Zur – hier verneinten – Haftung eines Herstellers eines zum Selbstaufbau vertriebenen Pool-Sets für Instruktionsfehler beim Aufbau.

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 21.08.2013 – 2 U 32/13

Zur – hier verneinten – Haftung eines Herstellers eines zum Selbstaufbau vertriebenen Pool-Sets für Instruktionsfehler beim Aufbau.(Rn.27)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 8. Dezember 2011 verkündete Urteil des Landgerichts Saarbrücken – 9 O 187/11 – wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses Urteil und das mit der Berufung angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
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Die Beklagte ist Herstellerin eines 3-teiligen Poolsets, das die Klägerin über den …-Versand zum Selbstaufbau erwarb und am 10. Juni 2009 bei ihr angeliefert wurde. Der Lieferung war eine Montageanleitung (GA 11 – 16) beigefügt, worin es u.a. heißt:

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„4. Die Montage Rundbecken

Die Beckenmontage sollte mit mind. 2 Personen durchgeführt werden. Wir empfehlen beim Aufstellen der Stahlwand Handschuhe anzuziehen. (…)

5.3 Aufrollen der Stahlwand

Stellen Sie mit Ihren Helfern die Stahlwand in der Mitte des Profilschienenkreises auf starke Bretter. Rollen Sie die Stahlwand auf und setzen Sie diese entsprechend in die Profilschienen ein. (…)“

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Mit der am 8. Juni 2011 beim Landgericht Saarbrücken eingegangenen Klage hat die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld in einer Größenordnung von mindestens 15.000 EUR und insgesamt 406,80 EUR materiellem Schadensersatz (Praxisgebühren, Fahrtkosten, Zuzahlungen) gemäß näherer Bezifferung in der Klageschrift (GA 6 – 9) sowie Feststellung der Eintrittspflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden in Anspruch genommen. Die Klägerin hat behauptet, dass sie sich beim Aufbau des Pools am 12. Juni 2009 gravierend verletzt habe. Die untere Kante der insgesamt 40,8 kg schweren Stahlwand habe die Sehne des „musculus tibialis anterior“ auf ihrem rechten Fußrücken durchtrennt. Dazu sei es infolge eines Instruktionsfehlers der Beklagten gekommen, da in der Montageanleitung nicht ausreichend vor den gefahrbringenden Eigenschaften der scharfkantigen Stahlwand des Pools gewarnt werde und der Hinweis fehle, dass beim Aufbau des Pools Sicherheitsarbeitsschuhe zu tragen seien. Aufgrund der erlittenen Verletzung habe sie sich in der Zeit vom 12. bis 17. Juni 2009 in stationärer Behandlung befunden. Trotz intensiver medizinischer Behandlung seien massive Schwellungen und Schmerzen im Bereich des rechten Unterschenkels aufgetreten. Deswegen habe sie am 13. Juli 2009 erneut in der Klinik vorstellig werden müssen, wo eine segmentale Thrombosierung der „vena fibularis“ festgestellt worden sei. Die Behandlung habe insgesamt bis zum 23. März 2010 angedauert. Das Unfallgeschehen habe einen Dauerschaden hinterlassen. Bis heute könne sie keine flachen Schuhe tragen und ihrem Hobby Joggen nicht mehr nachgehen. Die Klägerin hat im Hinblick darauf ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 15.000 EUR für angemessen gehalten. Der Feststellungsantrag sei gerechtfertigt, da ein Dauerschaden verbleibe, infolge dessen mit weiteren Operationen zu rechnen sei. Die Klägerin hat vor dem Landgericht beantragt,
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen,
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 406,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
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3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle materiellen und immateriellen zukünftigen Ansprüche der Klägerin betreffend das Unfallgeschehen vom 12. Juni 2009 auszugleichen.

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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.

