LG Kempten, Urteil vom 11.01.2016 – 14 O 528/15
Keine Verletzung der Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber ihrem 11-jährigen Sohn wegen des Zerstörens von Maissiloballen beim Urlaubsaufenthalt auf einem Bauernhof.(Rn.21)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Der Kläger macht gegen die Beklagten Schadensersatzansprüche geltend. Der Kläger ist Landwirt und betreibt in … einen landwirtschaftlichen Milchviehbetrieb. Zusätzlich hat er auf dem Hof befindliche Ferienwohnungen vermietet.
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Ende Oktober 2013 verbrachte der Beklagte zu 1) mit seinem Vater, dem Beklagten zu 2), seiner Schwester und seinen Großeltern einige Ferientage auf dem Betrieb des Klägers. Der Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt 11 Jahre alt. Während des Ferienaufenthalts beschädigte der Beklagte zu 1) zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt 12 auf dem Hof des Klägers befindliche Mais-Silageballen, indem er mit einem herumliegenden Weidezaunstab kleine Löcher in die Folien stieß. In den Ballen befindet sich gehäckselter Mais, der zu Ballen geformt und mit Folie luftdicht umwickelt ist. Hierdurch werden pflanzeneigene Enzyme sowie aerobe und fakultativ anaerobe Mikroorganismen (Bakterien, Hefen, Schimmelpilze) unterdrückt. Die Milchsäurebakterien wandeln den Zucker in Säuren (vor allem Milchsäure) um und der pH-Wert fällt auf typischerweise 4,0-4,5 ab. Dadurch werden weitere gärschädliche Bakterien am Wachstum gehindert (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Silage). Das Futter wird durch diesen Vorgang haltbar gemacht.
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Die Beklagten haben sich in den Jahren zuvor ein bis zweimal pro Jahr für mehrere Wochen oder an den Wochenenden zu Besuchen auf den Betrieb des Klägers aufgehalten. Bei dem Besuch im Oktober 2013 handelte es sich ca. um den zehnten Besuch des Beklagten zu 1) auf dem Hof des Klägers. Mutwillige Sachbeschädigungen hat es bis zum Oktober 2013 nicht gegeben.
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Der Kläger behauptet, dass durch die vom Beklagten zu 1) verursachten nicht erkennbaren Öffnungen Luft in das Balleninnere gelangte, was zu einem Verderbprozess der Silage führte. Die Ballen seien zuvor unbeschädigt gewesen. Es hätten sich Schimmelpilze und Hefen gebildet, was für den Kläger nicht erkennbar gewesen sei. Er habe das verdorbene Futter verfüttert, sodass ein Großteil des Milchviehbestandes schwer erkrankte. Tiere seien verendet bzw. hätten notgeschlachtet werden müssen. Es seien zusätzliche Kosten für die tierärztliche Behandlung der erkrankten Tiere angefallen. Tiere hätten zugekauft werden müssen, ferner seien hohe Milchgeldverluste entstanden. Die Maissiloballen seien nicht mehr zu verfüttern gewesen. Es seien erhebliche Mehraufwendungen des Klägers und seiner Ehefrau infolge der Erkrankung der Tiere entstanden. Insgesamt sei in Folge des Verhaltens des Beklagten zu 1) ein Schaden in Höhe von 172.793,72 € entstanden. Wegen der einzelnen vom Kläger geltend gemachten Schadenspositionen wird auf die Aufstellung im Klageschriftsatz vom 31.3.2015 Bezug genommen (Blatt 10 d. Akte).
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Der Kläger behauptet weiter, den Beklagten sei aufgrund der vorangegangenen Aufenthalte bekannt gewesen, dass mit dem Futter für die Tiere sorgsam umgegangen werden muss und dieses nicht verunreinigt bzw. schlecht werden darf, weil die Tiere durch die Aufnahme von verdorbenen Futter erkranken könnten. Dies sei dem Beklagten, besondere dem Beklagten zu 1) durch den Kläger bzw. seine Ehefrau, die Zeugin S immer wieder – auch beim Besuch im Oktober 2013 – beigebracht worden. Diese habe den Beklagten zu 1) auch darauf hingewiesen, nicht an den Mais-Silageballen herum zu klettern und diese nicht zu beschädigen. Der Beklagte zu 1) sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass in den Siloballen Futter für die Tiere lagert und diese nicht beschädigt werden dürften. Außerdem sei der Beklagte zu 1) das Leben auf einem landwirtschaftlichen Betrieb gewohnt gewesen und sei in die landwirtschaftlichen Arbeiten und in die Tierhaltung eingewiesen gewesen.
