Zum Leinenzwang bei einem Collie-Mischlings-Rüden

VG Augsburg, Urteil vom 8. September 2008 – Au 5 K 08.262

Zum Leinenzwang bei einem Collie-Mischlings-Rüden

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Eigentümerin und Halterin des Collie-Mischlings-Rüden „Bobby“ (geb. am 12.6.2000; Schulterhöhe ca. 63 cm; Gewicht ca. 33 kg).

Mit Bescheid vom 22. Juni 2007 traf die Beklagte nach vorheriger Anhörung der Klägerin folgende Anordnungen:

„1. …

1.1. Sie dürfen den Hund, außerhalb der Wohnung bzw. umfriedeten Besitztums, nur noch an einer max. 1 m langen, reißfesten Leine, mit schlupfsicher angebrachten Halsband angeleint, ausführen (das Anleinen muss dabei bereits vor dem Öffnen der Wohnung- bzw. Grundstückstüre erfolgen). Davon abweichend können Sie Ihren Hund außerhalb bebauter Gebiete (dies gilt nicht für öffentliche Grün- und Parkanlagen – in … i.S. der Grünanlagensatzung der Stadt …) auch an eine sog. Laufleine anleinen, wobei jedoch bei der Begegnung mit fremden Hunden der Hund an kurze Leine zu nehmen ist. Diese Anordnung gilt auch, wenn der Hund durch andere Personen ausgeführt wird.

Im Außenbereich von Ortschaften auf freien überschaubaren Feldern und Wiesen, ohne öffentliche Wege, entfällt der Leinenzwang, wenn sich keine fremden Personen/andere Hunde in der Nähe befinden, der Hund sofort gehorcht und sich jederzeit, wenn erforderlich, anleinen lässt, und keine Gefahrensituationen (wie sie z.B. bei der Begegnung mit fremden Personen oder Hunden oder mit Wildtieren entstehen können) erkennbar sind.

Eventuelle Anleinpflichten oder Verbote auf Grund anderweitiger Rechtsvorschriften (auch aus dem Zivilrecht) bleiben hiervon jedoch unberührt.

1.2. Soweit der Hund von einer anderen Person ausgeführt wird oder vorübergehend betreut wird, haben Sie diese über die getroffenen Anordnungen zu informieren und auf geeignete Weise sicherzustellen, dass diese die getroffenen Anordnungen einhält.

1.3. Die Anordnungen sind, so weit nicht anderes bestimmt ist, spätestens ab dem Tage nach der Bescheidzustellung einzuhalten und zu beachten. Weitere Anordnungen bleiben ausdrücklich vorbehalten.

2. Falls Sie die in Ziffer 1.1. bis 1.2. festgelegten Verpflichtungen nicht, nicht fristgerecht oder nicht vollständig erfüllen, wird ein Zwangsgeld i.H. von 200,00 € je nicht eingehaltener Verpflichtung (unabhängig von der Anzahl der betroffenen Hunde) fällig.

3. Für Ziffer 1 dieses Bescheides wird die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung angeordnet.

4. Sie haben die Kosten des Verfahrens einschließlich Ihrer notwendigen Auslagen zu tragen. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr von 80,00 € festgesetzt, die Auslagen der Zustellung betragen 5,60 € (zusammen 85,60 €). Der Gesamtbetrag wird 4 Wochen nach Bescheidzustellung zur Zahlung fällig.“

Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass der Hund der Klägerin nach den Mitteilungen und Ermittlungen der Polizei am 17. August 2006 gegen 11.30 Uhr den angeleinten Hund des Zeugen … vor dem Anwesen …str. …, …, grundlos angegriffen und dabei auch den Zeugen … mehrmals in den rechten Unterarm gebissen habe. Die Klägerin habe ihren Hund nicht angeleint. Nach der Schilderung des Zeugen … bei der Polizei sei dieser gerade dabei gewesen, seinen Hund ins Auto springen zu lassen, als sich die Klägerin mit ihrem Hund genähert habe. Der unangeleinte Collie-Mischling der Klägerin sei in Richtung des Zeugen gerannt. Eine durch den Zeugen an die Klägerin gerichtete Aufforderung, ihren Hund zurückzurufen, sei diese nicht nachgekommen. Sie sei vielmehr auf der anderen Straßenseite stehengeblieben und habe beobachtet, wie ihr Hund den Hund des Zeugen … angegriffen habe. Auch nachdem der Zeuge … der Klägerin seine blutenden Wunden gezeigt habe, habe sich die Klägerin dafür nicht interessiert und sei auch nicht bereit gewesen, ihre Haftpflichtversicherung anzugeben. Die Angaben der Klägerin gegenüber der Polizei seien demgegenüber nicht nachvollziehbar. Auf Grund eines ärztlichen Attestes stehe fest, dass die Verletzungen am Unterarm des Zeugen … tatsächlich von einem Hundebiss stammten. Es sei somit auszuschließen, dass sich der Zeuge … bei einem Sturz verletzt haben könnte, so wie es die Klägerin behaupte. Dem Hund des Zeugen … sei es auch mit Sicherheit nicht möglich gewesen, so wie von der Klägerin behauptet, seinen Herrn im gestürzten Zustand hinter sich her zu ziehen und dann den Hund der Klägerin in den Nacken zu beißen. Dagegen spreche auch das Alter und die Größe des Hundes des Zeugen … sowie das Körpergewicht des Zeugen …. Das Gutachten des Sachverständigen … vom 29. Oktober 2005 müsse deshalb auf Grund dieses erneuten Vorfalls als hinfällig betrachtet werden. Die dort getroffenen Feststellungen seien offensichtlich nicht mehr zutreffend. Auf Grund des beschriebenen Vorfalles müsse davon ausgegangen werden, dass durch das Verhalten des Hundes der Klägerin Leben und Gesundheit von Menschen und Eigentum erheblich bedroht und gefährdet werde. Zum Schutz vor diesen Gefahren seien die angeordneten Maßnahmen erforderlich. Durch die Anleinverpflichtung werde gewährleistet, dass der Hund der Klägerin nicht mehr ohne Aufsicht bzw. direkte Einwirkungsmöglichkeit seitens des Halters frei herumlaufen könne und dadurch Personen oder andere Tiere gefährde. Auch wegen der Tatsache, dass die Klägerin mit ihrem Hund in der Vergangenheit immer wieder in Auseinandersetzungen mit anderen Hundehaltern und deren Tieren verwickelt gewesen sei, gelte es, durch geeignete Sicherungsmaßnahmen wie die Anleinverpflichtung Vorfälle wie den geschilderten in Zukunft zu vermeiden. Die Anordnungen gemäß Art. 18 Abs. 2 LStVG seien notwendig und zum Schutz vor Gefahren für Leben, Gesundheit und Eigentum erforderlich und geeignet. Sie könnten bereits erlassen werden, wenn es noch nicht zu einem Beißvorfall gekommen sei. Die Anordnungen seien auch verhältnismäßig, da deren Einhaltung zumutbar und ohne besondere Schwierigkeiten möglich sei. Die Anordnungen entsprächen pflichtgemäßem Ermessen; die Interessen der Allgemeinheit überwögen auf Grund des beschriebenen Vorfalles die Interessen der Klägerin. Auf die weitere Begründung des Bescheides wird ergänzend Bezug genommen.

Die Klägerin erhob gegen den am 29. Juni 2007 zugestellten Bescheid am 18. Juli 2007 Widerspruch, den sie im Wesentlichen wie folgt begründete:

Am 17. August 2006 sei sie mit ihrem Hund auf dem Weg nach Hause gewesen. Als sie ungefähr auf der Höhe des Hauses des Zeugen … in der …-Straße gewesen sei, sei plötzlich zwischen den parkenden Autos der Hund des Zeugen … hervorgeschossen. Der Zeuge … habe den Hund nur am Halsband gehabt und sei sehr hart auf den Boden gefallen. Dann habe er den Hund losgelassen und dieser sei sofort auf ihren Hund losgegangen. Nachdem der Zeuge … seinen Hund wieder am Halsband gehabt habe, sei er hinter den Autos verschwunden und habe geschrien „Dein Hund hat mich gebissen!“. Er habe den Arm gehoben und sie habe keine Verletzung, insbesondere kein Blut und keinen Biss gesehen. Der Zeuge sei dann mit seinem Hund weggefahren. Er habe sie auch nicht nach ihrer Versicherung befragt. Danach habe sie eine Anzeige des Zeugen … wegen Körperverletzung erhalten. Dies stelle eindeutig einen Racheakt dar, weil sie seit mehreren Jahren von der Familie … beleidigt und belästigt werde. Der Hund der Familie … sei höchst aggressiv und habe ihren Hund innerhalb von drei Jahren fünfmal grundlos angegriffen. Einen Tag nach diesem Vorfall sei die Frau des Zeugen … zu ihr gekommen und habe sich für das Verhalten ihres Mannes entschuldigen wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2008, der Klägerin zugestellt am 5. Februar 2008, wies die Regierung von … den Widerspruch zurück. Nachdem für die Zukunft eine konkrete Gefährdung der Schutzgüter Leben, Gesundheit und Eigentum durch den Hund der Klägerin nicht auszuschließen sei, seien die Anordnungen auf der Grundlage des Art. 18 Abs. 2 LStVG berechtigt. Die Klägerin habe den Vorfall vom 17. August 2006 bei der polizeilichen Vernehmung am 29. August 2006 anders geschildert als in der Widerspruchsbegründung. Die Tatsache, dass die Klägerin zwei verschiedene Versionen des Vorfalls abgegeben habe, spreche dafür, dass die Schilderung des Vorfalls durch den Zeugen … zutreffe. Der Vorfall vom 17. August 2006 zeige, dass der Hund der Klägerin eine konkrete Gefahr darstelle. Der unangeleinte Hund der Klägerin habe den Hund des Zeugen … angegriffen, was diesen zum Eingreifen veranlasst habe. Auch das Alter und die Größe des Labrador-Mischlings des Zeugen … sowie das Körpergewicht des Zeugen … sprächen dagegen, dass der Labrador den Zeugen … hinter sich hergezogen habe und dann den Hund der Klägerin in den Nacken gebissen habe. Die Tatsache, dass die Beklagte mit Bescheid vom 29. Dezember 2005 auf Grund der Wesensbegutachtung des Hundes der Klägerin durch den öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen … vom 29. Oktober 2005 den mit Bescheid vom 12. Januar 2004 angeordneten Leinen- und Maulkorbzwang für den Hund der Klägerin aufgehoben habe, stehe bei späteren Auffälligkeiten des Hundes einer erneuten Anordnung zur Haltung des Hundes nicht entgegen. Solche Gutachten seien Momentaufnahmen und schlössen nicht aus, dass verschiedene Faktoren in der weiteren Haltung und Führung des Hundes zu Verhaltensänderungen führen könnten. Auf die weitere Begründung des Widerspruchsbescheides wird Bezug genommen.

Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 4. März 2008, eingegangen am 5. März 2008, ließ die Klägerin Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg erheben und zuletzt in der mündlichen Verhandlung beantragen:

1. Der Bescheid der Stadt … vom 22. Juni 2007, Az. …, in Form des Widerspruchsbescheids der Regierung von … vom 31. Januar 2008, Az. …, zugestellt am 5. Februar 2008, wird aufgehoben.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Zur Begründung der gestellten Anträge wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 2 LStVG im Hinblick auf den Hund der Klägerin nicht erfüllt seien. Die Klägerin und der Zeuge … hätten seit langer Zeit Probleme, weil der Hund des Zeugen … in der Vergangenheit mehrfach den Hund der Klägerin angegriffen habe. Seitdem auf Grund einer Mitteilung der Klägerin ein Leinenzwang für den Hund des Zeugen … angeordnet worden sei, sei das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Familie … äußerst gespannt. Am 17. August 2006 sei der nicht angeleinte, jedoch vom Zeugen … am Halsband gehaltene Hund zwischen den Autos hervorgeschossen. Der Zeuge … sei dabei zu Fall gekommen und dessen Hund habe den Hund der Klägerin am Nacken gepackt. Nachdem der Zeuge … sich wieder aufgerappelt habe, habe er der Klägerin zugerufen, dass deren Hund ihn gebissen habe. Die Klägerin habe jedoch keine Verletzungen beim Zeugen … erkennen können. Das ärztliche Attest vom 25. August 2006 sei der Klägerin nicht bekannt. Es sei im Übrigen auch wesentlich wahrscheinlicher, dass sich der Zeuge … etwaige Verletzungen durch seinen eigenen Hund zugezogen habe. Jedenfalls lägen bezüglich des Hundes der Klägerin mehrere Sachverständigengutachten vor, die feststellten, dass der Hund der Klägerin keineswegs gesteigert/aggressiv oder bösartig, und zwar weder gegenüber Menschen noch gegenüber Hunden, sei. Dies stütze die Glaubwürdigkeit der Aussage der Klägerin, ihr Hund sei vom Hund des Zeugen … angegriffen worden. Die Feststellungen in den Gutachten sprächen dafür, dass der Hund der Klägerin vom Hund des Zeugen … angegriffen worden sei, als dieser versucht habe, seinen Hund zurückzuziehen und möglicherweise dabei verletzt worden sei. Bei dieser Sachlage seien die getroffenen Anordnungen weder erforderlich noch verhältnismäßig.

Dem gleichzeitig mit der Klage gestellten Antrag, der Klägerin Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ihr Rechtsanwältin … beizuordnen, wurde mit Beschluss des Gerichts vom 5. Mai 2008 stattgegeben mit der Begründung, dass die Erfolgsaussichten der Klage als offen anzusehen seien, weil eine Beweisaufnahme notwendig erscheine.

Die Beklagte beantragt mit Schriftsatz vom 13. März 2008,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des gestellten Antrags wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beklagte zwar nicht verkenne, dass zwischen der Klägerin und der Familie des Zeugen … Spannungen vorhanden seien, jedoch kein ernsthafter Zweifel daran bestehe, dass der Hund der Klägerin am 17. August 2006 den Zeugen … gebissen habe. Dies ergebe sich nicht nur aus den Aussagen des Zeugen …, sondern auch aus dem ärztlichen Attest vom 25. August 2006, wonach sich der Zeuge … am 17. August 2006 in ärztliche Behandlung begeben habe, wo sich Bissverletzungen am rechten Unterarm zeigten. Die Behauptung der Klägerin, es sei wesentlich wahrscheinlich, dass sich der Zeuge … etwaige Verletzungen durch seinen eigenen Hund zugezogen habe, sei weder belegt noch belegbar. Sie sei vor allem nicht einmal mit den eigenen Schilderungen der Klägerin vom Vorfall am 17. August 2006 vereinbar. Mit dem Hinweis auf die Gutachten vom 29. Oktober 2005 und 25. Juli 2005 verkenne die Klägerin, dass es sich bei solchen Gutachten stets nur um eine Momentaufnahme handeln könne. Die Beklagte halte jedenfalls die Voraussetzungen für die Anordnung eines Leinenzwangs für gegeben und auch bei Abwägung der gegenläufigen Interessen für dringend geboten. Es sei schlechterdings nicht zu vermitteln, wenn die zuständige Behörde trotz diverser Probleme mit dem Hund der Klägerin weiterhin ohne den Erlass eines Auflagenbescheides Risiken für andere Bürger hinnehme, die gegebenenfalls weit über die Bissverletzungen hinausgingen, die der Zeuge … vom Hund der Klägerin zugefügt bekommen habe.

