Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 01.12.2010 – 2 Sa 687/10
Erfolgt aus Anlass der Begründung eines Arbeitsverhältnisses eine arglistige Täuschung durch den Arbeitnehmer und wird aufgrund Fristablauf oder wegen Änderung der Vertragsbedingungen ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen, setzt die Berechtigung zu dessen Anfechtung voraus, dass Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Zusammenhang mit dem ersten Vertragsschluss begangene Täuschungshandlung Grundlage der Willensbildung des Arbeitgebers und damit kausal auch für den zweiten Vertragsabschluss geworden (Rn. 26).
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2010 – 19 Ca 9220/09 – abgeändert.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Anfechtung des beklagten Landes vom 15. Oktober 2009 mit dem 20. Oktober 2009 geendet hat.
Das beklagte Land hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 20. Oktober 2009 hinaus nach Ausspruch einer Anfechtungserklärung durch das beklagte Land.
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Die 1972 geborene Klägerin absolvierte in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2002 die erste Staatsprüfung für Lehrämter für die Sekundarstufe I und II mit der Gesamtnote 2,7. Sie wurde zum 1. Februar 2003 in den Vorbereitungsdienst für das Lehramt für die Sekundarstufe I und II in Nordrhein-Westfalen im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf eingestellt. Mit Bescheid vom 4. August 2004 entließ die hierfür zuständige Bezirksregierung von D sie mit Ablauf des 30. September 2004 aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf mit der Begründung der Nichteignung für den Lehrerberuf. Am 12. September 2004 beantragte die Klägerin die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für das Lehramt in Hessen, ohne den absolvierten Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen zu erwähnen. Ab dem 1. Mai 2005 war sie als Studienreferendarin im Rahmen eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf bei dem Amt für Lehrerbildung A tätig. Mit Bescheid vom 24. September 2007 nahm das Hessische Kultusministerium diese Ernennung zurück. Dieser Bescheid ist aufgrund des Beschlusses des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 27. August 2009 rechtskräftig geworden. Mit Schreiben vom 24. Januar 2008 erteilte das Staatliche Schulamt für den E-Kreis und die Stadt F der Klägerin eine auf zwei Jahre befristete Unterrichtsgenehmigung für die Fächer Deutsch und Geschichte. Mit Schreiben vom 3. April 2009, wegen dessen Inhalts auf Bl. 35 d. Anlage zum Schriftsatz vom 12. November 2009 (im Folgenden: Anlagenband) Bezug genommen wird, bewarb sich die Klägerin um ein Anstellung als Lehrerin an der B-Schule in C bei dem Staatlichen Schulamt der Stadt C. Dem Schreiben beigefügt war ein auf den 30. Januar 2009 datierter Lebenslauf der Klägerin, wegen dessen Inhalts auf Bl. 3-5 Anlagenband verwiesen wird. Der Bewerbung vorausgegangen waren Gespräche der Klägerin mit dem Schulleiter der B-Schule, in denen sie mitgeteilt hatte, dass sie in Nordrhein-Westfalen ein Referendariat begonnen hatte, welches sie, nachdem sie in diesem zum Opfer von sexuellen Nachstellungen eines alkoholkranken Ausbilders geworden sei, auf Anraten beendet hatte und nach Hessen gewechselt sei. Die Tatsache, dass sie aus dem nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst mit der Begründung der Ungeeignetheit für den Lehrerberuf entlassen worden war, teilte die Klägerin in den Gesprächen nicht mit. Unter dem 9. April 2009 schlossen die Parteien einen für den Zeitraum 20. April 2009 bis 10. Juli 2009 befristeten Arbeitsvertrag als Vertretung (Bl. 26-28 d.A.). Unter dem 29. April 2009 füllte die Klägerin einen Personalbogen für die hessische Landesverwaltung aus, dessen Inhalt sich aus Bl. 1 f. Anlagenband ergibt. Nachdem die Klägerin die ersten Wochen an der B-Schule gearbeitet hatte, wobei es sich im Hinblick auf den Zeitpunkt im Schuljahr um eine sehr hektische Zeit handelte, ergab sich an dieser Schule aufgrund einer Elternzeit einer Lehrkraft ein weiterer Lehrerbedarf. Deshalb wollte der Schulleiter, da keine andere Ersatzkraft bereit stand, den Vertrag mit der Klägerin verlängern und informierte die Schulbehörde entsprechend. In Unkenntnis des beklagten Landes über die tatsächlichen Umstände der Beendigung des Referendariats in Nordrhein-Westfalen schlossen die Parteien unter dem 1./10. Juli 2009 einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag für den Zeitraum 19. August 2009 bis 12. November 2010 (Bl. 30-32 d.A.). Mit Schreiben vom 15. Oktober 2009, der Klägerin zugegangen am 20. Oktober 2009, focht das beklagte Land den Arbeitsvertrag vom 1. Juli 2009 wegen arglistiger Täuschung an (Bl. 7-11 d.A.).