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Der Kläger vertritt die Ansicht, dass der Beklagte zu 1) für den von ihm verursachten Schade hafte. Der Beklagte zu 1) hätte bei der schädigenden Handlung die erforderliche Einsicht zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit gehabt. Ferner hätte der Beklagte zu 1) verstehen können, dass seine Handlung generell gefährlich ist und er wusste, dass er für die Konsequenzen zur Verantwortung gezogen werden könne. Auf die Voraussicht der konkret eingetretenen Schadensfolge komme es nicht an.
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Ferner habe der Beklagte zu 2) seine Aufsichtspflicht über den Beklagten zu 1) verletzt. Der Beklagte zu 2) hätte damit rechnen müssen, dass auf einem landwirtschaftlichen Betrieb große Mengen an Tierfutter gelagert werden. Der Beklagte zu 2) hätte dafür Sorge tragen müssen, dass der Beklagte zu 1) auf den Betrieb des Klägers nichts beschädigt, insbesondere die Futtervorräte. Der Umstand, dass der Beklagte zu 1) trotz entsprechender Belehrungen durch den Kläger und seine Ehefrau Siloballen beschädigt habe lasse einen Rückschluss darauf zu, dass der Beklagte zu 1) vom Beklagten zu 2) nicht ausreichend darüber belehrt worden sei, fremdes Eigentum nicht zu beschädigen. Ferner hätte der Beklagte zu 2) wissen müssen, dass der Beklagte zu 1) zur Beschädigung fremden Eigentums neigt und hätte ihn nicht unbeaufsichtigt auf dem Hof herum laufen lassen dürfen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt:
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Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 145.296,72 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 145.296,72 € seit dem 27. Juni 2014 und aus einem Betrag in Höhe von 27.427 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagten werden verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seiner Prozessbevollmächtigten in Höhe von 2743,43 € freizustellen.
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Die Beklagten beantragen Klageabweisung.
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Der Beklagte zu 1) behauptet, ihm sei beim Spiel auf dem Hof langweilig geworden. Er habe sich bei den Ballen befunden und habe mit dem herumliegenden Weidezaunstab „Star-Wars“ gespielt. Die Ballen seine dabei die „Klingonen“ gewesen.
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Die Beklagten behaupten, ihnen sei nicht bekannt gewesen, was sich in den Ballen befindet. Der Beklagte zu 1) sei vom Kläger bzw. dessen Ehefrau auch nicht darauf hingewiesen worden, dass die Folie der Silage-Ballen nicht beschädigt werden dürfe. Der Beklagte zu 1) sei lediglich darauf hingewiesen worden, nicht auf die Ballen zu klettern. Der Kläger habe dem Beklagten zu 1) lediglich erklärt, dass er nicht auf den Heuschober klettern darf und nicht auf den Ballen herumklettern dürfe. Ferner sei ihnen erklärt worden, nicht zu nah an das Nassfutter zu kommen und nicht über das Futter zu laufen, mit dem Hintergrund, das Futter nicht zu verunreinigen. Dem Beklagten zu 1) sei nicht generell verboten worden, bei den Siloballen zu spielen.
