Zum Abschluss einer Schiedsgerichtsvereinbarung durch Schweigen auf ein per Mail übersandtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben nebst als pdf-Anhang beigefügtem Kontrakt

OLG Koblenz, Urteil vom 12.05.2010 – 2 U 1247/09

Zum Abschluss einer Schiedsgerichtsvereinbarung durch Schweigen auf ein per Mail übersandtes kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit Kontrakt als pdf-Anhang

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Koblenz vom 22. September 2009 durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe
1
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht. Die Berufung hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Die Gründe werden nachfolgend dargestellt. Der Klägerin wird eine Frist zur Stellungnahme gesetzt bis zum 10. Juni 2010. Es wird um Mitteilung gebeten, ob die Berufung aufrechterhalten bleibt. Im Einzelnen:

I.

2
Bei der Klägerin handelt es sich um ein Unternehmen im Bereich der Produktion von frischen und tiefgekühlten Konditorei- und Backwaren. Die Beklagte ist eine Außenhandelsgesellschaft. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen mangelhafter Lieferung von Nüssen in Höhe von 102.622,65 Euro nebst Zinsen sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch.

3
Die Parteien standen seit 2006 in Geschäftsbeziehungen. Die Beklagte belieferte die Klägerin mit Nüssen. Der damalige Vertrag kam unter Vermittlung der Fa. …[A] GmbH (im folgenden …[A]) zustande. Der Kontrakt enthielt eine Arbitrageklausel (Anlage B 1, GA 73). Im Januar 2007 bestellte die Klägerin wiederum unter Vermittlung der von der Beklagten bevollmächtigten Firma …[A], handelnd durch Herrn …[B], Haselnüsse bei der Beklagten. Mit der Fa. …[A] erfolgte eine Einigung bezüglich des Liefervolumens, der Qualitätskriterien und des Preises. Die …[A] erteilte namens der Beklagten mit einer ersten E-Mail (Anlage K 19) am 23.01.2007 um 15.36 Uhr eine „Auftragsbestätigung“, in der auf „Abruf“ die Lieferung von 2 mal 3,6 to Haselnüssen im Zeitraum Februar bis Juni 2007 in Teillieferungen bestätigt wurde. Ca. zwei Stunden später (Anlage K 20, K 1, 17:58 Uhr) übersandte die Fa. …[A] der Klägerin eine zweite E-Mail, der als PDF-Datei (Anlage K 1) ein von der Beklagten unterzeichneter Kontrakt hinsichtlich der Lieferung von insgesamt 7,2 to Haselnusskerne in vakuumverpackten Kartons zu 20 kg beigefügt war, die zur Verarbeitung in diversen Kuchen oder Brownies bestimmt waren.

4
In dem Kontrakt ist eine Arbitrageklausel mit dem Inhalt enthalten „…[C] e.V.,…“

5
Die letzte Lieferung erfolgte am 29.06.2007 . Die Klägerin öffnete die vakuumverpackten Kartons bei bzw. nach Anlieferung nicht, sondern begann diese nach einer Sichtprobe sukzessive der Produktion zuzuführen.

6
Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob die Haselnüsse mit Schalenresten, Steinen und Kotrückständen beeinträchtigt und nicht mehr verkehrsfähig waren. Die Klägerin hat einen Rückruf der ausgelieferten Produkte nach Einschaltung der Gesundheitsbehörde und Einholung eines Sachverständigengutachtens veranlasst. Die Parteien streiten vorab darüber, ob der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten gegeben ist oder ob im Hinblick auf die Arbitrageklausel eine Schiedsgerichtsvereinbarung bzw. Schiedsabrede getroffen wurde.

7
Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung als unzulässig abgewiesen, zwischen den Parteien sei wirksam eine Schiedsabrede getroffen worden. Im Übrigen sei die Klage gemäß § 377 HGB unbegründet, da die Klägerin die Mangelhaftigkeit der Ware nicht unverzüglich gerügt habe.

8
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer form- und fristgerecht eingelegten Berufung. Die Klägerin erstrebt unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 102.622,65 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit.

II.

9
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg.

