SG München, Beschluss vom 10. März 2021 – S 46 AS 369/21 ER
1. Für einen Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II ist auf den Einzelfall abzustellen und auf den Bedarf, der in dieser Lebenssituation objektiv unabweisbar ist. (Rn.19)
2. Für eine erwachsene Person sind im Regelfall höchstens zehn FFP2-Masken pro Monat erforderlich. Dies kann einen Mehrbedarf nach § 21 Abs 6 SGB II im Eilverfahren nicht begründen. (Rn.23)
(Leitsatz des Gerichts)
Tenor
I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
1
Die Antragsteller begehren im Eilverfahren die gesonderte Übernahme der Kosten von FFP2-Schutzmasken als Leistung nach SGB II.
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Die 1980 geborene Antragstellerin bezieht laufend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom Antragsgegner. Zuletzt wurde ihr mit Änderungsbescheid vom 21.11.2020 Arbeitslosengeld II für Januar 2021 bis einschließlich Mai 2021 von insgesamt monatlich 615,45 Euro bewilligt. Dabei wurde ein Mehrbedarf für Alleinerziehen in Höhe von monatlich 160,56 Euro als Bedarf berücksichtigt. Einkommen aus Erwerbstätigkeit lag nicht vor. Für ihre beiden im Februar 2014 geborenen Söhne (Antragsteller zu 2 und 3) wurde kein Sozialgeld bewilligt, da deren Bedarf durch Kindergeld, Kindesunterhalt und Unterhaltsvorschuss abgedeckt wird.
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Die Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 12.01.2021 beim Antragsgegner für sich und ihre beiden Söhne die Übernahme der Kosten für den Kauf von 30 Stück FFP2-Masken für die Zeit von 18.01.2021 bis 31.01.2021. Es bestehe ein Anspruch gemäß § 21 Abs. 6 SGB II. Der Bedarf sei laufend und unabweisbar, da sonst in Bayern nicht mehr eingekauft und Nahverkehr nicht mehr benutzt werden könne. Die Masken seien laut Hersteller Einwegartikel und würden 2,59 Euro pro Stück kosten. Die Bewilligung habe bis spätestens 20.01.2021 zu erfolgen. Es stehe dem Antragsgegner selbstverständlich frei, die entsprechende Anzahl an FFP2-Masken kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Zwei Drittel der Masken müssten aber von der Größe her für die beiden sechsjährigen Kinder geeignet sein.
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Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 27.01.2021 ab. Es bestehe kein Anspruch nach § 21 Abs. 6 SGB II. Inzwischen müssten fünf Masken zugeschickt worden sein. Die Kinder seien von der Maskenpflicht befreit. Die Antragstellerin legte dagegen Widerspruch ein. Laut Sozialgericht Karlsruhe (S 12 AS 213/21 ER) bestehe ein Anspruch auf 20 FFP2-Masken pro Woche oder 129,- Euro. Deshalb beantrage sie hiermit wöchentlich 60 Masken oder wahlweise 387,- Euro pro Monat bis zur Aufhebung der Maskenpflicht. Diesen erweiterten Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19.02.2021 ab. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid ebenfalls vom 19.02.2021 zurückgewiesen.
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Am 04.03.2021 stellte die Antragstellerin für sich und ihre beiden Söhne beim Sozialgericht München einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und erhob zugleich Klage. Der Warenkorb des SGB II beinhalte keinen Posten für die Beschaffung von FFP2-Masken. Durch die Verpflichtung zum Maskentragen in vielen Alltagssituationen und die dadurch entstehenden sehr hohen Kosten sei die Teilnahme am sozialen Leben nicht mehr möglich. Die Wiederverwendbarkeit der Masken sei selbst in Fachkreisen strittig. Es obliege ihrer freien Entscheidung im Sinne der unverletzlichen freien Entfaltung der Persönlichkeit, die eingeschränkten Bereiche täglich aufzusuchen. Die einmaligen 10 Masken seien mittlerweile längst aufgebraucht, die ersten fünf seien überdies von schlechter Qualität und unbrauchbar gewesen.
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Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
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den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung vorläufig zu verpflichten, ihnen pro Monat entweder 260 FFP2-Masken zur Verfügung zu stellen oder 387,- Euro auszuzahlen.
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Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.
II.
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Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet. Ein Anordnungsanspruch liegt nicht vor und es fehlt auch an einem Anordnungsgrund.