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In rechtlicher Hinsicht besitze der Beklagte zu 1) nicht die erforderliche Einsichtsfähigkeit nach § 828 Abs. 3 BGB. Der Beklagte zu 1) habe als Elfjähriger nicht die notwendige Einsicht, die Gefährlichkeit seines Tuns zu erkennen. Er sei sich der Verantwortung für die Folgen für die Folgen seiner Tat nicht bewusst gewesen. Die Beklagten sei in keiner Weise bewusst gewesen, welche Folgen das Stechen in die Folien haben kann. Die vom Kläger dargestellten Folgen seien für den Beklagten zu 1) in keiner Weise absehbar gewesen. Er sei hierauf auch nicht hingewiesen worden. Darüber hinaus liege ein Verschulden auf Seiten des Beklagten zu 1) vor. Er sei nicht in der Lage gewesen die Folgen seines Verhaltens vorauszusehen.
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Der Beklagte zu 2) habe seine Aufsichtspflicht nicht verletzt. Er sei nicht verpflichtet gewesen, den Beklagten zu 1) ständig zu beaufsichtigen. Ein Elfjähriger dürfe sich auch ohne ständige Beaufsichtigung durch seine Eltern frei auf dem Ferienhof bewegen.
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Das Gericht hat die Parteien im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 9. November 2015 persönlich angehört. Ferner hat es Beweis erhoben durch Einvernahme der Zeugin S sowie durch Inaugenscheinnahme des Hofs des Klägers. Wegen der Angaben der Parteien und der örtlichen Verhältnisse wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2015 nebst Lichtbildanlage Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Vortrags der Parteien wird auf das schriftsätzliche Vorbringen nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage des Klägers ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz.
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I. Eine Haftungsgrund für eine Haftung des Beklagten zu 2) ist nicht gegeben. Der Beklagte zu 2) haftet gegenüber dem Kläger nicht aus dem abgeschlossenen Beherbergungsvertrag i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB bzw. aus § 832 BGB. Eine Aufsichtspflichtverletzung des Beklagten zu 2) konnte der Kläger nicht nachweisen.
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Für eine Haftung des Beklagten zu 2) aus § 832 BGB obliegt dem Geschädigten zum einen die Beweislast für die widerrechtliche Schadenszufügung durch einen Aufsichtsbedürftigen, aber auch für die Existenz, Umfang und Intensität der Aufsichtspflicht und damit für die entscheidende Frage, welche Aufsichtsmaßnahmen im konkreten Fall geboten waren. (MüKoBGB/Wagner BGB § 832 Rn. 40-42, beck-online).
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Die generelle Aufsichtsbedürftigkeit des Beklagten zu 2) über den Beklagten zu 1) während des Ferienaufenthalts steht außer Zweifel. Das generelle Bestehen einer Aufsichtspflicht hat aber nicht zwangsläufig zur Folge, dass der Aufsichtsbedürftige einer ständigen Kontrolle und Überwachung auf „Schritt und Tritt“ bedarf. Allein aus dem Umstand, dass der Beklagte zu 1) in die Siloballen gestochen hat, rechtfertigt nicht den Rückschluss auf eine Aufsichtspflichtverletzung des Beklagten zu 2).
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Vielmehr ist der Umfang und die Intensität der Aufsichtspflicht individuell einerseits nach der Person des Aufsichtsbedürftigen, seinen Kenntnissen und Fähigkeiten, andererseits auch nach den besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls zu bestimmten. Bei Minderjährigen richtet sich der Umfang und die Intensität der Aufsichtspflicht nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, dem örtlichen Umfeld, dem Ausmaß der drohenden Gefahren, der Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens sowie der Frage, was verständige Eltern in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen, um Schädigungen Dritter zu verhindern. Der Kläger konnte einen konkreten Zeitpunkt der Beschädigungen der Siloballen durch den Beklagten zu 1) nicht nachweisen. Aus diesem Grund lässt sich der Umfang und die Intensität der Aufsichtspflicht zum konkreten schädigenden Ereignis nicht bestimmen.