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Durch das angefochtene Urteil, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

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Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Klageziel unverändert weiter verfolgt. Die Klägerin hält unverändert einen Instruktionsfehler der Beklagten für schadensursächlich. Weiterhin beruft sie sich nunmehr auch auf einen Konstruktionsfehler. Beim Aufbau seien alle vom Erstgericht als wesentlich angesehenen Hinweise beachtet worden. In der Montageanleitung werde nicht auf die Scharfkantigkeit der unteren Kante der Stahlwand und die damit verbundene Verletzungsgefahr hingewiesen. Auch hätte ein Hinweis darauf erfolgen müssen, dass beim Aufbau unbedingt Sicherheitsarbeitsschuhe zu tragen sind. Wäre ein solcher Hinweis erfolgt, hätte sie derartige Schuhe getragen, so dass die Verletzung mit Sicherheit nicht eingetreten wäre. Zudem werde in der Anleitung die Höhe der „Aufbauhilfe“ nicht mitgeteilt. Die Verletzung hätte durch eine über die untere Kante der Stahlwand gezogene Schutzleiste, welche beim Einschieben in die Führungsschiene hätte abgezogen werden können, vermieden werden können. Zudem stützt sie sich darauf, dass der Pool zwischenzeitlich mit einer komplett geriffelten und lackierten Stahlwand vertrieben wird, deren obere und untere Kante mit einer „Schutzfolie“ versehen sei, und dass in der Aufbauanleitung jetzt folgender Hinweis gegeben wird: „Die Stahlwand besitzt Schnittkanten, die aus der Herstellung resultieren. Beim Umgang mit der Stahlwand stets Sicherheitshandschuhe und Sicherheitsschuhe tragen. Vorsicht beim Auspacken der aufgerollten Stahlwand. Gefahr von Schnittverletzungen!“ Aufgrund der erlittenen Fußverletzung habe sie eine Schonhaltung entwickelt, die zu einem Fehlgang geführt habe. Dadurch seien schleichend immer heftigere Schmerzen im Hüftgelenk entstanden. Infolgedessen sei mittlerweile das rechte Hüftgelenk geschädigt und leide sie täglich unter Schmerzen. Mitte Juni 2013 sei an der gleichen Stelle erneut eine Thrombose aufgetreten. Sie sei ständig auf Blutkontrollen und blutverdünnende Medikamente angewiesen, könne aus gesundheitlichen Gründen keine Bus- und Flugreisen unternehmen, ihr sei das Tragen von Stützstrümpfen verordnet und das Fahren mit dem Fahrrad zur Arbeitsstelle sowie jegliche sportliche Betätigung untersagt worden. Sie leide an Angstzuständen, da sie befürchte, im Falle eines Unfalles zu verbluten.

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Die Klägerin beantragt,
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unter Aufhebung des angefochtenen Urteils
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1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. August 2009 zu zahlen;
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2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 406,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
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3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, alle materiellen und immateriellen zukünftigen Ansprüche der Klägerin aus dem Unfallgeschehen vom 12. Juni 2009 auszugleichen.

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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

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Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Es liege weder ein Instruktions- noch ein Konstruktionsfehler vor, vielmehr sei der Schaden auf die eigene Unaufmerksamkeit der Klägerin zurückzuführen. Die Behauptung eines Konstruktionsfehlers sei neuer Vortrag i.S. von § 531 Abs. 2 ZPO, mit dem die Klägerin ausgeschlossen sei. Die geänderte Ausführung beruhe darauf, dass sie das Poolset in dieser Größe nicht mehr selbst produziere, sondern von einem französischen Hersteller beziehe. Die jetzige Wellenstruktur mit gefalztem Rand sei erforderlich, weil dünneres Wandmaterial verwendet werde, das nur hierdurch die erforderliche Druckfestigkeit erhalte. Die geänderte Ausführung sei kein Beweis für die Fehlerhaftigkeit.

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Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Juli 2013 (GA 195) Bezug genommen.

II.
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Die Berufung der Beklagten ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und auch im Übrigen zulässig (§§ 511 Abs. 2 Nr. 1, 517, 519, 520 ZPO).

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Die Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Weder beruht das angefochtene Urteil auf einer Rechtsverletzung i.S. von § 546 ZPO zum Nachteil der Klägerin noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO vom Senat zu Grunde zu legenden Tatsachen eine der Klägerin vorteilhaftere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, da die Beklagte der Klägerin auch bei dem sich in der Berufungsinstanz darbietenden Sachstand – unterstellt, dass es zu dem behaupteten Unfall vom 12. Juni 2009 beim Aufbau des von der Beklagten hergestellten Poolsets gekommen ist – aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Ersatz bereits eingetretener sowie künftiger materieller und immaterieller Schäden verpflichtet ist.

