Zur Deliktshaftung einer Aufsichtsperson wegen Ertrinken eines Kindes im Freibad

LG Wuppertal, Urteil vom 18. Juni 2019 – 17 O 31/13

1. Eine Betreuungsperson genügt seiner Aufsichtspflicht gegenüber einem 7-jährigen Nichtschwimmer, der sich im Nichtschwimmerbecken mit einer Tiefe von 0,85 m und mehr aufhält, nur, wenn er ihn jederzeit im Auge behält, um im Notfall ein sofortiges Eingreifen zu gewährleisten (kritisch gegenüber OLG Koblenz, Urt. v. 2. Februar 1994 – 1 U 1278/90). Die Grundsätze zu den Pflichten eines Bademeisters sind nicht anwendbar.

2. Zu den Voraussetzungen einer grob fahrlässigen Aufsichtspflichtverletzung und daraus folgender Umkehr der Beweislast für die Kausalität der Rechtsgutsverletzung (Annahme eines Ertrinkungstodes im engeren Sinne in Abgrenzung zum „atypischen Ertrinken“ und dem sogenannten Badetod).

3. Zur Annahme eines Schockschadens Angehöriger eines verunfallten Kindes bzw. Bruders unter Anwendung der BGH-Rechtsprechung (BGH, Urt. v. 27. Januar 2015 – VI ZR 548/12).

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Teil-Grund- und Teil-Endurteil

Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger zu 1. ein Schmerzensgeld in Höhe von 8.000,00 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.01.2012 hinsichtlich des Beklagten zu 1. und seit dem 11.01.2012 hinsichtlich des Beklagten zu 2. zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage des Klägers zu 1. gegen die Beklagten zu 1. und 2. abgewiesen.

Der Schmerzensgeldanspruch der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. gegen die Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner ist dem Grunde nach gerechtfertigt.

Die Klage gegen die Beklagten zu 3. und 4. wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. und 4. sowie die außergerichtlichen Kosten der Streithelferin der Beklagten zu 4..

Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand
1
Die Parteien streiten um Schmerzensgeld infolge des Todes des Sohnes bzw. Bruders der Kläger.

2
Der Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. waren die Eltern, der Kläger zu 3. der Zwillingsbruder des am 06.07.2009 verstorbenen 7-jährigen I B, der zum damaligen Zeitpunkt 1,24 m groß war. Der Beklagte zu 1. als Diplomsportlehrer war im Sommer 2009 als Angestellter der SSVg S Leiter eines Integrationsprojektes an der Ganztagsgrundschule S. Der Beklagte zu 2. war Lehramtsstudent und hatte bereits vor 2009 regelmäßig als Betreuer bzw. Aufsichtsperson von Kindern und Jugendlichen im Rahmen von Ferienfreizeiten und Fußballcamps mitgewirkt.

3
Am Morgen des 06.07.2009 meldete die Klägerin zu 2. den Kläger zu 3. und dessen Bruder zu einer Veranstaltung des Sozialdiensts Katholischer Frauen und Männer (SKFM) und der SSGV S im Rahmen eines Ferienprogramms der offenen Ganztagsschule an. Die Kinder sollten in der Zeit von 8:00 Uhr morgens bis 16:00 Uhr nachmittags betreut werden. Die Gruppe, die insgesamt aus zwölf Kindern und zwei Betreuern, den Beklagten zu 1. und 2., der von der SSVg S hierfür eine Aufwandsentschädigung erhielt, bestand, plante an diesem Tag einen Besuch des Freibads M in P, welches von dem Beklagten zu 3. betrieben wurde. Die Beklagte zu 4. arbeitete am 06.07.2009 als Badeaufsicht und Kassiererin in dem Freibad M. Die Beklagten zu 1. und 2. lernten die Zwillinge I und den Kläger zu 3. erst am Morgen des 06.07.2009 kennen.

4
Das Freibad M bestand, vom Haupteingang aus betrachtet, aus einem einzelnen rechteckigen Schwimmbecken von ca. 50 m Breite und 25 m Länge. Das Schwimmbecken war in einen Nichtschwimmerbereich, der etwa das rechte Drittel des Schwimmbeckens umfasste, und einen Schwimmerbereich, der den Rest des Beckens umfasste, unterteilt. Der Nichtschwimmerbereich begann bei einer Tiefe von ca. 0,85 m am rechten Beckenrand und fiel bis auf eine Tiefe von ca. 1,20 m im Bereich der Bojen, die Nichtschwimmer- und Schwimmerbereich abgrenzen, ab. Vom Haupteingang aus gesehen etwa in der Mitte des rechten Beckenrandes befand sich eine breite rote offene Wasserrutsche von ca. 5 m Länge. Rechts daneben (vom Haupteingang aus gesehen) befand sich an derselben Seite des Beckens eine kleinere gelbe Rutsche von ca. 1,5 m Länge. Der Kassen- und Bademeisterraum lag leicht erhöht über dem Schwimmbecken und gewährte einen guten Überblick über das gesamte Schwimmbecken. Darüber hinaus existierte eine Videoüberwachung des Schwimmbeckens, mit deren Hilfe der Bademeister das Becken aus dem Kassierer- und Bademeisterraum überwachen konnte.

5
Als die Klägerin zu 2. den Kläger zu 3. und dessen Bruder I B am Morgen des 06.07.2009 in die Obhut der Beklagten zu 1. und 2. gab, teilte sie dem Beklagten zu 1. mit, dass die beiden Brüder Nichtschwimmer seien. Nach einem gemeinsamen Frühstück fuhr die Gruppe in das Freibad. Dort prüften die Beklagten zu 1. und 2. zunächst, ob die einzelnen Kinder schwimmen konnten, indem sie die Kinder aufforderten, von einer Stelle des Nichtschwimmerbeckens zum Beklagten zu 2. zu schwimmen, so dass dieser feststellen konnte, inwieweit die Kinder schwimmen konnten. Der Beklagte zu 2. wies im Anschluss an diese Überprüfung den Kläger zu 3. und seinen Zwillingsbruder an, nur im Nichtschwimmerbereich des Schwimmbeckens zu bleiben. Zudem wiesen die Beklagten sämtliche Kinder an, nicht allein schwimmen zu gehen, sondern nur in Gruppen von mindestens zwei Kindern und sie sollten sich zudem nicht gegenseitig untertauchen. Während einer ersten Schwimmphase bis zum Mittagessen stand der Beklagte zu 2. am Rand des Beckens im Bereich der Rutsche, der Beklagte zu 1. nahm einen Standpunkt außerhalb des Beckens ein, von dem er die Kinder im Blick hatte. Nach dem Mittagessen gingen die Kinder erneut ins Wasser. Der Beklagte zu 2. rutschte mit verschiedenen Kindern der Gruppe auf der Rutsche. Der Beklagte zu 1. stand außerhalb des Schwimmbeckens. Gegen 13:50 Uhr wurde I B durch einen nicht zur Gruppe gehörenden Badegast mit dem Gesicht im Wasser leblos auf dem Wasser treibend aufgefunden. Ein weiteres Kind der Gruppe machte den Beklagten zu 2., der oben auf der Rutsche war, um mit anderen Kindern der Gruppe zu rutschen, auf den auf dem Wasser treibenden I B aufmerksam. Der Beklagte zu 2. bewegte sich daraufhin zu I B und holte diesen aus dem Wasser. Der Beklagte zu 1. wurde auf dieses Geschehen aufmerksam, als der Beklagte zu 2. in der Mitte des Beckens auf ihn zukam. Im Anschluss leitete er zusammen mit der zwischenzeitlich hinzugekommenen Beklagten zu 4., die bis dahin kassierte, sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen ein. Ca. 15 Minuten später kam der durch Dritte herbeigerufene Notarzt, der ebenfalls erfolglose Wiederbelebungsmaßnahmen im Freibad M durchführte. Ca. eine Stunde später wurde I B mit dem Rettungswagen in die Klinik gebracht. Weitere dort durchgeführte Wiederbelebungsmaßnahmen blieben ebenfalls erfolglos. Der Tod des I B wurde um 15:45 Uhr festgestellt.

6
Während des vorstehend geschilderten Vorfalls war auch der Badeobmann des Beklagten zu 3., Herr C, im Freibad M, der Inhaber eines Rettungsscheins war. Als zusätzlicher Kassierer war Herr C4 vor Ort, der zum Zeitpunkt des Unfalls bereits im Schwimmbad eingetroffen und nur kurz auf der Toilette war. Wenige Minuten später sollte er die Beklagte zu 4. an der Kasse ablösen.

7
Am 09.07.2009 ordnete das Ordnungsamt der Stadt S die sofortige Unterbringung des Klägers zu 1. gemäß PsychKG im Klinikum R an, vergleiche der Antrag vom selben Tage, vorgelegt als Anlage zum Schriftsatz der Kläger vom 27.03.2015 (Bl. 479 der Akte). Unter der Überschrift „Darlegung der Gefahrentatbestände“ ist in dem Antrag ausgeführt: „Herr B hat am vergangenen Montag durch einen tragischen Unfall seinen Sohn verloren. Er isst und trinkt seitdem kaum noch und hat gedroht jemanden umzubringen.“ Der Antrag beruhte auf einem ärztlichen Zeugnis des Herrn Dr. T2 (sozialpsychiatrischer Dienst des Kreises D) vom 09.07.2009 (Bl. 480 der Akte). In dem ärztlichen Zeugnis wurde angegeben, der Kläger zu 1. leide unter einer akuten Belastungsreaktion nach traumatischem Erlebnis mit ernsthafter Bedrohung für die Sicherheit des Betroffenen oder die Umgebung (F 43.0 nach ICD). Unter der Überschrift „Gründe“ finden sich in dem ärztlichen Zeugnis folgende Ausführungen: „Wechselndes psychopathologisches Bild mit Depression, Wut, Aggression und Überaktivität; hat angedroht, sich oder eine andere Person „umzubringen“; Polizei P hält Personenschutz für die Mitarbeiter der Freizeitmaßnahme aufrecht; i. d. Vorgesch. bekannte Drogendelikte und häusliche Gewalt“. Laut Angaben in dem ärztlichen Zeugnis wurden dabei die Angaben eines Herrn U vom SKFM, der Polizei S und der Polizei P berücksichtigt. Der Kläger zu 1. wurde daraufhin im Klinikum R ambulant untersucht. Da eine drohende Fremdgefährdung nicht festgestellt werden konnte, wurde der Kläger zu 1. dort nicht stationär nach § 14 PsychKG aufgenommen.

8
Das Strafverfahren gegen die Beklagten zu 1., 2. und 4. (Staatsanwaltschaft Wuppertal, Az. 45 Js 36/09) wurde gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt.

9
Die Kläger behaupten, I B sei ertrunken. So sei er über einen Zeitraum von mindestens fünf Minuten zunächst untergegangen, noch einmal aufgetaucht und habe es dann nicht mehr geschafft, noch einmal aufzutauchen. Über diesen Zeitraum von mindestens fünf Minuten sei er ohne Aufsicht gewesen. Der Beklagte zu 1. habe sich während des Unfalls mit anderen Vereinsmitgliedern unterhalten und deshalb von dem Geschehen im Becken nichts mitbekommen. Das Schwimmbad sei zur Zeit des Vorfalls überfüllt gewesen. Die Beklagte zu 4. als einzige diensthabende Badeaufsicht habe anstatt das Becken zu beaufsichtigen im Kassierer-Raum Bücher gelesen und den Eintritt von Gästen kassiert, wobei die Kassierer-Tätigkeit mit Ausnahme von deren Dauer, welche die Kläger mit 30 Minuten angeben, zwischen den Parteien unstreitig ist. Die Beklagte zu 4. habe mit dem Rücken zum Schwimmbad gesessen als sie kassiert habe.

10
Infolge des Todes des I B hätten die Kläger erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitten. Der Kläger zu 1. habe bei jeder Gelegenheit, wo er sich nicht auf etwas konzentrieren müsse, seinen verstorbenen Sohn vor Augen und müsse ständig an ihn denken. Das gehe so weit, dass er sogar unter der Dusche an ihn denken müsse. Besonders problematisch sei dies, wenn er den Zwillingsbruder, den Kläger zu 3. sehe. Dann sehe er den verstorbenen I an der Seite des Klägers zu 3. und höre ihn rufen. Er vergegenwärtige sich dann, dass I tot sei und kämpfte mit den Tränen. Kurz nach Kenntnis des Unglücks habe sich beim Kläger zu 1. eine akute Belastungsreaktion gezeigt, da er mit der Situation nicht zurechtgekommen sei. Hauptgrund dafür sei gewesen, dass ihm der Unfallhergang nicht beschrieben worden sei bzw. unterschiedliche Stellen unterschiedliche Aussagen gemacht hätten. Die Polizei habe ihm jegliche Auskunft betreffend den maßgeblichen Sachverhalt verweigert, da erst habe ermittelt werden müssen. Die Beklagten zu 1. und 2. als Betreuer hätten sich nicht bei den Eltern gemeldet, um das Gespräch mit diesen zu suchen und sie über den Unfallhergang zu informieren. Dem Kläger zu 1. sei sogar verboten worden, die Beklagten zu 1. und 2. zu fragen, wie es zu dem Unfall gekommen sei. Gerade aus psychologischen Gründen sei es wichtig, möglichst zügig das Unfallgeschehen aufzuklären und Antworten auf die Fragen des Unfallhergangs zu erhalten. All dies sei nicht geschehen und habe die Belastungsreaktion verstärkt. Der Kläger zu 1. sei auf die Presse angewiesen gewesen, um über Zeitungsartikel erst Information zu erhalten, wo überhaupt der Sohn aufgefunden worden sei und wie es möglicherweise zu dem Unfall gekommen sei. Die Belastungsreaktion dauere an, da nach wie vor der genaue Unfallhergang, insbesondere, wo der Beklagte zu 1. sich zum Zeitpunkt des Todeskampfes des Kindes I aufgehalten habe und womit er tatsächlich beschäftigt gewesen sei, unklar sei. Ohne Aufklärung des Sachverhalts könne der Kläger nicht abschließen und leide nach wie vor enorm an den Folgen des Todes seines Sohnes und an der Verweigerung der Auskunft durch die beklagten Betreuer. Zudem sei nicht einmal eine persönliche Beileidsbekundung seitens der beklagten Betreuer erfolgt. Im Gegenteil hätten die beklagten Betreuer den Kläger und seine Familie und sein Umfeld unmittelbar nach dem Unfall verleumdet, indem unwahre Behauptungen geäußert worden seien. Direkt nach dem Unfall habe der Beklagte zu 1., noch bevor er sich zum Unfallhergang eingelassen habe, dem Polizeibeamten erklärt, dass die Klägerin zu 2. ihm am Morgen berichtet habe, sie lebe vom Kindesvater getrennt. Er sei in eine andere Wohnung im selben Haus oder im Nachbarhaus gezogen, weil er sie immer geschlagen habe. Im Tagesverlauf hätten auch beide Söhne berichtet, dass der Kindesvater böse sei. Die Klägerin zu 2. habe auf Nachfrage der Polizei angegeben, sie habe so etwas Persönliches nicht zum Beklagten zu 1. gesagt. Wörtlich habe sie geantwortet: „Was??? Nein, würden Sie so etwas einem Menschen erzählen, den Sie vor fünf Minuten kennengelernt haben??? Das habe ich nicht gesagt, ich habe alles gesagt, was ich mit Herrn E2 besprochen habe, ich habe nichts Privates mit ihm besprochen.“ Es stelle sich daher die Frage, warum der Beklagte zu 1. in dieser Art und Weise verleumderisch tätig geworden sei, offensichtlich versuche er, aus der Täterrolle in die Opferrolle zu wechseln. Der Beklagte zu 1. habe ferner Herrn L vom SKFM auf einer Veranstaltung angerufen und diesen informiert, dass der Kläger zu 1. angeblich massive Drohungen gegen ihn, den Beklagten zu 2. und Herrn L ausgesprochen habe. Herr L habe dies der Polizei in S mitgeteilt, welche daraufhin den KHK Z angerufen habe, welcher angegeben habe, dass seitens des Klägers zu 1. keine konkreten Drohungen ausgesprochen worden seien. Der Kläger zu 1. habe geäußert, man müsse die Betreuer, die Beklagten zu 1. und 2., zur Verantwortung ziehen. Der Kläger zu 1. habe einen Rechtsanwalt beauftragen wollen, um den Sachverhalt aufzuklären bzw. zu kontrollieren und gegebenenfalls rechtliche Schritte gegen wen auch immer einzuleiten. Am 08.07.2009 habe der damalige Bevollmächtigte des Beklagten zu 1. beim Polizeipräsidium P, Frau Kommissarin T, angerufen und mitgeteilt, an der Wohnung seines Sohnes habe man Sturm geklingelt, man habe sich Sorgen gemacht, ob es sich dabei um die Familie des verstorbenen Kindes handeln könne und es habe daher einen Polizeieinsatz bei seiner Anschrift geben. Offensichtlich habe der Beklagte zu 1. von seiner eigenen Verantwortung und von seiner Schuld an dem Unfall abzulenken versucht, indem er den Kläger zu 1. grundlos und vorsätzlich kriminalisiert und sich als hilfe- und schutzbedürftiges Opfer dargestellt habe. Die psychischen Auswirkungen beim Kläger zu 1., der sich in der Vergegenwärtigungsphase und in der Verarbeitung des Verlustes seines Kindes befunden und sich mit der Situation nicht zurecht gefunden habe, da er keine Angaben zum Geschehensablauf erhalten habe, seien durch die Aktivitäten des Beklagten zu 1. massiv verstärkt worden. Aufgrund der verleumderischen Äußerungen des Beklagten zu 1. habe die Polizei S eine Gefährderansprache beim Kläger zu 1. durchgeführt. Der Kläger zu 1. habe sich in tiefer Trauer befunden und immer wieder nach Antworten zum Unfallhergang gesucht, jedoch zu keiner Zeit irgendwelche Drohungen ausgesprochen. Er habe jedoch nicht verstehen können, dass die Beklagten zu 1. und 2. nicht mit ihm reden und ihm gegenüber keine Angaben zum Unfallgeschehen machen wollten. Aufgrund der außergewöhnlichen Umstände des Todes habe KHK Z geurteilt, dass eine Gefährdung aufgrund der südländischen Mentalität nicht restlos ausgeschlossen werden könne. Der Kläger zu 1. habe somit in dieser Situation nicht nur den Tod seines Kindes zu verarbeiten gehabt, ihm seien darüber hinaus Informationen zum Unfallhergang vorenthalten worden, er sei von dem Beklagten zu 1. verleumdet worden und habe von Seiten der Polizei noch Vorurteile aufgrund seiner ethnischen Herkunft erdulden müssen. Im Rahmen der ambulant durchgeführten Untersuchung des Klägers zu 1. nach seiner Einweisung in das Klinikum R sei die von Herrn Dr. T2 im ärztlichen Zeugnis vom 09.07.2009 festgestellte akute Belastungsreaktion nach traumatischem Erlebnis bestätigt worden, eine drohende Fremdgefährdung habe nicht festgestellt werden können. Infolge seiner psychischen Erkrankung habe der Kläger zu 1. binnen 18 Monaten nahezu 30 kg Gewicht verloren, sein Gesundheitszustand sei nach wie vor gestört und eine Genesung nicht ersichtlich.

