Zur Arbeitnehmerhaftung bei Verkehrsunfall des Arbeitnehmers mit Mietfahrzeug seines Arbeitgebers

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 06.03.2014 – 4 Sa 295/13

Zur Arbeitnehmerhaftung bei Verkehrsunfall des Arbeitnehmers mit Mietfahrzeug seines Arbeitgebers

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom
17.07.2013 – 4 Ca 270/13 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise
abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.691,03 nebst Zinsen in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 30.07.2012 zu zahlen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt 65 %, der Beklagte 35 % der Kosten des Rechtsstreits (beide Rechtszüge).
Die Revision wird für die Parteien nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung auf der Grundlage eines gepfändeten vermeintlichen Freistellungsanspruches, der einem beim Beklagten beschäftigten
Arbeitnehmer zustehen soll. Der Beklagte begehrt von der Klägerin widerklagend die
Rückzahlung einer von ihm geleisteten Selbstbeteiligung wegen eines Verkehrsunfalls.
Die Klägerin ist eine überregionale Autovermieterin. Sämtliche von ihr vermieteten
Fahrzeuge sind lediglich haftpflichtversichert, eine Vollkaskoversicherung besteht
nicht. Der Beklagte betreibt eine Spedition. Er beschäftigt seit dem 01. Oktober 2010
den Arbeitnehmer K… als Fahrer in Vollzeit und zahlt dafür eine Vergütung in Höhe
von brutto 1.250,00 EUR. Der Arbeitnehmer K… ist 1973 geboren, verheiratet und
laut Lohnsteuerkarte einem Kind zum Unterhalt verpflichtet.

Am 01. September 2011 mietete der Beklagte über die H-M… GmbH bei der Klägerin
einen in deren Eigentum stehenden LKW des Typs Mercedes Benz Atego. Es handelte sich dabei um ein Ersatzfahrzeug, welches der Beklagte im Austausch für ein in der Werkstatt befindliches Fahrzeug erhielt. Als optionale Leistung vereinbarte er mit
der Klägerin die Option Haftungsbegrenzung für Schäden am Mietwagen (CDW) mit
einer Selbstbeteiligung in Höhe von 1.100,00 Euro.

In den Mietbedingungen der Klägerin, die Inhalt des Mietvertrages mit dem Beklagten wurden, heißt es zur Haftung bei Verlust oder Beschädigung:
„4.1 Vorbehaltlich etwaiger Abzüge aufgrund der von Ihnen gewählten
Optionen gemäß Ziffer 4.2 haften Sie uns gegenüber für sämtliche Schäden und Kosten, die uns im Falle eines Verlustes, einer Beschädigung oder eines Diebstahls des Fahrzeuges, seiner Teile oder seines Zubehörs während des Mietverhältnisses entstehen. Die Haftung kann die Kosten für Reparaturen, Wertverluste des Fahrzeugs, entgangene Mieteinkünfte,
Abschlepp- und Lagerungskosten sowie eine Bearbeitungsgebühr umfassen, welche ggf. unsere Kosten für die Bearbeitung eines Anspruches aus dem Schaden am Fahrzeug deckt, sofern der Schaden nicht in unserem Verantwortungsbereich liegt oder nicht durch einen Dritten oder dessen Versicherer festgestellt wurde, dass er im Verantwortungsbereich des
Dritten liegt. Im Schadenfall werden wir versuchen, das Fahrzeug so schnell wie möglich zu reparieren. Sie haften uns gegenüber nicht für Kosten oder Schäden, wenn der Verlust oder der Schaden unmittelbar auf unser Verschulden oder unsere Verletzung dieses Vertrages zurückzuführen ist oder wenn Sie nachweisen können, dass der Verlust oder Schaden von Ihnen nicht vorsätzlich oder fahrlässig verursacht wurde.

4.2 Sofern Sie sämtliche Bedingungen dieses Mietvertrages einhalten, keine
unsachgemäße Bedienung vorliegt und sofern der Verlust, Schaden oder
Diebstahl nicht vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit Ihrerseits oder seitens eines berechtigten Fahrers, oder durch einen nicht berechtigten Fahrer verursacht wird, kann ihre Haftung folgendermaßen beschränkt werden:

4.2.1 …

4.2.2 wenn Sie die Option Haftungsbegrenzung für Schäden am Mietwagen (CDW) wählen, indem Sie die angegebene Tagesgebühr zahlen, wird Ihre Haftung für Verlust oder Beschädigung des Fahrzeuges, seiner Teile oder seines Zubehörs für jeden solchen einzelnen Schadenfall – mit Ausnahme von Diebstahl, versuchtem Diebstahl oder Vandalismus – auf die im Rental Record angegebene Selbstbeteiligung beschränkt und
4.2.3 …“

In der Folgezeit setzte der Beklagte den LKW in seinem Speditionsbetrieb ein. Am
11. Oktober 2010 verursachte der Mitarbeiter K… als Fahrer dieses Fahrzeuges einen schweren Verkehrsunfall. Dieser ereignete sich, als K… gegen 9:50 Uhr mit dem
LKW die K37 aus B… kommend in Richtung P… befuhr. Diese K 37 kreuzt in W…
die L234, auf welcher sich zur selben Zeit die Unfallbeteiligte K… näherte. An der
Kreuzung der K37 zur L 234 befindet sich ein Stoppschild, der Arbeitnehmer K… war
wartepflichtig. Er übersah das Stoppschild und fuhr mit zügiger Geschwindigkeit in
den Kreuzungsbereich ein. Erst als er bereits mit dem gesamten LKW im Kreuzungsbereich war, bemerkt er die Unfallbeteiligte K… und versuchte ihr auszuweichen. Diese versuchte ihrerseits durch eine Vollbremsung eine Kollision zu verhindern, was ihr auf regennasser Fahrbahn misslang. Sie prallte frontal mit ihrem PKW
in das Heck/den Unterfahrschutz und die Hydraulikeinrichtung der Heckklappe des
LKW´s. Wegen der weiteren Einzelheiten des Unfalls wird Bezug genommen auf die
Verkehrsunfallanzeige und den Unfallbericht (Blatt 17 bis 28 der Akte).
Die Klägerin beziffert den ihr entstandenen Schaden mit 14.974,38 EUR. Dieser setzt
sich zusammen aus einem vom Sachverständigen ermittelten Schaden am Fahrzeug
in Höhe von 14.342,46 EUR (Wiederbeschaffungswert abzgl. Restwert), einen Mietausfallschaden für 14 Tage in Höhe von 541,52 EUR, Kosten für die Abmeldung des
beschädigten Fahrzeuges sowie Neuanmeldung des Ersatzfahrzeuges in Höhe von
60,00 EUR und Aufwendungen für Schreibauslagen, Telefonkosten etc. in Höhe von
30,00 EUR.

