BGH, Urteil vom 06. Juni 2019 – III ZR 124/18
Zur Frage der Amtshaftung für nicht ordnungsgemäßes Anbringen von Verkehrszeichen im Baustellenbereich durch privates Unternehmen
Die Mitarbeiter eines privaten Unternehmens, die zur Ausführung einer verkehrsbeschränkenden Anordnung der Straßenbaubehörde und des der Anordnung beigefügten Verkehrszeichenplans (§ 45 Abs. 2 und 6 StVO) Verkehrsschilder nicht ordnungsgemäß befestigen, handeln als Verwaltungshelfer und damit als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne. Ihre persönliche Haftung gegenüber einem durch das Verkehrsschild Geschädigten scheidet daher gemäß Art. 34 Satz 1 GG aus (Bestätigung und Fortführung von BGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 – III ZR 68/14, NJW 2014, 3580). (Rn.18)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat die Klägerin zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
1
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall vom 7. Oktober 2014 geltend.
2
Die Beklagte ist auf dem Gebiet der Straßenverkehrssicherung tätig. Sie übernahm die Verkehrssicherung zur Durchführung von Straßenbauarbeiten an einer Bundesautobahn gemäß der verkehrsbeschränkenden Anordnung des Landesbetriebs Mobilität Rheinland-Pfalz (künftig: LBM) als Straßenbaubehörde vom 13. November 2013. Der Anordnung war ein Verkehrszeichenplan beigefügt, der die Verkehrsführung auf einem etwa drei Kilometer langen Streckenabschnitt vorschrieb. Der Plan gab vor, an welcher Stelle welche Verkehrsschilder aufzustellen waren. Die Beklagte nahm die Beschilderung im Baustellenbereich entsprechend dem Plan und den Vorgaben der Anordnung vom 13. November 2013 vor.
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Die Klägerin ist Eigentümerin und Halterin eines Kraftfahrzeugs. Sie hat vorgetragen, ihr sei am 7. Oktober 2014 im Baustellenbereich ein eine Geschwindigkeitsbeschränkung anordnendes Verkehrsschild (Zeichen 274) entgegengeflogen, das auf dem rechten Standstreifen aufgekommen und gegen die Beifahrerseite ihres Fahrzeuges geschlagen sei. Das Schild habe sich gelöst, weil es von der Beklagten nicht ordnungsgemäß befestigt worden sei.
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Das Amtsgericht hat die Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt, an die Klägerin 1.318,71 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen zu zahlen. Es hat die Verpflichtung der Beklagten festgestellt, der Klägerin sämtlichen weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallgeschehen vom 7. Oktober 2014 zu ersetzen. Das Landgericht hat auf die Berufung der Beklagten das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die von ihm zugelassene Revision der Klägerin.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.
I.
6
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB zu. Es könne dahinstehen, ob das Herunterfallen des Verkehrsschildes und die Beschädigung des Fahrzeugs der Klägerin auf eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten durch die Beklagte zurückzuführen seien. Die Klage scheitere bereits daran, dass die Beklagte nicht passivlegitimiert sei. Sie sei als Beamtin im staatshaftungsrechtlichen Sinne anzusehen mit der Folge, dass die Verantwortlichkeit für eine etwaige Verletzung der Verkehrssicherungspflicht allein die Körperschaft treffe, in deren Dienst die Beklagte tätig geworden sei. Das Unternehmen, das – wie hier – in Baustellenbereichen nach Anordnung der Straßenbaubehörde, ohne einen eigenen Entscheidungs- oder Ermessenspielraum zu haben, Verkehrsschilder aufstelle, handele als Verwaltungshelfer in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amts. Insoweit verdränge die Haftung der Körperschaft gemäß § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG die unmittelbare Verantwortlichkeit der Beklagten nach § 823 Abs. 1 BGB.
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Hiergegen spreche nicht, dass der LBM bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Träger der Straßenbaulast im Rahmen der Daseinsfürsorge und nicht im Rahmen der Eingriffsverwaltung gehandelt habe. Der mit der Rechtsfigur des Verwaltungshelfers verfolgte Zweck zu verhindern, dass sich die öffentliche Hand der Amtshaftung durch vertragliche Übertragung der öffentlichen Aufgabe auf einen privaten Unternehmer entziehe, greife auch außerhalb der Eingriffsverwaltung im Bereich der Daseinsfürsorge.