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Nach dem Ergebnis der durchgeführten Parteianhörungen und der Beweisaufnahme ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte zu 1) während des Ferienaufenthalts im Oktober 2013 einer intensiveren Aufsicht bedurfte, als bei einem Kind im Alter von 11 Jahren generell zu fordern ist. Der elfjährige Beklagte zu 1) hat bereits mehrfach Urlaube auf dem Hof des Klägers verbracht, ohne dass es zu irgendwelchen Auffälligkeiten oder mutwilligen Sachbeschädigungen durch ihn kam. Dies haben sowohl der Beklagte zu 2) als auch der Kläger übereinstimmend in der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2015 angegeben. Es war üblich, dass der Beklagte zu 1) ohne ständige Aufsicht eines Erwachsenen zusammen mit den Kindern des Klägers spielte. Sowohl der Kläger selbst auch seine Ehefrau haben übereinstimmend angegeben, sie seien zunächst gar nicht auf die Idee gekommen sein, der Beklagte zu 1) hätte in die Siloballen gestochen. Erst ihre Kinder haben ihnen dann auf Nachfrage berichtet, dass dies der Beklagte zu 1) gewesen sei. Soweit der Kläger schriftlich ausführen lässt, der Beklagte zu 1) neige in unbeaufsichtigten Momenten zu unkontrolliertem Verhalten, in dem er mutwillig fremdes Eigentum beschädigen und der Beklagte zu 2) dies hätte wissen müssen, widerspricht dies den mündlichen Ausführungen des Klägers. Diese Behauptung hat der Kläger auch nicht unter Beweis gestellt.
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Dem Beklagten zu 2) kann auch nicht der Vorwurf gemacht werden, dass der Beklagte zu 1) während des Aufenthalts im Oktober 2013 den vor dem Wohnanwesen befindlichen Gartenbereich, auf dem sich die Veranda für die Feriengäste und einige Spielgeräte für Kinder befanden, verlassen hat. Es entspricht dem natürlichen Bewegungsdrang eines elfjährigen Kindes, bei einem Urlaub auf dem Bauernhof sich nicht nur in einem mit einem Gartenzaun abgegrenzten Gartenbereich aufzuhalten. Aufgrund der durchgeführten Inaugenscheinnahme schätzt das Gericht diesen Gartenbereich vom Wohnhaus aus gesehen auf eine Entfernung von ca. 20 Meter. Es entspricht dem Erkundungsdrang eines elfjährigen Kindes sich in einem weiteren Umfeld zu bewegen. Die beschädigten Siloballen lagerten zwar vom Wohngebäude aus gesehen am anderen Ende des Hofs hinter einem Stallgebäude an der Grenze zu einer benachbarten Wiese. Das Gericht schätzt die Entfernung des Lagerortes vom Wohngebäude, in dem sich die Ferienwohnung befand, auf ca. 150 m. Aber auch dies stellt keine Entfernung dar, dessen Nichterreichbarkeit des Beklagten zu 1) durch den Beklagten zu 2) auf jeden Fall hätte sichergestellt werden müssen. Aus dem Umstand, dass in diesem Bereich das Silagefutter in Fahrsilos bzw. in den Siloballen lagerte, führt nicht zu einer Verpflichtung des Beklagten zu 2), einen Aufenthalt des Beklagten zu 1) in diesem Bereich unter allen Umständen zu unterbinden, auch wenn ihm – was unstreitig ist – untersagt war, auf den Ballen herum zu klettern. Der Futterlagerbereich grenzt direkt an die Stallungen. Er war auch – wie die Inaugenscheinnahme gezeigt hat – gegen ein Betreten bzw. den Aufenthalt von Gästen nicht besonders gesichert/abgegrenzt. Der nicht ständig überwachte Aufenthalt auf dem Betriebsgelände des klägerischen Hofs stellt daher keine Aufsichtspflichtverletzung des Beklagten zu 2) dar. Bereits bei Kindern im Alter von 8-9 Jahren ist, wenn sie normal entwickelt sind, das Spielen im Freien ohne Aufsicht auch in einem räumlichen Bereich gestattet, der dem Aufsichtspflichtigen ein sofortiges Eingreifen nicht ermöglicht. (BGH, NJW 1997, Seite 2047-2048). Mangels anderweitiger Anhaltspunkte (s.o.) ist beim Beklagten zu 1), auch wenn er vorliegend eine Sachbeschädigung begangen hat, von einem normal entwickelten Kind auszugehen. Es sind vom Beklagten zu 2) bei einem von ihm unbeaufsichtigten Spiel des Beklagten zu 1) angesichts der bislang unproblematischen Urlaubsaufenthalte auf dem Betrieb des Klägers stichprobenartige Kontrollen in einem zeitlichen Abstand zwischen ein bis maximal 2 Stunden zu verlangen. Diese Kontrollpflicht ist der Beklagte zu 2) zur Überzeugung des Gerichts nachgekommen. Er hat bei der persönlichen Anhörung einen normalen Tagesablauf bei Urlaub auf dem Hof des Klägers nachvollziehbar geschildert. Er hat ausgeführt, in der Regel in einem zeitlichen Abstand ca. 1 Stunde nach dem Beklagten zu 1) geschaut zu haben, wenn dieser nicht von sich aus zurückkehrte. Diese Ausführungen sind unbestritten geblieben.
