Zur Leistungskürzung der Vollkaskoversicherung bei unzureichender Ladungssicherung

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 01.12.2010 – 5 U 395/09

1. Gehen die Parteien zu Beginn eines Rechtsstreits unausgesprochen von der Geltung der AKB 2008 für einen Versicherungsfall im Februar 2008 bei einem 2006 geschlossenen Versicherungsvertrag aus und widerspricht der Versicherer dem nach einem Hinweis des Gerichts, so ist er gehalten darzulegen, wie und wann es zu der – jedenfalls im Jahr 2008 erfolgten – Einbeziehung der AKB 2008 gekommen sein soll (Rn.52).

2. Der Versicherer darf seine Leistung um 25% kürzen, wenn der Vorwurf der grob fahrlässig fehlerhaften Sicherung eines verladenen Pkw allein darin besteht, dass der sachunkundige Versicherungsnehmer sich nicht hinreichend über notwendige technische Anforderungen vergewissert hat (Rn.61).

(Leitsätze des Gerichts)

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das am 17.7.2009 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 14 O 292/08 – aufgehoben und zu Ziff. I wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil vom 16.3.2009 wird insoweit aufrechterhalten, als die Beklagte verurteilt worden ist, an den Kläger 4.047,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3.7.2008 zu zahlen. Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen

2. Die Berufung im Übrigen wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten ihrer Säumnis in erster Instanz. Im Übrigen tragen der Kläger 56 %, die Beklagte 44 % der Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.225 € festgesetzt.

6. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Fahrzeugversicherungsvertrag wegen eines vom Kläger verursachten Verkehrsunfalls vom 16.2.2008, für den die Beklagte (unter anderem) wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls keine Entschädigung leisten will.

2

Der Vertrag wurde im Juni 2006 geschlossen (Versicherungsschein Nr. …, Bl. 89 d. A.). Er enthielt eine Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug Land Rover, amtliches Kennzeichen …, mit 300 € Selbstbehalt. Im Versicherungsantrag vom 6.6.2006 (Bl. 92 d. A.) war unter „Fahrzeugverwendung“ angegeben: „Eigenverwendung ohne Vermietung oder Car-Sharing, kein Taxibetrieb, Fahrschule, Kurier-, Liefer- oder Zustelldienst“. Mit Blick auf die berücksichtigten Tarifmerkmale war die Nutzung des Fahrzeugs als „ausschließlich privat“ bezeichnet.

3

Dem Vertrag lagen ursprünglich die damals gültigen Allgemeinen Bedingungen der Beklagten für die Kraftfahrtversicherung (im Folgenden: AKB 2005) zu Grunde. Sie enthielten keine von § 61 VVG a. F. abweichende Regelung für eine Leistungsfreiheit bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls. Die Parteien streiten darüber, ob vor dem Versicherungsfall die nunmehr aktuellen, insoweit dem Versicherungsnehmer günstigeren AKB 2008 in den Vertrag einbezogen wurden. Nur diese Bedingungen wurden vom Kläger bereits in erster Instanz mit Schriftsatz vom 29.12.2008 zur Akte gereicht (Bl. 94 d. A.) und vom Landgericht ausweislich des Tatbestandes der erstinstanzlichen Entscheidung als dem Vertrag zu Grunde liegend betrachtet (Bl. 251 d. A.). Sie regeln in der von den Parteien und dem Landgericht offenbar übersehenen Klausel A.2.16.1 (Bl. 108 d. A.):

4

Wir verzichten Ihnen gegenüber auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles. […].

5

Für die Pkw-Produktlinie „Basis“ gilt abweichend: wir sind im Fall der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls berechtigt, unsere Leistung in einem der Schwere ihres Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Wir verzichten hier nicht auf den Einwand der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles.

6

Zur Höhe der Versicherungsleistungen in der Kaskoversicherung heißt es (Bl. 106 d. A.):

A. 2.7.1

7

Wird das Fahrzeug beschädigt, zahlen wir die für die Reparatur erforderlichen Kosten bis zu folgenden Obergrenzen:

8

[…]

9

b) Wird das Fahrzeug nicht, nicht vollständig oder nicht fachgerecht repariert, zahlen wir die erforderlichen Kosten einer vollständigen Reparatur bis zur Höhe des um den Restwert verminderten Wiederbeschaffungswerts […]

10

Unter der Überschrift „Mehrwertsteuer“ enthält die Klausel A.2.9 (Bl. 107 d. A.) folgende Regelung:

11

Mehrwertsteuer erstatten wir nur, wenn und soweit diese für Sie bei der von Ihnen gewählten Schadenbeseitigung tatsächlich angefallen ist und durch Vorlage der Reparaturrechnung nachgewiesen wird. […].

12

Der Kläger betreibt seit dem 18.6.2007 einen Handel mit Neu- und Gebrauchtfahrzeugen sowie eine Fahrzeugvermietung (Gewerberegisterauskunft vom 23.1.2009, Bl. … f. d. A.). Mindestens einmal hat er auch – allerdings mit einem Lkw – einen Kraftfahrzeugtransport für die Firma S… u… B… durchgeführt (Bl. 169 d. A.).

13

Am 16.2.2008 hatte der Kläger in St. Ingbert einen Verkehrsunfall. Er transportierte mit dem versicherten Pkw auf einem Anhänger einen Porsche. Auf gerader Strecke scherte der Anhänger nach rechts aus. Der Kläger versuchte gegenzusteuern, konnte aber nicht verhindern, dass der Anhänger auf die Gegenfahrbahn geriet und mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenstieß. Der Pkw des Klägers geriet ebenfalls ins Schleudern und kam entgegen der Fahrtrichtung an der rechten Leitplanke zum Stehen. Das Fahrzeug wurde durch den Anprall an die Leitplanke beschädigt, außerdem durch die Kollision mit der Abschleppwinde des Anhängers in Höhe der hinteren rechten Achse (Bl. 2/3 d. A.). Der Kläger war zuvor noch nie mit einem Anhänger gefahren (Bl. 169 d. A.).

