Zur Haftung des Verfrachters wegen des Verlustes zweier Kran-Türme und eines Auslegers beim Transport als Decksladung und der Beschädigung des Frachtschiffs

LG Hamburg, Urteil vom 11. Oktober 2016 – 415 HKO 42/13

Zur Haftung des Verfrachters wegen des Verlustes zweier Kran-Türme und eines Auslegers beim Transport als Decksladung und der Beschädigung des Frachtschiffs

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 188.781,51 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.04.2013 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2. Die Widerklage wird abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 87 % und die Beklagte 13 %. Von den Kosten der Nebenintervention trägt die Klägerin 87 % und die Nebenintervenienten 13 %.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 2.385.247,00 € festgesetzt. Der Streitwert aus der Klage erhöht sich um den Betrag der Hilfsaufrechnung in Höhe von 65.728,78 Euro gemäß § 45 Abs. 3 GKG und wegen der Widerklage in Höhe von 76.644,82 Euro gemäß § 45 Abs. 1 GKG. Hinsichtlich der Widerklage ergibt sich der Wert aus der ursprünglichen Widerklage, die auf Feststellung einer Verpflichtung zur Freihaltung von Ansprüchen gerichtet war, die mit 95.806,02 Euro beziffert waren. Hiervon waren 20 % abzuziehen. Durch die Umstellung der Klage auf einen Zahlungsantrag ändert sich hieran nichts. Es handelt sich hierbei um eine Klageänderung, § 263 ZPO. Da der Wert der Feststellungsklage über dem Wert der Zahlungsklage lag, bleibt es bei dem ursprünglichen Wert.

Tatbestand
1
Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht Ansprüche wegen des Verlustes zweier Krantürme und eines Kranauslegers bei einem Seetransport von R. nach I., U., geltend, die Beklagte verlangt widerklagend von der Klägerin den Ersatz des Schadens, der den Nebenintervenientinnen durch eine unzureichende Sicherung der Ladung entstanden sei.

2
Die L.-W. N. GmbH (im Folgenden: L. N. GmbH) veräußerte 2009 zwei mobile Hafenkräne an einen Käufer in der U.. Sie stellte ihrem Käufer dafür jeweils 2.900.000,00 Euro in Rechnung (Anlagen K 1.1. und K 1.2).

3
Die Endmontage der beiden Kräne erfolgte in R. durch die L.-M. C. R. (im Folgenden: L. R.). Von dort aus sollten die Kräne in die U. verschifft werden.

4
Mit dem Transport beauftragte die L. N. GmbH die Beklagte zu einem Pauschalpreis von 192.500,00 Euro inklusive aller Nebenkosten. In dem Auftragsschreiben vom 16.11.2009 (Anlage K 2) heißt es weiter

5
„Lashing/securing/dunnage in R., sowie unlashing im Empfangshafen zu Lasten der Reederei“.

6
Außerdem heißt es in dem Schreiben:

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„Lediglich die Türme, die Auslegersektionen sowie der 20 ft Container dürfen an Deck verladen werden, der Rest der Ware muss unter Deck gestaut werden. Die Decksladung muss mit Ketten gesichert werden“.

8
Die Beklagte beauftragte mit der Durchführung des Transports die Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH, die ihrerseits die Nebenintervenientin A. C. T. C.V. mit der Durchführung des Transports beauftragt hat. Für den Transport wurde die M/S „A. Z.“ eingesetzt.

9
Die Verladung der Krane auf das M/S „A. Z.“ erfolgte durch die L. R. im Zusammenwirken mit der K. GmbH.

10
Am 16.12.2009 verluden Mitarbeiter der L. R. und der K. GmbH mit Hilfe von Umschlagkranen der L. R. GmbH die Krane auf die M/S „A. Z.“.

11
Das Verstauen und Sichern der Ladung im Einzelnen ist zwischen den Parteien streitig.

12
Unstreitig wurden die beiden Krantürme und die Ausleger an Deck auf Holzunterkonstruktionen der K. GmbH verstaut und mit Ketten gesichert. Dabei hat die K. GmbH die Holzböcke an Deck des Schiffes angefertigt und Holzkeile zwischen die Holzböcke und die Ladung eingefügt. Die Ketten haben Mitglieder der Crew angelegt; Zurrpunkte waren dabei an den Türmen nicht gekennzeichnet.

13
Am 17. Dezember 2009 trat die M/S „A. Z.“ ihre Fahrt an. Am 24. Dezember 2009 teilte die Beklagte mit, dass das Schiff die beiden Türme und den Ausleger bei schwerer See verloren habe. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2009 hielt die L. N. GmbH die Beklagte haftbar.

14
Das Schiff kehrte von C. nach R. zurück und übernahm dort als Ersatz zwei neue Krantürme und einen neuen Kranausleger.

15
Zwei Monate zuvor hatte die L. N. GmbH die Beklagte mit dem Transport eines Hafenmobilkranes von R. in die T. beauftragt. Jener Kran wurde mit der „A. C.“ verschifft; Komponenten des Krans wurde an Deck auf Stauholz der K. GmbH gestaut und mit Ketten gesichert. Bei schwerem Wetter in der Deutschen Bucht wurden Turm und Ausleger beschädigt. Dieser Transportschaden war Gegenstand des Verfahrens vor dem Landgericht Hamburg zum Aktenzeichen 419 HKO 89/10 = Hanseatisches Oberlandgericht 6 U 24/13.

16
Die Klägerin macht nunmehr gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Ersatzlieferung in Höhe von 2.030.338,96 Euro sowie weiterer Kosten zur Schadensabwicklung geltend.

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Sie macht geltend, dass sie aktivlegitimiert sei. Zum einen seien ihr sämtliche Schadensunterlagen überlassen worden. Darin liege eine konkludente Forderungsabtretung. Zum anderen habe die L. N. GmbH sämtliche Forderungen aus dem Schadensereignis abgetreten, und zwar auch die, die ihr selbst von der Empfängerin abgetreten worden seien (Anlage K 6).

