AG Köln, Urteil vom 28. Februar 2018 – 144 C 143/15
Zur Arzthaftung wegen erlittener Verbrennungen bei einer MRT-Untersuchung mangels Schutz durch geeignetes Isolationsmaterial
Tenor
1.) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,- Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2014 zu zahlen.
2.) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 29.08.2014 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.
3.) Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,70 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2014 freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4.) Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾.
5.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand
1
Der Kläger, welcher bereits seit dem Jahr 2006 unter zunehmenden Rückenschmerzen litt, wurde von dem einweisenden Arzt, Herrn Dr. T., in die Gemeinschaftspraxis der Beklagten überwiesen, um eine MR diagnostische Untersuchung durchzuführen.
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Unter dem 29.08.2014 wurde der Kläger sodann in der Praxis der Beklagten am Standort Chorweiler, Q. Platz, vorstellig. Nach der üblichen Vorbereitung, wurde eine MRT Untersuchung beim Kläger durchgeführt. Der Kläger war hierbei mit den T-Shirt und einer langen Boxer-Shorts bekleidet. Durchgeführt wurde die Untersuchung von der medizinisch-technischen Röntgenassistentin, der Zeugin U. Dieser fiel nach der Untersuchung auf, dass der Kläger stark geschwitzt hatte. Beim Verlassen der Praxis zeigte der Kläger der am Empfang tätigen medizinischen Fachangestellten, der Zeugin B., eine weißliche Verfärbung beider Daumen. Die Zeugin B. gab dem Kläger zu verstehen, dass dies nicht normal sei und seitens eines Radiologen begutachtet werden müsse. Noch am selben Tag meldete sich der Kläger sodann telefonisch in der Praxis der Beklagten und gab an, dass nunmehr Blasen an den Daumen und am Oberschenkel entstanden seien, die sehr schmerzhaft seien. Der Kläger wurde daher umgehend in die Praxis der Beklagten einbestellt.
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Hierbei wurden Brandblasen an beiden Daumen des Klägers sowie Verbrennungen 2. Grades der Hüfte und der Daumen beidseitig festgestellt. Diese wurden sodann fotografisch festgehalten und es wurde umgehend die chirurgischen Vorstellung in der Praxis des Herrn Dr. Dr. K. veranlasst.
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In Bezug auf die Verbrennungen diagnostizierte Dr. Dr. K. in der ärztlichen Bescheinigung vom 01.09.2014 eine Verbrennung 2. Grades am Grundgelenk Daumen beidseitig streckseitig (1 – 1,5 cm Durchmesser), sowie Verbrennung 2. Grades Hüfte beidseitig (1 – 1,5 cm Durchmesser). Aus dem ärztlichen Attest des Arztes T. vom 17.10.2014 ergibt sich der Befund: Brandwunde Daumen Grundgelenk beidseitig, Brandwunde Hüfte beidseitig mit Rötungen und verbliebene Brandnarben. Als Therapie wurde Analgesie, Bettruhe für 6 Tage und körperliche Schonung angeordnet.
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Die Rechtsanwältin des Klägers forderte die Beklagte mit Schreiben vom 17.10.2014 und unter Fristsetzung bis zum 30.10.2014 erfolglos zur Zahlung eines Schmerzensgeldes auf.
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Der Kläger behauptet, die MRT-Untersuchung im Hause der Beklagten sei kausal für die Verbrennungen des Klägers. Der Kläger behauptet weiter, er habe sich während der Untersuchung nicht bewegt. Er bestreitet, dass sich die Beklagte bzw. deren Mitarbeiterin vor Durchführung der Untersuchung vergewissert habe, dass ein Hautkontakt ausgeschlossen ist. Die Position des Klägers im MRT sei nicht kontrolliert worden, sondern er sei nur in das Gerät geschoben und ihm sei die Notklingel in die Hand gegeben worden. Dann sei die MRT-Untersuchung erfolgt, ohne vorherige Überprüfung der Liegeposition des Klägers. Ebenso wenig sei er über eine mögliche Problematik seiner Kleidung, übermäßigen Schwitzens oder einer Stromschleife aufgeklärt worden.
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Der Kläger behauptet weiter, die Praxis nicht mit den Worten verlassen zu haben, dass er an diesem Tag noch Geburtstag feiern wolle, sondern lediglich für einige Minuten außerhalb der Praxisräume gewesen zu sein, und seine Frau, die mit dem PKW wartete, informiert zu haben. Da er jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits über starke Schmerzen klagte, sei er sodann sofort wieder in die Praxisräumlichkeiten zurückgekehrt. Er habe sich also maximal 1 Minute außerhalb der Praxis befunden.