14

Unfallursächlich war unstreitig der Umstand, dass der Porsche – der Motor, Getriebe und Differenzial und damit den Schwerpunkt im Fahrzeugheck hat – in Fahrtrichtung auf den Anhänger geladen worden war. Richtigerweise hätte er anders herum transportiert werden müssen (Bl. 5 d. A.).

15

Der Kläger meldete der Beklagten den Unfallschaden. Im Schadenanzeigeformular vom 7.3.2008 (Bl. 164 d. A.) kreuzte er bei der Frage nach der „Verwendung des versicherten Fahrzeugs“ das Kästchen „Eigenverwendung“ an und beantwortete die Frage nach dem Zweck der Fahrt mit: „privat“. Die Beklagte gab beim Sachverständigenbüro K… ein Gutachten in Auftrag (Bl. 7 d. A.), das einen Wiederbeschaffungswert von 23.975 € brutto (20.147,06 € zuzüglich 3.827,94 € Mehrwertsteuer, Bl. 19 d. A.) und Reparaturkosten von 13.954,28 € brutto ergab. Der Kläger veräußerte das Fahrzeug zum höchsten Restwertangebot in Höhe von 14.450 €. Mit der Klage verlangt er unter Abzug einer Selbstbeteiligung von 300 € die Differenz zwischen Bruttowiederbeschaffungswert und Restwert, mithin 9.225,40 €.

16

Nachdem die Parteien sich über die Schadensregulierung nicht einigen konnten, verlangte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 6.5.2008 Zahlung von 9.225 (Bl. 39 d. A.). Die Beklagte forderte unter dem 21.5.2008 eine detaillierte Unfallschilderung (Bl. 41 d. A.). Diese erfolgte sodann mit Anwaltsschreiben vom 30.5.2008 (Bl. 42 d. A.). Die Beklagte lehnte ihre Eintrittspflicht ab (Bl. 44 d. A.). Sie berief sich auf die §§ 23, 25 VVG (a. F.) und ein von ihr angenommenes Überschreiten der zulässigen Anhängerlast.

17

Der Kläger hat nach seiner Einschätzung (nur) fahrlässig gehandelt. Er habe sich „als Laie“ über die richtige Positionierung der Ladung keine Gedanken gemacht (Bl. 5, 77 d. A.). Eine Überschreitung der zulässigen Anhängerlast hat er in Abrede gestellt und sich darauf berufen, dass bei den polizeilichen Ermittlungen im Bußgeldverfahren die Gewichtsüberschreitung allein anhand der beim Kraftfahrtbundesamt erfragten Leergewichte der Fahrzeuge ermittelt worden sei. Er hat behauptet, bei dem Porsche fehlten „teilweise Anbauteile“; außerdem seien verschiedene Karosserieteile aus Karbon gefertigt und damit deutlich leichter als üblich (Bl. 5, 77 d. A.).

18

Der Kläger hat zu dem Hintergrund des Transports vorgetragen, er habe den Anhänger angemietet gehabt, um damit in L… einen Wagen aufzuladen und nach Südfrankreich zu transportieren, wo er mit einem Freund zu einem Autorennen angemeldet gewesen sei. Auf der Fahrt in Richtung B… habe er beim Autohaus S… u… B… einen Zwischenstopp gemacht, weil der Geschäftsführer, Herr Sch…, ein Freund von ihm sei. Man sei auf den Anhänger zu sprechen gekommen, und es habe sich angeboten, dass er einen Wagen der Firma S… u… B… nach S zu P transportiere. Deshalb habe er das Fahrzeug aufgeladen (Bl. 78 d. A.; informatorische Anhörung des Klägers Bl. 168 f. d. A.).

19

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 9.225 € nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 3.7.2008 sowie zur Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 € zu verurteilen. Nachdem im (Fortsetzungs-)Termin vom 16.3.2009 für die Beklagte niemand erschienen war, hat das Landgericht Saarbrücken ein der Klage stattgebendes Versäumnisurteil erlassen (Bl. 218 d. A.). Die Beklagte hat dagegen am 23.3.2009 Einspruch eingelegt (Bl. 221 d. A.).

20

Der Kläger hat beantragt,

21

das Versäumnisurteil vom 16.3.2009 aufrechtzuerhalten.

22

Die Beklagte hat beantragt,

23

das Versäumnisurteil vom 16.3.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

24

Sie ist der Ansicht gewesen, wegen § 25 Abs. 1 VVG (a. F.) nicht zur Leistung verpflichtet zu sein. Sie hat sich auf eine vom Kläger nach Vertragsabschluss ohne ihre Einwilligung vorgenommene Gefahrerhöhung berufen, außerdem auf die nach ihrer Ansicht grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls. Sie hat behauptet, die zulässige Anhängerlast sei um zirka 11% überschritten worden (Bl. 60, 66 d. A.), und der Kläger sei bereits beim Anmieten des Anhängers durch den Inhaber der Firma L… (auf dessen Vernehmung die Beklagte, nachdem eine Ladung des Zeugen nicht möglich war, verzichtet hat, Seite 2 der Sitzungsniederschrift vom 29.6.2009, Bl. 247 d. A.) darauf hingewiesen worden, dass der Porsche entgegen der Fahrtrichtung auf den Anhänger verbracht werden müsse (Bl. 61 d. A.).

25

Ferner hat die Beklagte sich auf eine Obliegenheitsverletzung des Klägers gestützt. Sie hat behauptet, der Kläger nutze das beschädigte Fahrzeug entgegen der Angaben im Versicherungsantrag sowie in der Schadensanzeige vom 7.3.2008 gewerblich, indem er damit im Rahmen seines Unternehmens regelmäßig für die Firma S… u… B… Fahrzeuge transportiere. Auch im gegebenen Fall habe er beabsichtigt, den Porsche in Erfüllung eines Auftrags von deren Firmengelände zum Porsche-Zentrum in … zu fahren (Bl. 63, 147, 200 d. A.).

26

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23.1.2009 in Verbindung mit Schriftsatz vom 25.1.2009 im Hinblick auf die Angaben des Klägers zur Art der Fahrzeugnutzung ihre vertragliche Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten (Bl. 159, 154 d. A.).

27

Schließlich hat sie gegen die Schadensberechnung eingewandt, dass der Wiederbeschaffungswert nur netto anzusetzen sei, so dass die Klageforderung sich um 3.827,94 € verringere (Bl. 63 d. A.).

