lassen und/oder zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen,

a) „PRIVATBILDER AUFGETAUCHT

[Klägerin] mit Nackt-Fotos erpresst!“

„Es sind intime Fotos und private Videos. Außer ihrem Freund sollte sie niemand sehen. Doch jetzt kursieren die Aufnahmen von [Klägerin] im Internet, mit ein paar Klicks kann jeder die Dateien sehen.“

„[Klägerin] erlebt gerade dieses Drama. Seit Donnerstag werden im Internet (u.a. bei den sozialen Netzwerken Twitter und Snapchat) pikante Fotos des Popstars verbreitet. Zu sehen ist die Sängerin, wie sie nackt oder nur in Unterwäsche posiert. Dazu gibt es Videos mit persönlichen Liebesbotschaften an ihren Freund […]. Nach Bild-Informationen stammen die Daten aus einem Diebstahl von vor zwei Jahren. Damals wurde das Auto von [Klägerin]s Freund aufgebrochen, sein Laptop gestohlen. Der (oder die) Täter fordern von [Klägerin] eine hohe Geldsumme. Nur dann wollen sie die Verbreitung der Aufnahmen stoppen.“

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wie geschehen unter www.bild.de vom 12.02.2017;

b) „[Klägerin] ERPRESST [Klägerin] lebt seit zwei Jahren mit der Nacktfoto-Angst“

„Die Angst schwebt schon länger wie ein düsterer Satellit über ihr … [Klägerin] wird mit Nackt-Selfies erpresst. Intime Fotos und Videos, die eigentlich nur ihr Freund […] sehen sollte, kursieren seit Donnerstag im Internet und sind mit wenigen Klicks auffindbar. Der (oder die) Täter fordern von der Sängerin eine hohe Geldsumme. Nur dann wollen sie die Verbreitung der Aufnahmen stoppen.“

„Nach Bild-Informationen wurde damals das Auto ihres Freundes aufgebrochen und sein Laptop geklaut. Die darauf befindlichen Daten wurden kurz darauf verschiedenen Medien zum Kauf angeboten.“

wie geschehen unter www.bild.de vom 13.02.2017.

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Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.

Entscheidungsgründe
I.

7
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zu. Die Berichterstattung über die Erpressung der Klägerin durch Veröffentlichung der von ihr zur privaten Verwendung hergestellten intimen Fotos und Videos betreffe allein ihre Privatsphäre, diese allerdings im Kernbereich. Zwar könnten die den Bezugspunkt der Beklagten bildenden Nacktfotos und Videos dem Bereich der Intimsphäre der Klägerin zuzuordnen sein. Für die Berichterstattung über deren Vorhandensein und die rechtswidrige Nutzung gelte das schon deshalb nicht, weil das Bildmaterial nicht zur Schau gestellt werde, sondern nur mittelbar Bedeutung erlange, indem über den Diebstahl, die Verbreitung im Netz und die Erpressung berichtet werde. Details zum Inhalt der Bilder und Filme würden von der Beklagten nicht offenbart. Der Umstand, dass durch die Berichterstattung mitgeteilt werde, dass die Klägerin derartige Fotos und Videos angefertigt und ihrem Lebensgefährten in elektronischer Form gesandt habe, berühre noch nicht den Kernbereich höchstpersönlicher privater Lebensgestaltung. Von der Berichterstattung sei nicht nur die Sozialsphäre der Klägerin betroffen. Zwar enthalte die Berichterstattung selbst keine Fotos oder Videos, jedoch eine – wenn auch allgemein gehaltene – Beschreibung des Gegenstands. Auch wenn diesen Begriffen kein konkreter Inhalt zugeordnet werden könne, sei der Gegenstand jedenfalls so klar umrissen, dass die Berichterstattung den Kern der Privatsphäre betreffe. Dies gelte umso mehr, als nicht auszuschließen sei, dass sich Leser aufgrund der allgemeinen Beschreibung durch die Beiträge zu einer eigenständigen Suche nach dem Material veranlasst sehen könnten. Der Kernbereich der Persönlichkeit sei auch betroffen, weil den Beiträgen zu entnehmen sei, dass die Klägerin Opfer eines Erpressungsversuchs geworden sei. Die ungewollte mediale Erörterung der eigenen Person als Objekt einer Straftat laufe dem Opferschutz zuwider und schaffe eine Öffentlichkeit, die von der Klägerin nicht gewollt sei und ihrem Interesse an einer diskreten Behandlung der Angelegenheit widerspreche.