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1. Für die begehrte Begründung einer Rechtsposition im einstweiligen Rechtsschutz ist ein Antrag auf eine Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG statthaft. Der Antrag muss zulässig sein und die Anordnung muss zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheinen. Es muss glaubhaft sein, dass ein materielles Recht besteht, für das einstweiliger Rechtsschutz geltend gemacht wird (Anordnungsanspruch), und es muss glaubhaft sein, dass eine vorläufige Regelung notwendig ist, weil ein Abwarten auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht zumutbar ist (Anordnungsgrund).
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2. Zum Anordnungsanspruch
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Als Grundlage für einen höheren Leistungsanspruch kommt allein ein Härtefallmehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II in Betracht. Der Mehrbedarf ist allerdings kein eigenständiger Streitgegenstand (BSG, Urteil vom 26.05.2011, B 14 AS 146/10 R, juris Rn. 14), er ist lediglich ein Berechnungselement für den Leistungsanspruch auf der Bedarfsseite. Der Antragsgegner hatte über den Leistungsanspruch bestandskräftig entschieden. Mit dem Antrag auf Anerkennung eines Mehrbedarfs begehren die Antragsteller im Hauptsacheverfahren die Änderung der vormaligen Bewilligung wegen einer nachträglichen bedarfserhöhenden Änderung der Verhältnisse zu ihren Gunsten nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB X. Der Antragsgegner lehnte diese Änderung der laufenden Bewilligung mit Bescheiden vom 27.01.2021 und 19.02.2021 ab. Weil dagegen rechtzeitig Widerspruch und Klage erhoben wurde, steht dem Eilverfahren keine bestandskräftige Regelung entgegen.
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Der besondere Bedarf liegt hier bei höchstens zehn FFP2-Masken pro Monat. Er wird aber durch Einsparungen abgedeckt und ist auch der Höhe nach nicht erheblich. Weil somit kein Härtefallmehrbedarf gegeben ist und auch sonst kein höherer Leistungsanspruch erkennbar ist, liegt kein Anordnungsanspruch vor.
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Nach § 21 Abs. 6 SGB II in der ab 01.01.2021 geltenden Fassung (Gesetz vom 09.12.2020, BGBl I S. 2855, 2859) wird bei Leistungsberechtigten ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht; bei einmaligen Bedarfen ist weitere Voraussetzung, dass ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II ausnahmsweise nicht zumutbar oder wegen der Art des Bedarfs nicht möglich ist. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. Dieser Mehrbedarf hat seinen Ursprung im Urteil des BVerfG vom 09.02.2010, 1 BvL 1/09 und § 21 Abs. 6 SGB II ist dieser Entscheidung nachgebildet.
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Nach §§ 8, 12 Abs. 1 Satz 4 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 15.12.2020 (11. BayIfSMV, BayMBl. 2020 Nr. 737) gilt in Bayern ab 18.01.2021 für den öffentlichen Personennahverkehr und die dazugehörigen Einrichtungen sowie in Verkaufsräumen von Ladengeschäften und den zugehörigen Flächen eine FFP2-Maskenpflicht. Für Kinder zwischen dem sechsten und zwölften Geburtstag besteht nach § 1 Abs. 2 Satz 2 dieser Verordnung lediglich eine Pflicht zum Tragen einer einfachen Mund-Nasen-Bedeckung. Für besondere Einrichtungen und Veranstaltungen (z.B. Gottesdienste, Krankenhäuser, Pflegeheime) gilt ebenfalls Maskenpflicht. Diese Regelungen wurden in der Zwölften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 05.03.2021 (BayMBl. 2021 Nr. 171) beibehalten.
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a) Der Bedarf für Masken ist ein besonderer Bedarf.
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Ein besonderer Bedarf ist entweder ein vom Regelbedarf gar nicht erfasster atypischer Bedarf oder ein Bedarf von besonders hohem Umfang (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 206 ff). Die aktuellen Regelbedarfe und deren Zusammensetzung sind im Regelbedarfsermittlungsgesetz – RBEG vom 09.12.2020, BGBl 2020, S. 2855, festgelegt. Sie beruhen auf einer Sonderauswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2018, vgl. § 1 Abs. 1 RBEG. Den Bedarf für Masken gab es im Jahr 2018 noch nicht. Dieser Bedarf ist den Bedarfen für Gesundheitspflege, bei Einpersonenhaushalten nach § 5 Abs. 1 RBEG monatlich 16,60 Euro bzw. hochgerechnet zum 01.01.2020 auf 17,02 Euro (vgl. Schwabe in Zeitschrift für das Fürsorgewesen – ZfF 2021, S. 3), oder den Bedarfen für andere Waren und Dienstleistungen von monatlich 34,71 Euro bzw. hochgerechnet 35,59 Euro zuzuordnen. Die genaue Zuordnung kann hier offenbleiben. Der Bedarf für Masken ist ein Bedarf von besonders hohem Umfang.