28

Mit dem am 17.7.2009 verkündeten Urteil (Bl. 250 d. A.) hat das Landgericht Saarbrücken nach Beweisaufnahme durch Vernehmung von Zeugen (Sitzungsniederschriften vom 26.1.2009, Bl. 167 d. A.) das Versäumnisurteil vom 16.3.2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es ist von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls gemäß § 61 VVG a. F. ausgegangen.

29

Der Senat nimmt gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des Urteils Bezug.

30

Der Kläger hat Berufung eingelegt.

31

Er teilt die Wertung des landgerichtlichen Urteils in Bezug auf ein objektiv grob fahrlässiges Verhalten (Bl. 297 d. A.). Allerdings rügt er die Feststellungen zur subjektiven Seite des Verschuldens. Das Landgericht habe seinen hierauf bezogenen Sachvortrag nicht entsprechend gewürdigt (Bl. 337 d. A.). Er weist darauf hin, dass er in seiner Anhörung ausdrücklich erklärt habe, noch nie mit einem Anhänger gefahren zu sein und für seinen Gewerbebetrieb einen LKW vorzuhalten, mit dem er Fahrzeuge transportiere (Bl. 298 d. A.). Der Kläger ist der Auffassung, der Vorhalt, er hätte sich durch qualifizierte Beratung sachkundig machen müssen, setze Sorgfaltsmaßstäbe an, die gerade auch ihm als Autohändler keinesfalls gerecht würden (Bl. 299 d. A.). Im Zusammenhang mit der kurzfristig an ihn herangetragenen Bitte eines Bekannten, eine Fahrt durchzuführen, habe er sich keine Gedanken darüber gemacht, dass der Schwerpunkt des Porsches im Heckbereich liege (Bl. 300 d. A.).

32

Die Beklagte bei Abschluss des Versicherungsvertrags getäuscht zu haben, stellt er in Abrede. Er bestreitet, mit seinem privaten Pkw gewerbliche Transporte durchgeführt zu haben (Bl. 336 d. A.). Der Kläger macht darauf aufmerksam, dass der Versicherungsschein vom 21.6.2006 datiert, er indessen – unstreitig – seitdem 18.6.2007 sein Gewerbe ausübe (Bl. 336/337 d. A.).

33

Der Kläger beantragt,

34

1. unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken vom 17.7.2009, Az. 14 O 292/08, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 9.225 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 3.7.2008 zu bezahlen;

35

2. die Beklagte weiterhin zu verurteilen, ihn von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 775,64 € freizustellen.

36

Die Beklagte beantragt,

37

die Berufung zurückzuweisen.

38

Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass sie aufgrund des Überschreitens der Anhängerlast um 11 % wegen Gefahrerhöhung leistungsfrei sei, ebenso an ihrem Standpunkt, wegen arglistiger Täuschung zur Anfechtung des Vertrags berechtigt zu sein (Bl. 321, 322 d. A.) und außerdem wegen vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung keine Entschädigung zahlen zu müssen (Bl. 321, 325 d. A.).

39

Die Beklagte erachtet das Verhalten des Klägers als – objektiv und subjektiv – grob fahrlässig. Nach ihrer Einschätzung hätte der Kläger seinen Fehler als gewerblicher Fahrzeugtransporteur erkennen, sich zumindest aber entsprechend sachkundig machen müssen (Bl. 324, 325, 326 d. A.).

40

Der Senat hat im Termin vom 5.5.2010 darauf aufmerksam gemacht, dass die in erster Instanz unstreitig als Vertragsinhalt behandelten und dem landgerichtlichen Urteil zu Grunde gelegten AKB 2008 wegen der Klausel in Buchst. A.2.16.1 eine vollständige Leistungsfreiheit der Beklagten bei grober Fahrlässigkeit nicht tragen.

41

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14.5.2010 ein Schreiben der Beklagten vom „Februar 2008“ (Bl. 348 d. A.) vorgelegt. Auf der Rückseite ist eine Beitragsrechnung abgedruckt und hierzu auf „ein außerordentliches Kündigungsrecht nach Abschnitt G.2.7. der Allgemeinen Bedingungen für die Kfz-Versicherung“ – entsprechend Buchst. G.2.7. AKB 2008 – Bezug genommen (Bl. 349 d. A.), Der Kläger behauptet, nach seiner Erinnerung sei dem Schreiben vom Februar 2008 die von ihm zur Akte gereichte Broschüre „Alles, was Sie zu Ihrer Kfz-Versicherung wissen müssen“ beigefügt gewesen (Bl. 347 d. A.). In dieser Broschüre sind unter anderem die AKB 2008 enthalten,

42

Die Beklagte hat hierauf erklärt, es gebe keine schriftliche Grundlage für die Einbeziehung der AKB 2008 in den Versicherungsvertrag (Bl. 353 d. A.). Der Senat hat im Termin vom 2.6.2010 darauf hingewiesen, dass die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast treffen könne, vorzutragen, wann die ab dem 1.1.2009 unzweifelhaft zwischen den Parteien geltenden AKB 2008 dem Kläger gegenüber in den Vertrag einbezogen worden seien (Bl. 354 d. A.). Mit Verfügung vom 10.6.2010 (Bl. 355 d. A.) hat er der Beklagten aufgegeben, den Zeitpunkt der Einbeziehung mitzuteilen und das hierzu übersandte Anschreiben zur Akte zu reichen. Die Beklagte hat hierauf eine „nachträgliche Vereinbarung anderweitiger AKB“ als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet und die Ansicht vertreten, es sei Sache des Klägers, die versicherungsvertraglichen Grundlagen seiner Ansprüche darzulegen (Schriftsatz vom 13.7.2010 in Verbindung mit dem Schreiben der Beklagten vom 6.7.2010, Bl. 367, 368 d. A.). Sie bestreitet, dem Kläger die AKB 2008 übermittelt zu haben (Bl. 378 d. A.).

43

Die Parteien haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt (Bl. 379, 381 d. A.).

