Zur Rügepflicht als Voraussetzung von Mängelgewährleistungsansprüchen im Internationalen Kaufrecht

OLG Koblenz, Beschluss vom 17.07.2013 – 2 U 50/12

Zur Rügepflicht als Voraussetzung von Mängelgewährleistungsansprüchen im Internationalen Kaufrecht

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 4. Zivilkammer – Einzelrichterin – des Landgerichts Bad Kreuznach vom 12.12.2011, Aktenzeichen 4 O 84/11, wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin verliert damit ihre Wirkung.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Anschlussberufung zu tragen.

4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 238.241,34 € festgesetzt.

Gründe
1
Die in Italien ansässige Klägerin nimmt die Beklagte auf Kaufpreiszahlung in Höhe von 160.303,05 € zuzüglich Nebenforderungen nach Lieferung von Grundstoffen zur Speiseeisherstellung und verwandter Produkte in Anspruch. Die Beklagte ist Inhaberin eines Großhandels, der unter anderem Grundstoffe für die Speiseeisherstellung in Deutschland vertreibt.

2
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes einschließlich der Antragstellung wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 12.12.2011 sowie auf die Darstellung im Hinweisbeschluss des Senats vom 3.6.2013 (GA 365) Bezug genommen. Ebenso nimmt der Senat auf das angegriffene Urteil abermals Bezug wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen der Kammer.

3
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Bad Kreuznach vom 12.12.2011 ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.

4
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweisbeschluss des Senats Bezug genommen.

5
Die Ausführungen in der Gegenerklärung vom 10.07.2013 (GA 385) geben zu einer Änderung keinen Anlass.

6
Die Gegenerklärung vermag keine neuen tatsächlichen oder rechtlichen Aspekte aufzuzeigen, die der Senat nicht bereits in seinem Hinweisbeschluss berücksichtigt hat.

7
Soweit die Beklagte weiterhin ihren Standpunkt vertritt, wonach eine Mängelrüge bezüglich der Base II nicht Erfolg versprechend gewesen wäre, ist auf die entsprechenden Ausführungen im Hinweisbeschluss (hier insbesondere S. 9) zu verweisen. Nach wie vor vermag die Beklagte nicht nachvollziehbar aufzuzeigen, dass eine Rüge bezüglich der Base II entbehrlich gewesen sein sollte. Dass die Beklagte im weiteren Verlauf gegebenenfalls im Hinblick auf Beanstandungen ihrer Kunden auch bezüglich des mit der Base II hergestellten Eises die entsprechenden Geschäftsbeziehungen beendet hat, vermag das Erfordernis der zeitnahen Rüge und damit die grundsätzliche Eröffnung der Nachbesserungsmöglichkeit nicht entfallen zu lassen. Dass etwaige Mängel betreffend die Base II von vorneherein nicht nachbesserungsfähig gewesen wären, ist so nicht dargetan und auch nicht ersichtlich.

8
In diesem Zusammenhang hat der Senat ebenfalls bereits darauf hingewiesen, dass auch der bloßen Ankündigung der Klägerin, ggf. eine weitere Base (III) herstellen zu wollen, nicht zu entnehmen ist, dass sie Kenntnis davon hatte, dass auch das mithilfe der Base II hergestellte Eis mangelhaft gewesen sein sollte (wie vor). Dass für eine solche Ankündigung verschiedenste Gründe in Betracht kommen, zeigt sich bereits an dem Vortrag der Klägerin, wonach sie lediglich sämtlichen individuellen Kundenwünschen der Beklagten und ihrer Abnehmer habe gerecht werden wollen. Dass sich aus dieser Ankündigung der von der Beklagten gezogene Schluss nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit ergibt, zeigt auch ihr eigener Vortrag, wonach diese Ankündigung der Klägerin lediglich darauf hindeute, dass eine komplett andere Grundbase habe hergestellt werden sollen, was wiederum ein kleiner Hinweis darauf sei, dass die Klägerin Kenntnis von der Mangelhaftigkeit der bisher gelieferten Basen gehabt habe. Damit handelt es sich insoweit allein um spekulative Rückschlüsse der Beklagten, die keinen konkreten Sachvortrag ersetzen, auf dessen Grundlage eine weitere Sachverhaltsaufklärung geboten oder bei Vermeidung unzulässiger Ausforschung überhaupt zulässig gewesen wäre.

9
Dass die Beklagte auch in der Gegenerklärung weiterhin keine Verpflichtung zur Zahlung der Etiketten sieht, stellt sich auf Grundlage der von ihr vertretenen Rechtsposition zwar als stringent dar. Gleichsam folgerichtig muss es aber auf Grundlage der von der Kammer und vom Senat übereinstimmend vertretenen rechtlichen Beurteilung denknotwendig dabei verbleiben, dass aus den im Hinweisbeschluss dargelegten Gründen (aaO) auch die Zahlungsverpflichtung für die Etiketten uneingeschränkt (fort-) besteht.

10
Ebenso wenig ergeben sich aus der Gegenerklärung neue Aspekte zur Frage der Reichweite der mit der E-Mail vom 8.2.2009 erfolgten Mängelrüge betreffend die Base I. Insoweit erschöpft sich die Gegenerklärung in der Sache letztlich in dem Bemühen der Beklagten, die im Hinweisbeschluss bereits ausführlich begründete rechtliche und tatsächliche Beurteilung des Senats durch ihre eigene zu ersetzen. Damit kann es hierzu bei der Bezugnahme auf die Ausführungen im Hinweisbeschluss, die sich auch mit der besonderen Situation der Teil- und Sukzessivlieferung befasst (hier insbesondere S. 9 f.), sein Bewenden haben. Dabei ist nur nochmals hervorzuheben, dass zum Zeitpunkt der erhobenen Mängelrüge bereits die Gesamtmenge der Base I ausgeliefert war (6.2.2009) und eine weitergehende Mängelrüge auch zu keinem späteren Zeitpunkt mehr erfolgt ist. Dementsprechend geht es entgegen der Suggerierung in der Gegenerklärung auch nicht um die Frage, ob (wovon allerdings nach Dafürhalten des Senats auszugehen sein dürfte) eine weitergehende Rüge notwendig bereits am 8.2.2009 von der Beklagten zu fordern war, sondern stattdessen allein um die Frage, ob diese insgesamt entbehrlich war. Diese Frage ist mit dem Landgericht und entsprechend den bereits erteilten Hinweisen auch im Lichte der Gegenerklärung weiterhin zu verneinen.

11
Auch bezüglich der Widerklage mag die in der Gegenerklärung weiterhin vertretene Auffassung der Beklagten auf Grundlage der von ihr vertretenen rechtlichen Bewertung wiederum stringent sein; auf Grundlage der im Hinweisbeschluss sowie im landgerichtlichen Urteil dargelegten übereinstimmenden rechtlichen Beurteilung des Landgerichts und des Senats muss sie sich jedoch als unbegründet erweisen.

12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat der unterlegene Berufungskläger auch die Kosten der damit wirkungslos gewordenen Anschlussberufung zu tragen (vergleiche etwa Beschlüsse vom 10.02.2009 – 2 U 428/08VersR 2009, 1486, vom 23.10.2012 – 2 U 316/11 sowie vom 14.02.2013 – 2 U 1066/11, jew. unveröff.).

13
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

14
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt, wobei auf die Anschlussberufung ein Betrag in Höhe von 11.443,41 € entfällt.

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