11
Die Klägerin zu 2. sei durch den Verlust ihres Kindes I ebenfalls über das normale Maß hinausgehend erkrankt und leide an den Folgen dieser Erkrankung. Die Klägerin zu 2. habe vom Tod ihres Kindes durch Herrn L vom SKFM erfahren, als sie zum zuvor vereinbarten Treffpunkt gekommen sei, um dort ihre Zwillinge abzuholen. Als sie dort angekommen sei, habe sie zunächst eine Ansammlung von Menschen bemerkt und habe gehört, wie Herr L gesagt habe, dass einer der Zwillinge es nicht geschafft habe. Auf ihre Nachfrage hin sei ihr von Herrn L bestätigt worden, dass I ertrunken sei. Nach Angaben des Herrn L sei die Klägerin zu 2. völlig zusammengebrochen und habe geschrien und um sich geschlagen. Auch hätten mehrere Mütter ihr Unverständnis über die Umstände der Benachrichtigung geäußert. Auch in der Folgezeit habe die Klägerin zu 2. kein normales Leben führen können. Sie habe keine Lebensfreude in sich gehabt, sie habe nur noch funktioniert. Häufig komme es zu Weinanfällen und Wutausbrüchen, sie sei verzweifelt und habe immer das Kind I vor Augen, wenn sie den Kläger zu 3. sehe. Sie habe die beiden Kinder neun Monate lang in ihrem Bauch getragen und beschützt, habe diesen Schutz für I aber nur bis zum 06.07.2009 gewährleisten können. Seitdem habe die Klägerin zu 2. Schmerzen am ganzen Körper (psychosomatisch), insbesondere Rückenschmerzen, die nie ganz abklängen.

12
Der Kläger zu 3. habe die Reanimationsmaßnahmen mit ansehen müssen, da sich der Beklagte zu 1. nicht um ihn gekümmert habe und ihm nicht den Anblick erspart habe. Erst zu einem späteren Zeitpunkt seien Badegäste eingeschritten und hätten den Kläger zu 3. vom Ort der Reanimation weggeführt, als sie erkannt hätten, dass es sich offensichtlich um den Zwillingsbruder handele. Der Beklagte zu 1. habe es zugelassen, dass der Kläger zu 3. die ganze Zeit mit ansehen musste, wie sein Bruder auf dem Boden lag und verstarb. Nur den Badegästen sei es zu verdanken, dass der Kläger zu 3. nach einigen Minuten doch noch woanders hingeführt worden sei. Jedoch sei ihm dieser Anblick als letztes Bild seines Zwillingsbruders für immer in das Gedächtnis eingebrannt. Der Kläger zu 3. gebe sich seit dieser Zeit an dem Tod seines Zwillingsbruders die Schuld, da er ihn nicht habe retten können. Der Kläger zu 3. mache sich große Vorwürfe, da er mit anderen Kinder zusammen gewesen und nicht bei seinem Bruder geblieben sei um ihm beizustehen. Auch gegenüber anderen Kindern und Erwachsenen äußere er immer wieder, dass sie gut auf ihren Bruder aufpassen sollten, sie sollten froh sein, dass sie noch Geschwister hätten, er habe einen Bruder verloren, der nie wieder zurück zu ihm käme. Seit dem Tod seines Zwillingsbruders habe der Kläger zu 3. nicht mehr in seinem Zimmer geschlafen, sondern bei seinen Eltern. Bis vor kurzem habe er nicht allein schlafen können, da er es gewohnt gewesen sei, zusammen mit seinem Bruder im Zimmer zu schlafen, sie seien nie getrennt gewesen. Der Kläger zu 3. habe auch die gemeinsamen Spielsachen nicht mehr angerührt, ebenso wenig habe er noch einmal Geburtstag gefeiert. Er habe auch seine Lieblingssportart Handball aufgegeben, die er zuvor mit seinem Bruder im Sportverein betrieben habe. Seine schulischen Leistungen schwankten sehr, die Lehrer wüssten Bescheid und führten diese Schwankungen, genau wie die Ärzte, darauf zurück, dass der Kläger zu 3. noch sehr unter dem Verlust seines Zwillingsbruders leide. Der Kläger zu 3. habe sein Spiegelbild verloren. Bis zum Tod des I B habe er alles mit seinem Bruder geteilt, sie hätten alles gemeinsam unternommen. Dieses gemeinsame Zusammenleben von Beginn an, der Kläger zu 3. habe es nicht anders gekannt, sei durch den Tod des Zwillingsbruders beendet worden. Sein Leben habe plötzlich mittels eines tragischen Einschnitts eine Wendung bekommen, die damals nicht in seinem Erwartungslebenshorizont vorgesehen gewesen sei. Dieses Herausgerissenwerden aus dem normalen gemeinsamen Leben mitsamt Zwillingsbruder sei für den Kläger zu 3. noch immer nicht überwunden und äußere sich in Selbstvorwürfen, seinen Bruder, als es darauf ankam, alleingelassen zu haben und ihm nicht geholfen zu haben. Diese Situation sei für ihn unerträglich, daher sei es so, dass er anfangs in einer Verdrängungsphase gelebt habe, aber nach und nach komme die Situation wieder hoch und er habe noch keine Antworten darauf. Seine Reaktionen äußerten sich in Sprachlosigkeit, Überfordertsein und wieder Verdrängung.

13
Die Kläger beantragen,

14
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

15
1. an den Kläger zu 1. ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Zinsen seit dem 01.01.2012 zu zahlen,

16
2. an die Klägerin zu 2. ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Zinsen seit dem 01.01.2012 zu zahlen,

17
3. an den Kläger zu 3. ein Schmerzensgeld i.H.v. 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Zinsen seit dem 01.01.2012 zu zahlen.

18
Die Beklagten und die Streithelfern der Beklagten zu 4. beantragen,

19
die Klage abzuweisen.

20
Die Beklagten behaupten, es sei nicht sicher, dass I B ertrunken sei. Das Schwimmbad sei zur Zeit des Vorfalls nicht stark besucht gewesen.

21
Der Beklagte zu 2. behauptet, I sei auch am Morgen des Unglückstags immer wieder im Nichtschwimmerbecken getaucht, ohne dass es zu Auffälligkeiten gekommen sei.

22
Die Kläger zu 1. und 2. haben zunächst beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Erbengemeinschaft nach dem am 06.07.2009 verstorbenen Kind I B, bestehend aus den Klägern zu 1. und 2., ein Schmerzensgeld i.H.v. 5.000,00 EUR zu zahlen. Insoweit haben die Kläger die Klage mit Schriftsatz vom 22.03.2018 (Bl. 816 der Akte) zurückgenommen. Die Beklagten zu 2. bis 4. haben der Klagerücknahme mit Schriftsätzen vom 06.04.2018 (Bl. 822 der Akte), 12.04.2018 (Bl. 823a der Akte) und 18.04.2018 (Bl. 828 der Akte) zugestimmt.

23
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Akte 45 Js 36/09 der Staatsanwaltschaft Wuppertal, insbesondere durch Verwertung des rechtsmedizinischen Gutachtens des Herrn Prof. C3 vom 30.05.2011 (Bl. 499 ff. der Ermittlungsakte (nachfolgend EA)) und dessen ergänzender Stellungnahme vom 23.08.2011 (Bl. 572 EA), des rechtsmedizinischen Gutachtens der Frau Prof. S (Bl. 594 EA), des toxikologischen Gutachtens des Herrn Prof. E3 vom 13.04.2010 (Bl. 375 EA) und der feingeweblichen Untersuchung des Herrn Dr. U vom 02.08.2010 (Bl. 379 EA), sowie Anhörung der Gutachter Prof. C3 und Prof. S. Ferner hat das Gericht Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens des Herrn Prof. Dr. G und dessen Anhörung. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die entsprechenden Gutachten und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 13.02.2019 und 30.04.2019 Bezug genommen.

24
Am 08.01.2013 ist dem Beklagten zu 1. ein Mahnbescheid zugestellt worden. Der Beklagte zu 2. hat gegen den Mahnbescheid vom 03.01.2013 am 10.01.2013 Widerspruch eingelegt.

25
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe
26
Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet.

I.

27
Der Kläger zu 1. hat gegen die Beklagten zu 1. und 2. einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß § 823 Abs. 1 BGB i.H.v. 8.000,00 EUR. Hinsichtlich der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. besteht jedenfalls eine Haftung der Beklagten zu 1. und 2. dem Grunde nach gemäß § 823 Abs. 1 BGB auf ein Schmerzensgeld.

1.

28
Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten zu 1. und 2. sind nicht gemäß § 105 Abs.1 SGB VII ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, diesen sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften nur zum Ersatz eines Personenschadens verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1-4 versicherten Weg herbeigeführt haben. Entscheidend hängt ein Haftungsausschluss also davon ab, dass der Geschädigte Mitglied der gesetzlichen Unfallversicherung ist und das schädigende Ereignis für ihn ein Versicherungsfall ist. Gemäß § 2 Nr. 8 b) SGB VII sind gesetzlich versichert in der gesetzlichen Unfallversicherung Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen. § 105 Abs 1 SGB VII schließt daher auch Ansprüche von Schülern aus, wenn diese bei schulbezogenen Veranstaltungen verletzt oder getötet werden, insoweit ist das Tatbestandsmerkmal der betrieblichen Tätigkeit in der Weise auszulegen, dass ein schulbezogenes Handeln erforderlich ist (BGH, NJW 2009, S. 681, 682).

29
Nicht von dem Haftungsausschluss gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII umfasst sind jedoch Ansprüche von Angehörigen eines Geschädigten auf Schmerzensgeld erlittener Schockschäden, die aus einem Arbeitsunfall bzw. einem schulbezogenen Unfall resultieren (BGH, Versäumnisurteil vom 06.02.2007, Az. VI ZR 55/06). Insbesondere gebietet der Sinn und Zweck des Haftungsausschlusses keine Anwendung auf Schockschäden Angehöriger. So soll die Haftungsbegrenzung dem Betriebsfrieden dienen, was bei Schockschäden aufgrund schwerer Verletzung bzw. dem Tod in aller Regel irrelevant sein dürfte, da der Betroffene dem Betrieb nicht weiter angehören wird (BGH, a.a.O.). Entscheidend spricht gegen eine Erstreckung des Haftungsausschlusses gemäß § 105 Abs. 1 SGB VII auf Schockschäden naher Angehöriger, dass die gesetzliche Unfallversicherung hierfür keine Leistungen gewährt. Sinn und Zweck des Haftungsausschlusses ist es, dass ein Arbeitnehmer, der durch eine betriebliche Tätigkeit einem Dritten einen Schaden zufügt, nach allgemeinen Grundsätzen diesen zwar zum Ersatz verpflichtet ist, von seinem Arbeitgeber aber nach Maßgabe des innerbetrieblichen Schadensausgleichs Freistellung wegen dieser Ansprüche verlangen kann (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 19. Aufl. 2019, § 105 SGB VII Rn. 1). Wirtschaftlich müsste der Arbeitgeber dann kumulativ den Schaden und die Kosten der gesetzlichen Unfallversicherung, die allein von den Arbeitgebern finanziert wird (§ 150 Abs. 1 SGB VII), tragen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 19. Aufl. 2019, § 104 SGB VII Rn. 5). Der durch die Schaffung der gesetzlichen Unfallversicherung bezweckte Ersatz der Haftung des Arbeitgebers durch den Versicherungsschutz würde damit unterlaufen (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Rolfs, 19. Aufl. 2019, § 105 SGB VII Rn. 1). Dem Geschädigten steht somit anstelle eines haftenden Schädigers die gesetzliche Unfallversicherung zur Verfügung, um einen Schaden zu kompensieren. Die gesetzliche Unfallversicherung gewährt nahen Angehörigen und Hinterbliebenen in Fällen der Tötung eines Versicherten Ansprüche allein im Zusammenhang mit einer Verletzung des Versicherten selbst, die an die Stelle von Ansprüchen gemäß §§ 844, 845 BGB treten, welche einen mittelbaren Vermögensschaden der Angehörigen ersetzen. Für die Verletzung eigener Rechtsgüter der Angehörigen und Hinterbliebenen, wie dies bei einem Schockschaden der Fall ist, sieht die gesetzliche Unfallversicherung keine Leistung vor. Sieht die gesetzliche Unfallversicherung aber schon dem Grunde nach keine Leistung vor, ist es nicht gerechtfertigt, unter Hinweis auf eine anderweitige Kompensation von Schäden durch Versicherungsleistungen Direktansprüche auszuschließen (BGH, a.a.O.).

30
Ausgehend von diesen Grundsätzen gilt die Haftungsbeschränkung des §§ 105 Abs. 1 SGB VII für die drei Kläger im vorliegenden Fall nicht, wobei die Frage nach einer Schulbezogenheit der Veranstaltung dahinstehen kann. Denn selbst wenn es sich um eine schulbezogene Veranstaltung gehandelt hätte, wären die entsprechenden Ansprüche nicht von dem Haftungsausschluss umfasst. Die Kläger machen nach Rücknahme der Klage betreffend einen ererbten Schmerzensgeldanspruch des verstorbenen I B nur noch Ansprüche aus der Verletzung der eigenen Gesundheit geltend, nämlich in Form eines Schmerzensgeldes für erlittene gesundheitliche Beeinträchtigungen in Form von psychischen Beeinträchtigungen. Für die Kläger zu 1. und 2. gilt dies ohne jede Einschränkung. Für den Kläger zu 3. gilt im Ergebnis aber nichts anderes. Dieser hat zwar zusammen mit seinem Zwillingsbruder an der Veranstaltung teilgenommen und war insoweit auch selbst Versicherter. Dies ändert aber nichts daran, dass der Kläger zu 3. selbst nicht Betroffener des Unfalls war. Er hat diesen zwar miterlebt und dabei seinen Bruder verloren, was aber nichts daran ändert, dass er insoweit allein mittelbar betroffen ist. Die Situation stellt sich für ihn nicht anders dar als für seine Eltern.

2.

31
Die Beklagten zu 1. und 2. haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber dem verstorbenen I B verletzt. Die Beklagten zu 1. und 2. traf ab dem Zeitpunkt, in dem die Klägerin zu 2. den später verstorbenen I und den Kläger zu 3. in ihre Obhut übergeben hat, eine Aufsichtspflicht, die in ihrem Umfang der elterlichen Aufsichtspflicht entsprach. Die Aufsichtspflicht, welche die Beklagten zu 1. und 2. traf, ging über die Sicherungspflichten, die einen Bademeister treffen, weit hinaus.

a)

32
Eine durch Übernahme der Betreuung eines Kindes übernommene Aufsichtspflicht stellt höhere Anforderungen an den Betreuer als es dem Pflichtenkreis eines Bademeisters entspricht (so auch OLG Koblenz, Urteil v. 02.02.1994, Az. 1 U 1278/90). Dies ergibt sich schon aus der unterschiedlichen Zielrichtung der beiden Tätigkeiten. Ein Bademeister in einem öffentlichen Schwimmbad soll den dortigen Badebetrieb insgesamt überwachen. Ein Betreuer einer Kindergruppe hat allein die Aufgabe, für deren Wohl zu sorgen. Die Aufgaben eines Bademeisters sind also sehr viel weitergehend. Er hat nicht nur die Pflicht, das Schwimmbecken selbst zu überwachen, sondern muss auch die anderen Bereiche eines Schwimmbades kontrollieren, z.B. den Bereich der Umkleiden oder beispielsweise auch etwaige Liegebereiche. Zudem muss er nicht nur den Schwimmbetrieb als solchen überwachen, sondern er muss auch die technischen Aspekte des Schwimmbades im Auge behalten, indem er z.B. die Wasserqualität überprüft oder die Funktionsweise der vorhandenen Filter. Mit all diesen Aspekten hat ein Betreuer einer Kindergruppe nichts zu tun. Er kann und muss sich darauf konzentrieren, die zu seiner Gruppe gehörenden Kinder zu beaufsichtigen und zu unterstützen. Dabei muss er sich auch um individuelle Bedürfnisse der jeweiligen Kinder kümmern, die für einen Bademeister nicht weiter von Belang sind. Er muss z.B. dafür sorgen, dass die Kinder mit Nahrung und Getränken versorgt sind. Er muss auch etwaigen gruppendynamischen Prozessen innerhalb der Jugendgruppe Beachtung schenken, also beispielsweise Mobbing unterbinden. Für den Bademeister wäre solches Mobbing nur relevant, wenn dadurch der Badebetrieb als solcher beeinträchtigt wird. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Intensität, mit der sich die beiden Personengruppen um die Kinder kümmern müssen, unterscheidet. Damit einher geht der Umstand, dass die Zahl der zu überwachenden Personen in aller Regel unterschiedlich ist. Der Bademeister muss sich um sämtliche Gäste, also auch Erwachsene, kümmern. Der Betreuer einer Kindergruppe muss allein die betreffenden Kinder beaufsichtigen. Unerheblich ist insoweit, dass sich der Aufgabenbereich der beiden durchaus überschneiden kann. Selbstverständlich muss auch ein Bademeister, der bemerkt, dass ein zu einer betreuten Kindergruppe gehörendes Kind verunglückt ist, diesem Kind Hilfe leisten. Umgekehrt gilt aber auch, dass ein Betreuer einer Kindergruppe, der den Unglücksfall eines Gruppenfremden beobachtet, verpflichtet ist, diesem nach den allgemeinen Grundsätzen, also insbesondere § 323c StGB, Hilfe zu leisten.