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Eine andere Beurteilung bezüglich der Eigenschaft der Beklagten als Verwaltungshelferin folge auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 29. November 1973 (III ZR 211/71, NJW 1974, 453). Vielmehr stehe die Einordnung als Verwaltungshelferin im Einklang mit einer jüngeren Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 9. Oktober 2014 (III ZR 68/14, NJW 2014, 3580). Es sei davon auszugehen, dass durch diese Entscheidung die frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes überholt sei.
II.
9
Die Revision ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Das Landgericht hat zutreffend eine eigene deliktsrechtliche Haftung der Beklagten abgelehnt. Diese ist gemäß § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Satz 1 GG ausgeschlossen, weil die Mitarbeiter der Beklagten in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt haben.
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1. In seinem Anwendungsbereich verdrängt § 839 BGB als vorrangige Spezialregelung konkurrierende Ansprüche aus §§ 823 ff BGB (siehe etwa Senatsurteile vom 9. Oktober 2014 – III ZR 68/14, NJW 2014, 3580 Rn. 8 mwN; vom 6. März 2014 – III ZR 320/12, BGHZ 200, 253 Rn. 29 mwN und vom 13. Dezember 2012 – III ZR 226/12, BGHZ 196, 35 Rn. 24). Im Rahmen der Haftung nach § 839 BGB tritt gemäß Art. 34 Satz 1 GG – im Wege der befreienden Haftungsübernahme – der Staat beziehungsweise die jeweilige Anstellungskörperschaft als Anspruchsgegner des Geschädigten an die Stelle dessen, der in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes gehandelt hat; in diesem Falle scheidet eine persönliche Haftung des Amtsträgers gegenüber dem Geschädigten aus (zB Senat, Urteile vom 9. Oktober 2014 aaO mwN; vom 6. März 2014 aaO mwN und vom 22. Juni 2006 – III ZR 270/05, NVwZ 2007, 487 Rn. 6; BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 – VI ZR 383/12, VersR 2014, 502 Rn. 7).
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2. Die Mitarbeiter der Beklagten handelten bei Aufstellung des Verkehrsschildes, das nach dem Vortrag der Klägerin deren Fahrzeug beschädigte, in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes.
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a) Der Beklagten war mit der verkehrsbeschränkenden Anordnung gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 6 StVO des LBM vom 13. November 2013 die „Verkehrssicherung“ auf der Grundlage des beigefügten Verkehrszeichenplans und damit eine hoheitliche Aufgabe übertragen worden.
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aa) Die Verkehrsregelung mittels Verkehrszeichen (§ 45 StVO) ist eine hoheitliche Aufgabe (Itzel, MDR 2017, 1393, 1396; Hilsberg, MDR 2010, 62). Es handelt sich – jedenfalls bei verkehrsbeschränkenden Verkehrsregelungen und -zeichen (hier: Geschwindigkeitsbeschränkung, Zeichen 274) – um Maßnahmen der Eingriffsverwaltung, da die durch sie angeordneten Ge- und Verbote Verhaltensbefehle sind, die für die Verkehrsteilnehmer bindend sind (vgl. BeckOGK/Dörr, BGB, § 839 Rn. 61.1 [01.03.2019]; Itzel aaO). Die entsprechende Anordnung obliegt den Straßenverkehrsbehörden (§ 45 Abs. 3 StVO) und im – vorliegenden – Ausnahmefall, wenn sie zur Durchführung von Straßenbauarbeiten erfolgt, den Straßenbaubehörden (§ 45Abs. 2 Satz 1, 4 StVO; vgl. hierzu Kodal/Bauer, Straßenrecht, 7. Aufl., 44. Kap. Rn. 4).
