Zur Haftungsprivilegierung bei Gabelstaplerunfall während LKW-Beladung

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 15. September 2016 – 7 U 117/15

Zur Haftungsprivilegierung bei Gabelstaplerunfall während LKW-Beladung

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.06.2015 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die Beklagten wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Gründe

I.

Die Klägerin ist ein Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Sie nimmt die Beklagten aus übergegangenem Recht (§ 116 SGB X) aufgrund eines über sie versicherten Arbeitsunfalles des Zeugen B am 23.11.2011 in Anspruch. Dieser Arbeitsunfall fand auf dem Gelände der Beklagten zu 1. statt. An dem Unfall war der Beklagte zu 2. als Fahrer eines Gabelstaplers beteiligt.

Der Zeuge B. befand sich am 23.11.2011 als Lkw-Fahrer der Fa. S. auf dem Hafengelände, um Papierrollen zu laden. Gegen 16.15 Uhr fuhr er mit dem LKW auf das Hafengelände und wurde dort – nach entsprechender Anmeldung – eingewiesen, wo er die Ladung in Empfang nehmen sollte.

Nachdem er seinen Lkw gegen 16.30 Uhr abgestellt und sich mit dem Beklagten zu 2. dahingehend verständigt hatte, dass er noch die Türen des Aufliegers öffnen und die Ladefläche ordnen müsse, kam es – wobei die Einzelheiten streitig sind – zu dem hier streitgegenständlichen Unfall. Beim Rückwärtsfahren des von dem Beklagten zu 2. geführten Gabelstaplers geriet der rechte Unterschenkel des Zeugen B. zwischen das linke Rad der hinteren Lenkachse und das Kontergewicht des Gabelstaplers und wurde dort eingeklemmt. Dadurch erlitt der Zeuge eine Zwei-Etagen-Unterschenkel-Trümmerfraktur rechts sowie ein Kompartment-Syndrom am rechten Unterschenkel. Im Februar 2012 erlitt der Zeuge als unfallbedingte Folge noch einen Plattenbruch der Osteosynthese der rechten Tibia. Auf Basis einer MDE von 30 % erhält er mittlerweile eine Rente von rd. 500,00 € monatlich (Anl. K 7).

Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte zu 2. habe sich mit der aufzuladenden Papierrolle dem Lkw rückwärtsfahrend genähert, als der Zeuge B. gerade dabei gewesen sei, die rechte hintere Tür des Aufliegers zu öffnen. Bei Erreichen des Lkw’s habe der Beklagte zu 2. einen „Schlenker“ gemacht, um sodann vorwärtsfahrend den Lkw zu beladen. Im Zuge dieses „Schlenkers“ seien die Räder des Gabelstaplers ausgestellt gewesen, dadurch sei der Zeuge B. letztlich verletzt worden.

Hilfsweise hat sich die Klägerin die Darstellung des Zeugen im Rahmen seiner Vernehmung vor dem Landgericht zu eigen gemacht, wonach der Beklagte zu 2. den Gabelstapler neben dem Auflieger abgestellt gehabt habe und abgestiegen sei. Der Stapler sei dann führerlos und unbesetzt auf den Zeugen zugerollt und habe ihn verletzt.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ein Haftungsprivileg komme den Beklagten nicht zugute, insbesondere liege keine „gemeinsame Betriebsstätte“ i. S. v. § 106 Abs. 3 SGB VII vor.

Hilfsweise hat sie die Auffassung vertreten, ihr stünde jedenfalls ein Anspruch gem. § 110 SGB VII zu, denn der Beklagte zu 2. habe grob fahrlässig durch Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften die Verletzung des Zeugen B. verursacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 63.043,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 21.440,55 € ab dem16.06.2012, aus weiteren 20.658,41 € ab dem 08.08.2012, aus weiteren 5.126,26 ab dem 16.08.2012, aus weiteren 1.633,70 € ab dem 24.08.2012, aus weiteren 2.851,33 € ab dem 20.12.2012 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten Norbert B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, soweit die Schadenersatzansprüche ihres Versicherten gegen die Beklagten gem. § 116 SGB X auf sie übergegangen sind.