33
Die Beklagten zu 1. und 2. traf eine entsprechende Aufsichtspflicht, auch wenn ein entsprechender Vertrag nicht zwischen den Klägern bzw. dem verstorbenen und ihnen selbst zustandegekommen ist, sondern mit dem SKFM bzw. der SSVG S. Nach der internen Aufgabenverteilung war es an den Beklagten zu 1. und 2., die Kindergruppe zu beaufsichtigen. Sie haben damit rein tatsächlich die entsprechende Aufsichtspflicht übernommen (vgl. auch OLG Koblenz, Urteil v. 02.02.1994, Az. 1 U 1278/90).

b)

34
Die elterliche Aufsichtspflicht soll das zu beaufsichtigende Kind davor schützen, sich selbst zu gefährden, durch Dritte gefährdet zu werden und soll zudem verhindern, dass das Kind Dritte gefährdet oder schädigt. Der Umfang der Aufsichtspflicht bestimmt sich dabei nach dem Einzelfall (Münchener Kommentar BGB/Huber, 7. Auflage 2017, § 1631 Rn. 9). Maßgeblich sind insbesondere das Alter, die Einsichtsfähigkeit und das Verantwortungsbewusstsein des Kindes (BGH, NJW 1980, S. 1044; ders., NJW 1984, S. 2574, 2575; Münchener Kommentar BGB/Huber, 7. Auflage 2017, § 1631 Rn. 8; Palandt/Götz, 78. Aufl. 2019, § 1631 Rn. 3). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinder gemäß § 1626 Abs. 2 S. 1 BGB grundsätzlich zu selbständigem verantwortungsbewussten Handeln erzogen werden sollen. Ihnen ist daher durchaus ein gewisser Freiraum zuzugestehen, um ihnen die Möglichkeit zu geben, Neues zu entdecken und ihnen zu ermöglichen, etwaige Gefahren selbst einzuschätzen (BGH, NJW 1984, S. 2574, 2575). Kinder im Alter von 8 bis 9 Jahren müssen auch in einem räumlichen Bereich ohne Aufsicht spielen können, der Eltern ein sofortiges Eingreifen nicht ermöglicht (BGH, NJW 1957, Seite 869; ders., NJW 1984, S. 2574, 2575; Münchener Kommentar BGB/Huber, 7. Auflage 2017, § 1631 Rn. 8). Zu berücksichtigen ist dabei jedoch auch das bisherige Verhalten des Kindes, insbesondere wie dieses auf etwaige Weisungen und Erziehungsmaßnahmen reagiert hat, ob dieses diese also ohne weiteres beachtet hat oder ob es sich verschiedentlich darüber hinweggesetzt hat (BGH, NJW 1984, S. 2574, 2575; Münchener Kommentar BGB/Huber, 7. Auflage 2017, § 1631 Rn. 8). So würden die Eltern ihre Aufsichtspflicht über ihr achteinhalb Jahre altes Kind nicht verletzen, wenn dieses sich bei der allein anwesenden Mutter zunächst zum Radfahren und zum Spielen im Garten abgemeldet habe und sich die Mutter durch regelmäßige Kontrollen davon überzeugt habe, was es tue (BGH, NJW 1984, S. 2574, 2575). Eine Haftung sei dann insoweit ausgeschlossen, als es in der Folge zu einem Brand komme, weil das Kind zusammen mit anderen Kindern in einen Raum eindringe und mit dort vorgefundenen Streichhölzern einen Brand verursache, der zu erheblichen Sachschäden führe (BGH, NJW 1984, S. 2574, 2575). Bei der Betreuung von Kindern im Rahmen einer Jugendgruppe bestehend aus 40 Kindern im Alter von 8-12 Jahren, die durch zehn Betreuer und sonstige Hilfspersonen beaufsichtigt wurden, soll es beim Besuch eines Schwimmbades nicht erforderlich sein, die Kinder in kleine Gruppen zu unterteilen, die der ständigen feststehenden Beaufsichtigung durch zumindest einen Betreuer unterstehen (OLG Koblenz, Urteil vom 02.02.1994, Az. 1 U 1278/90). Es genüge vielmehr, dass sich die Betreuer an Schwerpunkten aufhielten, z.B. dem Abgang und dem Ausgang einer Wasserrutsche, und freiwillige Gruppen von Kindern um sich scharten, denen sich die zur Gruppe gehörenden Kinder nach eigenem Belieben anschließen könnten (OLG Koblenz, a.a.O.). Auch wenn zu der Gruppe Nichtschwimmer gehörten, reiche die Anweisung aus, keines der Kinder dürfe den Schwimmerteil des Schwimmbeckens benutzen (OLG Koblenz, a.a.O.). Unter diesen Umständen sei es auch nicht zu beanstanden, wenn die aufsichtsführenden Personen eine Wasserrutsche im Schwimmbecken überhaupt zusammen mit den Kindern benutzten (OLG Koblenz, a.a.O.).

35
Gemessen an diesen Anforderungen, die Kindern im Rahmen der Beaufsichtigung einen Freiraum zugestehen, haben die Beklagten zu 1. und 2. die sie treffende Aufsichtspflicht verletzt. Im Rahmen ihrer Aufsichtspflicht wäre es ihre Aufgabe gewesen, jedenfalls den verstorbenen I B und seinen Bruder, den Kläger zu 3., als bekannte Nichtschwimmer jederzeit so im Auge zu haben, dass im Notfall ein sofortiges Eingreifen möglich gewesen wäre. Alternativ hätten sie sich vergewissern müssen, dass jedenfalls der jeweils andere die beiden Zwillinge in dieser Weise im Auge hat.

36
Dies ergibt sich aus einer Gesamtschau der Umstände des streitgegenständlichen Falls. Dabei ist die Eigenart der durchgeführten Ferienveranstaltung zu berücksichtigen. Allgemein bekannt ist, dass Wasser ein gefährliches Element ist. Sowohl Schwimmer als auch Nichtschwimmer können hierin ohne weiteres ertrinken. Bei Nichtschwimmern ist die Gefahr naturgemäß erheblich größer, da diese sich nicht einmal über Wasser halten können, ohne zu stehen. Gleichzeitig ist es aber so, dass das Element Wasser gerade für Kinder in vielen Fällen einen besonderen Anreiz bietet. Diese haben Spaß dabei, im Wasser herumzutoben und zu spielen. Dies führt aber dazu, dass sie die entsprechende Gefahr, die vom Wasser ausgehen kann, in dieser Weise nicht realisieren. Die Situation bei Wasser ist also eine andere als etwa bei einem Element wie Feuer, wo auch für jedes Kind ohne weiteres schon auf Grund der Hitze erkennbar ist, dass dieses gefährlich ist. Bei Berührung mit Feuer verbrennt sich das Kind umgehend. Auch verglichen beispielsweise mit dem Straßenverkehr erscheint Wasser für Kinder in aller Regel aus den genannten Gründen eher harmlos. Auch wenn bei diesem möglicherweise die Gefährlichkeit als solche erkannt wird, bietet der Straßenverkehr Kindern zumindest nicht diesen Anreiz, dort zu spielen. Denn es ist auch für ein Kind von sieben Jahren grundsätzlich erkennbar, dass ein herannahendes Fahrzeug eine Gefahr sein kann. Bei Wasser ist dies aber eben in dieser Weise nicht der Fall. Vielmehr ruft Wasser aufgrund der Möglichkeit darin zu spielen, insbesondere in einem Schwimmbad, in dem auch andere Kinder herumtoben und spielen und dort rutschen, wie das auch im Freibad Neuenhof möglich war, einen eher positiven Eindruck hervor. Das Kind erkennt also die potentielle Gefährlichkeit nicht in der Weise, wie dies bei anderen Elementen oder Ereignissen der Fall wäre. Dieser Umstand ist auch nicht fernliegend, sondern liegt ohne weiteres auf der Hand, insbesondere, wenn man, wie es die Beklagten zu 1. und 2. offensichtlich getan haben, Kinder beim Spielen im Schwimmbad beobachtet.

37
Der Umstand, dass Kinder die Gefährlichkeit von Wasser in aller Regel unterschätzen, ist von den aufsichtsführenden Personen zu berücksichtigen. Er führt dazu, dass der Kindern grundsätzlich einzuräumende Freiraum jedenfalls bei Aktivitäten in Zusammenhang mit Wasser wiederum erheblich eingeschränkt werden muss. Denn die Gefahr, dass ein Kind im Wasser umkommt, ist wesentlich größer, als wenn dieses etwa im Wald spielt oder auf einem Spielplatz, wo bei siebenjährigen Kindern von den Aufsichtsführenden sicherlich nicht mehr verlangt werden kann, dass diese die Kinder jederzeit im Blick haben. Dabei sind die aufsichtsführenden Personen auch nicht verpflichtet, die Kinder jederzeit in Griffweite zu halten, um diese bei einem etwaigen Untertauchen sofort wieder herauszuziehen. Dies könnte auch von Eltern nicht verlangt werden, da es andernfalls einem einzelnen Elternteil schon nicht mehr möglich wäre, mit zwei Kindern in ein Schwimmbecken zu gehen, da diese dann faktisch jederzeit festgehalten werden müssten, was das Spielerlebnis für die Kinder in erheblichem Maße reduzieren würde und ihnen auch jegliche Selbständigkeit nehmen würde. Vielmehr ist es so, dass gerade durch das Einnehmen eines höheren Standortes, ohne die Möglichkeit des sofortigen Eingreifens in Form des sofortigen Zugriffs, die Sicherheit für die Kinder sogar vergrößert werden kann, indem anderweitige Gefahren besser erkannt werden können. Entscheidend ist insoweit, dass der Aufsichtsführende ein etwaiges Unglück sofort feststellen kann, um dann unmittelbar handeln zu können, etwa durch Hineinspringen in das Schwimmbecken und Herausholen des betreffenden Kindes.

38
Vor dem Hintergrund der potentiellen Gefährlichkeit von Wasser und vor allem auch dem Umstand, dass Wasser schnell zum Tode führen kann, ist es bei einer Veranstaltung, die den Besuch eines Schwimmbades zum Gegenstand hat, nicht ausreichend, Kinder nur in einem etwa halbstündigen Rhythmus zu kontrollieren. Ein solch halbstündiger Kontrollrhythmus, wie er in der Rechtsprechung teilweise vertreten wird, ist beim Besuch von Schwimmbädern nicht ansatzweise ausreichend. Allgemein bekannt ist, ohne dass dies einer vertieften Erörterung durch einen Sachverständigen bedarf, dass Menschen in einem wesentlich kürzeren Zeitraum von nur wenigen Minuten ertrinken bzw. einem Zeitraum von nur wenigen Sekunden in höchste Not geraten können.

39
Die ununterbrochene Beaufsichtigung mit jederzeitiger Eingriffsmöglichkeit ist hier deshalb erforderlich gewesen, weil es sich bei dem verstorbenen I und seinem Bruder, dem Kläger zu 3., um Nichtschwimmer handelte. Dies war den Beklagten zu 1. und 2. auch bekannt. Zum einen hatte die Klägerin zu 2. dies dem Beklagten zu 1. schon bei Anmeldung ihrer Söhne mitgeteilt. Vor allem aber haben die beiden Beklagten zu 1. und 2. auch direkt nach dem Eintreffen im Schwimmbad selbst einen Schwimmtest durchgeführt und dabei festgestellt, dass die beiden Zwillinge nicht schwimmen konnten. Die bloßen Weisungen, den Schwimmerbereich des Schwimmbeckens nicht zu betreten und sich im Wasser nur in Gruppen aufzuhalten, reichten insoweit nicht aus. Allgemein anerkannt ist in Rechtsprechung und Literatur, dass sich der Umfang einer Beaufsichtigungspflicht auch danach richtet, inwieweit das betroffene Kind in der Vergangenheit Weisungen nachgekommen ist. Erfahrungswerte dahingehend, wie sich der verstorbene I und sein Bruder an Weisungen hielten, konnten die Beklagten zu 1. und 2. aber noch gar nicht haben, da sie die beiden erst am Morgen des Unglückstages kennengelernt haben. Auch wenn sie die Zwillinge im Laufe des Morgens, das Unglück ist erst am Mittag passiert, etwas näher kennenlernen konnten, ist diese Zeitspanne zu kurz, um auf dieser Basis auch nur ansatzweise beurteilen zu können, inwieweit sich die beiden an erteilte Weisungen hielten. Dabei ist zu bedenken, dass gerade in der ersten Zeit, in der Kinder neue Betreuer kennenlernen, ihr Verhalten häufig noch anders als gewöhnlich sein wird, auch die Kinder wissen noch nicht genau, woran sie sind. Auch wenn Kinder möglicherweise deshalb geneigt sind, den Anweisungen von Betreuern, die sie erst kurz zuvor kennengelernt haben, eher zu folgen, bedeutet dies nicht, dass dies zwangsläufig so ist. Gerade die verstrichene Zeit von mehreren Stunden von morgens bis mittags kann dazu führen, dass die Kinder gerade zu diesem Zeitpunkt um die Mittagszeit herum wieder in ihre gewöhnlichen Verhaltensmuster zurückfallen, so dass sich ihr Verhalten zu dem Zeitpunkt auch schon von ihrem Verhalten am selben Morgen unterscheiden kann. Sie haben dann die Betreuer aus ihrer Sicht möglicherweise schon so gut kennengelernt, dass sie ihnen ein gewisses Vertrauen entgegenbringen. All dies führt dazu, dass die Beklagten zu 1. und 2. zum Zeitpunkt des Unglücksfalls eben noch nicht hinreichend sicher beurteilen konnten, wie sich die Zwillinge an die Weisung halten würden.

40
Darüber hinaus ist allein eine Weisung, sich nur im Nichtschwimmerbereich des Schwimmbeckens aufzuhalten und dies auch nur in Gruppen von mehreren Kindern, nicht geeignet, eine Beaufsichtigung mit jederzeitiger Zugriffsmöglichkeit zu ersetzen. Auch der Nichtschwimmerbereich wies immerhin noch eine Tiefe von 0,85 m bis 1,20 m auf. Für eine Person mit einer Größe von 1,24 m ist dies ohne weiteres ausreichend, um darin zu ertrinken. Vor allem bei einem Nichtschwimmer mit dieser Größe, der zwar im Randbereich des Beckens, wo dieses nur 0,85 m tief ist, zunächst einmal relativ problemlos stehen kann, ist diese Gefahr auch ohne weiteres vorhersehbar. Denn auch bei einer Tiefe von 0,85 m befindet sich ein Großteil des Körpers bereits im Wasser. Das bedeutet aber auch, dass es nicht viel bedurfte, dass auch der Kopf unterging. Hierfür reicht potentiell schon ein bloßes Ausrutschen aus oder auch ein Schubsen oder Wegdrängen durch einen anderen Badegast, gleich ob dies absichtlich oder aus Versehen passiert. Ist der Kopf einmal unter Wasser, ist es bekanntermaßen gerade für Nichtschwimmer schwierig, wieder aufzutauchen. Sie geraten häufig in Panik. Insbesondere, wenn der Betreffende ohnehin schon nur relativ knapp so stehen kann, dass sein Kopf über die Wasseroberfläche ragt, wird dieser Effekt noch einmal verstärkt. Wenn das Becken dann noch bis auf eine Tiefe von 1,20 m abfällt, ist offensichtlich, dass eine Person von 1,24 m Größe dann eben nicht mehr so stehen kann, dass sich der Kopf über Wasser befindet. Aus dem Gutachten des Herrn Dr. U von 07.07.2009, welches im Rahmen der Obduktion des I B erstellt wurde (Bl. 489 EA), ergibt sich unter Ziff. IV., dass die Höhe des Mundes über der Fußsohle bei etwa 104 cm, die Höhe der Nasenöffnung über der Fußsohle bei ca. 108 cm lag. Folglich konnte I schon im Nichtschwimmerbereich teilweise nicht mehr stehen, ohne dass Mund und Nase, die zum Atmen benötigt werden, über Wasser waren. Die beschriebenen Risiken fallen dann umso größer aus. All dies ist aus einer Betrachtung ex-ante bereits ersichtlich. Unabhängig davon, ob sich der verstorbene I tatsächlich, insbesondere auch zum Zeitpunkt seines Todes, bis in den Bereich einer Tiefe von 1,20 m vorgewagt hat, waren jedenfalls die entsprechenden Gefahren bei einem Nichtschwimmer real.

41
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände, der generellen Gefährlichkeit des Elements Wasser im Allgemeinen verbunden mit einem Unterschätzen der Gefahren durch die Kinder, der Besonderheiten des Schwimmbeckens und dem den Beklagten zu 1. und 2. zum Zeitpunkt des Todes bekannten Umstand, dass I und sein Bruder nicht schwimmen konnten, hätten verantwortungsbewusste Eltern ihr Kind zu keinem Zeitpunkt unbeaufsichtigt gelassen, sondern hätten sich so positioniert, dass sie ihr Kind jederzeit beobachten können und sie im Notfall unmittelbar eingreifen können. Entsprechend ergibt sich auch aus dem von den Klägern zur Gerichtsakte gereichten Leitfaden „Sicherheitsförderung im Schulsport“, 1. Aufl. 2015 (Bl. 536 Anlagenband), dort Seite 24, dass die Lehrkraft ihren Platz so wählen muss, dass sie alle im Wasser befindlichen Schülerinnen und Schüler sehen kann. Sie darf sich nicht gleichzeitig mit Schülerinnen und Schülern im Wasser aufhalten, sofern dies nicht in besonderen Fällen aus pädagogischen bzw. methodischen Gründen erforderlich ist.

42
Den genannten Gefahren wird auch nicht dadurch ein Riegel vorgeschoben, dass die Kinder nur in Gruppen in das Schwimmbecken gehen sollten. Die Gruppe bestand aus Kindern im Alter von 7-12 Jahren (Bl. 51 EA). In diesem Alter ist es nur eingeschränkt möglich, dass Kinder wechselseitig aufeinander aufpassen. Sie werden dazu häufig körperlich schon nicht in der Lage sein, etwa indem sie einen der ihren aus dem Wasser bergen. Alternativ bleibt dann nur, dass die Kinder im Notfall einen Erwachsenen benachrichtigen. Das ändert aber nichts an der Gefahr, dass die Kinder sich ablenken lassen und sich wechselseitig nicht so verhalten, wie dies erforderlich wäre, um zuverlässig aufeinander aufzupassen.

43
Hinzu tritt hier der Umstand, dass es sich bei dem Freibad M um eine übersichtliche Anlage handelt. Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten war dieses auch nicht übermäßig besucht. Es wäre daher ein Leichtes gewesen, das Becken insgesamt im Blick zu behalten.

44
Der Beklagte zu 1. hat diese Aufsichtspflicht schon deshalb verletzt, weil er offensichtlich im fraglichen Zeitraum überhaupt nicht auf das Schwimmbecken geachtet hat. Dies ergibt sich schon aus den Ausführungen im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2015. Er gab darin an, auf den Unglücksfall erst aufmerksam geworden zu sein, als der Beklagte zu 2. in der Mitte des Beckens auf ihn zugekommen sei. Zu dem Zeitpunkt als der Beklagte zu 2. mit dem später verstorbenen I B aus dem Becken herausgekommen war, muss aber bereits einige Zeit vergangen sein seit der Beklagte zu 1. das letzte Mal des Becken überprüft hatte. So war in der Zwischenzeit I zunächst von einem weiteren Badegast im Wasser treibend aufgefunden worden. Ein weiteres Kind der Feriengruppe hatte den Beklagten zu 2. in diesem Zeitraum auf den im Wasser treibenden I aufmerksam gemacht. Der Beklagte zu 2. muss dann zunächst selbst wieder in das Schwimmbecken gerutscht sein. Dies ergibt sich daraus, dass dieser in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2015 – ohne Widerspruch des Beklagten zu 1. – ausgeführt hat, er habe gerade wieder rutschen wollen, als ihn ein Kind auf I aufmerksam gemacht habe. Dann muss der Beklagte zu 2. sich noch zu I hin bewegt und ihn hochgehoben haben. All dies ist schon nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten zu 1. geschehen, bevor er überhaupt irgendetwas von dem ganzen Geschehen mitbekommen hat. Dies zeigt, dass er dem Becken im fraglichen Zeitraum keine Aufmerksamkeit geschenkt haben kann. Dies gilt umso mehr, als dass nicht vorstellbar ist, dass dieses Geschehen ohne merklichen Aufruhr im Schwimmbecken vonstatten gegangen sein soll, den der Beklagte zu 1. aber offensichtlich ebenfalls nicht mitbekommen hat.

45
Der Beklagte zu 2. hat den vorstehend geschilderten Anforderungen an seine Aufsichtspflicht ebenfalls nicht genügt. Er hat nach eigenem Bekunden in der Zeit unmittelbar vor dem Auffinden I mit anderen Kindern auf der Rutsche gespielt und ist dort mit diesen gerutscht. Auch er hat den verstorbenen I also nicht permanent im Blick gehabt. Er wurde erst durch ein weiteres Mitglied der Kindergruppe darüber informiert, dass I im Wasser trieb. Auch hat er sich offensichtlich nicht vergewissert, dass an seiner Stelle der Beklagte zu 1. eine permanente Beaufsichtigung insbesondere der Zwillinge übernahm. Auch wenn es nicht erforderlich ist, dass exakte Kleingruppen zusammengestellt werden, die dann von einem Betreuer beaufsichtigt werden, bedeutet dies nicht, dass gänzlich auf Absprachen verzichtet werden kann. Dies zeigt sich schon an dem vorliegenden Fall, in dem der verstorbene I offensichtlich nicht beaufsichtigt wurde. Dass die Beklagten zu 1. und 2. sich hier in irgendeiner Weise abgesprochen hätten, als der Beklagte zu 2. mit mehreren Kindern der Gruppe auf die Rutsche gegangen ist, tragen sie selbst nicht vor.

c)

46
Ob es infolge der Verletzung der Aufsichtspflicht durch die Beklagten zu 1. und 2. zum Tod des I gekommen ist, oder ob dieser gegebenenfalls andere Ursachen hatte, kann nicht festgestellt werden (im Folgenden unter bb)). Die Beklagten zu 1. und 2. tragen jedoch die Beweislast dafür, dass ihre Pflichtverletzung den Tod nicht verursacht hat (im Folgenden unter cc)).

aa)

47
Die Kläger berufen sich darauf, dass der Tod ihres Sohnes bzw. Bruders zu einer Gesundheitsschädigung bei ihnen geführt hat. Eine Haftung der Beklagten zu 1. und 2. setzte also im ersten Schritt voraus, dass die Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber I durch die Beklagten zu 1. und 2. zum Tode Kerems geführt hat. Auch wenn es sich hierbei nicht um die klassische haftungsbegründende Kausalität handelt – diese betrifft nur die Kausalität zwischen einer Pflichtverletzung und einer Rechtsgutverletzung bei dem Anspruchsteller – sind die entsprechenden Grundsätze im Rahmen der Kausalität der Aufsichtspflichtverletzung für den Tod I ebenfalls anzuwenden. Die insoweit relevante Frage der Kausalität ist der Frage nach der haftungsbegründenden Kausalität noch vorgelagert.

