Zur Aufrechnung des Kanzleiabwicklers gegen aus der Abwicklung Erlangtem mit Vergütungsforderung

BGH, Urteil vom 23.06.2005 – IX ZR 139/04

1. Der amtlich bestellte Abwickler einer Kanzlei kann auch dann mit seiner Vergütungsforderung gegen den Anspruch auf Herausgabe des aus der Abwicklung Erlangten aufrechnen, wenn zwischenzeitlich das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Vertretenen eröffnet worden ist.

2. Nach Ablauf seiner Bestellung ist der ehemalige Abwickler zur Herausgabe des bis dahin nicht ausgekehrten Fremdgeldes an den Verwalter verpflichtet. Eine Aufrechnung mit seinem Vergütungsanspruch ist unzulässig.

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Revision des Klägers und die Anschlußrevision des Beklagten gegen das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 14. Juni 2004 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen der Kläger 62 % und der Beklagte 38 %.

Von Rechts wegen

Tatbestand
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Der Beklagte war vom 1. Januar 1999 bis zum 31. Dezember 2001 amtlich bestellter Abwickler der Kanzlei des ehemaligen Rechtsanwalts R. (fortan: Schuldner). Am 14. Oktober 1999 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet; der Kläger wurde zum Treuhänder bestellt. Der Kläger verlangt die Auszahlung eines Betrages von 21.057,78 Euro, der sich am 31. Dezember 1999 auf dem vom Beklagten für die Abwicklung eingerichteten Bankkonto befand. Der Beklagte hat die Ansicht vertreten, die Kanzlei werde nicht vom Insolvenzbeschlag erfaßt. Hilfsweise hat er mit seinem Vergütungsanspruch aufgerechnet, den er zunächst mit 32.058 Euro beziffert hat.

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Das Landgericht hat die Klage als derzeit unbegründet abgewiesen, weil die Abwicklung im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht beendet war (ZInsO 2002, 290). Während des Berufungsverfahrens hat die Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern die Vergütung des Beklagten auf 17.639,57 Euro festgesetzt. Am 31. Dezember 2001, als die Bestellung des Beklagten auslief, wies das Abwicklungskonto einen Stand von 31.593,08 Euro auf; ein Betrag von 9.592,36 Euro entfiel auf Fremdgeld. Der Kläger hat weiterhin nur Auszahlung des Guthabens am 31. Dezember 1999 verlangt. Das Berufungsgericht hat den Beklagten unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung zur Zahlung von 7.963,49 Euro nebst Zinsen verurteilt (ZIP 2004, 1857). Es hat die Revision zugelassen, weil die Rechtsfrage, ob die Vergütungsforderung des Abwicklers einer Anwaltskanzlei eine Masseverbindlichkeit oder eine einfache Insolvenzforderung darstelle, von grundsätzlicher Bedeutung sei.

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Gegen dieses Urteil richten sich die Revision des Klägers und die Anschlußrevision des Beklagten. Der Kläger verlangt Zahlung des gesamten Guthabens des Abwicklungskontos am 31. Dezember 1999; der Beklagte erstrebt die vollständige Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers und die Anschlußrevision des Beklagten bleiben ohne Erfolg.

I.

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Dem Kläger war gegen die Versäumung der Revisions- und der Revisionsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Berufungsurteil ist dem Kläger am 16. Juni 2004 zugestellt worden. Am 16. Juli 2004 hat der Kläger Prozeßkostenhilfe für das Revisionsverfahren beantragt. Der Beschluß über die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe ist ihm am 9. Februar 2005 zugestellt worden. Noch am 9. Februar 2005 hat der Kläger durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt Revision eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt; am 9. März 2005 ist die Revisionsbegründung eingegangen. Die Wiedereinsetzungsfristen für die Einlegung der Revision (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und deren Begründung (§ 234 Abs. 1 Satz 2 ZPO) sind damit gewahrt worden.

II.

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Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Der Anspruch des Klägers auf Herausgabe dessen, was der Beklagte aus der Abwicklung der Kanzlei erlangt habe, folge aus § 667 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO. Er erstrecke sich insbesondere auf die Entgelte, die der Beklagte nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingenommen habe, aber auch auf die Fremdgelder in Höhe von 7.963,49 Euro; denn der Beklagte sei nach Ende der Abwicklung nicht mehr berechtigt, über diese Fremdgelder zu verfügen. Nunmehr sei es Aufgabe des Klägers, die Fremdgelder an die Berechtigten – denen ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zustehe – herauszugeben. Der Anspruch sei mit Ende der Abwicklung am 31. Dezember 2001 fällig geworden.