18
Verjährung sei schon deshalb nicht eingetreten, weil die Verjährungsfrist bis zum 15.4.2013 verlängert worden sei.

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Im Übrigen trägt sie vor, dass die Beklagte für den Schaden hafte, der durch den Verlust der Türme und des Auslegers entstanden sei.

20
Ihr gegenüber sei die Beklagte zum Lashing/Securing/Dunning verpflichtet gewesen. Allein maßgeblich sei der Transportauftrag zwischen ihr und der Beklagten. Auf das Konnossement gemäß Anlage B 1 könne sich die Beklagte ihr gegenüber nicht berufen. Die Formulierung „Lashing/securing/dunnage in R., …, zu Lasten der Reederei“ sei im Zusammenhang mit der Abrede „fios“ zu sehen. Da die L. R. GmbH über eigene Kräne zur Verladung auf Schiffe verfügt habe, sei vereinbart worden, dass das Einladen, Stauen und Ausladen von der Klägerin auf ihre Kosten zu besorgen gewesen sei. Diese Verpflichtung sei wiederum dadurch eingeschränkt worden, dass das lashing/securing/dunning der Beklagten obliege und die Kosten hierfür in der Frachtrate enthalten seien. Dementsprechend habe die Beklagte die Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH nicht nur zum lashing/securing/dunning verpflichtet, sondern sogar zum kompletten Verladen der Güter.

21
Das Verladen und Stauen auf dem Seeschiff sei ordnungsgemäß durch die L. R. GmbH und die K. GmbH vorgenommen worden. Das zum Einsatz gebrachte Stauholz sei dabei geeignet und nicht von minderer Qualität gewesen.

22
Anders als die Beklagte vortrage, sei die K. GmbH nicht mit der Sicherung der Ladung beauftragt worden, und sei hierfür auch nicht vergütet worden (Anlage K 11). Erst mit der Sicherung der Ersatzlieferung sei die K. GmbH beauftragt worden, die dabei die notwendigen Lehren aus dem Vorfall gezogen und die Krantürme mit zusätzlichen Stahlwinkeln und T-Profilen sowie speziellen Laschketten gesichert habe.

23
Das Lashing/securing/dunnaging der ursprünglichen Ladung sei unter Leitung des S. K. durch Erfüllungsgehilfen der Beklagten, d.h. durch die Schiffsbesatzung, vorgenommen worden.

24
Zu dem Ladungsverlust sei es durch Mängel der Sicherung gekommen. Die Krantürme hätten – wie später bei der Ersatzlieferung geschehen – mit Stahlwinkeln und T-Profilen gesichert werden müssen und anstelle der ungeeigneten Laschketten hätten spezielle Laschketten verwendet werden müssen. Dass die Krantürme nicht über Zurrpunkte verfügten, entlaste die Beklagte nicht, da sie Laschringe und Kettenhaken hätte einsetzen müssen.

25
Auf eine Haftungsbegrenzung könne sich die Beklagte nicht berufen, da der Verlust der Güter auf einem qualifizierten Verschulden der Organe der Beklagten beruhe. Ursache für den Verlust der Güter sei deren mangelhafte Sicherung gewesen. Dies allein spreche für ein grobes Organisationsverschulden. Hinzu komme, dass es bereits zwei Monate zuvor zu einem großen Schaden bei einem Seetransport aufgrund einer mangelhaften Ladungssicherung gekommen sei.

26
Durch den Ladungsverlust sei es zu einem Schaden in Höhe von 2.030.338,96 Euro durch die Erforderlichkeit einer Ersatzlieferung gekommen (Anlage K 3). Hinzu kämen die Kosten für die Verladung der Ersatzlieferung in Höhe von 7.708,92 Euro, für die Rückholung des Schiffes in Höhe von 192.000,00 Euro und die Sachverständigenkosten in Höhe von 12.825,52 Euro.

27
Die von der Beklagten erhobene Widerklage sei unbegründet. Für Schäden durch eine mangelhafte Sicherung der Ladung sei sie nicht verantwortlich. Es sei auch nicht ersichtlich, welche Pflichten ihre Versicherungsnehmerin gegenüber den Beklagten verletzt haben solle. Die behaupteten Schäden an dem Schiff würden im Übrigen ebenso wie die von der Beklagten geltend gemachten Kosten bestritten. Sämtlicher Sachvortrag der Beklagten hierzu werde bestritten. Zudem sei bei einer Reparatur des Schiffes ein Abzug alt für neu vorzunehmen. Schließlich seien etwaige Ansprüche auch verjährt.

28
Die Klägerin beantragt,

29
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 2.242.873,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

30
Die Beklagte und die Nebenintervenientinnen beantragen,

31
die Klage abzuweisen.

32
Die Beklagte hat zunächst widerklagend beantragt,

33
festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, die Beklagte von sämtlichen Ansprüchen der Nebenintervenientinnen aus dem streitgegenständlichen Schadensereignis freizustellen.

34
Mit Schriftsatz vom 2. Dezember 2015 macht die Beklagte nunmehr einen Zahlungsanspruch geltend und beantragt,

35
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 65.728,78 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszins seit dem 3. Juni 2013 zu bezahlen.

36
Die Nebenintervenientinnen schließen sich dem Antrag an.

37
Die Klägerin beantragt,

38
die Widerklage abzuweisen.

39
Die Beklagte bestreitet die Aktivlegitimation der Klägerin; der Übergang von Ansprüchen an die Klägerin werde mit Nichtwissen bestritten. Nach der vorgelegten Entschädigungsquittung (Anlage K 8) seien zudem nur 1.623.720,30 Euro gezahlt worden.

40
Sie erhebt die Einrede der Verjährung.

41
Sie macht schließlich geltend, dass ein Anspruch auch materiell-rechtlich nicht bestehe, da sie für den streitgegenständlichen Schaden nicht verantwortlich sei.

42
Sie habe die Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH nicht im eigenen Namen beauftragt, sondern im Namen und in Vollmacht der L. N. GmbH. Demgemäß werde auch die L. N. GmbH im Konnossement (Anlage B 1) als „Shipper“ aufgeführt.