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Der Kläger behauptet schließlich, aufgrund der Verbrennungen und der Brandblasen habe er über einen längeren Zeitraum hinweg, jedenfalls bis zur Einreichung des PKH-Antrags im März 2015 behandelt werden müssen und die Brandblasen hätten sich auch noch entzündet. Es sei zu weiteren Komplikationen gekommen, da die Brandblasen sich entzündet hätten und nässten. Bis heute seien Narben vorhanden. Das Gewebe habe sich nicht richtig geschlossen, so dass der Kläger bis heute Taubheitsgefühle habe und zwar an beiden Daumen und im Hüftbereich. Auch unter Schmerzen leide er bis heute.
9
Er ist der Ansicht, dass ihm keinerlei Mitverschulden treffe, da er, sobald er einen Schmerz bemerkt habe, den Notknopf habe betätigen wollen, sich in diesem Moment jedoch bereits das MRT abgeschaltet habe.
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Der Kläger beantragt,
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1.) die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, welches ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch nicht 2.000,- Euro unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2014 zu zahlen;
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2.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Ereignis vom 29.08.2014 zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind;
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3.) die Beklagte zu verurteilen, den Kläger von der Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,64 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.10.2014 sowie Rechtsanwaltskosten in Höhe von 78,90 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie behauptet, die kernspintomographische Untersuchung sei in nicht zu beanstandeter Art und Weise erfolgt. Insbesondere könne nicht von den auftretenden Verbrennungen auf eine fehlerhaft durchgeführte Untersuchung rückgeschlossen werden.
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Diese sei vielmehr durch die Zeugin U. unter Anwendung eines technisch einwandfreien Gerätes und Wahrung der jeweiligen Sicherheitsmaßnahmen erfolgt. Im Einzelnen sei der mit Boxer-Shorts und T-Shirt bekleidete Kläger von der Zeugin in Rückenlage auf der Untersuchungsliege platziert worden. Die Hände seien neben den Oberschenkeln zum Liegen gekommen. Dem Kläger sei sodann, wie vorangehend mit der Zeugin U. besprochen, die Notklingel in die Hand gelegt worden. Zudem habe die Zeugin U. darauf hingewiesen, dass es besonders wichtig sei, dass der Kläger sich während der Untersuchung nicht bewege, da ansonsten keine tauglichen MRT-Aufnahmen zur Entstehung gelangten. Nach nochmaliger Überprüfung eines fehlenden Hautkontaktes, sei sodann mit der Untersuchung begonnen worden.
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Zuvor habe der Kläger bereits ein 1. Gespräch mit Herrn Dr. N. geführt, welches sich in erster Linie mit den medizinischen Aspekten der MR-Untersuchung befasst habe. Der Kläger sei sodann von der Zeugin U. in den weiteren Untersuchungsverlauf und die technischen Aspekte der anstehenden Untersuchung eingewiesen worden. Die Aufklärungsrüge des Klägers gehe dementsprechend fehl. Jedenfalls sei davon auszugehen, dass der Kläger eine hypothetische Einwilligung erteilt hätte.
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Die Beklagte behauptet weiter, dass sich Herr Dr. Dr. K. unter dem 02.09.2014 in der Praxis der Beklagten gemeldet habe und telefonisch angegeben habe, der Heilungsverlauf des Klägers gestalte sich unauffällig.
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Die Beklagte trägt vor, in der Fachliteratur sei das Auftreten von strominduzierten Verbrennungen bei MR-Untersuchungen als Folge einer unbeabsichtigt auftretenden Stromschleife als extrem seltene Komplikation bekannt, welche durch die Vermeidung eines Haut-Haut-Kontaktes ausgeschlossen werden könne, und verweist insoweit auf den Aufsatz: Sicherheitsaspekte zur Vermeidung strominduzierter Hautverbrennungen in der MR von Knopp, Metzner, Brix und van Kaick, in der Radiologe 1998, Seiten 559 ff. (Anlage B1). Dieser Empfehlung entsprechend sei in der Praxis der Beklagten die MR-Untersuchung vorgenommen worden.
