Zum Trocknen der Wäsche in der Wohnung als gewöhnlicher Mietgebrauch

AG Düsseldorf, Urteil vom 23.07.2008 – 53 C 1736/08

Das Trockenaufkommen von drei Waschtagen pro Monat hält sich im Rahmen des Üblichen, so dass das Trocknen von Wäsche auf Wäscheständern oder ähnlichen Vorrichtungen innerhalb der Wohnung vom gewöhnlichen Mietgebrauch umfasst wird

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die gegen sie gerichtete Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits bis zum Beginn der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte aus einem Wohnraummietverhältnis einen Anspruch auf Unterlassung der Wäschetrocknung in der Mietwohnung geltend.

Die Klägerin ist Vermieterin und die Beklagte Mieterin einer Wohnung im Dachgeschoss des Hauses X.Straße in X. Das Hausobjekt besteht aus drei Mietwohnungen. Die Klägerin und deren Tochter bewohnen jeweils eine der drei Mietwohnungen. In dem Hausobjekt befindet sich im Kellergeschoss ein Trockenraum, der von der Beklagten auch bis März 2007 zur Trocknung ihrer Wäsche benutzt worden ist. Die Parteien schlossen am 28.3.2003 einen schriftlichen Mietvertrag über die oben genannte Wohnung mit Mietbeginn zum 15.3.2003. Der schriftliche Mietvertrag enthält in § 23 nachfolgende Regelung:

“ Hausordnung

Der Mieter erkennt an, dass die auf den Seiten 17 bis 19 abgedruckte Hausordnung Bestandteil dieses Vertrages ist. Er verpflichtet sich, dass er und seine Mitbewohner, Gäste und Besucher, Lieferanten und Beauftragte, die Bestimmungen einhalten. Zur Änderung der Hausordnung ist der Vermieter berechtigt, soweit dadurch keine zusätzliche Belastung für den Mieter eintritt.“

Im Anschluss an § 25 des schriftlichen Mietvertrages enthält dieser die maschinenschriftlich vorformulierte Hausordnung mit folgendem Inhalt:

“ Hausordnung

Im Interesse eines gedeihlichen Zusammenwohnens aller Hausbewohner ist gegenseitige Rücksichtnahme und Sorgfalt erforderlich.

……

II. Waschordnung

1. Befinden sich im Haus eine Waschküche und Trockenräume, so ist das Waschen und/oder Trocknen in anderen Räumen nicht gestattet, ausgenommen Kleinkinderwäsche in mäßigem Umfang und Einzelstücke. Tropfnasse Wäsche darf auf dem Trockenboden nicht aufgehängt werden. Hausfremde Wäsche darf nicht gewaschen werden.“

Die Beklagte trocknet seit März 2007 ihre gesamte Wäsche in der vorgenannten Wohnung im Dachgeschoss.

Die Klägerin forderte die Beklagte mit Schreiben vom 18.5.2007 auf, das Trocknen in der Wohnung zu unterlassen. Sie behauptet, dass der Trockenraum im Kellergeschoss ca. 12 qm groß sei und sich dort dreizehn Wäscheleinen mit einer Gesamtlänge von 28,5 Metern befinden würden. Sie behauptet weiter, dass das Trocknen der Wäsche in der Mietwohnung der Beklagten dazu geführt habe, dass ein unangenehmer Geruch im Treppenhaus des Hauses entstanden sei; es rieche dort nach feuchtschwangerer Luft. Des Weiteren behauptet die Klägerin, dass das Entstehen von Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilz in einer Wohnung insbesondere dann gefördert werde, wenn die Wohnung unzureichend belüftet und beheizt werde. Aus der Verbrauchserfassungsliste 2005/2006 sei ersichtlich, dass Verbrauchswerte im Badezimmer nur sehr gering und im Wohnzimmer nur gering erfasst worden seien. In allen anderen Räumen seien überhaupt keine Verbrauchswerte erfasst worden. Aus der Verbrauchserfassungsliste 2006/2007 sei ersichtlich, dass in der Küche nur eine einzige Verbrauchseinheit erfasst worden sei. Darüber hinaus seien in den beiden Wohnräumen zehn bzw. siebzehn Einheiten, im Badezimmer und im verbleibenden weiteren Raum erneut keine Verbrauchseinheiten erfasst worden. Die Klägerin behauptet, dass das Trocknen der Wäsche in der Wohnung der Beklagten weitaus häufiger geschehe, als dies von der ihr beobachtet und in der Klageschrift mit konkreten Daten wiedergegeben worden sei. Sie behauptet weiter, die Beklagte habe die Mietwohnung auch unzureichend gelüftet. Es sei festgestellt worden, dass die Wohnung lediglich durch ein kurzes Öffnen des Küchenfensters belüftet werde, und zwar auch dann, wenn Wäsche in der Wohnung getrocknet werde. Sowohl die anderen Fenster der Wohnung als auch die Balkontür seien immer geschlossen. Da sich in der Wohnung hochwertige Holzeinbauten (Dielendecke, kompletter Einbaukleiderschrank und ein Raumteiler aus Kirschbaumholz, der Wohn- und Schlafraum voneinander trennt) vorhanden seien, müsse das Entstehen von Feuchtigkeit und Schimmelpilz schon im Ansatz unterbunden werden.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass mit Rücksicht auf die Regelung in § 23 des Mietvertrages die streitbefangene Hausordnung nicht nur das Verhalten der Mieter untereinander regele, sondern zu einer Einbeziehung der Hausordnung in den Mietvertrag führe und damit zugleich die rechtlich zulässige Möglichkeit bestehe, eine selbständige Verpflichtung des Mieters gegenüber dem Vermieter zu begründen. Sie ist weiterhin der Ansicht, dass das in Rede stehende Verbot als Bestandteil des Hauptmietvertrages oder als Bestandteil der Hausordnung wirksam vereinbart worden ist. Bei einem Vorhandensein eines zugänglichen Trockenraums könne es der Beklagten wirksam untersagt werden, Wäsche in der Wohnung zu trocknen. Das Wäschetrocknen in der Wohnung gehöre beim Vorhandensein eines Trockenraums nicht zum gewöhnlichen Mietgebrauch.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in der im Dachgeschoss des Hauses X.Straße in X gelegenen Wohnung Wäsche zu trocknen,

der Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zu 10.000,00 € und/oder für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft von zwei Wochen anzudrohen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, dass das Wäschetrocknen in der Wohnung zum normalen Mietgebrauch gehöre. Die Wohnung werde während der Wäschetrocknung ausreichend belüftet und beheizt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und mitüberreichten Anlagen verwiesen.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Unterlassung der Wäschetrocknung in der Dachgeschoss der Beklagten nach §§ 541, 535, 1004 BGB.

Der Vermieter einer Mietwohnung hat gegen den Mieter nach §§ 541, 535, 1004 BGB einen Unterlassungsanspruch nur in den Fällen eines vertragswidrigen Gebrauchs der Mietsache durch den Mieter. Der Mieter muss den vertragswidrigen Gebrauch auch nach erfolgter Abmahnung weiterhin fortsetzen.

Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin konnte durch die Regelungen in § 23 des Mietvertrages in Verbindung mit der Haus- und Waschordnung der Beklagten das Wäschetrocknen in der Dachgeschosswohnung unter Hinweis auf das Vorhandensein eines Trockenraums im Kellergeschoss nicht verboten werden. Die Klägerin hat zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass mit Rücksicht auf § 23 des schriftlichen Mietvertrages die Haus- und Waschordnung Vertragsbestandteil geworden ist, aber das Landgericht Düsseldorf -Berufungszivilkammer in Zivilsachen- hat durch Beschluss vom 18.4.2008 ausgeführt, dass die Hausordnung grundsätzlich nur die für das Verhalten der Mieter untereinander maßgebende „Rechtsordnung“ darstellt. Bereits aus diesem Grund sei es zweifelhaft, ob eine Hausordnung das Verbot des Wäschetrocknens in der Wohnung, das keinerlei Auswirkungen auf das Zusammenleben der Mieter untereinander habe, überhaupt wirksam regeln könne. Jedenfalls könne in einer Hausordnung grundsätzlich nur eine nähere konkrete Ausgestaltung bestehender Rechte und Pflichten der Mieter erfolgen. Hingegen könnten dem Mieter nicht zusätzlich wesentliche Pflichten auferlegt oder mietvertraglich bzw. gesetzlich eingeräumte Rechte wesentlich eingeschränkt oder gar aufgehoben werden (Emmerich in Emmerich/Sonnenschein, Miete Handkommentar, 9. Auflage, 2007, vor § 535, Rn. 52). Daher sei zum Beispiel ein in der Hausordnung enthaltenes Verbot des Aufstellens von Waschmaschinen, Geschirrspülern und anderen gebräuchlichen Haushaltsgeräten in der Wohnung, soweit diese fachgerecht betrieben und aufgestellt werden, in einer Hausordnung ebenso unzulässig wie in einem Formularmietvertrag, weil hierdurch der gesetzlich und mietvertraglich zulässige Gebrauch der Mietsache wesentlich eingeschränkt werde.

