KG Berlin, Urteil vom 29.06.2009 – 12 U 146/08
1. Der Geschädigte kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind.(Rn.3)
2. Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren, wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen.(Rn.4)
Für einen derartigen Vortrag reicht die Vorlage einer bloßen „Reparatur-Bestätigung“ einer Kfz-Werkstatt ohne konkrete Angaben zu näheren Einzelheiten von Art und Umfang der Reparatur nicht. Auch der Umstand, dass es sich um einen „Kfz-Meisterbetrieb“ gehandelt hat, begründet kein aussagekräftiges Indiz dafür, dass die Reparatur sach- und fachgerecht erfolgt ist und der Schaden nicht nur optisch beseitigt wurde.(Rn.9)
3. Als Beleg der sach- und fachgerechten Reparatur reicht auch nicht die Vorlage der Rechnung einer Reparaturwerkstatt, wenn der Kläger dieselbe Rechnung in einem weiteren Rechtsstreit zum Beleg der Beseitigung eines anderen, etwa ein Jahr zuvor eingetreten Unfallschadens eingereicht hat.(Rn.11)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 29. April 2008 verkündete Urteil der Zivilkammer 17 des Landgerichts Berlin – 17 0 176/06 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
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Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg.
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Es kann dahinstehen, ob die von den Beklagten vorgetragenen Indizien ausreichen, um von einer Unfallmanipulation auszugehen. Die Klage ist schon deshalb abzuweisen, weil eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO nicht möglich ist. Der Kläger hat nämlich die sach- und fachgerechte Beseitigung der Vorschäden nicht konkret dargelegt.
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a) Ein Geschädigter kann selbst kompatible Schäden nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit (§ 287 ZPO) auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind (vgl. hierzu beispielhaft schon OLG Düsseldorf, Urteil vom 6. Februar 2006 – 1 U 148/05 – DAR 2006, 324).
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Bei unstreitigen Vorschäden und bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens muss der Geschädigte im Einzelnen ausschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs bereits zuvor vorhanden waren (vgl. hierzu BGHZ 71, 339), wofür er bei unstreitigen Vorschäden im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen muss (Senat, Beschluss vom 6. Juni 2007 – 12 U 57/06 – VRS 113, 421 = KGR 2008, 234 = NJOZ 2008, 765 = NZV 2008, 297).
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Eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO kommt nämlich erst in Betracht, wenn der Kläger dargelegt und bewiesen hat, welcher eingrenzbare Vorschaden durch welche konkreten Reparaturmaßnahmen fachgerecht beseitigt worden ist (Senat, Beschluss vom 11. Oktober 2007 – 12 U 46/07 – NJW 2008, 1006 = MDR 2008, 142 = NZV 2008, 196 = KGR 2008, 333 = NJW – Spezial 2008, 267 = BeckRS 2008, 00332).
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Kann der Geschädigte nicht im Einzelnen zum fachgerechten Reparaturweg vortragen, weil er das Fahrzeug mit repariertem Vorschaden, aber ohne Nachweise über die Reparatur erworben hat, geht dies zu seinen Lasten (Senat, Beschluss vom 13. August 2007 – 12 U 180/06 – KGR 2008, 499 = NZV 2008, 356 = VRS 114, 128).
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b) Daher musste im Streitfall der Kläger im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur vortragen. Dem ist er nicht nachgekommen.
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Bei dem streitgegenständlichen Unfall am 15. Januar 2006 wurde das Fahrzeug des Klägers durch einen Streifstoß rechts beschädigt. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das Fahrzeug bereits am 12. Januar 2005 einen ganz erheblichen Schaden auf der rechten Fahrzeugseite erlitten hat. Der Sachverständige hatte die Reparaturkosten dieses Schadens auf mehr als 7.000,00 € brutto geschätzt.
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Die sach- und fachgerechte Beseitigung dieses Vorschadens hat der Kläger entgegen der Ansicht des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung nicht dargelegt.
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a) Der Kläger beschränkt seinen Sachvortrag bezüglich dieser Frage auf die schlichte Behauptung, die Behebung des Vorschadens sei im August 2005 durch die … GmbH erfolgt. Welche konkreten Arbeiten hierbei durchgeführt worden sein sollen, legt er nicht dar. Auch der als Anlage B5 zur Akte gelangten Reparatur-Bestätigung sind solche konkreten Angaben nicht zu entnehmen. Die auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 2. April 2007 als Anlage K8 angekündigte “berichtigte Reparatur-Bestätigung” ist nicht zur Akte gelangt, worauf die Beklagten mit Schriftsatz vom 26. April 2007 hingewiesen hatten.
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b) In dem Verfahren 111 C 3164/06 Amtsgericht Mitte = 24 S 62/08 Landgericht Berlin hat der Kläger zur Darlegung für die Beseitigung der Unfallschäden vom 12. Januar 2005 auf seinen Schriftsatz vom 2. April 2007 im vorliegenden Verfahren Bezug genommen und als Anlage K8 (“berichtigte Reparatur-Bestätigung”) eine Rechnung der … GmbH vom 2. Februar 2006 eingereicht. Das Landgericht weist in seinem Berufungsurteil in dem o. g. Verfahren zu Recht darauf hin, dass erhebliche Zweifel angebracht sind, dass sich diese Reparaturrechnung auf den Schaden vom 12. Januar 2005 bezieht.
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Hinzu kommt, dass der Kläger die identische Rechnung vom 2. Februar 2006 mit Schriftsatz vom 29. Mai 2007 im vorliegenden Verfahren als Anlage K9 einreicht und hierzu behauptet, mit diesem Schriftstück sei die Beseitigung des vorliegend streitgegenständlichen Schadens vom 15. Januar 2006 in Rechnung gestellt worden.
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c) Aus der vom Kläger als Anlage K7 überreichten Stellungnahme des Sachverständigen … vom 14. März 2007 nebst den dieser Stellungnahme beigefügten Fotos ergibt sich, nicht, dass eine sach- und fachgerechte Schadensbeseitigung erfolgt ist, aus diesen Unterlagen ergibt sich allenfalls, dass der Schaden optisch beseitigt worden ist, dies reicht aber nicht aus.
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d) Spätestens seit Zustellung des Berufungsurteils des Landgerichts zu dem Aktenzeichen 24 S 62/08 ist dem Kläger bekannt, dass sein Vortrag zur Beseitigung des Vorschadens vom 12. Januar 2005 unzureichend ist. Gleichwohl hat er im vorliegenden Berufungsverfahren seinen Vortrag insoweit weder ergänzt noch präzisiert.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da weder die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, noch eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist (§ 543 Absatz 1 Nr.1, Absatz 2 ZPO n. F.).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91Absatz 1 ZPO. Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO i.V.m § 26 Nr. 8 EGZPO.