48
Die Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität richtet sich nach dem Grundsatz conditio sine qua non (Münchner Kommentar BGB/Wagner, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 69). Entscheidend ist insoweit also, ob die eingetretene Rechtsgutverletzung entfiele, wenn die Pflichtverletzung hinweggedacht würde. Die haftungsbegründende Kausalität ist dabei im Grundsatz gemäß § 286 ZPO zur vollen Überzeugung des Gerichts nachzuweisen. Dabei ist es nicht erforderlich, dass das pflichtwidrige Verhalten des Schädigers den Schaden „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ verursacht hat (BGH, NJW 2008, Seite 2846, 2848). Es reicht vielmehr aus, wenn ein Grad von Gewissheit erreicht ist, der Zweifeln eines besonnenen, gewissenhaften und lebenserfahrenen Beurteilers Schweigen gebietet (BGH, NJW 2008, Seite 2846, 2848). Zweifel, die sich auf lediglich theoretische Möglichkeiten gründen, für die tatsächliche Anhaltspunkte nicht bestehen, sind hierbei nicht von Bedeutung (BGH, NJW 2008, Seite 2846, 2848; ders. NJW 2004, S. 2828; ders. NJW 1970, S: 946, 948).

bb)

49
Die genaue Todesursache von I ist nicht feststellbar. Dies ergibt sich aus den im Rahmen des Strafverfahrens eingeholten Sachverständigengutachten der rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. C2, Dr. U und Prof. Dr. E3.

50
Die beiden rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. S und Prof. Dr. C2 legen zunächst die verschiedenen Möglichkeiten dar, wie es zu einem Todesfall im Wasser kommen kann. Zu unterscheiden sind im Wesentlichen drei Fallgruppen (vergleiche insbesondere Ziff. V. des Gutachtens Prof. Dr. C3 vom 30.05.2011, Bl. 502 EA):

51
Unter der ersten Fallgruppe ist ein Ertrinkungstod im engeren Sinne zu verstehen. Bei diesem werden erhebliche Mengen Wasser eingeatmet, ohne dass weitere äußere oder innere Faktoren mitwirken.

52
Die zweite Fallgruppe umfasst die Fälle des sogenannten atypischen Ertrinkens. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass bei dem Betroffenen im Wasser eine Gesundheitsstörung und Bewusstlosigkeit eintritt und sekundär unterschiedlich große Volumina von Flüssigkeit eingeatmet werden.

53
Die dritte Fallgruppe betrifft den sogenannten Badetod. Darunter ist eine im Regelfall durch Herzrhythmusstörungen verursachte Bewusstlosigkeit ohne nennenswerte Einatmung von Flüssigkeit zu verstehen.

54
Die Sachverständigen führen hinsichtlich der Unterscheidbarkeit der verschiedenen Fallgruppen des Todes im Wasser im Rahmen einer rechtsmedizinischen Diagnose aus, dass diese drei Fallgruppen nicht immer eindeutig voneinander abzugrenzen seien. So sei es insbesondere möglich, dass ursprünglich vorhandene Befunde als Folge intensiver Reanimationsbemühungen überlagert werden könnten.

55
Die Ausführungen der Gutachter Prof. C3 und Prof. S basieren zu einem großen Teil auf der feingeweblichen Untersuchung zur Feststellung der Todesursache des I B vom 02.08.2010 durch Herrn Dr. U (Bl. 379 ff. EA). Diese kommt zu dem Ergebnis, dass bei dem feingeweblichen Untersuchungen der Organe des I B Befunde erhoben wurden, die mit einem Ertrinkungstod in Einklang gebracht werden könnten. Diese Befunde seien allerdings durch die sehr lang andauernden Wiederbelebungsversuche von fast 2 Stunden deutlich überlagert. Die Befunde der Lunge mit Zeichen eines akuten Lungenemphysems, also einer deutlichen Aufblähung, sprächen zwar für einen Ertrinkungstod. Einen derartigen Befund finde man aber auch nach ausgiebigen Wiederbelebungsversuchen. Ferner seien massive Blutstauungen, ein Hirnödem sowie Einzelzellnekrosen im Herzmuskel festgestellt worden, die aber ebenfalls nach Wiederbelebungsversuchen aufträten. Sofern im Rahmen der Obduktion eine deutliche Überwässerung, festgestellt worden sei, könne dies die Folge eines Ertrinkens sein, indem die Flüssigkeit aus den Lungen resorbiert worden sei. Auch im Rahmen der Reanimation sei massiv Volumen zugegeben worden, allein der Notarzt solle 1500 ml Ringerlacktatlösung intravenös verabreicht haben. Andererseits wird aber auch ausgeführt, dass andere Befunde an inneren Organen, welche den Tod oder eine plötzlich eintretende Bewusstlosigkeit des I im Wasser erklären könnten, weder durch die Obduktion noch durch die feingewebliche Untersuchung hätten ermittelt werden können. Auch seien keinerlei Verletzungen oder Hinweise darauf gefunden worden, dass I gewaltsam unter Wasser gedrückt worden sei.

56
Aus dem Protokoll zur gerichtlichen Sektion des I B am 07.07.2009 des Herrn Dr. U vom 07.07.2009 (Bl. 489 ff. EA) ergibt sich ebenfalls, dass eine eindeutige Todesursache durch die Obduktion nicht habe festgestellt werden können (Ziff. IV, Bl. 497 EA). Dort wird ausgeführt, dass typische Ertrinkungsbefunde nicht hätten nachgewiesen werden können, was aber auch durch die sehr lange Wiederbelebungszeit erklärt werden könne. Auffällig zeige sich eine deutliche Überwässerung des Leichnams. Diese könne aber auf sowohl einen Ertrinkungsvorgang als auch auf die Wiederbelebungsmaßnahmen zurückgeführt werden, so sei laut Notarzt-Einsatzprotokoll (Bl. 49 EA) auch reichlich Volumen gegeben worden. Empfohlen werden in der Folge weitere Untersuchungen wie beispielsweise feingewebliche und chemisch-toxikologische Untersuchungen.

57
Für den konkreten Fall führen zudem sowohl der Sachverständige Prof. Dr. C3 als auch die Sachverständige Prof. Dr. S aus, dass sich aufgrund der Obduktionsbefunde im streitgegenständlichen Fall ein typisches Ertrinken nicht nachweisen lasse (Ziff. VI. des Gutachtens Prof. C3, Bl. 505 EA und S. 3 des Gutachtens Prof. S, Bl. 596 EA). Vielmehr bestehe auch die Möglichkeit, dass es sich um einen Fall des atypischen Ertrinkens bzw. des Badetodes gehandelt habe.

58
Drei rechtsmedizinische Sachverständigen kommen also jeweils zu dem Ergebnis, dass die konkrete Todesursache bei I nicht feststellbar sei. Insbesondere ist durch die weitere Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. C3 und Prof. S auch sichergestellt worden, dass nicht nur der Sachverständige Dr. U, der Obduktion und feingewebliche Untersuchung durchgeführt hat, mit dem Fall betraut war. Die beiden weiteren Sachverständigen haben vielmehr dafür gesorgt, dass dessen Arbeit und insbesondere seine Schlussfolgerung betreffend die Überlagerung der zum Ertrinkungstod passenden Befunde durch die Reanimationsmaßnahmen noch einmal überprüft wurden.

59
Dass auch die Sachverständigen Prof. C2 und Prof. S auf das Gutachten vom 02.08.2010 zurückgriffen, ist nicht zu beanstanden. Dieses Gutachten basiert auf den konkreten feingeweblichen Untersuchungen nach dem Tod des I. Dass der die Untersuchung durchführenden Mediziner Dr. U, der für das Institut für Rechtsmedizin der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf arbeitet, nicht die notwendige Fachkompetenz zur Durchführung derartiger Untersuchungen hatte, ist nicht ersichtlich und wird auch von den Parteien nicht in Abrede gestellt.

60
Auch aus dem toxikologischen Gutachten des Herrn Prof. Dr. E3 vom 13.04.2010 (Bl. 375 EA) ergibt sich nichts zur genauen Todesursache des I. Der Sachverständige Prof. E3 hat das Blut, den Mageninhalt und die Niere des verstorbenen I B daraufhin überprüft, ob sich darin Stoffe, insbesondere Medikamente, finden ließen, welche geeignet wären, Kerems Tod bzw. die Umstände, die zu seinen Tod geführt haben, erklären könnten. Die Ergebnisse der durchgeführten Untersuchungen waren jedoch negativ bzw. unauffällig (Bl. 378 EA).

61
Die Ausführungen der Sachverständigen sind auch nachvollziehbar. Auch für einen medizinischen Laien ist die Differenzierung zwischen den verschiedenen Fallgruppen im Zusammenhang mit einem Tod im Wasser ohne weiteres nachvollziehbar. Auch wenn der Laie mit dem Begriff des Ertrinkens üblicherweise wohl die Fallgestaltung des typischen Ertrinkens verbinden dürfte, nämlich das Einatmen von Wasser, was dann dazu führt, dass kein Sauerstoff durch die Luft mehr aufgenommen werden kann, ist es verständlich, dass dies nicht die einzige Möglichkeit ist, im Wasser zu Tode zu kommen. Dass darüber hinaus auch die Möglichkeit besteht, dass es aufgrund anderweitiger gesundheitlicher Störungen zu einer Bewusstlosigkeit kommen kann, die dann zum Einatmen von Wasser führt, ist ebenso nachvollziehbar. Auch außerhalb des Wassers besteht schließlich die Möglichkeit, dass eine solche Bewusstlosigkeit eintritt. Tritt diese im Wasser ein, führt der damit verbundene Sturz zwangsläufig dazu, dass der Kopf mit den Atemöffnungen unter Wasser tauchen kann, wenn das Wasser tief genug ist, weshalb dann wiederum keine Möglichkeit mehr besteht, Sauerstoff über die Luft einzuatmen, sondern vielmehr Wasser in die Lunge eintritt. Auch die Möglichkeit des Badetodes ist nicht fernliegend. Dies gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass dieser teilweise als Unterfall des atypischen Ertrinkens angesehen werde und die entsprechende Unterscheidung von eher akademischer Natur sei, worauf die Sachverständige Prof. S in ihrer Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2019 (Bl. 951 der Akte) hingewiesen hat.

62
Auch die Ausführungen betreffend die Überlagerung der Befunde, die auf einen Ertrinkungstod hinweisen, durch die Reanimationsbemühungen des Notarztes, sind nachvollziehbar. Für den Laien ohne größere Schwierigkeiten zu verstehen ist die Aussage der Sachverständigen, dass es im Falle des typischen Ertrinkens zu erheblichen Flüssigkeitseinlagerungen im Körper des Toten komme. Wird Wasser eingeatmet, muss sich dieses zwangsläufig im Körper ablagern. Ob dies dann dadurch geschieht, dass es sich in der Lunge anreichert oder durch die Lunge resorbiert wird (wie es im Gutachten Dr. U vom 02.08.2010 auf S. 6/7, Bl. 384/385 EA, ausgeführt wird) ist dann eine Frage der körpereigenen Vorgänge. Entscheidend ist insoweit jedenfalls, dass das Wasser sich im Körper befindet und dort dann auch feststellbar sein muss. Ebenso nachvollziehbar ist aber die Aussage, dass die Einlagerung von Flüssigkeit nicht nur darauf beruhen kann, dass Wasser eingeatmet wird, sondern dieses Phänomen auch durch die Gabe von Flüssigkeit im Rahmen einer Wiederbelebung auftreten kann. Hier gilt wiederum das oben Gesagte. Wenn Flüssigkeit dem Körper zugeführt wird, muss diese irgendwohin. Insbesondere wenn der Betreffende tot ist, liegt es auch nahe, dass dem Körper zugeführte Flüssigkeit nicht mehr durch körpereigene Vorgänge abgebaut werden kann. Dass die Sachverständigen von einer Flüssigkeitszufuhr im Rahmen der Reanimationsmaßnahmen ausgehen, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich aus dem Bericht des Notarztes (Bl. 49 EA). Auch soweit eine deutliche Überblähung der Lunge als Anzeichen eines Ertrinkens als auch als Folge von Wiederbelebungsmaßnahmen unter Zuführung von Flüssigkeit angeführt wird, ist dies nachvollziehbar. So ist es gut vorstellbar, dass es durch Eindringen von Wasser, einem Stoff mit wesentlich höherer Dichte als die einzuatmende Luft, zu einer Überblähung der Lunge kommt. Ebenso ist es aber nachvollziehbar, dass durch Wiederbelebungsmaßnahmen, also das Ausüben von Druck auf den Brustkorb und die Lunge bzw. das damit verbundene Beatmen, eine solche Überblähung auftritt. Die Belastung der Lunge wird in diesem Fall eine andere sein als bei regulärer Atmung.

63
Auch wenn im Rahmen der Obduktion des verstorbenen I und der feingeweblichen Untersuchung sowie dem toxikologischen Gutachten keinerlei Hinweise auf eine andere Todesursache als Ertrinken gefunden werden konnten, insbesondere keine weiteren gesundheitlichen Störungen, ist die Möglichkeit einer anderweitigen Todesursache als typisches Ertrinken nicht nur theoretischer Natur. Der Sachverständige Prof. C2 hat im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2019 (Bl. 952 der Akte) eine Statistik betreffend Todesfälle im Wasser dargelegt. Untersucht worden seien dabei 199 Personen, die im Wasser aufgefunden worden seien. Bei lediglich 95 Personen habe ein eindeutiger Ertrinkungstod festgestellt werden können. Bei weiteren 15 Fällen habe zunächst eine Reanimation dazu geführt, dass die Person weiterlebte, wobei in der Mehrzahl der Fälle innerhalb von 2-3 Tagen dann noch der Tod eingetreten sei. In einem Ausnahmefall sei der Tod noch nach 28 Tagen eingetreten. In immerhin 22 Fällen hätten andere Todesursachen, z.B. Herzinfarkt oder Gewalteinwirkung, festgestellt werden können. In 61 Fällen sei die Todesursache nicht weiter aufklärbar gewesen. Das bedeutet also, dass in nur 47 % der Fälle die sichere Diagnose stellen konnte, dass der Betroffene, der im Wasser aufgefunden wurde, tatsächlich ertrunken war. In immerhin 30 % der Fälle konnte eine Todesursache auch überhaupt nicht festgestellt werden. Demgegenüber konnte in immerhin noch 11 % der Fälle eine anderweitige Ursache festgestellt werden. Auch hat die Sachverständige Prof. S in ihrer Anhörung im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 13.02.2019 ausgeführt, dass hinsichtlich einer statistischen Wahrscheinlichkeitsverteilung betreffend die verschiedenen Todesarten im Wasser keine belastbaren statistischen Erhebungen vorlägen (Bl. 951 der Akte). Auch wenn festgestellt werden könne, dass der Verstorbene keine Hinweise auf andere konstitutionelle Probleme habe, sei es gerade bei Todesfällen mit Kindern so, dass es veranlagte Ursachen geben könne, die man aber auch bei einer feinstofflichen Untersuchung nicht nachweisen könne. Sie könne daher keine Differenzierung hinsichtlich der Wahrscheinlichkeiten der Todesarten vornehmen. Wenn aber gerade bei Kindern, wie dem hier verstorbenen I, oftmals eine Veranlagung, die dann zum Tod geführt habe, nicht festgestellt werden könne, bedeutet dies, dass die Möglichkeit einer anderweitigen Todesursache als Ertrinken nicht nur theoretischer Natur war.

64
Da die genaue Todesursache von I nicht aufklärbar ist, ist es auch nicht mehr aufklärbar, ob der Tod bei ordnungsgemäßer Wahrnehmung der Aufsichtspflicht durch die Beklagten zu 1. und 2. verhindert worden wäre. Grundsätzlich ist es nach den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. C3 so, dass mit zunehmender Dauer einer Hypoxie die Erfolgsaussichten einer Reanimation geringer werden (Bl. 505 EA). Insoweit sei allerdings nicht nur die Dauer der Hypoxie maßgeblich. Auch die Ursache für die Bewusstlosigkeit im Wasser, die Menge und Beschaffenheit der aspirierten Flüssigkeit und auch die Effektivität der Reanimationsbemühungen durch die Ersthelfer seien dabei zu berücksichtigen. Nach Angaben des Sachverständigen Prof. C3 könne daher nicht gesagt werden, dass I bei einer Dauer der Hypoxie von z.B. 2 Minuten mit Sicherheit hätte gerettet werden können. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass I so schnell zu Tode gekommen ist, dass auch bei Beachtung der Anforderungen an die Aufsichtspflicht sein Tod nicht vermeidbar gewesen wäre.