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Auch die tatsächliche Umsetzung der Verkehrsregelung durch die Anbringung der Verkehrszeichen (vgl. dazu BVerwGE 138, 21 Rn. 15 mwN; 92, 32, 34; Kodal/Bauer aaO Rn. 11.1) stellt eine hoheitliche Aufgabe dar. Zu ihrer Wahrnehmung ist gemäß § 45 Abs. 5 Satz 1 StVO der Baulastträger verpflichtet. Baulastträger ist bei Bundesautobahnen gemäß § 1Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 1 FStrG zwar der Bund. Die Bundesautobahnen unterliegen jedoch gemäß Art. 90 Abs. 3 GG der Verwaltung durch die Länder im Auftrage des Bundes. Bau, Unterhaltung und Verwaltung der Bundesautobahnen obliegen in Rheinland-Pfalz den Organen und Bediensteten der damit befassten Körperschaften in Ausübung öffentlicher Gewalt (§ 48 Abs. 2 LStrG RP).
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bb) Soweit die Revision geltend macht, der geringe und formale hoheitliche Charakter der Aufgabe der Verkehrssicherung werde durch die Zuweisung zur Daseinsvorsorge deutlich abgeschwächt, die Verkehrssicherungspflicht der öffentlichen Hand bei öffentlichen Straßen sei ihrem Wesen nach keine Amtspflicht, sondern eine allgemeine zivilrechtliche Pflicht, weshalb die übertragene Aufgabe nur in äußerst eingeschränktem Maße der hoheitlichen Sphäre der Verwaltung zugerechnet werden könne, trifft dies jedenfalls für die vorliegende Fallgestaltung nicht zu.
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Dabei kann dahinstehen, ob die gemäß § 45 Abs. 5 Satz 1 StVO erfolgende – vorliegend durch die Anordnung vom 13. November 2013 auf die Beklagte übertragene – Anbringung eines gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 StVO angeordneten Verkehrszeichens eine Maßnahme der Verkehrsregelung oder der Verkehrssicherung ist (Zuordnung zum Bereich der Verkehrssicherung: Senat, Urteil vom 29. November 1973 – III ZR 211/71, NJW 1974, 453; Kodal/Herber, Straßenrecht, 7. Aufl., Kap. 42 Rn. 162; zur Abgrenzung zwischen Verkehrsregelungs- und Verkehrssicherungspflicht vgl. Senat, Urteil vom 14. Juni 1971 – III ZR 120/68, NJW 1971, 2220, 2221; Rinne, NVwZ 2003, 9). Denn auch, wenn es sich dabei um eine Maßnahme der Verkehrssicherung handelte, wäre sie doch mit der Verkehrsregelung, die sie unmittelbar umsetzt, untrennbar verbunden mit der Folge, dass sie der hoheitlichen Sphäre der Verwaltung in nicht geringerem Maße zuzurechnen ist als die Verkehrsregelung selbst. Nach dem im Straßenverkehrsrecht geltenden Sichtbarkeitsgrundsatz bedarf die Verkehrsregelung zu ihrer Wirksamkeit der Aufstellung des entsprechenden Verkehrszeichens (BVerwGE 138, 21 Rn. 15; Kodal/Bauer aaO Kap. 42 Rn. 1.33, 11.4). Diese Abhängigkeit kommt vorliegend dadurch zum Ausdruck, dass mit der – hoheitlichen – Anordnung des LBM vom 13. November 2013 nicht nur die Verkehrsregelung gemäß § 45 Abs. 2 StVO getroffen wurde, sondern die Beklagte zugleich zur Ausführung der Verkehrsregelung und damit zur Anbringung der Verkehrszeichen gemäß dem der Anordnung beigefügten Verkehrszeichenplan verpflichtet wurde. Verkehrsregelungen und Handlungen, die überhaupt erst zu ihrer Wirksamkeit führen, sind in gleichem Maße bedeutsame hoheitliche Tätigkeiten. Sie sind haftungsrechtlich einheitlich zu betrachten (so auch Itzel aaO).
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b) Die Beklagte hat die ihr übertragene hoheitliche Aufgabe auf Grund der Anordnung vom 13. November 2013 ihrerseits als Amtsträger im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG wahrgenommen.