43
Außerdem sei sie zur Stauung und Laschung auf dem Seeschiff ohnehin nicht verpflichtet gewesen, wie sich aus dem erteilten Auftrag eindeutig ergebe, wenn es dort heiße, dass „lashing/securing/dunnage“ zu Lasten der Reederei gehe. Sie selbst sei lediglich von der L. N. GmbH angewiesen worden, die Nebenintervenientin entsprechend zu beauftragen.

44
Sie sei demgemäß mit der Verladung, Stauung und Ladungssicherung nicht befasst gewesen.

45
Die Verladung und Ladungssicherung sei durch die L. N. GmbH und ihre Subunternehmerin selbst, in deren Anwesenheit, auf deren Weisungen und mit deren Abnahme durchgeführt worden. Dabei sei die Berechnung der Lastenverteilung und die Vorgabe der Stauplätze auf dem Deck durch die L. N. GmbH erfolgt. Dies ergebe sich auch aus dem „Loading report“ des Supercargos der Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH (Anlage B 2) und dem Bericht des 1. Offiziers der Nebenintervenientin A. C. T. C.V. (Anlage B 3). Die Schiffsbesatzung habe lediglich als Hilfspersonen agiert. Das Stauholz sei zuvor von der K. GmbH geliefert und an den von der L. N. GmbH vorgesehenen Stellen an Deck positioniert worden.

46
Die von der L. N. GmbH vorgegebene und ihr selbst durchgeführte Sicherung mittels Ketten sei im Übrigen auch ordnungsgemäß und zureichend erfolgt, was hilfsweise geltend gemacht werde (Anlagen B 6 bis B 9).

47
Ursache für den Verlust der Ladung sei nicht etwa eine mangelhafte Sicherung der Ladung gewesen, sondern das von der K. GmbH gelieferte Stauholz, bei dem es sich um Weichholz gehandelt habe, das für den Transport nicht geeignet gewesen sei. Das Stauholz sei zudem unzureichend dimensioniert und mangelhaft montiert. Es habe eine viel zu geringe Auflagenfläche für das Transportgut gehabt (Anlagen B 10 bis B 12).

48
Schließlich hätten die Güter über keine zureichenden Zurr- und Laschpunkte verfügt und sie seien nicht gekennzeichnet gewesen, wo die Ketten anzubringen gewesen seien.

49
Bei der Ersatzlieferung sei die Ladung und Sicherung auch ganz anders erfolgt. Es sei Hartholz verwandt worden und die Ladungssicherung sei zusätzlich mit verschweißten Stahlwinkeln und T-Profilen und speziellen Laschketten erfolgt.

50
Die Beklagte beruft sich schließlich auf einen Haftungsausschluss aus dem Konnossement (Anlage B 1) und darauf, dass sich eine Seegefahr verwirklicht habe. Es habe außergewöhnlich schweres Wetter mit Windstärken von Bft. 10 und mehr sowie extrem hohen Kreuzseen geherrscht.

51
In jedem Fall sei die Haftung auf 320.000,00 Euro beschränkt, da jedenfalls qualifiziertes Verschulden nicht vorliege.

52
Die Höhe des geltend gemachten Schadens werde insgesamt bestritten. Insbesondere könne die Klägerin nicht den Verkaufspreis als Schaden geltend machen, sondern allenfalls die Herstellungskosten.

53
Da die Klägerin die mangelhafte Verladung, Stauung und Sicherung der Güter auf dem Seeschiff der Nebenintervenientin A. C. T. B.V. zu verantworten habe, habe die Klägerin für in dem Seeschiff eingetretenen Schäden einzustehen. Die Nebenintervenientin habe ihre Ansprüche nunmehr auf insgesamt 56.976,78 Euro beziffert, nachdem von der Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH zunächst Ansprüche in Höhe von 95.806,02 Euro in den Raum gestellt worden seien (Anlagen B 16).

54
Der Nebenintervenientin A. C. T. C.V. seien durch die unzureichende Sicherung der Ladung Schäden an dem Schiff entstanden, die in dem Sachverständigengutachten vom 14.4.2010 (Anlage B 7)) und mit den Fotographien gemäß Anlage Ni2 2 dokumentiert sei.

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Für die Reparatur des Schiffes seien die folgenden Kosten angefallen:

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Außerdem seien der Nebenintervenientin Kosten durch das Anlaufen des Nothafens C. entstanden, und zwar in folgender Höhe:

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Außerdem seien der Nebenintervenientin im Zusammenhang mit den unfallbedingten Abweichungen bei der Aushändigung der verbliebenen Ladung Kosten für Agenturdienstleistungen in Höhe von insgesamt 330,51 Euro entstanden.

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Der Nebenintervenientin M. L.-L. GmbH seien für die erneute Stauung und das Löschen der restlichen Kranpartien in C. zudem Kosten in Höhe von 8.750,00 Euro entstanden.

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Alle geltend gemachten Kosten seien durch den Ladungsverlust entstanden und dieser wiederum durch eine von der Klägerin zu vertretenden unzureichenden Sicherung der Ladung.

62
Hilfsweise werde mit dem Betrag die Aufrechnung gegen die Klageforderung erklärt.

63
Unabhängig davon, ob sie selbst die Forderungen der Nebenintervenientin ausgeglichen habe, könne sie den Schaden im Wege der Drittschadensliquidation geltend mache. Die Forderungen seien auch nicht verjährt, da Einredeverzichte ausgesprochen worden seien und im Übrigen die Verjährung durch Verhandlung gehemmt worden sei.

64
Zum weiteren Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

65
Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens gemäß Beweisbeschluss vom 30. Oktober 2014, Bl. 150 d.A. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Kr. vom 4. März 2015 (Bl. 180 d.A.) und die Erläuterung in mündlicher Verhandlung am 1.9.2015 Bezug genommen (Bl. 281 d.A.).

Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig und in Höhe von 188.781,51 Euro auch begründet; die Widerklage ist unbegründet.

I.

67
Die Klägerin hat wegen des Verlustes zweier Türme und eines Auslegers der zu transportierenden Hafenmobilkräne einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte aus übergegangenem Recht. Die Klägerin hat durch Vorlagen der Anlagen K 6 bis K 9 ihre Aktivlegitimation hinsichtlich der geltend gemachten Forderung aus dem Verlust der Kranteile hinreichend dargetan; dem ist die Beklagte nicht ausreichend entgegen getreten.