44

Hinsichtlich des Sachverhalts, des Parteivortrags und das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 26.1.2009 (Bl. 167 d. A.), vom 16.3.2009 (Bl. 216 d. A.) und vom 29.6.2009 (Bl. 246 d. A.) und des Senats vom 5.5.2010 (Bl. 340 d. A.) und vom 2.6.2010 (Bl. 353 d. A.) sowie auf das Versäumnisurteil des Landgerichts vom 16.3.2009 (Bl. 218 d. A.) und das Urteil des Landgerichts vom 17.7.2009 (Bl. 250 d. A.).

II.

45

Die Berufung ist teilweise begründet. Die volle Abweisung der Klage ist nicht gerechtfertigt.

1.

46

Der Kläger hat einen Anspruch auf eine Kaskoentschädigung in Höhe von 75 % des durch den Unfall an dem versicherten Fahrzeug entstandenen Schadens. Für die Ermittlung der Schadenshöhe ist nicht vom Brutto-, sondern vom Nettowiederbeschaffungswert auszugehen.

a.

47

Die bedingungsgemäßen Voraussetzungen für einen Zahlungsanspruch des Klägers sind dem Grunde nach erfüllt.

(1)

48

Gesetzliche Grundlage für die rechtliche Beurteilung der geltend gemachten Ansprüche ist – grundsätzlich – das VVG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung, weil der Vertrag vor dem 1.1.2008 geschlossen wurde und der als Versicherungsfall in Betracht kommende Unfall sich vor dem 31.12.2008 ereignet hat (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 EGVVG; siehe Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung, 3. Aufl. 2009, Einführung AKB/AKB 2008, Rdn. 13).

(2)

49

Indessen ist davon auszugehen, dass die maßgeblichen Vertragsbedingungen in den AKB 2008 enthalten sind, wie in erster Instanz wenn auch ohne Thematisierung des Problems – unstreitig war.

(a)

50

Der Senat geht davon aus, dass diese Bedingungen, soweit hier entscheidungserheblich, nach Vertragsschluss und vor dem Versicherungsfall (16.2.2008) wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind.

51

Der Kläger hat sie schon in erster Instanz zur Akte gereicht. Beide Parteien sowie das Landgericht haben sie – wenn auch ohne die Regelung in Buchst. A.2.16.1 gesehen und ihre dem Kläger günstige Bedeutung für die Entschädigung bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls erkannt zu haben – als Bestandteil des Versicherungsvertrags behandelt. Die Beklagte zieht die Einbeziehung im Berufungsverfahren in Zweifel. Der Senat hält das für unbeachtlich. Der Kläger trägt vor, ihm sei die Broschüre mit den AKB 2008 mit dem Schreiben der Beklagten vom Februar 2008 zugesandt worden. Dass er tatsächlich im Besitz des Bedingungswerks gewesen ist, ist schon deshalb zweifelsfrei, weil er es (schon in erster Instanz) vorgelegt hat, ohne sich selbst auf die veränderte Regelung der Leistungsfreiheit zu berufen, also offenbar arglos von der Geltung des alten Vertragsrechts ausgegangen ist. Es steht auch im Einklang mit dem Umstand, dass die Beklagte selbst in der im genannten Schreiben enthaltenen Beitragsrechnung nicht auf die alten AKB 2005 Bezug nimmt, sondern (im Hinblick auf das außerordentliche Kündigungsrecht) auf die in den AKB 2008 zu findende Regelung in Buchst. G.2.7. (Bl. 349 d. A.). Der Sachvortrag des Klägers ist geeignet, das Auswechseln der AKB im Sinne einer rechtsgeschäftlich vereinbarten Änderung des streitgegenständlichen Versicherungsvertrags schlüssig zu begründen (zur Einbeziehung geänderter AVB in einen bestehenden Vertrag im Wege der Vertragsänderung Senat, Urt. v. 25.11.1987 – 5 U 35/87VersR 1989, 245; OLG Hamm, VersR 1994, 37; OLG Bamberg, VersR 1998, 833). Wenn der Versicherer eine Broschüre übersendet mit der Überschrift „Alles, was Sie zu Ihrer Kfz-Versicherung wissen müssen“, kann der Versicherungsnehmer das nur dahin auslegen, dass der ihm damit übermittelte Bedingungsinhalt zum Gegenstand seines Vertrags gemacht werden soll (§ 157 BGB). Das hierin liegende Angebot zur Vertragsänderung hat der Kläger stillschweigend angenommen. Dass der Beklagten keine Annahmeerklärung zuging, war wegen § 151 S. 1 BGB nicht erforderlich. Die Annahme braucht gegenüber dem Antragenden nicht erklärt zu werden, wenn dies nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist. Eine derartige Verkehrssitte besteht im Allgemeinen bei dem Antragsempfänger lediglich vorteilhaften Rechtsgeschäften (siehe BGH, Urt. v. 12.10.1999 – XI ZR 24/99NJW 2000, 276). Ein solches lag vor, weil die frühere, § 61 VVG a. F. nicht modifizierende vertragsrechtliche Lage dem Kläger ungünstiger gewesen ist als die Regelung in Buchst. A.2.16.1 AKB 2008 (zur Anwendbarkeit des § 151 BGB bei Einbeziehung geänderter, dem Versicherungsnehmer „ganz überwiegend günstiger“ AVB in bestehende Verträge Schlosser in: Staudinger, BGB, 2006, § 305 Rdn. 172). Allerdings macht § 151 BGB allein den Zugang der Annahmeerklärung entbehrlich, nicht diese selbst. Die Erklärung verlangt, dass der Erklärende seinen Annahmewillen betätigt, indem er äußere Anzeichen setzt, die bei einem unbeteiligten Dritten einen entsprechenden Schluss zulassen. Dafür genügt es, wenn der Annehmende, wie hier, das ihm günstige schriftliche Angebot zu seinen Akten nimmt und es nicht erkennbar verwirft (siehe – im Zusammenhang mit Sicherungsgeschäften – BGH, Urt. v. 12.10.1999 – XI ZR 24/99NJW 2000, 276; OLG Brandenburg, Beschl. v. 14.5.2008 – 3 W 69/07 -; Knerr in: jurisPK-BGB, 4. Aufl. 2008, § 398 Rdn. 71; zum konkludenten Schweigen als Antragsannahme auch Kramer in: MünchKommBGB, 5. Aufl. 2006, § 151 Rdn. 5).

