Zur Entziehung der Lizenz zur berufsmäßigen Ausübung des Boxsports aus gesundheitlichen Gründen durch einen Boxverband

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 01. August 2019 – 3 U 176/17

1. Entzieht oder verweigert ein sozialmächtiger Boxverband einem Berufsboxer aus gesundheitlichen Gründen die Lizenz zur berufsmäßigen Ausübung seines Sportes, ist diese Maßnahme wie eine disziplinarische Maßnahme vollständig auf ihre Billigkeit gerichtlich nachprüfbar.(Rn.82)

2. Knüpfen sowohl die Berechtigung zur Lizenzentziehung wie die Befugnis zur Verweigerung der Starterlaubnis nach der Verbandssatzung daran an, dass eine gesundheitliche Gefährdung des Sportlers zu befürchten ist, gilt der Maßstab – das Vorliegen medizinischer Bedenken – für beide Lizenzbereiche gleichermaßen.(Rn.92)

3. Die Erteilung der Starterlaubnis ist die für die Gesundheit des Sportlers und das Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit gefahrgeneigtere Entscheidung. Mit der Starterlaubnis wird zum einen die Schwelle von der abstrakten zur konkreten Gefahr überschritten und zum anderen dem Verband die Möglichkeit an die Hand gegeben, einen im Kern gesunden Sportlers – hier eines Berufsboxers – vor einer Gefährdung durch einen ungleichen Kampf zu bewahren. Daher ist die Versagung der Starterlaubnis das gegenüber dem allgemeinen Lizenzentzug mildere Mittel.(Rn.95)

4. Der sich aus der Vereinssatzung ergebende Begriff der „medizinischen Bedenken“ meint solche Risiken, die über das im Boxsport ohnehin übliche Maß gesundheitlicher Gefahren hinausgehen und daher im wohlverstandenen Interesse des betroffenen Mitglieds sowie des Vereins insgesamt nicht hinnehmbar sind. Je größer der drohende gesundheitliche Schaden ist, umso geringere Anforderungen sind hierbei an die Schadenswahrscheinlichkeit zu stellen. Es handelt sich hierbei um eine Prognoseentscheidung.(Rn.103)

5. Im Rahmen der an dem Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) orientierten Billigkeitsprüfung kommt es darauf an, ob die Verweigerung der Starterlaubnis die durch Art. 12 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen der Berufsfreiheit wahrt. Für den Verband streitet sein gemäß Art. 9 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf eine autonome, dem Vereinszweck angemessene Gestaltung der vereinsinternen Regeln zur Lizenzierung von Berufsboxern.(Rn.112)

6. Diese Grundsätze gelten auch für etwaige kartellrechtliche Ansprüche.(Rn.129)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts vom 1. September 2017 – Az. 315 O 258/08 – wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem jeweiligen Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe
I.

1
Die Parteien streiten, soweit für das vorliegende Berufungsverfahren noch von Bedeutung, um Ansprüche des Beklagten und Widerklägers wegen des Entzugs der allgemeinen Boxlizenz durch den Kläger, der Versagung von Startlizenzen in drei Fällen und der Aberkennung des Titels „Deutscher Meister im Schwergewicht“.

2
Der Kläger und Widerbeklagte ist der Bund D e.V. (BDB, nachfolgend: „Kläger“ genannt). Gemäß Art. 2 Abs. 1 der Satzung des Klägers ist dieser oberstes Kontrollorgan des gesamten deutschen Berufsboxsports (Satzung Anlage B 1). Verbandsorgane des Klägers sind der Vorstand, die Generalversammlung und der Berufungsausschuss. Nach Art. 3 seiner Satzung gibt sich der Kläger Durchführungsbestimmungen u.a. in der Form von „Sportlichen Regeln“ (Anlage K 1). Diese „Sportlichen Regeln“ (im Folgenden: „SportlR“) befassen sich in §§ 3 Abs. 1 und 24 Abs. 3 u.a. mit Lizenzerteilung und -entzug.

3
In § 3 Abs. 1 SportlReg ist geregelt:

4
„Berufsboxer, deren Fähigkeiten nicht mehr den Leistungsanforderungen entsprechen, die man billigerweise an einen Berufsboxer stellt, und bei denen aufgrund dessen eine gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist, haben sich auf Anordnung des BDB einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Ergeben sich in dieser Untersuchung medizinische Bedenken, kann die Lizenz des Boxers für gewisse Zeit oder auf Dauer entzogen werden”.

5
§ 4 SportlReg regelt die „Startlizenzen für Berufsboxer“. § 4 Abs. 3 SportlReg lautet:

6
„Der BDB ist berechtigt, die Starterlaubnis zu verweigern. Dieses kann insbesondere geschehen, wenn eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten ist oder aber eine zu große sportliche Überlegenheit des Gegners gegeben ist.“

7
In § 24 Abs. 2 und 3 SportlReg sind die Folgen eines Kampfabbruches geregelt:

8
„(2) Jeder Boxer, der auf diese Art oder durch KO aufgrund von Kopftreffern einen Kampf verloren hat, muss eine Zwangspause von drei Monaten absolvieren. Jeder Boxer, der durch TKO aufgrund von Kopftreffern einen Kampf verloren hat, muss eine Zwangspause von sechs Wochen absolvieren. Innerhalb dieser Zeit oder unmittelbar nach der Zwangspause ist eine erneute ärztliche Untersuchung durch den Vertrauensarzt des BDB erforderlich. Hinsichtlich der durchzuführenden ärztlichen Untersuchungen entscheidet der BDB nach Rücksprache mit dem Vertrauensarzt.

9
(3) Der BDB kann Boxern, die in mehreren aufeinanderfolgenden Kämpfen KO-Niederlagen erlitten haben, die Lizenz zeitweise oder dauernd entziehen.“

10
Art. 28 der Satzung des Klägers regelt Folgendes:

11
„(1) Alle Personen, die im Rahmen des Berufsboxsportes eine offizielle Tätigkeit ausüben, benötigen hierfür eine Lizenz. Diese ist beim Vorstand des BDB zu beantragen. Dem den Berufsboxsport Ausübenden sind die gesundheitlichen Risiken seiner Tätigkeit bekannt. Er übt seinen Beruf aufgrund eines freien Entschlusses und auf eigene Gefahr aus. Ansprüche des Berufsboxers auf Schadenersatz infolge beruflicher Schadenfälle können gegen den BDB nicht geltend gemacht werden; der Berufsboxer verzichtet mit seinen Eintritt in den BDB ausdrücklich auf solche Ansprüche.

12
(2) Lizenzen können nur an Mitglieder des BDB ausgegeben werden.

13
(3) Der Vorstand des BDB erteilt nach Maßgabe der vorliegenden Satzung und der Sportlichen Regeln die Lizenz oder versagt diese unter Angaben von Gründen.

14
(4) Die Lizenzen werden jeweils für den Zeitraum eines Jahres erteilt, unbeschadet der Möglichkeit, kürzer befristete Lizenzen in Ausnahmefällen zu gewähren.

15
Es können auch Notlizenzen erteilt werden. Diese haben Gültigkeit nur für die Tätigkeit, für die sie erteilt worden sind. Sie erlöschen danach automatisch.“

16
Der am … 1963 geborene Beklagte und Widerkläger (nachfolgend: „Beklagter“) war jedenfalls in der Vergangenheit Mitglied des Klägers und erhielt im Januar 1999 eine durch den Kläger erteilte Lizenz als aktiver Berufsboxer. Die Lizenz wurde zuletzt im April 2007 vor dem Kampf vom 27.04.2007 gegen den kubanischen Schwergewichtsboxer Solis-Fonte als Jahreslizenz erteilt (Anlage K 15). In seiner Laufbahn als Berufsboxer gewann der Beklagte bis dahin von 41 bestrittenen Kämpfen 32 und verlor acht; ein Kampf – im Jahre 1999 in Prag gegen den späteren Weltmeister Nikolai Walujew aus Russland – endete ohne Entscheidung.

17
Am 28. Oktober 2006 verlor der Beklagte einen Kampf durch technischen K.O.

18
Am 27.04.2007 bestritt der Beklagte in Hamburg als nächstes einen Kampf gegen den Schwergewichtsboxer Odlanier Solis-Fonte aus Kuba und unterlag durch K.O. in der ersten Runde. Er war schon vor dem vorzeitigen Abbruch des Kampfes durch Schlageinwirkung des Gegners einmal zu Boden gegangen und musste mehrere Kopftreffer hinnehmen. Der für den Kläger vor Ort tätige Ringarzt notierte in dem gemäß § 18 Abs. 6 SportlR zu erstellenden Formblatt, dass er eine 4-monatige Kampfsperre und eine Überprüfung der Boxlizenz anrate (Anlage K 2). Die anfangs durch den Kläger ausgesprochene 4-monatige Sperre des Beklagten (Anlage K 3) wurde auf 3 Monate reduziert.

19
Der Beklagte ließ sich zunächst am 05.06.2007 von dem Orthopäden und Sportmediziner Dr. H. in G. untersuchen, der aus orthopädischer und neurologischer Sicht keinerlei Einschränkungen der Boxfähigkeit feststellte (Anlage B 3). Das Kontroll-MRT des Kopfes habe keinerlei krankhafte, beeinträchtigende Befunde ergeben. Eine Wettkampfsperre sei daher nicht erforderlich.

20
Der vom Kläger verlangten vertrauensärztlichen Untersuchung unterzog sich der Beklagte am 05.07.2007 im Klinikum B.. Es wurden gefäßchirurgische, kernspintomographische (Anlage K 5), neuropsychologische (Anlage K 7) und neurologische Untersuchungen (Anlage K 6) durchgeführt. Die von Dr. Bl. aus dem Klinikum B. durchgeführte gefäßchirurgische Beurteilung ergab bei dem Beklagten in der rechten hirnversorgenden Arterie arteriosklerotische Veränderungen, die über der Altersnorm lagen, sowie aufgrund von Wandunregelmäßigkeiten im weiteren Gefäßverlauf den Verdacht auf eine alte Dissektion (Auftrennung der Wandschichten). Eine weitere Ausübung des Boxsports durch den Beklagten, so Dr. Bl., könne mit einem erheblich erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden sein (vgl. Gefäßchirurgische Beurteilung vom 12.07.2007, Anlage K 4). Die Kernspintomographie ergab nach der Beurteilung des Dr. N. keinen Nachweis hämodynamisch wirksamer Stenosierungen, jedoch deutliche arteriosklerotische Wandunregelmäßigkeiten im Bereich des rechtsseitigen Internaabganges, die deutlich über dem Altersdurchschnitt lägen (vgl. Arztbericht vom 10.07.2007, Anlage K 5). In der ebenfalls durch Dr. N. durchgeführten neurologischen Untersuchung bezeichnete dieser den klinisch-neurologischen Untersuchungsbefund insgesamt als „regelrecht“ (vgl. Epikrisebericht vom 10.07.2007, Anlage K 6). Die neuropsychologische Untersuchung bei dem Psychologen R. (vgl. Befundbericht vom 09.07.2007, Anlage K 7) ergab leichte bis mittelschwere Behinderungen im verbalen Gedächtnis; als Auslöser seien wiederholte Schläge am Kopf in der Vergangenheit zu werten. Altersbezogen durchschnittliche Testergebnisse des Beklagten vor allem im Bereich der Reaktionsschnelligkeit müssten, so Dipl.-Psych. R. weiter, relativ gesehen werden, da sich diese bei einem aktiven und trainierten Boxer zumindest im oberen Normbereich bewegen sollten, was jedoch bei dem Beklagten nicht der Fall sei.

21
Der Beklagte ließ sich sodann von Prof. Dr. W. vom Institut für Sportmedizin an der Universität G. untersuchen. Mit Schreiben vom 25.07.2007 (Anlage K 9) teilte Prof. Dr. W. dem Kläger mit, dass der im Rahmen der Untersuchung in B. festgestellte Befund eines kleineren kalzifizierten Plaques im Bereich der rechten hirnversorgenden Arterie seiner Auffassung nach keine Kontraindikation gegen eine Titelverteidigung mit zwei Aufbaukämpfen zur Vorbereitung mit „leichteren“ Gegnern sei. Gerade im Profi-Boxsport habe sich gezeigt, dass auch im jüngeren Seniorenbereich bis Mitte der 40er Jahre noch hervorragende Leistungen im Ring geboten werden. Auch werde der Beklagte seit Jahren von ihm in größeren Abständen beraten. Der Beklagte schneide bei von Doktoranden des Lehrstuhls durchgeführten Untersuchungen und Tests über seine Fitness, seine körperliche, kardiozirkulatorische und metabolische Leistungsfähigkeit stets sehr gut, also entsprechend trainiert, ab. Man könne ihn mit dem sehr guten sportmedizinischen Leistungsprofil von Gustav „Bubi“ Scholz, den er – Prof. Dr. W. – damals selbst untersucht und vor seinen Kämpfen beraten habe, und den Korbacher Amateur-Erfolgsboxern vergleichen. Nach dem Untersuchungsbericht der Frau Dr. R. vom 21.04.2008 (Anlage WK 2) ergab sich ein über allen Gefäßen normales Dopplersignal und kein Hinweis auf eine Stenose.