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b) Als unabweisbarer Bedarf sind für eine erwachsene Person im Regelfall höchstens zehn neue FFP2-Masken pro Monat erforderlich. Eine Abweichung hiervon ist im konkreten Fall der Antragstellerin nicht erkennbar. Für Kinder bis zum 12. Geburtstag genügen einige wiederverwendbare Stoffmasken.
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aa) Die Höhe des Bedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II bemisst sich nach dem im Einzelfall unabweisbaren Bedarf. Es geht also um die konkrete Bedarfssituation der betreffenden Person, aber nur um den Bedarf, der in dieser Lebenssituation objektiv unabweisbar ist.
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Die Beschreibung der Unabweisbarkeit in § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II ist nicht sehr hilfreich. Dieser Satz enthält lediglich eine nicht abschließende Aufzählung von Voraussetzungen (BSG, Urteil vom 04.06.2014, B 14 AS 30/13 R, juris Rn. 22), wobei ein Bedarf, der durch Zuwendungen Dritter tatsächlich gedeckt ist, schon kein Mehrbedarf mehr ist, sondern ein gedeckter Bedarf. Im Kern bedeutet Unabweisbarkeit des Bedarfs die Existenznotwendigkeit des zusätzlichen Bedarfs (in diesem Sinne BSG, Urteil vom 08.05.2019, B 14 AS 6/18 R, juris Rn. 28). Der Bedarf muss unverzichtbar und notwendig sein im Rahmen der Sicherung des Existenzminimums.
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bb) Die Lebenssituationen, in denen bestimmte Masken zu tragen sind, definiert der Verordnungsgeber. Dies ist ein geeigneter Maßstab für die Bestimmung des grundsicherungsrechtlichen Bedarfs (ebenso SG Karlsruhe, Beschluss vom 01.03.2021, S 4 AS 470/21 ER). Dass diese Vorgaben gegen höherrangiges Recht wie Verfassungsrecht, Infektionsschutzgesetz oder Strafgesetzbuch verstoßen, ist nicht ersichtlich (vgl. dazu im Einzelnen SG Karlsruhe, a.a.O., juris Rn. 32 ff). Ein Leistungsempfänger, der sich an die Vorgaben der einschlägigen Verordnung hält, verhält sich sozialadäquat und verwirklicht allenfalls ein erlaubtes Risiko; in diesem Zusammenhang von weitergehenden Anforderungen aufgrund von §§ 223 ff StGB auszugehen (so aber SG Karlsruhe, Beschluss vom 11.02.2021, S 12 AS 213/21 ER, juris Rn. 56 ff), ist nicht überzeugend. Soweit ein Leistungsempfänger meint, auch in anderen Lebenssituationen eine Maske tragen zu müssen, ist ihm dies unbenommen, es handelt sich dabei aber von vornherein nicht um unabweisbaren Bedarf und er kann dafür nur eigene Mittel einsetzen.
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cc) Für die beiden sechsjährigen Antragsteller zu 1 und 2 genügen gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 BayIfSMV einfache Stoffmasken, die nach normalem Waschen mit der sonstigen Wäsche wiederverwendbar sind. Für die beiden Antragsteller besteht nur ein einmaliger Bedarf für die Beschaffung einiger Stoffmasken. Stoffmasken für Kinder kosten gegenwärtig um 1,- Euro pro Stück. Dieser Bedarf ist so gering, dass er ohne weiteres aus dem laufenden Regelbedarf zu finanzieren ist. Ansonsten wäre ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II zumutbar. Auch hier gilt, dass die Antragstellerin ihre Söhne trotzdem mit FFP2-Masken ausstatten kann, das dann aber selbst finanzieren muss. Ob das angesichts der Behinderung der Atmung durch diese Masken bei kleinen Kindern eine gute Idee ist, sei dahingestellt.
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dd) Für eine erwachsene bzw. über 12-jähriger Person sind im Regelfall höchstens zehn FFP2-Masken pro Monat erforderlich. Für die Bemessung dieses Bedarfs ist maßgeblich, wie oft Lebenssituationen anfallen, in denen überhaupt eine Maskenpflicht besteht, in welchem Umfang Masken mehrmals verwendet werden können und in welcher Frequenz wiederverwendete Masken durch neue Masken zu ersetzen sind. Dies ist der Voraussetzung der Unabweisbarkeit geschuldet. Mit einer unbegrenzten freien Entfaltung der Persönlichkeit, lässt sich nicht argumentieren; bei Art. 2 Abs. 1 GG handelt es sich im Übrigen auch um ein Freiheitsgrundrecht, nicht um eine Anspruchsgrundlage.