52

Wenn die Beklagte nunmehr die Einbeziehung der AKB 2008 in den Vertrag schlicht bestreitet, ist das unbeachtlich. Zwar ist es richtig, dass grundsätzlich der Kläger die tatsächlichen Voraussetzungen seines vertraglichen Anspruchs bzw. hier die Umstände einer ihm günstigen Vertragsänderung darzulegen und auf Bestreiten der Beklagten den Beweis dafür zu erbringen hat. Allerdings hat eine Partei auf substanziiertes gegnerisches Vorbringen ihrerseits substanziiert, das heißt mit positiven Angaben, zu erwidern (Stadler in: Musielak, ZPO, 7. Aufl. 2009, § 138 Rdn. 10). Die Beklagte wäre gehalten gewesen, auf die Hinweise und Auflagen des Senats zu der Frage, aufweiche Weise und zu welchem Zeitpunkt der Kläger in den Besitz der aktuellen AKB gelangt ist, konkret vorzutragen. Es steht fest, dass der Kläger irgendwann einmal in den Besitz der geänderten Vertragsbedingungen gekommen ist. Die Beklagte selbst hat auf diese in einem Schreiben vom Februar 2008 Bezug genommen. Vor diesem Hintergrund kann sich die Beklagte, die bis zu den Hinweisen des Senats nicht einmal selbst erwog, dass die AKB 2008 die für den vorliegenden Rechtsstreit nicht maßgeblichen sein könnten, nicht darauf beschränken, ohne Mitteilung von Einzelheiten des diesbezüglichen Schriftverkehrs eine Vertragsänderung pauschal zu bestreiten. Dies gilt umso mehr, als es ihr ein Leichtes gewesen wäre, ihre Dokumentation der geschäftlichen Abläufe, aufgrund deren sie ihre Bedingungswerke den Regelungen des neuen Versicherungsvertragsgesetzes – wie es gesetzlich geboten war – angepasst hat und die geänderten Bedingungen den Versicherungsnehmern der jeweiligen Verträge übersandt hat, zu überprüfen (vgl. zur Bedeutung von Risiko- und Verantwortungsbereichen für die Verschiebung der Vortragslast Senat, Urt. v. 3.11.2004 – 5 U 190/04VersR 2005, 929; zur sekundären Darlegungslast allgemein BGH, Urt. v. 23.10.2007 – XI ZR 423/06NJW-RR 2008, 1269).

(3)

53

Die von der Beklagten erklärte Arglistanfechtung, die den Versicherungsvertrag als rechtliche Grundlage der Leistungsansprüche in Wegfall gebracht hätte (§§ 123 Abs. 1, 142 Abs. 1 BGB), ist nicht berechtigt. Die Beklagte hat keinen Beweis dafür angeboten, dass der Kläger bei Stellung des Versicherungsantrags bewusst wahrheitswidrige Angaben zur (nicht gewerblichen) Nutzung des Fahrzeugs gemacht hat. Unstreitig hat er zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ein Gewerbe noch gar nicht ausgeübt.

(4)

54

Ansprüche des Klägers scheitern auch nicht daran, dass es sich bei den geltend gemachten Schäden um nach Buchst. A.3.3.2 Satz 2 AKB 2008 nicht zu ersetzende Betriebsschäden gehandelt hätte. Nach dieser Klausel (in der Bedeutung der früheren Regelung in § 12 (1) II. f Satz 2 AKB 2005 entsprechend) gelten in der Vollkaskoversicherung solche Schäden nicht als Unfallschäden, die aufgrund eines Brems- oder Betriebsvorgangs verursacht worden sind. Dazu zählen etwa Schäden am Fahrzeug durch rutschende Ladung, durch Bedienungsfehler oder Überbeanspruchung und Schäden zwischen ziehendem und gezogenem Fahrzeug ohne Einwirkung von außen.

55

Man könnte hier an einen Betriebsschaden denken, weil der Unfall dadurch ausgelöst wurde, dass das vom Kläger geführte Gespann wegen falscher Beladung des Anhängers auf gerader Strecke ins „Trudeln“ geriet und deshalb zunächst mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, dann mit der Leitplanke und mit einem Teil des Anhängers kollidierte.

56

Dieser Geschehensablauf ist indessen nicht rein „betriebsintern“ (hierzu Heß/Höke in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechtshandbuch, 2. Aufl. 2009, § 30 Rdn. 227). Betriebsschäden sind solche, die im Zusammenhang mit dem normalen Betrieb des Fahrzeugs stehen. Die Betriebsschadenklausel ist als Allgemeine Versicherungsbedingung so auszulegen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse sie verstehen muss. Dieser mag zwar erkennen, dass zwischen Pkw und Anhänger insofern ein „Gespann“ besteht, als der Anhänger durch die starre Verbindung mit dem Pkw Einfluss auf das Fahrverhalten nimmt. Selbst wenn aber der den Unfall auslösende Kontrollverlust über das Fahrzeug als solcher ein typisches Risiko des Transports schwerer Lasten mit einem Anhänger gewesen sein mag, kann der durchschnittliche Versicherungsnehmer davon ausgehen, dass durch diesen Kontrollverlust gewissermaßen nur angestoßene Schäden im Sinne weiterer Kollisionen – hier zunächst mit einem Fahrzeug, danach mit der Leitplanke und dabei wiederum mit der Abschleppwinde des Anhängers – zu den versicherten Unfallschäden zählen,. Diese Annahme wird durch den in der Klausel gewählten engen sprachlichen Zusammenhang mit den Brems- und reinen Bruchschäden gestützt. Er erweckt den Eindruck, ausgeschlossene Betriebsschäden müssten mit jenen Schadensarten im Wesentlichen ähnlich oder gleichwertig sein. Das ist bei – wodurch auch immer ausgelösten – Aufprallschäden nicht der Fall, weil hier ein nicht zum kalkulierten Betriebsrisiko zählendes äußeres Ereignis jedenfalls hinzu getreten ist (vgl. Knappmann in: Prölss/Martin, WG, 27. Aufl. 2004, § 12 AKB Rdn. 61; BGH, Urt. v. 5.11.1997 – IV ZR 1/97VersR 1998, 179, für Aufprallschäden nach dem Umstürzen eines Fahrzeugs).