68
Gemäß § 606 Satz 2 HGB haftet der Verfrachter – die Beklagte – für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung der Güter in der Zeit von der Annahme bis zur Ablieferung entsteht, es sei denn, der Verlust oder die Beschädigung beruht auf Umständen, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten. Ein Verschulden seiner Leute hat der Verfrachter nach § 607 Abs. 1 HGB in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Im vorliegenden Fall ist der Schaden unstreitig während der Obhutszeit der Beklagten eingetreten, nämlich auf der Fahrt von R. nach I./ U. in der Bucht von Biskaya.

69
Auf einen vertraglichen Ausschluss der Haftung oder einen gesetzlichen Haftungsausschluss nach § 608 Nr. 5 HGB a.F. kann sich die Beklagte ebensowenig berufen wie darauf, dass der Verlust auf Umständen beruht, die durch die Sorgfalt eines ordentlichen Verfrachters nicht abgewendet werden konnten.

70
Aufgrund der überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Kr. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Ladungsverlust zwei gleichwertige Ursachen hatte: Zum einen waren die Kransegmente auf den Holzböcken nicht fachgerecht verstaut; zum andere war die Ladung an Deck nicht fachgerecht gesichert worden.

71
Der Sachverständige Kr. hat in seinem Gutachten und bei seiner Anhörung ausgeführt, dass es zwar nicht grundsätzlich falsch gewesen sei, die Ladung mit Ketten zu sichern. Die Ketten dürften dabei jedoch nicht über Kanten und Rundungen geführt werden, jedenfalls wenn – wie vorliegend – Langgliedketten verwandt würden. Auch müsse es sowohl an der Ladung als auch an Deck Zurrpunkte geben und es hätten Spannschrauben und nicht Kettenspanner eingesetzt werden müssen. Durch die Schiffsbewegungen und Vibrationen setze sich die Ladung automatisch mit der Folge, dass die Zurrungen „Lose“ bekämen und nachgespannt werden müssen. Bei schwerem Wetter, mit dem auf der Reise zu rechnen gewesen sei, sei die hier erfolgte Verwendung von Kettenspannern nicht angezeigt, weil zum Nachzurren die Kettenspanner zunächst gelöst und dann nachgesetzt und wiedergespannt werden müssten, was jedes Mal das gesamte Zurrsystem schwäche, zudem führe dies gerade bei schlechtem Wetter zu einer Gefährdung von Mannschaft und Ladung. Wenn es an der Ladung keine Zurrpunkte gebe, so müsse auf andere Weise – durch Anlegen von Gurten mit so genannten Augen – ein gerader Zug der Ketten erreicht werden. Hinsichtlich der Auslegerspitze hat der Sachverständige darüber hinausgehend ausgeführt, dass sie nur an dem oberen Längsholm gelascht gewesen sei, so dass es zur einer relativen Beweglichkeit des Auslegers habe kommen können. Nach den Ausführungen des Sachverständigen war die Sicherung der Decksladung somit unter verschiedenen Aspekten nicht fachgerecht vorgenommen worden.

72
Der Sachverständige hat indessen auch ausgeführt, dass die Auflager für die Kransegmente ebenfalls nicht fachgerecht ausgeführt worden seien. Die Holzböcke müssten durch Winkeleisen und Verschwertung und gegen ein Verrutschen gesichert werden. Auf die Ausführungen des Sachverständigen in seiner mündlichen Anhörung am 1.9.2015 und die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten insbesondere auf S.11 f wird Bezug genommen.

73
Insgesamt ist der Sachverständige zu dem überzeugenden Schluss gelangt, dass die gesamte Sicherung des Mittelteils – des Auslegers – mangelhaft gewesen sei und den Prozess in Gang gesetzt habe, der schließlich zum Verlust der Ladung geführt habe. Dabei seien die mangelhaften Unterbauten ebenso schadensursächlich gewesen wie die mangelhafte Sicherung mittels der Zurrungen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, hätte die mangelhafte Zurrung nicht durch einen fachgerechten Unterbau und ein mangelhafter Unterbau nicht durch eine fachgerechte Zurrung ausgeglichen werden können, so dass sich an dem Geschehensablauf nichts geändert hätte, wenn die Zurrung oder der Unterbau fachgerecht gewesen wäre.

74
Dass es unabhängig von der Zurrung und dem Unterbau wegen des schweren Wetters zu einem Ladungsverlust gekommen wäre, konnte der Sachverständige nicht feststellen. Es hat vielmehr ausgeführt, dass die Sicherung auf schlechtes Wetter ausgerichtet sein müsse und diesem auch standhalten müsse.

75
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat somit sowohl ein Verschulden des Verfrachters bzw. seiner Leute im Sinne des § 607 Abs. 1 HGB a.F. als auch ein Verschulden des Befrachters bzw. seiner Vertreter im Sinne des § 608 Nr. 5 HGB a.F. zu dem – trotz des Wetters vermeidbaren – Ladungsverlust geführt.

76
Die Sicherung der Ladung an Deck war gegenüber der Klägerin von der Beklagten geschuldet. Nach dem Wortlaut des Auftrages vom 16.11.2009 war zwar Basis des Vertrages die Klausel „fios“, die besagt, dass der Befrachter u.a. auch für das Laden und Stauen der Güter verantwortlich ist. Es heißt andererseits aber ausdrücklich, dass das „lsd“ – lashing, securing, dunning – durch die Schiffsbesatzung erfolgen sollte. Damit wird die „fios-Klausel“ wiederum dahingehend eingeschränkt, dass das Sichern der Ladung nicht durch den Befrachter erfolgen sollte. Dass diese Einschränkung auch von der Beklagten so verstanden worden ist, dass das Sichern der Ladung trotz der Formulierung im Text „zu lasten der Reederei“ dem Pflichtenkreis des Verfrachters gehören sollte, ergibt sich daraus, dass die Beklagte, die den Transport nicht selbst ausgeführt hat, sondern die Nebenintervenientin zu 1) hiermit beauftragt hat, die Verpflichtung zur Laschung/Sicherung der Decksladung mit Ketten an ihre Subunternehmern weitergegeben hat. Dabei hat sie den Auftrag, wie sich aus der Anlage K 10 ergibt, im eigenen Namen erteilt und nicht etwa als Vertreter im Namen der Versicherungsnehmerin der Klägerin. Die Beklagte war somit von der Pflicht zur Sicherung nicht vertraglich befreit, sondern haftet für die nicht fachgerechte Zurrung. Dass die Klägerin oder von ihr beauftragte Vertreter über die Anweisung der Verwendung von Ketten hinausgehende, konkrete Anweisungen zur Art der Zurrung gegeben haben, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.