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Der Beklagte könne jedoch mit seiner Vergütungsforderung aus § 670 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO in der festgesetzten Höhe aufrechnen. Die Vergütungsforderung sei eine Masseverbindlichkeit, auch soweit die Tätigkeit des Beklagten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entgolten werde. Die durch Fehlen einer den Rang der Abwicklungsvergütung bestimmenden Norm begründete Regelungslücke in der Insolvenzordnung sei durch die entsprechende Anwendung des § 324 Abs. 1 Nr. 6 InsO zu füllen. Die Bürgenhaftung der Rechtsanwaltskammer gemäß § 53 Abs. 10 Satz 6 BRAO stehe nicht entgegen. Der Beklagte könne seine gesamte Vergütungsforderung zur Aufrechnung stellen, obwohl der Kläger den Saldo per 31. Dezember 1999 verlange; denn die Vergütung sei insgesamt fällig. Nur gegenüber dem Anspruch auf Auskehrung des Fremdgeldes sei die Aufrechnung unzulässig.

III.

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Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

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1. Revision des Klägers

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Grundlage des Begehrens des Klägers ist § 667 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO und § 80 InsO. Der Anspruch auf Herausgabe des aus der Abwicklung Erlangten ist gemäß § 35 InsO Bestandteil der Insolvenzmasse.

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a) Gegenstand der Revision des Klägers ist der vom Berufungsgericht wegen der vom Beklagten erklärten Aufrechnung abgewiesene Anspruch auf Zahlung (vgl. BGHZ 71, 380, 382) von (21.057,78 – 7.963,49 =) 13.094,29 Euro. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe keinen richterlichen Hinweis erteilt, welchen Streitgegenstand es annehmen wolle, geht fehl. Das Berufungsgericht hat im Termin zur letzten mündlichen Verhandlung am 24. Mai 2004 ausdrücklich darauf hingewiesen, daß der Beklagte mittlerweile die Schlußrechnung vorgelegt habe und auf dieser Basis entschieden werden könne. Der Kläger hat seinen Antrag gleichwohl nicht umgestellt. Damit hat er ausdrücklich davon abgesehen, eine über den Betrag von 21.057,78 Euro hinausgehende Forderung – sei es auch hilfsweise – in diesem Rechtsstreit geltend zu machen.

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b) Dieser Anspruch ist jedoch gemäß §§ 387, 389 BGB durch Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch erloschen. Die Parteien streiten darum, ob der Vergütungsanspruch des Beklagten aus § 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO als Abwickler der Kanzlei des Schuldners eine Masseforderung oder nur eine Insolvenzforderung darstellt. Diese Rechtsfrage wird jedoch nicht entscheidungserheblich; denn die Aufrechnung ist auch dann, wenn man dem Beklagten nur eine Insolvenzforderung zugesteht, gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 InsO zulässig.

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aa) Die Abwicklung ist vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners angeordnet worden. Damit entstanden dem Grunde nach sowohl der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten (vgl. BGHZ 71, 380, 384 f) als auch der Vergütungsanspruch.

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bb) Beide Ansprüche sind gleichzeitig mit dem Ende der Abwicklung – also nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens – fällig geworden.

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(1) Die Fälligkeit eines Anspruchs aus § 667 BGB richtet sich nach den getroffenen Vereinbarungen, hilfsweise nach den Umständen des jeweiligen Falles (§ 271 Abs. 1, 2. Fall BGB). Der Anspruch auf Herausgabe dessen, was der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags erhalten hat, wird in der Regel erst dann fällig, wenn der Zweck erreicht oder endgültig verfehlt wurde (BGH, Urt. v. 3. Mai 2005 – IX ZR 401/00, z.V.b.; Soergel/Beuthien, BGB 12. Aufl. § 667 Rn. 19; Erman/Ehmann, BGB 11. Aufl. § 667 Rn. 7; MünchKomm-BGB/Seiler, 4. Aufl. § 667 Rn. 20). Das aus der Geschäftsführung Erlangte – insbesondere für den Auftraggeber eingezogenes Geld – kann demgegenüber schon dann herauszugeben sein, wenn der Beauftragte etwas erlangt hat, was herauszugeben ist (Erman/Ehmann, aaO Rn. 27); auch hier kommt es jedoch auf die Umstände des Einzelfalles an (Soergel/Beuthien, aaO Rn. 21; Palandt/Sprau, BGB 64. Aufl. § 667 Rn. 8; vgl. auch BGHZ 109, 260, 264).