(5)

57

Eine Leistungsfreiheit wegen Gefahrerhöhung gemäß §§ 23, 25 VVG a. F. wegen der von der Beklagten behaupteten Gewichtsüberschreitung scheidet aus. Nicht jede Änderung der bei Vertragsschluss bestehenden Risikolage ist für die §§ 23 ff. VVG a. F. relevant. Die Vorschriften gelten insbesondere nicht für Umstände, die mit Einzelsituationen verbunden sind und deshalb jederzeit eintreten und wieder wegfallen können. Solche Umstände lassen keine generalisierbare Aussage über die Beschaffenheit des Risikos bei Vertragsschluss und seine spätere Erhöhung zu (Prölss in: Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl. 2004, § 23 Rdn. 7). Allerdings ist das Erfordernis eines gewissen Dauerzustandes umstritten. Nach herrschender Meinung, die der Senat als richtig erachtet, sind nur solche Gefährdungsvorgänge gefahrerhöhend, die ihrer Natur nach geeignet sind, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadensverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist (vgl. Prölss in: Prölss/Martin, a.a.O., § 23 Rdn. 11). Diese Voraussetzungen sind bei der von der Beklagten gerügten einmaligen (streitigen) Überladung des Anhängers nicht gegeben.

(6)

58

Die Beklagte ist nicht wegen einer etwaigen Obliegenheitsverletzung gemäß Buchst. E.1.3 i.V. m. Buchst. E.6.1 AKB 2008 aufgrund vorsätzlich unzutreffender Angaben zu den Umständen des Schadensereignisses von ihrer Leistungspflicht befreit. Die Beklagte sieht das anders und behauptet, der Kläger habe entgegen der Schadensanzeige vom 7.3.2008 („Verwendung des versicherten Fahrzeugs: Eigenverwendung“, Bl. 151 d. A.) beabsichtigt, den Porsche in Erfüllung eines gewerblichen Auftrags vom Firmengelände der Firma S… u… B… zum Porsche-Zentrum in … zu fahren (Bl. 147, 200 d. A). Ohne dass es auf die einzelnen Voraussetzungen einer Leistungsfreiheit im gegebenen Zusammenhang ankommt, hat jedenfalls die Beweisaufnahme in erster Instanz nicht ergeben, dass es sich bei dem Transport um mehr als eine private Gefälligkeit gehandelt hätte. Die Aussage des Zeugen Sch… – Geschäftsführer der Firma S… & B… – in seiner Vernehmung am 26.1.2009 (Bl. 171/172 d. A.) hat im Wesentlichen das Vorbringen des Klägers bestätigt. Ihr lässt sich entnehmen, dass der Kläger am Unfalltag ins Autohaus gekommen sei und – aus Sicht des Zeugen zufällig und nicht etwa im Hinblick auf einen dem Kläger zuvor erteilten Auftrag – einen Anhänger dabei gehabt habe. Er habe die Gelegenheit ergriffen und ihn gebeten, den Porsche für ihn nach S… zu transportieren. Dieser Ablauf steht nicht im Zusammenhang mit einer gewerblichen Fahrzeugverwendung.

(7)

59

Eine Leistungsfreiheit folgt auch nicht aus einer vorsätzlichen Verletzung der Obliegenheit, das Fahrzeug nur zu dem im Versicherungsvertrag angegebenen Zweck zu verwenden (Buchst. D.1.1 i.V. m. Buchst. D.3.1 AKB 2008). Die Beklagte hat nicht bewiesen, dass der Kläger entgegen seiner Erklärung im Versicherungsantrag mit dem versicherten Land Rover gewerblich tätig gewesen ist. Was den konkreten streitgegenständlichen Transport anbelangt, wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Aussage des Zeugen Sch… Bezug genommen. Ob ansonsten Nutzungen außerhalb des privaten Bereichs erfolgt sind, kann dahinstehen, weil solche evident nicht in einem kausalen Zusammenhang zu dem hiesigen Versicherungsfall stünden (siehe Buchst. D.3.2 AKB 2005). Dessen ungeachtet gilt: Die Beweisaufnahme hat auch für sonstige gewerbliche Fahrten mit dem Land Rover keine Hinweise erbracht. Der Kläger hat angegeben, er habe einmal für die Firma S… u… B… ein Fahrzeug transportiert, allerdings mit seinem Lkw und nicht mit dem streitgegenständlichen Land Rover (siehe S. 3 der Sitzungsniederschrift vom 26.1.2009, Bl. 169 d. A.). Im Einklang hiermit hat der Zeuge Sch… bekundet, er wisse, dass der Kläger ein – mit dem hier in Rede stehenden nicht identisches – spezielles Auto für Transportzwecke besitze, und dieses sei von seinem Unternehmen wohl auch einmal leihweise benutzt worden (Bl. 172 d. A.).

(8)

60

Die Beklagte ist nicht gemäß § 61 VVG a. F. leistungsfrei. Die Parteien haben diese Vorschrift, die unter den dort genannten Voraussetzungen bei grober Fahrlässigkeit zur vollständigen Leistungsfreiheit geführt hätte, mit der Einbeziehung der Klausel in Buchst. A.2.16.1 AKB 2008 wirksam zu Gunsten des Klägers abbedungen (zur Dispositivität der Vorschrift Langheid in: Römer/Langheid, VVG, 2. Aufl. 2003, § 61 Rdn. 98).

(9)

61

Allerdings kommt die sich nunmehr aus Buchst. A.2.16.1 AKB 2008 ergebende Leistungseinschränkung zum Tragen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte geht der Senat entsprechend seinem Hinweis vom 10.6.2010 davon aus, dass der streitgegenständliche Vertrag in den „Basistarif“ der Beklagten einzustufen ist. Das führt unter den gegebenen Umständen dazu, dass die Beklagte gemäß Buchst. A.2.16.1 Satz 3 AKB 2008 wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls berechtigt ist, ihre Leistung um 25 % zu kürzen.