22
Mit Beschluss vom 13.08.2007 (Anlage K 10) entzog der Vorstand des Klägers dem Beklagten unter Berufung auf Art. 28 Abs. 3 der Satzung i.V.m. § 3 Abs. 1 SportlR und mit Verweis auf die Ergebnisse der durchgeführten medizinischen Untersuchungen mit sofortiger Wirkung seine Lizenz als Berufsboxer. Einen Kampf auf freiwillige Titelverteidigung gegen Konstantin Airich am 21.09.2007 in Lübeck konnte der Beklagte daher nicht antreten. Mit Entscheidung vom 13.11.2007 (Anlage K 12) hob der Berufungsausschuss des Klägers den Beschluss des Vorstands vom 13.08.2007 auf. Der Vorstandsbeschluss lasse nicht erkennen, auf welchem Sachverhalt, welchen Tatsachen und welchen weiteren Überlegungen der Beschluss beruhe. Für eine Verpflichtung des Klägers, ihm eine neue Lizenz als Berufsboxer zu erteilen, fehle dem Berufungsausschuss jedoch die Beschlusskompetenz. Den Antrag, den Beklagten am weiteren Wettkampfbetrieb teilnehmen zu lassen, wies er mit der Begründung zurück, dass nach der Aufhebung des Vorstandsbeschlusses der frühere Rechtszustand wiederhergestellt sei, mit der Folge, dass der Beklagte wieder Inhaber seiner früheren Lizenz sei (Anlage K 12, S. 6, Buchst. F, Rn. 16).

23
Trotz dieser Entscheidung des Berufungsausschusses verweigerte der Kläger dem Beklagten auf den Antrag vom 07.12.2007 (Anlage WK 6) am 10.12.2007 die Erteilung einer Auslandsstartgenehmigung für einen am Kampf am 13.12.2007 gegen Nikolay Popov in Ekatarinburg (Anlage WK 7). Der Kläger berief sich auf die im Klinikum B. erhobenen Befunde.

24
Anstelle der Einleitung eines erneuten Verfahrens auf Lizenzentziehung erhob der Kläger unter dem 12.12.2007 Klage mit dem Antrag, festzustellen, dass der Beklagte gegenüber dem Kläger keinen Anspruch auf Erteilung einer Lizenz als Berufsboxer besitzt, hilfsweise, festzustellen, dass der Kläger mit Vorstandsbeschluss vom 13.08.2007 dem Beklagten die Lizenz zu Recht entzogen hat.

25
Dessen ungeachtet beantragte der Beklagte am 10.02.2008 (Anlage WK 10) und erneut am 15.02.2008 (Anlage WK 11) die Erteilung einer Startgenehmigung für die Teilnahme an einem Boxkampf gegen Mate Kubinije auf einer Boxveranstaltung am 23.02.2008 beim Verband German Boxing Association (GBA) in Deutschland. Mit Schreiben vom 19.02.2008 wies der Kläger auch diesen Antrag zurück. Er begründete dies damit, dass er nicht die geringste Veranlassung sehe, von seinem „medizinisch fundierten“ und nicht einmal ansatzweise vom Beklagten erschütterten Standpunkt zum körperlichen Zustand des Beklagten abzuweichen (Anlage WK 12). Der Beklagte erwirkte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 22.02.2008 (Az 313 O 56/08) auf Erteilung einer Starterlaubnis, der der Kläger nachkam. Der Beklagte kämpfte letztlich gegen den als Ersatzgegner angetretenen Martin Stensky.

26
Unter dem 20.03.2008 beantragte der Beklagte die Genehmigung zur freiwilligen Verteidigung des Deutschen Meistertitels im Schwergewicht auf einer Veranstaltung der FLP Boxpromotion Koblenz in Ochtendung am 19.04.2008 (Anlage WK 14). Der Kläger wies auch dieses Begehren des Beklagten mit Schreiben vom 28.03.2008 zurück (Anlage WK 15). Er führte aus, eine freiwillige Verteidigung des Titels durch den Beklagten komme derzeit nicht in Betracht, da vom Kläger ein Interimstitel eingerichtet worden sei. Gründe seien die zwischen den Parteien bestehenden Meinungsverschiedenheiten, ob der Beklagte weiterhin boxen dürfe. Der Beklagte erwirkte daraufhin erneut am 18.04.2008 eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg (Az. 313 O 110/08), mit welcher der Kläger zur Erteilung einer Starterlaubnis verpflichtet wurde. Mit Schreiben vom 15.04.2008 wandte sich der Kläger an den Veranstalter des Kampftages in Ochtendung und bat, den Kampf des Beklagten aus dem Programm zu streichen (Anlage B 6). Der Organisator setzte daraufhin den mit dem Beklagten geplanten Kampf zunächst ab; der nach Erlass der einstweiligen Verfügung erneut angesetzte Kampf konnte nicht stattfinden, weil der Ersatzgegner nicht erschien.

27
Von der Möglichkeit der vereinsinternen Berufung machte der Beklagte in den vorgenannten Fällen keinen Gebrauch. Der zuletzt vom Beklagten geführte Titel des Deutschen Meisters im Schwergewicht wurde vom Kläger für vakant erklärt.

28
Prof. Dr. Sch. von der Herz- und Gefäß-Klinik Bad N. nahm auf Wunsch des Klägers unter dem 11.04.2008 zum Befund der Kernspintomographie des Schädels eines Berufsboxers Stellung (Anlage K 16). Darin heißt es, im Befund seien deutliche arteriosklerotische Ablagerungen im Bereich der rechtsseitigen Hirnschlagader beschrieben, die deutlich über das Altersmaß hinausgingen. Es bestehe somit bei dem Boxer eine Arteriosklerose. Es stehe außer Frage, dass bei diesem Befund die Ausübung des Profiboxsports „vollkommen unverantwortlich“ sei. Auch Prof. Dr. Ra. vom Klinikum N. bescheinigte dem Kläger unter dem 17.04.2008, dass er nach Einsicht eines anonymisierten Kernspin-Befundes bei einem Berufsboxer von einer weiteren Tätigkeit als Boxer abrate (Anlage K 14). Beim Boxen könne es durch einen Schlag auf die Halsschlagader zu einer Ablösung der Plaque kommen.

29
Der Beklagte ließ sich am 21.04.2008 erneut untersuchen bei Frau Dr. R.. Diese attestierte nach durchgeführter Dopplersonographie, dass über allen Gefäßen ein normales Dopplersignal gegeben sei und kein Hinweis auf eine Stenose vorliege (Anlage WK 2).

30
Das Landgericht hat die Feststellungsklage des Klägers mit Teil-Urteil vom 10.07.2009 abgewiesen. Der Senat hat das Teil-Urteil mit Urteil vom 02.02.2012 (3 U 10/10, BeckRS 2013, 9255) abgeändert und festgestellt, dass das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien seit dem 13.08.2007 nicht mehr besteht. Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 23.04.2013 (II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 = NJW-RR 2013, 873 – Berufsboxer) das Berufungsurteil aufgehoben und die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Er hat ausgeführt, dass das Lizenzverhältnis zwischen den Parteien weiter fortbestehe, da der Kläger durch den Berufungsausschuss die Entscheidung über den Lizenzentzug selbst aufgehoben und ihr die Wirksamkeit genommen habe. Dadurch stehe für den Verein im Verhältnis zum Mitglied bindend fest, dass die Maßnahme entfallen sei. Im Rahmen der auf die Feststellung der Wirksamkeit der betreffenden Maßnahme gerichteten Klage des Vereins gegen das Vereinsmitglied sei danach nicht zu überprüfen gewesen, ob das Vereinsgericht die betreffende Vorstandsentscheidung sachlich zu Recht aufgehoben habe.

31
Der Beklagte hat in der Folgezeit weitere Kämpfe bestritten, allerdings nicht mehr unter Aufsicht des Klägers. Nach dem Kampf gegen Martin Stensky im Februar 2008, den der Beklagte für sich entschied, hat er einen (erfolglosen) Kampf im Oktober 2009 absolviert, drei im Jahr 2010 – davon jedenfalls den Kampf gegen Gearba unter Lizenz der Baltischen Boxfederation – , vier im Jahr 2011, darunter einen unter Aufsicht der World Boxing Union (WBU), zwei im Jahr 2012, darunter ebenfalls einen unter Aufsicht der WBU, und zwei im Jahre 2013. Jedenfalls ab dem 26.05.2012 hat der Beklagte mit einer lettischen Boxlizenz gekämpft.

32
Zwischenzeitlich, nach Erlass des Urteils des Senats vom 02.02.2012, hat der Kläger den Titel des „Deutschen Meisters im Schwergewicht“ dem Boxer Michael Wallisch eingeräumt, ohne dass es zu einem Titelverteidigungskampf unter Beteiligung des Beklagten gekommen war (vgl. Anlage WK 25). Zwei Schreiben des Beklagten vom 17.06.2013 und 02.07.2013, mithin nach Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs auf Wiedereinräumung des Titels „Deutscher Meister im Schwergewicht“ (Anlagenkonvolut K 28), sind ohne Erfolg geblieben.

33
Mit der am 06.05.2008 zugestellten Widerklage begehrt der Beklagte vorliegend die Leistung von Schadensersatz wegen der nicht erteilten Startgenehmigungen zwischen Dezember 2007 und April 2008 und der Aberkennung des Meistertitels.

34
Der Beklagte hat vorgetragen, dass ihm zu Unrecht vom Vorstand des Klägers am 13.08.2007 seine Boxlizenz entzogen worden sei. Er sei gesund und insbesondere auch voll boxtauglich gewesen; dies sei auch heute noch der Fall. Die Ergebnisse der Untersuchungen, auf die der Kläger seine Entscheidung zum Entzug der Lizenz gegründet habe, rechtfertigten nicht den Lizenzentzug. Entsprechend habe der Berufungsausschuss des Klägers den Beschluss des Vorstands vom 13.08.2007 aufgehoben.

35
Der Beklagte hat bestritten, Mitglied der GBA zu sein oder gewesen zu sein. Er hat behauptet, die Lizenz beim Kläger bestehe weiterhin. Sie werde quasi automatisch verlängert. Er habe sich in den erforderlichen zeitlichen Abständen entsprechenden medizinischen Kontrollen unterzogen. Die Nichtzahlung der Mitgliedsbeiträge führe nicht zu einem automatischen Verlust der Mitgliedschaft. Er sei weder abgemahnt noch sei die Mitgliedschaft entzogen worden.

36
Aufgrund des unrechtmäßigen Lizenzentzugs und der einhergehenden Aberkennung des Deutschen Meistertitels sowie der beharrlichen Weigerung des Klägers, dem Beklagten Genehmigungen zur Teilnahme an Boxkämpfen zu erteilen, sei ihm ein erheblicher Schaden entstanden. Der Beklagte hat behauptet, ihm seien aus diesem Grund für die geplanten Kämpfe am 21.09.2007 (Anlage WK 4 und 5), am 13.12.2007 (Anlage WK 5 und 8), am 23.02.2008 (Anlage WK 12) und am 19.04.2008 (Anlagen WK 14 und 15) Wettkampfbörsen und Sponsorenvergütungen entgangen. Zudem seien aufgrund der Lizenzentziehung die Sponsorenverträge mit dem Autohaus B. (Anlage WK 18), der L. Versicherung (Anlagen WK 19 und 20) und der Fa. A. Immobilien Dienstleistung GmbH wieder gekündigt worden, womit ihm die Nutzungsmöglichkeit eines PKW und weitere Wettkampfvergütungen entgangen seien. Diese Positionen hat der Kläger mit dem Widerklageantrag zu 1 geltend gemacht.

37
Der Beklagte hat seinen Schadensersatzanspruch auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung und aus Kartellrecht gestützt. Er hat gemeint, der Schadensersatzanspruch folge auch daraus, dass der Kläger seine marktbeherrschende Stellung vorsätzlich missbraucht habe, indem er dem Beklagten ungerechtfertigt seine Lizenz entzogen habe. Ohne eine Lizenz und Starterlaubnis des Klägers sei eine Teilnahme am Markt des organisierten Berufsboxsports in Deutschland heute kaum möglich. Die vom Kläger benannten Konkurrenzverbände GBA und Bund Deutscher Faustkämpfer (BDF) seien – national wie international – nicht annähernd von der gleichen Bedeutung wie der Kläger.