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Die Klage gegen den Beklagten zu 2) war daher mangels Vorliegen einer Aufsichtspflichtverletzung zurückzuweisen.
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II. Die Klage gegen den Beklagten zu 1) ist ebenfalls unbegründet. Eine Haftung des Beklagten zu 1) aus § 823 Abs. 1 BGB scheidet aus.
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Unstreitig ist, dass der Beklagte mit einem Weidezaunstab in die mit Folie umwickelten Siloballen stach und er das Eigentum des Klägers insofern beschädigte. Die Beschädigung der Folie war auch rechtswidrig. Hinsichtlich der behaupteten Folgen dieses Verhaltens (Verderb des Futters mit der Folge der Erkrankung der Tiere) kann dem Beklagten zu 1) allenfalls ein Fahrlässigkeitsvorwurf gemacht werden. Es ist nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, dass der Beklagte zu 1) diese Folgen beabsichtigte oder zumindest billigend in Kauf genommen hätte
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Für eine Haftung des Beklagten zu 1) nach § 823 Abs. 1 BGB bedarf es neben der Prüfung des Fahrlässigkeitsvorwurfs der Prüfung seiner Deliktsfähigkeit nach § 828 Abs. 3 BGB. Dabei ist maßgeblich, ob der Beklagte zu 1) bei Begehung der schädigenden Handlung nicht die zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht hat. Der Beklagte zu 1) muss nach seiner individuellen Verstandesentwicklung fähig sein, sich der Verantwortung für die Folgen seines Tuns bewusst zu sein und er muss die Gefährlichkeit seines Tuns erkennen können. Der Minderjährige braucht nicht eine bestimmte Vorstellung von der Art seiner Verantwortlichkeit, insbesondere der rechtlichen und wirtschaftlichen Folgen seines Verhaltens, sondern es genügt ein allgemeines Verständnis dafür, dass das Verhalten im allgemeinen dazu geeignet ist Gefahren herbeizuführen (Palandt-Sprau, BGB, 75. Aufl. 2016, § 828 BGB, Rn. 6 m.W.n.). Die Deliktsfähigkeit ist damit weit gefasst. Bei dem Beklagten zu 1) handelte es sich zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses mangels entgegenstehender Anhaltspunkte um ein normal entwickeltes 11-jähriges Kind (s.o.). Ein Kind in diesem Alter hat zur Überzeugung des Gericht das Bewusstsein, für eine von ihm verursachte Beschädigung zur Verantwortung gezogen werden zu können, auch wenn die Beschädigung beim „Star-Wars-Spiel“ herbeigeführt wird. Ob der Beklagten zu 1) tatsächlich in der Lage war die Folgen seines Verhaltens vorherzusehen, ist – wie dargelegt – für die Frage der generellen Einsichtsfähigkeit nach § 828 Abs. 3 BGB nicht von Bedeutung sondern bei der Prüfung des Fahrlässigkeitsvorwurfs.
