Zum Unterhaltsanspruch des Kindes wegen Kosten für eine Klassenfahrt ins Ausland als Unterhaltsmehrbedarf

AG Warendorf, Beschluss vom 27.08.2014 – 9 F 312/14

Zum Unterhaltsanspruch des Kindes wegen Kosten für eine Klassenfahrt ins Ausland als Unterhaltsmehrbedarf

Tenor

Dem Antragsgegner wird aufgegeben, für die Klassenfahrt des Antragstellers in der Zeit vom 24. bis 29.08.2040 nach Canterbury, Südostengland, an den Antragsgegner zu Händen der Kindesmutter 150,00 EUR, zahlbar in monatlichen Raten á 30,00 EUR, zahlbar jeweils bis zum 15. eines jeden Monats, beginnend mit dem Monat September 2014 zu zahlen. Sollte der Antragsgegner mit der Zahlung einer Rate mit mehr als 2 Wochen in Rückstand geraten, ist der bis dahin bestehende Restbetrag sofort fällig.

Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

Gründe
1
Der Antragsteller hat gegenüber dem Antragsgegner einen Anspruch auf Zahlung der hälftigen Kosten für die Abschlussfahrt der neunten Klasse, die in der Zeit vom 24. bis 29.08.2014 stattfindet. Der Anspruch folgt aus den §§ 1601 ff. BGB und ergibt sich entweder aus dem Gesichtspunkte des „Sonderbedarfs“ gemäß § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB oder aus dem Gesichtspunkt des so genannten „Mehrbedarfs“. Die Voraussetzungen zur Geltendmachung eines zusätzlichen Bedarfs liegen insoweit vor, da der Antragsgegner derzeit lediglich den gesetzlichen Mindestunterhalt für den Antragsteller zahlt und daher in diesem Betrag die Kosten für eine Klassenfahrt nicht enthalten sind. Zudem steht damit auch fest, dass eine vorherige Ansparung durch den Antragsteller nicht möglich war, da mit dem Betrag von 334,00 EUR lediglich das Existenzminimum des Kindes gedeckt wird. In Anbetracht der geringen Unterhaltszahlungen sowie der engen finanziellen Verhältnisse des Kindesvaters stellen die Kosten der Klassenfahrt in Höhe von insgesamt 300,00 EUR zudem einen außergewöhnlich hohen Bedarf im Sinne von § 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar.

2
Soweit der Antragsgegner unter Berufung auf die Entscheidung des BGH vom 15.02.2006 – XII ZR 4/04 – einwendet, dass die Geltendmachung von Sonderbedarf daran scheitere, dass die Kosten der Klassenfahrt keinen überraschenden Bedarf darstellten, greift diese Einwendung im Ergebnis nicht durch. Das Gericht vertritt zwar die Ansicht, dass in dem Fall, in dem eine vorhergehende Ansparmöglichkeit wegen der Geringfügigkeit der Unterhaltszahlungen nicht möglich ist, es nicht zwingend auf das Merkmal der Unvorhersehbarkeit ankommen kann (vgl. dazu Wendl/Dose-Dose, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 8.Aufl., § 6 RN 4, Dr. Norpoth, Muss der Sonderbedarf des Kindes noch überraschend sein?, FamFR 2013, 481)) Insbesondere gilt, dass das Erfordernis der Nichtvorhersehbarkeit des Zusatzbedarfs nicht dazu führen darf, unabweisbare Ausgaben von der Unterhaltspflicht auszunehmen (vgl. dazu Wendl/Dose a.a.O.). Letztlich kommt es darauf aber nicht entscheidend an, da die Kosten der Klassenfahrt jedenfalls als Mehrbedarf geltend gemacht werden können. Die Regelung des § 1613 Abs. 1 S.1 BGB steht dem nicht entgegen, da der Antragsgegner bereits aufgrund des Schreibens vom 08.04.2014 in Verzug gesetzt worden ist bzw. der Unterhaltsanspruch am 10.06.2014 rechtshängig geworden ist und gemäß dem Schreiben der Schule vom 28.02.2014 die Kosten der Fahrt bis zum 27.06.2014 zu zahlen waren. Damit ist dieser Unterhalt nicht für die Vergangenheit geltend gemacht worden.

3
Auch der Einwand des Antragsgegners, er sei nicht leistungsfähig greift nicht durch. Zum einen hat er seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht durch Vorlage geeigneter Belege nachvollziehbar dargelegt. Zum anderen war ihm als Sorgeberechtigten bekannt, dass in der Jahrgangsstufe 9 eine Klassenfahrt ansteht, sodass es ihm oblegen hätte, entsprechende Ansparungen vorzunehmen. Da im Übrigen keine substantiierten Einwendungen gegen die jeweils hälftige Beteiligung der Kindeseltern an den Kosten geltend gemacht worden sind, geht das Gericht davon aus, dass diese Verteilung den Einkommensverhältnissen des Antragsgegners und der Kindesmutter entspricht.

4
Aus dem Verfahren 9 F 222/13 des AG Warendorf ist dem Gericht gleichwohl bekannt, dass die finanziellen Verhältnisse eng sind. Daher war dem Antragsgegner eine Ratenzahlung zu zuzubilligen.

5
Die Kostenentscheidung beruht auf § 243 FamFG

6
Die Entscheidung über die sofortige Wirksamkeit folgt aus § 116 Abs.3 FamFG.

7
Gegen diese Entscheidung ist die Beschwerde nicht statthaft, § 58, 61 Abs. 1 ZPO.

Dieser Beitrag wurde unter Familienrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.