Zum Widerruf der Anerkennung als Ausbildungsstätte für die beschleunigte Grundqualifikation und Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz (BKrFQG)

Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Beschluss vom 26. Januar 2021 – 1 B 273/20

Zu den Voraussetzungen an den Widerruf einer Anerkennung als Ausbildungsstätte für die beschleunigte Grundqualifikation und Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz gemäß § 10 Abs. 1 und 2 BKrFQG (juris: BKrFQG 2020).(Rn.21)

(Leitsatz des Gerichts)

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen – 5. Kammer – vom 07. August 2020 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren ebenfalls auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe
1
I. Die Antragstellerin wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gegen den Widerruf ihrer Anerkennung als Ausbildungsstätte für die beschleunigte Grundqualifikation und Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz.

2
Die Antragstellerin führt Aus- und Weiterbildungen im Bereich der Logistik durch. Mit Bescheid vom 01.12.2014 erteilte die Antragsgegnerin ihr die Anerkennung als Ausbildungsstätte für die beschleunigte Grundqualifikation und Weiterbildung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 des Gesetzes über die Grundqualifikation und die Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr (Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz – BKrFQG). In den Nebenbestimmungen zu diesem Bescheid wurde unter anderem verfügt, dass die täglichen Unterrichtseinheiten sowie die Namen und Anschriften der Teilnehmer zu dokumentieren und vier Jahre aufzubewahren sind (Nr. 3), die Anerkennungsbehörde spätestens fünf Werktage vor der Durchführung eines geplanten Lehrgangs in schriftlicher Form zu unterrichten ist (Nr. 7) und eine Teilnehmerzahl von 16 Personen nicht überschritten werden darf (Nr. 10).

3
Mit Bußgeldbescheid vom 26.02.2018 wurde gegen den Geschäftsführer der Antragstellerin ein Bußgeld in Höhe von 2.000 Euro festgesetzt, da dieser der Verpflichtung zur vorherigen Anzeige geplanter Schulungsveranstaltungen gem. § 7b Abs. 3 Satz 5 BKrFQG in mehreren Fällen nicht nachgekommen sei. Die Antragstellerin hatte in den Jahren seit ihrer Anerkennung bei der Antragsgegnerin lediglich die Durchführung einer Schulungsveranstaltung angezeigt, im Rahmen des Bußgeldverfahrens jedoch eingeräumt, allein in den Jahren 2017 und 2018 ca. 28 Schulungen durchgeführt zu haben. Der Betrieb werde als „Ein-Mann-Unternehmen“ geführt und der Geschäftsführer habe in der Vergangenheit seine Verpflichtungen aus den Augen verloren. Es sei nicht beabsichtigt gewesen, der Antragsgegnerin Informationen vorzuenthalten. Ein solches Fehlverhalten werde sich zukünftig nicht wiederholen.

4
Mit Bescheid vom 12.06.2018 wurde der Bruder des Geschäftsführers der Antragstellerin als weiterer Dozent für die Durchführung der beschleunigten Grundqualifikation und der Weiterbildung nach dem Berufskraftfahrerqualifikationsgesetz für die Antragstellerin anerkannt.

5
Ausweislich eines Aktenvermerks vom 17.12.2019 habe die Antragsgegnerin von einem Schulungsteilnehmer den Hinweis erhalten, dass der Unterricht bei der Antragstellerin nicht in dem vorgegebenen Umfang erfolgt sei und die Teilnehmer ihre Anwesenheit gleich zu Beginn der Veranstaltung durch Unterschriften für alle 5 Tage bestätigen würden. Daraufhin besuchten zwei Mitarbeiter der Antragsgegnerin die Schulungsräume der Antragstellerin. Sie stellten fest, dass dort gerade eine Schulungsmaßnahme stattfand, die nicht gegenüber der Antragsgegnerin angezeigt worden war. Sie informierten den anwesenden Bruder des Geschäftsführers der Antragstellerin über die Vorwürfe und darüber, dass ein Widerruf der Anerkennung geprüft werde. Des Weiteren forderten sie die Antragstellerin zur Vorlage der Teilnehmerlisten der letzten sechs Monate auf.

6
Durch Mitteilung der Fahrerlaubnisbehörde … erfuhr die Antragsgegnerin davon, dass dort eine Teilnahmebescheinigung für den 22.06.2019 vorgelegt worden sei, die sich ebenfalls auf eine nicht angezeigte Schulungsmaßnahmen bezogen habe. Die Antragsgegnerin reagierte auch hierauf mit einer persönlichen Vorsprache bei der Antragstellerin und forderte diese insbesondere auf, die Teilnehmerliste zu der Veranstaltung vom 22.06.2019 vorzulegen. Ausweislich eines Vermerks vom 31.01.2020 habe der Geschäftsführer der Antragstellerin hierzu erklärt, dass es sich bei der Datumsangabe auf der Teilnahmebescheinigung um einen Irrtum (Schreibfehler) handeln müsse. Er sei am 22.06.2019 im Urlaub gewesen. Die Weiterbildung habe tatsächlich an einem anderen Tag stattgefunden, an welchem genau könne nicht gesagt werden. Sämtliche Unterlagen befänden sich im Homeoffice und würden nachgereicht. Am nächsten Tag übersandte er der Antragsgegnerin unter anderem eine auf den 23.02.2019 lautende Teilnahmebescheinigung für Herrn P., sowie eine Teilnehmerliste für diesen Tag, auf der auch Herr P. vermerkt ist. Ausweislich eines Aktenvermerks vom 02.02.2020 wurden die Geschäftsräume der Antragstellerin erneut aufgesucht und der dort angetroffene Bruder des Geschäftsführers darauf angesprochen, dass sich aus der vorgelegten Teilnehmerliste nunmehr eine Überschreitung der Mindestteilnehmerzahl von 16 ergebe. Die Antragstellerin wurde aufgefordert, sämtliche Teilnehmerlisten aus dem Jahr 2019 vorzulegen.