8
Diese Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre habe die Klägerin unter Berücksichtigung der Aufgabe der Presse, gerade über gesellschaftliche Phänomene und ihre negativen Auswirkungen auch unter Benennung der betroffenen Prominenten zu berichten, jedoch hinzunehmen. Ohne Erfolg berufe sich die Beklagte allerdings auf eine Selbstöffnung der Klägerin. Wenn die Klägerin in wenigen Filmen aus dem Jahr 2010 mit nacktem Oberkörper aufgetreten sei und auch bei öffentlichen Auftritten teilweise sehr freizügige Abendkleider trage, ändere dies nichts daran, dass die Aufnahmen zu einem bestimmten Zweck für den Lebensgefährten angefertigt worden seien. An der Mitteilung der unstreitig wahren Tatsachen bestehe aber ein berechtigtes öffentliches Interesse. Die Berichterstattung befasse sich mit einem gesellschaftlichen Phänomen, das auch, aber nicht nur prominente Personen betreffe. Selbst wenn durch die Berichterstattung eine vermehrte Suche nach den Bildern ausgelöst worden sein sollte, streite zu Gunsten des öffentlichen Informationsinteresses auch der Umstand, dass die Existenz der Nacktbilder und der Erpressungsversuch der Öffentlichkeit bereits aus Vorberichterstattungen bekannt gewesen seien. Angesichts des berechtigten Informationsinteresses sei nicht anzunehmen, dass die Berichterstattung allein der Unterhaltung der Leser diene und wegen der möglichen „Anlockfunktion“ einen (eigenständigen) erheblichen Eingriff darstelle, hinter dem das öffentliche Berichterstattungsinteresse zurücktreten müsste.

II.

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Die Revision der Klägerin ist begründet und führt zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch in dem vom Landgericht zugesprochenen Umfang (§ 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG).

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1. Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass die Veröffentlichung der angegriffenen Textpassagen das durch Art. 2Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin beeinträchtigt. Ob deren absolut geschützte Intimsphäre durch die Berichterstattungen berührt ist, kann offenbleiben (vgl. dazu Senat, Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Rn. 10 f.; BVerfG [K], NJW 2009, 3357 Rn. 25 f.). Wegen der jedenfalls bestehenden Nähe zur Intimsphäre der Klägerin ist zumindest der innere Bereich ihrer Privatsphäre betroffen.

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a) Das Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedem einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (vgl. Senat, Urteile vom 2. Mai 2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 19; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 9; vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Rn. 15; BVerfGE 32, 373, 379 f.; 101, 361, 382). Dazu gehören unter anderem die vertrauliche Kommunikation in einer Beziehung (vgl. jeweils zu Eheleuten Senat, Urteil vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Rn. 15; BVerfGE 27, 344, 351 f.; von Strobl-Albeg/Peifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 8 Rn. 104) und der Bereich der Sexualität (vgl. Senat, Urteile vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 33; vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Rn. 15; BVerfGE 47, 46, 73; 49, 286, 298). Fehlte es hier an einem Schutz vor der Kenntniserlangung anderer, wären die unbefangene Kommunikation unter Nahestehenden und die sexuelle Entfaltung beeinträchtigt oder unmöglich, obwohl es sich um grundrechtlich geschützte Verhaltensweisen handelt (vgl. Senat, Urteile vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 33; vom 25. Oktober 2011 – VI ZR 332/09, NJW 2012, 767 Rn. 15; BVerfGE 101, 361, 382).