38
Der Beklagte hat ferner behauptet, durch die Leugnung der Tatsache, dass er amtierender Deutscher Meister im Schwergewicht sei, seien Ruhm und Ehre sowie sein Bild als Profi-Sportler in der Öffentlichkeit schwer beschädigt worden. Er habe daher einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens wegen eines Eingriffs in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht, den er mit dem Widerklageantrag zu 3 geltend gemacht hat. Der Beklagte hat gemeint, der Kläger habe in schwerer Weise in die Sozialsphäre des Beklagten eingegriffen. Durch das Verhalten des Klägers werde der Beklagte in der Öffentlichkeit nicht als amtierender Deutscher Meister im Schwergewicht wahrgenommen, sondern vielmehr als kranker Boxer, der für Geld sein eigenes Leben und damit die Zukunft seiner drei Kinder aufs Spiel setze (vgl. Anlage B 7).

39
Der Beklagte hat widerklagend beantragt,

40
1. den Kläger zu verurteilen, an den Beklagen EUR 256.999,57 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2008 zu zahlen.

41
2. festzustellen, dass der Kläger dem Beklagten jeden Schaden zu ersetzen hat, der dem Beklagten aus dem Verhalten des Klägers, der wiederholten Weigerung, dem Beklagten Startgenehmigung für die Teilnahme an Boxkämpfen zu erteilen, entstanden ist und/oder entstehen wird, sofern und soweit dieses Verhalten unmittelbar oder mittelbar dazu geführt hat bzw. führt, dass der Beklagte seinem Beruf als Boxer nicht nachgehen konnte oder kann.

42
3. den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten zum Ausgleich des ihm durch die Leugnung der Tatsache, dass der Beklagte amtierender Deutscher Meister des BDB im Schwergewicht ist, entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 5.000,00.

43
4. festzustellen, dass der Widerkläger und Beklagte Inhaber des Titels „Deutscher Meister im Schwergewicht“ beim Widerbeklagten und Kläger ist.

44
5. den Widerbeklagten und Kläger zu verurteilen, den Widerkläger und Beklagten in den Publikationsorganen des Widerbeklagten und Klägers als „Deutschen Meister im Schwergewicht“ zu führen.

45
Der Kläger hat beantragt,

46
die Widerklage abzuweisen.

47
Der Kläger hat geltend gemacht, die Widerklage habe bereits deshalb keinen Erfolg, weil dem Beklagten die Erlaubnis, weiter Berufsboxsportkämpfe zu betreiben, zu Recht versagt worden sei. Die Ergebnisse der beim Beklagten durchgeführten medizinischen Untersuchungen hätten dem Kläger keine andere Wahl gelassen, als ihm die weitere Ausübung des Berufsboxsports zu versagen.

48
Der Kläger hat vorgetragen, dass die Boxlizenz nach Art. 28 Abs. 4 der Satzung nur für ein Jahr erteilt werde und danach erlösche. Der Beklagte habe nach dem Zwist keinen Antrag auf Erteilung einer allgemeinen Lizenz mehr an den Kläger gestellt und auch keine Mitgliedsbeiträge mehr gezahlt. Dem Beklagten sei daher bewusst gewesen, dass er keine Lizenz mehr habe, ihm sei vermutlich das Risiko einer Lizenzversagung bei neuem Antrag zu groß gewesen. Zudem könne der Verlust der Mitgliedschaft beim Kläger durch die Mitgliedschaft beim GBA seit Februar 2008 eingetreten sein.

49
Der Kläger hat geltend gemacht, seit Jahren keine monopolartige Stellung mehr inne zu haben, nachdem sich weitere Berufsboxsport-Verbände gebildet haben, wie GBA und BDF. Diese betrieben ähnlich wie der Kläger die Organisation von Meisterschaftskämpfen und anderen Kämpfen und verliehen an ihre aktiven Mitglieder Boxlizenzen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang behauptet, der Beklagte sei seit Februar 2008 Mitglied des GBA und dort als Boxkämpfer lizenziert. Er habe unter der Aufsicht des GBA im genannten Zeitraum bis heute zahlreiche Boxkämpfe absolviert. Es sei ihm sogar gelungen, einen Weltmeistertitel des Verbandes der WBU zu erringen. Es sei daher falsch, dass die Berufsexistenz des Beklagten durch eine behauptete monopolartige Stellung des Beklagten gefährdet sei. Es sei möglich, mit Lizenzen anderer Berufssportverbände aktiv zu sein.

50
Der Kläger hat das Entstehen eines Schadens auf Seiten des Beklagten nach Grund und Höhe bestritten, selbst für den Fall, dass die Lizenz zu Unrecht verweigert worden wäre. Die vom Beklagten behaupteten entgangenen Kampfbörsen seien in Frage zu stellen. Denn danach hätte der Beklagte in ca. 5 Monaten Kampfbörsen von brutto knapp EUR 70.000,00 erzielt, obwohl er dafür in der Vergangenheit einen Zeitraum von drei Jahren gebraucht habe. Zudem sei der Beklagte in der Vergangenheit nicht selten bereit gewesen, auch für Kampfbörsen in Höhe von EUR 300, wie gegen den Boxer Slonka im Mai 2006, oder für Börsen in Höhe von EUR 600, wie gegen den Boxer Shukala im Januar 2006, anzutreten.

51
Dem Beklagten stehe auch kein Ersatz eines immateriellen Schadens zu. Dies ergebe sich auch daraus, dass er selbst die Grundlage für die Berichterstattung geschaffen habe, da er über eine Internetveröffentlichung selbst die Öffentlichkeit hergestellt habe (vgl. Anlage K 8).

52
Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachärztlichen Gutachtens des Prof. Dr. Km., auf das Bezug genommen wird.

53
Mit Urteil vom 01.09.2017, Az. 315 O 258/08, hat das Landgericht die Widerklage abgewiesen.

54
Gegen diese Klagabweisung wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung, die er frist- und formgerecht eingelegt und begründet hat.

55
Der Beklagte wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Vortrag. Er macht ergänzend geltend, dass entgegen der Auffassung des Landgerichts die im Rahmen des Lizenzentzugsverfahrens eingeholte strittige Untersuchung des Dr. Bl. nicht zur Verweigerung der Erteilung der Startlizenzen herangezogen werden dürfe. Dieses widerspreche nicht nur dem System der sportlichen Regeln des Klägers, sondern führe im Ergebnis auch zu einem Widerspruch mit dem Revisionsurteil des Bundesgerichtshofs und stelle einen nicht mehr mit Art. 12 Abs. 1 GG zu vereinbarenden Eingriff in die Berufsfreiheit des Beklagten dar.

56
Er meint, bei dem Kläger sei das Verfahren zur Ausübung des Berufsboxsports zweistufig geregelt. Für die Teilnahme an einem Wettkampf sei zum einen eine allgemeine Lizenz erforderlich und zum anderen eine gesonderte Startlizenz. Sofern der Boxer im Besitz einer allgemeinen Lizenz sei, sei dementsprechend davon auszugehen, dass er den Leistungsanforderungen an die Ausübung des Boxsportes grundsätzlich genüge. Die Startlizenz stelle dagegen keine Beurteilung der allgemeinen Leistungsfähigkeit des Boxers dar, sondern bewerte insoweit lediglich die konkreten Umstände des angemeldeten Boxkampfes. Die Startlizenz dürfe demnach lediglich verweigert werden, wenn eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers aufgrund besonderer Umstände im konkreten Fall zu befürchten oder aber eine zu große sportliche Überlegenheit des Gegners gegeben sei. Es müssten folglich besondere Gründe vorliegen, die trotz Vorliegens der allgemeinen Leistungsfähigkeit des Boxers – wie sie durch die allgemeine Lizenz gemäß § 2 der SportlR dokumentiert sei – eine Ausübung eines professionellen Wettkampfes im konkreten Fall verhinderten.

57
Das Landgericht habe sich fehlerhaft einzig auf die strittigen Untersuchungen des Dr. Bl. gestützt. Dabei habe das Gericht nicht berücksichtigt, dass nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme gerade nicht zweifelsfrei habe festgestellt werden können, dass die Fähigkeiten des Beklagten nicht mehr denen entsprächen, die an einen Berufsboxer zu stellen seien. Insbesondere der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Km. habe nicht verlässlich feststellen können, dass die attestierte Plaquebildung in der Halsschlagader des Beklagten zu einem fortdauernden Gesundheitsnachteil führt, der über das im Boxsport ohnehin übliche Maß gesundheitlicher Gefahren hinausgehe. Der Sachverständige habe das bestehende Schlaganfallrisiko nicht verlässlich bestimmen können. Er habe auch nicht nachweisen können, dass ein Aufbrechen der Plaque durch einen direkten Boxschlag tatsächlich erfolge. Zudem könne diese Beurteilung ohnehin nur die allgemeine Lizenz des Beklagten betreffen. Für die Verweigerung der Startlizenz hätte es aber konkreter Gesundheitsgefährdungen bedurft, die über die allgemeine Boxfähigkeit hinausgingen. Der Kläger habe aber keine weitergehenden Untersuchungen vor den einzelnen Veranstaltungen vorgenommen oder konkrete Feststellungen über außergewöhnliche Gesundheitsgefährdungen getroffen. Ein neues Verfahren zum Entzug der allgemeinen Boxlizenz habe der Kläger nicht eingeleitet.

58
Der Beklagte ist der Ansicht, das Landgericht habe in unzulässiger Weise die Entscheidung des Bundesgerichtshofs umgangen. Durch die abweichende Entscheidung des Landgerichts werde der Beklagte nämlich so gestellt, als wenn er keine allgemeine Lizenz zur Ausübung des Boxsports besäße. Nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei aber das Gegenteil der Fall.

59
Auch die Feststellungen des Berufungsausschusses zur evidenten Rechtswidrigkeit der Lizenzentziehung würden unterlaufen. Der Berufungsausschuss sei zu Recht zu der Entscheidung gelangt, dass die Entziehung der allgemeinen Lizenz unverhältnismäßig und ermessensfehlerhaft gewesen sei. Diese Punkte schlügen auch auf die Entscheidungen des Klägers zu den Startgenehmigungen durch. Denn auch bei diesen Entscheidungen sei keinerlei erneute Überprüfung des Gesundheitszustandes des Beklagten erfolgt und auch keine Abwägung der widerstreitenden Interessen. Vielmehr sei stets auf die für das Lizenzentzugsverfahren veranlassten Untersuchungen durch Prof. Dr. W. verwiesen worden. Diese Entscheidungen ließen indes nicht erkennen, dass und inwieweit hier seitens des Klägers ein Ermessen ausgeübt bzw. eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen worden sei. Eine solche Vorgehensweise sei mit den verfassungsrechtlichen Wertungen aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.

60
Der Beklagte meint schließlich, dass Landgericht habe die Drittwirkung der Grundrechte und die davon abzuleitenden Anforderungen zur Beweislast verkannt. Es sei verfassungsrechtlich geboten, den Kläger als beweisbelastet zur Rechtfertigung seines Eingriffs in die Berufsfreiheit des Beklagten anzusehen und von ihm den klaren Nachweis zu verlangen, dass das von ihm angeführte erhöhte Gesundheitsrisiko für den Beklagten bestanden habe. Dies sei dem Kläger jedoch nicht gelungen.

61
Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass der Beklagte stets die Möglichkeit gehabt habe, den Berufungsausschuss anzurufen, treffe dies nicht zu, da der Kläger die Zurückweisung der Startgenehmigung stets damit begründet habe, dass der Beklagte überhaupt keine Lizenz mehr beim Kläger habe.

62
Bei den sportlichen Regeln des Klägers handele es sich um Berufszulassungsregeln. Aber selbst wenn es sich lediglich um Berufungsausübungsregeln handeln sollte, müssten diese durch Allgemeinwohlinteressen gerechtfertigt sein. Hinsichtlich einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung müssten sogar Zwecke verfolgt werden, die dem Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsgutes dienten. Gesundheitsgefahren für den Beklagten begründeten aber keine Gründe des Allgemeinwohls. Anderenfalls wären Boxveranstaltungen immer zu untersagen, da bekanntlich immer das Risiko erheblicher Gesundheitsverletzungen bestünde. Ohnehin obliege nach § 28 Abs. 3 der SportlR das gesundheitliche Risiko dem Boxer selbst.

63
Der Beklagte meint, die vorgetragenen Einnahmeeinbußen seien kausal auf die Verweigerung der Startgenehmigungen zurückzuführen.

64
Der Senat hat dem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt für den angekündigten Widerklageantrag zu 1. (bezifferter Schadensersatzanspruch) und den Widerklageantrag zu 3. (immaterieller Schadensersatzanspruch); im Übrigen hat er den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.06.2019). Im Umfang der Versagung von Prozesskostenhilfe hat der Beklagte seinen Berufungsantrag zurückgenommen.