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Die häufigste Situation ist die Einkaufssituation. Einkäufe für den täglichen Bedarf, insbesondere Lebensmittelkäufe lassen sich mit etwas Planung zusammenfassen. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln können bei beruflicher Tätigkeit arbeitstäglich zweimal anfallen. Die Antragstellerin erzielt kein Erwerbseinkommen, so dass allenfalls gelegentliche Einkaufs- und Freizeitfahrten anfallen. Masken können an einem Tag mehrmals verwendet werden und nach einem der erprobten Desinfektionsverfahren auch an anderen Tagen erneut verwendet werden (vgl. Hinweise des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte – BfArM unter https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/ Medizinprodukte/DE/schutzmasken.htmlb unter Verweis auf den Informationsflyer der Hochschule Münster mit Stand 25.02.2021 https://www.fh-muenster.de/gesundheit/forschung/ forschungsprojekte/moeglichkeiten-und-grenzen-der-eigenverantwortlichen-wiederverwendung-von-ffp2-masken-im-privatgebrauch/index.php, Zugriffe am 08.03.2021). Die Desinfektionsverfahren sind einfach (sieben Tage trocknen bei Zimmertemperatur, eine Stunde bei 80º Grad im Backofen, 10 Minuten kochen im Kochbeutel) und zwischen drei und fünf Mal wiederholbar, also eine neue Maske vier bis sechs Mal einsetzbar. Zehn Masken, die im Durchschnitt fünf Mal für einen Tag einsetzbar sind ergibt 50 Einsätze pro Monat. Das ist für einen Monat mehr als ausreichend.
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Unter keinen Umständen gelangt die erkennende Kammer zu einem Bedarf von 20 FFP2-Masken pro Woche bzw. hochgerechnet einem Bedarf von 87 FFP2-Masken pro Monat (so aber SG Karlsruhe, Beschluss vom 11.02.2021, S 12 AS 213/21 ER). Bei der Prüfung des konkreten unabweisbaren Bedarfs geht nicht darum, unter Loslösung vom Einzelfall alle theoretisch denkbaren Anlässe einer Maskenpflicht zu sammeln und diese dann mit Berufung auf Freiheitsgrundrechte zum unverzichtbaren sozialen Teilhabebedarf zu erklären.
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c) Der Bedarf ist gemäß § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II schon deswegen nicht unabweisbar, weil er unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten gedeckt ist.
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Die Mehraufwendungen für Masken betragen bei einem aktuellen Preis von höchstens 1,- Euro pro FFP2-Maske monatlich höchstens 10,- Euro. Diese Ausgaben können durch Minderausgaben in anderen Bedarfsbereichen ausgeglichen werden, die vom Regelbedarf erfasst sind. Weil ein Härtefallmehrbedarf nur besteht, wenn der zusätzliche Bedarf so erheblich ist, dass mit der Gesamtsumme der dem Hilfebedürftigen gewährten Leistungen das menschenwürdige Existenzminimum nicht mehr gewährleistet ist (BVerfG, a.a.O., Rn. 208), ist für die Einsparmöglichkeiten auf den gesamten Regelbedarf abzustellen.
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Einige der im Regelbedarf enthaltenen Bedarfspositionen fallen wegen den allgemeinen Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus nur teilweise an, wie die in § 5 Abs. 1 RBEG angeführten Ausgaben für Verkehr von 39,01 Euro und für Freizeit, Unterhaltung und Kultur von 42,44 Euro (vgl. LSG Hessen, Beschluss vom 28.04.2020, L 4 SO 92/20 B ER, juris Rn. 24). Die Ausgaben für Beherbergungs- und Gaststättendienstleistungen 11,36 Euro fallen nicht darunter, weil im RBEG dort nur der Wert des häuslichen Ersatzes von auswärtiger Verpflegung angesetzt wurde (Schwabe, ZfF, 2021, S. 23). Weil diese Einsparungen durch die allgemeinen Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie verursacht werden, bedarf es hierbei keiner eigenständigen Präferenzentscheidung des Betroffenen.
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d) Ein Anspruch auf höhere Leistungen wegen eines Mehrbedarfs besteht auch deshalb nicht, weil der Bedarf seiner Höhe nach nicht erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht, § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II.