7
Nachdem der hierfür vereinbarte Termin zunächst verschoben wurde, vereinbarten die Beteiligten auf Anregung der Antragstellerin schließlich, dass eine Vorlage der Unterlagen am 07.02.2020 erfolgen solle. An diesem Tag teilte der Geschäftsführer der Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sein Kfz aufgebrochen worden sei. Im weiteren Verlauf gab er hierzu an, dass bei dem Vorfall eine Aktentasche und ein Laptop entwendet worden und damit sämtliche Teilnehmerlisten und Teilnahmebescheinigungen, sowie deren elektronische Sicherung, abhandengekommen seien.

8
Mit Änderungsbescheid vom 13.02.2020 ergänzte die Antragsgegnerin den Anerkennungsbescheid vom 01.12.2014 um die Nebenbestimmung, dass ihr die Teilnehmerlisten für die von der Anerkennung erfassten Schulungen spätestens zwei Stunden nach Beginn der jeweiligen Schulungsmaßnahme per E-Mail oder per Fax zu übersenden seien. Gegen den Änderungsbescheid erhob die Antragstellerin nach erfolglosem Widerspruchsverfahren Klage (Az.: 5 K 603/20), über die noch nicht entschieden ist.

9
Nachdem auch bei weiteren Vor-Ort-Kontrollen bei der Antragstellerin im Februar und März 2020 zunächst keine Teilnehmerlisten für bereits durchgeführte oder gerade laufende Veranstaltungen vorgelegt werden konnten, übersandte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 04.03.2020 mehrere Teilnehmerlisten für das Jahr 2020.

10
Mit Schreiben vom 16.03.2020 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu einem beabsichtigten Widerruf ihrer Anerkennung unter Zusammenfassung der bisherigen Vorfälle an.

11
Im April 2020 übermittelte die Fahrerlaubnisbehörde … der Antragsgegnerin eine von der Antragstellerin für Herrn S. ausgestellte Teilnahmebescheinigung für den 08.02.2020. Mit Schreiben vom 21.04.2020 ergänzte die Antragsgegnerin die Anhörung der Antragstellerin daraufhin um den Aspekt, dass Herr S. auf der von ihrem Prozessbevollmächtigten übersandten Teilnehmerliste für den 08.02.2020 nicht aufgeführt sei. Mit Schreiben vom 28.04.2020 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hierzu, dass Herr S. am 08.02.2020, seinem Geburtstag, um eine Stunde verspätet erschienen sei. Ihm sei unter der Bedingung der Nachholung der versäumten Zeit die Teilnahme ermöglicht worden. Hierzu reichte der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin eine schriftliche Erklärung des Herrn S zur Behördenakte, in der Herr S. seine Teilnahme an der Veranstaltung am 08.02.2020 im Umfang von sieben Stunden bestätigt.

12
Mit Bescheid vom 04.05.2020 widerrief die Antragsgegnerin den Anerkennungsbescheid der Antragstellerin vom 01.12.2014. Aus dem Verhalten der Antragstellerin um die für Herrn P. ausgestellten Teilnahmebescheinigungen ergäben sich Anhaltspunkte dafür, dass vorhandene Unterlagen vorenthalten und eine Überprüfung verhindert werden sollte. Die letztlich erfolgte Darstellung einer Teilnahme des Herrn P. am 23.02.2019 sei schon deshalb zweifelhaft, weil ausweislich der für diesen Tag vorgelegten Teilnehmerliste die Höchstteilnehmerzahl um eine Person überschritten werde. Die hierfür angegebene Erklärung einer möglichen Teilung der Gruppe auf die zwei Schulungsräume widerspreche der für diesen Tag erfolgten Anzeige lediglich eines verantwortlichen Übungsleiters. Auch die Erklärungsversuche zu der Teilnahmebescheinigung des Herrn S. vom 08.02.2020 seien unglaubwürdig und somit als Schutzbehauptung zurückzuweisen. Sie sei davon überzeugt, dass hier von der Antragstellerin nachträglich eine Teilnahmebescheinigung ausgestellt worden sei, ohne dass die Person – zumindest in Teilen – am Unterricht teilgenommen habe. Die von Herrn S. unterschriebene Erklärung ändere hieran nichts. Es sei davon auszugehen, dass dieser sich selbst schützen wolle. In der Gesamtwürdigung des Sachverhalts sei festzustellen, dass die Antragsgegnerin mehrfach in grober Weise gegen die Pflichten des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes und der Berufskraftfahrerqualifikationsverordnung verstoßen habe. Wiederholt sei es der Überwachungsbehörde nicht ermöglicht worden, die ordnungsgemäße Durchführung der Weiterbildungsmaßnahmen durch Einsichtnahme in die einschlägigen Unterlagen zu überprüfen, indem bei Vor-Ort-Kontrollen mitgeteilt worden sei, dass sich einschlägige Unterlagen nicht in den Büro- und Geschäftsräumen befänden und man auch nicht wisse, wo sich die Unterlagen befinden würden. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Antragsgegnerin zukünftig bereit sei, sich an die gesetzlichen Vorgaben zu halten und kooperativ mit der zuständigen Anerkennungs- und Aufsichtsbehörde zusammenzuarbeiten. Angesichts der Schwere und der Zahl der Verstöße komme auch kein milderes Mittel als der Widerruf der Genehmigung in Betracht. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Qualität der Qualifizierungsmaßnahmen nicht weiter gefährdet werde.