(a)

62

Der Kläger hat den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt.

63

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und unbeachtet lässt, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Im Gegensatz zur einfachen Fahrlässigkeit muss es sich um ein auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbares Fehlverhalten handeln.

64

Von grober Fahrlässigkeit ist schon nach dem unstreitigen Sachverhalt auszugehen.

65

Der Kläger selbst stellt nicht infrage, dass die unzulängliche Verladung des Porsche auf den Anhänger den Unfall verursacht hat. Das Landgericht hat zutreffend auf § 22 StVO hingewiesen, wonach die Ladung eines Fahrzeugs so zu verstauen und zu sichern ist, „dass sie selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin- und herrollen, herabfallen“ kann, und hierbei die anerkannten Regeln der Technik zu beachten sind. Der Fahrzeugführer hat dafür zu sorgen, Gefährdungen oder Beschädigungen durch die Beförderung der Ladung auszuschließen (KG, Beschluss vom 28.7.1997, 2 Ss 186/973 Ws (B) 397/97 -). Diese Anforderungen wurden grob missachtet. Nach dem übereinstimmenden, der landgerichtlichen Entscheidung zu Grunde gelegten Vorbringen beider Parteien steht fest: Der verladene Porsche hatte bauartbedingt seinen Schwerpunkt im Bereich des Fahrzeughecks. Da er anstatt entgegen der Fahrtrichtung mit dem Heck nach hinten auf den Anhänger verbracht wurde, führte die ungünstige Gewichtsverteilung zu dem das Schadensereignis auslösenden Schleudervorgang. Soweit der Kläger mit seiner Berufung die Wertung des Landgerichts angreift, ihm sei dieses Fehlverhalten auch in subjektiver Hinsicht als besonders schwerwiegend vorzuwerfen, hat er damit keinen Erfolg. Jeder Kraftfahrzeugführer muss wissen, dass eine sachwidrige Verteilung schwerer Lasten die Lenkfähigkeit des Fahrzeugs beeinträchtigt, die Schleudergefahr erhöht und das gleichmäßige Abbremsen erschweren oder unmöglich machen kann (vgl. Burmann/Heß/Jahnke/Janker, StVR, 21. Auflage 2010, § 22 StVO Rdn. 2). Wer mit einem Anhänger einen PKW transportiert, hat sich vor Fahrtantritt davon zu überzeugen, dass dieser entsprechend den in der Praxis anerkannten Regeln verkehrssicher geladen und gesichert ist (vgl. für das verkehrssichere Verstauen der Ladung auf einem Lkw Senat, Urt. v. 22.12.2004 – 5 U 393/04zfs 2006, 101; OLG Düsseldorf, TranspR 1994, 251). Was im Einzelnen zu berücksichtigen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Jedenfalls aber liegt auf der Hand, dass derjenige, der mit der Nutzung eines Anhängers in keiner Weise vertraut ist und einen solchen zum ersten Mal benutzt, um einen PKW zu transportieren, sich über die technischen Anforderungen informieren muss. Unterlässt er dies, lässt er die von ihm geforderte Sorgfalt in hohem Maße außer acht und handelt grob fahrlässig (in diesem Sinne für den seiner Erkundigungspflicht über einschlägige Richtlinien nicht nachkommenden Transporteur Senat, Urt. v. 22.12.2004 – 5 U 393/04zfs 2006, 101). Der Senat verkennt nicht, dass es mit Blick auf die Möglichkeit der Gefahreneinsicht differierende Anforderungen bei Fachleuten einerseits und Laien andererseits geben kann (vgl. hierzu OLG Hamm, NJW-RR 1993, 536). Hier wird aber dem Kläger – was er in der Berufungsbegründung zu verkennen scheint – nicht vorgehalten, dass ihm Einzelheiten zur fachgerechten Beladung eines Anhängers bei Fahrzeugtransporten nicht bekannt gewesen sind, sondern dass er mit einem Gespann mit hohem Gefährdungspotenzial im Straßenverkehr hantiert hat, ohne – was bei der Anmietung des Fahrzeugs ohne weiteres möglich gewesen wäre – auch nur nachzufragen, was er zu beachten habe. Das verstößt gegen das, was sich jedem, gleichviel ob Fachmann oder Laie, hätte aufdrängen müssen und ist auch in subjektiver Hinsicht unentschuldbar (siehe auch OLG Schleswig, VersR 2009, 633 – grobe Fahrlässigkeit beim leichtfertigen Umgang mit einem Brenner ohne vorheriges Lesen der Gebrauchsanleitung; OLG Oldenburg, r+s 1995, 129 – grobe Fahrlässigkeit desjenigen, der sich nicht mit den Besonderheiten eines Fahrzeugs vertraut gemacht hat).

(b)

66

Der Senat hält im Hinblick auf die Schwere des Verschuldens eine Leistungskürzung um 25 % für angemessen.

(aa)

67

Hat ein Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt, so darf der Versicherer seine Leistung nach dem Maß der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers kürzen. Schon der Wortlaut des Gesetzes, der ein einseitiges, dem Versicherer zustehendes, inhaltlich von dem Gewicht des Vorwurfs abhängiges und der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegendes Leistungsbestimmungsrecht konzipiert, zeigt, dass entgegen einer in der Rechtslehre und Teilen der instanzgerichtlichen Rechtsprechung nicht von einem „festen“ oder „regelmäßigen Einstiegswert“ auszugehen ist sondern erst eine Würdigung aller Umstände des Einzelfalls das konkrete Kürzungsmaß ergibt. Nur das entspricht auch der Teleologie des § 81 Abs. 2 VVG, der nicht das „Alles-oder-Nichts“-Prinzip des § 61 VVG a.F. durch eine Art „50 % auf Alles“ ersetzen sondern Einzelfallgerechtigkeit walten lassen wollte. Im Übrigen zeigen schon die objektiven Gründe der Annahme grober Fahrlässigkeit – vor allem das unterschiedliche Gewicht erheblicher Regelverletzungen – die Notwendigkeit, das Maß der Schwere des Verschuldens von vornherein unterschiedlich zu tarieren: Denn es ist ein nicht unerheblicher Unterschied, ob ein Versicherungsnehmer am öffentlichen Verkehr in fahruntüchtigem Zustand teilnimmt, ob er ein rotes Lichtzeichen überfährt, ob ihm eine Geschwindigkeitsüberschreitung anzulasten ist oder ob er, wie hier, eine Ladung unzulänglich sichert.