Der Beklagte zahlte darauf die Selbstbeteiligung in Höhe von 1.100,00 EUR.
Die Klägerin nahm den Fahrer K… auf eine Restforderung in Höhe von 12.882,06
EUR in Anspruch, nachdem sie zuvor von einem Haftungsbetrag in Höhe von
13.982,06 EUR ausgegangen war. Gegen den Arbeitnehmer K… erging ein Vollstreckungsbescheid in Höhe von 12.882,06 EUR, der rechtskräftig wurde (Amtsgericht H… Az: 12 – 5585190 – 1 – 7). Zahlungen erfolgten darauf seitens des Arbeitnehmers K… nicht.

Die Klägerin pfändete auf der Grundlage dieses Vollstreckungsbescheides die angebliche Forderung des Arbeitnehmers K… „auf Zahlung / Erstattung der Schadenersatzansprüche wegen der Inanspruchnahme durch die H…-Autovermietung GmbH aus dem Unfallereignis vom 11.10.2011 mit dem H…-Mietvertrag DN-HL-9084 (Arbeitnehmer-Haftungsprivileg)“.

Dem Beklagten wurde der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss am 30. Juli 2012
zugestellt.

Die Klägerin hat gemeint, der Arbeitnehmer K… habe den Unfall grob fahrlässig verschuldet, weil er über einen längeren Zeitraum auf das Stoppschild zugefahren sei
und dieses nicht beachtet habe, sondern mit zügiger Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich eingefahren sei. Trotz dieses grob fahrlässigen Handelns habe K… – so
meint die Klägerin – gegen den Beklagten einen Freistellungsanspruch in Höhe von
75 % der titulierten Hauptforderung von 12.882,06 EUR. Der Beklagte habe ihr deshalb aus gepfändetem Recht einen Betrag in Höhe von 9.661,54 EUR zu zahlen.

Trotz grober Fahrlässigkeit habe K… einen Freistellungsanspruch, weil ein Missverhältnis bestehe zwischen der Höhe des Schadens und seinem Bruttomonatsverdienst. Zudem sei zu beachten, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers K… als Kraftfahrer naturgemäß ein hohes Haftungspotenzial berge. Es komme aufgrund der hohen Sorgfaltsanforderungen im Straßenverkehr durchaus häufiger vor, dass Schadensfälle grob fahrlässig verursacht würden. Eine Freistellungsquote in Höhe von 75 % sei angemessen. Der Arbeitnehmer K… werde dann im Ergebnis mit lediglich ca. drei Monatsgehältern am Schaden beteiligt.

Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.661,54 EUR nebst
5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem
30.07.2012 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, eine Zahlungsverpflichtung aus dem Unfallereignis
bestehe ihm gegenüber nicht. Er habe eine Haftungsbegrenzung für Schäden an
dem Mietfahrzeug gewählt und könne deshalb von der Klägerin jedenfalls nicht über
die Eigenbeteiligung von 1.100,00 EUR hinaus in Anspruch genommen werden. Der
Arbeitnehmer K… sei nicht sein Repräsentant gewesen, sein Handeln sei ihn – Beklagten – nicht zuzurechnen. Im Übrigen habe der Arbeitnehmer K… auch keinen
Freistellungsanspruch, denn er habe den Unfall grob fahrlässig verursacht. Es bestehe keine Veranlassung, deshalb aus sonstigen Gründen die Haftung des Arbeitnehmers zu begrenzen. Selbst wenn der Arbeitnehmer K… den gesamten Schaden tragen müsse, werde damit noch nicht ein Jahresgehalt überschritten.

Der Beklagte hat widerklagend von der Klägerin die Rückzahlung der von ihm geleisteten Selbstbeteiligung in Höhe von 1.100,00 EUR begehrt. Er hat dies damit begründet, die Klausel in Ziffer 4.2.2 der Mietbedingungen verstoße gegen § 307 Abs. 2
BGB. Denn die Zurechnung vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens eines
berechtigten Fahrers sei nicht mit dem Grundgedanken des § 81 Abs. 1 VVG in Einklang zu bringen. Denn er habe als Mieter eine entgeltliche Haftungsreduzierung
nach Art einer Vollkaskoversicherung abgeschlossen und darauf vertraut, dass die
Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz
entspreche, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Demnach verletze die Haftung
für das Verhalten des Fahrers den Regelungsgehalt des § 81 Abs. 1 VVG. Ähnlich
wie ein Vollkaskoversicherter müsse er sich als Mieter nicht unter Berücksichtigung
des Gedankens aus § 81 Abs. 1 VVG das Verhalten seines Fahrers zurechnen lassen, denn dieser sei nicht sein Repräsentant. Auch verletze die Regelung in den
Mietbedingungen, wonach bei grober Fahrlässigkeit der Versicherungsschutz entfalle, die Vorschrift des § 81 Abs. 2 VVG, die bei grober Fahrlässigkeit den Versicherer
und damit entsprechend hier die Vermieterin lediglich berechtige, die Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden
Verhältnis zu kürzen. Wegen des Verstoßes der Klausel gegen § 307 Abs. 2 BGB sei
er daher überhaupt nicht zum Schadenersatz gegenüber der Klägerin verpflichtet,
weshalb er auch nicht die Eigenbeteiligung habe zahlen müssen.