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(2) Das vom Beklagten während der Dauer der Abwicklung verwaltete Guthaben auf dem Abwicklungskonto war – auch soweit der Beklagte gemäß § 55 Abs. 3, § 53 Abs. 9 und 10 BRAO Gebührenforderungen des Schuldners eingezogen hat – nicht nur „aus der Geschäftsbesorgung erlangt“ (§ 667 Fall 2 BGB), sondern diente auch der weiteren „Ausführung des Auftrags“ (§ 667 Fall 1 BGB). Der nach § 55 BRAO bestellte Abwickler hat das vorhandene Barvermögen in Besitz zu nehmen, um daraus die Kosten für die vorläufige Aufrechterhaltung des Kanzleibetriebs zu bestreiten (Feuerich/Weyland, BRAO 6. Aufl. § 53 Rn. 36; vgl. auch die Hinweise der Bundesrechtsanwaltskammer für die Tätigkeit des Abwicklers, BRAK-Mitt. 1995, 238, 239). Gleiches gilt für eingehende Gebühren. Diese können im Rahmen des Erforderlichen ebenfalls für Aufwendungen wie Porto- oder Gerichtskosten (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO, § 670 BGB) und für Vorschüsse auf die spätere Vergütung verwandt werden (BGHZ 156, 362, 369 f). In der Regel wird der Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nach § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO, § 667 BGB also erst mit dem Ende der Abwicklung fällig werden.

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(3) Anders könnte möglicherweise zu entscheiden sein, wenn der Abwickler Überschüsse erwirtschaftet, die offensichtlich nicht mehr für die weitere Abwicklung benötigt werden (§ 271 Abs. 1 Fall 2 BGB). Um einen solchen Fall handelte es sich hier jedoch nicht. Nach der jetzt vorliegenden Endabrechnung wies das Abwicklungskonto am 31. Dezember 2001 einen Stand von 31.593,03 Euro auf. Abzüglich der Fremdgelder von insgesamt 9.592,36 Euro und der Abwicklervergütung von 17.639,57 Euro bleibt nur ein Betrag von 4.361,10 Euro, welcher der Masse zugute kommt. Am 31. Dezember 1999 – auf diesen Stichtag möchte der Kläger abstellen – stand keinesfalls fest, ob die Abwicklung einen Überschuß erbringen oder auch nur zur Deckung aller Unkosten ausreichen würde. Entgegen der Ansicht der Revision war es nicht Sache des Beklagten, im einzelnen darzulegen, in welcher Höhe das am 31. Dezember 1999 vorhandene Guthaben auf dem Abwicklungskonto für die weitere Abwicklung der Kanzlei benötigt werden würde. Darlegungs- und beweispflichtig für die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs aus § 667 BGB ist der Auftraggeber (BGH, Urt. v. 18. November 1986 – IVa ZR 79/85, WM 1987, 80), der gemäß § 666 BGB jederzeit einen Auskunftsanspruch über den Stand der Geschäfte geltend machen kann. Der Auftragnehmer hat lediglich die bestimmungsgemäße Verwendung etwa erhaltener Gelder – die hier nicht im Streit ist – zu beweisen (vgl. BGH, Urt. v. 4. Oktober 2001 – III ZR 290/00, BGH-Report 2002, 71; v. 4. November 2002 – II ZR 210/00, BGH-Report 2003, 331; v. 19. Februar 2004 – III ZR 147/03, WM 2004, 2213).

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(4) Der Vergütungsanspruch des Abwicklers wird ebenfalls mit dem Ende der Abwicklung fällig. Zuvor hat der Abwickler nur Anspruch auf Sicherheit (§ 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO) und Vorschüsse (§ 53 Abs. 10 Satz 6 BRAO). Die Festsetzung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer ist keine Fälligkeitsvoraussetzung. Sie ist nicht obligatorisch, sondern wird nur dann erforderlich, wenn sich die Beteiligten nicht über die Höhe der Vergütung einigen können (§ 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO).

