Zur Übernahmepflicht der tatsächlichen Kosten einer mehrtägigen Klassenfahrt

BSG, Urteil vom 13.11.2008 – B 14 AS 36/07 R

Der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat die tatsächlichen Kosten mehrtägiger Klassenfahrten ohne Beschränkung auf einen Höchstbetrag zu übernehmen, wenn die Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen stattfindet und das Schulrecht selbst keine Kostenobergrenze für Klassenfahrten vorsieht.

(Leitsatz des Gerichts)

Tatbestand
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Die Kläger begehren von dem Beklagten die Übernahme von Kosten für Klassenfahrten als Zuschuss.

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Der Kläger zu 1 ist im Jahre 1987 geboren, der Kläger zu 2 im Jahre 1991. Die beiden Kläger leben mit ihren Eltern und einer weiteren, minderjährigen Schwester zusammen in einer Wohnung in Berlin. Der Vater der Kläger erzielt ein monatliches Bruttoentgelt von 2.036,75 Euro. Dieses reicht – zusammen mit dem den Kindern gewährten Kindergeld – nicht aus, den Bedarf der fünfköpfigen Bedarfsgemeinschaft zu decken. Der Beklagte bewilligte daher zuletzt mit Bescheid vom 14. November 2006 den Klägern, ihren Eltern und der Schwester laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) für den Zeitraum vom 1. März 2007 bis zum 31. August 2007.

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Die beiden Kläger besuchen die F. Schule in K. Der Kläger zu 1 besuchte die 12., der Kläger zu 2 die 9. Klassenstufe. Am 12. März 2007 beantragten sie beim Beklagten, vertreten durch ihren Vater, die Übernahme von Kosten für Klassenfahrten. Der Kläger zu 1 beantragte die Übernahme der Kosten in Höhe von insgesamt 719 Euro für eine Kunststudienfahrt seiner Klasse im Zeitraum vom 8. Mai 2007 bis 19. Mai 2007 nach Florenz. Der Kläger zu 2 beantragte die Übernahme von Kosten in Höhe von insgesamt 285 Euro für eine Fahrt seiner Klasse vom 16. April 2007 bis zum 4. Mai 2007 nach Rüdnitz im Bundesland Brandenburg.

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Der Beklagte legte nach Antragstellung dem Vater der Kläger gegenüber seine Rechtsauffassung dar, dass die Kosten für Auslandsklassenfahrten nur in Höhe von bis zu maximal 400 Euro, die für Fahrten ins Land Brandenburg nur mit einem Höchstbetrag von 180 Euro bezuschusst werden könnten. Könne der Schüler den Restbetrag nicht aus eigenen Mitteln aufbringen, sei der Antrag insgesamt abzulehnen. Daraufhin beantragten die Kläger beim Sozialgericht (SG) Berlin in zwei getrennten Verfahren den Erlass von einstweiligen Anordnungen. Im Rahmen dieser Verfahren erließ der Beklagte die Bescheide vom 2. April 2007, mit denen er die Anträge insgesamt ablehnte. Die Widersprüche wies der Beklagte am 4. April 2007 zurück. Mit weiteren Bescheiden vom 5. April 2007 wurden den Klägern – entsprechend einer Zusicherung des Beklagten im Erörterungstermin vor dem SG – die beantragten Fahrtkosten in voller Höhe bewilligt, allerdings als Darlehen.

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Hiergegen haben die Kläger Klagen erhoben, die das SG zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat. Durch Urteil vom 27. Juni 2007 hat das SG sodann die ablehnenden Bescheide des Beklagten vom 2. und 4. April 2007 aufgehoben, den Darlehensbescheid vom 5. April 2007 geändert und den Beklagten verpflichtet, die den Klägern jeweils mit Bescheiden vom 5. April 2007 gewährten Kosten für mehrtägige Klassenfahrten statt als Darlehen als Zuschuss zu gewähren.