Der Beklagte hat beantragt,
die Klägerin zu verurteilen, an ihn 1.100,00 EUR nebst
Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2013 zu zahlen.

Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur
Unwirksamkeit solcher Klauseln führe nicht dazu, dass die Eigenbeteiligung nicht
mehr zu zahlen sei. Diese bleibe vielmehr davon unberührt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, wegen des grob
fahrlässigen Verhaltens des Arbeitnehmer K… habe dieser keinen Freistellungsanspruch gegen den Beklagten. Die Widerklage sei begründet, weil die verwendete
Klausel wegen § 307 Abs. 2 BGB unwirksam sei und folglich der Beklagte ohne rechtliche Verpflichtung die Selbstbeteiligung gezahlt habe.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 23. August 2013 zugestellte Urteil am 29. August
2013 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 25. November 2013 am 19. November 2013 mit Fax – und am 20. November
2013 mit Originalschriftsatz begründet.

Die Klägerin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie meint, der
Arbeitnehmer K… habe trotz seines grob fahrlässigen Verhaltens einen Freistellungsanspruch gegen den Beklagten. Dieser folge aus der nur geringen monatlichen
Vergütung und der potenziell gefährlichen Tätigkeit als Teilnehmer im Straßenverkehr. Eine Freistellungsquote in Höhe von 75 % sei angemessen. Die Widerklage sei
unbegründet. Eine etwaige Unwirksamkeit der vereinbarten Klauseln zur Haftungsbeschränkung führen nicht dazu, dass die Eigenbeteiligung ebenfalls nicht zu leisten sei. Fragen der Repräsentantenhaftung seien in diesem Zusammenhang völlig unerheblich.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 17.07.2013 – 4
Ca 270/13 – zu ändern und
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 9.661,54 EUR
nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit
dem 30.07.2012 zu zahlen und
2. die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung und meint, angesichts des grob fahrlässigen Verhaltens des Arbeitnehmers K… bestehe keine Veranlassung, ihn von
dem eingetretenen Schaden freizustellen. Dies gelte auch angesichts der Höhe des
Schadens. Denn dieser erreiche keine 12 Monatsgehälter. Im Übrigen sei die Selbstbeteiligung Teil des Schadenersatzanspruches. Wenn er aber überhaupt keinen
Schadenersatz schulde, dann bestehe auch kein Anspruch auf die vermeintliche
Selbstbeteiligung. Das Handeln des Fahrers müsse er sich nicht zurechnen lassen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird Bezug
genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.
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Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie auch zum Teil Erfolg. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 2.691,03 EUR.
Die Widerklage ist unbegründet. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen insoweit eine
Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.

A.
Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus gepfändetem Recht einen Anspruch auf
Zahlung von 2.691,03 EUR. Denn der Arbeitnehmer K…, dessen Freistellungsanspruch von der Klägerin gepfändet wurde, hatte gegen den Beklagten aus dem mit
ihm geschlossenen Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 242 BGB einen Anspruch auf
Freistellung durch die Klägerin in Höhe eines Betrages von 2.691,03 EUR aus dem
Unfallereignis. Dieser Freistellungsanspruch wandelte sich zu Gunsten der Klägerin
in einen Zahlungsanspruch um, nachdem sie den Freistellungsanspruch pfändete
und sich zur Einziehung überweisen ließ mit der Folge, dass sie unmittelbar gegen
den Beklagten vorgehen konnte. Denn gemäß § 836 Abs. 1 ZPO wird mit der Pfändung und Überweisung der Gläubiger – Klägerin – berechtigt, auf Leistung an sich zu
klagen und mit Erfüllungswirkung anzunehmen. Der Anspruch der Klägerin war allerdings nicht in voller Höhe begründet. Denn einerseits war zu berücksichtigen, dass
die Klägerin gegen den Arbeitnehmer K… – sofern er sich gegen seine Inanspruchnahme verteidigt hätte – allenfalls gemäß § 823 Abs. 1 BGB einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 50 % der Forderung, also EUR 6.441,03 gehabt hätte. Dies ergibt sich aus der zu Gunsten des Arbeitnehmers K… im Verhältnis zur Klägerin entsprechend anzuwendenden Vorschrift des § 81 Abs. 2 VVG (dazu nachfolgend I.).

Dieser Schadenersatzanspruch der Klägerin gegen den Arbeitnehmer K… ist dann
andererseits Grundlage für den Freistellungsanspruch, wobei die Haftung des Arbeitnehmer K… im Verhältnis zum Beklagten dabei zu begrenzen ist auf drei Bruttomonatsgehälter, also 3.750,00 EUR, weshalb sich der Freistellungsanspruch auf insgesamt 2.691,03 EUR läuft. (dazu nachfolgend II.) Schließlich erweist sich die Inanspruchnahme des Beklagten durch die Klägerin auch nicht als treuwidrig (dazu nachfolgend III.)

I. Der Umfang des Freistellungsanspruches des Arbeitnehmers K… gegen den Beklagten wird zunächst begrenzt durch die Höhe der berechtigten Inanspruchnahme
des Arbeitnehmers K… durch die Klägerin. Nicht entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer K… sich nicht gegen den Vollstreckungsbescheid in Höhe von 12.882,06
EUR wehrte. Es ist vielmehr zu prüfen, in welcher Höhe die Klägerin den Arbeitnehmer K… gemäß § 823 Abs. 1 BGB auf Schadenersatz hätte in Anspruch nehmen
können, wenn dieser sich sachgerecht dagegen verteidigt hätte. Denn gegenüber
dem Beklagten könnte sich der Arbeitnehmer K… auf einen Freistellungsanspruch
nur in der Höhe berufen, die er auch bei sachgerechter Verteidigung gegenüber der
Klägerin hätte erreichen können. Dies folgt im Verhältnis zwischen dem Arbeitnehmer K… und dem Beklagten aus der entsprechenden Anwendung der §§ 254, 242
BGB. Dies ist im Übrigen keine Frage der Anwendung der Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung im Verhältnis zu dem Drittgeschädigten, sondern schlicht die Prüfung, in welcher Höhe die Klägerin direkt den Arbeitnehmer K… überhaupt in Anspruch nehmen durfte. Eine entsprechende Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG auch im
Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Arbeitnehmer K… hätte bei einer streitigen
Auseinandersetzung dazu geführt, dass die Klägerin den Arbeitnehmer K… gemäß §
823 Abs. 1 BGB nur in Höhe von 50 % der Forderung hätte in Anspruch nehmen
können, also lediglich in Höhe von 6.441,03 EUR. Dazu im Einzelnen:

1. Der Beklagte hat mit der Klägerin in den Mietbedingungen 4.2 eine entgeltliche
Haftungsreduzierung als Mieter nach einer Art Vollkaskoversicherung vereinbart,
wonach der Beklagte als Mieter darauf vertrauen durfte, dass die Reichweite des
mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen dem Schutz entspricht, den
er als Eigentümer des Kraftfahrzeugs und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt
der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu
und Glauben erwachsenen Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu
berücksichtigen. (BGH, Urteil vom 11.10.2011 – VI ZR 46/10 -, zitiert nach Juris)

In der Fahrzeugvollversicherung ist – wie auch sonst im Versicherungsvertragsrecht –
eine Vertragsbestimmung in allgemeinen Geschäftsbedingungen, wonach der Versicherungsnehmer voll haftet, wenn er den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, regelmäßig gemäß §§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam
(BGH, Urteil vom 11.10.2011 – VI ZR 46/10, zitiert nach Juris Rn. 12). Bei einer solchen unwirksamen Klausel über den Haftungsvorbehalt bei grober Fahrlässigkeit gilt
gemäß § 306 Abs. 1 BGB dann der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung des §
81 Abs. 2 VVG, wonach bei grober Fahrlässigkeit der Versicherer lediglich berechtigt
ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. (BGH, Urteil vom 11.10.2011 – XI ZR
46/10 -, zitiert nach Juris Rn. 16)

Die Regelung in Abschnitt 4.2 der Mietbedingungen, wonach die Klägerin bei grober
Fahrlässigkeit des Beklagten oder eines berechtigten Fahrers den Mieter im vollen
Umfang in Anspruch nehmen kann, ist daher gemäß § 307 Abs. 2 BGB unwirksam,
was zur Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG im Verhältnis zwischen dem Beklagten
und der Klägerin.

2. Entscheidend ist dann, dass – obwohl dies nicht ausdrücklich in den Mietbedingungen geregelt ist – der Arbeitnehmer K… sich bei der direkten Inanspruchnahme
auf Schadensersatz durch die Klägerin auch auf die Regelung des § 81 Abs. 2 VVG
hätte berufen können mit der Folge, dass die Klägerin ihn nicht im vollen Umfang auf
Schadenersatz hätte in Anspruch nehmen können. Denn die Erwartung einer der
Fahrzeugvollversicherung entsprechenden Vertragsgestaltung besteht bei Kraftfahrzeugmietverträgen mit entgeltlicher Haftungsreduzierung auch hinsichtlich des Verhaltens eines Fahrers, dem der Mieter berechtigterweise das Mietfahrzeug überlässt.
Dem berechtigten Fahrer – hier dem Arbeitnehmer K… – wird daher der gleiche Umfang der Haftungsfreistellung gewährt wie dem Mieter (BGH, Urteil vom 11.10.2011 –
XI ZR 46/10, zitiert nach Juris Rn. 14).

Zwar ist in den Mietbedingungen nicht ausdrücklich vorgesehen, dass dem berechtigten Fahrer bei einer direkten Inanspruchnahme durch den Vermieter der gleiche Umfang der Haftungsfreistellung gewährt wird wie dem Beklagten als Mieter. Jedoch ist
insoweit entscheidend der Erwartungshorizont des Beklagten als Mieter, der auch die
Mitversicherung des berechtigten Fahrers, also des Arbeitsnehmers K…, einschließt.
Denn andernfalls würde die Haftungsfreistellung des Mieters möglicherweise wirkungslos sein, wenn er den Fahrer etwa nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen freistellen müsste. Deshalb kann sich der berechtigte Fahrer – hier der Arbeitnehmer K… –
bei der Inanspruchnahme durch die Klägerin auch ohne ausdrückliche Abrede in den
Mietbedingungen zwischen der Klägerin und dem Beklagten auf eine identische „Mitversicherung“ berufen. (Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 14. Oktober
2010 – 10 U 21/10 -, zitiert nach Juris Rn. 3; OLG Köln, Urteil vom 13.01.2010 – 11 U
159/01 -, zitiert nach Juris Rn. 15; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 18.11.2008 – I –
24 U 131/08, zitiert nach Juris Rn.3)

3. Der Arbeitnehmer K… hätte daher bei seiner direkten Inanspruchnahme durch die
Klägerin sich auch auf die Haftungsbeschränkung in Ziffer 4.2 der Bedingungen berufen können. Da die dortige Haftungsbeschränkung bezogen auf die grobe Fahrlässigkeit sich nicht mit dem Gedanken des § 81 Abs. 2 VVG in Einklang bringen lässt
und diese deshalb gegen § 307 Abs. 2 BGB verstößt, hätte sich der Arbeitnehmer
K… auf die entsprechende Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG auch im Verhältnis zur
Klägerin berufen können. Mit anderen Worten: Die Klägerin hätte bei einem streitigen
Prozess gegen den Arbeitnehmer K… trotz dessen grob fahrlässigen Handelns ihre
Leistung nur in einen der Schwere des Verschuldens des Arbeitnehmers K… entsprechenden Verhältnis kürzen können, folglich nur ihn in einem entsprechenden
Verhältnis auf Schadenersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB in Anspruch nehmen dürfen.
Dies scheint im Übrigen auch die Klägerin so zu sehen. Denn genauso argumentiert
sie in ihrem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 19.04.2013 ab Seite 4, wenn auch mit
anderen Prozentzahlen.