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aa) Ob sich das Handeln einer Person als Ausübung eines ihr anvertrauten öffentlichen Amtes darstellt, bestimmt sich danach, ob die eigentliche Zielsetzung, in deren Sinn der Betreffende tätig wird, hoheitlicher Tätigkeit zuzurechnen ist und ob zwischen dieser Zielsetzung und der schädigenden Handlung ein so enger äußerer und innerer Zusammenhang besteht, dass die Handlung ebenfalls als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend angesehen werden muss. Dabei ist nicht auf die Person des Handelnden, sondern auf seine Funktion, das heißt auf die Aufgabe, deren Wahrnehmung die im konkreten Fall ausgeübte Tätigkeit dient, abzustellen (st. Rspr.; siehe nur Senat, Urteile vom 9. Oktober 2014 aaO Rn. 17; vom 6. März 2014 aaO Rn. 31; vom 15. September 2011 – III ZR 240/10, BGHZ 191, 71 Rn. 13 und vom 14. Mai 2009 – III ZR 86/08, BGHZ 181, 65 Rn. 10; Beschluss vom 31. März 2011 – III ZR 339/09, NVwZ-RR 2011, 556 Rn. 7; jew. mwN). Hiernach können auch Mitarbeiter eines privaten Unternehmens Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne sein. Dies kommt neben den Fällen der Beleihung eines Privatunternehmens mit hoheitlichen Aufgaben auch dann in Betracht, wenn Private als Verwaltungshelfer bei der Erledigung hoheitlicher Aufgaben tätig werden (Senat, Urteile vom 9. Oktober 2014 aaO; vom 2. Februar 2006 – III ZR 131/05, NVwZ 2006, 966 Rn. 7; vom 14. Oktober 2004 – III ZR 169/04, BGHZ 161, 6, 10 und vom 21. Januar 1993 – III ZR 189/91, BGHZ 121, 161, 164 ff). Dafür ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung des Privaten und der hoheitlichen Aufgabe bestehen, wobei die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nimmt, dass der Private gleichsam als bloßes „Werkzeug“ oder „Erfüllungsgehilfe“ des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss (siehe dazu Senat, Urteil vom 9. Oktober 2014 aaO mwN). Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der öffentlichen Hand zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Privaten ist, desto näher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen. Jedenfalls im Bereich der Eingriffsverwaltung kann sich die öffentliche Hand der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten ihrer Bediensteten grundsätzlich nicht dadurch entziehen, dass sie die Durchführung einer Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer überträgt (Senat, Urteile vom 9. Oktober 2014 aaO; vom 14. Oktober 2004 aaO S. 10 f und vom 21. Januar 1993 aaO S. 165 f; BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 – VI ZR 383/12, NJW 2014, 2577 Rn. 5 mwN).
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bb) Das Landgericht hat die Beklagte unter Anwendung dieser Grundsätze zu Recht als Verwaltungshelferin und damit als Amtsträger im haftungsrechtlichen Sinne eingeordnet (so für eine ähnliche Konstellation OLG Hamm, DAR 2016, 26, 27).
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(1) Einer uneingeschränkten Anwendung der Grundsätze zum Verwaltungshelfer auf den vorliegenden Fall steht, anders als die Revision meint, nicht entgegen, dass der Bau und die Unterhaltung von Straßen Aufgaben der staatlichen Daseinsvorsorge sind (vgl. hierzu Senat, Urteil vom 20. März 1967 – III ZR 29/65, NJW 1967, 1325). Dabei kann offenbleiben, ob die Rechtsfigur des Verwaltungshelfers im gesamten Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge Anwendung findet. Jedenfalls für die vorliegende Konstellation wäre dies, ordnete man die nach dem Vortrag der Klägerin nicht ordnungsgemäße Aufstellung des Verkehrsschildes durch die Mitarbeiter der Beklagten der Daseinsvorsorge zu, zu bejahen. Denn die Aufstellung des Schildes war sehr eng mit der durch das LBM gemäß § 45 Abs. 2 StVO getroffenen Verkehrsregelung als Maßnahme der Eingriffsverwaltung verbunden, bei der der hoheitliche Charakter im Vordergrund steht (vgl. BeckOGK/Dörr aaO Rn. 63). Die Verkehrsregelung war – wie ausgeführt – ohne die Aufstellung des Verkehrsschildes nicht wirksam. Diese besonders enge Beziehung zwischen Verkehrsregelung und ihrer Umsetzung hat zur Folge, dass beide Maßnahmen haftungsrechtlich einheitlich zu behandeln sind. Erfolgt mithin durch ein privates Unternehmen die Aufstellung von Verkehrszeichen zur Herbeiführung der Wirksamkeit der entsprechenden, diese Verkehrszeichen anordnenden Verkehrsregelung, sind die Mitarbeiter des Unternehmens als Verwaltungshelfer im vorgenannten Sinne anzusehen.