65
Der Beklagte beantragt zuletzt,

66
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg vom 01.09.2017, Az. 315 O 258/08, wie folgt zu erkennen:

67
1. Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagen EUR 256.999,57 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Zustellung des Schriftsatzes vom 05.05.2008 zu zahlen

68
2. …;

69
3. Der Kläger wird verurteilt, an den Beklagten zum Ausgleich des ihm durch die Leugnung der Tatsache, dass der Beklagte amtierender Deutscher Meister des BDB im Schwergewicht ist, entstandenen immateriellen Schadens einen Betrag zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch EUR 5.000,00.

4. …

5. …

70
hilfsweise:

71
Das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 01.09.2017, Az. 315 O 258/08, aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

72
Der Kläger beantragt,

73
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

74
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil. Das Landgericht habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass medizinische Bedenken im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 2 der SportlR des Klägers vorgelegen hätten. Dies habe zur Folge gehabt, dass der Kläger berechtigt gewesen sei, eine Starterlaubnis nach § 4 Abs. 3 der SportlR zu verweigern. Die medizinische Untersuchung des Beklagten im Klinikum B. könne auch zur Begründung der Verweigerung der Startlizenzen herangezogen werden. Es bestehe weder ein Widerspruch zu den sportlichen Regeln des Klägers noch zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Zu der Frage eines Lizenzentzuges oder Lizenzverweigerung aufgrund medizinischer Bedenken habe sich der Bundesgerichtshof nicht geäußert. Eine Startlizenz könne nach § 4 Abs. 3 der SportlR verweigert werden, wenn eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten ist oder aber eine zu große sportliche Überlegenheit des Gegners gegeben ist. Dies erfasse entgegen der Ansicht des Beklagten nicht nur kurzfristig erlittene Verletzungen. Der Gesundheitszustand des Boxers sei sehr wohl auch im Rahmen der Erteilung einer Startlizenz erneut zu überprüfen. Bei der körperlichen Beeinträchtigung des Beklagten handele es sich nicht um einen statischen Zustand, sondern um einen, der mit erheblicher Wahrscheinlichkeit Entwicklungen in negativer Hinsicht unterliege. Die Erteilung der Starterlaubnis sei daher mit besonderer Sorgfalt zu prüfen gewesen.

75
Der Kläger macht geltend, dass bereits die durch Untersuchungen getragene Besorgnis auf Seiten des Beklagten, die Durchführung eines Boxkampfes könne den Boxer in erheblicher Weise und dieses auf Dauer körperlich schädigen, ausreichen müsse, um eine Startlizenz zu versagen. Es könne nicht angehen, dass bei körperlichen Voraussetzungen, wie hier auf Seiten des Beklagten, der Kläger in Ermangelung empirischer Befunde darüber, in welchem Maße Schläge zum Kopf eine Lebensgefahr oder gar den Tod des Boxkämpfers zu verursachen geeignet seien, eine Lizenz erteilen müsse. Der gerichtliche Sachverständige habe die Möglichkeit der Gesundheitsgefährdung durch Schläge an den Kopf des Beklagten für gegeben erachtet. Die Ergebnisse der Untersuchungen im Klinikum B. hätten das Ermessen des Klägers auf null reduziert.

76
Hieran ändere auch das Vorliegen einer allgemeinen Lizenz des Beklagten nichts. Die Aufhebung des Vorstandsbeschlusses sei aus formalen Gründen erfolgt. Allerdings bedeute die Möglichkeit, grundsätzlich an Boxveranstaltungen teilzunehmen, also dort zu kämpfen, nach dem Satzungsgefüge des Klägers nicht zugleich, dass Einzelfallregelungen ausgeschlossen seien. Der Beklagte sei zudem nicht gehindert gewesen, bei anderen Verbänden Boxkämpfe durchzuführen.

77
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die angefochtene Entscheidung, die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 13. Juni 2019 Bezug genommen.

II.

78
Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat die vom Beklagten geltend gemachten Schadensersatzansprüche zu Recht abgewiesen. Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist eröffnet (dazu nachfolgend 1.). Die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche stehen dem Beklagten nicht aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der Satzung des Klägers zu (dazu nachfolgend 2.). Auch die vom Beklagten behauptete Aberkennung und Leugnung des Meistertitels vermögen die geltend gemachten Ansprüche weder ganz noch teilweise zu tragen (dazu nachfolgend 3.). Die Ansprüche finden ferner weder im Deliktsrecht nach § 823 Abs. 1 BGB oder § 826 BGB (dazu nachfolgend 4.) noch im Kartellrecht aus §§ 33 Abs. 3 S. 1, 19 Abs. 1 GWB eine Stütze (dazu nachfolgend 5.). Der vom Beklagten beanspruchte Ersatz des immateriellen Schadens ist ebenfalls zu verneinen (dazu nachfolgend 6.).

1.

79
Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten ist eröffnet. Dass das Begehren des Beklagten, auch soweit inzident eine Überprüfung von Entscheidungen des Vorstandes des Klägers erforderlich ist, der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterliegt, steht zwischen den Parteien zu Recht nicht in Streit. Der Bundesgerichtshof hat in Bezug auf die zwischen den Parteien zuvor anhängige Feststellungsklage festgestellt, dass der Streitfall keine Angelegenheit der inneren Ordnung eines Vereins betrifft, für die die Befassung der ordentlichen Gerichtsbarkeit in früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung versagt wurde, solange nicht die Mitgliederversammlung darüber Beschluss gefasst hatte (BGH, Urteil vom 23. April 2013 – II ZR 74/12, BGHZ 197, 162 = NJW-RR 2013, 873, Rn. 18 – Berufsboxer). Dies gilt auch für die nunmehr zur Entscheidung stehende Widerklage des Beklagten auf Zahlung von Schadensersatz und weiteren Feststellungszielen.

2.

80
Das Landgericht hat den vom Beklagten geltend gemachten Schadensersatzanspruch nach dem Widerklageantrag zu Ziffer 1. zu Recht abgewiesen. Ein solcher Anspruch steht dem Beklagten nicht aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB in Verbindung mit der Satzung des Klägers zu. Zwar sind die vereinsrechtlichen Entscheidungen des Klägers gerichtlich vollständig überprüfbar (dazu nachfolgend a). Die angegriffenen Versagungsentscheidungen des Klägers stellen jedoch keine Pflichtverletzungen im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar (dazu nachfolgend b). Sie wahren hinreichend die widerstreitenden Grundrechte der Parteien (dazu nachfolgend c). Den geltend gemachten Schadensersatzansprüchen fehlt es damit auch an der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität (dazu nachfolgend d). Dies gilt auch in Bezug auf die wegen der Entziehung der allgemeinen Lizenz ausgefallenen Boxveranstaltung am 21.09.2007 in Lübeck.

a)

81
Nach ständiger Rechtsprechung unterliegen disziplinarische Entscheidungen eines Verbandsgerichts wegen der grundgesetzlich garantierten Verbandsautonomie einer nur beschränkten Kontrolle durch ein staatliches Gericht. Dieses darf nur überprüfen, ob der Betroffene der Vereinsstrafgewalt unterliegt, die Sanktion eine Grundlage im Gesetz oder einer wirksamen Satzung hat, unter Beachtung dieses Regelwerks und allgemeiner Verfahrensgrundsätze ergangen, mit staatlichem Recht vereinbar und nicht grob unbillig oder willkürlich ist. Dabei unterliegt das vereinsrechtliche Regelwerk sog. sozialmächtiger Verbände der Überprüfung auf seine inhaltliche Angemessenheit unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben (§ 242 BGB), und zwar sowohl im Hinblick auf die Beziehungen zu Mitgliedern als auch zu Nichtmitgliedern. Die Gerichte haben auch darüber befinden, ob die Tatsachen, die der Entscheidung des Verbandsgerichts zugrunde gelegt wurden, bei objektiver und an rechtsstaatlichen Grundsätzen ausgerichteter Tatsachenermittlung zutreffend festgestellt worden sind (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1983 – II ZR 138/82, BGHZ 87, 337 = NJW 1984, 918, 919; Urteil vom 28. November 1994 – II ZR 11/94, BGHZ 128, 93 = NJW 1995, 583, 587; Urteil vom 09. Juni 1997 – II ZR 303/95, NJW 1997, 3368; OLG Frankfurt, Urteil vom 18. Mai 2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117, 1118; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juli 2014 – VI-U (Kart) 40/13, NJOZ 2015, 858, Rn. 17; KG, Urteil vom 21. November 2014 – 17 U 9/14, NJOZ 2015, 1327, Rn. 14; Urteil vom 28. November 2018 – 24 U 75/18, BeckRS 2018, 39997, Rn. 12).

82
Die Anwendung des Vereinsrechts und die Strafbemessung sind zudem vollständig auf ihre Billigkeit (nicht nur auf grobe Unbilligkeit) gerichtlich nachprüfbar, wenn es sich um die Disziplinarmaßnahme eines Monopolverbands oder von Vereinigungen mit einer überragenden Machtstellung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich handelt, bei denen die Mitgliedschaft für den Einzelnen aus beruflichen, wirtschaftlichen oder sozialen Gründen von erheblicher Bedeutung ist (vgl. BGH, NJW 1995, 583, 587; NJW 1997, 3368). In einem solchen Fall erstreckt sich die Kontrollbefugnis des angerufenen Gerichts auch auf die inhaltliche Angemessenheit der angewandten Bestimmungen gemäß § 242 BGB, die einen angemessenen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen des Verbandes und den schutzwürdigen Interessen derjenigen herstellen müssen, die seiner Verbandsgewalt unterworfen sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. Juli 2014 – VI-U (Kart) 40/13, NJOZ 2015, 858, Rn. 17).

83
Dieser Prüfungsmaßstab gilt auch im Streitfall. Zwar handelt es sich im Falle der Lizenzentziehung oder Lizenzverweigerung aus gesundheitlichen Gründen nicht um eine disziplinarische Maßnahme. Jedoch ist die Anwendung des genannten Prüfungsmaßstabs zur Wahrung eines angemessenen Rechtsschutzes auch im Falle sonstiger, nicht disziplinarischer Maßnahmen des Vereins gegenüber Mitgliedern geboten (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 25, Rn. 29), zumal wenn sie – wie vorliegend – die Möglichkeit des Mitglieds berühren, im Rahmen seiner Vereinsmitgliedschaft professionell den Boxsport auszuüben (Senat, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 U 10/10).

b)

84
Die angegriffenen Versagungsentscheidungen des Klägers stellen keine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB dar. Zwar gewährt nach Art. 2 Abs. 2 Satz 2 der Satzung der Kläger den ihm angeschlossenen Berufsboxern und Berufsboxerinnen und seinen weiteren Lizenzträgern die Genehmigung für die von einer Lizenz abhängigen Tätigkeit bei Veranstaltungen im Bundesgebiet und im Ausland. Die ablehnenden Beschlüsse des Vorstandes des Klägers vom 10.12.2007 (Anlage WK 7), vom 19.02.2008 (Anlage WK 12) und vom 28.03.2008 (Anlage WK 15) halten indes der rechtlichen Nachprüfung gemessen an den obigen Vorgaben Stand. Der Kläger war befugt, die streitgegenständlichen Entscheidungen zu treffen (dazu nachfolgend aa). Die Entscheidungen des Klägers über die Verweigerung der Starterlaubnisse ergingen verfahrensfehlerfrei (dazu nachfolgend bb). Ein Vorrang der Lizenzentziehung gegenüber der Versagung der Starterlaubnis besteht nicht (dazu nachfolgend cc). Die Entscheidungen erweisen sich auch in der Sache als berechtigt (dazu nachfolgend dd).

aa)

85
Der Kläger war befugt, die streitgegenständlichen Entscheidungen zu treffen. Beschlüsse, die in Ausübung der aus der Vereinsautonomie gemäß Art. 9 GG hergeleiteten Sanktionsgewalt Disziplinarmaßnahmen zum Gegenstand haben, bedürfen einer hinreichend bestimmten Grundlage, damit der Regelunterworfene einen eventuell drohenden Rechtsnachteil erkennen und entscheiden kann, ob er diesen hinnehmen bzw. ob er sein Verhalten danach einrichten will (BGH, Urteil vom 20. September 2016 – II ZR 25/15, NJW 2017, 402, Rn. 36). Der Kläger konnte sich im Streitfall auf eine hinreichend bestimmte Grundlage für seine Entscheidung stützen. Nach Art. 11 Abs. 3 der Satzung ist der Vorstand des Klägers berechtigt, einen befristeten oder endgültigen Lizenzentzug anzuordnen. Nach Art. 28 Abs. 3 der Satzung erteilt der Vorstand des Klägers nach Maßgabe der Satzung und der Sportlichen Regeln die Lizenz oder versagt diese unter Angaben von Gründen. Nach § 3 Abs. 1 der SportlR darf bei medizinischen Bedenken die Lizenz des Boxers für gewisse Zeit oder auf Dauer durch den Kläger entzogen werden. Nach § 4 Abs. 3 SportlR ist der Kläger berechtigt, die Starterlaubnis zu verweigern. Entgegen der Ansicht des Beklagten obliegt die Entscheidung über den Start bei einem Wettkampf auch nicht ausschließlich nach § 18 Abs. 2 der SportlR dem Ringarzt vor jedem einzelnen Kampf. Denn diese Regelung betrifft nur die tatsächliche „Durchführung der Boxkämpfe und die medizinische Betreuung“, wie die Überschrift schon besagt, und nicht die vom Kläger vorab zu bescheidende Starterlaubnis.

bb)

86
Die Entscheidungen des Vorstands des Klägers über die Verweigerung der Starterlaubnisse ergingen verfahrensfehlerfrei.