4. Die entsprechende Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG im Verhältnis zwischen der
Klägerin und dem Arbeitnehmer K… in einem streitigen Verfahren hätte dazu geführt,
dass die Klägerin den Arbeitnehmer K… nur auf Schadenersatz in Höhe von 50 %
der begehrten Schadenersatzforderung hätte in Anspruch nehmen können. Denn
trotz des grob fahrlässigen Verhaltens des Arbeitnehmers K… wäre die Klägerin ihm
gegenüber nur berechtigt gewesen, angesichts der Schwere seines Verschuldens
ihn auf 50 % des geltend gemachten Schadens in Anspruch zu nehmen.
a. Der Arbeitnehmer K… handelte grob fahrlässig.

aa. Grobe Fahrlässigkeit setzt in objektiver und subjektiver Hinsicht eine aus dem
normalen Rahmen der Fahrlässigkeit herausfallende gröbliche Außerachtlassung der
im Verkehr erforderlichen Sorgfalt voraus. Im Bereich des Straßenverkehrs liegt sie
vor, wenn das Verhalten des Fahrers objektiv grob verkehrswidrig und subjektiv
schlechthin unentschuldbar ist. (OLG Köln, Urteil vom 18.01.2005 – 9 U 91/04 -, zitiert
nach Juris Rn. 19) Im Gegensatz zum rein objektiven Maßstab bei einfacher Fahrlässigkeit sind bei grober Fahrlässigkeit auch subjektive Umstände zu berücksichtigen.
Es kommt nicht nur darauf an, was von einem durchschnittlichen Anforderungen entsprechenden Angehörigen des jeweiligen Verkehrskreises in der jeweiligen Situation
erwartet werden konnte, wozu auch gehört, ob die Gefahr erkennbar und der Erfolg
vorhersehbar und vermeidbar war. Abzustellen ist vielmehr auch darauf, ob der
Schädigende nach seinen individuellen Fähigkeiten die objektiv gebotene Sorgfalt
erkennen und erbringen konnte. Von dem äußeren Geschehensablauf und vom
Ausmaß des objektiven Pflichtenverstoßes kann dabei auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden. (BAG, Urteil vom 28.10.2010 – 8
A ZR 418/09-, zitiert nach Juris Rn. 22)

bb. Grundsätzlich kann nicht allein das Überfahren eines Stoppschildes nach Auffassung der Berufungskammer bereits den Vorwurf grober Fahrlässigkeit begründen.
Denn die Nichtbeachtung eines Stoppschildes kann nicht generell der Missachtung
einer Rotlicht zeigenden Verkehrsampel gleichgesetzt werden, weil der durch das
Rotlicht hervorgerufene objektive Effekt bei einem Stoppschild trotz dessen auffallender Form und der roten Farbe nicht in gleicher Weise gegeben ist. (OLG Bremen,
Urteil vom 23.04.2002 – 3 U 72/01 -, zitiert nach Juris Rn. 7) Von einer groben Fahrlässigkeit bei dem Überfahren eines Stoppschildes kann erst dann gesprochen werden, wenn der übrige äußere Geschehensablauf und das Ausmaß des objektiven
Pflichtverstoßes den Schluss auf innere Vorgänge und deren gesteigerte Vorwerfbarkeit zulassen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.01.2005 – 9 U 91/04 -, zitiert nach Juris Rn. 20).
Hier ist für die Annahme grober Fahrlässigkeit entscheidend, dass der Arbeitnehmer
K… sich einem Kreuzungsbereich näherte, in dem die Kreisstraße, auf der er sich
befand, die vorrangige Landstraße kreuzte. Die Verkehrsunfallskizze des Polizeikommissariats verdeutlicht, dass das Stoppschild deutlich erkennbar war. Der Kläger fuhr sodann mit zügiger Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich ein, und zwar auf regennasser Fahrbahn. Sein Verhalten ist nur dadurch erklärbar, dass er über eine
gewisse Zeit überhaupt nicht auf das Stoppschild reagierte, obwohl dies für ihn erkennbar sein musste. Es war also nicht lediglich ein Augenblicksversagen. Möglicherweise war er abgelenkt, jedenfalls nicht mit der gebotenen Sorgfalt auf das Fahren des Fahrzeuges und die Beachtung der Schilder konzentriert. Unter Berücksichtigung dieser Umstände erweist sich das Überfahren des Stoppschildes mit zügiger Geschwindigkeit objektiv als grober Pflichtverstoß, wobei von diesem äußeren Geschehensablauf auch auf die gesteigerte Vorwerfbarkeit geschlossen werden kann.

Denn wer bei einem Stoppschild nicht dem Gebot folgt, dass Fahrzeug zum Stehen
zu bringen, sondern mit zügiger Geschwindigkeit in den Kreuzungsbereich einfährt,
bei dem belegt der äußere Geschehensablauf, dass er unentschuldbar abgelenkt
oder unkonzentriert war und deshalb das Stoppschild übersah. Dies gilt vor allem
auch deshalb, weil der Kreuzungsbereich nicht plötzlich eine unübersichtliche Verkehrsregelung hatte beziehungsweise das Stoppschild erst plötzlich wahrnehmbar
war. Der Skizze des Polizeikommissariats ist zu entnehmen, dass die Kreuzung bezogen auf die K37, auf der sich der Arbeitnehmer K… befand, auch noch eine eigene
Rechtsabbiegerspur hatte. Zudem regeln – wenn auch nicht für die Fahrtrichtung des
Arbeitnehmers K… – noch Ampeln den Kreuzungsbereich. Mit anderen Worten: Es
handelte sich um einen Kreuzungsbereich, der erkennbar für die Verkehrsteilnehmer
in besonderer Weise gesichert wurde. Wenn dann der Arbeitnehmer K… in diesen
Kreuzungsbereich bei Übersehen des Stoppschildes zügig einfährt, so belegt dies
die objektive und subjektive Seite der groben Fahrlässigkeit.

b. Angesichts dieser groben Fahrlässigkeit hätte sich der Arbeitnehmer K… bei der
direkten Inanspruchnahme durch die Klägerin jedoch mit Erfolg auf die entsprechende Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG mit der Maßgabe berufen können, dass die
Klägerin ihn nur in Höhe von 50 % des begehrten Schadens hätte in Anspruch nehmen können.