Am 8. September 2008 fand mündliche Verhandlung statt. Das Gericht hat durch die Vernehmung von Zeugen u.a. Beweis erhoben über die Vorkommnisse vor dem Anwesen …-Straße …, …, am 17. August 2006. Wegen der Einzelheiten wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Sachverhalts auf den gesamten Inhalt der Gerichtsakte, den der beigezogenen Verfahrensakte Au 5 K 04.1335 sowie den der beigezogenen Behördenakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

I.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juni 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides der Regierung von … vom 31. Januar 2008 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die in Nr. 1 (Nrn. 1.1 bis 1.3) des Bescheides vom 22. Juni 2007 getroffenen Anordnungen finden ihre Rechtsgrundlage in Art. 18 Abs. 2 LStVG. Nach dieser Bestimmung können die Gemeinden zum Schutz von Leben, Gesundheit, Eigentum oder der öffentlichen Reinlichkeit Anordnungen für den Einzelfall zur Haltung von Hunden treffen. Diese Befugnis ist im Gegensatz zu Art. 18 Abs. 1 LStVG sachlich nicht auf das freie Umherlaufen von Hunden beschränkt, sondern deckt auch andere, auf Hunde bezogene Anordnungen, Anforderungen an den Ort der Hundehaltung oder die Person des Hundehalters. Von der Rechtsgrundlage des Art. 18 Abs. 2 LStVG hat die Beklagte im vorliegenden Fall in rechtmäßiger Weise Gebrauch gemacht.

Die Anwendung der sicherheitsrechtlichen Befugnisform des Art. 18 Abs. 2 LStVG setzt das Vorliegen einer konkreten Gefahr voraus, die im sicherheitsrechtlichen Sinne dann vorliegt, wenn in dem zu beurteilenden Einzelfall in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann (vgl. BayVGH vom 18.2.2004 BayVBl 2004, 461; BVerwG vom 3.7.2001 BVerwGE 116, 347). Dabei sind an die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Schadens um so geringere Anforderungen zu stellen, je größer der zu erwartende Schaden ist. Die an das Vorliegen einer Gefahr zu stellenden Anforderungen hängen sonach von der Wertigkeit des betroffenen Rechtsguts ab. Bei einem hohen Schutzgut kann je nach den Umständen des Einzelfalls auch ein konkreter Gefahrenverdacht für eine sicherheitsrechtliche Anordnung ausreichen (BayVGH vom 18.2.2004 a.a.O.). Für Einzelanordnungen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG ist es nicht erforderlich, dass ein Hund bereits durch Beißen von Menschen oder Tieren oder sonstiges aggressives Verhalten auffällig geworden ist. Zu Zwischenfällen mit körperlichen Schäden muss es vor dem Erlass einer entsprechenden Anordnung noch nicht gekommen sein. Die Gefahrenabwehr setzt nicht voraus, dass bereits ein schädigendes Ereignis stattgefunden hat. Eine konkrete Gefahr kann deshalb nicht nur dann angenommen werden, wenn ein Hund bereits öfter gegen verschiedene Personen oder Hunde „auffällig“ geworden ist. Es reicht vielmehr, wenn angesichts der Umstände des Einzelfalles damit gerechnet werden muss, dass es zu einer Beeinträchtigung der genannten Rechtsgüter kommt. Zu (Beiß-)Zwischenfällen muss es deshalb vor dem Erlass einer entsprechenden Anordnung noch nicht notwendig gekommen sein (vgl. BayVGHG vom 13.1.2005 Az. 24 ZB 04.664). Wenn es allerdings bereits zu einem Beißvorfall gekommen ist, liegt für die Sicherheitsbehörde jedenfalls grundsätzlich ein Anlass zum Einschreiten vor. In einem solchen Fall besteht grundsätzlich Veranlassung für Maßnahmen nach Art. 18 Abs. 2 LStVG.