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Zur Begründung seiner Entscheidung hat das SG ausgeführt, die Kläger hätten einen Rechtsanspruch auf Gewährung der Kosten der mehrtägigen Schülerfahrten als Zuschuss nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Beide von den Klägern absolvierte Fahrten seien Klassenfahrten iS der schulrechtlichen Bestimmungen. Zunächst handele es sich um Klassenfahrten, weil sie in der Organisationshoheit der Schule im Klassenverband durchgeführt würden. Nach § 76 Abs 2 Nr 7 des Berliner Schulgesetzes sei die Kompetenz zur Aufstellung der Grundsätze für Klassenfahrten in den einzelnen Schulen der Schulkonferenz zugewiesen. Bei Schulen in freier Trägerschaft stehe die Schulgestaltung unter Beachtung des Bildungsauftrags und der weiteren grundlegenden Aufgaben von Ersatzschulen der jeweiligen Schule eigenverantwortlich zu. Es seien keine Anhaltspunkte für eine Überschreitung des Gestaltungsrechts in der Schule der Kläger ersichtlich. Die Klassenfahrten würden sich auch im Rahmen der Ausführungsvorschrift Klassenfahrten vom 22. Mai 1987 in der Fassung vom 26. Oktober 2000 (AV Klassenfahrt) halten. Von daher bestünden – ebenso wie bei den Beteiligten – keine Zweifel daran, dass die beantragten Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen des Landes Berlin stattgefunden hätten. Die Kläger hätten auch keine anderweitige Möglichkeit gehabt, die Kosten für die Klassenfahrten zu decken. Insbesondere seien sie nicht darauf zu verweisen, bei den Mitschülern oder Eltern anderer Schüler eine Sammlung durchzuführen. Eine Institutionalisierung der Solidarität der Elterngemeinschaft an der Schule habe ebenfalls nicht stattgefunden. Es habe an der Schule keinen von den Eltern gespeisten Unterstützungsfonds für bedürftige Schüler gegeben.

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Bereits aus dem Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II folge, dass eine Beschränkung auf einen Betrag unterhalb der tatsächlichen Kosten nicht möglich sei. Dies werde bestätigt im Wege der systematischen Auslegung durch einen Vergleich mit § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II. Nach dieser Vorschrift könnten die nicht von der Regelleistung umfassten Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und Nr 2 SGB II durch pauschale Leistungen erbracht werden. Die Regelung zu Klassenfahrten in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II sei dort ausdrücklich nicht genannt. Im Wege des Umkehrschlusses ergebe sich hieraus, dass eine Pauschalierung solcher Kosten gerade nicht möglich sei, was auch zahlreiche Landessozialgerichte (LSG) bereits entschieden hätten. Schließlich folge auch aus der Gesetzesbegründung zu § 31 Abs 1 Nr 3 des Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII), dass für Klassenfahrten ausdrücklich keine Obergrenzen der Kostenübernahme beabsichtigt gewesen seien (Hinweis auf BT-Drucks 15/1514, S 60). Eine Beschränkung der Leistungspflicht auf angemessene Klassenfahrten durch Höchstbeträge sei mithin mit Wortlaut und Systematik des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II nicht vereinbar.

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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der – vom SG zugelassenen – Sprungrevision. Er rügt eine Verletzung des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Es sei unstreitig, dass es sich hier um eine Klassenfahrt im Rahmen der schulrechtlichen Vorschriften des Landes Berlin gehandelt habe. Es sei allerdings kein Grund ersichtlich, wieso er – der Beklagte – keine Höchstbeträge für die Teilnahme an Klassenfahrten festlegen dürfe. Bei Höchstbeträgen handele es sich gerade nicht um Pauschbeträge iS des § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II. Die Beschränkung der Pauschalierungsmöglichkeit in § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II auf Leistungen für die Erstausstattungen der Wohnung und Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sei sinnvoll, weil damit der Entscheidungsfreiheit des Leistungsempfängers, was er sich genau anschaffen wolle, Rechnung getragen werde. Eine derartige Notwendigkeit stelle sich bei mehrtägigen Klassenfahrten nicht, sodass für den Gesetzgeber allein deshalb kein Anlass dafür bestanden habe, auch Leistungen für Klassenfahrten in Form von Pauschalbeträgen zu ermöglichen. Das Gesetz sage aber über die Unzulässigkeit von Höchstbeträgen gerade nichts aus. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) habe im Jahr 1995 in einem Urteil festgestellt, dass auch Klassenfahrten nicht den üblichen und angemessenen Rahmen überschreiten dürften. Diese Rechtslage zum Sozialhilferecht sei durch § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II in das Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende übernommen worden. Sähe man keine Kostenbeschränkung durch Höchstbeträge vor, so führe dies zur Durchführung von absolut unangemessenen Klassenfahrten, wie zB einer vierzehntägigen Reise für 1.800 Euro nach China. Deshalb werde in Berlin dem vom BVerwG abgesteckten Rahmen der Angemessenheit mit der Festlegung eines Höchstbetrages Rechnung getragen. Es müsse auch berücksichtigt werden, dass Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts jeweils nur das soziokulturelle Existenzminimum gewährleisten sollten. Daher müssten sich auch die Kosten für Klassenfahrten daran orientieren, was sich Personen im unteren Einkommensbereich leisten könnten.