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Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhaltes, des Vortrags der Parteien im ersten Rechtszug und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2010 gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen (Bl. 110-116 d. A.).
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Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat durch das vorgenannte Urteil die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, das beklagte Land habe die Willenserklärung zum Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags vom 1./10. Juli 2009 wegen arglistiger Täuschung durch die Klägerin anfechten können. Die Klägerin habe, indem sie den Umstand verschwiegen habe, dass sie aus dem Referendariat in Nordrhein-Westfalen mit der Begründung der fachlichen Ungeeignetheit entlassen worden sei, das beklagte Land getäuscht. Insoweit habe eine Offenbarungspflicht der Klägerin bestanden, da es sich hierbei um einen Umstand gehandelt habe, der ihr zwar die Erbringung ihrer Arbeitsleistung nicht unmöglich gemacht habe, der jedoch für den in Betracht kommenden Arbeitsplatz von ausschlaggebender Bedeutung gewesen sei. Auch die vertretungsweise Lehrertätigkeit an einer öffentlichen Haupt- und Realschule sei eine besonders verantwortungsvolle Tätigkeit und die persönliche Eignung einer Bewerberin um einen solchen Arbeitsplatz für den Stellenanbieter daher von herausragender Bedeutung. Weiterhin habe die Klägerin das beklagte Land durch Unterlassen der Angaben zu dem in Nordrhein-Westfalen absolvierten Referendariat getäuscht, da der von ihr der Bewerbung beigefügte Lebenslauf Unwahrheiten enthalten habe. In ihm habe die Klägerin suggeriert, während der Jahre 2003 und 2004 anderweitiger Tätigkeiten nachgegangen zu sein. Eine weitere Täuschungshandlung liege in der Vorlage des Personalbogens, in dem ebenfalls keine Angaben zu dem Vorbereitungsdienst in Nordrhein-Westfalen enthalten sind. Die Klägerin sei aber verpflichtet gewesen, Fragen zu ihrem beruflichen Werdegang wahrheitsgemäß zu beantworten. Die Täuschungshandlungen der Klägerin hätten bei dem beklagten Land zu einem Irrtum geführt, der für die Abgabe der Willenserklärung zum Abschluss des Arbeitsvertrags vom 1./10. Juli 2009 ursächlich geworden sei. Dem stehe nicht der Umstand entgegen, dass sie ihm Rahmen der Gespräche mit dem Schulleiter der B-Schule vor Abschluss des ersten befristeten Arbeitsvertrags Angaben zu dem Referendariat in Nordrhein-Westfalen gemacht habe. Selbst wenn solche Informationen dem Schulamt zugerechnet werden könnten, was fraglich sei, läge gleichwohl ein Irrtum vor, da die Klägerin nicht mitgeteilt habe, dass sie entlassen worden sei und auch nicht die Gründe für die Entlassung offengelegt habe. Kenntnisse anderer Behörden des Landes Hessen, etwa die des Hessischen Kultusministeriums oder des Amtes für Lehrerbildung, zu ihrer Person müsse sich das staatliche Schulamt C nicht zurechnen lassen. Die Ursächlichkeit der Täuschung für den Willensentschluss des beklagten Landes liege jedenfalls in Form einer ausreichenden Mitursächlichkeit vor. Es sei davon auszugehen, dass die Unkenntnis des Schulamts C über den Grund der Beendigung des Vorbereitungsdienstes in Nordrhein-Westfalen für die Entscheidung zum Abschluss des zweiten befristeten Arbeitsvertrags mitbestimmend gewesen sei. Der Ursächlichkeit des Irrtums stehe nicht entgegen, dass die Täuschungshandlung bereits im Zusammenhang mit dem ersten befristeten Arbeitsvertrag erfolgt sei. Die Täuschung habe nach der Lebenserfahrung Einfluss auf die Entscheidung des Landes gehabt. Die Entscheidung zum Abschluss des zweiten Vertrags sei auf der Grundlage der bereits zuvor gemachten Angaben der Klägerin erfolgt. Andere Angaben seien nicht vorhanden gewesen. Die Klägerin habe auch arglistig gehandelt, denn sie wusste, dass der von ihr vorgelegte Lebenslauf Halbwahrheiten enthalten habe, indem sie satt des Referendariats in Nordrhein-Westfalen für diesen Zeitraum andere Tätigkeiten angegeben habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf Bl. 116-128 d.A. Bezug genommen.