Hinsichtlich des in Ziffer 1.1, Satz 1 und 2 des Bescheides vom 22. Juni 2007 angeordneten Leinenzwangs hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung ohnehin mehrfach versichert, dass es für sie selbstverständlich sei, ihren Hund innerorts angeleint zu führen. Gewichtige Anhaltspunkte für die sicherheitsrechtliche Notwendigkeit eines Leinenzwangs ergeben sich einerseits schon auf Grund der Größe und des Gewichts des Collie-Mischlingsrüden „Bobby“ sowie auf Grund des Umstands, dass sich bei Hunden – mag der einzelne im Grundsatz auch ein gutartiges Naturell haben – unvorhersehbare, unberechenbare Reaktionen und Situationen, zumal mit zunehmenden Alter und bei gleichgeschlechtlichen Artgenossen, nie ganz ausschließen lassen. Dadurch wiederum können in Verbindung mit spontanen Folgereaktionen, beispielsweise von Kindern und anderen Verkehrsteilnehmern, beträchtliche Gefahren für diese selbst oder auch für Sachen entstehen. Andererseits ist die Anordnung des Leinenzwangs auf Grund des Vorfalls am 17. August 2006 gegen 11.30 Uhr konkret veranlasst und rechtlich begründet. Der Hund der Klägerin lief – und das hat die Klägerin auch nie bestritten, weder in ihren schriftlichen Angaben im Verwaltungsverfahren, noch in der mündlichen Verhandlung – unangeleint innerhalb des Stadtgebiets in der …-Straße in … frei herum. Nach Auffassung des Gerichts ergibt sich im vorliegenden Fall mit hinreichender Deutlichkeit das Vorliegen einer konkreten Gefahr zum einen aus den in den Verwaltungsakten dokumentierten Vorgängen, die den Vorfall vom 17. August 2006 in der …-Straße in … betreffen. Die von der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen, die den vorgenannten Vorfall betreffen und davon ausgehen, dass allein der Hund der Klägerin den Zeugen … mehrmals in den rechten Unterarm gebissen habe, haben sich zwar in der mündlichen Verhandlung durch die Einvernahme des Herrn … als Zeugen in dieser Form nicht bestätigt. Während der Zeuge … bei seiner polizeilichen Zeugenvernehmung am 17. August 2006 (Bl. 29 der Behördenakten) noch angegeben hatte, dass er an diesem Tag vom Hund der Klägerin mehrmals in den rechten Unterarm gebissen worden sei, hat er bei seiner Einvernahme als Zeuge in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht angegeben, dass sein Arm „dann in die Hundemäuler“ gekommen sei. Dies hat er auf nochmalige Nachfrage des Gerichts bestätigt und ist bei seiner Aussage geblieben, dass sein Arm in beide Hundemäuler geraten sei und er nicht wisse, welcher von den beiden Hunden ihn „erwischt“ habe. Er schloss es auf weitere Frage des Gerichts auch nicht aus, dass ihn beide Hunde gebissen haben könnten. Ansonsten stimmte die Aussage des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht detailgenau mit seinen Ausführungen anlässlich der polizeilichen Zeugenvernehmung am 17. August 2006 überein. Die glaubwürdige Aussage des Zeugen, der den Vorfall am 17. August detailliert geschildert hat, belegt in ihrer Genauigkeit die von dem Hund der Klägerin ausgehende konkrete Gefahr. Aus der von keinerlei Belastungseifer geprägten Aussage des Zeugen … geht hervor, dass er am 17. August 2006 seinen Hund Gismo, einen Labradormischling, gegen 11.30 Uhr angeleint zu seinem vor dem Anwesen …-Straße …, …, geparkten Auto führen und ihn dort einladen wollte. Der Zeuge hat glaubwürdig geschildert, dass er dabei den auf der anderen Straßenseite frei laufenden Hund der Klägerin erblickt habe und mit seinem Hund flüchten wollte, aber der Hund der Klägerin ihm und seinem Hund den Weg abgeschnitten habe. Der Hund der Klägerin sei von der gegenüberliegenden Straßenseite auf die Straßenseite, auf der er sich mit seinem Hund befunden habe, gelaufen. Der Hund der Klägerin habe seinen Hund praktisch abgepasst. Dann habe eine wilde Keilerei zwischen den Hunden stattgefunden, wobei er seinen Hund jedoch die ganze Zeit an der Leine gehabt habe, auch als er gestürzt sei.