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c) Folge der Aufrechnung ist das Erlöschen der beiderseitigen Forderungen, soweit sie sich decken (§ 389 BGB). Der Vergütungsanspruch des Beklagten gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO beträgt 17.639,57 Euro. In dieser Höhe hat die zuständige Rechtsanwaltskammer Mecklenburg-Vorpommern die Vergütung gemäß § 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 Satz 5 BRAO festgesetzt. Die Festsetzung ist auch im Verhältnis zum Kläger bestandskräftig. Der Einwand des Klägers, er sei am Festsetzungsverfahren nicht beteiligt worden, widerspricht den Feststellungen des angefochtenen Urteils. Das Berufungsgericht hat die Akten der Rechtsanwaltskammer beigezogen. Aus diesen ergab sich, daß der Bescheid über die Festsetzung der Vergütung dem Kläger spätestens am 9. Februar 2004 zugestellt worden ist und der Kläger innerhalb der Monatsfrist des § 223 Abs. 1 BRAO keinen Antrag auf gerichtliche Überprüfung gestellt hat. Die entsprechenden Ausführungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils hat der Kläger nicht durch einen Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffen.

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2. Anschlußrevision des Beklagten

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a) Die Revision des Beklagten ist als Anschlußrevision zulässig. § 554 Abs. 2 Satz 1 ZPO erklärt die Anschlußrevision auch dann für statthaft, wenn „die Revision nicht zugelassen worden ist“. In der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist offengeblieben, ob mit Rücksicht auf die Abhängigkeit der Anschlußrevision von der Hauptrevision ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Streitgegenstand der Hauptrevision und demjenigen der Anschlußrevision bestehen muß (BGHZ 155, 189, 191 f; BGH, Urt. v. 24. Mai 2005 – IX ZR 276/03, z.V.b.). Diese Frage bedarf auch im vorliegenden Fall keiner Entscheidung, weil ein entsprechender Zusammenhang besteht. Sowohl die Haupt- als auch die Anschlußrevision betreffen die Frage, ob und in welchem Umfang der nach §§ 55, 53 BRAO bestellte Abwickler einer Rechtsanwaltskanzlei gegenüber dem Treuhänder im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Rechtsanwalts herausgabepflichtig ist. Die Frist des § 554 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist eingehalten worden.

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b) Die Anschlußrevision bleibt jedoch ohne Erfolg. Der Herausgabeanspruch des Klägers aus § 667 BGB in Verbindung mit § 55 Abs. 3 Satz 1, § 53 Abs. 9 Satz 2 BRAO und § 80 InsO erstreckt sich auch auf das vom Beklagten eingezogene Fremdgeld.

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aa) Entgegen der Ansicht der Anschlußrevision steht das Aussonderungsrecht (§ 47 InsO) der Auftraggeber des Schuldners diesem Anspruch nicht entgegen. Der Herausgabeanspruch der Mandanten aus § 667 BGB richtet sich gegen den Schuldner, den ehemaligen Rechtsanwalt nämlich, in dessen Interesse, für dessen Rechnung und auf dessen Kosten der Beklagte tätig geworden ist (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 9 Satz 1 BRAO). Während seiner Bestellung zum Abwickler der Kanzlei des Schuldners hätte der Beklagte diese Ansprüche befriedigen können und müssen. An Weisungen des Vertretenen ist der Abwickler nicht gebunden (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 Satz 2 BRAO). Nach Ablauf der Bestellung besteht demgegenüber keine Grundlage für ein Handeln des Beklagten namens des Schuldners mehr, wie auch die Gläubiger keine Möglichkeit mehr haben, Zahlungen durch den Beklagten zwangsweise durchzusetzen.

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bb) Daß der Kläger während der Dauer der Abwicklung einer Auszahlung von Fremdgeld an die Berechtigten zu Unrecht widersprochen hat, steht seinem Anspruch auf Herausgabe des aus der Abwicklung Erlangten nach Ablauf der Bestellung des Beklagten nicht entgegen. Gegebenenfalls haftet er den Berechtigten aus § 60 InsO; der Beklagte – der die Auszahlungen trotz des Widerspruchs des Klägers hätte vornehmen müssen (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 Satz 2 BRAO) – kann sich darauf jedoch nicht berufen. Im übrigen war sein eigenes Verhalten nicht weniger widersprüchlich als dasjenige des Klägers; denn er hat seinerseits die Auszahlung an die Mandanten wegen des angeblichen „Insolvenzbeschlages“ des Geldes verweigert.