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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 1. Dezember 2010 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
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Sie verfolgt ihr Klagebegehren teilweise unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiter. Sie vertritt die Ansicht, sie habe keine Verletzung von Offenbarungspflichten im Zusammenhang mit ihrer Einstellung begangen. Sie habe aufgrund der von ihr gezeigten Leistungen bei Abschluss des in Frage stehenden Vertrags zu Recht davon ausgehen können, dass es auf eine in Nordrhein-Westfalen abgebrochene Ausbildung nicht ankomme. Deshalb habe die Frage nach einer vormaligen Ausbildung keine Relevanz gehabt, was eine arglistige Täuschung ausschließe. Auch sei der nunmehr streitgegenständliche Arbeitsvertrag geschlossen worden, nachdem sie bereits bei dem beklagten Land im Schuldienst gearbeitet habe. Im Übrigen habe sie – was unstreitig ist – den Schulleiter über den Umstand, dass sie in Nordrhein-Westfalen ein Referendariat teilweise durchlaufen habe, informiert.
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Die Klägerin beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. März 2010 – 19 Ca 9220/09 – abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 20. Oktober 2009 fortbesteht und nicht durch Anfechtung des beklagten Landes mit Schreiben vom 15. Oktober 2009 aufgelöst worden ist.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Es verteidigt die angefochtene Entscheidung ebenfalls unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens. Es vertritt die Ansicht, die Anfechtung sei wegen arglistiger Täuschung gerechtfertigt, weil die Klägerin in mehrfacher Hinsicht falsche und unvollständige Angaben über den Verlauf ihrer Berufsausbildung gemacht habe. So sei den von ihr vorgelegten Lebenslauf zu entnehmen, dass sie in dem Zeitraum Dezember 2002 bis Januar 2005 allein ihre Promotion weitergeführt und eine Lehrtätigkeit in verschiedenen Fächern ausgeübt habe. Damit habe sie die Tatsache des Referendariats in Nordrhein-Westfalen arglistig verschwiegen. Gleiches gelte in Bezug auf den Personalbogen. Eine weitere Täuschungshandlung liege in Bezug auf das hessische Referendariat vor, da sie die zweite Staatsprüfung nicht bestanden hatte. Das beklagte Land ist der Ansicht, dass Schulamt C müsse sich nicht eine mögliche Kenntnis anderer Geschäftsbereiche zurechnen lassen.
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Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und die Sitzungsniederschrift vom 1. Dezember 2010 (Bl. 267 d.A.) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die Berufung der Klägerin gegen das am 19. März 2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main ist zulässig. Das Rechtsmittel ist als in einem Rechtsstreit über den Bestand eines Arbeitsverhältnis eingelegt ohne Rücksicht auf den Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft (§§ 64 Abs. 2, 8 Abs. 2 ArbGG). Die Klägerin hat es auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 519, 520 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).
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Nach §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO muss die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (§ 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO), und/oder die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellung im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten (§ 522 Abs. 3 Nr. 3 ZPO) und/oder die Bezeichnung der neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel, soweit sie zulässig sind (§ 520 Abs. 3 Nr. 4 ZPO i.V.m. § 67 Abs. 2 u. 3 ArbGG).