77
Der Holzunterbau, auf dem die Kransegmente an Deck gelagert wurden, war demgegenüber unstreitig nicht von der Beklagten geschuldet und angefertigt, sondern von der K. GmbH. Da nach den Ausführungen des Sachverständigen auch dieser Holzunterbau nicht fachgerecht ausgeführt und schadensursächlich war, ist auch der Tatbestand des § 608 Nr. 5 HGB a.F. erfüllt.

78
Trifft die Haftung aus § 606 Satz 2 HGB a.F. mit einem Nichthaften des Verfrachters aus § 608 Absatz 1 Nr. 5 HGB a.F. so ist nach einer Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg vom 15.10.1992 der Rechtsgedanke des § 254 BGB heranzuziehen (VersR 1993, 111 ff; im Ergebnis zustimmend: Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 606 Rdn. 44 ff). Die Kammer schließt sich dieser Entscheidung an. Vorliegend führt die danach erforderliche Abwägung der Umstände zu einer hälftigen Schadensteilung, da die Schadensursachen nach den Ausführungen des Sachverständigen Kr. gleichwertig sind.

79
Der Umfang des von der Beklagten gemäß § 606 Satz 2 HGB zu leistenden Schadensersatzes bestimmt sich dabei nach § 249 BGB (BGH, Urteil vom 18. Juni 2009 – I ZR 140/06, BGHZ 181, 292 Rn. 28; Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl., § 606 HGB Rn. 44). Dementsprechend ist die Beklagte grundsätzlich zum Ersatz des der Versicherungsnehmerin aufgrund des Verlustes der Kräne entstandenen Schadens verpflichtet.

80
Der gemäß § 249 BGB zu berechnende Schadensersatz wird allerdings, wenn kein qualifiziertes Verschulden nach § 660 Abs. 3 HGB vorliegt, durch die Regelungen in § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB begrenzt. Nach dieser Vorschrift haftet der Verfrachter höchstens bis zu einem Betrag von 666,67 Rechnungseinheiten pro Frachtstück oder bis zu einem Betrag von zwei Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des abhandengekommenen Gutes, je nach dem, welcher Betrag höher ist. Gemäß § 660 Abs. 1 Satz 2 HGB ist die in Satz 1 genannte Rechnungseinheit das Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds. Der danach zu leistende Ersatz ist gemäß § 660 Abs. 1 Satz 3 HGB in Euro entsprechend dem Wert am Tag des Urteils über den Betrag der Haftung umzurechnen.

81
Die Haftungshöchstsumme nach dieser Regelung ist nach dem unbestritten gebliebenen Vorbringen der Klägerin auf 336.000 SZR (zwei Rechnungseinheiten mal 163.000 Kilogramm) beschränkt. Bei einer hälftigen Schadensteilung hat die Klägerin gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 168.000 SZR entsprechend dem Wert am 11.Oktober 2016 = 1,24595 Euro = 209.319,60 Euro.

82
Nach nochmaliger Prüfung meint die Kammer nicht, dass sich die Quotelung auf den tatsächlich eingetretenen Schaden zu beziehen hat, so dass in Fällen, in denen eine Quotelung des tatsächlich entstandenen Schadens zu einem Betrag führen würde, der über dem Haftungshöchstbetrag nach § 660 HGB liegt, in jedem Fall dieser Haftungshöchstbetrag zu zahlen wäre. Bei der Schadensteilung bei einem Zusammentreffen zwischen einer Haftung aus § 606 Satz 2 HGB a.F. mit einem Nichthaften des Verfrachters über § 608 Abs. 1 HGB a.F. handelt es sich nämlich nicht um eine unmittelbare Anwendung des § 254 BGB, weil den Befrachter ein Mitverschulden an dem Eintritt des Schadens trifft, sondern um einen Ausgleich bei einem Zusammentreffen zwischen Haftung und Nichthaftung in entsprechender Anwendung des § 254 BGB. Auch die von der Klägerin zitierten Entscheidungen befassen sich nicht mit Sachverhalten, bei denen eine Haftung des Frachtführers mit dem Tatbestand eines Haftungsausschlusses zusammentrifft, sondern mit Fällen, in denen der Frachtführer zwar haftet, ohne dass ein Haftungsausschlussgrund vorliegt, dem Versender aber ungeachtet dessen ein Mitverschulden zur Last zu legen ist.

83
Der Beklagten ist es auch nicht nach § 660 Absatz 3 HGB a.F. verwehrt, sich auf die Haftungsbegrenzung gemäß § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB zu berufen, weil der durch den Verlust des Transportguts eingetretene Schaden auf ein qualifiziertes Verschulden der Beklagten zurückzuführen ist.

84
Gemäß § 660 Abs. 3 HGB verliert der Verfrachter sein Recht auf Haftungsbeschränkung nach Absatz 1, wenn der Schaden auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die der Verfrachter in der Absicht, einen Schaden herbeizuführen oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde. Entsprechend dem Wortlaut des § 660 Abs. 3 HGB, in dem nur vom „Verfrachter“ und nicht auch – wie etwa in § 435 HGB – von den in § 428 HGB genannten Personen die Rede ist, führt nur ein qualifiziertes Verschulden des Verfrachters selbst zum Wegfall der Haftungsbeschränkung nach § 660 Abs. 1 HGB. Die Vorschrift des § 607 Abs. 1 HGB findet im Rahmen von § 660 Abs. 3 HGB keine Anwendung (BGHZ 181, 292 Rn. 34 ff.; ebenso: Rabe aaO § 660 HGB Rdn. 26). Handelt es sich bei dem in Anspruch genommenen Verfrachter um eine juristische Person oder um eine Kapitalgesellschaft, erfordert der Verlust des Rechts auf Haftungsbeschränkungen ein qualifiziertes Verschulden der Organe des Anspruchsgegners.