(bb)

68

Bei der Bemessung der Leistungskürzung ist danach zu fragen, wie nah die grobe Fahrlässigkeit beim bedingten Vorsatz oder aber bei der einfachen Fahrlässigkeit lag (vgl. die Begründung zum Regierungsentwurf zu §81 VVG n. F., BT-Drs. 16/3945, S. 80). Die genaue Bestimmung fußt für jeden Einzelfall auf einer Bewertung der konkreten, auf die Schwere des Verschuldens bezogenen Gesamtumstände. Bemessungskriterien sind vor allem das Gewicht der objektiven Pflichtverletzung, also die objektive Bedeutung der verletzten Pflicht für die Vermeidung des Risikos, das Gewicht, die Dauer und die Offenkundigkeit des Verstoßes und die Vorhersehbarkeit seiner Folgen, außerdem der konkret erforderliche Aufwand für die Pflichterfüllung einerseits und die Höhe des drohenden Schadens andererseits.

(cc)

69

Die Nachlässigkeit des Klägers deren tatsächliche Grundlagen feststehen bewegt sich im gegebenen Fall eher im unteren Bereich grober Fahrlässigkeit. Der ihm zu machende Vorwurf gründet sich auf den Umstand, dass er schlicht davon abgesehen hat, fachkundigen Rat einzuholen. Dies wiederum wäre ohne weiteres möglich und zumutbar und insbesondere mit Blick auf die durch den Transport gefährdeten erheblichen Werte geboten gewesen. Andererseits wusste der Kläger nicht, dass gerade wegen des konkreten Fahrzeugtyps bei Beladung und Transport eine besondere Gefahrensituation bestand, und es besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass er – dem bedingten Vorsatz nahe kommend – vor der Gefahr in der Hoffnung, es werde schon nichts passieren, die Augen verschlossen hätte. Im Ergebnis ist eine Quote von 3/4 zu 1/4 zu Lasten der Beklagten angemessen.

2.

70

Zur Schadenshöhe wendet die Beklagte zu Recht ein, dass die Umsatzsteuer für die Wertberechnung und den vom Kläger seiner Schadensermittlung zu Grunde gelegten Wiederbeschaffungswert richtigerweise nicht in Ansatz zu bringen ist. Das folgt aus der Klausel A.2.9 AKB 2008. Danach wird Mehrwertsteuer nur erstattet, wenn und soweit diese für die vom Versicherungsnehmer gewählte Schadensbeseitigung tatsächlich angefallen und nachgewiesen ist. Ein Ausschluss der Erstattung nur fiktiv in Ansatz gebrachter Mehrwertsteuer war bereits in § 13 (6) AKB 2005 enthalten, so dass es nicht darauf ankommt, ob insoweit die Einbeziehung der geänderten AKB wegen dem Versicherungsnehmer ungünstiger Abweichungen problematisch sein könnte. Die Klausel führt dazu, dass ein Ersatz der in einem Sachverständigengutachten berücksichtigten Umsatzsteuer bei unterbliebener Reparatur bzw. unterbliebener Ersatzbeschaffung ausscheidet. Bedenken gegen ihre Wirksamkeit bestehen nicht und werden vom Kläger auch nicht vorgebracht. Was das in Buchst. A.2.9 S. 1 Halbs. 2 AKB 2008 statuierte Erfordernis eines Nachweises angefallener Mehrwertsteuer durch Vorlage der Reparaturrechnung anbelangt, führt diese Formulierung mit Blick auf die Ermittlung des Wiederbeschaffungswerts nicht zur Intransparenz, denn dieses Erfordernis ist aus der für die Auslegung maßgeblichen Sicht eines verständigen durchschnittlichen Versicherungsnehmers naturgemäß nur von Bedeutung, falls die Schadensbeseitigung im Wege der Reparaturkostenerstattung erfolgen soll (zur AGB-rechtlichen Wirksamkeit des Ausschlusses fiktiver Mehrwertsteuererstattung – mit ausführlicher Begründung – Senat, Urt. v. 28.1.2009 – 5 U 278/09VersR 2009, 924; zustimmend BGH, Hinweisbeschluss v. 4.11.2009 – IV ZR 35/09VersR 2010, 208).

71

Demzufolge beläuft sich der Wiederbeschaffungswert auf den im Parteigutachten ermittelten und unbestrittenen Nettobetrag von 20.147,06 € (Bl. 19 d. A.). Davon sind der Restwert von 14.450 € und eine Selbstbeteiligung von 300 € in Abzug zu bringen. Es verbleiben 5.397,06 €. Die von der Beklagten zu erstattenden 75 % ergeben 4.047,80 €.

3.

72

Der Zinsanspruch ab dem Zeitpunkt, in welchem die Beklagte die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert hat (am 3.7.2008 eingegangenes Schreiben der Beklagten vom 26.6.2008, Bl. 44 d. A.) ist unter dem Gesichtspunkt des Verzugs begründet (§§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3, 288 Abs. 1 BGB).

73

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten besteht hingegen nicht. Aus der vom Kläger vorgelegten vorgerichtlichen Korrespondenz wird nicht ersichtlich, dass die Voraussetzungen des Verzugs schon vor der anwaltlichen Zahlungsaufforderung unter Fristsetzung auf den 19.5.2008 mit Schreiben vom 6.5.2008 (Bl. 39 d. A.) gegeben gewesen wären. Hat aber der Kläger seine Prozessbevollmächtigten in die Geltendmachung der Ansprüche vor Verzugsbegründung eingeschaltet, so sind die hierdurch angefallenen Rechtsanwaltsgebühren kein durch eine Leistungsverzögerung der Beklagten begründeter Verzugsschaden.

4.

74

Die wegen des Teilerfolgs des Rechtsmittels für beide Instanzen zu treffende Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 713 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

75

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 9.225 €.

Dieser Beitrag wurde unter Versicherungsrecht abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.