13
Hiergegen legte die Antragstellerin am 07.05.2020 Widerspruch ein, über den noch nicht entschieden worden ist.

14
Am 11.05.2020 hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Mit Beschluss vom 07.08.2020 hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 04.05.2020 bis zum Erlass einer Widerspruchsentscheidung angeordnet. Das Interesse der Antragstellerin, vorläufig bis zu einer Entscheidung über ihren Widerspruch von der sofortigen Vollziehung des Widerrufs verschont zu bleiben, überwiege das Interesse der Antragsgegnerin an der sofortigen Vollziehung des Widerrufs der Anerkennung. Die Tatbestandsvoraussetzungen für einen zwingenden Widerruf der Anerkennung nach § 7a Abs. 2 BKrFQG seien nicht erfüllt. Zum derzeitigen Zeitpunkt lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass verantwortliche Personen der Ausbildungsstätte Teilnahmebescheinigungen ausgestellt hätten, obwohl der Unterricht nicht in der Form oder dem Umfang stattgefunden habe, wie es in der Teilnahmebescheinigung angegeben worden sei. Zwar seien die Angaben der Antragstellerin in Bezug auf die für Herrn P. erteilte Teilnahmebescheinigung widersprüchlich. Es könne jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass der Antragstellerin bei der Ausstellung dieser Teilnahmebescheinigung tatsächlich ein Schreibfehler unterlaufen sei. Weitere Erkenntnismöglichkeiten, wie bspw. eine zeugenschaftliche Vernehmung des Herrn P. oder anderer Teilnehmer der Maßnahme oder die Anforderung von Zahlungsbelegen zu der Maßnahme habe die Antragsgegnerin nicht ergriffen. Dies gelte auch für die nachträglich um den Teilnehmer Herrn S. ergänzte Teilnehmerliste für die Veranstaltung am 08.02.2020. Die Antragsgegnerin hätte weitere Nachforschungen anstellen können, um dessen tatsächliche Teilnahme in dem bescheinigten Umfang aufzuklären, beispielsweise den Teilnehmer selbst oder die übrigen Teilnehmer des Lehrgangs vernehmen können. Der Sachverhalt sei durch die Antragsgegnerin noch nicht hinreichend ausermittelt.

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Auch ein Widerruf im Ermessenswege könne hier nicht als rechtmäßig angesehen werden. Zwar könne der Widerruf tatbestandlich auf § 7a Abs. 1 BKrFQG gestützt werden, da der Geschäftsführer der Antragstellerin in grober Weise gegen Pflichten des BKrFQG und der BKrFQV verstoßen habe, indem Veranstaltungen nicht den Anforderungen des § 7a Abs. 3 Satz 5 BKrFQG genügend angemeldet worden seien, Kopien von Teilnahmebescheinigungen und Teilnehmerlisten nicht ordnungsgemäß aufbewahrt und mehrmals Veranstaltungen mit einer höheren als der zugelassenen Anzahl an Teilnehmern durchgeführt worden seien. Der Widerruf erweise sich jedoch als ermessensfehlerhaft, da der Antragsgegnerin ein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung stehe. Diese habe mit dem Änderungsbescheid vom 13.02.2020 den Anerkennungsbescheid um die Auflage ergänzt, dass die Antragstellerin die Teilnehmerlisten spätestens zwei Stunden nach Beginn der jeweiligen Schulungsmaßnahme per E-Mail oder per Fax zu übersenden habe. Mit der zugehörigen Begründung habe die Antragsgegnerin zum Ausdruck gebracht, dass sie die Nebenbestimmung als ein geeignetes Mittel ansehe, ihre Kontrollbefugnisse effektiv wahrzunehmen und die Antragstellerin zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuhalten. Zwar habe die Antragstellerin gegen diese Nebenbestimmung Klage erhoben, die Antragsgegnerin habe jedoch die Möglichkeit die sofortige Vollziehung des Änderungsbescheides anzuordnen. Die Antragsgegnerin habe nicht dargelegt, warum diese Maßnahme nunmehr ungeeignet sein solle. Die angeführte Gefahr, dass die Antragstellerin Teilnahmebescheinigungen ausstellen könne, ohne dass überhaupt ein Unterricht stattgefunden habe, bestehe ohnehin und sei jedenfalls bei einer sofortigen Vollziehung der Nebenbestimmung derzeit nicht als sehr hoch einzuschätzen.

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Hiergegen hat die Antragsgegnerin am 24.08.2020 Beschwerde erhoben. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts lägen die Voraussetzungen des § 7a Abs. 2 BKrFQG vor. Warum das Verwaltungsgericht aus den widersprüchlichen Angaben der Antragsgegnerin zu den Teilnahmebescheinigungen des Herrn P. den Schluss ziehe, dass diese zum Nachweis der Voraussetzungen des § 7a Abs. 2 Ziffer 1 und 2 BKrFQG nicht genügten, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin habe es durch ihr Verhalten bei der Sicherung der für eine Prüfung erforderlichen Unterlagen unmöglich gemacht, hier noch umfassender prüfen zu können. Die vom Verwaltungsgericht dargestellten weiteren Erkenntnismöglichkeiten existierten nur auf dem Papier. Rechnungen könnten von der Antragstellerin beliebig ausgestellt werden. Bei einer zeugenschaftlichen Vernehmung der Teilnehmer oder deren Arbeitgeber sei nichts anderes als eine Bestätigung zu erwarten, da diese erhebliche Eigeninteressen hätten. Zumindest seien jedoch die Voraussetzungen des § 7a Abs. 1 BKrFQG erfüllt. Die vom Verwaltungsgericht diesbezüglich angeführten milderen Mittel, insbesondere die mit dem Änderungsbescheid ergänzte Auflage sei nicht mehr geeignet, um dem Verhalten der Antragstellerin, die Überprüfungen systematisch verhindern wolle, wirksam entgegentreten zu können. Eine Verhaltensänderung der Antragstellerin sei realistisch nicht zu erwarten. Die Gefahr, dass die Antragstellerin weiterhin bundesweit gültige Bescheinigungen ausstelle, für die der Nachweis, dass der Unterricht im tatsächlichen Umfang stattgefunden habe, nicht zweifelsfrei erbracht werden könne, bestehe fort. Nach der Entscheidung des Verwaltungsgerichts sei die Antragstellerin aufgefordert worden, weitere Unterlagen vorzulegen und Auskünfte zu erteilen, was diese als nicht von § 26 BremVwVfG gedeckt und als Ausforschung ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt habe. Dem Beschluss des Verwaltungsgerichts folgend sei mit einem Busreiseunternehmen auch einer der Kunden der Antragstellerin schriftlich um zeugenhafte Mithilfe gebeten worden. Die von diesem Unternehmen beauftragte Anwaltskanzlei habe zum Ausdruck gebracht, dass in der Angelegenheit keine Auskünfte erteilt würden, was verdeutliche, dass die Befragung von Teilnehmern aussichtlos sei. Insgesamt sei die Antragstellerin nicht an einer ordnungsgemäßen Sachaufklärung interessiert. Selbst eine engmaschige Überwachung könne nicht verhindern, dass Schulungsmaßnahmen nicht angezeigt würden. Bei einer Vor-Ort-Kontrolle am 04.11.2020 sei festgestellt worden, dass nur eine der zwei von der Antragsgegnerin angezeigten Schulungen durchgeführt worden sei. Der Geschäftsführer der Antragstellerin habe angegeben, dass lediglich eine Planung mitgeteilt werde und er nicht mitteilen müsse, welche Schulungen tatsächlich stattfinden würden. Dies widerspreche der Anzeigepflicht aus § 7b Abs. 3 Satz 5 BKrFQG. Auch in Bezug auf eine für den 24.11.2020 angezeigte Veranstaltung sei erst am 25.11.2020 mitgeteilt worden, dass der angezeigte Unterricht nicht stattfinde. Diese unklaren und verspäteten Mitteilungen erschwerten die Überwachungsmaßnahmen erheblich.