85
Die Voraussetzungen für den Wegfall der Haftungsbegrenzung hat die Klägerin darzulegen und gegebenenfalls auch zu beweisen; sie trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Verfrachter vorsätzlich oder leichtfertig und in dem Bewusstsein gehandelt hat, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird. Dieser Darlegungslast hat die Klägerin nicht Genüge getan; sie hat nicht hinreichend dargetan, dass eine Leichtfertigung der Organe der Beklagte vorlag.

86
Zwar kann es für ein grobes Organisationsverschulden sprechen, wenn ein Schiff mit einer unzureichend gesicherten Ladung den Hafen verlässt, so dass es Sache der Beklagten wäre vorzutragen, welche Maßnahmen sie ergriffen hat, um eine Gefährdung des Gutes durch unzureichende Sicherung zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juli 2009 – I ZR 212/06 –, Rn. 40, juris). In dem vorliegenden Fall meint die Kammer allerdings, dass allein der Umstand eines Ladungsverlustes aufgrund einer unzureichenden Zurrung den Vorwurf von Leichtfertigkeit nicht zu begründen vermag. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin vor dem streitgegenständlichen Transport schon häufiger Fahrten vorgenommen wurden, bei denen die Ladung nicht grundsätzlich anders gesichert worden war, ohne dass es zu einem Schadenseintritt gekommen war (vgl. zu diesem Aspekt auch BGH a.a.O.).

87
Soweit die Klägerin geltend macht, dass sich aus dem Umstand, dass es kurz vor dem streitgegenständlichen Transport bei einem anderen Transport zu einer Beschädigung der Ladung gekommen sei, wäre zur Begründung einer Leichtfertigkeit in Bezug auf den Folgetransport von der Klägerin darzulegen gewesen, welche Schlussfolgerungen die Beklagte aus diesem Schadensfall gerade im Hinblick auf die Sicherung der Ladung an Deck für den folgenden Transport hätte ziehen müssen. Dass die Sicherung der Ladung mittels Ketten möglicherweise jedenfalls in der vorgenommenen Weise nicht fachgerecht sein könnte, ergibt sich zwar ex post aus dem im Parallelverfahren eingeholten Gutachten. Dass die Beklagte dies schon zum Zeitpunkt des zweiten Transportes hätte wissen müssen, ergibt sich daraus jedoch nicht. Zudem hat sich – wiederum ex post – ergeben, dass eine nicht fachgerechte Zurrung bei dem vorangegangenen Transport nicht schadensursächlich war. Eine Leichtfertigkeit, die einen besonders schweren Pflichtenverstoß voraussetzt, bei dem sich der Frachtführer in krasser Weise über die Sicherheitsinteressen des Vertragspartners hinwegsetzen muss, lässt sich allein daraus, dass die Beklagte keine Konsequenzen aus dem vorangegangene Transport gezogen hat, daher nicht herleiten.

88
Der Anspruch ist auch nicht verjährt. Die Beklagte hat nicht hinreichend bestritten, dass sie einen Verzicht auf die Erhebung der Einrede bis zum 15.4.2013 erklärt habe.

89
Die Klägerin hat daher nach allem einen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 168.000 SZR entsprechend dem Wert am 11.Oktober 2016 = 1,24595 Euro = 209.319,60 Euro.

90
Der Anspruch auf Zinsen ergibt sich aus §§ 288, 291 BGB.

II.

91
Der Anspruch der Klägerin ist in Höhe von 20.538,09 Euro durch Aufrechnung gemäß § 389 BGB erloschen.

92
Die Versicherungsnehmerin der Klägerin und die Beklagte verbindet ein Seefrachtvertrag, der neben den im Gegenseitigkeitsverhältnis stehenden Hauptleistungspflichten auch die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter des jeweils anderen Teils nach § 241 Abs. 2 BGB begründet. Übernimmt – wie jedenfalls teilweise hier – der Befrachter das Laden, Stauen und Löschen, so hat er dabei auf die Rechtsgüter seines Vertragspartners Rücksicht zu nehmen. Beschädigt er bei der Ladung das Eigentum seines Vertragspartners so macht er sich schadensersatzpflichtig nach §§ 280, 281, 241 Abs. 2 BGB. Da es sich um einen vertraglichen Anspruch handelt, haftet der Befrachter für die von ihm eingesetzten Hilfspersonen nach § 278 BGB. Wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt, sind die Holzaufleger, auf denen die Kranteile auf Deck gelagert worden, von der Firma K. GmbH, die insoweit als Erfüllungsgehilfe für die Versicherungsnehmerin der Klägerin tätig geworden ist, nicht fachgerecht hergestellt worden (s.o.). Das Verschulden wird gemäß § 280 Abs. 1 BGB vermutet.

93
Durch diese schuldhafte Pflichtverletzung ist indessen nicht der Beklagten, sondern allenfalls den Nebenintervenientinnen ein Schaden entstanden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte gegenüber den Nebenintervenientinnen zum Schadensersatz wegen der nicht fachgerecht gefertigten Holzaufleger verpflichtet sein könnte. Die Firma K. GmbH ist nicht als Erfüllungsgehilfe der Beklagten tätig geworden, sondern als Erfüllungsgehilfe der Klägerin (s.o.).

94
Die Beklagte kann den Schaden, der den Nebenintervenientinnen durch die der Klägerin nach § 278 BGB zuzurechnenden Pflichtverletzung der Firma K. GmbH entstanden ist, jedoch nach den Grundsätzen der Drittschadensliquidation geltend machen.