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c) Die hilfsweise erklärte Aufrechnung mit dem restlichen Vergütungsanspruch des Beklagten ist unzulässig. Über die gesetzlich oder vertraglich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus ist eine Aufrechnung ausgeschlossen, wenn das nach dem besonderen Inhalt des zwischen den Parteien begründeten Schuldverhältnisses als stillschweigend vereinbart angesehen werden muß oder wenn die Natur der Rechtsbeziehung oder der Zweck der geschuldeten Leistung eine Erfüllung im Wege der Aufrechnung als mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) unvereinbar erscheinen läßt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dürfen insbesondere Treuhänder gegen den Anspruch auf Herausgabe des Erlangten nicht beliebig aufrechnen, es sei denn, die Gegenforderungen haben ihren Grund in dem Treuhandverhältnis oder dem Auftrag und den damit verbundenen Aufwendungen (BGHZ 95, 109, 113; 113, 90, 93 f; BGH, Urt. v. 21. Januar 1999 – I ZR 209/96, WM 1999, 1462, 1463).

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aa) Das Fremdgeld, dessen Auskehrung der Kläger verlangt, beruht auf Einziehungsaufträgen, die der Beklagte in seiner Eigenschaft als Abwickler der Kanzlei des Schuldners von dessen Mandanten erhalten hatte. Es mußte an die Mandanten des Schuldners ausgekehrt werden, in deren Auftrag es eingezogen worden war. Diesen gegenüber wäre eine Aufrechnung mit dem Vergütungsanspruch allerdings schon mangels Gegenseitigkeit der beiderseitigen Forderungen unzulässig gewesen; denn der Vergütungsanspruch des Abwicklers richtet sich gegen den Vertretenen, nicht gegen dessen Mandanten (§ 55 Abs. 3, § 53 Abs. 10 Satz 4 BRAO).

27
bb) Auch nach dem Ende der Abwicklungstätigkeit besteht die Zweckbindung des Fremdgeldes fort. Der Anspruch der Mandanten des Schuldners gegen diesen auf Auskehrung der ihnen zustehenden Beträge bleibt unberührt (vgl. für den umgekehrten Fall der Anordnung der Abwicklung OLG Düsseldorf AnwBl. 1997, 226). Der Beklagte ist lediglich nicht mehr berechtigt, für den Schuldner zu handeln; dieser – und für ihn gemäß § 80 InsO der Kläger – muß den Anspruch vielmehr selbst erfüllen. Diese Zweckbindung prägt auch das Rechtsverhältnis der Parteien. Der Beklagte kann sich folglich nicht dadurch, daß er die Ansprüche der Gläubiger pflichtwidrig nicht erfüllt hat, einen Vorteil verschaffen, nämlich die vor dem Ende der Bestellung zum Abwickler nicht bestehende Möglichkeit der Aufrechnung mit seiner Gebührenforderung.

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3. Der Senat sieht Anlaß zu folgendem Hinweis: In den Tatsacheninstanzen hat der Kläger die Auffassung vertreten, nicht zur Aussonderung des vom Beklagten eingezogenen Fremdgeldes verpflichtet zu sein, weil der Beklagte dieses Geld nicht auf einem Anderkonto, sondern auf dem von ihm selbst eingerichteten und auf seinen Namen lautenden Abwicklungskonto verwahrt habe (ebenso Bähr, jurisPR-InsR 2/2005 vom 12. Mai 2005, Anm. 4). Diese Ansicht ist unrichtig. Das Fremdgeld wäre nur dann vom Insolvenzbeschlag erfaßt worden, wenn es sich auf einem Konto des Schuldners befunden hätte. Rechte an einem Konto des Beklagten standen der Masse hingegen nicht zu. Während der Dauer der Abwicklung gehörte das Fremdgeld unter keinem denkbaren Gesichtspunkt zur Masse. Daran ändert sich nichts durch die Herausgabe des Fremdgeldes an den Kläger. Die für den Beklagten geltende Zweckbindung der Treuhand gegenüber den Mandanten des Schuldners hat der Kläger daher in gleicher Weise zu beachten. Das Geld ist ohne weitere Sachprüfung an die Mandanten auszukehren, denen es seit 1999 rechtswidrig vorenthalten wird.

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