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Die Beklagte ist der Ansicht, dem Kläger sei ein Mitverschulden gem. § 254 Abs. 1 BGB anzulasten, da er, nachdem er Schmerzen verspürte, nicht die Klingel betätigte. Zudem habe er noch in der Praxis erklärt, in großer Eile zu sein, da er noch am selben Abend seinen Geburtstag feiern wolle. Die Entstehung der Brandblasen hätte aber durch sofortige Kühlung verhindert werden können.
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Unter dem 20.07.2016 hat der Kläger eine Entbindungserklärung von der ärztlichen Schweigepflicht zur Akte gereicht. Des Weiteren überreichte der Kläger eine Aufstellung sämtlicher behandelnden Ärzte sowie deren vollständige Behandlungsunterlagen (siehe Akte mit Behandlungsunterlagen), insbesondere auch der Ärzte Dr. Dr. med. K. und des behandelnden Hausarztes Dr. T.
23
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. med. H. vom 12.09.2017 sowie durch mündliche Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Sachverständigengutachten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 (Bl. 281 ff. d.A.) verwiesen.
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Bezüglich des weiteren Sach- und Streitstandes verweist das Gericht auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.
Entscheidungsgründe
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Dem Kläger steht das begehrte Schmerzensgeld in der zugesprochenen Höhe gem. den §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB zu.
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Die streitgegenständliche Verbrennung an den Daumen und Hüften des Klägers ist behandlungsfehlerhaft herbeigeführt worden. Es liegt ein schuldhafter Behandlungsfehler nach den Grundsätzen des vollbeherrschbaren Risikos vor (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Urteil vom 28.01.2014, Az.: 8 U 116/12). Der Kläger hat zur Überzeugung des Gerichts bewiesen, dass sich sein Gesundheitsschaden in einem Bereich ereignete, der von der Beklagten voll beherrscht werden konnte und musste.
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Nach dem BGH war (in einem Fall, in dem es um das Risiko von Verbrennungen durch einen atypischen Stromfluss ging) zu prüfen, ob die Verbrennung des Klägers sicher hätte vermieden werden können, wenn er ordnungsgemäß gelagert worden wäre. Treffe diese Annahme zu, so habe sich ein Risiko verwirklicht, dass von der Behandlungsseite voll hätte beherrscht werden können und müssen mit der Folge, dass sie hätte beweisen müssen, alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrrungen ergriffen zu haben, um dieses Risiko zu vermeiden (BGH, Urteil vom 26.09.2017, Az.: VI ZR 529/16).
28
Dies ist der Beklagten, zur Überzeugung des Gerichts auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen H. sowie dessen mündliche Anhörung in der mündlichen Verhandlung, nicht gelungen. Denn dafür hätte der Kläger so gelagert werden müssen, dass das Risiko einer Verbrennung durch Isolierung d.h. so genanntes padding ausgeschlossen wird.
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Zunächst geht das Gericht davon aus, dass die Verbrennungen kausal durch die streitgegenständliche MRT-Untersuchung der Beklagten verursacht wurden. Hierzu führt der Sachverständige in seinem Gutachten vom 12.09.2017 aus, dass es sich um typische Verbrennungen im Rahmen eines Hautkontaktes bei der Bildung einer Körperschleife handelt. Dies sei eine sehr seltene Komplikationen im Rahmen einer MRT-Untersuchung, die jedoch 69 % der in den USA berichteten MR bedingten Verletzungen der FDA (federal drug/Administration) trifft. Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei um eine seltene Komplikation handelt, sind diese laut Sachverständigem auch nicht in den Aufklärungsbögen über die üblichen Risiken und Nebenwirkungen der MRT aufgeführt.
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Anknüpfungspunkt für einen schuldhaften Behandlungsfehler ist demgegenüber, dass bei dem Kläger kein sogenanntes padding durchgeführt wurde. Dabei werden, um Patienten vor solch möglichen Verbrennungen zu schützen, entsprechende Körperteile, durch geeignetes Isolationsmaterial wie Schaumstoff getrennt.