87
(1) Nach § 4 Abs. 3 SportlR ist der Kläger berechtigt, die Starterlaubnis insbesondere zu verweigern, wenn eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten ist oder aber eine zu große sportliche Überlegenheit des Gegners gegeben ist. Nach § 4 Abs. 5 SportlR kann der Kläger dem Boxer im Falle gesundheitlicher Gefährdung oder wenn ein Vertrauensarzt des Klägers aufgrund seines Befundes es für nötig hält, eine Sperrzeit auferlegen. Nach § 24 Abs. 2 SportlR muss jeder Boxer, der durch technischen K.O. aufgrund von Kopftreffern einen Kampf verloren hat, eine Zwangspause von sechs Wochen absolvieren. Innerhalb dieser Zeit oder unmittelbar nach der Zwangspause ist eine erneute ärztliche Untersuchung durch den Vertrauensarzt des Klägers erforderlich. Weitere verfahrensmäßige Vorgaben enthält die Satzung in Bezug auf die Entscheidung über die Starterlaubnis nicht; eine Verfahrensordnung, wie für den Berufungsausschuss (vgl. Anlage B 2), gibt es für den Vorstand nicht.

88
(2) Der Kläger hat seine Entscheidung vom 10.12.2007 mit den erhobenen Befunden im Klinikum B. begründet (Anlage WK 7). Diese waren nach dem gegen Odlanier Solis-Fonte am 27.04.2007 wegen K.O. in der ersten Runde abgebrochenen Kampfes im Wege einer vertrauensärztlichen Untersuchung eingeholt worden (§ 24 Abs. 2 SportlR). Diese Untersuchungsergebnisse sind dem Beklagten im Vereinsberufungsverfahren offenbart worden. Eine etwaige im Lizenzentziehungsverfahren erfolgte Verletzung des rechtlichen Gehörs des Beklagten ist im Vereinsberufungsverfahren (sowie im sich anschließenden gerichtlichen Verfahren) geheilt worden, weil der Beklagte im Zuge dieser Verfahren Gelegenheit hatte, sich in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zu der vom Kläger getroffenen Entscheidung zu äußern (Senat, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 U 10/10). Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung durch den Kläger bestehen daher nicht. Die für die Entscheidungen maßgebliche Tatsachengrundlage war auch für den Beklagten nach Abschluss des Verfahrens vor dem Berufungsausschuss klar. Die maßgebliche medizinische Anknüpfungstatsache (arteriosklerotischer Befund) als solche steht zwischen den Parteien auch nicht im Streit; im Streit steht im Wesentlichen nur ihre Bewertung. Der Kläger hat in dem Schreiben angeführt, die Versagung der Lizenz und der Auslandsstartgenehmigung erfolge zum Schutz des Beklagten und zum Schutz des Ansehens des Klägers. Der Kläger kündigte ferner in diesem Schreiben die Erhebung einer negativen Feststellungsklage an mit dem Ziel, die Lizenzversagung gerichtlich feststellen zu lassen. Der Kläger belehrte den Beklagten über die Möglichkeit der Anrufung des Berufungsausschusses. Hiervon machte der Beklagte keinen Gebrauch. Dass der Kläger nicht zudem den beabsichtigten Kampfgegner und dessen Stärke in die Abwägung einbezogen hat, ist demgegenüber unschädlich, da es – für den Beklagten ersichtlich – für die Entscheidung des Klägers nicht darauf ankam. Zwar ist dem Schreiben keine Auseinandersetzung mit den gegenteiligen Interessen des Beklagten zu entnehmen. Zumindest ergibt sich aus der Bezugnahme auf die eigene Gesundheit des Beklagten, dass der Kläger dieser den Vorrang gegenüber dem Interesse, als Berufsboxer auftreten zu können, eingeräumt hat.

89
(3) In den weiteren Entscheidungen vom 19.02.2008 (Anlage WK 12) und vom 28.03.2008 (Anlage WK 15) hat der Kläger auf die Entscheidung vom 10.12.2007 Bezug genommen. Der Kläger hat aber zugleich deutlich gemacht, dass er es dauerhaft so sehe, dass der Beklagte keine Boxkämpfe mehr durchführen könne.

cc)

90
Die Entscheidungen des Klägers erweisen sich entgegen der Annahme des Beklagten nicht deshalb als fehlerhaft, weil der Kläger nicht nach der Entscheidung des Berufungsausschusses zunächst erneut die Entziehung der allgemeinen Lizenz angeordnet hat. Ein solcher vom Beklagten behauptete Vorrang besteht tatsächlich nicht.

91
(1) Zwar trifft es zu, wenn der Beklagte darauf hinweist, dass er durch die Versagung der Startlizenz des Klägers so gestellt ist, als wenn er keine allgemeine Lizenz zur Ausübung des Boxsports besäße. Es trifft ebenfalls zu, dass nach dem vereinsinternen Regelwerk zu unterscheiden ist zwischen der allgemeinen Lizenz (§ 3 SportlR) und der jeweiligen Startlizenz (§ 4 SportlR). Allerdings lässt sich dem Regelwerk kein Vorrang der Lizenzentziehung vor der Verweigerung von Starterlaubnissen entnehmen. Weder lässt sich dem vereinsinternen Regelwerk entnehmen, dass bei grundsätzlichen medizinischen Bedenken vorrangig die allgemeine Lizenz nach § 3 SportlR zu entziehen wäre, noch, dass für jeden Boxer, der im Besitz einer allgemeinen Lizenz ist, automatisch davon auszugehen ist, dass er den Leistungsanforderungen an die Ausübung des Boxsportes grundsätzlich genügt.

92
(2) Insbesondere trifft die Behauptung des Beklagten nicht zu, im Rahmen der Erteilung der Startlizenz sei keine Beurteilung der allgemeinen Leistungsfähigkeit des Boxers eröffnet, sondern es seien ausschließlich die konkreten Umstände des angemeldeten Boxkampfes zu bewerten. Diese Auffassung findet weder im Wortlaut der betreffenden Regeln eine Stütze noch wird sie den zu berücksichtigenden Interessen gerecht. Vielmehr ist der anzulegende Maßstab im Kern derselbe. Dies ergibt sich aus Folgendem:

93
Nach § 4 Abs. 3 SportlR ist der Kläger berechtigt, die Starterlaubnis insbesondere zu verweigern, wenn eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten ist. Diese anzustellende Prognoseentscheidung deckt sich mit der Regelung des § 3 Abs. 1 S. 1 SportlR, wonach bei Berufsboxern, bei denen eine gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist, diese sich einer vertrauensärztlichen Untersuchung zu unterziehen haben. Schon nach dem Wortlaut unterscheiden sich die Anforderungen beider Regelungen daher im Kern nicht. Nach § 4 SportlR kann die Starterlaubnis bei einer zu befürchtenden Gefährdung eines Boxers versagt werden, nach § 3 SportlR ist eine vertrauensärztliche Untersuchung anzuordnen. Nach dem Wortlaut genügt also bei § 4 SportlR bereits die Befürchtung für die Versagung, bei § 3 SportlR ist sie die Grundlage einer weiteren Sachverhaltsaufklärung. In beiden Fällen handelt es sich um eine Prognoseentscheidung in Bezug auf die Gesundheitsgefahr. Der Maßstab, der sich dann an die vertrauensärztliche Untersuchung anknüpft – das Vorliegen medizinischer Bedenken – gilt für beide Lizenzbereiche gleichermaßen. Wenn sich in dieser Untersuchung medizinische Bedenken ergeben, kann die Lizenz des Boxers nach § 3 SportlR für gewisse Zeit oder auf Dauer entzogen werden – dann muss auf derselben Tatsachenbasis auch eine Starterlaubnis verweigert werden können. Damit liegt die Messelatte des § 4 SportlR gerade nicht höher als die des § 3 SportlR, wie der Beklagte meint, sondern deckt sich mit dieser.

94
Diese Auslegung findet auch in Sinn und Zweck der SportlR, den wechselseitigen Interessen und dem satzungsmäßigen Zusammenhang ihre Stütze. Zwar trifft es zu, dass, worauf der Beklagte hinweist, Sinn und Zweck der Prüfung der Erteilung einer Startlizenz ist, eine Einzelfallprüfung mit Blick auf den konkreten Kampf und den konkreten Gegner vorzunehmen. Allerdings kann dies nicht bedeuten, dass der Kläger mit Blick auf längerfristige gesundheitliche Dispositionen, die zum Entzug der allgemeinen Lizenz führen können, präkludiert wäre. Im Gegenteil, vielmehr sind längerfristige gesundheitliche Dispositionen selbstverständlich auch im Rahmen der Erteilung der Startlizenz berücksichtigungsfähig. Wollte man das anders sehen, würde es dazu führen, dass der Kläger Boxern eine Starterlaubnis erteilen müsste, obwohl er weiß, dass bereits eine grundsätzliche gesundheitliche Disposition ein zu hohes Risiko für den betreffenden Boxer birgt, mit entsprechenden Folgen für die Außenwirkung des Boxsports, sollte sich das Risiko aufgrund des Kampfes realisieren.

95
In diesem Zusammenhang ist nicht zu verkennen, dass die Erteilung der Starterlaubnis die für die Gesundheit des Boxers und das Ansehen des Sports in der Öffentlichkeit gefahrgeneigtere Entscheidung ist. Mit der erteilten Starterlaubnis kann der Boxer – vorbehaltlich der Freigabe durch den Ringarzt, § 18 SportlR – in den Ring steigen; mit der allgemeinen Lizenz ist hingegen die drohende Gefahr noch abstrakt. Auch ist denkbar, dass eine allgemeine Lizenz bestehen bleiben kann, solange gewährleistet ist, dass keine Starterlaubnis für einen Kampf mit einem (zu) überlegenen Gegner erteilt wird. Mit der Starterlaubnis wird damit zum einen die Schwelle von der abstrakten zu konkreten Gefahr überschritten und zum anderen dem Verband die Möglichkeit an die Hand gegeben, einen im Kern gesunden Boxer vor einer Gefährdung durch einen ungleichen Kampf zu bewahren. Daher ist die Versagung der Starterlaubnis das gegenüber dem allgemeinen Lizenzentzug mildere Mittel.

96
(3) Im Streitfall ist ferner zu berücksichtigen, dass die Entscheidung des Vorstands des Klägers, dem Beklagten die allgemeine Lizenz zu entziehen, zwar vom vereinsinternen Berufungsausschuss aufgehoben worden ist. Es erweist sich aber nicht als unbillig, dass sich der Kläger, vertreten durch seinen Vorstand, daraufhin nicht erneut für eine Lizenzentziehung entschieden hat, sondern für die Erhebung der Klage vom 12.12.2007, mit welcher er die Feststellung begehrt hat, dass der Kläger mit Vorstandsbeschluss vom 13.08.2007 dem Beklagten die Lizenz als Berufsboxer zu Recht entzogen hat. Gerade in seiner solchen Situation war es nicht unsachgemäß, anstelle einer erneuten proaktiven Entziehungsentscheidung reaktiv über eine jeweils beantragte Startlizenz zu entscheiden.

97
(4) Diese Beurteilung des Senats steht auch nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des Berufungsausschusses des Klägers und zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dieser Sache. Der Bundesgerichtshof hat sich allein mit formalen Fragen des Bestehens einer Lizenzentziehungsentscheidung befasst, nicht aber mit der Frage der medizinischen Bedenken. Auch der Berufungsausschuss hat ausschließlich aus formalen Gründen die Entscheidung des Klägers aufgehoben und klargestellt, dass der Kläger nach seiner Auffassung befugt gewesen sei, einen neuen Beschluss zu erlassen, der dann den verfassungsrechtlichen Vorgaben, einschließlich des Rechts auf Gehör, entspricht.