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Die Antragstellerin ist der Beschwerde entgegengetreten. Die Behauptungen der Antragsgegnerin seien nicht hinreichend nachgewiesen. Um den Aussagewert etwaiger Teilnehmerbefragungen bewerten zu können, müsse zunächst eine Anhörung durchgeführt werden. Im Übrigen müsse die Sachverhaltsaufklärung der Antragsgegnerin im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben erfolgen. Dass das im Widerspruchsverfahren – unter Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht gem. § 30 VwVfG – angeschriebene Reiseunternehmen hinsichtlich der erbetenen Auskünfte rechtlichen Rat einhole, könne nicht zu ihrem Nachteil gehen und ließe nicht den Schluss zu, dass Teilnahmebescheinigungen ausgestellt worden seien, für die es keine Schulungsmaßnahmen gegeben habe. Die Anforderung der von ihr selbst erbetenen Auskünfte stelle sich als vollständig ungeeignet, nicht erforderlich und inhaltlich zu unkonkret dar.

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Die Unterrichtsmaßnahme vom 24.11.2020 bis 28.11.2020 sei rechtzeitig angemeldet worden. Eine gesetzliche Regelung, dass die Antragsgegnerin über die Absage in Kenntnis zu setzen sei, liege nicht vor. Es hätten sich im Laufe des 23.11.2020 auch pandemiebedingte Absagen ergeben, so dass eine Teilnehmerzahl, die mindestens vorliegen müsse, nicht erreicht worden sei. Im Vorfeld der Veranstaltung habe sie die Möglichkeit der Absage gegenüber der Antragsgegnerin kommuniziert, was angesichts der fehlenden gesetzlichen Regelung ausreichend und angemessen gewesen sei.

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II. Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Die im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (vgl. § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), führen nicht zu einer Abänderung der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Das Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die streitgegenständliche Widerrufsverfügung zu Recht angeordnet. Nach der im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotenen Interessenabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache überwiegt das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Widerrufsentscheidung.

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1. Der Beschwerde kann nicht darin gefolgt werden, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts fehlerhaft in Bezug auf die Ablehnung des Tatbestandes des zwingenden Widerrufsgrundes gem. § 7a Abs. 2 BKrFQG a.F. bzw. nach Inkrafttreten des Gesetzes über Änderungen im Berufskraftfahrerqualifikationsrecht vom 26.11.2020 (BGBl. I, S. 2575 ff.) am 02.12.2020 nunmehr maßgeblichen § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG n.F. ist. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht derzeit nicht fest, dass die Voraussetzungen für eine Widerrufsentscheidung nach diesen Vorschriften vorliegen.

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a) Nach der Regelung des § 10 Abs. 2 BKrFQG n.F. ist die Anerkennung einer Ausbildungsstätte zu widerrufen, wenn eine verantwortliche Person der Ausbildungsstätte wiederholt Einträge in das Berufskraftfahrerqualifikationsregister zum Nachweis der Teilnahme der Fahrer an der beschleunigten Grundqualifikation oder einer Weiterbildung vorgenommen hat, obwohl

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1. der Unterricht nicht in der Form oder nicht in dem Umfang stattgefunden hat, wie in dem Berufskraftfahrerqualifikationsregister angegeben, oder

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2. der in dem Berufskraftfahrerqualifikationsregister erfasste Teilnehmer nicht in dem Umfang am Unterricht teilgenommen hat, wie in dem Registereintrag angegeben.

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Gem. § 30 Abs. 3 BKrFQG ist die Regelung des § 10 Abs. 2 Nr. 2 BKrFQG bis zur Inbetriebnahme der Schnittstelle für die anerkannten Ausbildungsstätten zum Berufskraftfahrerqualifikationsregister mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Einträge in das Berufskraftfahrerqualifikationsregister die Ausstellung von Teilnahmebescheinigungen tritt. Von der während des Verfahrens eingetretenen Rechtsänderung gehen für den vorliegenden Fall daher keine entscheidungserheblichen Veränderungen aus. Mit der Übergangsvorschrift des § 30 Abs. 3 BKrFQG sollte sichergestellt werden, dass bis zur Inbetriebnahme des Berufskraftfahrerqualifikationsregisters weiterhin die Anerkennung widerrufen werden kann, wenn wiederholt unrichtige Teilnahmebescheinigungen ausgestellt werden (BT-Drs. 19/2183, S. 66).