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(2) Das LBM hat auch auf die Durchführung der Arbeiten, das heißt auf die Aufstellung der Verkehrszeichen, derart Einfluss genommen, dass die Mitarbeiter der Beklagten gleichsam als bloße „Werkzeuge“ oder „verlängerte Arme“ des LBM handelten (vgl. für einen ähnlichen Sachverhalt OLG Hamm aaO; vgl. auch BeckOGK/Dörr aaO: privater Unternehmer, der auf Anordnung der Straßenverkehrsbehörde Halteverbotsschilder aufstellt, als Verwaltungshelfer). Dessen verkehrsbeschränkende Anordnung als Straßenbaubehörde vom 13. November 2013 war von den Mitarbeitern der Beklagten strikt umzusetzen. Der Verkehrszeichenplan, der der Anordnung beigefügt war, gab präzise vor, welches Verkehrsschild an welcher Stelle aufzustellen war. Ein eigener Entscheidungs- und Ermessensspielraum kam, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, der Beklagten und ihren Mitarbeitern hierbei nicht zu. Wesentliche „weitere Ausführungsmodalitäten“, deren Auswahl der Beklagten bei der Aufstellung der Verkehrsschilder als Umsetzung der Anordnung des LBM verblieb, vermag auch die Revision nicht konkret zu benennen. Soweit sie die durch die Beklagte in eigener Verantwortung ausgeführte – durch die Anordnung vom 13. November 2013 nicht ausdrücklich geregelte – Kontrolle der Baustellensicherung anführt, ist diese nicht Gegenstand der Pflichtverletzung, die der Beklagten von der Klägerin vorgeworfen wird. Der Vorwurf der Klägerin betrifft vielmehr die nicht ordnungsgemäße Befestigung des Verkehrsschildes (mit nicht dafür zugelassenen Schellen) und damit die erstmalige Aufstellung des Schildes in Umsetzung der verkehrsbeschränkenden Anordnung vom 13. November 2013.
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(3) Der Einordnung der Mitarbeiter der Beklagten als Verwaltungshelfer und damit als Amtsträger im Sinne von Art. 34 Satz 1 GG steht nicht das Urteil des Senats vom 29. November 1973 (III ZR 211/71, NJW 1974, 453) entgegen. Diese Entscheidung ist, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat, durch die neuere Senatsrechtsprechung überholt (so auch OLG Hamm aaO S. 27 f).
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(a) Der Senat hat in dem Urteil vom 29. November 1973 den Begriff des Verwaltungshelfers nicht verwandt (zur Entwicklung dieses Begriffs und seiner Verwendung in der Senatsrechtsprechung: BeckOGK/Dörr aaO Rn. 58 ff mwN). Er hat es allerdings abgelehnt, einen Unternehmer, der aufgrund eines mit einem Straßenbaulastträger abgeschlossenen Werkvertrages mit der Überwachung der von der Straßenverkehrsbehörde angeordneten Verkehrszeichen beauftragt war, als Beamten im Haftungssinne (Art. 34 GG) anzusehen. Wenn der Unternehmer bei der Erfüllung seiner Vertragspflichten Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden über das Aufstellen bestimmter Verkehrszeichen tatsächlich ausführe, sei er nur technisches Ausführungsorgan der anordnenden Behörde. Die Vereinbarung mit der beklagten Stadt habe diese nicht der Pflicht als Straßenbaulastträger enthoben, für die Überwachung verkehrsregelnder Zeichen durch entsprechende Maßnahmen im Bereich ihrer Hoheitsverwaltung zu sorgen (Senat, Urteil vom 29. November 1973, aaO S. 453 f).