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Zweck des gesetzlichen Begründungszwangs ist es formale, bloß formelhafte, nicht auf den konkreten Streitfall bezogene Begründungen auszuschließen, um dadurch auf die Zusammenfassung und Beschränkung des Streitstoffs sowie die Beschleunigung des Verfahrens im zweiten Rechtszug hinzuwirken. § 520 Abs. 3 ZPO soll gewährleisten, dass der Rechtsstreit für die Berufungsinstanz ausreichend vorbereitet werden kann. Die Berufungsbegründung muss eine Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt (vgl. BAG vom 14. Oktober 2004 – 6 AZR 564/03, AP Nr. 3 zu § 2 BAT SR 2r Rn 42). Die Berufungsbegründung muss deshalb auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Sie muss klar und konkret erkennen lassen, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält. Es reicht deshalb nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen (vgl. BAG 10. Februar 2005 – 6 AZR 183/04, NZA 2005, 597; BAG vom 6. März 2003 – 2 AZR 596/02, BB 2003, 1561; BAG vom 11. März 1998 – 2 AZR 497/97, AP Nr. 49 zu § 519 ZPO; Hess. LAG vom 12. Mai 2003, 16 Sa 160/03).
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Unter Beachtung dieser Grundsätze ist die Berufung zulässig, weil sich die Klägerin innerhalb der Berufungsbegründungsfrist mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung in der gebotenen Art und Weise auseinandergesetzt hat.
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Sie hat aufgezeigt, dass und warum sie eine Verletzung von Offenbarungspflichten im Zusammenhang mit ihrer Einstellung nicht als gegeben ansieht und dass sie aufgrund der von ihr gezeigten Leistungen bei Abschluss des in Frage stehenden Vertrags zu Recht davon ausgehen konnte, dass es auf eine in Nordrhein-Westfalen abgebrochene Ausbildung nicht ankommt, mithin Fragen nach einer vormaligen Ausbildung keine Relevanz gehabt haben, was eine arglistige Täuschung ausschließt. Sie hat sich im Übrigen auch mit den Angaben in den Vorstellungsgesprächen und den bei dem beklagten Land vorliegenden Informationen befasst, die ebenfalls für die Bewertung einer Täuschungshandlung von Bedeutung sind und Ausführungen zur Kausalität im Zusammenhang mit dem Arbeitsvertrag gemacht.
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Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat nicht infolge der Anfechtung des befristeten Arbeitsvertrags vom 1./10. Juli 2009 mit dem 20. Oktober 2009 geendet. Das beklagte Land kann sich nicht mit Erfolg auf die Rechtsunwirksamkeit des zweiten befristeten Arbeitsvertrags gemäß § 142 BGB infolge einer von ihm unter dem 15. Oktober 2009 erklärten Anfechtung berufen.
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Gemäß § 123 Abs. 1 BGB kann derjenige eine von ihm abgegebene Erklärung anfechten, der durch arglistige Täuschung zu ihrer Abgabe bestimmt worden ist. Der Tatbestand der arglistigen Täuschung gemäß § 123 BGB setzt in objektiver Hinsicht voraus, dass der Täuschende durch Vorspiegelung oder Entstellung von Tatsachen beim Erklärungsgegner einen Irrtum erregt und ihn zur Abgabe einer Willenserklärung veranlasst. Grundsätzlich muss sich die Täuschung auf objektiv nachprüfbare Umstände beziehen, während subjektive Werturteile nicht genügen (vgl. BAG vom 29. Januar 1997 – 2 AZR 472/96, AP Nr. 43 zu § 123 BGB). Dabei ist der nach § 123 BGB notwendige Kausalzusammenhang schon dann zu bejahen, wenn die getäuschte Partei nur mit einer Täuschung in einem bestimmten Umfange gerechnet hat, später sich aber herausstellt, dass die Täuschung wesentlich weiter ging. Er ist jedoch zu verneinen, wenn die getäuschte Partei den Vertrag ohne Rücksicht auf den Umfang der Täuschung abgeschlossen hat (vgl. BAG vom 15. Mai 1997 – 2 AZR 43/96, AP Nr. 45 zu § 123 BGB a.a.O. m.w.H.).