10
Das Landgericht hat zu Recht die Klage gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO als unzulässig abgewiesen, da die Parteien wirksam eine Schiedsabrede getroffen haben und die Beklagte dies vor der mündlichen Verhandlung gerügt hat. Es ist zwar keine Schiedsabrede nach § 1031 Abs. 1 ZPO getroffen worden. Denn es liegt weder ein von den Parteien unterzeichnetes Dokument vor noch haben sie diesbezüglich Schreiben, Fernkopien. Telegramme oder andere Formen der Nachrichtenübermittlung gewechselt, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellt. Es ist aber wirksam eine Schiedsvereinbarung gemäß § 1031 Abs. 2 ZPO getroffen worden. Hierfür genügt, wenn die Schiedsvereinbarung in einem von der einen Partei der anderen Partei übermittelten Dokument enthalten ist und der Inhalt des Dokuments im Falle eines nicht rechtzeitig erfolgten Widerspruchs nach der Verkehrssitte als Vertragsinhalt angesehen wird.

11
Eine solche Schiedsvereinbarung ist in dem mit der zweiten E-mail übermittelten PDF-Datei zu sehen, die einen Kontrakt enthält (K 1), wo unter dem Begriff „Arbitrage“ auf den …[C] e.V. verwiesen wird. Das Landgericht führt zutreffend aus, dass der Begriff „Arbitrage“ im Handelsverkehr als Vereinbarung einer Schiedsvertragsabrede verstanden werden muss. Der Begriff „Arbitrage“ ist nach Auffassung des Senats auch nicht missverständlich. Zwar mag sein, dass der Begriff „Arbitrage“ im Handelsverkehr auch die Bedeutung hat, Preisungleichheiten für gleiche Handlungsalternativen (Marktgegenstände) in verschiedenen Märkten zum Zwecke einer beabsichtigten risikoarmen Gewinnerzielung zu nutzen. Die Klägerin verweist darauf, dass zumindest vier Arten der Arbitrage zu unterscheiden sind, nämlich die kulturelle, geografische, mathematische bzw. statistische und ökonomische Arbitrage (GA 48; Definition in Wikipedia, K 21). Entgegen der Auffassung der Klägerin wird dieser Begriff jedoch nicht nur unter den Geschäftsleuten in der Hansestadt Hamburg als Schiedsvereinbarung – die Klägerin ist ein Unternehmen im Westerwald – aufgefasst, der einen regional auf Hamburg begrenzten Handelsbrauch darstellt, deren Geschäftsgegen-stand der Handel mit Waren oder die Vermittlung oder der Abschluss von Warenverträgen gemäß § 4 Abs. 2 der Schiedsordnung des Warenvereins ist (Schiedsordnung des …[C] e.V., Anlage K 22). Die Schiedsgerichtsordnung des …[C] e.V. ist eine national und international anerkannte und bekannte Regelung zur Durchführung eines Schiedsgerichtsverfahrens (vgl. auch LG Hamburg, Urteil vom 19.06.1997 – 302 O 223/95RIW 1997, 873; vgl. auch Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl., § 346 Stichwort „Arbitrage“). Die Beklagte verweist darauf, dass diese sogar als Mustervereinbarung in Vorwerk, Prozessformularbuch, 7. Aufl., Kap. 117 Rn. 6 und Rn. 20 zitiert sei. Der Begriff „Arbitrage“ in dem als Anlage K 1 überreichten Kontrakt vom 23.01.2007 kann verständiger Weise nur als Schiedsgerichtsvereinbarung und nicht in dem von der Klägerin verstandenen Sinne aufgefasst werden. Denn der Hinweis auf den …[C] e.V. macht nur Sinn, wenn damit eine Einrichtung dieses Vereins als Schiedsgericht bestimmt wird (§ 1 der Schiedsgerichtsordnung). Hinzu kommt, dass unstreitig bereits in dem zwischen den Parteien im Jahre 2006 geschlossenen Kontrakt diese Arbitrageklausel vereinbart war.

12
Die Schiedsgerichtsvereinbarung ist zwischen den Parteien auch wirksam vereinbart worden. Die zweite E-mail vom 23.01.2007, 17:58 Uhr in Verbindung mit der PDF-Datei (Anlage K 20, K 1) stellt ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben dar. Ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben kann auch in elektronischer Form übermittelt werden (Zöller-Geimer, ZPO, 28. Aufl., 1031 Rn. 7; Münchener Kommentar/Münch, ZPO, § 1031 Rn. 13 ff.; Münchener Kommentar/Schmidt, HGB, 3. Aufl., § 346 Rn. 151 m.w.N.). Mit dem Schweigen der Klägerin auf dieses kaufmännische Bestätigungsschreiben ist der Vertrag wirksam zustande gekommen. Die Parteien haben zuvor Verhandlungen geführt, die zum Vertragsschluss geführt haben. Der Vertrag ist unter Vermittlung der …[A] GmbH, handelnd durch den Handelsvertreter der Beklagten, Herrn …[B], zustande gekommen.