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b) Zum Prüfungsmaßstab ist hervorzuheben, dass § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG, ebenso wie die Vorgängerreglung des § 7a Abs. 2 BKrFQG a.F., voraussetzt, dass im Sinne dieser Vorschrift unrichtige Teilnahmebescheinigungen ausgestellt worden sind. Ausweislich des Wortlauts reicht allein der Verdacht, dass es hierzu gekommen sein könnte, für eine gebundene Widerrufsentscheidung nach den genannten Regelungen noch nicht aus. Daraus folgt, dass ein Widerruf, der nicht auf die bereits feststehende Ausstellung unrichtiger Teilnahmebescheinigungen gestützt wird, sondern an Verstöße gegen das sonstige Fachrecht anknüpft, die lediglich den Verdacht begründen, dass unrichtige Teilnahmebescheinigungen ausgestellt worden sind, nicht auf § 7 Abs. 2 BKrFQG a.F. bzw. § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG gestützt werden kann, sondern an der Vorschrift für den Ermessenswiderruf gem. § 7a Abs. 1, 3 BKrFQG a.F. bzw. § 10 Abs. 1 BKrFQG n.F. zu messen ist.

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c) Anhand der in dem Widerrufsbescheid aufgeführten Vorkommnisse und dem weiteren Vorbringen der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren lassen sich Verstöße gegen die Regelung des § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG, also das wiederholte Ausstellen unrichtiger Teilnahmebescheinigungen durch einen Verantwortlichen der Antragstellerin, derzeit nicht feststellen.

27
aa) Die Antragsgegnerin macht mit der Beschwerde geltend, dass sich Verstöße gegen diese Regelung aus den Ausführungen der Antragstellerin zu der für Herrn P. ausgestellten Teilnahmebescheinigung ergeben würden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien diese Ausführungen nicht nur widersprüchlich, sondern belegten, dass diese Teilnahmebescheinigungen ausgestellt habe, obwohl der Teilnehmer nicht in der bescheinigten Form oder dem bescheinigten Umfang am Unterricht teilgenommen habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Insoweit kann dahinstehen, ob das Beschwerdevorbringen in diesem Punkt den Darlegungsanforderungen des § 146 Abs. 4 Sätze 3 und 6 VwGO genügt, indem die Antragsgegnerin die Ausführungen des Verwaltungsgerichts unter Wiederholung ihres bisherigen Vortrags als nicht nachvollziehbar darstellt. Denn auch nach Auffassung des Senats lässt sich aus der derzeitigen Tatsachenlage nicht die Überzeugung gewinnen, dass die Antragstellerin Herrn P. eine Teilnahmebescheinigung ausgestellt hat, ohne dass dieser in der bescheinigten Form oder Umfang an den Schulungsmaßnahmen teilgenommen hätte.

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Die Antragstellerin hat für Herrn P. insgesamt 5 Teilnahmebescheinigungen ausgestellt, nach denen dieser jeweils an 7 Unterrichtseinheiten à 60 Minuten bei der Antragstellerin teilgenommen und hierbei die Module 1.1, 1.2, 2.1, 3.1 und 3.2 absolviert hat (Bl. 93 ff. der Behördenakte).

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Auch unter Berücksichtigung der zunächst für den 22.06.2019 ausgestellten und nach dem Vorhalt der Antragsgegnerin, dass für diesen Tag keine Schulungsmaßnahme angezeigt gewesen sei, von der Antragstellerin auf den 23.02.2019 umdatierten Teilnahmebescheinigung für Herrn P., sowie die widersprüchlichen Erklärungen der Antragstellerin hierzu, ergeben sich keine hinreichenden Indizien dafür, dass Herr P. nicht (am 23.02.2019 oder am 22.06.2019) in dem bescheinigten Umfang (7 Stunden) tatsächlich an einem Unterricht bei der Antragstellerin teilgenommen hat.

30
Denn nach dem Erkenntnisstand des Eilverfahrens steht bisher lediglich fest, dass eine der für Herrn P. ausgestellten Teilnahmebescheinigungen ursprünglich für ein unzutreffendes Datum ausgestellt wurde, Herr P. also möglicherweise an einem anderen Tag teilgenommen hat, als von der Antragstellerin zunächst bescheinigt. Dies verwirklicht den Tatbestand des § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG jedoch nicht. Die Regelung stellt ausdrücklich auf eine unrichtige Bescheinigung in Bezug auf den Umfang der bescheinigten Unterrichtsteilnahme ab, nicht auf den hier zweifelhaften Zeitpunkt der Teilnahme. Aus dem nachträglichen Umdatieren einer der für Herrn P. ausgestellten Teilnahmebescheinigungen lässt sich daher noch nicht die Feststellung treffen, dass eine in Bezug auf Form oder Umfang der Unterrichtsteilnahme unrichtige Bescheinigung ausgestellt wurde. Die von der Antragstellerin zur Erklärung angegebenen Umstände sind zwar widersprüchlich, sie belegen jedoch lediglich Verstöße gegen das Fachrecht des Berufskraftfahrerqualifikationsgesetzes in Form einer Überschreitung der bewilligten Mindestteilnehmerzahl bei der zuletzt behaupteten Unterrichtsteilnahme des Herrn P. am 23.02.2019 und einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht aus § 7b Abs. 3 Satz 5 BKrFQG a.F. bzw. § 11 Abs. 4 Satz 1 BKrFQG n.F. in Bezug auf die Schulungsveranstaltung am 22.06.2019. Dass sich hieraus auch der Verdacht eines Verstoßes gegen § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG n.F. begründet, vermag die Feststellung dessen tatbestandlicher Voraussetzungen nicht zu ersetzen. Im Rahmen der für das vorliegende Eilverfahren vorzunehmenden Interessenabwägung ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass die Nichterweislichkeit von Tatsachen, die für das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des Widerrufsgrundes erheblich sind, zu Lasten der insoweit materiell beweisbelasteten Antragsgegnerin geht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.1997 – 11 C 7/95, juris Rn. 31). Auch die Schwierigkeit eines Negativbeweises ändert die Verteilung der Beweislast grundsätzlich nicht (vgl. BVerwG, Urt. v. 27.09.2006 – 3 C 34/05, juris Rn. 22 m.w.N. für die st. Rspr.).