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Hierzu heißt es im Gutachten, aufgrund der eingetretenen Verbrennung des Klägers müsse von einem engen Kontakt, respektive Hautkontakt, der entsprechenden Körperstellen zueinander ausgegangen werden. Eine zusätzliche Isolierung der entsprechenden Körperstellen, nämlich Hände und Hüften, während der Lagerung des Patienten, dürfte somit laut Sachverständigem nicht erfolgt sein und wurde von der Beklagten auch nicht vorgetragen. Eine solche wäre jedoch, zur Überzeugung des Gerichts, erforderlich gewesen: Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vom 10.01.2018 ausgeführt, dass auch, wenn an den betroffenen Stellen Kleidung gewesen wäre, nicht hätte ausgeschlossen werden können, dass es zu Verbrennungen kommt. Die einzige Maßnahme als Schutz gegen diese sogenannten kissing burns, sei Schaumstoff zwischen die betreffenden Körperstellen anzubringen, also sogenanntes padding vorzunehmen. Ein Tuch reiche hierfür gerade nicht aus.
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Soweit die Beklagte ausführt, dass es sich hierbei nur um eine Empfehlung handelt und es an anderer Stelle im Gutachten heiße „es wäre durchaus ausreichend, dass Risiko durch eine entsprechend geeignete Lagerung und ggfls. Isolierung zu eliminieren, verbunden mit der Anweisung an den Patienten, sich nicht zu bewegen und mit Hinweis auf eine sonst mögliche Verbrennung“, so ist zunächst darauf zu verweisen, dass eine geeignete Lagerung und zusätzlich der Hinweis auf eine sonst mögliche Verbrennung, auch nach Beklagtenvortrag nicht durchgeführt worden ist. Die Beklagte trägt lediglich vor, die Mitarbeiterin der Beklagten habe dem Kläger nach Lagerung mitgeteilt, so liegen zu bleiben, damit die Bilder gut werden.
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Auf Nachfrage des Gerichts, ob es ausreichend sei, wenn die Mitarbeiterin der Beklagten dem Kläger nur gesagt hätte, er solle die Arme hinlegen und sich nicht bewegen erklärte der Sachverständige, dass dies nicht ausreichend sei. Wenn dem Patienten nicht mitgeteilt würde, dass ein Verbrennungsrisiko bestehe, würde er Isolierungen anbringen. In dem Krankenhaus, in welchem er selber tätig sei, würde das auch dann gemacht, wenn sich Körperteile nur potenziell berühren können. Dem Einwand der Beklagtenseite, dass in dem schriftlichen Gutachten nur von einer Empfehlung gesprochen worden sei, Isolationsmaterial anzubringen, entgegnete der Sachverständige indem er sagte, dass, wenn man sicher gehen wolle, dass nichts passiere, Isolationsmaterial eingesetzt werden müsse, denn sonst könne man nie 100 % sicher sein. Hierbei berufe er sich auf Studien für den amerikanischen Markt. Die Physik sei ja aber in Deutschland genau die gleiche. Mit Sicherheit ausgeschlossen werden könne das Verbrennungsrisiko nur, wenn zwischen den Körperteilen Material angebracht werde.
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Auf erneute Nachfrage, ob man abweichend von seinem schriftlichen Gutachten beides machen müsse, also eine ordnungsgemäße Lagerung vornehmen und isolieren, erklärte der Gutachter, dass es von der eigenen Risikobereitschaft abhänge, aber wenn man 100 %-ig sicher gehen wolle, müsse man isolieren. In den Fällen in denen nichts passiere, hätten die Leute einfach nur Glück.
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Auf Nachfrage des Bekl.-Vertr., ob er etwas dazu sagen könne, was in den Praxen Standard ist, erklärte der Gutachter, dass er dies nicht sagen könne, allerdings nach den MRI-Safety-Standards, isoliert werden müsse.
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Nach diesen Ausführungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass es sich vorliegend um einen schuldhaften Behandlungsfehler nach den Grundsätzen des voll beherrschbaren Risikos handelt. Denn nach Auffassung des Gerichts wäre die Beklagte vorliegend verpflichtet gewesen, Isolationsmaterial anzubringen. Nur so konnte sie sicher gehen, dass eine Verbrennung, wie im vorliegenden Fall, nicht erfolgen kann. Da sich demgemäß also ein Risiko verwirklicht hat, dass von der Behandlungsseite voll beherrscht werden kann und muss, hätte sie beweisen müssen, dass alle erforderlichen organisatorischen und technischen Vorkehrungen ergriffen wurden, um dieses Risiko zu vermeiden (vgl. BGH, Urteil vom 26.09.2017, Az.: VI ZR 529/16). Unstreitig ist jedoch, dass die Beklagte keine Isolierung, also kein sogenanntes „padding“ vornahm.