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Das Landgericht hat einen – mit der Klage auf die Rechtsgrundsätze der Produkthaftung gestützten – Anspruch der Klägerin auf Zahlung materiellen und immateriellen Schadensersatzes gegen die Beklagte (Anträge Ziff. 1. und 2.) abgelehnt. Das angefochtene Urteil hält den hiergegen gerichteten Berufungsangriffen stand.

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Die Haftung aus dem Produkthaftungsgesetz setzt gemäß § 1 Abs. 1 ProdHaftG voraus, dass eines der genannten Rechtsgüter durch einen Fehler i.S. von § 3 Abs. 1 ProdHaftG verletzt oder beschädigt wird. Die deliktsrechtliche Produkthaftung (oder Produzentenhaftung) aus § 823 Abs. 1 BGB, die parallel zu der Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz besteht (Palandt/Sprau, BGB, 72. Aufl., § 823, Rz. 167), beruht auf dem Gedanken, dass derjenige für eine Gefahrenquelle verantwortlich ist, der diese eröffnet oder beherrscht. Es handelt sich somit um einen Spezialfall der Haftung wegen der Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht (Palandt/Sprau, a.a.O., Rz. 166). Der Anspruch aus § 1 ProdHaftG umfasst gemäß § 8 Satz 2 ProdHaftG (eingefügt durch das Zweite Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften vom 19. Juli 2002, Art. 229 § 8 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB; BGBl I S. 2674) bei Schadensfällen nach dem 31. Juli 2002 – wie hier behauptet – auch einen Schmerzensgeldanspruch, der mithin nicht (mehr) auf die deliktische Produzentenhaftung beschränkt ist (BGH, NJW 2009, 2952; Palandt/Sprau, a.a.O., § 8 ProdHaftG, Rz. 3). Die nach § 3 Abs. 1 ProdHaftG maßgeblichen Sicherheitserwartungen beurteilen sich grundsätzlich nach denselben (objektiven) Maßstäben wie die Verkehrspflichten des Herstellers im Rahmen der deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB (BGH, NJW 2009, 1669; OLG Koblenz, NJW-RR 2006, 169; Staudinger/Oechsler, BGB, 2009, Einl. ProdHaftG, Rz. 33, § 3 ProdHaftG, Rzn. 13, 19; Palandt/Sprau, a.a.O.). Denn der im Rahmen der deliktischen Produkthaftung entwickelte Fehlerbegriff sollte durch das Produkthaftungsgesetz keine Änderung erfahren (BGH, a.a.O.). Abzustellen ist daher nicht auf die subjektive Sicherheitserwartung des jeweiligen Benutzers, sondern objektiv darauf, ob das Produkt diejenige Sicherheit bietet, welche die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält (BGH, NJW 2013, 1302; NJW 2009, 2952; NJW 2009, 1669, m.w.N.). Beide Anspruchsgrundlagen setzen demnach einen Produktfehler i.S. von § 3 Abs. 1 ProdHaftG voraus. Ein solcher liegt vor, wenn das Produkt bezüglich Konstruktion, Fabrikation oder beizugebender Instruktion nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere seiner Darbietung, des Gebrauchs, mit dem billigerweise gerechnet werden kann, und des Zeitpunkts, in dem es in Verkehr gebracht wurde, berechtigterweise erwartet werden kann (Palandt/Sprau, a.a.O., § 3 ProdHaftG, Rz. 2). Dementsprechend wird differenziert zwischen Konstruktionsfehlern, Fabrikationsfehlern und Instruktionsfehlern. Während ein Konstruktionsfehler vorliegt, wenn das Produkt infolge fehlerhafter technischer Konzeption oder Planung für eine gefahrlose Benutzung ungeeignet ist, entstehen Fabrikationsfehler während der Herstellung und beinhalten eine Abweichung des konkreten Stücks vom allgemeinen Standard, den der Hersteller für die Produktionsserie vorgesehen hat und an dem deshalb der Verwender seine Sicherheitserwartungen orientiert. Instruktionsfehler wiederum bestehen in einer mangelhaften Gebrauchsanweisung und/oder in einer nicht ausreichenden Warnung vor gefahrbringenden Eigenschaften, die in der Wesensart der als solchen fehlerfreien Sache begründet sind (statt aller Palandt/Sprau, a.a.O., Rz. 8 – 10). Die Darlegungs- und Beweislast für den Fehler, den Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden trägt der Geschädigte (§ 1 Abs. 4 ProdHaftG).