65
Es bestand keine Notwendigkeit, die weiteren Kinder der Feriengruppe und sonstige Badegäste als Zeugen zu vernehmen. Diese könnten allenfalls aussagen, wann und wie sie I zuletzt gesehen haben. Daraus ließen sich aber, wie die Sachverständige Prof. S überzeugend ausgeführt hat, keine Rückschlüsse auf den tatsächlichen Geschehensablauf ziehen. Diese führt auf Seite 2 ihres Gutachtens vom 22.11.2011 (Bl. 595 EA) aus, dass ein atypisches Ertrinken oder ein sogenannter Badetod aufgrund der massiven Überlagerung der Befunde durch die sehr lang andauernden Reanimationsversuche nicht ausgeschlossen werden könnten, weshalb nicht sicher von einem Ertrinkungstod ausgegangen werden könne. Aus rechtsmedizinischer Sicht ändere daran auch das Befragen von Zeugen nichts, da bei den Zeugen schon rechtsmedizinische Fachkenntnisse vorausgesetzt werden müssten, um sicher zwischen typischem bzw. atypischem Ertrinken und Badetod unterscheiden zu können. Zumindest müsste aber festgestellt werden, dass ein Zeuge gezielt und dauerhaft das Verhalten des I B vor, während und nach dem Untergehen im Wasser beobachtet hat. Dies ist für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, da auch bei einem mehrmaligen Auf- und Abtauchen nicht erkennbar ist, ob dies möglicherweise freiwillig ist, bzw. auf welchen Ursachen dies konkret beruht, ob dies also darauf zurückzuführen ist, dass der Betreffende tatsächlich im Sinne eines typischen Ertrinkens ertrinkt oder ob dies auf einer anderweitigen Gesundheitsstörung beruht.

cc)

66
Die mangelnde Möglichkeit zur Aufklärung geht im vorliegenden Fall zulasten der Beklagten zu 1. und 2..

67
Im Rahmen einer deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist es im Regelfall Sache des Geschädigten, die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der eingetretenen Rechtsgutverletzung, die haftungsbegründende Kausalität, zu beweisen (vgl. etwa BGH, NJW 2012, S. 850, 851). Etwas anderes gilt nur bei grob fahrlässiger Verletzung einer Berufs- oder Organisationspflicht, die dem Schutz von Leib und Leben eines Anderen dient. In diesen Fällen kommt es zu einer Beweislastumkehr (BGH, NJW 1962, Seite 959; ders., Urteil vom 23.11.2017, Az. III ZR 60/16). Derjenige, der eine solche Pflicht grob vernachlässigt hat, kann nach Treu und Glauben die Folgen aus der Frage, ob der Schaden abwendbar war, nicht dem Geschädigten aufbürden (BGH, Urteil vom 23.11.2017, Az. III ZR 60/16 Rn. 24). Die regelmäßige Verteilung der Beweislast kann dem Geschädigten in diesen Fällen hingegen nicht zugemutet werden. Diese Rechtsprechung findet ihren Ursprung im Arzthaftungsrecht, wo ebenfalls eine Umkehr der Beweislast für die Kausalität zwischen eingetretenem Gesundheitsschaden und einem groben Behandlungsfehler, der geeignet ist, einen Schaden der tatsächlich eingetretenen Art herbeizuführen, angenommen wird (BGH, Urteil vom 10.05.2016, Az. VI ZR 247/15). Begründet wird diese Beweislastumkehr bei groben Behandlungsfehlern damit, dass die nachträgliche Aufklärbarkeit des tatsächlichen Behandlungsgeschehens wegen des besonderen Gewichts des ärztlichen Fehlers und seiner Bedeutung für die Behandlung in einer Weise erschwert ist, dass der Arzt nach Treu und Glauben dem Patienten den vollen Kausalitätsnachweis nicht zumuten kann. Die Beweislastumkehr bildet letztlich einen Ausgleich dafür, dass das Spektrum der für die Schädigung in Betracht kommenden Ursachen wegen der besonderen Bedeutung des Fehlers besonders verbreitet oder verschoben ist (BGH, Urteil vom 10.05.2016, Az. VI ZR 247/15). Grober Behandlungsfehler in diesem Sinne ist ein eindeutiger Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse, wenn aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich ist, wie er einem Arzt unterlaufen kann (BGH, Urteil vom 17.2015, Az. VI ZR 476/14). Die Überwachungspflichten eines Bademeisters sind als derartige Berufspflichten zum Schutze von Leib und Leben zu qualifizieren (BGH, NJW 1962, Seite 959; ders., Urteil vom 23.11.2017, Az. III ZR 60/16 Rn. 25). Bademeister haben die besondere Pflicht, durch ordnungsgemäße Überwachung des Badebetriebs Leib und Gesundheit der Badegäste vor Badeunfällen zu schützen (BGH, Urteil vom 23.11.2017, Az. III ZR 60/16 Rn. 25). Die Interessenlage ist auch vergleichbar der Situation im Rahmen der Arzthaftung. Aus dem Schwimmbetrieb resultieren spezielle Gefahren insbesondere für Gesundheit und Leben der Badegäste. Eben diesen Gefahren soll die Badeaufsicht entgegenwirken. Zudem ist es – wie schon der vorliegende Fall zeigt – nach einem Badeunfall aufgrund der körpereigenen Prozesse häufig nicht mehr möglich, exakt aufzuklären, was genau im Rahmen des Badeunfalls geschehen ist (BGH, Urteil vom 23.11.2017, Az. III ZR 60/16 Rn. 2).

68
Diese Beweislastumkehr bei der grob fahrlässigen Verletzung von Überwachungspflichten durch einen Bademeister gilt auch für den streitgegenständlichen Fall, in dem die Beklagten zu 1. und 2. nicht als Bademeister tätig waren. Die beiden Beklagten zu 1. und 2. traf, wie bereits ausgeführt, eine Pflicht, die über die Pflichten eines Bademeisters weit hinausging. Dies gilt jedenfalls, soweit wie es um die Frage der Beaufsichtigung der zur Feriengruppe gehörenden Kinder und hier insbesondere des I ging, der den Beklagten zu 1. und 2. als Nichtschwimmer bekannt war. Daraus ergibt sich auch ohne weiteres, dass es selbstverständlich Zweck der Aufsichtspflicht der Beklagten zu 1. und 2. gegenüber I war, dessen Gesundheit und Leben zu schützen. Gerade wenn Zweck der Feriengruppe der Besuch eines Schwimmbades war, war es natürlich auch Aufgabe der Beklagten zu 1. und 2., welche die Aufsicht führten, die Kinder vor den spezifischen Gefahren des Badebetriebs zu bewahren. Insoweit wird auch auf die Ausführungen oben Bezug genommen. Wenn aber die Umkehr der Beweislast schon bei Bademeistern gilt, deren Pflichtenkreis grundsätzlich weniger weitgehend ist als der Pflichtenkreis der aufsichtsführenden Person einer Kindergruppe, muss die Umkehr der Beweislast bei Letztgenannten erst Recht Anwendung finden.

69
Die Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung ist hier auch hinsichtlich der Kausalität zwischen Verletzung der Aufsichtspflicht und Tod des I anzuwenden. Die beschriebene Beweislastumkehr gilt grundsätzlich nur für die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und der Rechtsgutverletzung, also die Frage der haftungsbegründenden Kausalität. Sie gilt aber auch für die Frage, ob die Verletzung der Aufsichtspflicht durch die Beklagten zu 1. und 2. kausal für Kerems Tod war. Für sich betrachtet ist dies keine Frage der haftungsbegründenden Kausalität im streitgegenständlichen Fall. Die Kläger machen hier keine kraft Erbfalls übergegangenen Ansprüche des verstorbenen I wegen einer ihm gegenüber verübten Rechtsgutverletzung geltend, sondern Ansprüche wegen einer eigenen Rechtsgutverletzung infolge des Todes ihres Sohnes bzw. Bruders. Soweit es hier um die Kausalität zwischen Kerems Tod und der Aufsichtspflichtverletzung der Beklagten zu 1. und 2. geht, handelt es sich folglich um eine vorgelagerte Frage. Die Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung ist aber auch auf die hiesige Konstellation anzuwenden. Die eben dargelegten Gründe, die für eine Beweislastumkehr bei grober Pflichtverletzung im Rahmen der haftungsbegründenden Kausalität sprechen, gelten für die vorgelagerte Frage der Kausalität zwischen Aufsichtspflichtverletzung und Tod des Sohnes bzw. Bruders der Kläger genauso.

70
Die Beklagten zu 1. und 2. haben ihre Aufsichtspflicht gegenüber I B grob fahrlässig verletzt. Fahrlässig handelt gemäß § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Grobe Fahrlässigkeit liegt demzufolge vor bei einem besonders schweren Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt (Münchener Kommentar BGB/Grundmann, 8. Aufl. 2019, § 276 Rn. 94). Ein solch besonders schwerer Verstoß gegen die objektiv erforderliche Sorgfalt ist den Beklagten zu 1. und 2. hier vorzuwerfen. Auszugehen ist hierbei wiederum von der unstreitigen Tatsache, dass I nicht schwimmen konnte und die Beklagten zu 1. und 2. dies auch wussten, nachdem sie selbst noch einen entsprechenden Schwimmtest durchgeführt hatten. Ebenso war objektiv erkennbar, dass das Freibad M für den nur 1,24 großen I potentiell gefährlich war. Dessen Nichtschwimmerbereich begann mit einer Wassertiefe von 0,85 m bis hin zu einer Wassertiefe von 1,20 m. Die Höhe des Mundes lag bei etwa 104 cm über der Fußsohle, die Höhe der Nasenöffnung über der Fußsohle bei ca. 108 cm. Die beiden Atemöffnungen lagen also nur knapp 20 cm über der Wasseroberfläche und das auch nur im flacheren Bereich des Beckens. Auch dies war für die Beklagten zu 1. und 2., welche I im Wasser beobachtet haben, erkennbar. Die Gefahr, dass ein Kind wie I mit den Atemöffnungen unter Wasser gerät, ist bei einem solch geringen Abstand zwischen den Atemöffnungen und der Wasseroberfläche groß. Gerade bei einem Kind mit seinem natürlichen Spieltrieb besteht auch immer die Möglichkeit, dass das Kind anfängt zu toben und dabei das Gleichgewicht verliert. Dieser allgemein bekannte Umstand muss auch den Beklagten zu 1. und 2. bekannt gewesen sein, die nach eigenem Bekunden regelmäßig Kindergruppen beaufsichtigten. Im vorliegenden Fall steigerte sich dies noch. Bei Kindern ist es oftmals so, dass diese sich gegenseitig „Hochschaukeln“ und das Toben noch ausgelassener wird und damit gefährlicher. Ist ein Kind einmal mit dem Kopf unter Wasser, besteht die große Gefahr, dass es die Orientierung verliert und nicht aus eigener Kraft wiederauftauchen kann. Auch dieser Umstand ist allgemein bekannt, muss also gerade auch den Beklagten zu 1. und 2. als Betreuern von Kindern bewusst gewesen sein. Dieses Risiko ist auch umso größer, wenn das Kind noch nicht einmal schwimmen kann. Hinzu tritt im vorliegenden Fall noch der Umstand, dass nach eigenem Vortrag jedenfalls des Beklagten zu 2. I im Laufe des Tages Tauchspiele veranstaltet hatte. Den Beklagten zu 1. und 2. muss also bewusst gewesen sein, dass I dazu neigte, den Kopf unter Wasser zu halten. Auch wenn dies bewusst und gewollt war, führt dies aber nicht dazu, dass die Gefahren geringer wurden. Vielmehr war dies ein weiterer gefahrerhöhender Umstand im Hinblick auf I. Auch bei einem Tauchspiel, bei dem es nur darum geht, im Stehen den Kopf unter Wasser zu nehmen, kann es, wenn sich das Kind unter Wasser befindet, dazu kommen, dass dieses die Orientierung verliert. Wenn aber schon bekannt war, dass I den Kopf unter Wasser nahm, war objektiv betrachtet auch das Risiko größer, dass I untertauchte und unter Wasser die Orientierung verlor. Dass I selbst Tauchspiele durchführte, führte also nicht dazu, dass dieser weniger zu beaufsichtigen war. Dies führte eher dazu, dass I noch engmaschiger zu beaufsichtigen war, da er offensichtlich die potentielle Gefährlichkeit von Wasser nicht wahrnahm. Zusammenfassend lässt sich also festhalten, dass im Falle I ein ganzes Bündel gefahrerhöhender Umstände vorlag, die auch für die Beklagten zu 1. und 2. ohne weiteres erkennbar waren. Trotzdem haben sie dies nicht zum Anlass genommen, ihre Aufsicht entsprechend anzupassen, sondern haben das Becken offensichtlich zeitweise gänzlich außer Acht gelassen, wie es der Beklagte zu 1. getan hat, bzw. haben mit anderen Kindern gespielt, wie dies der Beklagte zu 2. getan hat. Aufgrund der genannten gefahrerhöhenden Umstände hätte bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt dafür gesorgt werden müssen, dass I stets im Auge behalten wird, um so etwa bei erneuten Tauchspielen oder sonstigen Geschehnissen, die zu einem Untertauchen führten, sofort eingreifen zu können.

3.

71
Infolge der Pflichtverletzung durch die Beklagten zu 1. und 2., die zum Tode von I B führte, kam es bei den Klägern zu einer Rechtsgutverletzung in Form einer Gesundheitsschädigung. Diese stellte sich bei den Klägern jeweils jedenfalls in Form einer akuten Belastungsreaktion nach ICD F 43.0 dar.

a)

72
Eine Rechtsgutverletzung gemäß § 823 Abs. 1 BGB ist bei einer Verletzung des Körpers gegeben. Verletzung ist dabei jeder Eingriff in die körperliche Integrität oder Befindlichkeit, der zu einem von den normalen körperlichen Funktionen nicht nur unerheblich abweichenden Zustand führt (OLG Hamm, NJW 2012, Seite 1088, 1089). Ohne Bedeutung ist, ob dabei Schmerzen auftreten oder es zu einer tiefgreifenden Veränderung der Befindlichkeit kommt (BGH, NJW 1991, Seite 1948, 1950). Eine Verletzung des Körpers ist auch bei bloßen psychischen Folgen gegeben. Dabei ist nicht jede negative psychische Beeinträchtigung ausreichend. Erforderlich ist, dass diese medizinisch feststellbar und von einiger Dauer ist. Zudem müssen sie auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung als Körper- bzw. Gesundheitsverletzung angesehen werden (BGH, NJW 1984, Seite 1405; ders., NJW 1989, Seite 2317, 2318). Sie muss über diejenigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen hinausgehen, denen Hinterbliebene bei der Benachrichtigung von tödlichen Unfällen Angehöriger erfahrungsgemäß ausgesetzt sind (BGH, Urteil vom 27.01.2015, VI ZR 548/12; ders., Urteil vom 20.03.2012, Az. VI ZR 114/11). Besondere Bedeutung kommt dabei auch der Frage zu, ob die psychischen Beeinträchtigungen auf eine direkte Beteiligung an dem Tod zurückzuführen sind, oder ob diese auf dem Erhalt der Todesnachricht beruhen (BGH, Urteil vom 27.01.2015, VI ZR 548/12; ders., Urteil vom 16.01.2001, Az. VI ZR 381/99).

b)

73
Dass es bei den Klägern infolge des Todes des I B jeweils zu einer akuten Belastungsreaktion nach ICD F 43.0 kam, ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus dem Gutachten des Sachverständigen Prof. G vom 12.02.2019 und den Ausführungen in seiner Anhörung vom 30.04.2019.

74
Dieser hat auf Seite 70 seines Gutachtens für die Klägerin zu 2. die Diagnose der akuten Belastungsreaktion (F 43.0), auf Seite 71 seines Gutachtens die entsprechende Diagnose für den Kläger zu 1. und auf Seite 72 des Gutachtens die gleichlautende Diagnose für den Kläger zu 3. gestellt.

75
Diese Diagnosen sind auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen für die Kammer nachvollziehbar. Bei einer akuten Belastungsreaktion nach ICD 10 F 43.0 handelt es sich um eine vorübergehende Störung, die sich bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung entwickelt, und im Allgemeinen innerhalb von Stunden oder Tagen abklingt. Die individuelle Vulnerabilität und die zur Verfügung stehenden Bewältigungsmechanismen (Coping-Strategien) spielen bei Auftreten und Schweregrad der akuten Belastungsreaktionen eine Rolle. Die Symptomatik zeigt typischerweise ein gemischtes und wechselndes Bild, beginnend mit einer Art von Betäubung, mit einer gewissen Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit, einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und Desorientiertheit. Diesem Zustand kann ein weiteres Sichzurückziehen aus der Umweltsituation folgen oder aber ein Unruhezustand und Überaktivität (wie Fluchtreaktion oder Fugue). Vegetative Zeichen panischer Angst wie Tachykardie, Schwitzen und Erröten treten zumeist auf. Die Symptome erscheinen im Allgemeinen innerhalb von Minuten nach dem belastenden Ereignis und gehen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft innerhalb von Stunden zurück. Teilweise oder vollständige Amnesie bezüglich dieser Episode kann vorkommen (zitiert nach Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information DIMDI, www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/block-f40-f48.htm).

aa)

76
Der Sachverständige Prof. G hat seine Diagnose der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) betreffend die Klägerin zu 2. nachvollziehbar auf konkrete Symptome, die mit der aufgeführten Definition der akuten Belastungsreaktion ohne weiteres in Einklang zu bringen sind, gestützt. Hinsichtlich der Klägerin zu 2. hat der Sachverständige ausgeführt, er stütze seine Diagnose der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) darauf, dass diese am Treffpunkt der Feriengruppe bei Überbringen der Todesnachricht am 06.07.2009 unter dramatischen Umständen zusammengebrochen sei. Sie habe beim Eintreffen der Beamten geschrien und geweint, sei völlig zusammengebrochen, habe geschrien und um sich geschlagen. Diese Symptomatik spreche für eine durch Affektdominanz bestimmte Hyperaktivität. Eben eine solche Überaktivität wird auch in der Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) genannt. Auch soweit der Sachverständige Prof. G seine Diagnose auf den polizeilichen Eindrucksvermerk vom 13.07.2009 (Bl. 275 EA) gestützt hat, nach dem die Klägerin zu 2. zu Beginn der Vernehmung gefasst wirkte, aber im Laufe der Vernehmung erkennbar wurde, dass sie mehr und mehr abbaute und noch deutlich unter dem Einfluss der Geschehnisse zu stehen schien und sie während der Vernehmung zu weinen begann und abschweifte, kann die Kammer die Diagnose gut nachvollziehen. So spricht die Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) von einer Art der Betäubung, mit einer gewissen Bewusstseinseinengung eingeschränkten Aufmerksamkeit. Genau ein solcher Zustand lässt sich dem Eindrucksvermerk entnehmen.

77
Soweit der Sachverständige die Diagnose ferner darauf gestützt hat, dass der Hausarzt der Klägerin zu 2., Herr Dr. E, der Klägerin zu 2. am 07.07.2009, also nur einen Tag nach dem Tode I, das Antidepressivum Doxepin 10 mg, welches jeweils morgens und abends genommen werden sollte, verordnet habe, stützt dies nach Auffassung der Kammer ebenfalls die Feststellung des Sachverständigen. Dieser hat in seiner Anhörung am 30.04.2019 auf die Frage, wann durch ihn erstmals pathologische Zustände festgestellt worden seien, auf eben diese Medikamentenverordnung verwiesen und dazu ausgeführt, dass er davon ausgehe, dass aufgrund der Verschreibung für einen längeren Zeitraum ein entsprechender Anlass bestanden habe (Bl. 1118 der Akte). Bei einem Antidepressivum handelt es sich nicht um irgendein Medikament, welches leichtfertig verschrieben wird. Das Missbrauchsrisiko ist bei einem solchen Antidepressivum signifikant höher, als etwa bei einem einfachen Nasenspray oder freiverkäuflichen Schmerzmitteln. Der Schluss des Sachverständigen darauf, dass dieses Medikament nicht ohne eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Klägerin zu 2. verordnet wurde, ist für die Kammer daher ohne weiteres nachvollziehbar.