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Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. Juni 2007 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

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Die Kläger beantragen,

die Revision zurückzuweisen.

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Sie halten die Entscheidung des SG für zutreffend. Es sei nicht möglich, den eindeutigen Gesetzeswortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II im Wege untergesetzlicher Verwaltungsvorschriften einzuschränken.

Entscheidungsgründe
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Die statthafte und zulässige Sprungrevision des Beklagten gemäß § 161 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG entschieden, dass die von den Klägern beantragten Kosten für mehrtägige Klassenfahrten gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II in der vollen beantragten Höhe als Zuschuss zu übernehmen waren.

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Das SG hat zu Recht die Klage als Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) behandelt. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten enthalten den Verfügungssatz, dass die Leistungen lediglich als Darlehen bewilligt werden. Der Beklagte musste daher verpflichtet werden auszusprechen, die Leistungen als Zuschuss und nicht als Darlehen zu gewähren, weil anderenfalls – bei reiner Anfechtungsklage – der Verfügungssatz insgesamt entfallen wäre. Zutreffend ist das SG im Übrigen auch davon ausgegangen, dass es sich bei den Kosten der Klassenfahrt gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II um einen Individualanspruch des jeweiligen Schülers bzw Klägers handelt, der isoliert und unabhängig von den übrigen Grundsicherungsleistungen geltend gemacht werden kann (hierzu Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 RdNr 90; zum Anspruch gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 SGB II auf eine Erstausstattung für die Wohnung einschließlich von Haushaltsgeräten vgl Bundessozialgericht , Urteil vom 19. September 2008 – B 14 AS 64/07 R). Da hier isoliert die Kosten der Klassenfahrt geltend gemacht werden, war mithin nicht zu überprüfen, ob die der Bedarfsgemeinschaft der Kläger gewährten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß §§ 19 ff SGB II der Höhe nach richtig bemessen waren.

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Gemäß § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst und werden gemäß § 23 Abs 3 Satz 2 SGB II gesondert erbracht. Hinsichtlich der Höhe der von den Klägern geltend gemachten Kosten der Klassenfahrt besteht kein Streit. Insbesondere beantragen diese auch kein weitergehendes „Taschengeld“ während der Klassenfahrten. Die geltend gemachten „unstreitigen“ Kosten in Höhe von 719 Euro (Kläger zu 1) bzw 285 Euro (Kläger zu 2) waren von dem Beklagten in voller Höhe als Zuschuss zu gewähren.