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Im Verschweigen von Tatsachen bzw. im Unterlassen einer Aufklärung kann eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung nur dann liegen, wenn eine Offenbarungspflicht besteht, etwa weil das Verschweigen gegen Treu und Glauben verstößt und der Vertragspartner unter den gegebenen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen hätte erwarten dürfen (vgl. BGH Urteil vom 27. April 1972 – II ZR 150/68, WM 1972, 1443; Staudinger/Singer/von Finckenstein, BGB (2004), § 123 Rn 10 ff., m.w.N.; RGRK-Krüger-Nieland, BGB, 12. Aufl., § 123 Rn 16 und 18 m.w.N.).
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Die Darlegungs- und Beweislast für die eine vorsätzliche Täuschung begründenden Umstände sowie deren Ursächlichkeit für die angefochtene Willenserklärung trägt der Anfechtende; das gilt auch, soweit es um eine Täuschung durch arglistiges Verschweigen geht (vgl. BAG vom 15. Mai 1997 a.a.O.; RGRK-Krüger-Nieland, aaO, Rn 68 f., m.w.N.).
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Im Zusammenhang mit der Vorlage einer Bewerbung und im Rahmen von Einstellungsgesprächen sind solche Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten, die in zulässiger Weise gestellt worden sind. Dies setzt ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung der Frage voraus. Andernfalls ist die wahrheitswidrige Beantwortung nicht rechtswidrig (vgl. BAG vom 28. Mai 1998 – 2 AZR 549/97, AP Nr. 46 zu § 123 BGB). Das Fragerecht des Arbeitgebers und die entsprechende Pflicht des Arbeitnehmers zur wahrheitsgemäßen Beantwortung folgen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), der auch das vorvertragliche Anbahnungsverhältnis der Parteien beherrscht. Allerdings sind in diesem Zusammenhang auch die gegensätzlichen Interessen der Beteiligten zu beachten. Der künftige Arbeitgeber ist daran interessiert, von dem Bewerber alle für das konkret beabsichtigte Arbeitsverhältnis erforderlichen Tatsachen zu erfahren, um den Arbeitsplatz mit einem geeigneten Bewerber besetzen zu können. Der Bewerber hingegen ist daran interessiert, möglichst wenig aus seinem persönlichen Bereich offenbaren zu müssen, um nicht Gefahr zu laufen, den Arbeitsplatz nicht zu erhalten. Dieses anerkannte Interesse folgt aus dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers (vgl. BAG vom 1. August 1985 – 2 AZR 101/83, AP Nr. 30 zu § 123 BGB).
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In Abwägung dieser unterschiedlichen Interessenslagen wird deshalb allgemein angenommen, dass Fragen nach der Ausbildung, Qualifikationen und dem beruflichen Werdegang einschließlich Ausbildungs- und Weiterbildungszeiten grundsätzlich zulässig sind und der Arbeitnehmer daher auch zur wahrheitsgemäßen Beantwortung der Frage nach früheren Beschäftigungsverhältnissen und deren Dauer verpflichtet ist, da nur hierdurch die Eignung für eine vorgesehene Tätigkeit ermittelt werden kann (vgl. Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Komm., 4 Aufl., § 123 BGB Rn 9 m.w.H.; ErfK-Preis, 10. Aufl., § 123 BGB Rn 273).
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Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin – wie das Arbeitsgericht angenommen hat – im Zusammenhang mit den von ihr in den Vorstellungsgesprächen bei dem Schulleiter der B-Schule und ihrem Lebenslauf vom 30. Januar 2009 und dem Personalbogen vom 29. April 2009 getätigten Angaben Tatsachen verschwiegen hat und dieses Verschweigen gegen Treu und Glauben verstößt, weil das beklagte Land als Vertragspartner unter den gegebenen Umständen die Mitteilung der verschwiegenen Tatsachen hätte erwarten dürfen. Tatsächlich entsprechen die von ihr gemachten Angaben – insbesondere in den Vorstellungsgesprächen – nicht den zu diesem Zeitpunkt feststehenden objektiven Tatsachen. Nicht die Klägerin hat das Referendariat in Nordrhein-Westfalen abgebrochen, sondern das Land Nordrhein-Westfalen hat den Vorbereitungsdienst durch Widerruf der Ernennung in das Beamtenverhältnis beendet. Das Referendariat in Hessen hatte sie nicht bestanden, was mit der Formulierung „steht noch aus“ nicht zutreffend beschrieben wird.