95
Bei der Drittschadensliquidation macht derjenige, in dessen Person die Voraussetzungen einer Anspruchsnorm mit Ausnahme des Schadens erfüllt sind, einen fremden Schaden geltend (BGH, Urteil vom 07.05.2009, Az. III ZR 277/08, juris, Tz. 43). Durch dieses Rechtsinstitut soll verhindert werden, dass dem Schädiger durch vertragliche Vereinbarungen zwischen seinem Gläubiger und einem Dritten, die den Schaden von dem Gläubiger auf den Dritten verlagern, ein ungerechtfertigter Vorteil entsteht (BGH, Urteil vom 01. Juni 2006 – I ZR 200/03 –, Rn. 18, juris). Diese Voraussetzungen liegen vor. Dadurch dass die Beklagte den erteilten Auftrag nicht selbst ausgeführt hat, sondern die Nebenintervenientin zu 1) mit der Durchführung beauftragt hat, die ihrerseits die Nebenintervenientin zu 2) mit der tatsächlichen Durchführung des Transportes beauftragt hat, ist die Situation entstanden, dass ein Schaden, der durch die Verletzung einer vertraglichen Pflicht der Klägerin verursacht worden ist, nicht in der Person des Vertragspartners der Klägerin – der Beklagten entstanden ist, sondern in der Person Dritter. Liegen die Voraussetzungen einer Drittschadensliquidation vor, so ist Anspruchsinhaber der Inhaber der verletzten Rechtsstellung, d.h. der Vertragspartner desjenigen, dem eine Pflichtverletzung zur Last zu legen ist. Er kann Leistung auch an sich verlangen. Dass die Geltendmachung des Schadens der Nebenintervenientinnen deren Willen entspricht, ergibt sich schon daraus, dass sie sich den Anträgen der Beklagten angeschlossen haben.

96
Zu ersetzen ist von der Klägerin der Schaden, der durch die Pflichtverletzung der K. GmbH verursacht worden ist, § 249 BGB. Die Darlegungslast für den geltend gemachten Schaden trägt die Beklagte. Dieser Darlegungslast ist die Beklagte nur zum Teil nachgekommen. Ihr Vorbringen beschränkt sich größten Teils auf die Bezugnahme auf das Nebenintervenientin zu 2), die ihrerseits zur Darlegung ihres Schadens im wesentlichen auf verschiedene Anlagen Bezug nimmt. Dies ist nur zum Teil als ausreichend anzusehen.

97
Die Beklagte und die Nebenintervenientin zu 2) haben zum einen durch Vorlage von Schadensberichten und Fotographien hinreichend dargetan, dass es durch den teilweisen Verlust der Decksladung zu einem Sachschaden an dem Schiff gekommen ist. Dem ist die Klägerin mit einem pauschalen Bestreiten nicht hinreichend entgegen getreten. Nach § 249 BGB sind die Kosten für die Instandsetzung zu ersetzen.

98
Hinreichend substantiiert ist insoweit das Vorbringen der Beklagten zu einem Schaden in Höhe von 7.613,00 Euro aus den Positionen 49) und 65) der Rechnung der Schiffswerft d. S. b.v. (Teil der Anlage NI 2 5). Diese beiden Positionen betreffen die Reparatur der Luken und der Reling, deren Beschädigung sich wiederum aus den eingereichten Schadensberichten ergibt. Mit dem pauschalen Bestreiten des Schadens ist die Klägerin diesem – durch Privaturkunden belegten – Vorbringen nicht hinreichend entgegen getreten.

99
Nicht hinreichend substantiiert vorgetragen ist demgegenüber in diesem Zusammenhang ein Schaden in Höhe von 1.155,00 Euro aufgrund von Reparaturmaßnahmen durch die Crew. Das pauschale Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 2), zwei Mitglieder der Crew hätten insgesamt 42 Stunden an Reparaturarbeiten geleistet, reicht ebenso wenig wie die Behauptung eines Stundensatzes von 27,50 Euro aus, um einen Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe hinreichend darzulegen. Anders als bei den Kosten der Reparatur durch die Firma d. S. b.v. hat die Beklagte hierzu auch keinen Beleg eingereicht, sondern lediglich ein „Statement of Working Hours Crew“ der Nebenintervenientin zu 2) selbst (Anlage NI2 3). Hierbei handelt es sich nicht um Stundenzettel, die ggfs. als Privaturkunden hätten angesehen werden können, sondern um bloßen Parteivortrag. Dementsprechend reicht auch die Vorlage verschiedener Belege über verbrauchtes Material zur Darlegung von schadensbedingten Materialkosten in Höhe von 2.290,80 Euro nicht aus. Die Nebenintervenientin zu 2) hat hierzu verschiedene Belege eingereicht, aus denen sich der konkret geltend gemachte Betrag von 2.290,80 Euro und der Zusammenhang mit der Behebung des Schiffsschadens jedoch nicht ohne weiteres erschließt.

100
Ebenfalls nicht hinreichend substantiiert ist das Vorbringen zu einem Schaden in Höhe von 2.552,00 Euro aus der Rechnung der R. v. A. b.v. vom 26. April 2010. Aus dieser Rechnung ergibt sich nicht, ob und in welchem Umfang es sich um notwendige Kosten zur Beseitigung eines Schiffsschadens handelt.

101
Soweit die Nebenintervenientin zu 2) Kosten für die Beaufsichtigung der Reparaturen in Höhe von insgesamt 2.460,00 Euro geltend macht, hat sie wiederum mit der Anlage NI2 6 lediglich einen Eigenbeleg eingereicht, bei dem es sich um nicht mehr als einen Parteivortrag handelt. Nicht substantiiert vorgetragen wurde, dass der Superintendent wegen der schadensbedingten Reparaturen an den Luken und der Reling beauftragt worden war, und nicht ohnehin die sehr viel umfangreicheren Arbeiten in der Wert hätte beaufsichtigen sollen, so dass Anreisekosten (810,00 Euro) ohnehin entstanden wären. Ebenso ist nicht ausreichend vorgetragen worden, dass für die Beaufsichtigung der Reparaturen der Schäden, für die die Klägerin haftet, 3 Tage erforderlich waren.