aa. Mit der Novellierung des § 81 Abs. 2 VVG im Jahre 2008 ist der Gesetzgeber
abgekehrt vom „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ bei der groben Fahrlässigkeit. Hat der
Versicherungsnehmer den Versicherungsfall nur grob fahrlässig herbeigeführt, so ist
der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens
des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Dies gilt entsprechend für den Schadenersatzanspruch, den der Vermieter gegen den berechtigten
Fahrer geltend macht. Wie das Kürzungsrecht im Einzelfall oder in bestimmten Fallgruppen auszugestalten ist, lässt sich dem Gesetzeswortlaut nicht entnehmen. Zum
Teil wird die Auffassung vertreten, es sei sachgerecht, im Regelfall der grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalles eine Kürzung um 50 % vorzunehmen
(vgl. Karczewski in Rüffer/Halbach und andere, VVG, 1. Auflage, § 81 Rn. 98).

bb. Die Berufungskammer lässt unentschieden, ob von einem solchen Regelfall auszugehen ist. Selbst wenn dies verneint würde, wäre nach Auffassung der Berufungskammer unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eine Bewertung zutreffend, die zu einer Quote von 50 % führt. Denn als Umstände, die in die Bewertung
einfließen können, kommen zu Lasten des Versicherungsnehmers – hier entsprechend des Fahrers – in Betracht ein Verschulden, dass im Sinne bewusster Fahrlässigkeit bereits in Richtung des bedingten Vorsatzes geht, eine besondere Leichtsinnigkeit oder Rücksichtslosigkeit, zudem die Schwere und Dauerhaftigkeit des Verstoßes. Zu Gunsten des Versicherungsnehmers in Rechnung zu stellen ist ein Verschulden, das objektiv und subjektiv am unteren Ende der groben Fahrlässigkeit liegt und in Richtung einfacher Fahrlässigkeit geht. (vgl. Karczewski, a.a.O., § 81 Rn. 101)

Das grob fahrlässige Fehlverhalten des Arbeitnehmers K… ist eher im unteren Bereich der groben Fahrlässigkeit anzusiedeln. Von einer bewussten Fahrlässigkeit in
Richtung eines bedingten Vorsatzes ist nicht auszugehen. Der Arbeitnehmer K… hat
schlicht – wenn auch mit dem vorwerfbaren Maßstab grober Fahrlässigkeit – unachtsam gehandelt, indem er das Stoppschild – aus welchen Gründen auch immer –
übersah. Eine besondere Leichtsinnigkeit oder Rücksichtslosigkeit war damit nicht
verbunden. Auch kann nicht von einer besonderen Schwere und Dauerhaftigkeit des
Verstoßes ausgegangen werden. Vielmehr ist dem Arbeitnehmer K… sein Fehlverhalten zwar als ein erhebliches vorzuwerfen, es liegt jedoch am unteren Ende der
groben Fahrlässigkeit.

Nach alledem wäre – wenn sich der Arbeitnehmer K… sachgerecht gegen die Inanspruchnahme durch die Klägerin verteidigt hätte- er allenfalls zu verurteilen gewesen
auf Schadenersatz bezogen auf die Hauptforderung in Höhe von 6.441,03 EUR.

5. Nur der Vollständigkeit halber soll darauf hingewiesen werden, dass der entsprechenden Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG im Verhältnis zwischen der Klägerin und
dem Arbeitnehmer K… auch nicht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom
15.11.2012 (8 AZR 705/11 -, zitiert nach Juris) entgegensteht. Dort hat der 8. Senat
ausgeführt, § 81 Abs. 2 VVG lasse die Grundsätze der Arbeitnehmerhaftung unberührt. Eine Berücksichtigung der auf der Grundlage von § 81 Abs. 2 VVG festgesetzten Quote im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung widerspreche dem Grundsatz, dass
sich die Versicherung nach der Haftung und nicht umgekehrt die Haftung nach der
Versicherung richte. § 81 Abs. 2 VVG sei daher auch nach Sinn und Zweck nicht zu
Gunsten des Arbeitnehmers anzuwenden. Diese Rechtsgrundsätze stehen der entsprechenden Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG im Verhältnis zu dem Drittgeschädigten jedoch nicht entgegen. Denn dort geht es nicht um die Anwendung des § 81 Abs.
2 VVG im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Arbeitnehmerhaftung),
sondern um die direkte Begrenzung des Anspruches des Drittgeschädigten gegen
den Arbeitnehmer unter Berücksichtigung des § 81 Abs. 2 VVG.

II. Bezogen auf diese berechtigte Inanspruchnahme des Arbeitnehmers K… durch die
Klägerin hätte K… gegenüber dem Beklagten einen Freistellungsanspruch in Höhe
von 2.691,03 EUR gehabt. Denn trotz der groben Fahrlässigkeit wäre seine – des
Arbeitnehmers K… – Haftung zu begrenzen gewesen auf drei Bruttomonatsgehälter,
weshalb der übersteigende Betrag im Wege der Freistellung von ihm gegen den Beklagten hätten geltend gemacht werden können. Zwar hat bei einem grob fahrlässig
verursachten Schaden der Arbeitnehmer in aller Regel den gesamten Schaden zu
tragen (BAG Urteil vom 15.12.2012 – 8 AZR 705/11 -, zitiert nach Juris Rn. 25). Dabei
können aber grundsätzlich auch bei der groben Fahrlässigkeit nach der Rechtsprechung des 8. Senats im Einzelfall Haftungserleichterungen in Betracht kommen. Dies
übersieht das Arbeitsgericht und geht darauf – obwohl die Prozessparteien sich in
erster Instanz ganz maßgeblich über diese Frage streiten- in den Entscheidungsgründen überhaupt nicht ein.