31
bb) Gleiches gilt für die von der Antragstellerin für Herrn S. ausgestellte Teilnahmebescheinigung und ihre Angaben hierzu. Die von der Antragsgegnerin in dem Widerrufsbescheid hierzu angeführten Umstände begründen zwar Zweifel daran, dass Herr S. tatsächlich am 08.02.2020 in dem bescheinigten Umfang von 7 Stunden an einer Schulungsveranstaltung bei der Antragstellerin teilgenommen hat. Allerdings hat der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin auf die Rückfrage der Antragsgegnerin eine schriftliche Bestätigung des Herrn S. zur Behördenakte gereicht, in der Herr S. eine Teilnahme am 08.02.2020 in dem bescheinigten Umfang bestätigt. In Verbindung mit der dafür gegebenen Erklärung, Herr S. sei an diesem Tag, seinem Geburtstag, verspätet erschienen und ihm sei unter der Bedingung der Nachholung der versäumten Zeit eine Teilnahme ermöglicht worden, begründet diese Bestätigung ein denkbares Alternativgeschehen und damit zumindest vernünftige Zweifel an der Überzeugung der Antragsgegnerin, dass Herr S. am 08.02.2020 nicht in dem bescheinigten Umfang an einer Schulungsveranstaltung bei der Antragstellerin teilgenommen hat. In dem vorliegenden Eilverfahren würde eine Zurückweisung dieses Vortrags und der schriftlichen Erklärung des Herrn S. als unglaubwürdige Schutzbehauptung daher eine unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung darstellen. Im Rahmen eines gerichtlichen Hauptsacheverfahrens wäre zumindest Herr S. als Zeuge zu vernehmen, um die Sachlage weiter aufzuklären. Insoweit kann auch dem Einwand der Antragsgegnerin, dass bei einer Vernehmung wegen erheblicher Eigeninteressen nichts Anderes als Bestätigungen zu erwarten seien, nicht gefolgt werden. Die damit aufgeworfene Frage der Glaubhaftigkeit ist Teil der Beweiswürdigung. Sie kann erst beantwortet werden, wenn eine Beweiserhebung stattgefunden hat. Ihre Vorwegnahme ist grundsätzlich unzulässig. Zwar gilt auch in dem vorliegenden Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz, welcher das Gericht dazu berechtigt und verpflichtet, eine Beweisaufnahme durchzuführen. Dieses Recht und die daraus folgende Aufklärungspflicht werden jedoch durch das Wesen des Eilverfahrens begrenzt; das Gericht darf sich in der Regel, soweit nicht der Eilrechtsschutz die Funktion der effektiven Rechtsschutzgewährung (vollständig) übernimmt, mit einer summarischen Sachaufklärung begnügen. Es ist insbesondere nicht Aufgabe des Eilverfahrens, eine im Hauptverfahren mögliche oder eventuell notwendige Beweisaufnahme vorwegzunehmen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 19.09.2006 – 1 B 1141/06, juris Rn. 33 m.w.N.). Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung darf hinsichtlich noch bestehender Aufklärungsbedarfe auch die verwaltungsprozessuale Beweislastverteilung berücksichtigt werden (vgl. NdsOVG, Beschl. v. 30.07.2014 – 7 ME 42/14, juris Rn. 12).

32
cc) Die Feststellung von Verstößen gegen § 10 Abs. 2 i.V.m. § 30 Abs. 3 BKrFQG n.F. lässt sich im gegenwärtigen Verfahrensstadium auch nicht aus der Rechtsfigur einer schuldhaften Beweisvereitelung oder eines unverschuldeten Beweisnotstands gewinnen. Insoweit kann dahinstehen, ob der von der Antragstellerin behauptete Verlust aller Teilnehmerlisten und Teilnahmebescheinigungen aus dem Jahr 2019 eine schuldhafte Beweisvereitelung darstellt und eine solche im konkreten Fall Beweiserleichterungen oder sogar eine Umkehr der Beweislast bewirkt. Denn für die Annahme etwaiger Beweiserleichterungen ist erst dann Raum, wenn die Möglichkeiten zur Aufklärung des maßgeblichen Sachverhaltes zuvor ausgeschöpft worden sind (NdsOVG, Beschl. v. 30.07.2014 – 7 ME 42/14, juris Rn. 14). Das ist in Bezug auf die oben aufgeworfenen konkreten Streitpunkte der für die Herren S. und P. ausgestellten Teilnahmebescheinigungen derzeit noch nicht der Fall. Zudem liegen bezüglich dieser Vorwürfe sowohl die Teilnahmebescheinigungen als auch die zugehörigen Teilnehmerlisten vor.