78
Der Sachverständige hat sich bei seiner Diagnose nicht allein auf Angaben der Klägerin zu 2. selbst verlassen, sondern bezieht mit dem Eindrucksvermerk vom 13.07.2009 und der Verordnung durch Herrn Dr. E Beobachtungen Dritter in seine Betrachtung mit ein. Dass die Klägerin zu 2. am Abholungsort geschrien hat und weinte, wird zudem durch den polizeilichen Vermerk vom 06.07.2009 (Bl. 64 EA) gestützt.

bb)

79
Hinsichtlich des Klägers zu 1., des Vaters des Verstorbenen, hat der Sachverständige Prof. G die Diagnose der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) auf Seite 71 seines Gutachtens darauf gestützt, dass dieser laut Akteninhalt bedingt durch die Trauer kaum zugänglich und äußerst aufgebracht gewesen sei, und immer wieder wiederholt habe, dass die Betreuer Schuld hätten und die Polizei diese nicht hätte laufen lassen dürfen. Ferner habe der Kläger zu 1. innerlich sehr aufgebracht gewirkt und sei abgesetzt von der Mutter des verstorbenen Jungen ständig hin und her gegangen und habe mehrfach geäußert, den Betreuer seiner Kinder sprechen zu wollen (vergleiche polizeilicher Vermerk vom 06.07.2009, Bl. 68 EA). Das Angebot, mit einem Ermittlungsbeamten telefonieren zu können, habe den Kläger zu 1. nicht beruhigt (Bl. 68 EA). Dies spreche für eine durch Affektdominanz bestimmte Hyperaktivität. Die Einordnung der beschriebenen Verhaltensweisen als durch Affektdominanz bestimmte Hyperaktivität ist ohne weiteres nachvollziehbar. Solche Hyperaktivität ist nach der Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) ein Symptom derselben. Für die Kammer nachvollziehbar ist es auch, wenn der Sachverständige Prof. G die Diagnose auf den am 09.07.2009 eingeleiteten Versuch einer Zwangseinweisung des Klägers zu 1. auf Grundlage des PsychKG gestützt hat. Diese wurde vom sozialpsychiatrischen Dienst des Gesundheitsamtes des Kreises D auf Basis einer fachärztlichen Einschätzung des Herrn Dr. T2 eingeleitet. In der fachärztlichen Einschätzung wird von einem wechselnden psychopathologischen Bild mit Depression, Wut, Aggression und Hyperaktivität, gesprochen, welches nach dem Schweregrad als behandlungsbedürftige psychische Störung eingeordnet wurde, die in ihrer Auswirkung einer Psychose gleichkomme. Für die Kammer ist es ohne weiteres nachvollziehbar, dass aus einem solchen Einweisungsversuch, auch wenn er letztlich erfolglos war, darauf geschlossen wird, dass eine psychische Beeinträchtigung beim Kläger zu 1. vorgelegen hat. Aus Sicht der Kammer spricht es auch nicht gegen eine psychische Beeinträchtigung, dass der Kläger zu 1. letztlich nicht untergebracht wurde. Eine Unterbringung nach PsychKG setzt voraus, dass der Betroffene eine erhebliche Gefahr für sich selbst oder Dritte darstellt (§ 11 Abs. 1 PsychKG NRW). Dass es nicht zu einer Unterbringung kam, kann also allein darauf zurückzuführen sein, dass eine solche Selbst- oder Fremdgefährdung nicht bestand. Es ist damit nicht gesagt, dass eine psychische Erkrankung nicht vorlag. Dass psychische Beeinträchtigungen zum damaligen Zeitpunkt vorlagen, ergibt sich vielmehr aus dem ärztlichen Zeugnis des Herrn Dr. T2 vom 09.07.2009 (Bl. 480 AB), in dem Herr Dr. T2 ausdrücklich das wechselnde psychopathologische Bild mit Depression, Wut, Aggression und Überaktivität feststellt. Zudem diagnostiziert auch Herr Dr. T2 ausdrücklich eine akute Belastungsreaktion nach traumatischem Erlebnis (F 43.0 ICD). Der Vorgang einer versuchten Unterbringung nach PsychKG ist auch ein besonderer Vorgang, der nicht bei jeder Todesnachricht auftritt. So wurde etwa ein entsprechender Versuch schon bei den weiteren von der Todesnachricht im vorliegenden Fall betroffenen Personen, der Klägerin zu 2. und dem Kläger zu 3. eben nicht unternommen.

80
Auch hinsichtlich des Klägers zu 1. hat der Sachverständige sich wiederum nicht auf Aussagen des Klägers selbst gestützt, sondern auf Beobachtungen Dritter, die Inhalte des polizeilichen Vermerks vom 09.07.2009 und insbesondere das ärztliche Zeugnis des Herrn Dr. T2. Dass sich der Sachverständige Prof. G auf die Angaben des Herrn Dr. T2 gestützt hat, ist dabei nachvollziehbar und auch sinnvoll. Herr Dr. T2 als Mitarbeiter des sozialpsychiatrischen Dienstes ist nach Dafürhalten der Kammer ohne weiteres dafür qualifiziert gewesen, aufgrund seiner damaligen eigenen Beobachtungen entsprechende Aussagen, auch zu einem vorliegenden Krankheitsbild, zu tätigen.

cc)

81
Auch soweit der Sachverständige Prof. G bei dem Kläger zu 3. eine akute Belastungsreaktion (F 43.0) festgestellt hat, sind die Ausführungen für die Kammer gut nachvollziehbar.

82
Der Sachverständige hat seine Diagnose auf Seite 72 seines Gutachtens zunächst darauf gestützt, dass laut polizeilichem Vermerk vom 10.10.2009 (Bl. 47 EA) der Kläger zu 3. geschockt zu sein schien und sehr abgehackt und schwer verständlich gesprochen habe und zunächst keine Angaben zu dem Vorfall habe machen können. Diese Symptome passen zu der allgemeinen Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0), die mit einer gewissen Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit sowie einer Unfähigkeit, Reize zu verarbeiten und Desorientierung einhergeht. Diese Definition passt damit zusammen, dass der Kläger zu 3. nur abgehackt und schwer verständlich gesprochen habe. Auch wenn der Vermerk vom 10.10.2009 datiert, ändert dies nichts an der Einschätzung des Gerichts. Vielmehr hat das Gericht keine Zweifel daran, dass im Vermerk Beobachtungen vom Tag des Unglücks geschildert werden. Das Gericht geht insoweit vielmehr davon aus, dass es sich entweder um einen redaktionellen Fehler des Vermerkes handelt oder aber dieser Vermerk nachträglich, auf Grundlage handschriftlicher Aufzeichnungen, erstellt wurde. Ferner hat der Sachverständige seine Diagnose noch auf den polizeilichen Eindrucksvermerk vom 13.07.2009 betreffend die Anhörung vom 07.07.2009 (Bl. 202 EA) gestützt. Danach sei der Kläger zu 3. mit der Antwort von den gestellten Fragen abgeschweift, habe unkonzentriert gewirkt, teils habe er auf dem geistigen Stand eines 5- bis 6-Jährigen mit teils sprunghaften Angaben gewirkt. Es könne jedoch nicht gesagt werden, ob er noch unter dem Eindruck des Erlebten gestanden habe oder es nur verdränge. Diese Symptome sprächen für durch Affektdominanz des Verharrens bedingte kognitive Störungen (fokussierte Aufmerksamkeit) und formale Denkstörungen. Ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass eine Bewusstseinseinengung und eine eingeschränkte Aufmerksamkeit dazu führen, dass jemand mit Antworten von gestellten Fragen abschweift und unkonzentriert wirkt. Auch der Umstand, dass der Kläger zu 3. teils auf dem geistigen Stand eines 5- bis 6-Jährigen mit teils sprunghaften Angaben gewesen sei, lässt sich mit den Symptomen der Bewusstseinseinengung und eingeschränkten Aufmerksamkeit in Einklang bringen. Für die Diagnose des Sachverständigen, dass bei dem Kläger zu 3. eine akute Belastungsreaktion vorgelegen habe, spricht zudem auch die von ihm selbst aus seiner Diagnose zugrundegelegte Aussage des Herrn Dr. K im Schreiben vom 30.01.2019. Dieser führt aus, der Kläger zu 3. habe den Umständen entsprechend eine akute Belastungs- und Trauerreaktion gezeigt. Das Gericht hat keine Zweifel, dass Herr Dr. K, der den Kläger zu 3. damals tatsächlich getroffen hat, eine entsprechende Feststellung treffen konnte. Ausweislich des Briefkopfes ist dieser Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Diplom-Psychologe.

83
Auch betreffend den Kläger zu 3. hat der Sachverständige seine Diagnose also auf Beobachtungen Dritter, nicht auf eigene Aussagen des Klägers zu 3., gestützt.

dd)

84
Aus Sicht der Kammer ist auch ausgeschlossen, dass die von dem Sachverständigen Prof. G jeweils diagnostizierte akute Belastungsreaktion (F 43.0) auf etwas Anderem beruht als auf dem Tode des Sohnes bzw. Bruders der Kläger. Ausweislich der allgemeinen Definition der akuten Belastungsreaktion tritt diese bei einem psychisch nicht manifest gestörten Menschen als Reaktion auf eine außergewöhnliche physische oder psychische Belastung ein. Genau eine solche Belastung lag hier mit dem Tod ihres Sohnes bzw. Bruders vor. Wenn im unmittelbaren zeitlichen Anschluss daran die entsprechenden Symptome für eine akute Belastungsreaktion (F 43.0) auftreten, ist es aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass dies auf etwas Anderem als dem Tode I beruht. Insbesondere ist aus Sicht der Kammer ausgeschlossen, dass sich an dieser Diagnose irgendetwas ändern könnte, aufgrund einer möglichen psychiatrischen Behandlung der Klägerin zu 2. in der Zeit von Februar 2006 bis April 2008. Wenn die Klägerin zu 2. in dieser Zeit psychiatrisch behandelt wurde, muss dies ausgehend von dem Krankheitsbild der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) einen ganz anderen Anlass gehabt haben, als die vom Sachverständigen Prof. G diagnostizierte akute Belastungsreaktion nach dem Tode I.

ee)

85
Allein im Vorliegen einer Belastungsreaktion (F 43.0) bei den Klägern ist schon eine Gesundheitsbeeinträchtigung der Kläger im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB zu sehen. Diese erfüllt für sich betrachtet die Anforderung einer über das übliche Maß hinausgehenden Beeinträchtigung.

86
Die Erkrankung ist medizinisch feststellbar. Der Sachverständige hat jeweils ein konkretes Krankheitsbild festgestellt. Zudem ist die akute Belastungsstörung auch nach allgemeiner Verkehrsauffassung als Körper- bzw. Gesundheitsverletzung anzusehen. Es handelt sich jeweils um Erkrankungen nach dem ICD 10-Schlüssel. Dabei handelt es sich um die „Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme“. International werden die dort aufgeführten gesundheitlichen Beschwerden also als Krankheiten angesehen. Wird eine Erkrankung aber in einem solchen internationalen Standardwerk über verschiedene Krankheiten erfasst, können keine ernsthaften Zweifel daran bestehen, dass eine entsprechende Erkrankung auch ganz allgemein als Krankheit und damit auch als Gesundheitsverletzung anzusehen ist.

87
Dass bei dem Kläger zu 1. ein erheblich über das normale Maß hinausgehender Beeinträchtigungsgrad der akuten Belastungsreaktion vorliegt, ergibt sich schon daraus, dass noch am 09.07.2009, also drei Tage nach dem Vorfall am 06.07.2009, der Versuch einer Unterbringung unternommen wurde. Am 09.07.2009 müssen also noch schwerwiegende Symptome einer akuten Belastungsreaktion vorgelegen haben. Nach der Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) klingen die entsprechenden Symptome im Allgemeinen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft sogar innerhalb von Stunden ab. Wenn aber noch drei Tage nach dem Vorfall ein Versuch einer Unterbringung unternommen wurde, können die Symptome nicht schon nach drei Tagen abgeklungen sein. Zudem sollen die Symptome im Allgemeinen ja auch noch früher zurückgehen. Zudem zeigt sich schon daran, dass eine Unterbringung des Klägers zu 1. nach PsychKG überhaupt erwogen wurde, dass die gesundheitlichen Folgen nicht nur unerheblich waren, sondern über das Übliche weit hinausgingen. Üblicherweise erfolgt nach dem Tod eines Kindes kein Versuch einer Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik.

88
Dass die akute Belastungsreaktion (F 43.0) bei der Klägerin zu 2. über das Übliche hinausging, ergibt sich aus deren Dauer. Bereits unmittelbar nach dem Vorfall am 06.07.2009 traten die entsprechenden Symptome bei der Klägerin zu 2. auf, vergleiche oben. Aber auch eine Woche später, am 13.07.2009 (vergleiche der polizeiliche Eindrucksvermerk vom selben Tage), traten die entsprechenden Symptome auf. In der Definition der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) ist aber die Rede davon, dass die Symptome im Allgemeinen innerhalb von zwei oder drei Tagen, oft sogar innerhalb von Stunden, zurückgehen.

89
Die Anforderungen an eine Gesundheitsschädigung sind hinsichtlich des Klägers zu 3. erfüllt, weil der Kläger zu 3. den Tod seines Bruders mit anschauen musste. Er war mit diesem gemeinsam mit der Feriengruppe im Schwimmbad. Nachdem sein Bruder im Wasser treibend aufgefunden worden war, sah er mit an, wie versucht wurde, diesen zu reanimieren.

c)

90
Ferner lag zur Überzeugung der Kammer bei dem Kläger zu 1. eine Anpassungsstörung (F43.2 nach ICD-Schlüssel) vor. Zwischenzeitlich ist diese Anpassungsstörung nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. G jedoch abgeklungen.

aa)

91
Bei der Anpassungsstörung (ICD 10 F 43.2) handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale Netz des Betroffenen beschädigt haben (wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen) oder das weitere Umfeld sozialer Unterstützung oder soziale Werte (wie bei Emigration oder nach Flucht). Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt oder einer Krise bestehen (wie Schulbesuch, Elternschaft, Misserfolg, Erreichen eines ersehnten Zieles und Ruhestand). Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen). Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Symptom sein. Hervorstechendes Merkmal kann eine kurze oder längere depressive Reaktion oder eine Störung anderer Gefühle und des Sozialverhaltens sein (zitiert nach Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information DIMDI, www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/block-f40-f48.htm).

bb)

92
Für den Kläger zu 1. wird die Diagnose der Anpassungsstörung (F 43.2) für den Zeitraum bis ca. Mitte 2011 auf dessen Schilderung subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung mit dem Bedürfnis nach professioneller Unterstützung durch Aufsuchen einer Psychiaterin ca. 1/2 bis 1 Jahr nach dem Ereignis und dann nachfolgend bei fehlender Annahme seiner Bedürfnisse durch die Ärztin aktiver Bewältigung der subjektiven Belastungsempfindung über den Zeitraum eines weiteren Jahres gestützt (Seite 75 des Gutachtens). Diese aktive Bewältigung bilde sich auch in der strukturierten Erfassung des narzisstischen Selbstkonzeptes ab, indem das idealistische Selbst mit Autarkieideal und Objektabwertung im Vordergrund stehe und somit aktiv der Vermeidung von Insuffizienzgefühlen und Kränkungen diene. Im psychosozialen Lebensalltag habe sich der Kläger zu 1. durch Gründung einer neuen Familie mit Ehefrau und dreijähriger Tochter sowie Fortsetzung beruflicher Aktivitäten und regelmäßigen Betreiben eines sportlichen Hobbys (Laufen, zwei bis fünfmal pro Woche für 2 1/2 bis 3 Stunden, Seite 68 des Gutachtens) stabilisiert. Für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar ist es, wenn der Sachverständige für den Kläger zu 1. angenommen hat, dass dieser sich in subjektiver Bedrängnis befunden habe und emotional beeinträchtigt gewesen sei und dies darauf gestützt hat, dass er sich professionelle Unterstützung gesucht habe. Zweifellos geht nicht jeder Mensch, der einen Angehörigen verliert, deshalb zum Psychiater. Vielmehr wird dies nur der Fall sein, wenn sich der Betreffende tatsächlich bedrängt bzw. beeinträchtigt fühlt. Wenn der Kläger dies getan hat, spricht dies aus Sicht der Kammer dafür, dass er entsprechend beeinträchtigt war. Insoweit ist es auch aus Sicht der Kammer nicht zu beanstanden, wenn sich der Sachverständige allein auf eine Aussage des Klägers zu 1. selbst gestützt hat, aber keine weiteren Angaben der damals behandelnden Ärztin Dr. J beizieht. Dass der Kläger zu 1. insoweit die Wahrheit gegenüber dem Sachverständigen gesagt hat, ergibt sich aus Sicht der Kammer schon daraus, dass der Kläger zu 1. nur einen einzigen Besuch geschildert hat und selbst angibt, dann keine weiteren Arztbesuche mehr gewollt zu haben, weil ihm diese Ärztin nur habe Medikamente verschreiben wollen. Hätte der Kläger zu 1. insoweit simulieren wollen, hätte es nahegelegen, das Geschehen in irgendeiner Weise zu dramatisieren. Stattdessen gibt der Kläger zu 1. im Gespräch mit dem Sachverständigen lediglich an, er habe sich abends über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren alleine ausgeheult, um für seinen verbliebenen Sohn stark zu sein. Aus Sicht des Gerichts stellt sich die Situation vielmehr so dar, dass der Kläger zu 1. nach außen hin versuchte, stark zu erscheinen. Trotzdem hat er gegenüber dem Sachverständigen seine Schwäche, das Ausheulen über zwei Jahre, eingeräumt, obwohl ihm bewusst gewesen sein muss, dass diese Angaben dann auch den Weg zu Dritten, dem Gericht und weiteren Prozessbeteiligten, finden werden. Zudem spricht auch ein Wille, gegenüber anderen stark zu wirken, und sich trotzdem gleichzeitig Hilfe zu holen dafür, dass sich der Betreffende, hier der Kläger zu 1., tatsächlich stark beeinträchtigt fühlte.

d)

93
Bislang nicht erwiesen ist nach Auffassung der Kammer die Diagnose einer Anpassungsstörung (F 43.2) bei den Klägern zu 2. und 3..

aa)

94
Für den Kläger zu 3. hat der Sachverständige seine Diagnose der Anpassungsstörung (F 43.2) auf die durch den Kläger zu 3. berichteten Konzentrationsschwächen und laut Akten vorgetragene Selbstvorwürfe sowie eine eher rationale, zum Teil schizoide zwanghaft wirkende Bewältigungsstrategie, welche nach ca. 3. Jahren ab der vierten Klasse zu einer gewissen Normalität geführt habe, wenngleich auch später wiederholt depressive Phasen aufgetreten seien, ohne dass hier eine klinische Manifestation zu professioneller Unterstützung geführt hätte, gestützt.

95
Zudem hat der Sachverständige seine Diagnose auf den Bericht der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin O für den Zeitraum bis Januar 2010, wobei in diesem zusätzliche Belastungen durch verschiedene familiäre Auseinandersetzungen genannt würden, gestützt.

96
Der Sachverständige hat seine Diagnose der Anpassungsstörung (F 43.2) betreffend den Kläger zu 3. ferner auf den Ambulanzbericht der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kinder und Jugendalters des LVR-Klinikums A über dortige Vorstellungen zwischen dem 30.12.2011 und 27.02.2012 und dort durchgeführte testpsychologische Diagnostik mit diagnostischer Zuordnung des Verdachts auf emotionale Störung des Kindesalters (F 93.8) und Verdacht auf einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung (F 90.0), wobei Letzteres eher als hyperaktive Bewältigungsstrategie erscheine, gestützt.