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Die Verneinung der Beamteneigenschaft im haftungsrechtlichen Sinne in Bezug auf einen mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben beauftragten Privatunternehmer entsprach der seinerzeit in der Senatsrechtsprechung verankerten „Werkzeugtheorie“. Danach kann es möglich sein, dass eine Behörde in einem solchen Ausmaß auf die Durchführung von Arbeiten des beauftragten Unternehmens Einfluss nimmt, dass sie in bestimmten Beziehungen dessen Tätigwerden wie ein eigenes gegen sich gelten lassen und es so angesehen werden muss, wie wenn der Unternehmer lediglich als Werkzeug der öffentlichen Behörde bei der Erledigung ihrer hoheitlichen Aufgabe tätig geworden wäre (Senat, Urteile vom 7. Februar 1980 – III ZR 153/78, NJW 1980,1679; vom 14. Juni 1971 – III ZR 120/68, NJW 1971, 2220, 2221 und vom 15. Juni 1967 – III ZR 23/65, BGHZ 48, 98, 103). Das Handeln des Unternehmers wurde der Behörde (und den dort tätigen Amtsträgern) direkt zugerechnet, ohne den Unternehmer selbst als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne einzuordnen (so zutreffend Traeger, Die Haftung des Staates bei der Einschaltung privater Kräfte zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben, 1998, S. 40).
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(b) In seiner Entscheidung vom 21. Januar 1993 (III ZR 189/91, BGHZ 121, 161, 164 ff) hat der Senat sodann seine Rechtsprechung zur Haftung des Staates im Falle der Heranziehung selbständiger privater Unternehmer zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben auf eine breitere Grundlage gestellt. In diesem Rahmen hat er den beauftragten Unternehmer unter bestimmten, oben (Buchstabe b aa) dargestellten Voraussetzungen als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne angesehen. Die auf privatrechtlicher Grundlage beruhende Heranziehung privater Unternehmer zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben umfasst danach Fallgestaltungen, die sich sowohl durch den Charakter der jeweils wahrgenommenen Aufgabe als auch durch die unterschiedliche Sachnähe der übertragenen Tätigkeit zu dieser Aufgabe sowie durch den Grad der Einbindung des Unternehmers in den behördlichen Pflichtenkreis voneinander unterscheiden. Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund trete, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers sei, desto näher liege es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen (Senat, Urteil vom 21. Januar 1993 aaO S. 165 f).
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Diese neuere Rechtsprechung hat Elemente der „Werkzeugtheorie“ insofern übernommen, als in die nunmehr anzustellende Gesamtbetrachtung auch der Entscheidungsspielraum der Mitarbeiter des privaten Unternehmens einzubeziehen ist. Stehen ihnen relevante eigene Entscheidungsspielräume nicht zu, handeln sie als „Werkzeuge“ oder „verlängerte Arme“ des Hoheitsträgers (Senat, Urteil vom 9. Oktober 2014 aaO Rn. 19). Das hindert indes nicht ihre Einordnung als Beamte im haftungsrechtlichen Sinne, sondern ist vielmehr in Abkehr von der früheren Rechtsprechung – neben einem in den Vordergrund tretenden hoheitlichen Charakter der Aufgabe und einer engen Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der öffentlichen Hand zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe – gerade deren Grundlage (vgl. oben zu aa).
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Der Umstand, dass die Beklagte vorliegend angesichts der präzisen Anordnungen im Verkehrszeichenplan nur „technisches Ausführungsorgan“ der – hoheitlich tätigen – Straßenbaubehörde war, ohne eigene hoheitliche Befugnisse zur Wahrnehmung übertragen bekommen zu haben, hindert ihre Einordnung als Verwaltungshelfer im Sinne der Senatsrechtsprechung mithin nicht (vgl. Senat, Urteil vom 9. Oktober 2014 aaO Rn. 20: Aufgabe wird nicht auf den Privaten „delegiert“, sondern dieser wird lediglich als Helfer oder „Werkzeug“ der öffentlichen Hand tätig). Soweit in dem Urteil des Senats vom 29. November 1973 eine solche Übertragung hoheitlicher Befugnisse auf den Privaten als Voraussetzung seiner Einordnung als Beamter im Haftungssinne erachtet worden ist (aaO), ist dieses Erfordernis durch die neuere Senatsrechtsprechung überholt.