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Bei den Fahrten der Kläger handelt es sich zunächst um mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen. Das SG hat im Einzelnen das Schulgesetz des Landes Berlin und die hierzu erlassenen Ausführungsbestimmungen (AV) „Klassenfahrt“ ausgelegt. Bei diesen Rechtsnormen bzw Verwaltungsvorschriften handelt es sich um nicht revisibles Landesrecht (§ 162 SGG). Die Entscheidung der Vorinstanzen über das Bestehen und den Inhalt von nicht revisiblem Recht ist für die Entscheidung des BSG über die Revision maßgebend (§ 202 SGG iVm § 560 Zivilprozessordnung; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig, ua, SGG, 9. Auflage 2008, § 162 RdNr 7). Es sind von den Beteiligten weder Gründe vorgetragen noch auch sonst ersichtlich, dass von dieser Grundregel des § 162 SGG im vorliegenden Fall abzuweichen gewesen wäre. Der Senat kann auch nicht abstrakt generell und bundesweit gültig definieren, wann eine Klassenfahrt iS des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II vorliegt. Insoweit handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der jeweils einer Ausfüllung durch die landesrechtlichen Schulgesetze bedarf (zum Begriff der Klassenfahrt unter Berücksichtigung des jeweiligen Landesrechts vgl auch SG Speyer, Urteil vom 8. August 2007 – S 3 AS 643/06; SG Detmold, Urteil vom 9. März 2007 – S 7 AS 103/06 und SG Dortmund, Urteil vom 4. Dezember 2006 – S 33 AS 152/05 = ASR 2007, 125).

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§ 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II erlaubt es – entgegen der Rechtsansicht des Beklagten – nicht, die Übernahme der Kosten für mehrtägige Klassenfahrten in der Höhe zu beschränken. Dies folgt bereits aus dem systematischen Zusammenhang, in dem § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II mit § 23 Abs 3 Satz 5 und Satz 6 SGB II steht (vgl hierzu Behrend in Juris PK, SGB II, 2. Auflage 2007, § 23 RdNr 85; Hessisches LSG, Beschluss vom 20. September 2005 – L 9 AS 38/05 ER = FEVS 57, 456). § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II schreibt ausdrücklich fest, dass die Leistungen nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 1 und § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB II als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen erbracht werden können. § 23 Abs 3 Satz 5 SGB II erlaubt es mithin ausdrücklich, beispielsweise die Kosten für die Erstausstattung einer Wohnung zu pauschalieren. Nach § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II sind bei der Bemessung dieser Pauschalbeträge geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen. Beide Normen – § 23 Abs 3 Satz 5 und § 23 Abs 3 Satz 6 SGB II – verweisen gerade nicht auf die Kosten der Klassenfahrt nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II. Die gesetzlichen Ermächtigungen zu einer Pauschalierung bzw zu einer Einführung von Höchstbeträgen nehmen mithin die Erstattung der Kosten für Klassenfahrten in § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II aus.

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Dieses Ergebnis entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers. Das SG hat hierzu zu Recht auf die Gesetzesbegründung zu § 31 SGB XII (BT-Drucks 15/1514, S 60) hingewiesen, denn im Bericht des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit (BT-Drucks 15/1749, S 33 zu Art 1 § 23) wurde zur Begründung der in § 23 SGB II getroffenen Regelungen ausdrücklich die sozialhilferechtliche Parallelvorschrift des § 31 SGB XII in Bezug genommen. In den Materialien zu § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII ist wiederum ausdrücklich klargestellt – worauf auch das SG Bezug genommen hat -, dass für mehrtägige Klassenfahrten keine Pauschalen vorgesehen sind. Weiter heißt es: „Da die Regelungen nur Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen umfassen, sollen die tatsächlichen Kosten übernommen werden, um eine Teilnahme zu gewährleisten. Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Schulfahrten ein wichtiger Bestandteil der Erziehung durch die Schulen sind.“ (BT-Drucks 15/1514, S 60 rechte Spalte zu § 32). Gründe dafür, dass der im Wesentlichen mit § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II wortgleiche § 31 Abs 1 Nr 3 SGB XII zu einer systematischen Bevorzugung der Kinder von Sozialhilfeempfängern führen sollte, sind nicht ersichtlich. Es wäre in der Tat unter dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) schwer zu begründen, dass Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht zwischen der Gruppe der Kinder von Sozialhilfeempfängern und der Gruppe der Kinder von SGB II-Empfängern bestehen, die eine ungleiche Behandlung im Hinblick auf die Klassenfahrten rechtfertigen können (zum Prüfungsansatz vgl BVerfGE 116, 229, 238; 112, 368, 401, stRspr).