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Der Nachweis eines Fahrlässigkeitsvorwurfs für die vom Kläger behaupteten Folgen in Form des Verderbs des Futters und der hierdurch verursachten Erkrankung der Tiere konnte der Kläger nicht führen. Zur Begründung des Fahrlässigkeitsvorwurfs bedarf es des Nachweises einer Vorhersehbarkeit des schädigenden Erfolgs, wobei die konkrete Schadensentwicklung aber nicht vorhersehbar sein muss. Dabei ist nicht auf die individuellen Kenntnisse und Fähigkeiten des Beklagten zu 1) abzustellen. Entscheidend ist, ob ein normal entwickeltes Kind im Alter des Beklagten zu 1) zumindest hätte voraussehen können und müssen, dass – sollte sich Futter in den Ballen befinden – die Gefahr des Verderbs besteht. Es ist eine gruppenbezogene Betrachtungsweise anzustellen.
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Der Kläger konnte den Nachweis nicht führen, dass der Beklagte zu 1) positiv wusste, in den Ballen befinde sich Tierfutter. Der Beklagte zu 1) hat insofern angegeben, er glaubte in den Ballen sei Stroh, auf welchem die Tiere liegen. Der Inhalt der Ballen ist von außen auch nicht zu erkennen. Die Zeugin S hat nachvollziehbar und glaubhaft dargelegt, dass sie die Gäste darauf hinwies, Futter nicht zu verunreinigen, weil die Tiere nicht verschmutztes Futter fressen sollen. Dies war dem Beklagte zu1) auch bekannt. Ihm war auch verboten, auf die Ballen zu klettern. Die Zeugin S hat in der Beweisaufnahme auch angegeben, sie habe die Feriengäste bei Erntearbeiten darauf hingewiesen, die Folien nicht zu beschädigen. Nicht bestätigt hat sich jedoch hat sich jedoch der Sachvortrag des Klägers, der Beklagte zu 1) sei ausdrücklich auf die möglichen Folgen einer solchen Beschädigung hingewiesen worden, nämlich, dass das Futter verderben kann und hierdurch Tiere erkranken können. Die Zeugin S hatte auch keine Erinnerung mehr, über was sie die Familie Oktober 2013 konkret belehrt hat. Dabei entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass – wie die Beklagten dargelegt haben – im Oktober 2013, bei dem es sich in etwa um den zehnten Ferienaufenthalt der Beklagten auf dem Hof handelte, keine ausführlichen Belehrungen mehr stattgefunden haben.
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Der Beklagte zu 1) hatte somit zur Überzeugung des Gerichts durchaus das Bewusstsein, dass mit Tierfutter sorgsam umgegangen werden muss. Diese Kenntnis, das Verbot, nicht auf den Ballen zu klettern und die Folie nicht zu beschädigen reicht nicht aus, um das Gericht mit einer nach der nach § 286 ZPO erforderlichen Gewissheit zu überzeugen, der Beklagte zu 1) habe im Oktober 2013 positiv gewusst, in den Ballen befinde sich Viehfutter.
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Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt würde, ist es für einen elfjährigen Jungen, der nicht auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist, in keiner Weise erkennbar, dass die Folie dazu dient, das Futter haltbar zu machen. Für ein solches Kind ist es dementsprechend auch nicht vorhersehbar, dass selbst bei kleinen Beschädigungen der Folie die Gefahr des Verderbs des Futter besteht. Es liegt durchaus der Schluss nahe, dass die Folie schlicht dazu dient, das Futter zusammenzuhalten. Auch wenn der Beklagte zu 1) bereits viele Urlaube auf dem Hof des Klägers verbracht hat oder im Rahmen des Schulunterrichts sich auf Bauernhöfen befunden hat reicht dies, zum Nachweis der oben genannten Erkennbarkeit/Vorhersehbarkeit nicht aus. Im Übrigen haben – wie dargelegt – individuelle Kenntnisse und Fähigkeiten außer Betracht zu bleiben.
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Nachdem eine Haftung des Beklagten zu 1) dem Grund nach ausscheidet, sind die weiter streitigen Fragen, ob die Ballen tatsächlich unbeschädigt waren, der Kausalität und der Schadensfolgen nicht entscheidungserheblich.
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Die Klage war somit insgesamt abzuweisen.
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III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.