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Das Landgericht hat einen – ursächlichen – Instruktionsfehler der Beklagten, worauf die Klägerin die Klage erstinstanzlich allein gestützt hat, verneint. Das lässt keinen durchgreifenden Fehler zum Nachteil der Klägerin erkennen.

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Nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass sieht, ist es grundsätzlich Sache desjenigen, der ein bestimmtes Produkt anschafft, sich selbst darum zu kümmern, wie er damit umzugehen hat. Der Hersteller und seine Repräsentanten haben nur dann für die Belehrung der Abnehmer zu sorgen, wenn und soweit sie aufgrund der Besonderheiten des Produkts sowie der bei den durchschnittlichen Benutzern vorauszusetzenden Kenntnisse damit rechnen müssen, dass bestimmte konkrete Gefahren entstehen können. Der Hersteller hat zur Gewährleistung der erforderlichen Produktsicherheit (nur) diejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach den Gegebenheiten des konkreten Falls zur Vermeidung einer Gefahr objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind, wobei Inhalt und Umfang der Instruktionspflichten im Einzelfall wesentlich durch die Größe der Gefahr und das gefährdete Rechtsgut bestimmt werden (BGH, NJW 2009, 2952; NJW 2009, 1669). Lassen sich mit der Verwendung eines Produkts verbundene Gefahren nach dem Stand von Wissenschaft und Technik durch konstruktive Maßnahmen nicht vermeiden oder sind konstruktive Gefahrvermeidungsmaßnahmen dem Hersteller nicht zumutbar und darf das Produkt trotz der von ihm ausgehenden Gefahren in den Verkehr gebracht werden, so ist der Hersteller grundsätzlich verpflichtet, die Verwender des Produkts vor denjenigen Gefahren zu warnen, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch oder naheliegendem Fehlgebrauch drohen und die nicht zum allgemeinen Gefahrenwissen des Benutzerkreises gehören (BGH, a.a.O.; BGHZ 105, 346, 351; 106, 273, 283; 116, 60, 65). Was auf dem Gebiet des allgemeinen Erfahrungswissens der in Betracht kommenden Abnehmerkreise liegt, braucht nämlich nicht zum Inhalt einer Gebrauchsbelehrung gemacht zu werden (BGH, NJW 1986, 1863; NJW 1975, 1827, m.w.N.).

