LG Erfurt, Urteil vom 07.02.2013 – 1 S 164/12
Zur Haftung eines Tiefbauunternehmens für Beschädigung von Telekommunikationskabel aufgrund ihm falsch erteilter Auskunft
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Weimar vom 30.04.2012, Aktenzeichen 15 C 373/11 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
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Die Klägerin macht gegen die Beklagte Schadenersatz wegen der Beschädigung eines Fernmeldekabels in XXX, geltend. In diesem Bereich führte die Beklagte im Auftrag der Stadt XXX Sanierungsarbeiten an einer Stützmauer durch. Dabei wurden Erdarbeiten am Fundament der Mauer verrichtet.
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Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe bei Grabearbeiten am 13.04.2010 deren Fernmeldekabel beschädigt und verlangt die für die Schadensbeseitigung aufgewendeten 1476,95 EUR ersetzt. Hinsichtlich des Tatbestandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils.
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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme feststehe, dass Mitarbeiter der Beklagten bei Schachtarbeiten den Schaden verursacht haben. Die Beklagte treffe eine Verletzung von Sorgfaltspflichten, da diese ihrer aus der klägerischen Kabelschutzanweisung obliegenden Verpflichtung, sich vor Aufnahme der Erdarbeiten über den Verlauf der Fernmeldekabel zu vergewissern und ihre beabsichtigten Arbeiten der Klägerin schriftlich mitzuteilen, nicht nachgekommen sei.
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Die Berufung ist zulässig und begründet.
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Der Klägerin stehen gegen die Beklagte keine Schadensersatzansprüche zur Seite, insbesondere nicht gemäß §§ 823 Abs. 1, 831 BGB.
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Dabei kann dahinstehen, ob und welche Kabelschäden bei den von der Beklagten durchgeführten Erdarbeiten tatsächlich verursacht worden sind. Denn nach Auffassung der Kammer ist der Beklagten letztlich eine Sorgfaltspflichtverletzung, die den streitgegenständlichen Schaden kausal verursacht hat, nicht vorzuwerfen.
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Schadensursächlich ist vielmehr die von der Klägerin gegenüber dem staatlichen Bauamt XXX, der Auftraggeberin der Beklagten, erteilten (Falsch-)Auskunft, auf deren Richtigkeit die Beklagte vertraute.
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Die Auftraggeberin der Beklagten hat von der Klägerin im Oktober 2009 ausdrücklich die schriftliche Auskunft erhalten, dass sich im Bereich der Gabionenmauer keine Telekommunikationsanlagen der Klägerin befinden, gegen die Instandsetzung der Gabionenmauer keine Einwände bestehen und nach derzeitigen Kenntnisstand keine Arbeiten der Klägerin vorgesehen sind. Die Auskunft der Klägerin bezog sich, wie sich aus der Auskunft selbst, dem der Auskunft beigefügten Lageplan vom 08.10.2009 und dem darauf befindlichen Vermerk der Klägerin ergibt, auf die Sanierung der Mauer an der Nord/Ostseite der Hauptstraße. Die Gabionenmauer befindet sich an der Nordostseite der Hauptstraße, welche selbst aus nordwestlicher Richtung in südöstliche Richtung verläuft. Wie sich aus den mit der Klage eingereichten Lichtbildern ergibt, befindet sich die Stelle, an der nach den Behauptungen der Klägerin die Beklagtenseite mittels eines Baggers geschachtet und die Kabelschaden verursacht haben soll, unmittelbar an dieser Gabionenmauer.
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Die Auskünfte, welche die Klägerin der Auftraggeberin der Beklagten im Oktober 2009 erteilt hatte, waren der Beklagten vor Bauausführung bekannt, wie sich aus den Bekundungen des Zeugen XXX in der Beweisaufnahme vom 19.03.2012 und den entsprechenden Darlegungen im amtsgerichtlichen Urteil ergibt.
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Auf die Richtigkeit dieser unzutreffenden Auskunft hat die Beklagte vorliegend vertraut, was nach Auffassung der Kammer der Beklagten grundsätzlich nicht vorzuwerfen ist.
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So weit die Klägerin der Auffassung ist, die Beklagte habe schon deshalb nicht auf die Auskunft vertrauen dürfen, weil sie nicht selbst die Auskunft verlangt hat, greift dieser Einwand nicht durch. Nach Auffassung der Kammer ist es unerheblich, ob eine Kabelauskunft durch den Ausführenden der Erdarbeiten selbst oder seinen Auftraggeber eingeholt wird. Auch der Umstand, dass es sich nach den Darlegungen der Klägerin bei dem Auskunftsverlangen der Auftraggeberin der Beklagten um eine Plananfrage und nicht um eine Planauskunft gehandelt habe, hält die Kammer für nicht erheblich. Denn auch die Plananfrage bei der Klägerin diente letztlich dem Zweck zu eruieren, ob bei dem beabsichtigten Bauvorhaben Interessen der Klägerin beeinträchtigt und Leitungen der Klägerin bei der Durchführung der geplanten Bauarbeiten gefährdet sind. Dies ergibt sich zwanglos schon aus der Antwort der Klägerin auf die Plananfrage, die den oben genannten Inhalt hatte. Andere weitergehende Informationen hatte die Klägerin der Auftraggeberin der Beklagten auf ihre Plananfrage nicht mitgeteilt.
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Zutreffend weist die Klägerin allerdings darauf hin, dass es aufgrund des zeitlichen Abstandes von etwa 6 Monaten zwischen der von der Klägerin erteilten Auskunft und dem Beginn der Bauarbeiten notwendig gewesen wäre, dass die Beklagte vor Beginn der Erdarbeiten aktuelle Erkundigungen bei der Klägerin über verlegte Leitungen hätte einholen müssen. Denn bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt hätte die Beklagte in Betracht gezogen, dass zwischenzeitlich Veränderungen an den Versorgungsleitungen der Klägerin vorgenommen worden sein könnten und die Auskunft der Klägerin unrichtig geworden ist. Eine Schadenersatzverpflichtung resultiert aus dem Umstand, dass die Beklagte diese gebotenen Auskünften nicht eingeholt hat, jedoch nicht, da das Unterlassen der gebotenen Handlung vorliegend nicht kausal zu dem eingetretenen Schaden ist. Denn es ist weder erkennbar noch auf entsprechenden gerichtlichen Hinweis vom 15.11.2012 vorgetragen, dass die Klägerin der Beklagten auf entsprechende Nachfrage im April 2010 andere Auskünfte erteilt hätte, als sie der Auftraggeberin der Beklagten im Oktober 2009 erteilt hat. Wenn aber die Klägerin der Beklagten auch nur mitgeteilt hätte, dass sich im Bereich des Bauvorhabens keine Telekommunikationsanlagen der Klägerin befinden, waren bei den Erdarbeiten der Beklagten keine besonderen Sorgfaltsanforderungen in Bezug auf die Anlagen der Klägerin geboten und eine etwaige Beschädigung des klägerischen Kabels durch die Beklagte ohne deren Verschulden erfolgt.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 711, 713 ZPO.