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b) Nach diesen Grundsätzen beeinträchtigen die angegriffenen Textpassagen das Recht der Klägerin auf Achtung ihrer Privatsphäre im inneren Bereich. Die Beklagte informiert den Leser darüber, dass die Klägerin mit von ihr selbst erstellten Videos und Fotos erpresst wird, die zeigen, wie sie nackt oder nur in Unterwäsche für ihren Freund posiert. Durch die Bezeichnung der Aufnahmen als „intime Fotos“, „private Videos“, „Nackt-Selfies“, „pikante Fotos“ und „Videos mit persönlichen Liebesbotschaften“ sowie den Hinweis, dass die Aufnahmen außer ihrem Freund niemand sehen sollte, bringt die Beklagte eindeutig zum Ausdruck, dass das Bildmaterial sexuellen Bezug hat. Diesen Bezug konkretisiert die Beklagte zusätzlich dadurch, dass sie nach der Beschreibung der Aufnahmen zwei Erpresser-Tweets wiedergibt, in denen dieser die Bilder als „Kollektion seines Masturbatoriums“ bzw. „Kollektion von [Klägerin]s privaten Speichermedien, welche an Ihrer Einzigartigkeit nicht zu übertreffen sind“ bezeichnet und sie mit den Worten „Lasset die Spiele beginnen“ kommentiert. Die Mitteilung, dass die Klägerin derartige Aufnahmen von sich erstellt und ihrem Freund überlassen hat, berührt ihr Sexualleben.

13
Hieran ändert sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nichts dadurch, dass ein Dritter sich die Aufnahmen rechtswidrig verschafft, die Klägerin erpresst und – nachdem diese den Forderungen des Erpressers nicht nachgekommen ist – die Aufnahmen auf bestimmten Internetseiten zugänglich gemacht hat.

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c) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin auf Achtung ihrer Privatsphäre nicht deshalb zu verneinen, weil die Klägerin die Bilddateien an ihren Freund weitergegeben hat.

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Zwar kann der Schutz des Persönlichkeitsrechts entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wenn der Grundrechtsträger seine Privatsphäre von sich aus öffnet und dieser zuzurechnende Angelegenheiten der Öffentlichkeit zugänglich macht (vgl. Senat, Urteile vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 12; vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 36 jeweils mwN). So liegt der Streitfall jedoch nicht. Die Klägerin hat ausschließlich ihrem Freund Einblick gewährt und ihm die Aufnahmen überlassen (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 37).

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Abweichendes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht daraus, dass die erhebliche Gefahr des Datendiebstahls allgemein bekannt ist. Denn auch die Kenntnis des Betroffenen von diesem Umstand bietet keine Grundlage für die Annahme, dass dieser Informationen nicht trotzdem als privat ansieht und vertraulich behandelt haben will. Da die Gefahr einer unerlaubten Informationsbeschaffung und -weitergabe in allen Lebensbereichen besteht, ist auch nicht ersichtlich, warum aus der elektronischen Speicherung von Informationen andere Schlüsse gezogen werden sollten. Vielmehr begründet die zunehmende Verbreitung vernetzter informationstechnischer Systeme für den Einzelnen neben neuen Möglichkeiten der Persönlichkeitsentfaltung auch neue Persönlichkeitsgefährdungen. Aus der Bedeutung der Nutzung informationstechnischer Systeme für die Persönlichkeitsentfaltung und aus den Persönlichkeitsgefährdungen, die mit dieser Nutzung verbunden sind, folgt jedoch kein geringeres, sondern vielmehr ein erhebliches Schutzbedürfnis (vgl. BVerfGE 120, 274, 305 f.).

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2. Die Beeinträchtigung des Rechts der Klägerin auf Achtung ihrer Privatsphäre ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtswidrig.

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a) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest. Sie muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (vgl. Senat, Urteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 10; vom 12. Juni 2018 – VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn. 18; vom 2. Mai 2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 22; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 15; vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 20; vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 22; jeweils mwN).