98
(5) Im Übrigen hat der Beklagte seinen Schadensersatzanspruch ohnehin nicht darauf gestützt, dass er gleichsam im guten Glauben an die beim Kläger bestehende allgemeine Lizenz von einem Wechsel zu einem anderen Verband abgesehen habe und daher der Haftungsgrund das enttäuschte Vertrauen aufgrund der Versagung der jeweiligen Starterlaubnis sei. Der Beklagte hat vielmehr durchgehend geltend gemacht, dass die anderen Verbände es von der Bedeutung her mit dem Kläger nicht aufnehmen könnten.

dd)

99
Mit den drei Entscheidungen, die jeweils beantragten Starterlaubnisse nicht zu erteilen, hat der Kläger keine Pflichtverletzung begangen. Dass sich der Kläger in der Sache jeweils zu Unrecht auf medizinische Bedenken berufen hat, lässt sich zugunsten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten nicht feststellen.

100
(1) Nach den allgemeinen Regeln trägt der Gläubiger eines schuldrechtlichen Schadensersatzanspruchs die Beweislast für die Pflichtverletzung, die Schadensentstehung und den Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden (vgl. nur Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 280 Rn. 34). Diese Grundsätze finden auch im Streitfall Anwendung. Es obliegt daher dem Beklagten, darzulegen und zu beweisen, dass der Kläger nicht berechtigt gewesen ist, die Starterlaubnisse zu verweigern. Damit war es Sache des Beklagten darzulegen und zu beweisen, dass keine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten war bzw. keine medizinischen Bedenken bestanden haben. Der Einwand des Beklagten, es sei verfassungsrechtlich geboten, den Kläger als beweisbelastet zur Rechtfertigung seines Eingriffs in die Berufsfreiheit des Beklagten einzustufen, verfängt nicht. Weder der Wortlaut des Regelwerks noch die Interessenlage gebieten unter Berücksichtigung der wechselseitigen Grundrechte, dass der Kläger nur dann befugt wäre, eine Startlizenz zu verweigern, wenn ein tatsächliches oder erhöhtes Gesundheitsrisiko für den Boxer feststeht (vgl. dazu auch nachfolgend II. 2. c).

101
(2) Der Senat kann im Streitfall nicht zugunsten des Beklagten feststellen, dass keine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten war bzw. keine medizinischen Bedenken bestanden haben. Wie der Senat bereits in seinem Berufungsurteil vom 2. Februar 2012 zur Feststellungsklage des Klägers zu § 3 Abs. 1 S. 2 SportlReg ausgeführt hat, bestehen im Falle des Beklagten angesichts der am 05.07.2007 im Klinikum B. durchgeführten vertrauensärztlichen Untersuchungen, die im maßgeblichen Punkt – arteriosklerotische Veränderungen im Bereich der rechten Arteria carotis – durch das im Rahmen der gerichtlichen Beweisaufnahme eingeholte Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Km. bestätigt werden, solche medizinischen Bedenken:

102
(1) Der Begriff der „medizinischen Bedenken“ wird in § 3 Abs. 1 S. 2 SportlR nicht näher definiert. Er ist im Einklang mit der Satzung des Klägers auszulegen (s.o. unter c]). Dass der Kläger die Übernahme der mit der Ausübung des Boxsports üblicherweise verbundenen gesundheitlichen Risiken durch die Boxer in Kauf nimmt, kann Art. 28 der Satzung entnommen werden. Art. 28 Abs. 1 S. 3 bis 5 der Satzung bestimmt, dass dem den Berufsboxsport Ausübenden die gesundheitlichen Risiken seiner Tätigkeit bekannt sind, er seinen Beruf aufgrund eines freien Entschlusses und auf eigene Gefahr ausübt, Ansprüche des Berufsboxers auf Schadensersatz infolge beruflicher Schadenfälle gegen den Kläger nicht geltend gemacht werden können und der Berufsboxer mit seinem Eintritt ausdrücklich auf solche Ansprüche verzichtet. Andererseits ist der Kläger nach der Präambel der Satzung dem Ziel verpflichtet, boxsportinteressierte Kreise im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zusammenzuführen und den Boxsport zu fördern, in sozial- und gesellschaftspolitischer Verantwortung zu handeln und seine Tätigkeit in herausragendem Maße am Gebot der sportlichen Fairness auszurichten. Der Förderung des Boxsports, insbesondere seinem öffentlichen Ansehen, dient nur eine solche Lizenzpraxis, die sicherstellt, dass die von dem Kläger lizenzierten Boxer nicht übermäßigen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt werden. Die Zulassung solcher übermäßigen Gefahren durch den Kläger könnte auch kaum als sozial- und gesellschaftspolitisch verantwortlich bezeichnet werden. Es entspricht schließlich auch nicht sportlicher Fairness, einen mit einem übermäßigen gesundheitlichen Risiko belasteten Boxer in einen unter dem Risikoaspekt „ungleichen Kampf“ eintreten zu lassen. Die Möglichkeit der Versagung der Lizenz „nach Maßgabe der Satzung und der Sportlichen Regeln“ ist in Art. 28 Abs. 3 der Satzung ausdrücklich vorgesehen.

103
Für eine Sichtweise, die „medizinische Bedenken“ nicht bereits aus üblicherweise bestehenden, sondern erst im Vergleich zum Üblichen übermäßigen Gesundheitsgefahren ableitet, spricht auch Satz 1 des § 3 Abs. 1 SportlR: danach ist eine vertrauensärztliche Untersuchung bei solchen Berufsboxern erforderlich, deren Fähigkeiten nicht mehr den Leistungsanforderungen entsprechen, die man billigerweise an einen Berufsboxer stellt und bei denen aufgrund dessen eine gesundheitliche Gefährdung zu befürchten ist. Bei sinnvollem, an der Satzung des Klägers orientiertem Verständnis bezeichnet der Begriff der „medizinischen Bedenken“ mithin solche Risiken, die über das im Boxsport ohnehin übliche Maß gesundheitlicher Gefahren hinausgehen und daher im wohlverstandenen Interesse des betroffenen Mitglieds sowie des Vereins insgesamt nicht hinnehmbar sind. Je größer der drohende gesundheitliche Schaden ist, umso geringere Anforderungen sind hierbei an die Schadenswahrscheinlichkeit zu stellen.

104
(2) Die von Dr. Bl. aus dem Klinikum B. durchgeführte gefäßchirurgische Beurteilung (Anlage K 4) ergab bei dem Beklagten in der rechten hirnversorgenden Halsschlagader (Arteria carotis interna) arteriosklerotische Veränderungen, die über der Altersnorm liegen, sowie aufgrund von Wandunregelmäßigkeiten im weiteren Gefäßverlauf auch der Verdacht auf eine alte Dissektion (Auftrennung der Wandschichten). Die Kernspintomographie durch Dr. N. (Anlage K 5) ergab deutliche arteriosklerotische Wandunregelmäßigkeiten im Bereich des rechtsseitigen Internaabganges, die deutlich über das Altersmaß hinausgingen. Den vorgenannten arteriosklerotischen Befund nimmt der Beklagte – anders als die von ihm angegriffene Bewertung des Dr. Bl., eine weitere Ausübung des Boxsports durch den Beklagten könne mit einem erheblich erhöhten Schlaganfallrisiko verbunden sein – hin. In der ebenfalls durch Dr. N. durchgeführten neurologischen Untersuchung (Anlage K 6) bezeichnete dieser den klinisch-neurologischen Untersuchungsbefund insgesamt als „regelrecht“. Die neuropsychologische Untersuchung durch den Dipl.-Psych. R. (Anlage K 7) ergab leichte bis mittelschwere Behinderungen im verbalen Gedächtnis, die auf wiederholte Schläge am Kopf in der Vergangenheit zurückzuführen seien („minor traumatic brain injury“) sowie altersbezogen durchschnittliche Testergebnisse im Bereich der Reaktionsschnelligkeit, die allerdings nicht – wie nach der Bewertung des Dipl.-Psych. R. bei einem aktiven Boxer erforderlich – im oberen Normbereich lägen.

105
Der Risikobewertung durch Dr. Bl. tritt der Beklagte mit der Stellungnahme des Prof. Dr. W. vom Institut für Sportmedizin an der Universität G. (Anlage K 9) entgegen, nach dessen Auffassung der festgestellte Befund eines kleineren kalzifizierten Plaques im Bereich der rechten hirnversorgenden Arterie keine Kontraindikation gegen eine Titelverteidigung mit zwei Aufbaukämpfen zur Vorbereitung mit „leichteren“ Gegnern sei. Der Beklagte schneide bei von einem der Doktoranden des Lehrstuhls durchgeführten Untersuchungen und Tests über seine Fitness, seine körperliche, kardiozirkulatorische und metabolische Leistungsfähigkeit stets sehr gut, also entsprechend trainiert, ab. Auch der von dem Beklagten konsultierte Orthopäde und Sportmediziner Dr. H. in G. konstatierte aus orthopädischer und neurologischer Sicht keinerlei Einschränkungen der Boxfähigkeit (Anlage B 3). Die Untersuchung durch Dr. Ri. am 21.4.2008 habe ebenfalls keinen pathologischen Befund ergeben (Anlage WK 2).

106
Der gerichtliche Sachverständige Prof. Dr. Km. bestätigt die Feststellung solitärer Plaques rechts im Abgang der Arteria carotis interna ohne den Nachweis einer hämodynamisch relevanten Stenose (S. 9 des Gutachtens). Prof. Dr. Km. führt aus, dass die Hauptgefahr eines Schlaganfalls durch plötzliches, auch ohne äußere Einwirkungen auftretendes Aufbrechen der dünnen Endothelschicht („Kappe“) der Plaques begründet werde, welche die Plaques häufig bedeckten. Im Falle des Beklagten sei das momentane Spontanrisiko eines – mithin nicht durch äußerliche Einwirkung hervorgerufenen – Schlaganfalls durch diese Plaque als sehr niedrig einzustufen. Ein Aufbrechen der Plaque durch einen direkten Schlag beim Boxen sei vorstellbar, das hierfür bestehende Risiko allerdings mangels wissenschaftlicher Untersuchungen nicht fundiert zu beurteilen (S. 13 des Gutachtens). Nach der antiken ärztlichen Maxime „salus aegroti suprema lex“ werde man dem Beklagten abraten müssen, in den Boxring zu steigen; heutzutage habe jedoch der Arzt dem Willen des Patienten im Konfliktfall den höheren Stellenwert einzuräumen.

107
(3) Im vorliegenden Fall lässt sich zwar, wie der Sachverständige Prof. Dr. Km. überzeugend ausgeführt hat, das durch den festgestellten arteriosklerotischen Befund bestehende Schlaganfallrisiko des Beklagten mangels einschlägiger wissenschaftlicher Untersuchungen nicht verlässlich bestimmen. Allerdings übersteigt – wie unstreitig ist – die bei dem Beklagten bestehende Plaquebildung in der Halsschlagader, welche aufbrechen und dann einen Schlaganfall verursachen kann, den altersbezogenen Durchschnittswert. Es ist also von einer gegenüber den Angehörigen derselben Altersklasse ungünstigeren gesundheitlichen Disposition des Beklagten auszugehen. Der Sachverständige hat ferner ausgeführt, dass ein Aufbrechen der Plaque durch einen direkten Boxschlag vorstellbar sei. Auch wenn die hieraus folgende Erhöhung des Schlaganfallrisikos gegenüber anderen Berufsboxern nicht verlässlich angegeben werden kann, so ist festzustellen, dass die gesundheitliche Disposition des Beklagten hinter derjenigen eines insoweit gesundheitlich unbelasteten Boxers zurückbleibt und dass aus fachlicher Sicht vorstellbar ist, dass dieser Gesundheitsnachteil in Verbindung mit einem Boxschlag zu einem Schlaganfall führen kann. Angesichts der potentiell lebensgefährlichen Auswirkungen eines Schlaganfalls reicht schon diese Feststellung aus, um „medizinische Bedenken“ im Sinne des § 3 Abs. 1 S. 2 SportlR zu begründen. Die von dem Beklagten vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen des Prof. Dr. W. und des Dr. H. entkräften die vorgenannte Feststellung nicht, denn sie befassen sich nicht spezifisch mit der auf die unstreitig bestehenden arteriosklerotischen Ablagerungen bezogenen Risikobewertung. Die Feststellungen der Frau Dr. Ri. stehen mit den Untersuchungsergebnissen der Dres. Bl. und N. sowie des Prof. Dr. Km. insofern in Einklang, als auch jene keine Stenose, also eine bereits wirkende Gefäßverengung, diagnostiziert haben, können jedoch mangels diesbezüglicher Aussage dem Befund einer nicht altersgerechten Plaquebildung nicht entgegengehalten werden.