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Von diesem zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt ausgehend hat das Landgericht im Streitfall zu Recht angenommen, dass die Beklagte mit den insbesondere in Ziff 4. und 5.3 der Montageanleitung erteilten Instruktionen, die weder einen Hinweis auf eine mit einer Scharfkantigkeit der Unterkante der Stahlwand verbundene Verletzungsgefahr noch die Empfehlung enthalten, beim Aufbau Sicherheitsarbeitsschuhe zu tragen, ihrer Instruktionspflicht auch dann Genüge getan hat, wenn mit dem Klagevortrag eine gefahrbringende Scharfkantigkeit der Unterkante der Stahlwand – welche die Beklagte weiterhin bestreitet – als gegeben unterstellt wird. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass von Herstellerseite weder auf diese Gefahrenquelle besonders hingewiesen noch zum Tragen von Sicherheitsarbeitsschuhen geraten werden musste. Denn es liegt auch nach Überzeugung des Senats im Bereich des allgemeinen Erfahrungswissens des hier in Betracht kommenden Abnehmerkreises, dass die untere Kante der verhältnismäßig dünn ausgelegten Stahlwand schon in Anbetracht des erkennbar hohen Gewichts der Stahlwand beim Aufbau Verletzungsgefahren in sich birgt, wenn diese auf den – wie hier – nur mit einem leichten Stoffschuh bekleideten Fuß gestellt oder darüber hinweggezogen wird. Richtigerweise gilt dies nach dem hier gültigen Maßstab auch dann, wenn in Ansehung des typischen Abnehmerkreises eines derartigen Freizeitprodukts zum Eigenaufbau auf das Erfahrungswissen handwerklich nicht versierter Privatkunden und nicht dasjenige entsprechend geschulten gewerblichen Montagepersonals als maßgebliche Referenzinstanz für die Bestimmung des Sicherheitsniveaus abgestellt wird. In diesem Zusammenhang ist ergänzend festzuhalten, dass die Klägerin – wie die Beklagte wiederholt aufgezeigt hat – im Prozess eine belastbare Darlegung des konkreten Schadensherganges schuldig geblieben ist, namentlich es im vorläufigen Entlassungsbrief des Marienhaus Klinikums vom 17. Juni 2009 im Rahmen der Anamnese diesbezüglich heißt, die Klägerin habe sich das Blech der Schwimmbeckenumrandung „beim Anheben auf das rechte OSG gestellt (…)“. Das Berufungsvorbringen rechtfertigt in diesem Punkt keine von dem angefochtenen Erkenntnis abweichende Sicht, zumal diesbezüglich keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden, die Anlass zu einer der Klägerin vorteilhafteren Beurteilung geben könnten. Der Beklagten ist unter den gegebenen Umständen zuzustimmen, dass von einem durchschnittlichen Benutzer auch ohne entsprechenden Gefahrenhinweis des Herstellers erwartet werden konnte, die Stahlwand beim Abrollen und Einführen in die Bodenschiene – wie in der Berufungserwiderung gut nachvollziehbar beschrieben – so zu handhaben, dass diese nicht im Bereich über den Füßen des Trägers geführt wird, wodurch eine Verletzung der behaupteten Art ohne Weiteres bereits vermieden worden wäre. Dass die Seitenwand – wie die Berufung geltend macht – in „normaler“ Haltung nur vor der Brust und somit im unmittelbaren Körperbereich gehalten und fortbewegt werden könne, sieht der Senat nicht und wird von der Klägerin auch nicht plausibel dargelegt. Bei dieser Sachlage war die Beklagte bei gebotener Zugrundelegung des Erfahrungswissens und der Gefahrsteuerungskompetenz (BGH, NJW 2013, 1302) eines Durchschnittskonsumenten auch nicht verpflichtet, auf die Notwendigkeit des Tragens von geeignetem Schuhwerk oder gar Sicherheitsarbeitsschuhen beim Aufbau hinzuweisen. Erforderlich wäre zudem ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Fehler und der eingetretenen Rechtsgutsverletzung (BGH, NJW 2013, 1302, m.w.N.), der nur vorliegt, wenn pflichtgemäßes Handeln den Schaden mit Sicherheit verhindert hätte; eine bloße Möglichkeit, auch eine gewisse Wahrscheinlichkeit, genügen dagegen nicht (BGH, NJW 1975, 1863). Im Streitfall sieht es die Beklagte unter Zugrundelegung des Vorbringens der Klägerin zum Schadenshergang zu Recht auch als zweifelhaft an, ob die konkret eingetretene Verletzung im Bereich des oberen Sprunggelenks durch das Tragen von Sicherheitsschuhen vermieden worden wäre, was die Klägerin nicht substantiiert ausgeräumt hat. Das geht zu ihren Lasten, da sie hierfür die Darlegungs- und Beweislast trägt (§ 1 Abs. 4 ProdHaftG). Für die Einholung des diesbezüglich beantragten Sachverständigengutachtens ist deswegen in der Berufungsinstanz kein Raum. An vorstehender Bewertung ändert sich auch nichts dadurch, dass in der Aufbauanleitung des aktuell vertriebenen Produkts unstreitig weiter gehende Sicherheitsinstruktionen erteilt werden. Denn nach dem Rechtsgedanken des § 3 Abs. 2 ProdHaftG, der auch für Instruktionspflichten gilt (Staudinger/Oechsler, a.a.O., § 3 ProdHaftG, Rz. 81), erlaubt der Umstand, dass ein Hersteller neue Erkenntnisse berücksichtigt und sein Produkt daran anpasst, für sich genommen nicht den Rückschluss auf das Vorliegen eines Fehlers des bereits in Verkehr gebrachten Produkts, worauf die Beklagte bereits zu Recht hingewiesen hat. Auch ein sonstiger schadensursächlicher Instruktionsfehler ist dem Vortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Der Senat tritt der Beklagten aus den mit Schriftsatz vom 27. Juni 2012 aufgezeigten Erwägungen darin bei, dass der Anweisung in der Montageanleitung, die Stahlwand in der Mitte des Profilschienenkreises auf „starke Bretter“ zu stellen, aus der objektiven Sicht eines Durchschnittsadressaten mit der erforderlichen Klarheit entnommen werden konnte, dass die Bretter – und zwar u.a. mit dem erkennbaren Zweck, den Höhenunterschied zum ca. 2 cm hohen Profilschienenkreis auszugleichen – nebeneinander anzuordnen waren. Wenn die Klägerin diese Anweisung dahin verstanden haben will, dass mehrere Bretter übereinandergelegt werden sollten, findet dieses Verständnis weder im Text selbst noch im – von der Berufung bemühten – allgemeinen Sprachgebrauch eine Stütze und erscheint auch nicht plausibel. Ebenso wenig lässt sich unter diesen Umständen ein Instruktionsfehler daraus herleiten, dass die Höhe der „Aufbauhilfe“ in der Anleitung nicht mitgeteilt worden ist. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten der Klägerin, die als Anspruchsteller die Notwendigkeit einer bestimmten Instruktion darzulegen und zu beweisen hat (BGHZ 116, 60, 73; 80, 186, 198). Daran fehlt es.