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Das Gericht folgt den Ausführungen des Sachverständigen und hält diese insbesondere auch nicht für widersprüchlich. Der Sachverständige hat überzeugende und von Sachkenntnis geprägte Ausführungen zunächst in seinem Gutachten gemacht und diese dann in der mündlichen Anhörung nochmals im Einzelnen erörtert. Dabei ist er im Rahmen der mündlichen Anhörung auf die Bedenken der Beklagtenseite eingegangen und hat die an ihn gerichteten Nachfragen detailreich und überzeugend beantwortet.
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Darauf angesprochen, dass er im Gutachten zunächst eine Isolierung oder eine Lagerung plus Aufklärung über die Verbrennungsgefahr empfohlen hat, dann jedoch in der mündlichen Verhandlung als einzig 100 %-ig sichere Möglichkeit die Isolierung, also das sogenannte „padding“ angegeben hat, hat er dies bestätigt und nochmals plausibel und nachvollziehbar erklärt, warum allein eine Isolierung geeignet ist eine Verbrennungen sicher zu vermeiden. Er hat seine Unsicherheit in Bezug auf die gängige Praxis in den niedergelassenen Arztpraxen eingeräumt, jedoch gleichzeitig ausgeführt, dass in dem Krankenhaus, in welchem er selbst tätig ist, in jedem Falle eine Isolierung vorgenommen wird. Insofern kann das Gericht hier keinen Widerspruch erkennen, sondern hält die Schilderungen des Sachverständigen insofern für nachvollziehbar und überzeugend. Eigene Unsicherheiten etwa in Bezug auf die Handhabung niedergelassener Ärzte im Vergleich zu Krankenhäusern hat er offen eingeräumt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass sich der Sachverständige auf Studien über den amerikanischen Markt bezieht. Hierzu führte der Sachverständige aus, dass Studien, welche dem medizinischen Standard betreffen, insoweit nur für die USA existieren, die jedoch insoweit Deutschland oft voraus seien. Die Physik in Deutschland sei jedoch dieselbe. Auch insoweit schließt sich das Gericht den plausiblen Ausführungen des Sachverständigen an. Zudem wird selbst in dem von der Beklagten zitierten Aufsatz (Sicherheitsaspekte zur Vermeidung strominduzierter Hautverbrennungen in der MR von Knopp, Metzner, Brix und van Kaick, in der Radiologe 1998, Seiten 559 ff. (Anlage B1 im Anlagenheft) folgendes Fazit gezogen:
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„( … ) Solche Verbrennungen durch induzierte Ströme lassen sich allerdings vermeiden, indem das Auftreten von punktuellen Haut-Haut-Kontakt ausgeschlossen wird. Wir empfehlen daher, eine mögliche punktuelle Berührung, insbesondere der Extremitäten auszuschließen. Dies kann einfach durch Schaumstoffkeile, Decken oder Kleidungsstücke etc. bei der Patientenlagerung erreicht werden“.
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Ebenso folgt das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen in Bezug auf ein potentielles Mitverschulden des Klägers.
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Dieser führt in seinem Gutachten aus, dass eine frühere Vorstellung des Patienten beim Radiologen, die Folgen der vom Kläger erlittenen Verbrennungsverletzungen wahrscheinlich nicht wesentlich reduziert hätte, da davon ausgegangen werden kann, dass der Verbrennungsschaden zu diesem Zeitpunkt bereits eingetreten war. Weiter führt er aus, dass ein früheres Reagieren auf die Verbrennung während der MRT-Untersuchung seitens des Patienten aufgrund der anfänglich fehlenden oder nur geringen Schmerzsensation nicht zu erwarten war. Es werde angenommen, dass die Verbrennungen im Rahmen der im vorliegenden Fall anzunehmenden Körperschleife, von dem Patienten zunächst überhaupt nicht bemerkt werden. Solche Verbrennungen erfolgten nicht direkt an der Haut, sondern vornehmlich im unter der Haut gelegenen Fettgewebe. Da hier keine Schmerzrezeptoren vorhanden seien, nehme der Patient die Verbrennung zunächst gar nicht wahr. Es sei daher glaubhaft und nachvollziehbar, dass der Patient erst mit Verzögerung die erlittene Verbrennung bemerkte, obwohl er bereits erste Hautveränderung einer der Angestellten der Beklagten zeigte. Es sei davon auszugehen, dass der Verbrennungsschaden bereits eingetreten war und auch eine frühere Intervention seitens des Radiologen keinen wesentlichen Einfluss mehr auf seinen natürlichen Verlauf der Verbrennungsverletzungen gehabt hätte. Ein Mitverschulden des Klägers nach § 254 BGB kann das Gericht auf dieser Grundlage nicht erkennen.