108
(4) Da es sich bei der nachteiligen gesundheitlichen Disposition des Beklagten um einen irreversiblen Zustand handelt, kam – entgegen der Auffassung des Berufungsausschusses (Ziff. 15 des Beschlusses vom 13.11.2007, Anlage K 12) – auch der auf gewisse Zeit befristete Lizenzentzug nicht in Betracht. Mit einer zum Vorteil des Beklagten wirkenden Veränderung der Risikolage ist nicht zu rechnen.

109
(3) Diese Grundsätze gelten, wie ausgeführt, auch für die Entscheidung über die Verweigerung der Starterlaubnis nach § 4 Abs. 3 SportlR. Es bestanden tatsächliche Anhaltspunkte, weshalb der Kläger eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers zu befürchten hatte, so dass die Versagung der jeweiligen Starterlaubnis nach § 4 Abs. 3 SportlReg nicht unbillig war. Es handelt sich hierbei um eine Prognoseentscheidung. Der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung steht entgegen der Auffassung des Beklagten nicht entgegen, dass der Sachverständige das bestehende Schlaganfallrisiko nicht verlässlich zu bestimmen vermochte. Denn zum einen obliegt es, wie ausgeführt, dem Beklagten, das Nicht-Bestehen von Anhaltspunkten, die eine gesundheitliche Gefährdung des Boxers befürchten lassen, darzulegen und beweisen – was dem Beklagten nicht gelungen ist. Zum anderen ist mit dem Kläger davon auszugehen, dass bei den unstreitig gegebenen körperlichen Voraussetzungen des Beklagten der Kläger nicht verpflichtet war, in Ermangelung empirischer Befunde darüber, in welchem Maße Schläge zum Kopf eine Lebensgefahr oder gar den Tod des Boxkämpfers zu verursachen geeignet sind, eine Startlizenz zu erteilen.

110
Dabei handelt es sich bei der Entscheidung des Klägers nicht um eine private Entscheidung, sondern um die eines Verbandes, der noch weitere Interessen zu berücksichtigen hat, wie das Ansehen des Boxsports und auch das Ansehen seiner selbst. Auch die Gewichtigkeit der mit der Starterlaubnis möglicherweise drohenden Folgen durfte und musste der Kläger berücksichtigen. Es ist – ungeachtet der bis ins Jahr 2013 dokumentierten, durchaus auch erfolgreich fortgesetzten Karriere des Beklagten – mit Blick auf die ex-ante zu beurteilende Gefährdungslage ferner zu berücksichtigen, dass der Beklagte zu den jeweiligen Zeitpunkten fast oder schon 45 Jahre alt war, seine beiden letzten Kämpfe durch technischen K.O. verloren hatte und im zweiten auch bereits in der ersten Runde zu Boden gegangen war. In einer solchen Situation erscheint es nicht unbillig, das Ansehen des Boxsports zu schützen und den Beklagten mit seiner gesundheitlichen Disposition davor bewahren zu wollen, sein Karriereende aus finanziellen Erwägungen immer weiter nach hinten zu schieben.

c)

111
Die Beschlüsse des Klägers berücksichtigen auch hinreichend die widerstreitenden Grundrechte der Parteien.

aa)

112
Im Rahmen der an dem Maßstab von Treu und Glauben (§ 242 BGB) orientierten Billigkeitsprüfung ist im Streitfall zu fragen, ob die vom Kläger beschlossene Verweigerung der Starterlaubnisse die durch Art. 12 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen der Berufsfreiheit wahrt. Zwar betreffen die Grundrechte primär das Verhältnis des Bürgers gegen den Staat, jedoch ist anerkannt, dass die in ihnen enthaltenen Wertentscheidungen im Wege der sogenannten mittelbaren Drittwirkung insbesondere über die gesetzlichen Generalklauseln – etwa § 242 BGB – in das Privatrecht hineinwirken (st. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 30. Juli 2003 – 1 BvR 792/03, NJW 2003, 2815; BGH, Urteil vom 23. November 1998 – II ZR 54/98, NJW 1999, 1326; Palandt/Grüneberg, aaO., § 242 BGB Rn. 8).

113
(1) Die Verweigerung der Starterlaubnisse stellt, ebenso wie der Lizenzentzug – einen Eingriff in die Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG dar. Denn der Beklagte wird dadurch in seiner beruflichen Betätigung als professioneller Boxer getroffen, indem er von der Teilnahme an den vom Beklagten gewünschten Sportveranstaltungen als Berufsboxer ausgeschlossen wird. Allerdings ist insoweit nicht zu übersehen, dass der Beklagte seine Boxkarriere sehr wohl auch außerhalb des Klägers fortsetzen konnte, wenn auch nicht auf so lukrative Weise wie innerhalb des Klägers. Nach dem Kampf gegen Martin Stensky im Februar 2008, den der Beklagte für sich entschied, absolvierte er einen (erfolglosen) Kampf im Oktober 2009, drei im Jahr 2010 – davon jedenfalls den Kampf gegen Gearba unter Lizenz der Baltischen Boxfederation -, vier im Jahr 2011, darunter einen unter Aufsicht der World Boxing Union (WBU), zwei im Jahr 2012, darunter ebenfalls einen unter Aufsicht der WBU, und zwei im Jahre 2013. Jedenfalls ab dem 26.05.2012 kämpfte der Beklagte mit einer lettischen Boxlizenz. Gleichwohl werden angesichts des unstreitigen Umstands, dass der Kläger der größte deutsche Boxverband war bzw. ist und eine im Vergleich zu den Konkurrenzorganisationen starke Stellung innehat(te), die Möglichkeiten der Berufsausübung des Beklagten eingeschränkt.

114
(2) Dieser Eingriff in die Berufsfreiheit des Beklagten ist jedoch gerechtfertigt. Denn für den Kläger streitet sein gemäß Art. 9 Abs. 1 GG geschütztes Recht auf eine autonome, dem Vereinszweck angemessene Gestaltung der vereinsinternen Regeln zur Lizenzierung von Berufsboxern, wie er sie auch vorliegend praktiziert hat. Auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger jedenfalls im fraglichen Zeitraum Dezember 2007 bis April 2008 zumindest eine starke Stellung im Bereich des professionellen Boxsports besaß und er daher als „sozial mächtiger Verband“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anzusehen ist, was auch zwischen den Parteien nicht ernsthaft im Streit steht (vgl. Senat, Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 U 10/10), ist eine Grundrechtsverletzung zu verneinen.

115
Der Senat hatte hierzu in seinem ersten Berufungsurteil ausgeführt (Urteil vom 2. Februar 2012 – 3 U 10/10):

116
(a) Für die verfassungsrechtliche Rechtfertigung eines Eingriffs in die Berufsfreiheit des Art. 12 Abs. 1 GG ist nach der in der Rechtsprechung des BVerfG (BVerfGE 7, 377; 46, 120, 138; hierzu v. Mangoldt/Klein/Starck/Manssen, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 12 Rn. 125 ff.; Sachs/Mann, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 12 Rn. 125 ff.) entwickelten „Drei-Stufen-Theorie“ zunächst maßgeblich, ob es sich um eine – bereits durch vernünftige Gemeinwohlerwägungen zu rechtfertigende – Maßnahme der Berufsausübungsregelung handelt oder einen – schärferen Rechtfertigungsanforderungen unterliegenden – Eingriff in die Freiheit der Berufswahl nach Maßgabe subjektiver oder gar objektiver Zulassungskriterien. Knüpft eine Zulassungsvoraussetzung an in der Person des Bewerbers liegende persönliche Eigenschaften, Fähigkeiten oder Leistungen an, so wird dies als subjektive Berufszulassungsvoraussetzung bezeichnet, die einen Eingriff in die Berufswahlfreiheit darstellt (Sachs/Mann, Art. 12 Rn. 130). Vorliegend handelt es sich zwar um eine vom medizinischen Status des Bewerbers abhängige Zulassungsvoraussetzung. Es besteht aber die Besonderheit, dass der Beklagte durch den Entzug der Lizenz des Klägers keinesfalls gänzlich von der Betätigung als Berufsboxer ausgeschlossen wird, sondern diesem Beruf anderweitig, wenngleich (angesichts der gewichtigen Stellung des Klägers) möglicherweise in geringerem Umfange etwa in Konkurrenzverbänden des Klägers weiter nachgehen könnte. Besteht aber diese Möglichkeit, so ist die Freiheit der Berufswahl jedenfalls nicht vollständig ausgeschlossen und handelt es sich (lediglich) um einen Eingriff in die Freiheit des Beklagten, seinen Beruf innerhalb des Verbands des Klägers auszuüben, also um eine Berufsausübungsregelung (anders die Konstellation des Transfers professioneller Sportler gegen Zahlung einer Ablösesumme, die jedenfalls dann als Beeinträchtigung der Berufswahlfreiheit angesehen wird, wenn der bisherige Arbeitgeber des Sportlers diesen nicht mehr beschäftigen will oder kann, ihn aber auch nicht „freigibt“; hierzu BAGE 36, 232, juris-Rn. 32; Sachs/Mann, Art. 12 Rn. 102 ff.). Selbst wenn man aber den Entzug der Lizenz im Hinblick auf die Stellung des Klägers im Bereich des Boxsports als Eingriff in die Berufswahlfreiheit beurteilt, weil dem Beklagten so die Berufsausübung innerhalb des größten Boxsportverbands verweigert wird, so ist dieser Eingriff gleichwohl gerechtfertigt.

117
(b) Sieht man in der Entziehung der Lizenz lediglich einen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit, so ist dieser gerechtfertigt. Im Lichte des Art. 9 Abs. 1 GG ist es Sache des Klägers, seine interne Vereinsordnung und Geschäftsführung autonom zu regeln; der Lizenzentzug ist hiervon erfasst. Anerkanntermaßen schützt das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit das Recht der Verbände auf Selbstbestimmung über die eigene Organisation, das Verfahren der Willensbildung und die Führung der Geschäfte (BVerfGE 124, 25, juris-Rn. 37; Sachs/Höfling, Art. 9 Rn. 16, 25). In den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eingreifende Berufsausübungsregeln sind schon dann gerechtfertigt, wenn ihnen im Rahmen einer dem in Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG angeordneten Gesetzesvorbehalt genügenden Regelung sachgerechte und vernünftige Gemeinwohlerwägungen zugrunde liegen, sofern sie im Übrigen verhältnismäßig sind (st. Rspr., s. nur BVerfGE 121, 317, juris-Rn. 117; v. Mangoldt/Klein/Starck/Manssen, Art. 12 Rn. 146). Angesichts des Verfassungsranges der auf Seiten des Klägers eingreifenden Regelung ist dem Gesetzvorbehalt genügt; dass auch kollidierendes Verfassungsrecht als Schranke des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG in Betracht kommt, ist anerkannt (Sachs/Mann, Art. 12 Rn. 124; v. Mangoldt/Klein/Starck/Manssen, Art. 12 Rn. 106). Der Lizenzentzug erweist sich als Maßnahme der satzungsgemäßen Geschäftsführung des Klägers und unterfällt daher dem Schutzbereich des Art. 9 Abs. 1 GG. Denn die Verknüpfung der Lizenzierung mit dem Gesundheitszustand des Berufsboxers dient den Interessen des Boxsports und des Klägers als Verband, zu deren Wahrung der Kläger gemäß der Präambel seiner Satzung – wie ausgeführt (s.o. 2.c]bb][1]) – verpflichtet ist. Hierfür ist sie auch geeignet und erforderlich. Denn der Kläger wendet, wenn er einem Boxer mit nachteiliger gesundheitlicher Disposition die Lizenz entzieht, Gefahren für das Ansehen des Boxsports und seiner selbst in der Öffentlichkeit ab, die entstünden, wenn im Verlaufe eines Kampfs ein Boxer aufgrund einer dem Kläger bekannten gesundheitlichen Beeinträchtigung Verletzungen mit lebensgefährlichen oder gar tödlichen Folgen erlitte. Diesem Zweck dient auch vorliegend der Lizenzentzug, weil bei dem Beklagten eine im Altersvergleich überdurchschnittliche Plaquebildung der Halsschlagader diagnostiziert wurde und die Verursachung eines Schlaganfalls infolge eines Boxschlags aus medizinischer Sicht vorstellbar erscheint. Der Lizenzentzug ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne, also bei Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe zumutbar (vgl. Sachs/Mann, Art. 12 Rn. 144). Die Abwägung zwischen dem auf Seiten des Beklagten zu verzeichnenden Eingriff in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG und der auf Seiten des Klägers für die Rechtfertigung dieses Eingriffs streitenden, grundrechtlich gemäß Art. 9 Abs. 1 GG verbürgten Verbandsautonomie ergibt, dass der Lizenzentzug den Beklagten nicht unzumutbar belastet. Denn der Beklagte kann seinem Beruf zwar nicht innerhalb des Klägers, wohl aber anderweitig – etwa bei Konkurrenzverbänden – nachgehen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des denkbaren Umstands, dass diese Möglichkeit der Berufsausübung angesichts der weniger bedeutenden Stellung dieser Konkurrenzverbände im Bereich des professionellen Boxsports u.U. weniger attraktiv sein könnte als die Ausübung des Boxsports im Verband des Klägers; ferner auch bei Berücksichtigung seiner wirtschaftlichen und familiären Situation. Denn nähme man dem Kläger die Möglichkeit, gesundheitlich nachteilig dispositionierte Berufsboxer von Kämpfen auszuschließen, bestünde wegen der Möglichkeit gesundheitsbedingter schwerster oder gar tödlicher Verletzungen eine ernsthafte Gefahr für die in dargestellter Weise dem Satzungszweck des Klägers, nämlich der Förderung des Boxsports in sozial- und gesellschaftspolitischer Verantwortung verpflichtete vereinsinterne Geschäftsführung; dies käme einer Vereitelung des grundrechtlich geschützten Verbandszwecks gleich.