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Ebenso wenig verhilft dem Rechtsmittel zum Erfolg, dass die Klägerin in der Berufungsinstanz die Klage auf das Vorliegen eines Konstruktionsfehlers stützt.

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Die Klägerin behauptet einen schadensursächlichen Konstruktionsfehler dergestalt, dass die Unterkante der Seitenwand durch Anbringen einer vor dem Einführen in die Führungsschiene abzuziehenden Schutzleiste hätte gesichert werden müssen. Die Beklagte rügt insoweit einen Verstoß gegen § 531 Abs. 2 ZPO und bestreitet, dass das Anbringen einer solchen Schutzleiste geeignet gewesen wäre, Verletzungen der in Rede stehenden Art zu verhindern, vielmehr berge gerade das Erfordernis, eine solche Schutzleiste unmittelbar vor dem Einführen der Seitenwand in die Führungsschiene entfernen zu müssen, ein Verletzungsrisiko in sich.

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Ein Konstruktionsfehler liegt vor, wenn das Produkt schon seiner Konzeption nach unter dem gebotenen Sicherheitsstandard bleibt (BGH, NJW 2009, 2952, m.w.N.). Zur Gewährleistung der erforderlichen Produktsicherheit hat der Hersteller bereits im Rahmen der Konzeption und Planung des Produkts diejenigen Maßnahmen zu treffen, die zur Vermeidung einer Gefahr objektiv erforderlich und nach objektiven Maßstäben zumutbar sind (BGH, a.a.O.; NJW 2009, 1669). Erforderlich sind diejenigen Sicherungsmaßnahmen, die nach dem im Zeitpunkt des Inverkehrbringens des Produkts vorhandenen neuesten Stand der Wissenschaft und Technik konstruktiv möglich sind und als geeignet und genügend erscheinen, um Schäden zu verhindern (BGH, a.a.O.; BGHZ 129, 353, 361; 104, 323, 326). Nicht erforderlich sind Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, welche die Benutzer, weil sie sich der bestehenden konkreten Gefahr bewusst sind, nicht für erforderlich halten (Palandt/Sprau, a.a.O., § 3 ProdHaftG, Rz. 8). Die Frage, ob eine Sicherungsmaßnahme nach objektiven Maßstäben zumutbar ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls beurteilen (BGH, a.a.O.).