Das Landgericht Düsseldorf hat darauf hingewiesen, dass eine höchstrichterliche Entscheidung bislang nicht vorliege, ob das Trocknen von Wäsche innerhalb der Wohnung trotz Vorhandenseins eines dem Mieter zugänglichen Trockenraums im Hause untersagt werden könne oder ob das Trocknen von Wäsche in der Wohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache gehöre. Es erscheine vertretbar, dass Trocknen von Wäsche auf Wäscheständern oder Ähnlichem innerhalb der Wohnung für vom gewöhnlichen Mietgebrauch umfasst anzusehen, soweit sich das Trockenaufkommen im Rahmen des Üblichen halte. Der Umfang des Trockenaufkommens (drei Waschtage pro Monat) war bereits Gegenstand des Prozesskostenhilfeverfahrens und damit Gegenstand der Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf im Prozesskostenhilfeverfahren. Das Trockenaufkommen von drei Waschtagen pro Monat hält sich im Rahmen des Üblichen, so dass das Trocknen von Wäsche auf Wäscheständern oder ähnlichen Vorrichtungen innerhalb der Wohnung vom gewöhnlichen Mietgebrauch umfasst wird. Die Klägerin, die insoweit darlegungs- und beweispflichtig ist, hat nicht anhand konkreter Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass das monatliche Trockenaufkommen der Beklagten in der streitgegenständlichen Wohnung im Durchschnitt mehr als drei Waschtage pro Monat betragen hat und dass infolge eines unzureichenden Lüftungs- und Heizverhaltens der Beklagten eine konkrete Gefährdung der Sachsubstanz der Wohnung eintreten wird bzw. bereits Anfangsschäden in der Wohnung tatsächlich eingetreten sind. Sie hat zum zeitlichen Umfang des Wäschetrocknens in der Wohnung der Beklagten in der Klageschrift (Seite 3) konkrete Daten angegeben. Im Durchschnitt der Monate Juli bis November 2007 ergeben sich aus den vorgetragenen Daten durchschnittlich nicht mehr als drei Waschtage pro Monat. Das tatsächliche Vorbringen der Klägerin zum Lüftungsverhalten der Beklagten ist vollkommen unsubstantiiert bzw. substanzlos, denn sie kann naturgemäß aufgrund von Beobachtungen von außen keine konkreten Angaben dazu machen, wann und in welchem Umfang die Beklagte die Wäschetrocknung in der Wohnung vornimmt und wann und in welchem Umfang die Beklagte die Wohnung tatsächlich lüftet. Der pauschale Vortrag der Klägerin zum Lüftungsverhalten der Beklagten im Schriftsatz vom 23.5.2008 (Bl. 103 GA) ist einer Beweisaufnahme bereits nicht zugänglich, denn die Klägerin wird nicht lückenlos über vierundzwanzig Stunden am Tag die Öffnung/Nichtöffnung der Fenster der Mietwohnung der Beklagten beobachtet haben bzw. beobachtet haben können, so dass die Vernehmung der angebotenen Zeugin insoweit ein unzulässiger Ausforschungsbeweis wäre. Auch aus dem Heizungsverhalten der Beklagten, welches sich aus den Verbrauchserfassungslisten 2005/2006 bzw. 2006/2007 ergibt, lassen sich keine eindeutigen Rückschlüsse auf ein unzureichendes Heizungsverhalten der Beklagten ziehen, zumal im Vergleich der Verbrauchserfassungslisten 2005/2006 zu 2006/2007 ein erhöhter Verbrauch im Jahr 2006/2007 im Vergleich zum Vorjahr eingetreten ist. Eine Steigerung der Verbrauchseinheiten geht damit einher mit dem Beginn der Wäschetrocknung in der Wohnung der Beklagten. Die Klägerin hat nach dem Sach- und Streitstand damit nicht anhand konkreter Tatsachen vorgetragen, dass die Beklagte in den Zeiten der Wäschetrocknung in der Wohnung die Mietwohnung nicht ausreichend gelüftet bzw. beheizt hat. Sie hat zudem nicht anhand konkreter Tatsachen vorgetragen, dass infolge des bisherigen Mietgebrauchs durch die Beklagte (Trocknung der gesamten Wäsche in der Wohnung) bereits ein Anfangsschaden tatsächlich eingetreten ist. Die Klägerin befürchtet insoweit lediglich aufgrund der tatsächlichen Nutzung durch die Beklagte den Eintritt eines entsprechenden Schadens. Letzteres ist aber insoweit nicht ausreichend.

Es kann für die Entscheidung des Rechtsstreits auch dahingestellt bleiben, ob infolge der Wäschetrocknung in der Mietwohnung ein unangenehmer Geruch im Treppenhaus des Mietobjektes entstanden ist oder nicht bzw. ob es nach feuchtschwangerer Luft im Treppenhaus riecht oder nicht, denn allein das Auftreten des Geruchs von gewaschener Wäsche im Treppenhaus führt nicht dazu, dass dem Mieter das Trocknen der Wäsche in der Wohnung untersagt werden kann. Letztendlich handelt es sich bei der Einordnung bzw. dem Auftreten von Gerüchen im Treppenhaus als angenehm oder unangenehm um eine lediglich subjektive Bewertung ohne objektive überprüfbare Anknüpfungstatsachen.

Im Ergebnis gehört das Trocknen der Wäsche in der Mietwohnung zum gewöhnlichen Mietgebrauch der Mietwohnung und konnte daher von der Klägerin durch eine Allgemeine Geschäftsbedingungen im Mietvertrag nicht wirksam untersagt werden. Die Klage war mithin vollumfänglich abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711, 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf insgesamt 1.500,00 € festgesetzt.

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