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Im Streitfall ist das durch Art. 2Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Persönlichkeit mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Da die Aussagen die Privatsphäre der Klägerin betreffen, ist ungeachtet der Wahrheit der mitgeteilten Äußerungen von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. Senat, Urteile vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, juris Rn. 6; vom 12. Juni 2018 – VI ZR 284/17, NJW 2018, 3509 Rn. 19; vom 2. Mai 2017 – VI ZR 262/16, NJW-RR 2017, 1516 Rn. 23; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 16; BVerfGE 99, 185, 196 f.; BVerfG [K], NJW 2000, 2413, 2414, juris Rn. 22). Dies ist hier nicht der Fall.

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b) Zwar leisten die angegriffenen Artikel einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung. Sie befassen sich mit dem Phänomen der unbefugten Verbreitung von Nacktfotos im Internet („Sex-Leaks“), von dem nicht nur Prominente, sondern auch nicht in der Öffentlichkeit stehende Personen, insbesondere mit den Gefahren elektronischer Medien nicht ausreichend vertraute und deshalb besonders schutzwürdige Jugendliche, betroffen sind. Anhand des Beispielfalls der in der Öffentlichkeit sehr bekannten Klägerin verdeutlichen die Beiträge die Gefahren, die mit der elektronischen Speicherung (und Übermittlung) sensibler Informationen wie Nacktfotos verbunden sind. In dem Beitrag vom 12. Februar 2017 gibt die Beklagte darüber hinaus Hinweise, wie diese Gefahren vermieden oder jedenfalls reduziert werden können.

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Außerdem wird mit der Erpressung der Klägerin über eine Straftat berichtet. Eine solche Tat gehört zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Die Verletzung der Rechtsordnung begründet grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über die Tat (vgl. Senat, Urteil vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 13 mwN).

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c) Dennoch überwiegt das Schutzinteresse der Klägerin, da die Berichterstattungen schwerwiegend in ihre Privatsphäre eingreifen.

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aa) Das Gewicht des Eingriffs ist schon deshalb ganz erheblich, weil sehr private Informationen aus dem Beziehungsleben der Klägerin mitgeteilt werden, die einen tiefen Einblick in ihre persönlichen Lebensumstände geben sowie jedenfalls zum inneren Bereich ihrer Privatsphäre gehören und einen Bezug zur Intimsphäre herstellen (siehe oben II.1.b).

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Die Eingriffsintensität wird durch weitere Umstände erheblich verstärkt. Dies resultiert zunächst aus der Mitteilung, dass die Aufnahmen der Klägerin im Internet verbreitet wurden und dort zugänglich sind. Hierdurch wird die Gefahr begründet („Anlockwirkung“), dass ein größerer Personenkreis nach diesen sucht (vgl. zur Berichterstattung über Wohnanwesen Senat, Urteile vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 373/02, NJW 2004, 762, 763, juris Rn. 18; vom 9. Dezember 2003 – VI ZR 404/02, juris Rn. 21). Diese Gefahr wird durch den Hinweis der Beklagten „mit ein paar Klicks kann jeder die Dateien sehen“ und den Abdruck des Erpresser-Tweets „Es handelt sich um eine strikt unter Verschluss bewahrte Kollektion von [Klägerin]s privaten Speichermedien, welche an ihrer Einzigartigkeit nicht zu übertreffen sind.“ intensiviert.

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Hinzu kommt, dass die Berichterstattungen durch die Wiedergabe der Erpresser-Tweets den Leser daran teilhaben lassen, wie die Klägerin gegen ihren Willen zum reinen Objekt des Bildbetrachters wird und dadurch ein Ausgeliefertsein sowie eine Fremdbestimmung erfährt, die als demütigend wahrgenommen wird (vgl. dazu Senat, Urteil vom 13. Oktober 2015 – VI ZR 271/14, BGHZ 207, 163 Rn. 35; BVerfG [K], NJW 2019, 1277 Rn. 25).