13
Die Berufung der Klägerin rügt ohne Erfolg, dass es sich bei dem zweiten E-mail in Verbindung mit dem als PDF-Partei beinhaltenden Kontrakt (Faxschreiben, K 1) nicht um ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben mit konstitutiver Wirkung gehandelt habe, weil diesem Bestätigungsschreiben bereits 2 Stunden vorher um 15:36 Uhr eines Bestätigungsschreiben des Handelsvertreters der Beklagten, Herrn …[B], vorausgegangen sei (Anlage K 19). Die Klägerin argumentiert, dieses Bestätigungsschreiben habe nicht nur, da es seitens der Klägerin unwidersprochen geblieben sei, Bindungswirkung, also konstitutive Wirkung entfaltet, sondern trage auch die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich. Der Senat vermag dieser Auffassung nicht zu folgen. Beide E-mail Schreiben des Bevollmächtigten der Beklagten erfolgten in einem engen zeitlichen Zusammenhang. Sie sind als Einheit zu verstehen und bestätigen den Inhalt der zuvor getroffenen Verhandlungen. Innerhalb von 2 Stunden muss nach den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs noch nicht mit einer Reaktion des Empfängers des Bestätigungsschreibens gerechnet werden. Eine Nichtreaktion der Klägerin auf das erste Bestätigungsschreiben entfaltete noch keine rechtlichen Wirkungen. Das zweite E-mail hat eine Ergänzung des Inhalts der ersten E-mail dargestellt. Beide E-mail-Schreiben, einschließlich des als PDF-Datei übermittelten Kontrakts, stellen das kaufmännische Bestätigungsschreiben dar, das durch Schweigen der Klägerin den Vertragsschluss mit dem Inhalt der Schiedsgerichtsvereinbarung bestätigte. Eine Aufsplittung zwischen beiden E-mails wäre eine reine Förmelei, die den tatsächlichen Gegebenheiten im Handelsverkehr nicht Rechnung tragen würde.

14
Der Inhalt des zweiten E-mail-Schreibens nebst der den Kontrakt enthaltenen PDF-Datei weicht auch nicht entscheidend von dem Inhalt des ersten E-mail-Schreibens bzw. den Vertragsverhandlungen der Parteien ab. Die Klägerin beanstandet zwar in ihrer Berufung, dass der Inhalt des zweiten E-mail-Schreibens in Preis und Konditionen von dem des ersten Schreibens abweiche, ohne dies allerdings zu konkretisieren. Hinsichtlich der zu liefernden Menge und des Preises vermag der Senat keinen Unterschied zu erkennen. Zutreffend ist zwar, dass in dem später übermittelten Kontrakt die „Arbitrage-Klausel“ enthalten war. Diese konnte für die Klägerin aber nicht überraschend sein, da bereits im Jahre 2006 bei der früheren Bestellung eine derartige Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen wurde. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, dem Inhalt des zweiten Bestätigungsschreibens zu widersprechen. Die Argumentation, die Beklagte habe sich von dem zunächst telefonisch Vereinbarten, insbesondere im Preis, so weit entfernt, dass sie mit einem Einverständnis nicht mehr habe rechnen können, lässt sich den beiden E-mail-Schreiben und dem Kontrakt nicht entnehmen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte dies der Klägerin umso mehr Veranlassung geben müssen, dem Inhalt des zweiten E-mail-Schreibens und des Kontrakts vom 23.01.2007 (Anlagen K 20, K 1) zu widersprechen.

15
Soweit das Landgericht die Klage zudem auch als „wohl unbegründet“ angesehen hat, weil die Klägerin die Mangelhaftigkeit der Ware nicht unverzüglich gerügt habe, kann dies dahinstehen, da sich der Senat nur mit der Frage zu befassen hatte, ob die Klage durch Prozessurteil wegen der Vereinbarung der Arbitrage-Klausel als unzulässig abgewiesen werden konnte.

16
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 102.622,65 Euro festzusetzen.

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