97
Aus dem Bericht der Kinder- und Jugendpsychotherapeutin O geht hervor, dass nach deren Auffassung der Kläger zu 3. einen angemessenen kindlichen Umgang mit der Trauer um seinen verstorbenen Zwillingsbruder gezeigt habe und er eher durch verschiedene familiäre Auseinandersetzungen belastet zu sein schien. Aus dem Bericht der LVR-Klinik vom 27.02.2012 geht hervor, dass lediglich hyperaktive Symptome aufträten, dies auch erst ca. zwei Jahre nach dem Tod des Zwillingsbruders und auch eher im zeitlichen Zusammenhang mit dem damals bevorstehenden Wechsel auf die weiterführende Schule. Es liege keine posttraumatische Belastungsstörung vor. Danach stellt sich die Frage, inwieweit dieser Bericht auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung in Form einer Anpassungsstörung aufgrund des Todes des I hinweist und warum das nicht auf dem Tod des Onkels bzw. anderen familiären Schwierigkeiten beruhte.

bb)

98
Hinsichtlich der Klägerin zu 2. hat der Sachverständige Prof. G seine Diagnose einer Anpassungsstörung (F 43.2) auf deren eigene Angaben gestützt, betäubt gewesen zu sein, Gefühle nicht in Worte fassen zu können, einfach nur funktioniert zu haben und wegen ihrer psychischen Situation noch Antidepressiva bekommen und Gespräche bis ca. 2015/2016 geführt zu haben (Seite 73 des Gutachtens). Die Diagnose ist ferner auf den Bericht der Fachklinik Helena am Meer in X über die dort von der Klägerin zu 2. zusammen mit dem Kläger zu 3. durchgeführte Mutter-Kind-Kur vom 15.09. bis 06.10.2010 gestützt worden, in welchem sich die Diagnose Anpassungsstörung (F 43.2) mit Hinweisen auf eine psychophysische Erschöpfung sowie eine akute Trauerreaktion findet. Ferner ist die Diagnose auf die eigenen Angaben der Klägerin zu 2. betreffend eine erfolgte Krankschreibung und einer nachfolgenden Vereinbarung mit dem Jobcenter, dass kein Vermittlungszwang bestehe, gestützt werden. Bei der Klägerin zu 2. sei zudem von einer längeren depressiven Reaktion (F 43.21) auszugehen.

99
Da der Sachverständige in seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 30.04.2019 angegeben hat (Bl. 1120 der Akte), er habe für die Klägerin zu 2. nach Fertigstellung des Gutachtens noch weitere psychologische Berichte erhalten, ist aus Sicht der Kammer aber nicht auszuschließen, dass sich hier noch eine andere Bewertung ergeben könnte. Diese Berichte aus den Jahren 2011 und 2013 betreffen nach Angaben des Sachverständigen Behandlungen im Zeitraum Februar 2006 bis April 2008 und sind an einen Kostenträger gerichtet. Erwähnt sind dabei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung (F 43.1) und die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung, mittelgradig depressive Episode mit somatischen Symptomen (F 33.11). Auch wenn die Berichte Maßnahmen betreffen, die vor dem streitgegenständlichen Unfall am 06.07.2009 erfolgten, ist aus Sicht der Kammer nicht auszuschließen, dass es hier Wechselwirkungen geben könnte. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass entsprechende Erkrankungen der Klägerin zu 2. durch den Tode Kerems zurückgekehrt sind bzw. sich verstärkt haben. Damit wäre aber gegebenenfalls eine Erhöhung eines Schmerzensgeldes verbunden.

4.

100
Die Beklagten zu 1. und 2. haben ihre Aufsichtspflicht auch grob fahrlässig verletzt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen unter Ziff. 2. c) cc) verwiesen.

5.

a)

101
Dem Kläger zu 1. steht gegen die Beklagten zu 1. und 2. ein Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB in Höhe von 8.000,00 EUR zu. Hinsichtlich der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. ist nur eine Verurteilung dem Grunde nach angezeigt.

a)

102
Gemäß § 253 Abs. 2 BGB können die Kläger aufgrund der erlittenen Gesundheitsschädigung ein Schmerzensgeld verlangen. Nach der genannten Vorschrift kann wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung auch wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Die Höhe des Schmerzensgeldes muss unter Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgeblichen Umstände bestimmt werden. Es muss in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der Verletzung stehen, wobei in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Beeinträchtigung zu berücksichtigen ist (BGH, r+s 2017, S. 101, 105). Für vergleichbare Verletzungen ist dabei regelmäßig ein im Wesentlichen gleiches Schmerzensgeld zuzugestehen, wobei es nicht entscheidend darauf ankommt, ob auch der Haftungsgrund identisch ist (BGH, VersR 1970, Seite 281; Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 253 Rn. 15). Daher sind Schmerzensgeld-Tabellen als Hilfsmittel zulässig und zweckmäßig (Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 253 Rn. 15). Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt dabei im Wesentlichen von den Umständen ab, die den Verletzten betreffen. Nicht außer Acht gelassen werden dürfen aber auch Umstände aus dem Bereich des Schädigers und solche Umstände, die beide betreffen (Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 253 Rn. 15). Im Hinblick auf den Verletzten sind zunächst Ausmaß, Schwere und Dauer der Verletzung und der Schmerzen entscheidend. Eine besondere Schadensanfälligkeit des Verletzten wirkt sich regelmäßig reduzierend auf das Schmerzensgeld aus (BGH, NJW 1997, Seite 455). Auch eine offensichtlich unangemessene Erlebnisverarbeitung ist ein Umstand, der ein Schmerzensgeld reduziert (Palandt/Grüneberg, 78. Aufl. 2019, § 253 Rn. 1). Bei der Person des Schädigers ist insbesondere der Grad seines Verschuldens entscheidend (BGH, r+s 2017, S. 101, 105).

103
Den Angehörigen eines im Urlaub ertrunkenen elfjährigen Jungen wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 20.000,00 EUR zugebilligt. Die Mutter litt infolge des Todes unter einer posttraumatischen Belastungsstörung i.V.m. einer Essstörung und anhaltenden Kopfschmerzen. Zudem litt sie unter rezidivierenden schweren depressiven Störungen, Angst- und Panikattacken, erheblichen Selbstwertstörungen mit massiven Schuldgefühlen, Schlafstörungen, Alpträumen, vereinzelt auftretenden Dissoziationen, permanenter innerer Unruhe sowie ständig auftretenden Suizidgedanken. Der Vater litt unter schweren Depressionen und befand sich deshalb in psychiatrischer Behandlung und wurde medikamentös behandelt. Bei dem älteren Bruder und dem Zwillingsbruder des Verunglückten lag eine posttraumatische Belastungsstörung mit depressiver Begleitsymptomatik und psychovegetativen Beschwerden vor. Die beiden Brüder litten unter Ausdauer- und Konzentrationsproblemen, zudem war ein erheblicher schulischer Leistungsabfall zu verzeichnen (LG Köln, NJW-RR 2005, Seite 704 ff., bestätigt durch BGH, NJW 2006, Seite 3268).

104
Den Eltern eines im Schwimmbad nach zehnminütigem Todeskampf ertrunkenen 15-jährigen Jungen wurde ein Schmerzensgeld in Höhe von jeweils 10.000,00 EUR zugestanden. Die Mutter litt an einer längeren depressiven Reaktion (F 4321 ICD10), wobei ihre Stimmung tief dysphorisch affektiv und eingeschränkt schwingungsfähig, geprägt von tiefer Resignation und Hoffnungslosigkeit war. Ihre Aufmerksamkeit und ihre Konzentration waren deutlich gestört, ihr Denken verlangsamt. Ihre Sozialkontakte waren gestört. Der Vater litt unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (43.1 nach ICD 10). Seine Stimmung war stark dysphorisch, antriebsgemindert, wenig expressiv und wenig schwingungsfähig (LG Dortmund, Urteil vom 24.06.2005, Az. 3 O 170/04).

b)

105
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nach Auffassung der Kammer ein Schmerzensgeld i.H.v. 8.000,00 EUR für den Kläger zu 1. angemessen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes des Klägers zu 1. ist schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen, dass dieser eine akute Belastungsreaktion (F 43.0) und eine Anpassungsstörung (F 43.2) erlitten hat (vergleiche die Ausführungen unter I. 3. b) bb)). Die Anpassungsstörung (F 43.2) lag dabei für einen Zeitraum von ca. 2. Jahren vor. Zudem ist schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen, dass die Beklagten zu 1. und 2. grob fahrlässig gehandelt haben, als sie I als Nichtschwimmer nicht ausreichend beaufsichtigt haben (vergleiche die Ausführungen unter Ziff. 2.).

106
Nicht als das Schmerzensgeld erhöhender Umstand ist hingegen ein möglicher mehrminütiger Todeskampf Kerems zu berücksichtigen. Zwar kann auch bei der Zuerkennung eines Schmerzensgeldes für psychische Schäden infolge des Erhalts einer Todesnachricht ein Schmerzensgeld erhöht werden, wenn ein naher Angehöriger im Rahmen seines Todes besonders zu leiden hatte. Gerade für Eltern ist es noch belastender, wenn sie erfahren müssen, dass ihr Kind noch besondere Schmerzen leiden musste. Da aber nicht feststeht, wie genau I zu Tode gekommen ist, kann auch nicht sicher festgestellt werden, inwieweit er tatsächlich einen längeren Todeskampf ausgefochten hat. Vor dem Hintergrund der oben genannten Feststellungen der Sachverständigen Prof. S und Prof. C3 ist auch die Möglichkeit denkbar, dass es zu einer plötzlichen Ohnmacht Kerems kam.

107
Nicht schmerzensgeldmindernd ist eine offensichtlich unangemessene Erlebnisverarbeitung durch den Kläger zu 1. zu berücksichtigen. Eine solche ist hier nach Auffassung des Gerichts nicht erkennbar. Der Kläger zu 1. erlitt eine akute Belastungsreaktion. Diese ist nach der allgemein gültigen Definition eine Reaktion, die gerade auf Grund besonders schwerwiegender Ereignisse eintritt. Bei dem Tod eines Kindes handelt es sich auch um ein solch schwerwiegendes Ereignis, das auch eine psychische krankhafte Reaktion nach allgemeinem Dafürhalten nicht als vollkommen abwegig und nicht nachvollziehbar erscheinen lässt, wie dies beispielsweise bei einer entsprechenden Reaktion aufgrund des Verlustes eines geringwertigen Gegenstandes der Fall wäre. Auch ist eine besondere Schadensanfälligkeit nicht erkennbar.

108
Nicht bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen sind etwaige Maßnahmen der Polizei. Diese sind nicht in der Person des Klägers zu 1. bzw. der Beklagten zu 1. und 2. begründet.

109
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist ferner im Vergleich zu anderen Entscheidungen, die ein Schmerzensgeld aufgrund des Ertrinkungstods eines Kindes zubilligen, zu berücksichtigen, dass die psychischen Beeinträchtigungen des Klägers zu 1. im Vergleich zu denen, die die Kläger in dem eingangs genannten Entscheidungen erlitten, geringfügiger sind. So ist insbesondere die teilweise erlittene posttraumatische Belastungsstörung nach ihrem Gesamtbild eine noch wesentlich schwerere Beeinträchtigung als die von dem Kläger zu 1. erlittene akute Belastungsreaktion (F 43.0) bzw. die Anpassungsstörung (F 43.2). Die posttraumatische Belastungsstörung wird nach ICD-10-GM wie folgt definiert (zitiert nach Deutsches Institut für medizinische Dokumentation und Information DIMDI, https://www.dimdi.de/static/de/klassifikationen/icd/icd-10-gm/kode-suche/htmlgm2019/block-f40-f48.htm):

110
„Diese entsteht als eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Prädisponierende Faktoren wie bestimmte, z.B. zwanghafte oder asthenische Persönlichkeitszüge oder neurotische Krankheiten in der Vorgeschichte können die Schwelle für die Entwicklung dieses Syndroms senken und seinen Verlauf erschweren, aber die letztgenannten Faktoren sind weder notwendig noch ausreichend, um das Auftreten der Störung zu erklären. Typische Merkmale sind das wiederholte Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten. Ferner finden sich Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber, Freudlosigkeit sowie Vermeidung von Aktivitäten und Situationen, die Erinnerungen an das Trauma wachrufen könnten. Meist tritt ein Zustand von vegetativer Übererregtheit mit Vigilanzsteigerung, einer übermäßigen Schreckhaftigkeit und Schlafstörung auf. Angst und Depression sind häufig mit den genannten Symptomen und Merkmalen assoziiert und Suizidgedanken sind nicht selten. Der Beginn folgt dem Trauma mit einer Latenz, die wenige Wochen bis Monate dauern kann. Der Verlauf ist wechselhaft, in der Mehrzahl der Fälle kann jedoch eine Heilung erwartet werden. In wenigen Fällen nimmt die Störung über viele Jahre einen chronischen Verlauf und geht dann in eine andauernde Persönlichkeitsänderung (F 62.0) über.

111
Im Vergleich zur akuten Belastungsreaktion (F 43.0) zeigt schon der längere Verlauf, dass eine posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) noch schwerwiegender ist. Auch die Symptome sind bei der posttraumatischen Belastungsstörung noch schwerwiegender. So wird das erlebte Trauma immer wieder vor dem Hintergrund andauernder Gefühle von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit erlebt. Es kommt zu Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen und Teilnahmslosigkeit der Umgebung gegenüber. Die akute Belastungsreaktion (F 43.0) führt hingegen zu einer Art von Betäubung mit gewissen Bewusstseinseinengungen und eingeschränkter Aufmerksamkeit. Auch die Anpassungsstörung (F 43.2) führt zu Zuständen subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die die allgemeinen sozialen Funktionen und Leistungen behindern. Sie führt zu depressiver Stimmung, Angst oder Sorge, während die posttraumatische Belastungsstörung (F 43.1) zu Depressionen führt, wobei sogar Suizidgedanken häufig auftreten.

b)

112
Hinsichtlich der Klägerin zu 2. und des Klägers zu 3. kann das Schmerzensgeld noch nicht abschließend bemessen werden, weshalb insoweit nur ein Grundurteil ergehen kann. Der Erlass eines Grundurteils setzt voraus, dass neben der Entscheidungsreife hinsichtlich des Grundes auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit für den Eintritt eines Schadens, gleich welcher Höhe besteht (BGH, NJW-RR 2012, Seite 880; ders., NJW-RR 2005, Seite 1008, 1009; Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl. 2019, § 304 Rn. 17). Bei der Klägerin zu 2. und dem Kläger zu 3. ist jedenfalls eine Beeinträchtigung festzustellen, wonach klar ist, dass durch die Beklagten zu 1. und 2. jedenfalls ein Schmerzensgeld, gleich welcher Höhe, gezahlt werden muss.

113
Mit der akuten Belastungsreaktion (F 43.0) wurde bereits eine Gesundheitsschädigung durch die Kammer festgestellt, weshalb für beide bereits eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes gegeben ist. Bei Vorliegen einer Anpassungsstörung (F 43.2) würde sich ein solches Schmerzensgeld gegebenenfalls nur noch erhöhen. Eine weitere infolge des Unfalls erlittenen Gesundheitsschädigung in Form der Anpassungsstörung wäre als Umstand in der Person des Geschädigten schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen. Darüber hinaus sprechen für das Vorliegen einer Anpassungsstörung (F 43.2) derzeit auch gewichtige Anhaltspunkte. So hat der Sachverständige Prof. G in seinem Gutachten die entsprechenden Anpassungsstörungen bei der Klägerin zu 2. und dem Kläger zu 3. diagnostiziert.

6.

114
Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 ZPO. Die Kammer legt den Antrag der Kläger dabei dahingehend aus, dass diese Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz begehren. Rechtshängigkeit im Verhältnis zum Beklagten zu 1. ergab sich ab dem 09.01.2013, nachdem der Mahnbescheid am 08.01.2013 zugestellt wurde. Rechtshängigkeit im Verhältnis zum Beklagten zu 2. ergab sich jedenfalls ab dem 11.01.2013. Die Zustellung des Mahnbescheides an den Beklagten zu 2. ist in der Akte nicht festgehalten, muss aber jedenfalls am 10.01.2013 erfolgt sein, wenn der Beklagte zu 2. an diesem Tag Widerspruch einlegen konnte.

II.

115
Den Klägern steht gegen die Beklagte zu 4. kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gemäß § 823 Abs. 1 BGB bzw. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 222 StGB infolge des Versterbens ihres Sohnes bzw. Bruders zu. Die Beklagte zu 4. hat die ihr als Badeaufsicht obliegenden Pflichten nicht verletzt.

1.

116
Ein Bademeister hat die Aufgabe, den gesamten Betrieb in einem Schwimmbad zu überwachen. Die Überwachung des eigentlichen Schwimmbetriebs im Schwimmbecken ist ein wesentlicher Teil dieser Aufgabe, aber nicht die alleinige Aufgabe des Bademeisters (BGH, NJW 1980, Seite 392, 393). Neben der Bewachung des Schwimmbeckens muss er auch die weiteren Bereiche des Schwimmbades überwachen, z.B. die Verkehrswege und die Zugänge außerhalb des Beckens, da ein ordnungsgemäßer Badebetrieb auch voraussetzt, dass in diesen Bereich neben dem Becken die Ordnung gewährleistet ist (BGH, NJW 1980, Seite 392, 393). Um diesen vielfältigen Aufgaben nachzukommen, ist der Bademeister verpflichtet, seinen Standpunkt regelmäßig zu wechseln, um so das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln überprüfen zu können (BGH, NJW 1980, Seite 392, 393; OLG Koblenz, NJW-RR 2001, S. 318, 320; OLG Hamm, Urteil v. 30.11.2000, Az. 6 U 172/99). Bestandteil dieser Verpflichtung ist es auch, immer wieder Rundgänge zu machen und dabei nicht nur die Wasseroberfläche im Blick zu behalten, sondern auch in das Becken hineinzusehen. Er ist nicht verpflichtet, ständig am Becken zu stehen und das Schwimmbecken im Auge zu behalten, wenn er an anderer Stelle nicht gebraucht wird, da er dabei zwar mögliche Gefahren im Becken entdecken könnte, ihm aber anderseits die Möglichkeit genommen würde, die anderen Bereiche und die dort befindlichen Schwimmgäste zu beobachten und dort gegebenenfalls auftretenden Gefahren entgegenzuwirken (BGH, NJW 1980, Seite 392, 393). Stets ist dabei zu beachten, dass er das Schwimmbecken aber auch nicht unangemessen lange aus dem Blick lassen darf (OLG Hamm, Urteil v. 30.11.2000, Az. 6 U 172/99).