Den Aussagen des Zeugen … konnte die Klägerin substantiiert nichts entgegensetzen. Die Klägerin hat sich vielmehr darauf beschränkt, die Bissverletzung des Zeugen H. mehr oder weniger zu bestreiten bzw. die Bissverletzung darauf zurückzuführen, dass sich der Zeuge … sie entweder bei seinem Sturz über den Bordstein bzw. von seinem eigenen Hund zugezogen habe. Bei ihrer polizeilichen Beschuldigtenvernehmung am 29. August 2006 hat sie angegeben, dass sie mit ihrem unangeleinten Hund auf der dem Anwesen … gegenüberliegenden Straßenseite gegangen sei und dass der Zeuge … ihr seinen Arm entgegengestreckt habe mit der Bemerkung, dass ihr Hund den Zeugen … gebissen habe. Anlässlich ihrer Anhörung vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheides, in ihrem Widerspruch vom 18. Juli 2007 und auch in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin jeweils angegeben, sie habe beim Zeugen … keine (blutende) Bisswunde gesehen bzw. sie habe gar nichts gesehen. Erst auf Vorhalt des Gerichts in der mündlichen Verhandlung, dass sich der Zeuge … wegen eines Hundebisses, den er sich laut ärztlichem Attest vom 25. August 2006 am 17. August 2006 zugezogen hat, in ärztliche Behandlung begeben hat, hat die Klägerin die Verletzung des Zeugen … durch einen Hundebiss eingeräumt, den allerdings darauf zurückgeführt, dass der Zeuge … von seinem eigenen Hund gebissen worden sei. Abgesehen davon, dass das Gericht erhebliche Zweifel an den Schilderungen der Klägerin dahingehend hat, sie habe, obwohl der Zeuge … den rechten Arm hochgehoben hat, keine Bisswunden gesehen, was angesichts der mit ärztlicher Bescheinigung vom 25. August 2006 attestierten Bissverletzungen, von denen gerichtsbekannt ist, dass sie zu Anfang stark bluten, äußerst unwahrscheinlich ist, erscheinen auch die Behauptungen der Klägerin, der Hund des Zeugen … habe den Zeugen hinter sich her gezogen, angesichts des Körpergewichts und der kräftigen Statur des Zeugen … als absolut unwahrscheinlich. Hinzu kommt, dass sich die Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 19. August 2008, die Zeugin … habe sich offensichtlich bei ihr für das Verhalten ihres Ehemannes, des Zeugen …, nach dem Vorfall vom 17. August 2006 entschuldigen wollen, nach der Einvernahme der Zeuginnen … und … als haltlos erwiesen hat. Die Zeugin … befand sich zum Zeitpunkt des Vorfalls auf ihrer Arbeitsstelle und hat nach ihrer glaubwürdigen und ebenfalls von keinem Belastungseifer geprägten Aussage von dem Vorfall nichts mitbekommen. Sie hat ausgesagt, dass sie sich nie bei der Klägerin habe entschuldigen wollen und es nicht verstehe, wie die Klägerin überhaupt auf diesen Gedanken komme. Sie habe keinen Kontakt zur Klägerin und wisse gar nicht, wofür sie sich entschuldigen solle. Die Zeugin … hat glaubwürdig ausgesagt, dass bei der Klägerin eine Verwechslung mit einem vollkommen anderen Fall vorliege, der sich vor acht Jahren zugetragen habe. Damals habe es eine Rauferei zwischen den Hunden gegeben und damals habe sich die Zeugin … entschuldigen wollen. Die Beweisaufnahme durch die Einvernahme der vorbenannten beiden Zeuginnen hat jedenfalls erbracht, dass weder für die Behauptung der Klägerin noch für die Schlussfolgerung, die sie daraus gezogen hat, nämlich dass die Ehefrau des Zeugen … keine Veranlassung gehabt hätte, sich bei der Klägerin für das Verhalten ihres Ehemannes zu entschuldigen, wenn der Zeuge … tatsächlich vom Hund der Klägerin gebissen worden wäre, nicht der geringste Anhaltspunkt besteht. Gleiches gilt auch für ihre immer wieder wiederholte Behauptung, für den Hund des Zeugen … sei ein Leinenzwang angeordnet worden (Bl. 52 der Behördenakten). Das Gericht lässt es an dieser Stelle offen, die Glaubwürdigkeit der Äußerungen der Klägerin weiter anhand ihrer Behauptung im Schriftsatz vom 19. August 2008 zu bewerten, weil die Zeugin … einerseits ausgesagt hat, die Zeugin … habe sie ungefähr zwei Wochen nach dem Vorfall angerufen und versucht, sie zu einer Falschaussage des Inhalts zu bewegen, dass der Hund des Zeugen … bei dem Vorfall nicht angeleint und der der Klägerin angeleint gewesen sei und weil die Zeugin … andererseits ausgesagt hat, die Klägerin habe sie (erst) vor 14 Tagen angerufen. Die Klägerin hat die vorerwähnte Aussage der Zeugin … als „enorme und böse Lüge“ bezeichnet, als sie in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit erhalten hat, hierzu Stellung zu nehmen.

Wenngleich das Gericht nicht verkennt, dass es offenbar in der Vergangenheit zu Spannungen zwischen der Familie … und der Klägerin gekommen ist, ist es jedoch bemerkenswert, dass die Klägerin in weiten Teilen ihres Vortrags im Verwaltungsverfahren, den sie auch im gerichtlichen Verfahren wiederholt hat, darauf abgehoben hat, dass die Familie … ihr „Rache geschworen“ habe, während die Zeugen … und … ihre Aussagen vor Gericht völlig ohne Belastungseifer und ohne dass die von der Klägerin apostrophierten Tendenzen in irgendeiner Weise zum Vorschein gekommen wären, abgaben. Die Zeugen … haben Verständnis für die Situation der Klägerin geäußert und dargelegt, dass sie beispielsweise unter Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit der Klägerin auf die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche verzichtet haben. Bei der Klägerin waren dagegen neben Ansätzen, die auf eine Verharmlosung der Wesenseigenschaft ihres eigenen Hundes hindeuten, deutliche Widersprüche in ihren eigenen Schilderungen des Vorfalls vom 17. August 2006 erkennbar, worauf die Regierung von … zu Recht auch im Widerspruchsbescheid vom 31. Januar 2008 hinsichtlich der Angaben der Klägerin anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmung am 29. August 2006 einerseits und der Widerspruchsbegründung vom 17. Juli 2007 andererseits hingewiesen hat.