33
dd) In Bezug auf das erstmals im Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 03.12.2020 vorgebrachte Argument, ein unrichtig bescheinigter Umfang des Unterrichts ergebe sich auch daraus, dass die Antragstellerin entgegen § 2 Abs. 3 Satz 1 BKrFQV fahrpraktische Unterrichtsteile nicht erbracht habe, ist der Sachverhalt auch nach den Angaben der Antragsgegnerin noch nicht hinreichend ausermittelt. Zudem ist dieser Vortrag in dem vorliegenden Beschwerdeverfahren auch deshalb nicht berücksichtigungsfähig, weil er erstmals nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erfolgt ist. Bei dem Streitpunkt der fahrpraktischen Unterrichtsteile handelt sich weder um eine zulässige Ergänzung des bereits fristgemäß erfolgten Beschwerdevorbringens, noch um eine Einführung neuer Tatsachen, die erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erkennbar geworden sind. Vielmehr hatte die Antragsgegnerin diesbezügliche Mängel bereits im Rahmen der Überwachung der Ausbildungsstätte der Antragstellerin am 23.02.2018 festgestellt (vgl. Bl. 42 BA), ohne dem im weiteren Verlauf des behördlichen oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens weiter nachzugehen. Daher können diese Verstöße nicht erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden, sondern müssen im Rahmen des laufenden Widerspruchsverfahrens berücksichtigt werden.

34
2. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin lässt sich der Widerruf voraussichtlich auch nicht rechtmäßig auf § 7a Abs. 1, 3 BKrFQG a.F. bzw. den nunmehr maßgeblichen § 10 Abs. 1 Satz 1 BKrFQG n.F. stützen.

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Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 BKrFQG kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Anerkennung einer Ausbildungsstätte widerrufen, wenn durch Handlungen einer verantwortlichen Person in grober Weise gegen die Pflichten dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung nach § 27 verstoßen wurde. Auch wenn es sich nach der Gesetzesbegründung bei einem Widerruf auf der Grundlage dieser Vorschrift um eine Sanktion handeln soll (vgl. BT-Drs. 18/8183, S. 18), ist – wie bei gefahrenabwehrrechtlichen Maßnahmen geboten – zumindest im Rahmen der Ermessensausübung in den Blick zu nehmen, ob hier mildere Mittel zur Verfügung stehen, die prognostisch ebenfalls geeignet sind zukünftige Verstöße wirksam zu verhindern.

36
Nach dem derzeitigen Verfahrensstand lässt sich zwar feststellen, dass die Antragstellerin wiederholt und grob gegen die Anzeigepflicht aus § 7b Abs. 3 Satz 5 BKrFQG a.F. bzw. § 11 Abs. 4 Satz 1 BKrFQG n.F sowie die Begrenzung der ihr genehmigten maximalen Teilnehmerzahl gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 BKrFQV verstoßen hat. Unter Anwendung der Nebenbestimmung aus dem Änderungsbescheid vom 13.02.2020 ist eine Wiederholung dieser groben Verstöße derzeit jedoch für die Zukunft nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten. Damit erweist sich der Widerruf derzeit voraussichtlich als nicht erforderlich, da mit der Anordnung der sofortigen Vollziehung des Änderungsbescheides vom 13.02.2020 ein milderes, in Bezug auf den verfolgten Zweck, gleich geeignetes Mittel zur Verfügung steht.

37
a) Die Nebenbestimmung aus dem Änderungsbescheid vom 13.02.2020 verpflichtet die Antragstellerin dazu, die Teilnehmerlisten für die Schulungsveranstaltungen spätestens zwei Stunden nach Beginn der jeweiligen Schulungsmaßnahme per E-Mail oder per Fax an die Antragsgegnerin zu übersenden. Damit ist sie zunächst dazu geeignet, den von der Antragsgegnerin geschilderten Mängeln in Bezug auf die Erstellung und die Vorlage der Teilnehmerlisten zu den Schulungsveranstaltungen wirksam zu begegnen. Zugleich ermöglicht sie der Antragsgegnerin damit auch eine Überprüfung der von der Antragstellerin für die jeweilige Schulungsveranstaltung ausgestellten Teilnahmebescheinigungen, wenn ihr solche vorgelegt werden.

38
b) Auch hinsichtlich der Anzeigepflicht aus § 7b Abs. 3 Satz 5 BKrFQG a.F. bzw. § 11 Abs. 4 Satz 1 BKrFQG n.F. sind weitere grobe Verstöße der Antragstellerin nach dem derzeitigen Verfahrensstand in Zukunft nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Insoweit ist bereits eine Verhaltensänderung der Antragstellerin festzustellen. In den Jahren 2014 – 2018 hat die Antragstellerin es nahezu vollständig unterlassen, die von ihr durchgeführten Schulungsveranstaltungen zuvor bei der Antragsgegnerin anzuzeigen. Auch für das Jahr 2019 konnte die Antragsgegnerin über die Fahrerlaubnisbehörden noch eine Mehrzahl nicht angezeigter Veranstaltungen feststellen. Für das Jahr 2020 ist bisher jedoch kein Verstoß gegen die Anzeigeverpflichtung durch eine unterlassene Anzeige mehr bekannt geworden. Insoweit scheint bereits unter dem Eindruck der bisher von der Antragsgegnerin ergriffenen Maßnahmen, insbesondere nach der Vorsprache auf den anonymen Hinweis im Dezember 2019, eine Verhaltensänderung der bei der Antragstellerin verantwortlichen Personen eingetreten zu sein.