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Schließlich ist es entgegen der Rechtsauffassung der Revision auch nicht möglich, die geltend gemachten Kosten der Klassenfahrt auf ihre „Angemessenheit“ zu überprüfen. Der Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II eröffnet gerade nicht die Möglichkeit einer Prüfung der Angemessenheit einer Klassenfahrt. Der Gesetzgeber hat an zahlreichen anderen Stellen im SGB II eine Einschränkung der Leistungspflicht des Grundsicherungsträgers auf eine „angemessene Leistung“ vorgenommen. So hat der Gesetzgeber etwa im Rahmen des § 21 Abs 5 SGB II bei der Notwendigkeit einer kostenaufwändigen Ernährung aus medizinischen Gründen den zu übernehmenden Bedarf im Gesetzeswortlaut ausdrücklich auf die „angemessene Höhe“ beschränkt (vgl hierzu Urteil des Senats vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 64/06 R). Eine solche Einschränkung enthält der Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II gerade nicht.

19
Auch kann nicht aus dem allgemeinen – objektiven – Gesetzeszweck des SGB II abgeleitet werden, dass jede Leistung im SGB II gleichsam unter dem Vorbehalt der Angemessenheit steht, weil dieses Gesetz insgesamt als System nur das soziokulturelle Existenzminimum garantieren soll (ähnlich argumentiert Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 23 RdNr 384, Stand 10/07; so wohl auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 20. September 2006 – L 11 B 340/06 AS ER = Breithaupt 2007, 67 = ASR 2007, 25; SG Aachen, Urteil vom 18. November 2005 – S 8 AS 39/05; anders etwa Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 23 RdNr 109 ff; Rothkegel/Bender in Gagel, SGB III mit SGB II, § 23 RdNr 78, Stand Juni 2008). Auch aus der von der Revision angeführten Entscheidung des BVerwG vom 9. Februar 1995 (BVerwGE 97, 376) kann eine solche generelle Einschränkung des Leistungsanspruchs gerade nicht entnommen werden.

20
Zwar ergeben sich in der Tat gewisse Wertungswidersprüche, wenn ein insgesamt im Wesentlichen pauschaliertes Leistungssystem, das das soziokulturelle Existenzminimum der Betroffenen lediglich im Vergleich zum unteren Segment der Bevölkerung abdecken soll, gerade im Bereich der Klassenfahrten eine Kostenübernahme vorsieht, die von der Höhe her ein Vielfaches einer monatlichen Regelleistung umfassen kann (eine Begrenzung der Leistungspflicht auf Reisen, die sich auch Eltern mit durchschnittlichem Einkommen leisten können, vertritt etwa Wieland in Estelmann, SGB II, § 23 RdNr 39, Stand Oktober 2006). Dieses Ergebnis hat der Gesetzgeber jedoch bewusst gewählt und es kann nur dadurch vermieden werden, dass entweder der Bundesgesetzgeber im Wortlaut des § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II eine Beschränkung auf die Übernahme „angemessener“ Kosten vorsieht oder in § 23 Abs 3 Satz 5 und Satz 6 SGB II auch die Klassenfahrten nach § 23 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II in die Möglichkeit einer Pauschalierung aufnimmt. Des Weiteren wäre es auch möglich, dass der jeweilige schulrechtliche Landesgesetzgeber beschränkende Regelungen über die Zulassung und Durchführung von Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Vorschriften trifft. Ist dies – wie offensichtlich hier im Lande Berlin geschehen – nicht der Fall, so verbietet es Art 97 Abs 1 GG dem erkennenden Senat, eine gesetzliche Regelung, die insofern unbedingt und eindeutig formuliert ist, zu Lasten der Kläger einschränkend auszulegen.

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Schließlich musste der Senat nicht entscheiden, ob die Kläger hier gehalten gewesen wären, auf andere Hilfsformen, wie etwa einen schulischen Hilfsfonds etc, vorrangig zurückzugreifen, weil es – nach den Feststellungen des SG – in der Schule der Kläger gerade keine solche Unterstützungseinrichtung für „bedürftige“ Kinder gab.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

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