Unabhängig davon und unabhängig vom Inhalt der Aussage des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung, sein Arm sei in beide Hundemäuler geraten und er wisse nicht, ob ihn der Hund der Klägerin oder sein eigener Hund „erwischt“ habe und dass es auch sein könne, dass ihn beide Hunde gebissen hätten, sieht sich das Gericht durch das Ergebnis der Beweisaufnahme in der Annahme bestätigt, dass anlässlich des Vorfalls am 17. August 2006 der Hund der Klägerin zuerst aggressiv reagiert hat. Auf Grund der Aussage des Zeugen … und den eigenen Äußerungen der Klägerin steht übereinstimmend fest, dass sich die Klägerin mit ihrem unangeleinten Hund auf der dem Anwesen der Zeugen … gegenüberliegenden Straßenseite befand, während der Zeuge … sich mit seinem angeleinten Hund zunächst auf dem seinem Anwesen vorgelagerten Gehweg befand. Nach Auffassung des Gerichts ist es denkgesetzlich unmöglich, dass sich der angeleinte Hund des Zeugen …, diesen hinter sich herziehend, auf die gegenüberliegende Straßenseite bewegt haben könnte, um dort, so wie von der Klägerin vorgetragen, ihren eigenen Hund anzugreifen. Nachdem der Zeuge … auch auf nochmalige Nachfrage des Gerichts wiederholt hat, dass er seinen Hund „jede Sekunde an der Leine gehabt“ habe, auch als er schon gestürzt sei und am Boden gelegen habe, stellt sich die Situation für das Gericht so dar, dass der unangeleinte Hund der Klägerin, nachdem er den Hund des Zeugen … wahrgenommen hat, so wie vom Zeugen … geschildert, von der anderen Straßenseite her gelaufen kam und sozusagen die Ursache für den Beißvorfall gesetzt hat. Bezeichnend ist auch, dass die Klägerin in ihrer Beschuldigtenvernehmung vom 29. August 2006 sowie während des gesamten Verwaltungsverfahrens immer wieder angegeben hat, sie habe sich mit ihrem Hund auf der dem Anwesen der Zeugen … gegenüberliegenden Straßenseite auf dem Gehweg befunden. In der mündlichen Verhandlung hat sie zum ersten Mal geäußert, dass ihr Hund in Richtung des Gehsteigs vor dem Haus der Zeugen … gelaufen sei. Dies deckt sich mit der Aussage des Zeugen … in der mündlichen Verhandlung, dass er den Hund der Klägerin von der anderen Straße aus herlaufen sah und auch mit der Aussage des Zeugen … anlässlich seiner Zeugenvernehmung am 17. August 2006, in der er ausführte, dass der Hund der Klägerin auf ihn und seinen angeleinten Hund zu gelaufen kam. Damit stellt das relativ große und schwere Tier der Klägerin, freilaufend, sich selbst, seinen letztlich auch unberechenbaren Reaktionen und der weiteren Unwägbarkeit von Begegnungssituationen überlassen, eine konkrete, sicherheitsrechtlich relevante Gefahr dar. Wenn dem nicht, wie hier am 17. August 2006 deutlich wurde, von der verantwortlichen Halterin selbst konsequent durch Maßnahmen, die das Tier hinreichend beherrschbar machen und dem Entstehen unwägbarer Situationen vorbeugen, Rechnung getragen wird, ist für die Sicherheitsbehörde Veranlassung gegeben, sie durch eine geeignete Anordnung, hier die des Leinenzwangs, dazu anzuhalten. Auch die gutachterlichen Stellungnahmen, zuletzt die des Sachverständigen … vom 29. Oktober 2005 zur Beurteilung der Gefährlichkeit des Hundes der Klägerin, ändern daran nichts. Die vorgenannte Stellungnahme kommt zu dem Ergebnis, dass „aus heutiger Sicht eine sicherheitsrechtliche Zwangsmaßnahme (Leinen- und/oder Maulkorbzwang) bei „Bobby“ nicht mehr notwendig“ sei. Dabei handelt es sich um eine Momentaufnahme, die keine Gewähr dafür bietet, dass der Hund der Klägerin sich auch ansonsten harmlos verhält. Wesenstests, Sachverständigengutachten und ähnliche Maßnahmen bieten, selbst wenn sie von sachkundigen Personen durchgeführt werden, keine vollkommen verlässliche Grundlage für die hinreichend sichere Gefährlichkeitsprognose. Sie ermöglichen nur eine Momentaufnahme vom Verhalten des Tieres in einer bestimmten Krisensituation. Dass ein Hund, dessen Ungefährlichkeit auf Grund der Wesensprüfung angenommen wurde, unter anderen Umständen anders reagiert und dabei für den Menschen zur Gefahr wird, lässt sich, zumal wenn die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens in Rechnung gestellt wird, nicht ausschließen (BVerfG vom 16.3.2004 BVerfGE 110, 141 ff. = NVwZ 2004, 597 ff. = DVBl 2004, 698 ff.). Unerheblich ist in diesem Zusammenhang auch, dass der Hund, unterstellt man den Vortrag der Klägerin insoweit als wahr, in den letzten Jahren nicht auffällig geworden ist. Der Vorfall vom 17. August 2006 belegt nach Auffassung des Gerichts eindeutig, dass vom Hund der Klägerin eine Gefahr ausgehen kann. Es besteht auch kein Erfahrungssatz dergestalt, dass ein Hund, der über längere Zeit unauffällig gewesen ist, auch zukünftig unauffällig bleibt (BayVGH vom 21.11.2005 Az. 24 CS 05.2714). In diesem Zusammenhang kann auch die Tatsache, dass die Klägerin mit ihrem Hund in der Vergangenheit immer wieder in Auseinandersetzungen mit anderen Hundehaltern und deren Tieren verwickelt gewesen ist – diese Vorgänge sind in den beigezogenen Verwaltungsakten ab dem Jahr 2001 dokumentiert und hatten bereits am 12. Januar 2004 zum Erlass eines entsprechenden Bescheides geführt, der Gegenstand des Klageverfahrens Au 5 K 04.1335 war – nicht völlig aus der Betrachtung herausgenommen werden.