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Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin als Opfer einer Straftat besonders schutzwürdig ist (vgl. EGMR, Urteil vom 17. Januar 2012 – 3401/07, NJW 2013, 771 Rn. 53 – Kurier Zeitungsverlag und Druckerei GmbH/Österreich; von Strobl-Albeg/Peifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 8 Rn. 133; Burkhardt/Peifer, in: Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 10 Rn. 194 mwN; vgl. demgegenüber zur identifizierenden Berichterstattung über Straftäter Senat, Urteil vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, juris Rn. 13 f. mwN). Dies gilt umso mehr, als die Beklagte den Erpresser in den angegriffenen Berichterstattungen zu Wort kommen lässt, wodurch die demütigende Wirkung seiner Straftat intensiviert wird.

27
bb) Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil – wie die Revisionserwiderung geltend macht – „die Klägerin im Internet auf ihrem Instagram-Account selbst eine Vielzahl erotischer (Bikini-) Fotos veröffentlichte, die nicht nur für die 1,6 Millionen Abonnenten ihres Accounts, sondern für jedermann einsehbar sind“, und dass sich daraus ergebe, dass die Klägerin „kein Problem damit hat, in der Öffentlichkeit leicht bekleidet und in erotischen Posen wahrgenommen zu werden“. Die im Verfahren von der Beklagten vorgelegten und von der Revisionserwiderung in Bezug genommenen Bilder der Klägerin auf ihrem Instagram-Account zeigen diese durchweg in Bekleidungen und Posen, die in der Öffentlichkeit üblich sind.

28
cc) Die Abwägung führt auch nicht deshalb zu einem anderen Ergebnis, weil die in den Artikeln mitgeteilten Informationen – wie die Beklagte geltend gemacht hat – einem Teil der Öffentlichkeit aus Vorberichterstattungen bekannt gewesen seien. Zwar ist der Umstand, dass eine wahre Tatsache bereits einer breiten Öffentlichkeit bekannt war, geeignet, das Gewicht ihrer Weiterverbreitung gegenüber dem Ersteingriff erheblich zu mindern (vgl. BVerfG [K], NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33; NJW 2017, 466 Rn. 13; Senat, Urteile vom 29. April 2014 – VI ZR 137/13, NJW 2014, 2276 Rn. 10; vom 29. April 2014 – VI ZR 138/13, juris Rn. 10; vom 5. November 2013 – VI ZR 304/12, BGHZ 198, 346 Rn. 21). Anders verhält es sich aber, wenn die angegriffene Verbreitung den Kreis der Rezipienten erheblich erweitert hat (vgl. BVerfG [K], NJW-RR 2010, 1195 Rn. 33).

29
Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die in den angegriffenen Berichterstattungen mitgeteilten Umstände bereits zuvor einer breiten Öffentlichkeit bekannt waren. Das Berufungsgericht hat lediglich festgestellt, dass es Vorberichterstattungen gab und dass die Beklagte behauptet hat, der Erpressungsversuch sei deshalb einem Teil der Öffentlichkeit bekannt gewesen. Abgesehen davon gehören die Beiträge der Beklagten zu den im deutschsprachigen Raum am meisten gelesenen, weshalb der Verbreitungsgrad der Informationen zumindest ganz erheblich erweitert wurde. Entsprechendes gilt für den Umstand, dass über die Erpressung der Klägerin bereits zuvor in Internetforen diskutiert worden war.

30
3. Die für den Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr wird aufgrund der erfolgten Rechtsverletzung vermutet (vgl. Senat, Urteile vom 4. Dezember 2018 – VI ZR 128/18, juris Rn. 9; vom 29. November 2016 – VI ZR 382/15, NJW 2017, 1550 Rn. 17; vom 15. September 2015 – VI ZR 175/14, BGHZ 206, 347 Rn. 30; jeweils mwN). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht entkräftet.

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