1. Ob eine Entlastung des Arbeitnehmers in Betracht zu ziehen ist und wie weit diese
zu gehen hat, ist aufgrund einer Abwägung zu entscheiden, die der Tatrichter nach
Feststellung aller hierfür maßgebenden Umstände nach § 287 ZPO vornehmen
muss. Der Umfang der Beteiligung des Arbeitnehmers an den Schadensfolgen ist
durch eine Abwägung der gesamten Umstände zu bestimmen, wobei insbesondere
Schadensanlass, Schadensfolgen, Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkte eine
Rolle spielen. Eine möglicherweise vorliegende Gefahrgeneigtheit der Arbeit ist
ebenso zu berücksichtigen wie die Schadenshöhe, ein vom Arbeitgeber einkalkuliertes Risiko, eine Risikodeckung durch eine Versicherung, die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb und die Höhe der Vergütung, die möglicherweise eine Risikoprämie
enthalten kann. Auch die persönlichen Verhältnisse des Arbeitnehmers und die Umstände des Arbeitsverhältnisses, die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Familienverhältnisse und sein bisheriges Verhalten können zu berücksichtigen sein. Von Bedeutung kann dabei insbesondere sein, ob der Verdienst des Arbeitnehmers in einem deutlichen Missverhältnis zum verwirklichten Schadensrisiko der Tätigkeit steht. (BAG, Urteil vom 15.11.2012 – 8 AZR 705/11 -, zitiert nach Juris Rn. 25-26)

2. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist der Umfang der Schadensbeteiligung des Arbeitnehmers K… auf drei Bruttomonatsgehälter zu begrenzen. Dies ergibt eine Prüfung des Einzelfalls. Beim Schadensanlass ist für das Berufungsgericht zunächst erheblich, dass es sich bei der groben Fahrlässigkeit nicht um eine
solche handelte, die in Richtung bedingter Vorsatz ging, sondern sich eher am unteren Rande der groben Fahrlässigkeit bewegte. Das Verhalten des Arbeitnehmers K…
war nicht durch eine besondere Leichtsinnigkeit und Rücksichtslosigkeit geprägt.
Hinzu kommt die Gefahrgeneigtheit seiner Tätigkeit. Die Klägerin weist insoweit zutreffend darauf hin, dass es aufgrund der hohen Sorgfaltsanforderungen im Straßenverkehr durchaus häufiger vorkommt, dass Schadensfälle grob fahrlässig verursacht werden. Mithin ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass ein Kraftfahrer im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit an Unfallereignissen beteiligt wird, welche naturgemäß ein hohes Haftungspotenzial bergen. Weiterhin ist von ganz wesentlicher Bedeutung für die Haftungsbegrenzung, dass der Verdienst des Klägers in einem deutlichen Missverhältnis steht zum verwirklichten Schadensrisiko seiner Tätigkeit. Als Vollzeitbeschäftigter verdient er lediglich 1.250,00 EUR brutto, das ihm auszuzahlende Netto erreicht kaum die Pfändbarkeitsgrenzen. Dem steht ein eingetretener Schaden von
über 12.000,00 EUR entgegen. Zwar würde der eingetretene Schaden nicht deutlich
höher sein als ein Bruttojahresgehalt des Arbeitnehmers K…. Allerdings ist zu beachten, dass sich aus der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keineswegs
ergibt, dass einem Arbeitnehmer immer eine Haftung in Höhe von 12 Monatsgehältern zumutbar ist. Im Gegenteil: Das Bundesarbeitsgericht stellt immer entscheidend
auf den Einzelfall ab. Dieser führt hier zu einer Haftungsbegrenzung auf drei Gehälter aus den oben dargelegten Gründen. Nicht zuletzt hat das Berufungsgericht dabei
auch berücksichtigt, dass der Arbeitnehmer K… zwar noch nicht sehr lange beschäftigt war bei dem Beklagten, allerdings verheiratet und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet ist. Angesichts einer dann abgerechneten Vergütung von netto 990,93 EUR
(Vergütung August 2012) ist eine Haftungsbegrenzung auf drei Bruttogehälter angezeigt.

III. Die Inanspruchnahme des Beklagten durch Pfändung des Freistellungsanspruches erweist sich auch nicht als treuwidrig. Zwar verkennt das Berufungsgericht
nicht, dass der Beklagte die Haftungsbegrenzung in dem Vertrauen abschloss, bei
einem Schadensfall überhaupt nur mit 1.100,00 EUR belastet zu werden. Auch berücksichtigt das Berufungsgericht die in der Literatur vertretene Auffassung, wonach
ein zwischen dem Arbeitgeber und dem geschädigten Dritten vertraglich vereinbarter
Haftungsausschluss nicht dadurch wertlos werden darf, dass der Dritte den Arbeitnehmer in Anspruch nimmt und sich alsdann den Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber pfänden und überweisen lässt (Linck in Schaub,
Arbeitsrechtshandbuch, 15. Auflage, Seite 621 Rn. 74).