Hilfsweise

3. die Beklagten wie Gesamtschuldner haftend zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 63.043,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz aus 21.440,55 € ab dem 16.06.2012, aus weiteren 20.658,41 € ab dem 08.08.2012, aus weiteren 5.126,26 € ab dem 16.08.2012, aus weiteren 1.633,70 € ab dem 24.08.2012, aus weiteren 2.851,33 € ab dem 20.12.2012 und im Übrigen ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Den Beklagten zu 2. zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von weiteren 11.797,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % Punkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

5. Festzustellen, dass der Beklagte zu 2. verpflichtet ist, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs ihres Versicherten gegen den Beklagten zu 2., der bestehen würde, wenn der Beklagte zu 2. diesem gegenüber nicht nach §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegiert wäre und insoweit mit der Beklagten zu 1. wie ein Gesamtschuldner haftend, als die Beklagte zu 1. verpflichtet ist, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, soweit die Schadenersatzansprüche des Versicherten der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 gem. § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangen sind.

6. Festzustellen, dass die Beklagte zu .1 verpflichtet ist, ihr die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die ihr aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, soweit die Schadenersatzansprüche des Versicherten der Klägerin gegen die Beklagte zu .1 gem. § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangen sind und insoweit mit dem Beklagten zu 2. wie Gesamtschuldner haftend, als der Beklagte zu 2. verpflichtet ist, der Klägerin die weiteren Aufwendungen zu ersetzen, die der Klägerin aus Anlass des Unfalls ihres Versicherten B. vom 23.11.2011 entstanden sind und zukünftig entstehen, jedoch nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadenersatzanspruchs ihres Versicherten gegen den Beklagten zu 2, der bestehen würde, wenn der Beklagte zu 2. diesem gegenüber nicht nach §§ 104 ff. SGB VII haftungsprivilegiert wäre.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben schuldhaftes oder sogar grob fahrlässiges Verhalten des Beklagten zu 2. in Abrede gestellt und behauptet, der Zeuge B. sei – vom Auflieger weg – plötzlich in die Fahrbahn des Gabelstaplers hineingetreten. Darüber hinaus haben sie für sich die Haftungsprivilegierung aus § 106 Abs. 3 Fall 3 SGB VII in Anspruch genommen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf das angefochtene Urteil nebst darin enthaltener Verweisungen Bezug genommen.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage nach Anhörung des Beklagten zu 2. sowie Vernehmung von Zeugen abgewiesen.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, hinsichtlich des Beklagten zu 2. bestünden auf die Klägerin gem. § 116 SGB X übergegangene Ansprüche allein schon deswegen nicht, weil zwischen ihm und dem Zeugen B. eine gemeinsame Betriebsstätte gem. § 106 Abs. 3 SGB VII i. V. m. § 105 Abs. 1 SGB VII im Sinne der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorgelegen habe. Eine Haftung der Beklagten zu 1. aus § 831 BGB – der einzigen ernsthaft in Betracht kommenden deliktischen Anspruchsgrundlage – scheitere an § 840 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen der gestörten Gesamtschuld. Auch aus § 280 BGB hafte die Beklagte zu 1. nicht, weil das Geschehen, was zur Verletzung des Zeugen B. geführt habe, letztlich nicht habe aufgeklärt werden können.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlichen Anträge vollen Umfanges weiter.

Sie greift das angefochtene Urteil als rechtsfehlerhaft an unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens.

Die Beklagten tragen unter Verteidigung des angefochtenen Urteils auf Zurückweisung der Berufung an.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die im 2. Rechtszug gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat im Termin am 2.8.2016 ergänzend zur Aufklärung des Sachverhalts den Beklagten zu 2. persönlich gem. § 141 ZPO angehört.

II.

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Mangels übergangsfähiger materiellrechtlicher Ansprüche ihres Versicherten gegen die Beklagten kann die Klägerin keinen erfolgreichen Regress nehmen.

Auch der hilfsweise geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch steht der Klägerin nicht zu.