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Denn nach Auffassung der Berufungskammer fehlt es an der notwendigen Kausalität der Täuschungshandlungen der Klägerin für den Abschluss des zweiten befristeten Arbeitsvertrags vom 1./10. Juli 2009.
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Um eine Anfechtung rechtfertigen zu können, muss zwischen der Täuschungshandlung und der Willenserklärung Kausalität bestehen. Die Täuschungshandlung muss zu einem Irrtum des Getäuschten führen, und der Irrtum muss für eine Willenserklärung ursächlich sein, die der Getäuschte ohne die Täuschung nicht, mit anderem Inhalt oder jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt abgegeben hätte (vgl. BAG vom 11. November 1993 – 2 AZR 467/93, AP Nr. 38 zu § 123 BGB m.w.H.). Für die Annahme der Kausalität genügt allerdings schon Mitursächlichkeit der Täuschung und es reicht aus, wenn der Getäuschte Umstände dargetan hat, die für seinen Entschluss von Bedeutung sein können und die Täuschung nach der Lebenserfahrung Einfluss auf die Entscheidung haben kann (vgl. vgl. BAG vom 12. Mai 2010 – 2 AZR 544/08, NZA 2010, 1250; BAG vom 28. November 2007 – 6 AZR 1108/06, AP Nr. 36 zu § 620 BGB Aufhebungsvertrag; BAG vom 20. Mai 1999 – 2 AZR 320/98, AP Nr. 50 zu § 123 BGB MünchKommBGB/Kramer 5. Aufl., § 123 Rn 12 ). Erfolgt aus Anlass der Begründung eines Arbeitsverhältnisses eine arglistige Täusche durch den Arbeitnehmer und wird aufgrund Fristablauf oder wegen Änderung der Vertragsbedingungen ein neuer Arbeitsvertrag geschlossen, setzt die Berechtigung zu dessen Anfechtung voraus, dass Anhaltspunkte vorliegen, aus denen sich ergibt, dass die im Zusammenhang mit dem ersten Vertragsschluss begangene Täuschungshandlung Grundlage der Willensbildung des Arbeitgebers und damit kausal auch für den zweiten Vertragsabschluss geworden (vgl. Hess. LAG vom 24. Juni 2010 – 11 Sa 45/10 n.v.; LAG Hamm vom 12. Februar 2009 – 8 Sa 1368/08, dokumentiert in juris).
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Dem Vorbringen des beklagten Landes zum Zustandekommen des zweiten befristeten Arbeitsvertrags vom 1./10. Juli 2009 ist nicht zu entnehmen, dass Anfechtungsgründe beziehungsweise Täuschungshandlungen der Klägerin – deren Vorhandensein unterstellt – auch bei Abschluss des zweiten Arbeitsvertrags erkennbar fortgewirkt haben, also für den angefochtenen Arbeitsvertrag kausal gewesen sind. Es ist nicht zu erkennen, dass und warum die für den Abschluss des ersten Arbeitsvertrags maßgebliche Überlegungen für die damalige Einstellungsentscheidung auch noch nach der gut zweimonatigen Tätigkeit der Klägerin für den zweiten befristeten Arbeitsvertrag mit deutlich geänderten Arbeitsbedingungen eine entscheidende Rolle gespielt haben. Der Vortrag des beklagten Landes zum Zustandekommen des angefochtenen Arbeitsverhältnisses zeigt vielmehr, dass die Angaben („Auslassungen“) der Klägerin in ihrem Lebenslauf und dem Personalfragebogen überhaupt keine Rolle für die Entscheidung zum Abschluss des Vertrags vom 1./10. Juli 2009 gehabt haben. Der Vertrag kam zustande, nachdem der Schulleiter einen erneuten Vertretungsbedarf gesehen und offensichtlich die Klägerin als geeignet für diese Vertretungsaufgaben angesehen und daraufhin das Schulamt C den Vertrag ausgefertigt hat. Es ist nicht ersichtlich, dass die Angaben, die die Klägerin im Zusammenhang mit der Begründung des ersten befristeten Arbeitsvertrags in die Entscheidungsfindung des beklagten Landes, der Klägerin einen weiteren befristeten Vertrag anzubieten, zumindest miteingeflossen sind.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Das beklagte Land hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
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Für die Zulassung der Revision besteht keine gesetzlich begründete Veranlassung (§ 72 Abs. 2 ArbGG).