118
(c) Betrachtet man den aus gesundheitlichen Gründen erfolgten Lizenzentzug im Hinblick auf die sozial mächtige Stellung des Klägers als die Berufswahlfreiheit tangierende subjektive Zulassungsschranke, so ist diese gleichfalls gerechtfertigt. Subjektive Zulassungsschranken sind gerechtfertigt, wenn sie dem Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsgüter dienen und zur Erreichung dieses Zwecks geeignet, erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig sind (st. Rspr., s. nur BVerfGE 119, 59, juris-Rn. 82 ff.; Sachs/Mann, Art. 12 Rn. 131). Das Grundrecht der Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 9 Abs. 1 GG, welches der Kläger vorliegend geltend machen kann und das in unter (b) dargestellter Weise auch die vorliegend zu prüfende Maßnahme des Lizenzentzuges erfasst, ist ein besonders wichtiges Gemeinschaftsgut. Der Entzug der Lizenz aus gesundheitlichen Gründen ist in ebenfalls unter (b) dargestellter Weise eine zur Erfüllung der grundrechtlich gewährleisteten Verbandsautonomie geeignete und erforderliche Maßnahme satzungsgemäßer Geschäftsführung. Die unter (b) dargelegte Abwägung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit gilt nach Inhalt und Ergebnis in gleicher Weise für einen Eingriff in die Freiheit der Berufswahl, so dass sich der Lizenzentzug auch insoweit als dem Beklagten zumutbar erweist. Im Hinblick auf die spezifischen Erfordernisse der Rechtfertigung einer subjektiven Zulassungsvoraussetzung ist zu berücksichtigen, dass dem Beklagten – wie dargelegt – die Möglichkeit der Berufswahl nicht vollständig genommen, sondern lediglich erschwert wird, indem er auf weniger bedeutende Konkurrenzverbände des Klägers ausweichen muss.

119
An dieser Würdigung ist festzuhalten. Sie ist auch auf die Nichterteilung der Starterlaubnisse zu übertragen. Dass der Kläger nicht den Weg einer erneuten Entziehung der allgemeinen Lizenz gegangen ist, führt, wie dargelegt, nicht zu einem anderen Ergebnis, da die Maßstäbe der Verweigerung der Starterlaubnis sich mit denen der Entziehung der allgemeinen Lizenz weitestgehend decken. Letztlich ist es dem Verband im Rahmen der Prüfung der Starterlaubnis auch möglich, das Kräfteverhältnis der Kontrahenten und damit die Gefährdung mit Blick auf den konkreten Gegner in die Abwägung miteinzubeziehen.

d)

120
Den geltend gemachten Schadensersatzansprüchen fehlt es zudem an der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität. Dies gilt auch in Bezug auf die ausgefallene Boxveranstaltung am 21.09.2007 in Lübeck.

aa)

121
Soweit der Beklagte Schadensersatz wegen entgangener (streitiger) Kampfbörsen und Kampfsponsoring begehrt, fehlt es aufgrund der Rechtmäßigkeit der Versagungsentscheidungen des Klägers an der erforderlichen haftungsbegründenden Kausalität. Darauf, dass der Kläger die Vorträge zu den Kampfbörsen und zugrunde liegenden Verträgen bestritten hat, kommt es daher nicht an. Zudem hat der Beklagte nicht vorgetragen, inwieweit er an einem Wechsel in einen anderen Verband gehindert war und ob er diese oder vergleichbare Kämpfe unter Leitung eines solchen anderen Verbandes hätte bestreiten können. Zutreffend hat der Kläger weiter darauf verwiesen, dass die tatsächliche Teilnahme an jedem der Folgekämpfe spekulativ ist. Hätte der Beklagten auch nur einen verloren, hätte er eine sechswöchige Zwangspause einlegen und sich ggf. einer erneuten verbandsärztlichen Untersuchung stellen müssen.

bb)

122
An der haftungsbegründenden Kausalität fehlt es auch in Bezug auf die ausgefallene Boxveranstaltung am 21.9.2007 in Lübeck. Zwar ist der Beklagte insoweit nach der Entscheidung des Berufungsausschusses und des Bundesgerichtshofs als Inhaber einer allgemeinen Boxlizenz anzusehen. Der Kläger wäre indes berechtigt gewesen, dem Beklagten aufgrund der vorgenannten gesundheitlichen Bedenken die benötigte Starterlaubnis zu verweigern, was dem Zurechnungszusammenhang ebenfalls entgegensteht. Auf die nicht bestandskräftig gewordene Entziehung der allgemeinen Lizenz kam es daher nicht an.

cc)

123
Auch soweit der Beklagte seinen Schadensersatzanspruch auf die Kündigung von Sponsorenverträgen wegen der Lizenzentziehung stützt, fehlt es aus den vorstehenden Gründen gleichermaßen an der haftungsbegründenden Kausalität. Nach dem Vortrag des Beklagten ist der am 20.06.2007 geschlossene Sponsorenvertrag mit dem Autohaus B. schon Ende August 2007 wieder gekündigt worden (Anlage WK 18). Dieser Vertrag war jedoch, wie auch die weiteren vom Beklagten angeführten Sponsorenverträge, nach seinem eigenen Vortrag an eine noch aktive Boxkarriere des Beklagten geknüpft. Da der Kläger dem Beklagten aber nachfolgend zu Recht die jeweiligen Starterlaubnisse verweigert hat, hätte die zur Kündigung berechtigende Lage gleichwohl bestanden. Der Kläger hätte die jeweils vereinbarten Sponsorenkämpfe nicht genehmigen müssen.

124
Der Sponsor L.-Versicherung trennte sich vom Beklagten schon vor Beendigung des Vereinsberufungsverfahrens (Anlage WK 20) – und schloss den Vertrag auch nicht erneut ab. Auch hier streitet die Berechtigung des Klägers, die Starterlaubnisse zu versagen, gegen die Annahme eines Zurechnungszusammenhangs. Nichts anderes gilt für den mit der Fa. A. Immobilien Dienstleistung GmbH geschlossenen Sponsoringvertrag, der ebenfalls eine freiwillige Titelverteidigung zum Vertragsgegenstand hatte. Auch insoweit hätte der Beklagte einer Starterlaubnis durch den Kläger bedurft, die dieser hätte verweigern dürfen. Der Beklagte hat zudem nicht dargelegt, dass er die vertraglich versprochenen Kämpfe nicht zumindest unter der Leitung eines anderen Verbandes hätte absolvieren können, was ebenfalls der Annahme eines Zurechnungszusammenhangs entgegensteht.

3.

125
Soweit der Beklagte eine schuldhafte Pflichtverletzung nach § 280 BGB in der Aberkennung und Leugnung seines Meistertitels sieht, bleibt auch dieses Begehren ohne Erfolg.

a)

126
Wie bereits das Landgericht festgestellt hat, fehlt es an Beklagtenvortrag dazu, dass der Kläger ihm diesen Titel überhaupt wirksam aberkannt hat. Diese Feststellungen des Landgerichts hat der Beklagte nicht angegriffen. Das Landgericht hat ferner unbeanstandet angenommen, dass kein automatischer Titelverlust aufgrund der – nicht rechtskräftigen und durch den Berufungsausschuss des Klägers und Widerbeklagten aufgehobenen – Entziehung der Lizenz eingetreten ist. Denn das Landgericht hat – ebenfalls unbeanstandet – angenommen, dass diese Voraussetzungen jedenfalls zu dem maßgeblichen Zeitpunkt, zu dem der Beklagte laut eigenem Vortrag konkret vereinbarte Sponsoringvergütungen wegen einer Aberkennung des Titels verloren haben will, nicht vorlagen. Dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt einen anderen zum Meister erklärt hätte, hat der Beklagte nicht behauptet. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist dies erst im Jahr 2013 der Fall gewesen (vgl. Anlage WK 25).

b)

127
Zwar hat der Beklagte erstinstanzlich unter Vorlage eines Auszuges aus der Homepage des Klägers vom 30.04.2008 (Anlage WK 3) vorgetragen, dass er nicht mehr vom Kläger als amtierender Meister geführt werde. Aus dieser Anlage ergibt sich, dass der Meistertitel als vakant bezeichnet wurde. Dies deckt sich damit, dass der Kläger dem Beklagten selbst mitgeteilt hat, dass ein Interimstitel eingerichtet worden sei (Anlage WK 15). Ein solcher Sachverhalt steht jedoch weder dem Titelentzug noch der Leugnung bereits erreichter Titel gleich. Insbesondere ist aber zu berücksichtigen, dass die Vakanzerklärung und die Einrichtung eines Interimstitels im Streitfall gerechtfertigt war und daher nicht unangemessen in die Sozialsphäre des Beklagten eingegriffen hat. Denn der Kläger konnte dem Beklagten zu diesem Zeitpunkt – wie ausgeführt zu Recht – wegen medizinischer Bedenken keine Starterlaubnis erteilen. Eine Titelverteidigung war daher nach den Regularien des Klägers – weder seinerzeit noch in der Folgezeit – möglich. Aus diesem Grund hatte der Kläger dem Beklagten auch eine freiwillige Titelverteidigung zu Recht untersagt (Anlage WK 15). Der bei dem Beklagten diagnostizierte Zustand war zudem nicht reversibel. Die spätere Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen hat zumindest die Fortdauer des Plaquebefalls bestätigt. Auch der Beklagte hat insoweit nichts Gegenteiliges geltend gemacht, auch nicht, dass sich der Zustand des Beklagten in Bezug auf den Befund in der Zwischenzeit zum Positiven verändert habe. Ferner war die dem Beklagten erteilte Boxlizenz zum 23.04.2008 abgelaufen, die der Kläger als Jahreslizenz erteilt hatte (vgl. Anlage K 15). Auch das stand einer Titelverteidigung im Wege, was die Vakanzerklärung im Mai 2008 rechtfertigt.

4.

128
Die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche finden keine Stütze in deliktischen Anspruchsgrundlagen. Ein rechtswidriger betriebsbezogener Eingriff in den Gewerbebetrieb des Beklagten ist mit den obigen Ausführungen, auf die verwiesen wird, zu verneinen. Der Vorwurf der vorsätzlich sittenwidrigen Schädigung ist nach den vorstehenden Ausführungen ohne Substanz.

5.

129
Die vom Kläger geltend gemachten Schadensersatzansprüche finden auch in § 33 Abs. 3 S. 1, 19 Abs. 1 GWB keine Stütze. Dabei kann offen bleiben, ob der Kläger zum fraglichen Zeitpunkt noch über eine marktbeherrschende Stellung verfügte. Denn auch unter kartellrechtlichem Blickwinkel erweist sich die Entscheidung des Klägers als rechtmäßig. Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Die Versagung der Starterlaubnisse für den Beklagten war sachlich gerechtfertigt.

6.

130
Der Beklagte hat schließlich keinen Anspruch auf Ersatz etwaiger immaterieller Schäden (Widerklageantrag zu 3). Soweit der Beklagte sich auf die Aberkennung und Leugnung des Meistertitels beruft, kann auf die Ausführungen zu Ziffer 3. verwiesen werden.

III.

131
Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Über die Kosten der Rechtsmittelverfahren in Bezug auf das Teilurteil ist bereits rechtskräftig entschieden worden. Nach dem Revisionsurteil vom 23.04.2013 hat der Kläger diese zu tragen. Die im Teilurteil noch ausstehende Entscheidung über die Kosten erster Instanz hat das Landgericht mit dem angefochtenen Schlussurteil vorgenommen und dem Kläger zu 8% und dem Beklagten zu 92% auferlegt.

132
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 ZPO, 709 S. 2, 711 ZPO.

133
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die vorliegende Sache erschöpft sich in der Anwendung gesicherter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall.

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