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Nach dem oben gesagten kann der Kläger gem. § 253 Abs. 2, Schmerzensgeld in der zugesprochenen Höhe fordern. Unstreitig und nach Befreiung der ärztlichen Schweigepflicht und Vorlage der Behandlungsunterlagen, litt der Kläger an Hüften und Daumen an Verbrennungen 2. Grades beidseitig mit einem Durchmesser von 1 – 1,5 cm. Ein Vergleich mit der Schmerzensgeldtabelle ergibt, dass der zugesprochene Betrag insoweit angemessen ist. Orientierungshilfe hat das Gericht dabei an der Schmerzensgeldtabelle von Jaeger/Luckey, Schmerzensgeld, 9. Auflage, 2018, Abs. 2, besondere Verletzungen, Verbrennungen/Verätzungen, genommen. Danach hat etwa das Landgericht Bonn im Urteil vom 19.06.2015, Az.: 9 O 234/15, bei einer Verbrennung am Sprunggelenk ein Schmerzensgeld von 2.500,- Euro für angemessen gehalten. Eine Verbrühung der Hand 2. Grades, ist vom OLG Celle im Urteil vom 17.06.2010, Az.: 8 O 25/10, mit einem Schmerzensgeld von 1.800,- Euro bemessen worden.
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Durch das Schmerzensgeld soll der Verletzte einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Leiden erhalten und in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen jedenfalls teilweise ausgleichen (Palandt, BGB, 71. Auflage, § 253 Rn. 4). Dabei hat sich das Gericht an der Genugtuungs- und Ausgleichfunktion des Schmerzensgeldes zu orientieren. Maßgebend für die Bemessung des Schmerzensgeldes sind im Wesentlichen die Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH NJW 1998, 2741). Dabei steht die mit der Verletzung verbundene Lebensbeeinträchtigung im Verhältnis zu den anderen zu berücksichtigen Umständen an der Spitze. Denn Heftigkeit und Dauer der Schmerzen und Leiden bilden das ausschlaggebende Moment für den angerichteten immateriellen Schaden (BGH NJW 2004, 1243). Vorliegend war die besondere Bedeutung der Hände und insbesondere der Daumen zu berücksichtigen. Darüber hinaus war – anders als bei den oben zitierten Entscheidungen – jeweils nicht nur ein Körperteil betroffen, sondern sowohl beide Hände, als auch beide Hüften und damit insgesamt vier Stellen. Zugleich waren die betroffenen Stellen mit einem Durchmesser von 1 – 1,5 cm von der Größe her relativ gering. Nach einer Abwägung unter Berücksichtigung der Funktion des Schmerzensgeldes erachtet das Gericht daher für die streitgegenständlichen Verbrennungen 2. Grades an den beiden Daumen sowie an den Hüften, ein Schmerzensgeld von 1500,- Euro für angemessen aber auch ausreichend.
44
Der Antrag auf Feststellung ist ebenfalls zulässig und begründet.
45
Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ist gegeben. Künftige Schadensfolgen sind möglich. Des Weiteren sind Verletzungsfolgen, die im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar ist, von dem Schmerzensgeldbegehren nicht umfasst. Der in zulässiger Weise gestellte Feststellungsantrag ist auch begründet. Aufgrund der körperlichen Beeinträchtigung wurde in ein absolut geschütztes Rechtsgut des Klägers eingegriffen und für die Zukunft sind weitere Verletzungsfolgen möglich.
46
Der Anspruch auf Freistellung von Rechtsanwaltskosten ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges, nachdem die Rechtsanwältin des Klägers die Beklagte erfolglos zur Zahlung unter Fristsetzung aufgefordert hat. Hiervon war der Kläger jedoch nur anteilig in Höhe der zugesprochenen Forderung freizustellen.
47
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
48
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB bzw. in Bezug auf die Rechtsanwaltskosten aus den §§ 288, 291 BGB.
49
Streitwert: 2.300,- Euro.
50
Der Streitwert setzt sich zusammen aus dem vom Kläger geforderten Mindestbetrages eines Schmerzensgelds in Höhe von 2.000,- Euro und dem Feststellungsantrag in Höhe von 300,- Euro.