2.

a)

117
Eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 4. liegt nicht vor, soweit seitens der Kläger behauptet wird, diese habe ihren Standort nicht alle 10 Minuten gewechselt. Zwar muss ein Bademeister nach der eingangs genannten Rechtsprechung seinen Standort regelmäßig wechseln, um auch andere Blickwinkel auf das Gesamtgeschehen zu erhalten. Eine feste zeitliche Vorgabe existiert insoweit jedoch nicht. Vielmehr ist dies nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen. Im Hinblick auf das Freibad Neuenhof war es dabei nicht erforderlich, dass die Beklagte zu 4. als Badeaufsicht ihren Standort alle 10 Minuten wechselte. Bei dem Freibad Neuenhof handelte es sich um ein übersichtliches Schwimmbad, das aus nur einem Becken bestand. Der Platz, an dem kassiert wurde, fand sich auch leicht erhöht über dem Schwimmbecken, so dass insoweit schon generell eine verbesserte Übersicht geschaffen wurde. Vor allem war aber ein allzu häufiges Wechseln des Standorts nicht erforderlich, da eine Videoüberwachung vorhanden war. Somit war es der Beklagten zu 4. als Bademeisterin möglich, von ihrem Platz an der Kasse schon durch einen Blick auf die Videoüberwachung das gesamte Geschehen aus einem anderen Blickwinkel zu sehen, nämlich aus der Perspektive der zur Videoüberwachung gehörenden Kameras.

b)

118
Die Beklagte zu 4. hat ihre Pflichten als Bademeisterin nicht dadurch verletzt, dass sie neben der Ausübung der Badeaufsicht noch kassierte. Zum einen ist es eben nicht Aufgabe eines Bademeisters, permanent das Schwimmbecken und den dortigen Schwimmbetrieb zu beobachten. Vielmehr muss er den Badebetrieb als Ganzes aufrechterhalten und überwachen. Dazu gehört nach Auffassung der Kammer auch, dass er Eintrittsgelder kassiert, jedenfalls wenn dies nicht zu einem völligen Außerachtlassen des übrigen Schwimmbetriebes führt. Die Beklagte zu 4. übernahm zum Zeitpunkt des Unglücks nur kurzfristig für den dort als Kassierer anwesenden Herrn C4 das Kassieren der Eintrittsgelder, weil dieser die Toilette aufsuchte. Dass ein Bademeister in einem solchen Fall kurzzeitig das Kassieren übernimmt, um seinem Kollegen an der Kasse einen Toilettengang zu ermöglichen, ist zulässig. Auch beim Kassieren konnte die Beklagte zu 4. aufgrund der übersichtlichen Gestaltung des Freibads M, der Position der Kasse bzw. des Kassenraums und der Videoüberwachung das Schwimmbecken noch im Blick behalten.

c)

119
Der Beklagten zu 4. ist keine Pflichtverletzung vorzuwerfen, weil sie nicht am Rand des Schwimmbeckens stand, als es zu dem Unglücksfall gekommen ist. Es ist gerade nicht Aufgabe eines Bademeisters, permanent nur am Beckenrand zu stehen und den eigentlichen Schwimmbetrieb im Becken zu überwachen. Er hat eben darüber hinausgehend die Aufgabe, den gesamten Badebetrieb im Bad, also auch die weiteren Bereiche, zu überwachen. Er darf das Schwimmbecken nur nicht unangemessen lang außer Beobachtungen lassen. Wenn die Beklagte zu 4. als Bademeisterin das Schwimmbecken nicht unter ständiger Beobachtung halten musste, war es ihr auch erlaubt, zu kassieren und dabei nicht am Beckenrand zu stehen. Dass sie das Geschehen im Becken selbst nicht völlig außer Acht gelassen hat, sondern dieses immer mit im Auge gehalten hat, ergibt sich nach Auffassung der Kammer auch schon daraus, dass sie unmittelbar nachdem der Beklagte zu 2. I B geborgen hatte, an Erste-Hilfe-Maßnahmen teilnahm. Dass diese Erste-Hilfe-Maßnahmen, insbesondere auch durch die Beklagte zu 4., nicht ordnungsgemäß erfolgten, ist auch von den Klägern nicht vorgetragen und nicht ersichtlich.

d)

120
Eine Pflichtverletzung der Beklagten zu 4. ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die Kläger behaupten, sie habe anstatt auf den Schwimmbetrieb zu achten fortwährend Bücher gelesen, was sich aus Leserzuschriften an die Presse ergeben habe. Aus diesen gehe hervor, dass die Beklagte zu 4. während ihrer Dienstzeit oft Bücher gelesen habe (Seite 12 des Schriftsatzes der Kläger vom 21.02.2013, Bl. 36 der Akte). Die Kläger stützen ihren Vortrag, die Beklagte zu 4. habe Bücher gelesen, also offensichtlich nicht auf eigene Wahrnehmungen oder ihnen selbst konkret zu Ohren gekommene Wahrnehmungen Dritter, sondern allein auf Leserbriefe an die Presse. Dabei bleibt schon offen, was genau in diesen Leserzuschriften steht und an welches Presseorgan diese gerichtet waren. Vorgelegt werden entsprechende Leserbriefe von den Klägern nicht. Offen bleibt damit, ob die Beklagte zu 4. auch in der konkreten Situation ein Buch gelesen haben soll. Dagegen spricht aber schon der weitere Vortrag der Kläger, dass die Beklagte zu 4. zur Zeit des Unfalls, der zum Tode Kerems geführt habe, mit Kassieren beschäftigt gewesen sein soll. Beweis für ihre Behauptung, die Beklagte zu 4. habe Bücher gelesen, treten die Kläger auch nicht an.

e)

121
Eine Haftung der Beklagten zu 4. ergibt sich auch nicht im Hinblick darauf, dass die Feriengruppe, zu welcher der verstorbene I zählte, das Schwimmbad aufsuchte. Dadurch kam es nicht zu einer Intensivierung der Überwachungspflichten der Beklagten zu 4. im Hinblick auf die zur Gruppe gehörenden Kinder. Vielmehr blieb es bei den allgemeinen Anforderungen, die an einen Bademeister gestellt werden. Die hauptsächliche Aufsichtspflicht, die derjenigen der Eltern gleichkam, oblag den beiden Betreuern der Gruppe, den Beklagten zu 1. und 2.. Als für den generellen Badebetrieb verantwortliche Bademeisterin durfte sich die Beklagte zu 4. darauf verlassen, dass die Beaufsichtigung der zur Gruppe gehörenden Kinder im Wesentlichen durch die Beklagten zu 1. und 2. erfolgte. Auch wenn dies nicht bedeutet, dass sie im Hinblick auf die zur Gruppe gehörenden Kinder keinerlei Pflichten mehr trafen, musste sie dieser Gruppe jedenfalls nicht mehr Aufmerksamkeit schenken, als sie dies bei anderen Badegästen im Kindesalter zu tun hatte.

III.

122
Den Klägern stehen gegen den Beklagten zu 3. keine Ansprüche auf Zahlung eines Schmerzensgeldes infolge des Todes des I B zu.

1.

123
Den Klägern steht gegen den Beklagten zu 3. kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes auf Grundlage eines möglichen Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter bzw. gemäß § 823 Abs. 1 BGB bzw. gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 222 StGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht im Zusammenhang mit dem Betrieb des Freibads M in P zu. Der Beklagte zu 3. hat im Zusammenhang mit dem Tode I keine ihn treffenden Sicherungspflichten verletzt.

124
Da kein allgemeines Gebot besteht, andere vor einer Selbstgefährdung zu bewahren, kann, wer sich selbst verletzt, einen anderen wegen dessen Mitwirkung nur in Anspruch nehmen, wenn dieser ihm zurechenbar einen zusätzlichen Gefahrenkreis für die Schädigung eröffnet, etwa indem er die Selbstgefährdung herausgefordert hat (BGH, NJW 1986, Seite 1865). Schafft jemand in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahr für Dritte, unabhängig davon, wie diese konkret ausgestaltet ist, bzw. lässt eine solche andauern, beispielsweise durch Eröffnung eines Verkehrs, Errichtung einer Anlage oder Übernahme einer Tätigkeit, welche mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden ist, hat er Rücksicht auf diese Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Rechtspflicht, erforderliche und ihm zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um die Gefährdung und Schädigung Dritter zu verhindern (BGH, NJW 2007, Seite 762; ders., NJW 2013, Seite 48). Eine nach diesen Grundsätzen unzureichend abgesicherte Gefahrenquelle führt erst dann zu einer Haftung, wenn sich aus der zu beurteilenden Situation für einen Sachkundigen die naheliegende Gefahr ergibt, dass Rechtsgüter Dritter verletzt werden können. Ist Letzteres nicht der Fall, ist eine trotzdem eintretende Verletzung eines Rechtsguts Ausfluss des allgemeinen Lebensrisikos (BGH, NJW 2006, Seite 2326; ders. NJW 2014, Seite 2104; OLG Hamm, NJW-RR 2017, Seite 405). Bei Kindern ist wegen ihrer besonderen Unerfahrenheit, Unbesonnenheit und Spiellust ein strengerer Maßstab anzulegen (BGH, NJW 1999, Seite 2364). Eine Verkehrssicherungspflicht, die eine Haftung begründen kann, kann daher unter Umständen auch mehr fordern, als dies öffentlich-rechtliche Vorschriften tun (BGH, NJW 1998, Seite 2905). Wer eine öffentliche Freizeiteinrichtung wie ein Freibad betreibt, muss die Nutzer vor Gefahren schützen, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, vom Benutzer nicht vorhersehbar sind und nicht ohne weiteres erkennbar sind (BGH, NJW 1980, Seite 1159). Ausfluss dieser allgemeinen Verkehrssicherungspflicht ist es, dass der Betreiber eines Schwimmbades dafür Sorge tragen muss, dass die einzelnen Schwimmbecken überwacht werden. Was dabei erforderlich ist, kann nicht allgemein beurteilt werden, sondern ist stets abhängig von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls. Maßgebliche Kriterien sind hier etwa die Größe und Lage des Bades, das Besucheraufkommen, der Einsatz technischer Hilfsmittel wie Überwachungskameras und insbesondere die Frage, innerhalb welcher Zeit aus medizinischer Sicht Maßnahmen getroffen werden müssen, um bleibende Schädigungen zu verhindern (BGH, NJW 2000, Seite 1946; BGH, NJW 1980, Seite 392). Nicht erforderlich und auch nicht möglich ist es dabei, durch vorbeugende Maßnahmen jeder abstrakt denkbaren Gefahr entgegenzuwirken (BGH, NJW 2000, Seite 1946). Ergriffen werden müssen die Sicherheitsmaßnahmen, die ein verständiger und umsichtiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten darf, um andere Personen vor Schäden zu bewahren und die ihm den Umständen nach zumutbar sind (BGH, NJW 2000, Seite 1946; ders. NJW-RR 1990, Seite 1245). Ein Schwimmbadbetreiber muss die aufsichtsführende Person an einem Standort positionieren, von dem aus sie das gesamte Freibad überblicken und Sicht in die Schwimmbecken haben kann, gegebenenfalls muss die aufsichtsführende Person auch angewiesen werden, den Standort regelmäßig zu wechseln, um das Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln verfolgen zu können (BGH, NJW 2000, Seite 1946, 1947). Die vorstehend genannten Verpflichtungen, deren Verletzung zu einer deliktischen Haftung führen können, sind dieselben, die den Betreiber einer Anlage im Rahmen einer vertraglichen Sicherungspflicht gemäß § 241 Abs. 2 BGB treffen. In beiden Fällen geht es darum, Rechtsgüter Dritter zu schützen. Im Rahmen eines Schwimmbadbetriebs ist insbesondere das Leben zu schützen. Maßnahmen zum Schutz des Lebens als einem der höchsten Rechtsgüter müssen aber stets gleich wirksam sein, unabhängig davon, ob eine vertragliche Sonderverbindung besteht oder nicht. Faktisch kann auch nichts anderes gelten. In vielen Fällen wird der Nutzer eines Schwimmbades eine vertragliche Bindung mit dem Betreiber eingehen, wenn er den Eintritt bezahlt. Personen, die den Eintritt nicht zahlen, weil sie etwa in Begleitung eines anderen das Schwimmbad besuchen, müssen aber ebenso geschützt werden wie Vertragspartner. Einer Badeaufsicht wird es zudem schon praktisch nicht möglich sein, in einem Notfall zu überprüfen, ob eine vertragliche Bindung zu dem Verunglückten vorliegt oder nicht.

125
Den ihn treffenden Sicherungspflichten im Hinblick auf den Betrieb des Freibades M ist der Beklagte zu 3. hinreichend nachgekommen. Er hat aus Sicht der Kammer die Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, die ein verständiger und umsichtiger und in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für ausreichend halten durfte, um Schäden im Schwimmbadbetrieb abzuwenden.

126
Eine Pflichtverletzung durch den Beklagten zu 3. liegt nicht im Hinblick auf die Anzahl des eingesetzten Personals vor. So war die Beklagte zu 4. dort als Bademeisterin tätig. Daneben war aber noch der Badeobmann Herr C vor Ort. Dieser war als Inhaber eines Rettungsscheins auch ausreichend qualifiziert, um gegebenenfalls Hilfe zu leisten. Als Kassierer war ferner Herr C4 eingesetzt. Insbesondere durch den Einsatz eines weiteren Kassierers, welcher der Beklagten zu 4. die Tätigkeit als Kassiererin abnehmen konnte, wurden bei der Beklagten zu 4. als Badeaufsicht Kapazitäten frei, welche zur Überwachung des Badebetriebs insgesamt genutzt werden konnten. Insoweit wäre es auch unschädlich, wenn die Beklagte zu 4. die dadurch gewonnene Zeit nicht ausschließlich für die Überwachung des Schwimmbeckens genutzt hätte, sondern auch für die Überwachung anderer Bereiche. Eine ausdrückliche Weisung des Beklagten zu 3., die dadurch gewonnene Zeit für die Überwachung des Schwimmbeckens selbst zu nutzen, wäre nicht erforderlich gewesen. Nach der eingangs genannten Rechtsprechung ist es Aufgabe des Bademeisters, den Badebetrieb als Ganzes zu überwachen und nicht nur das Schwimmbecken. Dann musste die Beklagte zu 4. die durch den Einsatz eines weiteren Kassierers verfügbar gewordene Zeit gerade nicht dafür einsetzen, allein das Schwimmbecken zu überwachen. Dass dem Kassierer nicht verboten werden darf, die Toilette aufzusuchen, um auf diese Weise permanent sicherzustellen, dass die Badeaufsicht das Becken kontrollieren kann und nicht kurzzeitig an der Kasse aushelfen muss, muss nicht weiter erörtert werden.

127
Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten im Freibad M wäre der Einsatz einer einzigen Badeaufsicht ohnehin ausreichend gewesen. Bei dem Freibad M handelte es sich um ein sehr übersichtliches Schwimmbad. Das Schwimmbad M hat nur ein einziges Schwimmbecken. Dieses ist von allen Seiten aus gut einsehbar, wie sich insbesondere auch aus den als Anl. B8 (Bl. 305 Anlagenband) eingereichten Fotos ergibt. Diese Bilder zeigen, dass es sich um ein schlichtes rechteckiges Schwimmbad handelt, an allen vier Seiten sind auch jeweils erhebliche freie Flächen vorhanden. Auch im Schwimmbecken selbst gab es keinerlei Sichtbehinderungen, wie z.B. weitere innere Becken wie kleine Whirlpools o.ä., welche in das große Becken eingebaut waren. Soweit am Schwimmbadrand rechts vom Eingang aus gesehen Rutschen vorhanden sind, beeinträchtigen diese die Übersicht des Bademeisters nicht, wenn er sich im Kassierer-Häuschen aufhält. Die Rutschen befanden sich nicht dergestalt im Sichtfeld des Bademeisters, der dort seinen Platz hat, dass diese seine Sicht auf das Schwimmbecken behinderten.

128
Schon aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass auch die örtlichen Gegebenheiten keine Pflichtverletzung des Beklagten zu 3. begründen. Es handelt sich, wie dargelegt, um ein einziges übersichtlich gestaltetes Schwimmbecken. Die von dem Beklagten zu 3. für die Badeaufsicht faktisch vorgegebene hauptsächlich einzunehmende Position – diese wird durch die Lage des Kassen- und Bademeisterraumes jedenfalls für die meiste Zeit determiniert – findet sich auch an geeigneter Stelle. Ein dort postierter Mitarbeiter kann ohne weiteres das Schwimmbecken im Blick behalten.

129
Da 3 Personen auf Veranlassung des Beklagten zu 3. vor Ort waren, kommt es auf die Frage, ob das Schwimmbad tatsächlich, wie die Kläger ohnehin unspezifiziert behaupten, überfüllt gewesen sei, nicht an. Aufgrund der übersichtlichen Gestaltung des Schwimmbeckens war eine weitere Badeaufsicht nicht erforderlich.

130
Dem Beklagten zu 3. ist auch kein Vorwurf dahingehend zu machen, dass die Beklagte zu 4. angehalten war, nicht nur die Badeaufsicht zu führen, sondern auch zu kassieren. Mit der Installation der Videoüberwachung hat der Beklagte zu 3. dem aufsichtsführenden Bademeister, der auch kassieren soll, ein technisches Hilfsmittel zur Verfügung gestellt, um das Schwimmbecken möglichst umfassend im Blick behalten zu können. Durch das Vorhandensein der Videoüberwachung ist es dem Bademeister möglich, trotz Kassierertätigkeit durch einen einfachen Blick auf den Bildschirm der Überwachungsanlage zu überprüfen, wie sich die Situation am Schwimmbecken selbst darstellt.

131
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang für eine mögliche Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht durch den Beklagten zu 3., ob dieser wusste, dass am 06.07.2009 die Feriengruppe, zu der auch der später verstorbene I B und sein Bruder, der Kläger zu 3., gehörten, in das Schwimmbad kam. Es handelt sich nicht um eine Gruppe von Kindern, die ohne weitere Aufsicht das Schwimmbad nutzen wollten bzw. sollten. Nur in einem solchen Fall wäre es aber denkbar, dass der Beklagte zu 3. weitere Personen hätte abstellen müssen, die explizit nur die Kindergruppe beaufsichtigen sollten und für die dann ggf. die unter Ziff. I. dargestellten Grundsätze zur Beaufsichtigung einer Kindergruppe gegolten hätten. Denn nur in einem solchen Fall wäre es zu einer Intensivierung der allgemeinen Badeaufsicht hin zu einer umfassenden Betreuungspflicht gekommen. Im streitgegenständlichen Fall wurde die Kindergruppe aber von den Beklagten zu 1. und 2. als Betreuer beaufsichtigt. Allein den Beklagten zu 1. und 2. oblag daher die in Ziff. I näher beschriebene Aufsichtspflicht, die in ihrer Intensität derjenigen der Eltern gleichkam. Für die Beklagte zu 3. stellte sich der Besuch dieser Gruppe nicht anders da, als jeder andere Besuch einer größeren Gruppe von Kindern, wie etwa der Besuch im Rahmen einer Geburtstagsfeier oder auch nur der Besuch einer größeren Familiengruppe. Auch in letzteren Fällen läge es fern, dem Betreiber des Schwimmbades eine intensivere Überwachungspflicht aufzuerlegen. Vielmehr kann ein Betreiber eines Schwimmbades in solchen Fällen davon ausgehen, dass die zu der betreffenden Gruppe gehörenden Betreuer die etwaig erforderlichen auch umfangreicheren Aufsichtsmaßnahmen eigenständig organisieren und übernehmen.

2.

132
Den Klägern steht gegen den Beklagten zu 3. auch kein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes aufgrund einer Haftung für ihren Verrichtungsgehilfen gemäß § 831 Abs. 1 BGB zu. Eine Haftung für eine durch die Beklagte zu 4. als Mitarbeiterin der Beklagten zu 3. verübte Pflichtverletzung, die zum Tode I führte, ist nicht gegeben, weil die Beklagte zu 4. die ihr im Rahmen der Badeaufsicht obliegenden Pflichten nicht verletzt hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen unter Ziff. II. verwiesen.

IV.

133
Bezüglich des Beklagen zu 1. ist das Urteil gemäß § 331a ZPO ergangen. Der Streitantrag der Kläger ist entsprechend auszulegen (vgl. zur Auslegungsfähigkeit prozessualer Anträge im Falle der Säumnis: BGH, Urteil v. 04.04.21962, Az. V ZR 110/60, Rn. 11-14, zitiert nach juris).

134
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. und 4. Und der Streithelferin beruht auf § 91 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO und auf § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO. Über die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3. und 4. war auch bereits zu entscheiden. Scheidet ein Streitgenosse durch Teilurteil aus dem Rechtsstreit aus, ist über dessen außergerichtliche Kosten zu entscheiden, um diesem eine Kostenerstattung zu ermöglichen. Diesem darf das aus der Fortsetzung im Übrigen stehende Risiko einer Fortdauer des Rechtsstreits nicht auferlegt werden (OLG Celle, Beschluss vom 20.01.2014, Az. 9 W 2/14; Zöller/Herget, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 100, Rn. 2).

135
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 und 2 ZPO.

136
Streitwert betreffend die Beklagten zu 3. und 4.: jeweils 20.000,00 EUR

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