Dem Beklagten zu 2. kommt die Haftungsprivilegierung gem. § 106 Abs. 3 SGB VII zugute. Es greifen die sich aus §§ 104, 105 SGB VII ergebenden Haftungsbeschränkungen (u.a. Haftung nur für eine vorsätzlich Verursachung des Versicherungsfalls) für Unternehmer (§ 104) sowie andere im Betrieb tätige Personen (§ 105). Voraussetzung dafür ist, dass Versicherte mehrerer Unternehmen vorübergehend betriebliche Tätigkeiten auf einer „gemeinsamen Betriebsstätte“ verrichten.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, VI ZR 483/12, Urteil vom 23.09.2014, juris, Rn 18 m. w. N.) erfasst der Begriff der „gemeinsamen Betriebsstätte“ betriebliche Aktivitäten von Versicherten mehrerer Unternehmen, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinander greifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder unterstützen, wobei es ausreicht, dass die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Erforderlich ist aber ein bewusstes Miteinander im Betriebsablauf, das sich zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt. § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist nicht schon dann anwendbar, wenn Versicherte zweier Unternehmen auf derselben Betriebsstätte aufeinandertreffen. Eine „gemeinsame Betriebsstätte“ ist nach allgemeinem Verständnis mehr als „dieselbe Betriebsstätte“; das bloße Zusammentreffen von Risikosphären mehrerer Unternehmen erfüllt den Tatbestand der Norm nicht. Parallele Tätigkeiten, die sich beziehungslos nebeneinander vollziehen, genügen ebenso wenig wie eine bloße Arbeitsberührung. Erforderlich ist vielmehr eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigkeiten als solche in der konkreten Unfallsituation, die eine Bewertung als „gemeinsame“ Betriebsstätte rechtfertigt. Der Haftungsausschluss nach § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII ist (nur) im Hinblick auf die zwischen den Tätigenden verschiedener Unternehmen bestehende Gefahrengemeinschaft gerechtfertigt. Eine Gefahrengemeinschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass typischerweise jeder der (in enger Berührung mit anderen) Tätigen gleichermaßen zum Schädiger und Geschädigten werden kann. Der Haftungsausschluss knüpft daran an, dass eine gewisse Verbindung zwischen den Tätigen bei konkreten Arbeitsvorgängen in der konkreten Unfallsituation gegeben ist, die die „gemeinsame Betriebsstätte“ kennzeichnet.

Gemessen daran lag in der konkreten Unfallsituation eine „gemeinsame Betriebsstätte“ zwischen dem Versicherten der Klägerin, dem Zeugen B. und dem Beklagten zu 2. vor.

Bei dem – unstreitig in Absprache zwischen den Beteiligten – erfolgten Öffnen der Türen des Aufliegers durch den Zeugen B. und dem Freimachen der Ladefläche handelte es sich weder um bloße Vorbereitungshandlungen des Ladevorganges noch standen diese beziehungslos neben der Tätigkeit des Beklagten zu 2.

Vielmehr handelt es sich um arbeitsteilige „Aktivitäten“, die bewusst und gewollt bei der Beladung eines Lkw’s mit (tonnenschweren) Papierrollen ineinandergreifen. Dies gilt nicht nur für das Öffnen der Türen des Aufliegers – bei geschlossenen Türen wäre eine Beladung nicht möglich, alternativ hätte der Beklagte zu 2. die Türen öffnen müssen -, sondern auch für das Freimachen der Ladefläche. Denn die endgültige Beladung des Lkw vollzieht sich dergestalt – wie der Beklagte zu 2. in seiner ergänzenden Anhörung vor dem Senat anschaulich berichtet hat -, dass der Gabelstaplerfahrer die Papierrolle auf Schienen (sog. Joloda-Laufschienen System) ablegt, die sich auf dem Auflieger befinden. Mit Hilfe dieser Schienen schiebt dann der Lkw-Fahrer auf der Ladefläche die Rolle nach vorne bzw. an den für sie vorgesehenen Platz auf dem Auflieger und sichert die Rolle anschließend entsprechend gegen Wegrutschen. Dies stellt nach der unwidersprochenen Schilderung des Beklagten zu 2. eine generelle und übliche, arbeitsteilige Papierrollen-Beladung im Lübecker Hafen dar.

Die Tätigkeiten des Zeugen B. und des Beklagten zu 2. waren (unstreitig) zwischen ihnen abgesprochen, griffen mithin ineinander, und stellen sich deshalb als „bewusstes Miteinander“ im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dar.