Diesem Interesse des Arbeitgebers – Beklagten – wird aber dadurch entsprochen,
dass sich der bei ihm angestellte Arbeitnehmer – wie oben ausgeführt – bei seiner
direkten Inanspruchnahme durch den Drittgeschädigten ebenfalls auf die Haftungsausschlüsse beziehungsweise Haftungsbeschränkungen berufen kann. Dies bedeutet, dass bei der entsprechenden Anwendung des § 81 Abs. 2 VVG bei sachgerechter Verteidigung auch der in Anspruch genommene Arbeitnehmer dem Dritten entgegen halten kann, er habe beispielsweise nicht grob fahrlässig gehandelt. Bewegt sich sein Verschulden also unterhalb des Maßstabes der groben Fahrlässigkeit, so könnte
er wegen des auch für ihn wirkenden Haftungsausschlusses vom Dritten nicht in
Anspruch genommen werden, weshalb auch für den Arbeitgeber nicht die Gefahr
bestünde, aus gepfändetem Recht doch zahlen zu müssen. Auch bei grober Fahrlässigkeit bestünde im Grundsatz nicht die Gefahr einer Inanspruchnahme des Arbeitgebers über den gepfändeten Freistellungsanspruch. Denn grundsätzlich besteht
bei grober Fahrlässigkeit kein Freistellungsanspruch des Arbeitnehmers. Ausnahmsweise kann ein solcher jedoch existieren, wenn die Besonderheiten des Einzelfalles
– wie oben ausgeführt – eine Haftungsbegrenzung erfordern. Diese Umstände des
Einzelfalles ergeben sich aber nicht aus dem Verhältnis zwischen Vermieter und Arbeitnehmer, sondern aus dem Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber,
nämlich beispielsweise der Höhe der Arbeitsvergütung, der Art der Tätigkeit und der
persönlichen Verhältnisse des betroffenen Arbeitnehmers. Solche individuellen – im
Arbeitsverhältnis wurzelnden Umstände – kann der über die Pfändung des Freistellungsanspruches in Anspruch genommene Mieter (Arbeitgeber) jedoch gegenüber
dem Vermieter (Klägerin) nicht geltend machen. Denn die Klägerin hat auf diese
Verhältnisse keinen Einfluss. Es gibt auch keine vertragliche Regelung – jedenfalls
lässt sich eine solche aus den Mietbedingungen nicht entnehmen und auslegen –
wonach die Vermieterin auch bereit war, von der Inanspruchnahme des gepfändeten
Freistellungsanspruches gegenüber dem Mieter Abstand zu nehmen, wenn dieser
dann wirtschaftlich über die Selbstbeteiligung hinaus belastet werden würde.
Es verstößt nicht gegen Treu und Glauben, wenn der Vermieter trotz der vereinbarten Haftungsbeschränkung auf 1.100,00 EUR Selbstbeteiligung den Mieter aus gepfändetem Freistellungsanspruch in Anspruch nimmt, sofern sich der Freistellungsanspruch allein daraus ergibt, dass trotz des grob fahrlässigen Verhaltens des Arbeitnehmers dieser aus den besonderen Umständen des Arbeitsverhältnisses nicht
in voller Höhe im Verhältnis zum Arbeitgeber den Schaden tragen soll.
Dass das Vorgehen der Klägerin nicht treuwidrig ist, ergibt sich letztlich auch aus
folgender Kontrollüberlegung: Hätte der in Anspruch genommene Arbeitnehmer
Schadenersatz gegenüber der Klägerin geleistet, diese also im vollen Umfang befriedigt, so würde die Klägerin gegenüber dem Beklagten nicht mehr den Freistellungsanspruch pfänden müssen. Ungeachtet dessen müsste der Beklagte aber aus
den obigen Gründen dem Freistellungsbegehren des Arbeitnehmers entsprechen,
soweit es um den Betrag geht, der über drei Bruttomonatsgehälter hinaus geht. Mit
anderen Worten: Im Ergebnis wäre der Arbeitgeber dann auch wirtschaftlich belastet,
obwohl er nicht von der Klägerin, sondern von Arbeitnehmer auf Freistellung in Anspruch genommen wäre. Dies belegt, dass die Pfändung des Freistellungsanspruches
durch die Klägerin nicht treuwidrig ist.

Nach alledem ist die Klage im ausgeurteilten Umfang begründet. Der Zinsausspruch
ist insoweit zu präzisieren, als es um Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über den Basiszins geht.

B. Die Widerklage ist unbegründet. Zwar ist es zutreffend, dass die Klausel in 4.2
(4.2.2) der Mietbedingungen insoweit unwirksam ist, als der Mieter sich auch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des berechtigten Fahrers, der nicht Repräsentant ist, zurechnen lassen soll. Dass eine solche Klausel gegen § 307 Abs. 2
BGB verstößt, hat der Bundesgerichtshof bereits mit Urteil vom 20.05.2009 (XII ZR
94/07 -, zitiert nach Juris) entschieden. Zutreffend ist weiterhin auch, dass die Klausel in 4.2 / 4.2.2 der Mietbedingungen auch weiterhin insoweit unwirksam ist, als bei
grober Fahrlässigkeit undifferenziert nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip eine Haftung des Mieters vereinbart wurde. Zu der Unwirksamkeit einer solchen Klausel hat
der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.10.2011 (VI ZR 46/10, zitiert nach Juris)
entschieden. Wieso insoweit das Arbeitsgericht meint, die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.05.2009 sei überholt, ist nicht nachvollziehbar. Es handelt
sich vielmehr um unterschiedliche Sachverhalte.

Rechtsfolge der Unwirksamkeit der Klausel ist aber nicht, dass insgesamt die Klausel
entfällt und der Beklagte überhaupt nicht haftet, also auch nicht für die Eigenbeteiligung. Denn mit Urteil vom 11. Oktober 2011 (VI ZR 46/10) hat der Bundesgerichtshof
darauf hingewiesen, dass an die Stelle der unwirksamen Klausel bei grober Fahrlässigkeit das Gesetz tritt, nämlich § 81 Abs. 2 VVG. Soweit es um die Haftung für den
Fahrer geht, der nicht Repräsentant ist, gilt dann entsprechend § 81 Abs. 1 VVG. In
jedem Fall bleibt es aber bei der beabsichtigten Kaskoversicherung. Denn anderenfalls würde das bedeuten, dass die mietrechtliche Klausel in der Art einer Kaskoversicherung überhaupt nicht gelten würde. Der Beklagte würde also nach Abschnitt 4.1
nach der dortigen Maßgabe voll haften, und zwar allein nach Mietrecht auch für das
Fehlverhalten seines Fahrers, für das er gemäß § 278 BGB einzustehen hätte. Die
gesamte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit dieser Klauseln beruht darauf, dem Mieter die Sicherheit zu geben, die ein Eigentümer bei einer
Vollkaskoversicherung hätte. Mit anderen Worten: Rechtsfolge ist nicht der Wegfall
insgesamt dieser Klausel mit der Folge, auch keine Eigenbeteiligung leisten zu müssen, sondern Aufrechterhaltung der „Quasi-Kaskoversicherung“, allerdings nach
Maßgabe der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, also der entsprechenden
Anwendung des § 81 Abs. 1 VVG und des § 81 Abs. 2 VVG.
Nach alledem ist die Widerklage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 92 Abs. 1 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht.

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