31

Nach diesem Maßstab kann dem Berufungsvorbringen ein schadensursächlicher Konstruktionsfehler nicht schlüssig entnommen werden. Denn die Klägerin hat unter den Gegebenheiten des Streitfalles bereits nicht hinreichend substantiiert vorgetragen, dass die berechtigte Sicherheitserwartung der hier in Betracht kommenden Benutzergruppe (dazu BGH, NJW 2013, 1302, m.w.N.) die von ihr für notwendig angesehene Schutzmaßnahme erfordert, da – wie bereits im Zusammenhang mit der Erörterung eines Instruktionsfehlers aufgezeigt – schon aufgrund des erkennbar hohen Gewichts eine Verletzungsgefahr durch die untere Kante der verhältnismäßig dünnen Stahlwand nahegelegen hat und ein entsprechendes Gefahrenbewusstsein aus objektiver Sicht auch bei dieser Benutzergruppe vorausgesetzt werden kann. Ebenso wenig kann dem Berufungsvorbringen substantiiert entnommen werden, dass damit ein ins Gewicht fallender Sicherheitsgewinn hätte erzielt werden können, was die Beklagte mit vom Senat für durchaus plausibel erachteten Erwägungen bestreitet. Auch rechtfertigt es nicht bereits die Annahme eines Konstruktionsfehlers, dass die Beklagte das Poolset zwischenzeitlich in einer geänderten Ausführung der Seitenwand – nämlich einer Wellenstruktur mit gefalztem Rand – vertreibt. Unabhängig davon, dass die Beklagte vorgetragen hat, dies sei allein auf einen Herstellerwechsel zurückzuführen und nur erforderlich, weil eine dünnere Stahlwand verwendet werde, die nur hierdurch die erforderliche Festigkeit gegen den von innen wirkenden Wasserdruck des gefüllten Bassins erhalte, ist die geänderte Ausführung nach dem in § 3 Abs. 2 ProdHaftG niedergelegten Rechtsgrundsatz jedenfalls kein Beweis für die Fehlerhaftigkeit des früher in Verkehr gebrachten Produkts. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob die jetzige Konstruktion – wie die Klägerin meint – besser als die Vorhergehende ist. Denn der Schluss allein aus der Tatsache der späteren Verbesserung auf die frühere Fehlerhaftigkeit der Konstruktion ist unzulässig (OLG Düsseldorf, ZfSch 2010, 433; Palandt/Sprau, a.a.O., § 3 ProdHaftG, Rz. 15). Die mangelnde Darlegung eines Konstruktionsfehlers geht zu Lasten der auch insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin (Palandt/Sprau, a.a.O., § 823, Rz. 183, § 1 ProdHaftG, Rz. 25). Ob die Beklagte berechtigter Weise einen Verstoß gegen § 531 Abs. 2 ZPO rügt, muss bei dieser Sachlage nicht vertieft werden.

32

Ein Grund zur Haftung der Beklagten für den Schaden der Klägerin aus dem Gesichtspunkt der Produkthaftung liegt nach allem nicht vor.

33

Sonstige durchgreifende Anspruchsgrundlagen werden nicht aufgezeigt und sind auch nicht ersichtlich.

34

Dem Feststellungsantrag (Antrag Ziff 3.) muss bei dieser Sachlage ein Erfolg in der Sache ebenfalls versagt bleiben. Der Antrag ist zwar zulässig. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Klage auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz künftiger Schäden zulässig, wenn die Möglichkeit eines Schadenseintritts besteht. Ein Feststellungsinteresse (§ 256 Abs. 1 ZPO) ist nur zu verneinen, wenn aus der Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund gegeben ist, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (BGH, MDR 2007, 792; MDR 2001, 764; MDR 2001, 448). So liegt der Fall hier nicht. Denn die Klägerin hat dargelegt, dass infolge eines von ihr erlittenen Dauerschadens mit weiteren Operationen zu rechnen sei, was bereits die Annahme eines Feststellungsinteresses rechtfertigt. Der Feststellungsantrag ist jedoch nur begründet, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann. Das ist hier nicht der Fall, weil es aus den oben dargelegten Gründen bereits an einer Haftung der Beklagten dem Grunde nach fehlt.

35

Nach alldem hat das angefochtene Urteil Bestand.

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Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 97 Abs. 1 ZPO und auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

37

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern (§ 543 Abs. 2 Satz 1 i.V. mit Abs. 1 ZPO).

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