102
Schlüssig und wiederum nicht hinreichend bestritten sind schadensursächliche Kosten in Höhe von 10.395,68 Euro durch Anwaltskosten, Gutachterkosten und weitere Aufwendungen im Zusammenhang mit der Aufnahme des Schadensfalles, wie sie in der Anlage NI2 – 7 im Einzelnen aufgeführt worden sind. Der unmittelbare Zusammenhang zwischen den aufgeführten Kosten und dem Schadensfall ergibt sich aus dem ausführlichen Text der Anlage. Das pauschale Bestreiten durch die Klägerin ist vor diesem Hintergrund nicht ausreichend. Vielmehr hätte konkret dargelegt werden müssen, welche Angaben genau bestritten werden sollen.

103
Ebenfalls hinreichend substantiiert sind schadensbedingte Kosten in Höhe von insgesamt 2.524,10 Euro aus der Abrechnung der W. S. S. 09/1258 B (Anlage NI2 8) und in Höhe von 4.533,06 Euro aus der Abrechnung der W. S. S. 09/1258 (Anlage NI2 9). In dieser Höhe ist durch Vorlage von einzelnen Privaturkunden belegt, dass Kosten in dieser Höhe durch das Anlaufen des Hafens C. entstanden sind. Da dieser Hafen ohne den Ladungsverlust nicht angelaufen worden wäre, sind die schadensursächlich. Eine inhaltliche Auseinandersetzung der Klägerin mit den eingereichten Belegen hat nicht stattgefunden, ein pauschales Bestreiten ist nicht ausreichend. Nicht belegt sind demgegenüber die Kosten die in der Abrechnung 09/1258 unter „Vessel/Owner´s expenses“ und „Crew Expenses“ in Höhe von insgesamt 726,26 Euro aufgeführt worden sind. Insoweit ist das Vorbringen der Beklagten und der Nebenintervenientin zu 2) unsubstantiiert.

104
Ebenfalls nicht schlüssig dargelegt worden ist ein Charterausfall in Höhe von 15.862,00 Euro. Mit dieser Position wird ein entgangener Gewinn gemäß § 252 BGB geltend gemacht. Hierfür genügt es jedoch nicht vorzutragen, dass während der Dauer der „off-hire“ – Zeit in C. Charterraten in Höhe eine Tagescharter von 2.464,00 Euro entgangen seien. Die Anlage NI2 9 ist insoweit aus sich heraus nicht verständlich. Schlüssig ergibt sich aus dieser Anlage demgegenüber, dass durch den Aufenthalt in C. zusätzliche Treibstoffkosten in Höhe von insgesamt 3.245,45 Euro entstanden sind. Auch dies hat die Klägerin nur pauschal und damit unzureichend bestritten.

105
Ebenfalls belegt und schlüssig dargelegt sind zusätzliche Versicherungskosten in Höhe von 4.858,00 USD = 4.014,88 Euro wegen des Anlaufens von C. durch Vorlage der Anlage NI2 10. Auch insoweit gilt, dass sich der ursächliche Zusammenhang mit dem Schadensfalls aus dem Text der Urkunde ergibt, mit der sich die Klägerin nicht hinreichend auseinandergesetzt hat.

106
Schließlich macht die Nebenintervenientin zu 2) als „sonstigen Schaden“ einen Betrag von 400,00 USD für Agenturdienstleistungen geltend. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen diesen Kosten und dem Schadensfall ergibt sich aus der Anlage NI2 11 jedoch nicht. Diese Anlage ist aus sich heraus nicht verständlich.

107
Schließlich hat die Beklagte durch Vorlage der Anlage B 20 hinreichend substantiiert dargelegt, dass der Nebenintervenientin zu 1) durch das schadensbedingte Anlaufen des Hafen in C. und die dort erforderlichen Stauarbeiten hinsichtlich der verbliebenen Ladung Kosten in Höhe von 8.750,00 Euro entstanden sind. Auch hiermit hat sich die Klägerin nicht hinreichend auseinandergesetzt.

108
Die Beklagte kann somit im Wege der Drittschadensliquidation die folgenden Schäden der Nebenintervenientinnen von der Klägerin ersetzt verlangen:

109

110
Wie ausgeführt, ist Anspruchsinhaber der Forderung bei der Drittschadensliquidation der verletzten Rechtsstellung. Dieser muss sich jedoch, dass das eigene Mitverschulden und das Mitverschulden des geschädigten Dritten entgegenhalten lassen. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, ist der Beklagten das ihr zurechenbare Verschulden der von ihr eingesetzten „Leute“ und der Schiffsbesatzung im Sinne des § 607 HGB a.F. bei der nicht fachgerechten Sicherung der Ladung als Mitverschulden zur Last zu legen.

111
Bei der Annahme, das der nicht fachgerechte Holzunterbau und die fehlerhafte Zurrung gleichen Anteil daran hatten, dass sich die Ladung losgerissen und damit nicht nur den Ladungsverlust, sondern auch den Schaden an dem Schiff verursacht hat, ist das Mitverschulden mit 50 % zu bemessen. Die Beklagte hat somit einen Anspruch gegen die Klägerin in Höhe von 20.538,09 Euro. Insoweit ist die Klagforderung durch die erklärte Hilfsaufrechnung der Beklagten erloschen.

112
Ob der Anspruch gegenüber der Klägerin verjährt ist, kann dahingestellt bleiben, da die Verjährung die Aufrechnung nicht ausschließt, wenn der Anspruch in dem Zeitpunkt noch nicht verjährt war, in dem erstmals aufgerechnet werden konnte, § 215 BGB. Diese Voraussetzung ist erfüllt; bei Eintritt der Aufrechnungslage waren die Gegenforderungen noch unverjährt.

III.

113
Die Widerklage ist zulässig, aber unbegründet.

114
In Höhe von 20.538,09 Euro sind die geltend gemachten Gegenforderungen bereits durch die Aufrechnung erloschen, so dass sie nicht darüber hinaus mit der Widerklage geltend gemacht werden können. Einen darüber hinausgehenden Schadensersatzanspruch gegen die Klägerin hat die Beklagte nicht, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt. Auch in diesem Zusammenhang kann daher offen bleiben, ob die Einrede der Verjährung durchgreift.

IV.

115
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2, 101 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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