Entgegen der Auffassung der Klägerin fehlt es auch nicht an der gegenseitigen Gefahrensituation, der sog. Gefahrengemeinschaft. Im Zuge des Beladevorganges konnte nicht nur – wie in concreto geschehen – der Zeuge B. Schaden nehmen. Vielmehr war auch der Beklagte zu 2. als Staplerfahrer gefährdet und hätte durch Fehler des in den Beladevorgang eingebundenen LKW-Fahrers zu Schaden kommen können, beispielhaft dann, wenn der Zeuge B. die Tür D des Lkw-Anhängers nicht ordnungsgemäß nach dem Öffnen befestigt hätte, sodass diese während des Beladevorganges zugeschlagen wären. Jedenfalls vermag der Senat nicht zu erkennen, dass im Zuge der aufeinander bezogenen Ladetätigkeiten der Beteiligten allein der Versicherte der Klägerin Gefahren ausgesetzt gewesen war.

Greift damit zugunsten des Beklagten zu 2. das Haftungsprivileg aus § 106 Abs. 3 Alt. 3 SGB VII, scheidet eine (mögliche) deliktische Haftung der Beklagten zu 1. – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – über § 840 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen über die gestörte Gesamtschuld aus. Auf einen etwaigen Entlastungsbeweis kommt es daher nicht an.

Vertragliche Schadensersatzansprüche gem. §§ 280, 278 BGB, die über § 116 SGB X auf die Klägerin übergegangen sein könnten, vermag der Senat von vornherein nicht zu erkennen.

Zwischen dem Versicherten der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestanden unstreitig keine vertraglichen Beziehungen, erst recht bestanden diese nicht zu dem Beklagten zu 2.

Soweit ersichtlich, war der Arbeitgeber des Versicherten der Klägerin Frachtführer i. S. v. § 407 HGB oder selbst eintretender Spediteur nach § 458 HGB, beauftragt entweder durch den Lieferanten oder den Käufer der Papierrolle. Die Beklagte zu 1. hingegen war Lagerhalter i. S. v. § 467 Abs. 1 HGB, wobei Einlagerer entweder der Veräußerer oder der Erwerber der Papierrolle war.

Insoweit liegen vertragliche Beziehungen, die im Sinne eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter Ersatzansprüche des Versicherten der Klägerin begründen und auf diese hätten übergehen können, nicht vor. Es fehlt außerdem an den Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Denn dass der Lieferant oder der Erwerber der Papierrolle ein Einbeziehungsinteresse hinsichtlich des abholenden Lkw-Fahrers in den Schutzbereich des zwischen ihm und der Beklagten zu 1. geschlossenen Vertrages haben sollte, dieses gar auch noch deutlich gemacht hätte, ist fernliegend und wird von der Klägerin auch gar nicht behauptet.

Durch das bloße Hineinfahren mit einem LKW auf das Betriebsgelände der Beklagten zu 1. wird noch kein Vertragsverhältnis begründet. Ein rein „faktisches Abholverhältnis“ jedenfalls vermag auf die Klägerin übergegangene vertragliche Schadensersatzansprüche, derer sie sich berühmt, nicht zu begründen.

Im Übrigen hat das Landgericht in zutreffender Würdigung der erhobenen Beweise ausgeführt, dass jedenfalls in Ermangelung der Aufklärbarkeit des Vorfalles dem Beklagten zu 2. der Vorwurf einer schuldhaften Pflichtverletzung nicht zu machen sei.

Daran scheitert auch der hilfsweise von der Klägerin geltend gemachte Aufwendungsersatzanspruch gem. § 110 Abs. 1 SGB VII, denn dieser würde eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Schadenverursachung durch den Beklagten zu 2. voraussetzen. Weder grobe Fahrlässigkeit noch gar Vorsatz des Beklagten zu 2. hat die Klägerin indes beweisen können. Auch die übrigen Hilfsanträge sind damit unbegründet.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 97 Abs. 1 und 708 Nr. 10 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Fall deckt sich mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung des VI. Zivilsenats zum Haftungsprivileg aus § 106 Abs. 3 SGB VII. Eine Abweichung zu BGH MDR 2011, 786 ff. (Entscheidung v. 10.5.2011) liegt nicht vor, weil es dort um einen anderen Sachverhalt ging (lediglich Bereitstellung von Ware zur Abholung durch den Käufer). Die Auffassung des Senats deckt sich außerdem mit anderen obergerichtlichen Entscheidungen zu Gabelstaplerunfällen beim Beladen eines LKW (OLG Hamm, Beschluss v. 2.11.2011, 9 W 37/11, NJW-Spezial 2012, 170; OLG Bremen, Urteil v. 21.11.2006, 3 U 55/06, OLGR Bremen 2007, 253-256).

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