Im festgelegten Umfang ist die Anordnung des Leinenzwangs auch erforderlich, um die vom Hund der Klägerin ausgehende konkrete Gefahr wirksam zu unterbinden. Ein milderes Mittel ist nicht ersichtlich. Ohne den angeordneten Leinenzwang besteht keine ausreichende und sichere Einwirkungsmöglichkeit auf den Hund. Im Hinblick auf das Gewicht und die Größe des Hundes ist Nr. 1.1 Satz 1 bis 3 der Anordnung, nach der der Hund außerhalb der Wohnung bzw. umfriedeten Besitztums nur noch an einer maximal 1 m langen, reißfesten Leine mit schlupfsicher angebrachtem Halsband ausgeführt werden darf, geboten. Die angeordneten Maßnahmen entsprechen auch dem in Art. 8 LStVG geregelten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da der Hund nach Nr. 1.1 Satz 2 der Anordnung außerhalb bebauter Gebiete auch an eine sog. Laufleine angeleint werden darf und es bei der Begegnung mit fremden Hunden an die kurze Leine zu nehmen ist. Darüber hinaus hat die Beklagte in Nr. 1.1 Satz 4 der Anordnung den Bewegungsdrang des großen Hundes und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch dadurch Rechnung getragen, dass im Außenbereich von Ortschaften auf freien, überschaubaren Feldern und Wiesen, ohne öffentliche Wege, der Leinenzwang entfällt, wenn sich keine fremden Personen oder andere Hunde in der Nähe befinden, der Hund sofort gehorcht und sich jederzeit, wenn erforderlich, anleinen lässt und keine anderen Gefahrensituationen erkennbar sind. Die ausführliche Darlegung der Örtlichkeiten bzw. Situationen, in denen der Hund an die kurze Leine oder Laufleine zu nehmen ist bzw. der Voraussetzungen, unter denen der Leinenzwang entfällt, erfüllt (noch) die Anforderungen, die im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung an die Bestimmtheit und Klarheit der getroffenen Anordnungen zu stellen sind. Dies gilt auch für Nr. 1.1 Satz 5 der Anordnung, die für ein Entfallen des Leinenzwangs sehr hohe, aber im Hinblick auf das Gebot effektiver Gefahrenabwehr noch hinnehmbare Hürden beinhaltet.

Die Anordnung in Nr. 1.2 des Bescheides, mit der sichergestellt werden soll, dass andere Personen, die den Hund der Klägerin ausführen oder vorübergehend betreuen, über die getroffenen Anordnungen informiert werden müssen und auf geeignete Weise sichergestellt werden muss, dass diese anderen Personen die getroffenen Anordnungen einhalten, ist ebenfalls geeignet und erforderlich, um die vom Hund ausgehende Gefahr für die Zukunft zu unterbinden. Die angeordneten Maßnahmen regeln im Grunde lediglich das, was ein verantwortungsbewusster Hundehalter von sich aus jederzeit beachten würde, und sind auch geeignet, den Zweck der Gefahrenabwehr zu fördern. Mildere Mittel als die getroffenen Anordnungen sind nicht erforderlich. Die Klägerin wird dadurch nur verhältnismäßig gering belastet, da sich die Anordnungen im Hinblick auf die zu schützenden Rechtsgüter als vergleichsweise geringfügige Eingriffe darstellen, während ein Überwiegen des öffentlichen Interesses daran besteht, dass die vom Hund der Klägerin ausgehende Gefahr nach Möglichkeit von Anfang an ausgeschlossen wird.

Ermessensfehler, welche im Rahmen des § 114 VwGO beachtlich wären, sind nicht ersichtlich. Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten hat sich die Sicherheitsbehörde mit den relevanten Belangen auseinandergesetzt und diese in vertretbarer Weise gewichtet.

Die unter Ziffer 2. des angefochtenen Bescheides erlassene Zwangsgeldandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 18 ff., 29, 31 und 36 BayVwZVG und ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.

In Verbindung mit der in Nr. 3. des Bescheides angeordneten sofortigen Vollziehung ist auch die in Nr. 1.3 des Bescheides für die Erfüllung der Anordnung gesetzte kurze Frist nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG nicht zu beanstanden.

II.

Als unterlegene Beteiligte trägt die Klägerin gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils im Kostenpunkt beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 ff. ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,– EUR festgesetzt.

Gründe

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffer 2.35.2 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327 ff.).

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