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Zur Bestimmung des Umfangs der mehr als geringen Abweichung des Bedarfs gibt es mehrere Anknüpfungspunkte. Ein Bezugspunkt wäre der Umfang der Abweichung von „den bei der Ermittlung der Regelbedarfe zugrundeliegenden durchschnittlichen Verbrauchsausgaben“, also ein Vergleich des zusätzlichen Bedarfs mit den Einzelpositionen aus der Regelbedarfsermittlung. Der Regelbedarf ist insgesamt aber eine Pauschale. Der Hilfebedürftige, dem dieser pauschale Geldbetrag zur Verfügung gestellt wird, kann über seine Verwendung im Einzelnen selbst bestimmen und einen gegenüber dem statistisch ermittelten Durchschnittsbetrag höheren Bedarf in einem Lebensbereich durch geringere Ausgaben in einem anderen ausgleichen (BVerfG, a.a.O., juris Rn. 205). Es geht hier um die Frage, ob das menschenwürdige Existenzminimum trotz der Mehraufwendungen noch gewährleistet ist oder über die Regelleistung hinausgehende Leistungen erforderlich sind (BSG, Urteil vom 11.02.2015, B 4 AS 27/14 R, juris Rn. 22, zur Erheblichkeit der zusätzlichen Bedarfe nach § 21 Abs. 6 SGB II).
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Der zusätzliche Bedarf ist deshalb – unabhängig von der Frage anderweitiger Einsparungen – mit dem gesamten Regelbedarf, hier den 446,- Euro für Alleinstehende, zu vergleichen. Für dieses Verständnis spricht nicht nur die Pauschalierung des Regelbedarfs zur eigenverantwortlichen Verwendung, sondern auch die Bemessung der vom Gesetzgeber anerkannten typisierten Mehrbedarfe als Prozentsatz der maßgeblichen Regelbedarfsstufe gemäß § 21 Abs. 2 bis 4 SGB II. Eine allgemeine Bagatellgrenze in Höhe von 10 % des Regelbedarfs, das wären hier 44,60 Euro pro Monat, besteht aber nicht (BSG, Urteil vom 04.06.2014, B 14 AS 30/13 R, juris Rn. 30). In der Literatur werden als Anhaltspunkt 5 % des Regelbedarfs (Schneider in Schellhorn u.a., SGB XII, 20. Auflage 2020, § 27a Rn. 57 und 49.1) oder 15,- Euro als Faustformel genannt (Wrackmeyer-Schoene in Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 27a Rn. 57). Weil mit der Dauer des zusätzlichen Bedarfs die Belastung zunimmt, ist außerdem zu berücksichtigen, ob dieser Bedarf voraussichtlich kurzfristig, mittelfristig oder dauerhaft anfällt (Gutzler in Juris-PK SGB XII, 3. Auflage 2020, § 27a Rn. 101).
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Hier ist der zusätzliche Bedarf nicht erheblich im Sinn von § 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II. 10,- Euro für zehn FFP2-Masken sind nur 2,2 % des Regelbedarfs von 446,- Euro für Alleinstehende. Der zusätzliche Bedarf für Masken besteht voraussichtlich nur für einige Monate.
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3. Zum Anordnungsgrund
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Ein Anordnungsgrund im Sinne der Notwendigkeit einer gerichtlichen Eilentscheidung ist offensichtlich nicht gegeben. Eine FFP2-Maske ist aktuell in zahlreichen Geschäften des Einzelhandels und bei Erwerb über den Online-Handel für weniger als 1,- Euro zu kaufen. Bei einem Bedarf von zehn FFP2-Masken pro Monat, beläuft sich der zu berücksichtigende Bedarf auf höchstens 10,- Euro monatlich. Das ist kein Fehlbetrag, der eine aktuelle Notlage verursacht.
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Im Übrigen hat die Antragstellerin vom Antragsgegner bereits zehn Masken erhalten und als Bezieherin von Arbeitslosengeld II Anspruch auf weitere zehn unentgeltliche Schutzmasken nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Verordnung zum Anspruch auf Schutzmasken zur Vermeidung einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (SchutzmV) vom 14.12.2020, zuletzt geändert mit Verordnung vom 04.02.2021.
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Im Übrigen ist in Zusammenhang mit dem Anordnungsgrund anzumerken, dass die Antragstellerin einen erheblichen Teil der monatlich 160,56 Euro für den Mehrbedarf wegen Alleinerziehen für sonstige Bedarfe, auch für Masken, einsetzen kann. Für diesen Mehrbedarf gibt es keine schlüssige bedarfsbezogene Begründung (so zu Recht Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 04/2020, § 21 Rn. 32), insbesondere auch keine den besonderen Bedarf nachweisende Sonderauswertung einer Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Diese Anmerkung bezieht sich nur auf das Fehlen einer Notlage im konkreten Fall und sie soll nicht diese sozialpolitisch wohlbegründete Zusatzleistung in Frage stellen.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.