Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung noch Jahre nach erfolgter Einstellung möglich

LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2006 – 5 Sa 25/06

Anfechtung eines Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung noch Jahre nach erfolgter Einstellung möglich

Täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei seiner Einstellung über seine Qualifikation, indem er sich mit einem gefälschtem Zeugnis bewirbt, so ist der Arbeitgeber auch dann zur Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung berechtigt, wenn er erst Jahre später davon erfährt und die Leistungen des Arbeitnehmers stets beanstandungsfrei waren.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Kläger in seinem Ausbildungszeugnis das Ergebnis der schriftlichen Prüfung von der Note „ausreichend“ auf die Note „befriedigend“ und das Ergebnis der praktischen Prüfung von der Note „befriedigend“ auf „gut“ geändert. Mit diesem geänderten Zeugnis bewarb er sich 1997 erfolgreich bei der Beklagten und arbeitete in den nächsten Jahren beanstandungsfrei. Nachdem die Beklagte im Jahre 2005 Kenntnis von der Fälschung erlangte, focht sie den mit dem Kläger geschlossenen Arbeitsvertrag an. Ferner kündigte sie dem Kläger nach vorheriger Anhörung durch den Betriebsrat außerordentlich, hilfsweise ordentlich.

Das LAG Baden-Württemberg hat die Zurückweisung der Kündigungsschutzklage durch die Vorinstanz bestätigt. Die Beklagte habe das Arbeitsverhältnis wirksam wegen der durch den Kläger vorgenommenen arglistigen Täuschung wirksam angefochten. An der Anfechtung sei die Beklagte auch nicht nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gehindert gewesen. Zwar mag die erbrachte Leistung beanstandungsfrei gewesen sein. Das Arbeitsverhältnis sei jedoch gerade nicht insgesamt beanstandungsfrei gewesen. Es komme nicht auf die geschuldete, sondern auch auf den Zweck der vorgelegten Unterlagen an. Dieser bestehe bei einem Berufsausbildungszeugnis nicht nur im Nachweis des Bestehens der Abschlußprüfung, sondern auch in der Bescheinigung der Qualifikation. Die durch § 123 Abs. 1 BGB geschützte Willensfreiheit des Arbeitgebers werde bei Vorlage eines gefälschten Ausbildungszeugnisses in besonderem Maße beeinträchtigt. Diese Beeinträchtigung dauere auch noch an. Es sei auch nicht auszuschließen, daß Dritten bekannt werde, daß die Beklagte Mitarbeiter trotz Vorlage von gefälschten Unterlagen weiterbeschäftige, nur weil diese ihre Arbeit ordnungsgemäß geleistet hätten.

Quelle: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg

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