39
Soweit die Antragstellerin in ihrem Anzeigeverhalten nun dazu übergegangen ist, der Antragsgegnerin jeweils zwei Veranstaltungen „auf Vorrat“ anzuzeigen, um sich für den Fall einer die zugelassene Anzahl von 16 Teilnehmern überschreitenden Anzahl von Anmeldungen eine Teilung der Gruppe und die Durchführung einer zweiten Veranstaltung durch einen weiteren Unterrichtsleiter vorzubehalten, ergibt sich daraus jedenfalls derzeit noch kein grober Verstoß gegen § 11 Abs. 4 BKrFQG n.F. Als grob ist ein Verstoß nur dann anzusehen, wenn er objektiv besonders schwer und subjektiv nicht entschuldbar ist. Die gesetzlichen Anforderungen müssen in ungewöhnlich hohem Maß verletzt worden und dabei dasjenige unbeachtet geblieben sein, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Dies ist in Bezug auf die zwischen den Beteiligten nunmehr streitige Frage der Reichweite der Anzeigeverpflichtung nicht der Fall. Denn die hierzu von der Antragstellerin vertretene Auffassung, dass die Regelung sie nicht dazu verpflichte, nach bereits erfolgter Anzeige eintretende Änderungen gegenüber der Antragsgegnerin anzuzeigen, erscheint mit Blick auf den Wortlaut der Regelung, der auf den Unterricht der „stattfinden soll“ und die „geplanten Unterrichtseinheiten“ abstellt, zumindest als vertretbar und damit subjektiv nicht unentschuldbar. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Anzeigepflicht, der zuständigen Behörde eine realistische Überwachungsmöglichkeit zu ermöglichen (vgl. BT-Drs. 18/8183, S. 19) und unter Berücksichtigung des Bußgeldtatbestandes des § 28 Abs. 2 Nr. 5 BKrFQG, nach dem sich eine Anzeige auch als „nicht richtig […] erstattet“ erweisen kann, ist es jedoch vorzugswürdig, die Regelung des § 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BKrFQG dahingehend auszulegen, dass die Ausbildungsstätte auch nach einer bereits fristgemäß erfolgten Anzeige weiterhin dazu verpflichtet ist, der zuständigen Behörde eintretende Veränderungen anzuzeigen, soweit sie die mitteilungsbedürftigen Angaben gem. § 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BKrFQG betreffen. Hierzu zählt auch die Absage bzw. Nichtdurchführung der gesamten Veranstaltung. Dass auch nach Ablauf der Anzeigefrist noch ein tatsächliches Bedürfnis besteht, auf kurzfristig eintretende Veränderungen reagieren zu können, hat auch der Normgeber gesehen und in der Gesetzesbegründung hierzu ausgeführt, dass Änderungen der gemachten Angaben, wenn dies kurzfristig notwendig wird, noch bis einen Werktag vor Durchführung des Unterrichts schriftlich oder elektronisch mitgeteilt werden können (vgl. BT-Drs. 18/8183, S. 19). Da diese Konkretisierung jedoch weder Eingang in den Gesetzeswortlaut, noch in Form einer Nebenbestimmung in den Anerkennungsbescheid gefunden hat, kann eine unterlassene Anzeige solcher Veränderungen jedenfalls einen groben Verstoß der Antragstellerin gegen die Anzeigepflicht derzeit nicht begründen. Letztlich ist hierbei auch zu berücksichtigen, dass es sich bei der Anzahl der Teilnehmer gerade nicht um eine der anzeigebedürftigen Angaben im Sinne des § 11 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 5 BKrFQG handelt. Denn in Bezug auf die Teilnehmerzahl wird es häufiger zu kurzfristigen Veränderungen kommen, wodurch die Kontrollmöglichkeiten der zuständigen Behörde jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt werden. Dies gilt auch für den vorliegenden Fall. Zwar ist mit einer Verringerung der Teilnehmerzahl auf 16 Personen für die Antragstellerin gegebenenfalls auch die gesamte Durchführung der zweiten angezeigten Veranstaltung betroffen, wobei es sich um eine mitteilungsbedürftige Veränderung handelt. Durch den Ausfall lediglich einer der beiden angezeigten Veranstaltungen werden aber die Kontrollzwecke der Antragsgegnerin nicht wesentlich beeinträchtigt. Jedenfalls in Verbindung mit der Verpflichtung der Antragstellerin, die Teilnehmerlisten zu der stattfindenden Veranstaltung nach Veranstaltungsbeginn an die Antragsgegnerin zu übersenden, ist die Antragsgegnerin in der Lage, die vom Gesetzgeber besonders hervorgehobene durchgängige Anwesenheit der Teilnehmer (vgl. BT-Drs. 18/8183, S. 19) jederzeit zu überprüfen.

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c) In diesem Zusammenhang ist nach dem derzeitigen Verfahrensstand auch nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Antragstellerin zukünftig grob gegen die Begrenzung der Teilnehmerzahl gem. § 6 Abs. 1 Satz 2 BKrFQV verstoßen wird. Die diesbezüglichen Verstöße wurden in den Jahren 2018 und 2019 festgestellt. Bei den unter der veränderten Anzeigepraxis erfolgten Vor-Ort-Kontrollen am 20.02.2020, 07.03.2020 und 04.11.2020 sind keine Überschreitungen der Mindestteilnehmeranzahl festgestellt worden. Wie zuvor angezeigt, waren jeweils beide anerkannten Unterrichtsleiter anwesend, so dass davon ausgegangen werden kann, dass bei einer hinreichenden Anzahl von Anmeldungen auch eine Teilung der Gruppe und eine Durchführung des zweiten Kurses tatsächlich stattgefunden hätte. Auch diesbezüglich werden der Antragstellerin durch die Nebenbestimmung aus dem Änderungsbescheid vom 13.02.2020 hinreichende Kontrollmöglichkeiten eingeräumt.

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d) Vor diesem Hintergrund kann der Antragsgegnerin nicht darin gefolgt werden, dass die Nebenbestimmung aus dem Änderungsbescheid vom 13.02.2020 ein ungeeignetes Mittel zur Überwachung der Antragstellerin sei. Insoweit ist hervorzuheben, dass sich der Prüfungsmaßstab der Eignung der Nebenbestimmung als milderes Mittel zum streitgegenständlichen Widerruf allein auf den legitimen Zweck bezieht, zukünftige Verstöße der Antragstellerin gegen das einschlägige Fachrecht zu verhüten, nicht jedoch darauf, die Ausermittlung weiterer Verstöße zu erleichtern, die in der Vergangenheit liegen.

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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Streitwertfestsetzung Bezug genommen.

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